In einer Kneipe im Münchner Schlachthofviertel geschieht ein Mord. Die Kommissare Batic und Leitmayr mischen sich unter die Stammtischler.
Für diesen Tatort mit dem vorzüglichen Münchner Team schrieb der Glauser- und Deutschen-Krimi-Preisträger Hültner das Buch. Das Ergebnis ist ein angenehm altmodischer Tatort, der sich viel Zeit für seine intensive Milieuzeichnung nimmt. Denn das Ende ist sehr vorhersehbar.
Mit Miroslav Nemec, Udo Wachtveitl, Michael Fitz, Franz Buchriesner, Anna Brüggemann, Ernst Stankovski, Johann von Bülow
Nach einer aus dem Ruder gelaufenen Party hat die 17-jährige Anna (Franka Potente) Hausarrest. Weil sie in München an einem Casting teilnehmen will, haut sie ab. Ihre Eltern suchen sie.
Äußerst gelungene Komödie über Kinder und ihre Eltern.
mit Franka Potente, Axel Milberg, Dagmar Manzel, Farina Brock, Sibylle Canonica, Peter Ender, Thomas Schmauser, Johann von Bülow
TV-Premiere. Vierter Einsatz des ‚guten Bullen‘: Hauptkommissar Fredo Schulz (Armin Rohde) hat Krebs und, ohne Behandlung, nur noch drei Monate zu leben. Anstatt ins Krankenhaus zu gehen, stürzt er sich in seinen nächsten Fall. Ein Sicherheitsmann wurde vor einem Wohnblock erschossen. Bei seinen Ermittlungen trifft Fredo auf alte Bekannte und wird in einen Clankrieg verwickelt.
Wahrscheinlich (ich habe den Krimi noch nicht gesehen) gewohnt gute und kurzweilige Unterhaltung von Lars Becker.
mit Armin Rohde, Sabin Tambrea, Johann von Bülow, Nele Kiper, Sabrina Amali, Husam Chadat, Yasmina Djaballah, Mo Issa, Anica Dobra
Neben Steven Spielbergs „Die Fabelmans“ (der nächste Woche in Deuschland anläuft) ist Todd Fields „Tár“ der Film, der international schon seit Monaten allgemein abgefeiert und diskutiert wird. Außerdem steht das Drama, neben „Die Fabelmanns“, auf etlichen Nominierungslisten. So sind beide Filme in den Kategorien bester Film, beste Regie und bestes Drehbuch für den Oscar nominiert. Cate Blanchett ist als beste Hauptdarstellerin nominiert. Ebenso Michelle Williams für ihr Spiel in „Die Fabelmans“.
Blanchett spielt Lydia Tár, eine hochgelobte, international geachtete und bekannte Dirigentin, Pianistin, Komponistin und, mit verschiedenen öffentlichkeitswirksamen Aktionen und Engagements, eine hoch respektierte Person der Klassikwelt und des öffentlichen Lebens. Sie ist auch die erste Chefdirigentin eines großen deutschen Orchesters.
Jetzt will sie Gustav Mahlers Fünfte Sinfonie mit ihrem Orchester, den Berliner Philharmoniker, neu interpretieren und aufnehmen. Dann hätte sie mit einem Orchester alle Mahler-Sinfonien aufgenommen. Diese Proben für das Stück bilden über einen großen Teil des fast dreistündigen Films einen roten Faden, der all die Episoden und Ereignisse aus dem Leben der Dirigentin zusammenhält. Mit der Aufführung der Mahler-Interpretation könnte der Film dann zu Ende sein. Aber nach der aus dem Ruder laufenden Premiere in Berlin folgt nicht der Abspann, sondern ein vollkommen neuer Abschnitt aus Lydia Társ Leben. Dieser Teil ist deutlich schwächer, viel zu lang geraten und letztendlich, vor allem in der Länge, überflüssig.
Bis zur Aufführung ihrer Mahler-Interpretation in Berlin erzählt Field, wie Lydia Tár arbeitet und wie sie mit anderen Menschen umgeht. Sie ist, das wird schnell klar, ein egozentrischer, andere Menschen hemmungslos manipulierender Mensch, der sich seiner Macht bewusst ist und sie jederzeit bedenkenlos bei der Arbeit und im Privatleben einsetzt und dabei auch Berufliches und Privates miteinander vermischt. So lebt sie in einer festen Beziehung mit ihrer Konzertmeisterin Sharon Goodnow (Nina Hoss) und ihrer Adoptivtochter lebt. Trotzdem hat sie keine Probleme damit, bei der Arbeit Affären zu beginnen, aus denen mehr entstehen kann. Tár ist ein Ego-Shooter und das weibliche Pendant zu einem Alpha-Mann.
