Neu im Kino/Filmkritik: „Der Salzpfad“, erwandert

Juli 17, 2025

Im Moment wird in Großbritannien, ausgehend von einer ausführlichen Reportage im „Observer“, über den Wahrheitsgehalt von „Der Salzpfad“ gestritten. Dabei geht es mehr um Raynor Winns Sachbuch-Bestseller als um Marianne Elliotts darauf basierendem Film.

Buch und Film erzählen, wie Raynor (Gillian Anderson) und Moth Winn (Jason Isaacs), nach dem Verlust ihres Hauses, sich auf eine über tausend Kilometer lange Wanderung entlang der Küste Südenglands begeben. Sie wollen den South West Coast Path von seinem Startpunkt in Minehead, Somerset, entlang der Küste von Devon und Cornwall bis nach Poole Harbour, Dorset, abwandern. Sie haben keine Erfahrung mit längeren Wanderungen. Ihre Ausrüstung probieren sie zum ersten Mal auf der Wanderung aus. Als Führer haben sie ein zerfleddertes Wanderbuch. Außerdem ist Moth krank. Er hat

Kortikobasale Degeneration (CBD), eine unheilbare, seltene neurodegenerative Erkrankung des Nervensystems. Anstrengende Wanderungen können sie rapide verschlimmern.

Elliotts Film gehört in das erfolgreiche, inhärent zur Banalität neigende Genre der Wandererfilme, in denen der Protagonist sich auf eine lange Wanderung durch fotogene Landschaften begibt und zu sich selbst findet. Gerne greifen die Filme auf Bestseller zurück. So ist schon ein Grundpublikum vorhanden. Den Rest besorgt die Zuarbeit verschiedener Touristenbüros, die dann wiederum mit dem Film werben können. Es sind Feelgood-Filme für ein älteres Publikum, das anderen Menschen zusehen will, wie sie Bilanz über ihr bisheriges Leben ziehen und sich dabei nach dem Sinn des Lebens fragen.

Schon beim Ansehen des Films waren für mich zwei Punkte seltsam, die auch von Chloe Hadjimatheou in ihrer „Observer“-Reportage (erste Reaktionen) aufgegriffen wurden. Nämlich der rapide Abstieg des Ehepaares von anscheinend durchaus vermögenden Unternehmern zu Obdachlosen, weil sie schlecht beraten, betrogen und zu Unrecht verurteilt wurden, und die wundersame Heilung von Moth durch die Wanderung. Sicher, Ärzte können sich irren (wobei sich bei ihm viele Ärzte über viele Jahre geirrt haben müssen) und es gibt wundersame Genesungen. Trotzdem ist es etwas seltsam und ziemlich gefährlich, jeden ärztlichen Rat zu ignorieren und mit dem Beginn der Wanderung auf die verschriebenen Tabletten (jaja, nicht immer sind Tabletten gut) zu verzichten.

Hadjimatheou schreibt, dass die Winns vor ihrer Wanderung in halbseidene, möglicherweise eindeutig betrügerische Finanzgeschäfte verwickelt waren. Sie hatten Schulden und besaßen in Frankreich eine schon seit Ewigkeiten baufällige Bruchbude. Unabhängig von persönlicher Schuld und Unschuld waren sie nicht so unschuldig und arm, wie sie in ihrem Buch und damit verbundenen öffentlichen Auftritten suggerieren. Im Film wird diese Geschichte als Hintergrundgeschichte in Rückblenden nur kurz angerissen.

Die für die Reportage von ihr befragten Ärzte bezweifeln, dass Moth CBD hat. Ihnen sei kein Fall bekannt, in dem an CBD erkrankte Menschen so lange und so schmerz- und symptomfrei lebten. Normalerweise würden sie nach der Diagnose innerhalb weniger Jahre sterben.

Wenn wir „Der Salzpfad“, unabhängig vom Wahrheitsgehalt der Geschichte, einfach als weiteren Beitrag zum Wandererfilmgenre betrachten, dann punktet er mit seinen Landschaftsaufnahmen, den guten Schauspielern, vor allem natürlichn den Hauptdarstellern Gillian Anderson und Jason Isaacs, und dem erwartbar ruhigem Erzähltempo. So schaffen die Winns am ersten Tag ihrer Wanderung gerade vier (!) Kilometer. Es passiert immer etwas, sie begegnen mehr oder weniger netten Einheimischen, suchen dringend einen Ort für die Notdurft und lernen, dass sie ihr Zelt an bestimmten Orten nicht aufbauen sollten. Das ist alles, trotz der Beschwernisse einer langen Wanderung, ziemlich nett, beschaulich und nicht wirklich zum Nachdenken anregend.

Der Salzpfad (The Salt Path, Großbritannien 2024)

Regie: Marianne Elliott

Drehbuch: Rebecca Lenkiewicz

LV: Raynor Winn: The Salt Path, 2018 (Der Salzpfad)

mit Gillian Anderson, Jason Isaacs, James Lance, Hermione Norris

Länge: 116 Minuten

FSK: ab 6 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Moviepilot über „Der Salzpfad“

Metacritic über „Der Salzpfad“

Rotten Tomatoes über „Der Salzpfad“

Wikipedia über „Der Salzpfad“ (deutsch, englisch)


TV-Tipp für den 25. März: Green Zone

März 24, 2023

Tele 5, 22.25

Green Zone (Green Zone, USA 2010)

Regie: Paul Greengrass

Drehbuch: Brian Helgeland

LV: Rajiv Chandrasekaran: Imperial Life In The Emerald City, 2006

Bagdad, April 2003: Nach der Invasion suchen US-Offizier Roy Miller und sein Team die Massenvernichtungswaffen von Saddam Hussein, die ja damals der offizielle Kriegsgrund waren.