Das ging über viele Jahre gut. Doch jetzt, zwischen den hohen Ansprüchen an sich selbst und dem veränderten Klima zeigen sich erste Risse. Denn die Zeit, als unter dem Label „Geniekult“ alles akzeptiert wurde, ist vorbei.
Field präsentiert dies in einer Abfolge von Szenen, die auf den ersten Blick einfach nur eine Abfolge ziemlich unverbundener Ereignisse zwischen der Ankündigung einer Mahler-Interpretation und der Aufführung dieser Interpretation sind.
Erst bei der Premiere in Berlin fügen sich die einzelnen, sich teilweise quälend lang hinziehenden Szenen zu einem Gesamtbild zusammen und es gibt rückblickend zwei beeindruckend konsequent durchgezogene Spannungsbögen. Der eine erzählt, quasi als Horrorfilm, den Zusammenbruch einer Künstlerin. Der andere erzählt von Macht, wie sie angewendet wird, welche Auswirkungen das auf die manipulierten Betroffenen hat (die teils selbst Täterinnen sind) und wie eben dieses Herrschaftssystem immer stärker gefährdet ist. Denn Tár erkennt zwischen #metoo, Cancel Culture und neuen Ansprüchen und Sensibilitäten von Minderheiten und Betroffene nicht mehr, wo und wie ihre Position gefährdet ist. Auch weil die Betroffenen, vermeintlich und echt, manchmal vielleicht auch übersensibel, sich zu Wort melden. Andere Betroffene spielen das Spiel mit. Und Regisseur Todd Field hält sich mit allzu eindeutigen Bewertungen zurück.
Dieser Teil der Charakterstudie ist, wie eine Symphonie, ein in sich geschlossenes Werk, das in einem kurzen Zeitraum (den Proben) an einem Ort (Berlin) spielt. Daran schließt sich die, nun, Zugabe an. Sie ist ein in Asien spielendes Potpourri, das man genausogut hätte weglassen oder, wenn man unbedingt einen „Was danach geschah“-Epilog möchte, auf ein, zwei Minuten hätte kürzen können.
Durch seine Machart ist „Tár“ ein sehr sperriges, oft dröges, deutlich zu lang geratenes Arthaus-Psychodrama mit vielen Berlin-Bildern, einem satirisch überspitzten Einblick in den Klassik-Betrieb, viel klassischer Musik und einer schauspielerischen Tour de Force für Cate Blanchett, die hier ein ziemliches Ekelpaket spielt.
Tár(Tár, USA 2022
Regie: Todd Field
Drehbuch: Todd Field
mit Cate Blanchett, Nina Hoss, Noémie Merland, Adam Gopnik, Julian Glover, Mark Strong, Sophie Kauer, Allan Corduner, Marie-Lou Sellem, Leonard Bernstein, Johann von Bülow
In den vergangenen Monaten gab es zahlreiche Q&As zum Film mit Regisseur/Autor Todd Field, Hauptdarstellerin Cate Blanchett und weiteren am Film beteiligten Personen wie Nina Hoss (die Freundin von Lydia Tár im Film) und der Komponistin Hildur Guðnadóttir. Hier die „New York Film Festival“-Pressekonferenz:
Fredo Schulz, der titelgebende ‚gute Bulle‘, ist Alkoholiker und nach einem Angriff auf eine mutmaßlichen Kindermörder suspendiert. Da verschwindet ein weiteres Kind und es könnte sein, dass der Täter auch für die vorherigen Taten verantwortlich ist. Fredo will den Täter unbedingt überführen.
Fulimanter Auftakt von Lars Beckers zweiter (bzw. wenn man die „Unter Feinden“-Filme ebenfalls als Krimireihe begreift dritten) Krimireihe. Im Gegensatz zu seinen erfolgreichen „Nachtschicht“-Filmen spielen die „Guter Buller“-Filme in Berlin und sind etwas ernster. Armin Rohde spielt in beiden Serien die Hauptrolle.
mit Armin Rohde, Edin Hasanovic, Nele Kiper, Axel Prahl, Melika Foroutan, Max Simonischek Gaby Dohm, Thomas Heinze, Mark Keller, Johann von Bülow
Wenn die Anfangszeiten im TV-Programm stimmen, wird eine rabiat auf 90 Minuten gekürzte Fassung des 114-minütigen Films gezeigt. Keine Ahnung warum. Denn die Kinofassung ist perfekt.
mit Christian Friedel, Katharina Schüttler, Burghart Klaußner, Johann von Bülow, Felix Eitner, David Zimmerschmied, Rüdiger Klink, Cornelia Köndgen, Martin Maria Abram, Udo Schenk
TV-Premiere. Zweiter Spielfilm von „Oh Boy“-Regisseur Jan-Ole Gerster und wieder ein Volltreffer. Dieses Mal beobachtet er Lara (Corinna Harfouch). Die biestige und einsame Sechzigjährige streift an ihrem Geburtstag ziellos durch Berlin. Am Abend will sie das Konzert ihres Sohnes besuchen. Ihr Sohn hat sie dazu nicht eingeladen. Und wir verstehen ihn sehr schnell.
mit Corinna Harfouch, Tom Schilling, Volkmar Kleinert, André Jung, Gudrun Ritter, Rainer Bock, Mala Emde, Steffen Jürgens, Alexander Khuon, Birge Schade, Johann von Bülow
Wenn die Anfangszeiten im TV-Programm stimmen, wird eine rabiat auf 90 Minuten gekürzte Fassung des 114-minütigen Films gezeigt. Keine Ahnung warum. Denn die Kinofassung ist perfekt.
mit Christian Friedel, Katharina Schüttler, Burghart Klaußner, Johann von Bülow, Felix Eitner, David Zimmerschmied, Rüdiger Klink, Cornelia Köndgen, Martin Maria Abram, Udo Schenk
Drehbuch: François Ozon (frei nach „Broken Lullaby“ von Ernst Lubitsch)
Quedlinburg, 1919: Am Grab ihres im Krieg gefallenen Mannes trifft Anna auf den Franzosen Adrien. Sie findet ihn sympathisch und sie glaubt, dass er etwas über den Tod ihres Mannes weiß.
François Ozons vor allem in der ersten Hälfte verdammt gelungene und durchgehend wunderschön anzusehende Lubitsch-Interpretation.
Der gute Bulle – Nur Tote reden nicht(Deutschland 2020)
Regie: Lars Becker
Drehbuch: Lars Becker
Dritter Einsatz für den guten Bullen Fredo Schulz. Dieses Mal sucht er den Mörder von seinem Partner Milan Filipovic. Der wollte aus dem Polizeidienst ausscheiden und wurde an seinem letzten Tag im Dienst erschossen. Fredo und Milan waren gerade dabei, eine Drogenkurierin vom Flughafen zum Präsidium zu fahren, als diese auf die Toilette wollte. Während der Pause wurden sie überfallen. Danach beginnt Fredo den Täter (den wir Zuschauer schon kennen), die Flüchtige und die Hintermänner (dito) zu suchen. Außerdem muss Fredo sich mit einem neuen Partner herumschlagen, der es mit den Regeln besonders genau nimmt. Im Gegensatz zu Fredo.
Gewohnt unterhaltsame Krimi-Kost von „Nachtschicht“-Macher Lars Becker. Mehr muss wirklich nicht über diesen in Berlin spielenden Multikulti-Krimi gesagt werden.
Deshalb kann ich sofort zu den Neuigkeiten kommen: Am Montag, den 29. März 2021, zeigt das ZDF um 20.15 Uhr den neuen „Nachtschicht“-Krimi „Blut und Eisen“.
Lars Becker hat gerade mit den Dreharbeiten für „Alles auf Rot“ (Arbeitstitel) begonnen. In dem Krimi erzählt er ein neues Abenteuer der korrupten Polizisten Diller und Kessel. Der Sendetermin steht noch nicht fest.
mit Armin Rohde, Edin Hasanovic, Sabin Tambrea, Johann von Bülow, Nele Kiper, Lo Rivera, Timo Jacobs, Anica Dobra, Carlo Ljubek, Andreas Anke
Die spannend wie ein Polit-Thriller erzählte Vorgeschichte zum Auschwitz-Prozess, der von 1963 bis 1967 unter großer öffentlicher Anteilnahme in Frankfurt am Main vor Gericht verhandelt wurde.
In dem Film versucht ein junger Staatsanwalt, unter der Aufsicht von Generalstaatsanwalt Fritz Bauer, in jahrelanger mühseliger Kleinarbeit die nötigen Beweise für eine Anklage gegen die Täter in dem Konzentrationslager Auschwitz zu bekommen, während in Deutschland gerade das Wirtschaftswunder und das kollektive Vergessen gefeiert wurden.
mit Alexander Fehling, André Szymanski, Friederike Becht, Gert Voss, Johannes Krisch, Hansi Jochmann, Johann von Bülow, Robert Hunger-Bühler, Lukas Miko, Lisa Martinek
Drehbuch: François Ozon (frei nach „Broken Lullaby“ von Ernst Lubitsch)
Quedlinburg, 1919: Am Grab ihres im Krieg gefallenen Mannes trifft Anna auf den Franzosen Adrien. Sie findet ihn sympathisch und sie glaubt, dass er etwas über den Tod ihres Mannes weiß.