Gelungener Mix aus Polit-Thriller und Kriegsfilm von Paul Greengrass und Matt Damon, die auch für die „Bourne“-Filme verantwortlich sind.

mit Matt Damon, Jason Isaacs, Amy Ryan, Greg Kinnear, Brendan Gleeson

Wiederholung: Sonntag, 26. März, 02.50 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Rotten Tomatoes über „Green Zone“

Wikipedia über „Green Zone“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Paul Greengrass’ “Captain Phillips” (Captain Phillips, USA 2013)

Meine Besprechung von Paul Greengrass‘ „Jason Bourne“ (Jason Bourne, USA 2016)


Neu im Kino/Filmkritik: Taschentücher raus! „Mrs. Harris und ein Kleid von Dior“

November 10, 2022

1957 putzt Ada Harris in London die Wohnungen mehrerer vermögender Familien. Sie ist schon etwas älter und wird von ihren Kunden als zuverlässige, sich im Hintergrund haltende Putzfrau geschätzt. Als sie bei einem ihrer Kunden ein Kleid sieht, gefällt es ihr. Sie hat keine Ahnung, dass es von Christian Dior ist und sie ist schockiert, als sie den Preis erfährt. Er ist für sie unbezahlbar hoch.

Trotzdem, oder gerade deswegen, will sie sich ein Kleid von Dior kaufen. Sie ist eine Frau aus der Arbeiterklasse, deren Mann als im Krieg verschollen gilt. Bis jetzt bestand ihr Leben nur aus Arbeit. Sie hat sich nie etwas gegönnt. Also stellt sie einen Sparplan auf. Nachdem sie mit einigen hilfreichen Händen und etwas Glück, das nötige Geld hat, fliegt sie nach Paris.

Dort gestaltet sich der Kauf als schwieriger als geplant. Sie hatte geplant, von London nach Paris zu fliegen, ein Dior-Kleid zu kaufen und sofort zurückzufliegen. Aber weil Dior alles nach Maß schneidert, muss sie warten, bis ihr Kleid fertig ist. Bis es so weit ist, begegnet sie der Direktorin des Hauses Dior, einigen Angestellten und einem Marquis. Mit ihrer herzensguten, praktischen und vernünftigen Art beginnt sie deren Leben zu verändern.

Mrs. Harris und ein Kleid von Dior“ basiert auf dem mehrfach verfilmtem Roman „Ein Kleid von Dior“ von Paul Gallico. Eine Verfilmung ist von 1982 mit Inge Meysel, die damals die Mutter der Nation war. Der Film kam gut an und sie spielte in fünf weiteren Filmen Ada Harris.

Jetzt verfilmte Anthony Fabian Gallicos Buch als starbesetztes kitschiges Märchen. Lesley Manville spielt Mrs. Harris. Isabelle Huppert, Jason Isaacs und Lambert Wilson sind ebenfalls dabei. Paris und das Haus Dior werden schön in Szene gesetzt. Die Geschichte folgt den bekannten Regeln. Der Humor ist von der harmlosen Art. Allerdings ist das Feelgood-Märchen mit zwei Stunden zu lang geraten. Hier hätte eigentlich jede Szene gekürzt werden können.

Insgesamt ist „Mrs. Harris und ein Kleid von Dior“ einer dieser die Wirklichkeit durch ein Fantasiegebilde verklärenden Filme. Früher waren das in Deutschland die Heimatfilme, heute können wir „Das Traumschiff“ oder irgendeinen Sonntagabend-ZDF-“Herzkino“-Film nehmen. Und genau für diese „Herzkino“-Fans ist Fabians Märchen gemacht.

Damit könnte ich die Sache bewenden lassen, wenn mir im Film nicht etwas aufgefallen wäre, das hoffentlich keinen Trend markiert. Wie gesagt zeichnen diese Feelgood-Filme kein Bild der Realität und das erwartet auch niemand. Unangenehme Themen, wie Rassismus, Gewalt gegen Frauen, Ausländerhass und Armut werden konsequent ignoriert. Es geht um Wunscherfüllung und jeder, der sich so einen Film ansieht, weiß das.

Allerdings wurden in den letzten Jahren etliche, teils auf historischen Begebenheiten basierende Filmen gedreht, die ein anderes Bild der Vergangenheit zeigten. Sie zeigen, im Rahmen von beispielsweise konventionellen Liebesfilmen, dass es in der Vergangenheit unglückliche Ehen (z. B. „Am Strand“), Armut und Ausgrenzung zwischen Angehörigen unterschiedlicher Glaubensgemeinschaften (evangelisch/katholisch) und Staaten, teils sogar Stadtviertel, gab (z. B. „Brooklyn“). Diese Filme erweiterten und korrigierten unseren Blick auf die Vergangenheit. Salopp gesagt, sagten sie uns, dass es beispielsweise Rassismus, Homosexualität und Abtreibungen schon immer gab. Sie vermittelten uns ein neues, reichhaltigeres und differenzierteres Bild unserer Vergangenheit.

Mrs. Harris und ein Kleid von Dior“ geht einen anderen Weg. Der Film sagt uns, dass es das alles nicht gab. Er verkündet dagegen, dass wir, in diesem Fall weiße Engländer, schon immer tolerant und aufgeschlossen waren und niemanden diskriminierten. So ist Mrs. Harris‘ beste Freundin eine afrikanisch-karibische Frau. Im Pub haben sie freundschaftlichen Umgang mit einem Iren. Dort läuft Chuck Berrys „Johnny B. Goode“ (das zum Zeitpunkt der Filmgeschichte noch nicht veröffentlicht war). Ein toller Song, aber dass damals in einem Pub Rock’n’Roll lief, erscheint arg unglaubwürdig. Denn damals und auch noch viele Jahre später wurde diese Jugendmusik von den Eltern, dem typischen Pub-Publikum, gehasst und vehement abgelehnt. Falls damals in einem Pub überhaupt Musik lief, liefen dort wahrscheinlich von Doris Day, Connie Francis und Frank Sinatra gesungene Schlager. In Paris besucht Ada Harris eine Modenschau, in der zwei der vier Models PoC (People of Color) sind. Und ein Marquis lädt sie zum Abendessen ein. Während des Essens in einem noblen Restaurant gibt es eine Tanzshow, die eine Mischung aus Moulin-Rouge- und Chippendales-Show ist. Die auf den ersten Blick altjüngferliche Ada Harris ist entzückt. Durchgehend werden Dinge in den Film aufgenommen, die in den damals entstandenen Schmonzetten ignoriert wurden.

In „Mrs. Harris und ein Kleid von Dior“ werden sie so in den Film aufgenommen, dass der Eindruck entsteht, dass es schon immer so war. London und Paris werden als Städte gezeigt, in der es keinen Rassismus und keine Ausgrenzung, sondern nur eine große tolerante multikulturelle Gemeinschaft gibt.

Dabei waren in Großbritannien bis weit in die sechziger Jahre (und wahrscheinlich später immer noch) Schilder à la „No Irish, no blacks, no dogs“ weit verbreitet.

Mrs. Harris und ein Kleid von Dior (Mrs. Harris goes to Paris, Frankreich/Großbritannien/Ungarn 2022)

Regie: Anthony Fabian

Drehbuch: Carroll Cartwright, Anthony Fabian, Keith Thompson, Olivia Hetreed

LV: Paul Gallico: Flowers for Mrs Harris, 1957 (US-Titel: Mrs Harris goes to Paris, 1958; auch Mrs. ‚Arris Goes to Paris) (Ein Kleid von Dior)

mit Lesley Manville, Isabelle Huppert, Jason Isaacs, Lambert Wilson, Alba Baptista, Lucas Bravo, Ellen Thomas

Länge: 116 Minuten

FSK: ab 0 Jahre

Hinweise

Moviepilot über „Mrs. Harris und ein Kleid von Dior“

Metacritic über „Mrs. Harris und ein Kleid von Dior“

Rotten Tomatoes über „Mrs. Harris und ein Kleid von Dior“

Wikipedia über „Mrs. Harris und ein Kleid von Dior“ (deutsch, englisch)


TV-Tipp für den 3. August: Herz aus Stahl

August 2, 2022

Bevor Brad Pitt ab Donnerstag Zug fährt

RTL II, 20.15

Fury – Herz aus Stahl (Fury, USA 2014)

Regie: David Ayer

Drehbuch: David Ayer

Packender und extrem schonungsloser Kriegsfilm über die Erlebnisse einer Besatzung eines US-Panzers während der letzten Tage des Zweiten Weltkriegs in Deutschland.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Brad Pitt, Logan Lerman, Shia LaBeouf, Jon Bernthal, Michael Pena, Jim Parrak, Brad William Henke, Jason Isaacs, Kevin Vance, Alicia von Rittberg, Scott Eastwood

Wiederholung: Donnerstag, 4. August, 01.15 Uhr (Taggenau! – Dann läuft das FSK-16-Werk wahrscheinlich ungekürzt.)

Hinweise

Moviepilot über „Herz aus Stahl“

Metacritic über „Herz aus Stahl“

Rotten Tomatoes über „Herz aus Stahl“

Wikipedia über „Herz aus Stahl“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von David Ayers “End of Watch” (End of Watch, USA 2012)

Meine Besprechung von David Ayers “Sabotage” (Sabotage, USA 2014)

Meine Besprechung von David Ayers „Herz aus Stahl“ (Fury, USA 2014)

Meine Besprechung von David Ayers „Suicide Squad“ (Suicide Squad, USA 2016)


Neu im Kino/Filmkritik: Operation Mincemeat, „Die Täuschung“

Mai 27, 2022

Es war, so heißt es, eine Geheimoperation, die den Verlauf des Zweiten Weltkriegs entscheidend beeinflusste.

1943 wollten, wie wir aus den Geschichstbüchern wissen, die Alliierten über Sizilien einen Angriff auf das deutsche Militär starten. Damit dieser Angriff nicht mit einem Abschlachten der eigenen Leute am Strand endet, wurde überlegt, wie der Angriff mit möglichst wenigen Verlusten gelingen könnte. Das könnte mit einem Ablenkungsmanöver gelingen, das dazu führt, dass die deutschen Truppen zu einem anderem Ort abgezogen werden.

Eine Idee kam anscheinend von Ian Fleming, der später James Bond erfand. Damals war er im Geheimdienst der Marine Assistent von Admiral James Godfrey. Heute wird davon ausgegangen, dass Fleming die Idee hatte (geklaut aus einem Roman) und sie mit weiteren Ideen in einem Memo zusammenfasste. Admiral Godrey unterschrieb dann das Trout Memo, das bereits 1939 erstellt wurde und 54 mögliche Täuschungsoperationen auflistete,

Die Idee war, den Deutschen eine Leiche mit geheimen Dokumenten zuzuspielen. Die Deutschen sollten Glauben, dass sie streng geheime Informationen über künftige Truppenbewegungen erhalten hatten. In Wirklichkeit waren es Falschinformationen, die die Deutschen dazu bringen sollten, ihre Soldaten an bestimmten Orten abzuziehen. In diesem Fall sollten die Deutschen glauben, dass der Angriff der Alliierten nicht über Sizilien, sondern über Griechenland erfolgen würde.

Der Plan wurde akzeptiert. Eine kleine Gruppe, geleitet von den Geheimdienstler Ewen Montagu (Colin Firth) und Charles Cholmondeley (Matthew Macfadyen), machte sich an die Umsetzung.

John Madden erzählt jetzt in „Die Täuschung“ die Geschichte dieser Operation. Gut inszeniert, top besetzt, historisch akkurat und auch etwas gediegen. Sein Film ist altmodisches Schauspielerkino, das so auch schon vor Jahrzehnten hätte entstehen können. Madden erzählt, wie Montagu und Cholmondeley die richtige Leiche suchen, wie sie Dokumente fälschen und alles, aber auch wirklich alles und das allerletzte und allerkleinste Detail bedenken, damit ihr Plan aufgeht. Es geht also auch um Liebesbriefe, Fotos, Theaterkarten undsoweiter. Das alles soll dem Leichnam eine glaubwürdige falsche Identität verschaffen.

Dabei muss verhindert werden, dass die Deutschen von ihrem Plan erfahren; – wobei, und das ist das Problem der Filmgeschichte – das für die im Film porträtierten Geheimdienstler keine dramatischen Folgen gehabt hätte. Sie hätten dann einfach die Operation zu den Akten gelegt und sich dem nächsten Projekt zugewandt. Schließlich war in dem Moment sowieso unklar, ob ihr Plan Erfolg gehabt hätte oder an irgendeinem Punkt, den sie nicht hätten beeinflussen können, gescheitert wäre. Zum Beispiel wenn die Leiche nicht gefunden worden wäre, wenn die Dokumente nicht an die richtigen Personen übergeben worden wären oder wenn die deutschen Offiziere und Adolf Hitler die Pläne einfach nicht geglaubt hätten.

Im Film wird die Bedrohung durch eine vorzeitige Entdeckung des Plans durch feindliche Agenten stärker betont als es wohl der Realität der Fall war. Das gleiche gilt für private Probleme und eine angedeutete Liebesgeschichte zwischen den Hauptpersonen. Vor allem die Liebesgeschichte, die auch ohne Kenntnis der Fakten immer wie eine Konzession an Hollywood-Sehgewohnheiten wirkt, wirkt eher störend auf den Fortgang der Haupthandlung.

Diese Dramatisierungen zeigen auch, dass die Geschichte der Operation Mincemeat eine Geschichte ist, die sich besser für ein spannendes Sachbuch über die größten Geheimoperationen der vergangenen Jahrhunderte eignet. Ben Macintyre, der Autor der nicht ins Deutsche übersetzten Sachbuch-Vorlage für den Film, hält die Operation Mincemeat für „probably the most successful military deception operation ever carried out“. Oder, wenn es denn ein Film sein soll, für einen Dokumentarfilm, einen kleinen Subplot in einem Film (Wollen wir wirklich wissen, wer wie die Dossiers für James Bond zusammenstellt?) oder für eine locker-flockig mit den Fakten spielende TV-Miniserie wie „Fleming: Der Mann, der Bond wurde“. In der zweiten Hälfte der dritten 45-minütigen Episode geht es ebenfalls um die Operation Mincemeat. Denn, seien wir ehrlich, einige brave Beamte, die am Schreibtisch detaillierte Pläne entwerfen, sind nicht so wahnsinnig aufregend. Auch wenn es um Pläne geht, die unser Leben entscheidend beeinflussen.

Ian Fleming sah es ähnlich. Sein James Bond arbeitet nicht an einem Schreibtisch, sondern reist um die Welt.

Die Täuschung (Operation Mincemeat, Großbritannien 2021)

Regie: John Madden

Drehbuch: Michelle Ashford

LV: Ben Macintyre: Operation Mincemeat, 2010

mit Colin Firth, Matthew Macfadyen, Kelly Macdonald, Penelope Wilton, Johnny Flynn, Jason Isaacs, Mark Gatiss, Hattie Morahan, Mark Bonnar

Länge: 128 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Moviepilot über „Die Täuschung“

Metacritic über „Die Täuschung“

Rotten Tomatoes über „Die Täuschung“

Wikipedia über „Die Täuschung“ (deutsch, englisch) und die Operation Mincemeat (deutsch, englisch)

History vs. Hollywood sieht einen Punktsieg für die geheimdienstliche Faktentreue

Meine Besprechung von John Maddens Elmore-Leonard-Verfilmung „Killshot“ (Killshot, USA 2008)

Meine Besprechung von John Maddens „Eine offene Rechnung“ (The Debt, USA 2010)

Meine Besprechung von John Maddens „Die Erfindung der Wahrheit“ (Miss Sloane, Frankreich/USA 2016)


TV-Tipp für den 22. Februar: Green Zone

Februar 21, 2020

ZDF neo, 23.20

Green Zone (Green Zone, USA 2010)

Regie: Paul Greengrass

Drehbuch: Brian Helgeland

LV: Rajiv Chandrasekaran: Imperial Life In The Emerald City, 2006

Bagdad, April 2003: Nach der Invasion suchen US-Offizier Roy Miller und sein Team die Massenvernichtungswaffen von Saddam Hussein, die ja damals der offizielle Kriegsgrund waren.

Gelungener Mix aus Polit-Thriller und Kriegsfilm von Paul Greengrass und Matt Damon, die auch für die „Bourne“-Filme verantwortlich sind.

mit Matt Damon, Jason Isaacs, Amy Ryan, Greg Kinnear, Brendan Gleeson

Wiederholung: Sonntag, 23. Februar, 02.30 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Rotten Tomatoes über „Green Zone“

Wikipedia über „Green Zone“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Paul Greengrass’ “Captain Phillips” (Captain Phillips, USA 2013)

Meine Besprechung von Paul Greengrass‘ „Jason Bourne“ (Jason Bourne, USA 2016)


TV-Tipp für den 18. Juli: Fury – Herz aus Stahl

Juli 18, 2019

Vox, 22.10

Fury – Herz aus Stahl (Fury, USA 2014)

Regie: David Ayer

Drehbuch: David Ayer

Packender und extrem schonungsloser Kriegsfilm über die Erlebnisse einer Besatzung eines US-Panzers während der letzten Tage des Zweiten Weltkriegs in Deutschland.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Brad Pitt, Logan Lerman, Shia LaBeouf, Jon Bernthal, Michael Pena, Jim Parrak, Brad William Henke, Jason Isaacs, Kevin Vance, Alicia von Rittberg, Scott Eastwood

Hinweise
Moviepilot über „Herz aus Stahl“
Metacritic über „Herz aus Stahl“
Rotten Tomatoes über „Herz aus Stahl“
Wikipedia über „Herz aus Stahl“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von David Ayers “End of Watch” (End of Watch, USA 2012)

Meine Besprechung von David Ayers “Sabotage” (Sabotage, USA 2014)

Meine Besprechung von David Ayers „Herz aus Stahl“ (Fury, USA 2014)

Meine Besprechung von David Ayers „Suicide Squad“ (Suicide Squad, USA 2016)


Neu im Kino/Filmkritik: „The Death of Stalin“ und was danach im Politbüro geschah

März 31, 2018

In Russland ist „The Death of Stalin“ verboten.

Wenige Tage vor der in Moskau geplanten Premiere entzog das russische Kulturministerium die Vertriebslizenz für die Komödie, weil sie Informationen verbreite, die auf dem Territorium der Russischen Föderation illegal seien und sie eine Verunglimpfung der sowjetischen Geschichte sei.

Wahrscheinlich haben sie in Stalins Hofschranzen auch ihr Spiegelbild erblickt und befürchtet, dass die Zuschauer eine Verbindung zwischen den damaligen Politbüro-Mitglieder und den jetzigen Machthabern ziehen würden.

So ein Verbot steigert natürlich das Interesse des Publikums an dem Film.

Über die Qualität des Films sagt es nichts.

Und das gilt auch für „The Death of Stalin“. Der Film ist letztendlich eine ziemlich harmlose Komödie über einen Nationalheiligen und sein Umfeld, das Regisseur Armando Iannucci hemmungslos und respektlos karikiert. So in der Tradition von Monty Python. Nur dass Iannucci seinen Witz nicht in fünf, sondern in hundert Minuten erzählt und da erlahmt schnell das Interesse an den Ränkespielen der Politbüro-Mitglieder, die eine Ansammlung von inkompetenten Knallchargen und trotteligen Duckmäusern sind.

Am 2. März 1953 standen sie ziemlich betröppelt vor Josef Stalins Leiche und der Frage, wie sie mit seinem Tod umgehen sollten. Denn einer von ihnen würde sein Nachfolger werden.

Iannucci schildert in seiner Komödie die turbulenten Tage zwischen Stalins Tod und seiner Beerdigung.

Danach war die Machtfrage noch lange nicht geklärt.

Wer sich mit der Geschichte von Stalin und seinem Erbe auskennt, wird in diesem Tohuwabohu immer wieder erstaunt bemerken, wie viele historisch verbürgte Fakten Iannacci in seine Komödie einfließen ließ.

Wer allerdings nichts über diese Apparatschiks weiß, wird in ihnen nur ein halbes Dutzend alter, seniler, geistig beschränkter, moralbefreiter Männer erkennen, die vor allem perfekte Untertanen sind, die eigenständiges Denken wahrscheinlich noch nicht einmal fehlerfrei buchstabieren können. Das ist in den ersten Minuten witzig. Schnell, vor allem weil man zwar die Schauspieler, – Steve Buscemi als Nikita Chruschtschow, Simon Russell Beale als Lawrenti Beria, Jeffrey Tambor als Goergi Malenkow, Michael Palin als Wjatschweslaw Molotow, Paul Whitehouse als Anastas Mikojan, Jason Isaacs als Georgi Schukow und

Rupert Friend als Wassili Stalin – , aber nicht die Biographien der von ihnen gespielten Charaktere kennt, wird „The Death of Stalin“ zu einem Boulevardtheaterstück, in dem viel Lärm um Nichts gemacht wird, während die Türen knallen und die Männer von einem Fettnapf zum nächsten stampfen, während sie sich in bester stalinistischer Tradition töten oder ihre baldige Ermordung befürchten. In dieser Ballung von Inkompetenten kann keine Sympathie oder größeres Interesse an einem Charakter aufkommen. Er könnte in der nächsten Minute für oder wegen eines Witzes erschossen werden.

Auch die Inszenierung des weitgehend in Innenräumen spielenden Films unterstreicht das Theaterhafte.

Ohne das Verbot wäre „The Death of Stalin“ nur eine belanglose Komödie, die alle Porträtierten gleichermaßen dem hämischen Gelächter des Publikums ausliefert.

Zu Armando Iannuccis früheren Werken gehören die von ihm erschaffene HBO-Comedy-Serie „Veep – Die Vizepräsidentin“ und die Komödie „Kabinett außer Kontrolle“ (In the Loop).

The Death of Stalin (The Death of Stalin, Frankreich/Großbritannien/Belgien 2017

Regie: Armando Iannucci

Drehbuch: Armando Iannucci, David Schneider, Ian Martin, Peter Fellows (Zusatzmaterial) (nach einem Orginal-Drehbuch von Fabien Nury)

LV: Fabien Nury/Thierry Robin: La mort de Staline, 2010

mit Steve Buscemi, Simon Russell Beale, Jeffrey Tambor, Michael Palin, Paul Whitehouse, Jason Isaacs, Andrea Riseborough, Rupert Friend, Paddy Considine, Olga Kurylenko, Adrian McLoughlin, Dermot Crowley

Länge: 108 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

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Metacritic über „The Death of Stalin“

Rotten Tomatoes über „The Death of Stalin“

Wikipedia über „The Death of Stalin“ (deutsch, englisch)


TV-Tipp für den 25. Februar: Green Zone

Februar 25, 2018

RTL II, 22.50
Green Zone (USA 2010, Regie: Paul Greengrass)
Drehbuch: Brian Helgeland
LV: Rajiv Chandrasekaran: Imperial Life In The Emerald City, 2006
Bagdad, April 2003: Nach der Invasion suchen US-Offizier Roy Miller und sein Team die Massenvernichtungswaffen von Saddam Hussein, die ja damals der offizielle Kriegsgrund waren.
Gelungener Mix aus Polit-Thriller und Kriegsfilm von Paul Greengrass und Matt Damon, die auch für die „Bourne“-Filme verantwortlich sind.
mit Matt Damon, Jason Isaacs, Amy Ryan, Greg Kinnear, Brendan Gleeson
Hinweise
Rotten Tomatoes über „Green Zone“
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Meine Besprechung von Paul Greengrass’ “Captain Phillips” (Captain Phillips, USA 2013)

Meine Besprechung von Paul Greengrass‘ „Jason Bourne“ (Jason Bourne, USA 2016)


TV-Tipp für den 7. Dezember: Fury – Herz aus Stahl

Dezember 7, 2017

Vox, 22.15

Herz aus Stahl (Fury, USA 2014)

Regie: David Ayer

Drehbuch: David Ayer

Packender und extrem schonungsloser Kriegsfilm über die Erlebnisse einer Besatzung eines US-Panzers während der letzten Tage des Zweiten Weltkriegs in Deutschland.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Brad Pitt, Logan Lerman, Shia LaBeouf, Jon Bernthal, Michael Pena, Jim Parrak, Brad William Henke, Jason Isaacs, Kevin Vance, Alicia von Rittberg, Scott Eastwood

Wiederholung: Freitag, 8. Dezember, 02.55 Uhr (Taggenau!)

Hinweise
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Film-Zeit über „Herz aus Stahl“
Moviepilot über „Herz aus Stahl“
Metacritic über „Herz aus Stahl“
Rotten Tomatoes über „Herz aus Stahl“
Wikipedia über „Herz aus Stahl“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von David Ayers “End of Watch” (End of Watch, USA 2012)

Meine Besprechung von David Ayers “Sabotage” (Sabotage, USA 2014)

Meine Besprechung von David Ayers „Herz aus Stahl“ (Fury, USA 2014)

Meine Besprechung von David Ayers „Suicide Squad“ (Suicide Squad, USA 2016)


Neu im Kino/Filmkritik: „A Cure for Wellness“ mit Nebenwirkungen

Februar 23, 2017

Normalerweise würde man „A Cure for Wellness“ als Spaßprojekt bezeichnen. Es ist ein kleiner Film, den der Regisseur macht, um sich von seinen anderen, deutlich höher budgetierten Filmen eine Auszeit zu gönnen. Allerdings ist Gore Verbinski vor allem für die „Pirates of the Carribean“-Filme bekannt und auch sein letzter Film „The Lone Ranger“ schrieben „Spaß“ groß, „Story“ und „Tiefgang“ dagegen klein. „A Cure for Wellness“, gedreht mit dem Budget, das bei den Piratenfilmen für die Garderobe eines Schauspielers verwandt wird, ist wirklich keine Komödie (obwohl, wenn man den Film mit den richtigen Leuten sieht, er sicher eine lustige Angelegenheit wird). Viel „Tiefgang“ und „Story“ hat er auch nicht und mit gut 150 Minuten ist er auch deutlich zu lang geraten. Gekürzt um ein Drittel auf 100 Minuten könnte es ein netter kleiner Horrorfilm sein, in dem der Wall-Street-Broker Lockhart (Dane DeHaan) von seinen Vorgesetzten in die Schweiz geschickt wird. Dort soll er in einem einsam gelegenem Kurhotel den Vorstandsvorsitzenden Pembroke überzeugen, sofort in die USA zurückzukehren. Durch einen Autounfall wird Lockhart unfreiwillig zu einem Gast des Hotels, das von Dr. Heinrich Volmer (Jason Isaacs) geführt wird und der seine sehr wohlhabenden, älteren Gäste, vor, während und nach den Therapien immer mit reichlich Wasser, das heilende Wirkungen haben soll, versorgt. Denn: Trinken ist wichtig.

Schnell bemerkt Lockhart, dass in dem Spa irgendetwas nicht stimmt und langsam, weil Verbinski seinen Film sehr langsam erzählt, entdeckt er einige Merkwürdigkeiten, die ein Best-of-Horrorfilm sind. Inclusive einer Jungfrau, die seit ihrer Jugend in der Wellness-Oase lebt, eine mysteriöse Vergangenheit hat, und in die sich unser Held verliebt. Anscheinend wurde bei den Drehbuchbesprechungen nach der Methode vorgegangen „wenn ein Schloss in den Alpen dabei ist, gehört es in den Film“. So können Horrorfilmfans in jeder Szene mühelos Anspielungen auf zahllose Horrorfilmklassiker entdecken.

Trotz einiger Horrorszenen, die etwas mit dem Wasser zu tun haben, will „A Cure for Wellness“ nie mehr als ein sanfter Grusler sein, der ohne große Veränderungen auch um die Jahrhundertwende oder, einige Jahre früher, im neunzehnten Jahrhundert spielen könnte. Denn ob Lockhart mit einem Auto oder einer Kutsche in das Schloss fährt, ist einerlei. Ebenso ob er auf einem Fahrrad oder einer Kutsche mehr oder weniger erfolglos aus dem Schloss flüchtet.

Filmfans mit einem breiteren Spektrum können dann noch „Der Zauberberg“ (wegen des Handlungsortes) und „Das Apartment“ (wegen der in Manhattan spielenden Büroszenen am Filmanfang) erwähnen, während die Filmgeschichte in jeder Beziehung zunehmend zerfasert. Spätestens ab der Mitte rangiert sie dann ungefähr auf dem chaotisch-sinnfreiem Niveau von „The Lone Ranger“. Allerdings todernst, bedeutungsschwer, getragen und langsam. Sehr langsam.

Anfangs entfaltet sich so – auch wenn man als Zuschauer, während unser Held Lockhart nach der langen Zug- und Autofahrt noch mit der Empfangsdame des Spas über die Besuchszeiten diskutiert, schon die nächsten fünf Plotpunkte kennt – eine hypnotische Stimmung und eine leichte Verschiebung der Realität ins Irreale. Später fragt man sich, was dieser Wust disparater Ideen einem sagen soll.

Dabei ist „A Cure for Wellness“ schön gefilmt in seiner besinnungslosen, todernsten Zitathaftigkeit. Die Drehorte in Deutschland (viel wurde in der Burg Hohenzollern, den Beelitz Heilstätten und, selbstverständlich, den Babelsberg Studios gedreht) sind fotogen und voller naturgegebener Fin-de-Siècle-Atmosphäre. Da muss dann nur noch eine (!) (nicht zwei, drei oder viele) Geschichte erzählt werden.

a-cure-for-wellness-plakat

A Cure for Wellness (A Cure for Wellness, USA/Deutschland 2016)

Regie: Gore Verbinski

Drehbuch: Justin Haythe (nach einer Geschichte von Justin Haythe und Gore Verbinski)

mit Dane DeHaan, Jason Isaacs, Mia Goth, Celia Imrie, Harry Groener, Adrian Schiller, Michael Mendl

Länge: 147 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

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Filmportal über „A Cure for Wellness“

Moviepilot über „A Cure for Wellness“

Metacritic über „A Cure for Wellness“

Rotten Tomatoes über „A Cure for Wellness“

Wikipedia über „A Cure for Wellness“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Gore Verbinskis „The Lone Ranger“ (The Lone Ranger, USA 2013)


TV-Tipp für den 14. November: Green Zone

November 14, 2015

RTL II, 22.35
Green Zone (USA 2010, Regie: Paul Greengrass)
Drehbuch: Brian Helgeland
LV: Rajiv Chandrasekaran: Imperial Life In The Emerald City, 2006
Bagdad, April 2003: Nach der Invasion suchen US-Offizier Roy Miller und sein Team die Massenvernichtungswaffen von Saddam Hussein, die ja damals der offizielle Kriegsgrund waren.
Gelungener Mix aus Polit-Thriller und Kriegsfilm von Paul Greengrass und Matt Damon, die auch für die „Bourne“-Filme verantwortlich sind.
mit Matt Damon, Jason Isaacs, Amy Ryan, Greg Kinnear, Brendan Gleeson
Hinweise
Rotten Tomatoes über „Green Zone“
Wikipedia über „Green Zone“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Paul Greengrass’ “Captain Phillips” (Captain Phillips, USA 2013)


Neu im Kino/Filmkritik: Über David Ayers Weltkrieg-II-Film „Herz aus Stahl“

Januar 1, 2015

„Herz aus Stahl“ erfindet das Genre des Kriegsfilms nicht neu oder liefert umwerfend neue Erkenntnisse. Jedenfalls nicht, wenn man Filme wie „Steiner – Das eiserne Kreuz“ (von Sam Peckinpah) oder „The Big Red One“ (von Samuel Fuller) über den Zweiten Weltkrieg oder „Platoon“ (von Oliver Stone) über den Vietnamkrieg gesehen hat; um nur drei Filme zu nennen, die „Herz aus Stahl“ beeinflussten und die von Kriegsveteranen inszeniert wurden. Wobei Peckinpah keine Kampferfahrung hatte. „The Big Red One“ und „Platoon“ verarbeiten persönliche Erlebnisse. David Ayer ist vor allem für seine Drehbücher und Filme aus den innerstädtischen Kampfzonen von Los Angeles bekannt. „Training Day“, „The Fast and the Furious“, „Dark Blue“, „S. W. A. T. – Die Spezialeinheit“, „Harsh Times“, „Street Kings“, „End of Watch“ und zuletzt „Sabotage“ (okay, der war nicht gut). Immer geht es um Männergruppen, ihren Zusammenhalt, Macho-Rituale und auch den Kampf gegeneinander. Meistens sind seine Protagonisten Polizisten, die sich kaum von den Verbrechern, die sie bekämpfen sollen, unterscheiden. Ohne die Dienstmarke wäre diese Grenze zwischen Gut und Böse überhaupt nicht mehr vorhanden.
Alle seine Filme sind Kriegsfilme, die aber, bis auf „U-571“, in der Gegenwart in den USA spielten. In „Herz aus Stahl“ geht es nach Deutschland. Der Krieg ist fast vorbei, dennoch kämpfen die Deutschen bis zum letzten Mann und für die Amerikaner war es der letzte rundum gute Krieg.
Aber gerade weil Ayer seine bekannten Themen und Charaktere, gesättigt mit Erzählungen von Kriegsveteranen, in ein anderes Genre überträgt, entstehen interessante Verschiebungen und Irritationen. Sowohl in Ayers bekanntem Kosmos, als auch im Kriegsfilm.
So ist eine der grausamsten Szenen am Anfang. Die Mannschaft von Don ‚Wardaddy‘ Collier (Brad Pitt) hat, nach dem Tod eines Kameraden, einen neuen fünften Mann bekommen. Norman Ellison. Ein Junge, der den Krieg am Schreibtisch überleben wollte und der für den Einsatz nicht ausgebildet ist. Also gibt Wardaddy ihm einen verkürzten „Training Day“. Nach einem Gefecht soll er einen Deutschen erschießen. Er soll die Hemmung vor dem Töten verlieren. Er soll für seine Kameraden eintreten. Eigentlich will Wardaddy das Richtige: dem Jungen alles mitgeben, um im Krieg zu überleben und ihn im Schnellverfahren zu einem vollwertigen Teil seiner Mannschaft machen. Sie müssen sich auf den Neuling verlassen können.
Aber er will das Erreichen, indem Norman den Deutschen tötet. Er soll ihn hinterrücks exekutieren. Einen Mord begehen. Und dabei will er auch seinen Willen brechen.
Es gibt noch weitere grandiose Szenen, wie eine gruselige Mahlzeit bei zwei deutschen Frauen, die sich episodisch zu einer Chronik von 24 Stunden aus dem Krieg aneinanderreihen und der Logik von Gefecht und Vorbereitung auf das nächste Gefecht folgen, während sie in ihrem Sherman-Panzer im April 1945 durch Deutschland kurven und miteinander reden.
Da ist es schade, dass Ayer den Film nicht einfach, wie Sam Fuller in „The Big Red One“, mit dem Kriegsende enden lässt, sondern er eine Schlacht inszeniert, in der die Mannschaft des Panzers tapfer in den Heldentod marschiert, weil sie sich in den vergangenen Jahren niemals zurückgezogen haben und niemals ihren fahrunfähigen Panzer zurücklassen würden. Da wird der Antikriegsfilm dann doch zu einem Kriegsfilm, der die Tapferkeit des Soldaten feiert und all dem einen Sinn verleiht; wie Oliver Stone in „Platoon“, wenn am Filmende, nach dem Einsatz von Napalm, alle bis auf einige Amerikaner tot sind und, jedenfalls in dem Film, am Ende die Amerikaner den Krieg gewonnen haben. Diese Rechtfertigung hat Ayer nicht nötig. Immerhin spielt der Film während des Zweiten Weltkriegs und natürlich endet „Herz aus Stahl“ zwiespältiger.
Auffallend bei Ayers Film ist die historische Genauigkeit. Bei den Panzern und der Kleidung fällt das eher positiv auf. Die Leuchtspurmunition, die im Krieg eingesetzt wurde, um die Flugbahnen zu verfolgen, verleiht den nächtlichen Kämpfen dann die Ästhetik eines Computerspiels. Die blutigen Kopfschüsse und durch das Bild fliegenden Körperteile erinnern in ihrer Brutalität an aktuelle Zombie-Filme.
Und, bedingt durch die Konzentration auf eine Mannschaft die sich in einem Panzer durch Feindesland bewegt, wird „Herz aus Stahl“ dann auch zu einem Kriegsfilm, der auch zu einer anderen Zeit spielen könnte und eine seltsam verquere Moral hat. Denn Don Collier (Brad Pitt), Boyd Swan (Shia LaBeouf), Grady Travis (Jon Bernthal), Trini Garcia (Michael Pena) und Norman Ellison (Logan Lerman) haben keinen Überblick über die große Gefechtslage. Sie fahren von einem Gefecht zum nächsten. Die Kriegsziele werden niemals angesprochen. Die Deutschen treten nur als eine bedrohliche Masse ohne irgendwelche individuellen Eigenschaften auf. Es werden auch, abgesehen von einer Gruppe abgemagerte Gestalten, die durch ein Feld stolpern, keine Opfer der Nazi-Gräuel gezeigt. Es gibt auch keine Bilder der Konzentrationslager.
Es geht um Männer im Krieg, die zwischen ihnen entstehende Kameradschaft und ihre Weltsicht. Was sie vor dem Krieg getan haben oder was sie danach machen wollen, ist egal.
Das ist im Kriegsfilmgenre nicht neu, wurde aber selten so brutal gezeigt und weil die Eingangs erwähnten Filme schon lange nicht mehr im Kino laufen und teilweise selten im TV gezeigt werden, ist „Herz aus Stahl“ ein empfehlenswerter, aber auch harter und schonungsloser Kriegsfilm, der im Matsch nichts vom Mythos des heldenhaften Todes übrig lässt.
Bei David Ayer gibt es nicht die hemmungslose Glorifizierung des Kampfes. Der Krieg ist hier kein Spaß wie Quentin Tarantinos „Inglourious Basterds“, kein Leben in der Wiederholungsschleife, wie Doug Limans „Edge of Tomorrow“ (der ja unübersehbare Weltkrieg-II-Anspielungen hat), und auch kein „Saving Private Ryan“. Hier geht es nur um das Überleben im Feindesland und wie der Krieg Menschen verändert. Damals und heute.

Herz aus Stahl - Plakat

Herz aus Stahl (Fury, USA 2014)
Regie: David Ayer
Drehbuch: David Ayer
mit Brad Pitt, Logan Lerman, Shia LaBeouf, Jon Bernthal, Michael Pena, Jim Parrak, Brad William Henke, Jason Isaacs, Kevin Vance, Alicia von Rittberg, Scott Eastwood
Länge: 134 Minuten
FSK: ab 16 Jahre

Hinweise
Englische Homepage zum Film
Deutsche Homepage zum Film
Film-Zeit über „Herz aus Stahl“
Moviepilot über „Herz aus Stahl“
Metacritic über „Herz aus Stahl“
Rotten Tomatoes über „Herz aus Stahl“
Wikipedia über „Herz aus Stahl“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von David Ayers „End of Watch“ (End of Watch, USA 2012)

Meine Besprechung von David Ayers „Sabotage“ (Sabotage, USA 2014)


DVD-Kritik: Madame schießt scharf in „Sweetwater“

April 7, 2014

 

Eine Frau im violetten Kleid mit Revolver und Gewehr – allein schon das Bild zeigt, dass „Sweetwater“ kein gewöhnlicher Western ist. Denn diese Frau, gespielt von „Mad Men“-Betty-Draper January Jones, ist wahrlich keine Damsel in Distress. Mit ihrem Mann Miguel Ramirez betreibt Sarah in der Nähe von Sweetwater eine kleine Farm. Sie haben Probleme mit dem Geistlichen Josiah (Jason Isaacs), dessen Schafe bei ihren Spaziergängen durch die freie Natur immer wieder ihren Acker verwüsten. Außerderm gehört er einer, nun, sehr alttestamentarischen Interpretation der Heiligen Schrift an, die dazu führt, dass er schonungslos Leute umbringt. So auch zwei herumziehenden Strauchdiebe, die behaupten, mit dem Gouverneur von Santa Fé verwandt zu sein.

Kurz darauf taucht Sheriff Jackson (Ed Harris) in Sweetwater auf. Er sucht diese beiden spurlos verschwundenen Strauchdiebe, die die Wahrheit sagten – und mit seinem zwischen Provokation und Durchgeknalltheit schwankendem Verhalten, das gegenüber den Stadtvätern und dem Geistlichen jeden Respekt vermissen lässt, provoziert er die Einwohner von Sweetwater.

Als Josiah Miguel tötet, nimmt Sarah das Gesetz in ihre Hände – und dem Blutbad in Sweetwater steht nichts mehr im Weg.

Diese altbekannte Western-Geschichte von Rache und Vergeltung wird in Logan Millers Western „Sweetwater“ eher mitgeschleift, um einen herrlich schrägen, bitterbösen Western voller absurder Situationen, durchgeknallter Charaktere und prächtiger Postkartenaufnahmen zu präsentieren, der wie die unterkühlte Hollywood-Version von „El Topo“ wirkt.

Das ist definitiv kein Western für die breite Masse, aber in der richtigen Verfassung ist er wirklich spaßige Unterhaltung.

Das „Making of“ ist eine einzige, verzichtbare Ansammlung von Lobhuddeleien.

 

Sweetwater - DVD-Cover

 

Sweetwater – Blut schreit nach Blut (Sweetwater, USA 2013)

Regie: Logan Miller

Drehbuch: Logan Miller, Noah Miller, Andrew McKenzie

mit January Jones, Ed Harris, Jason Isaacs, Eduardo Noriega, Jason Aldean

DVD

Studiocanal

Bild: 1.40:1 (16:9)

Ton: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 5.1)

Untertitel: Deutsch

Bonusmaterial: Making of, Trailer

Länge: 91 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

Metacritic über „Sweetwater“

Rotten Tomatoes über „Sweetwater“

Wikipedia über „Sweetwater“