TV-Premiere zu einer unverschämten Sendezeit. Denn Ozons Lubitsch-Interpretation ist verdammt gelungen (vor allem die erste Hälfte) und selbstverständlich einen Blick wert.
Endlich hat Corinna Harfouch wieder eine Hauptrolle übernommen. „Giulias Verschwinden“, „Blond: Eva Blond!“ und „Vera Brühne“ liegen ja schon einige Jahre zurück.
Endlich hat Jan-Ole Gerster wieder Regie geführt. Sein Debüt „Oh Boy“ war ein Überraschungserfolg und ist einer der allseits beliebten Berlin-Filme. Seitdem sind sieben Jahre vergangen.
Mit seinem zweiten Spielfilm „Lara“ hat er auf den ersten Blick noch einmal „Oh Boy“ inszeniert. Nur dass dieses Mal nicht Tom Schilling, sondern Corinna Harfouch einen Tag lang ziellos durch Berlin streift.
Auf den zweiten Blick ist „Lara“ erzählerisch dann mindestens ein großer Schritt nach vorne in erzählerisch anspruchsvollere Gefilde. In „Oh Boy“ stolpert der Endzwanziger Niko ziellos durch die Stadt, hat einige erfreuliche, einige weniger erfreuliche Begegnungen und er sucht dabei nur eine gute Tasse Kaffee. Die bekommt er am Ende des Films. „Oh Boy“ ist ein wunderschöner SW-Nouvelle-Vague-Film, der genauso ziellos wie sein Protagonist ist. Gerster könnte da mühelos Episoden austauschen oder weglassen und nichts würde sich verändern.
„Lara“ ist dagegen ein deutlich komplexerer Film, der Gegenwart und Vergangenheit zu einem Psychogramm einer sehr problematischen Frau verwebt. Lara ist, pünktlich zu ihrem sechzigsten Geburtstag, in Rente geschickt worden. Die Beamtin war eine strenge, fordernde und vollkommen humor- und empathielose Abteilungsleiterin. Freunde hat sie keine. Sie ist auch nicht zum Konzert ihres Sohnes eingeladen.
Viktor ist ein gefeierter klassischer Pianist, der heute Abend ein von ihm komponiertes Stück aufführen will. In der Vergangenheit litt er immer wieder unter ihren Ansprüchen. Sie spornte ihn gleichzeitig zu Höchstleistungen an und sagte ihm, dass er nicht gut genug sei. Und Viktor gelang es nie, sich von ihrem prägenden Einfluss zu lösen. Weil sie durch ihre Anwesenheit Viktors großen Abend sabotieren könnte, will ihr Ex-Mann verhindern, dass Lara ihn vor dem Konzert trifft.
Lara, die an ihrem runden Geburtstag nichts vor hat, streift ziellos durch das alte Westberlin. Sie trifft immer wieder Menschen, die sie zwingen, sich mit ihrer Vergangenheit auseinander zu setzen. Lara wollte früher selbst Pianistin werden. Sie stellte höchste Ansprüche an sich selbst. Sie war auf dem besten Weg, eine Konzertpianistin zu werden, wenn nicht ein von ihr bewunderter Musiker an ihrem Talent gezweifelt hätte. Danach wurde sie die keine Fehler verzeihende, unverschämt hohe Ansprüche stellende Klavierlehrerin ihres Sohnes, der als erwachsener Mann immer noch versucht sich von ihr zu lösen und gleichzeitig, wie ein kleines Kind, von ihrem Urteil abhängig ist.
Schon in den ersten Minuten liefert Gerster die wichtigsten Informationen über Lara. In den nächsten gut hundert Minuten fügt er diesem Bild so viele neue Facetten bei, dass es immer spannend bleibt. Und in den letzten Minuten mit deprimierender Klarheit deutlich wird, wie sehr Lara unwissentlich Erfahrungen weitergab, die sie, ebenfalls unwissentlich, übernahm. Es ist ein Teufelskreislauf, aus dem sie sich nie befreite, weil sie nicht wusste, dass sie in diesem Kreislauf steckte. Falls sie es überhaupt wissen wollte.
„Lara“ ist eine glänzend gespielte, präzise inszenierte und gespielte Charakterstudie, die bei aller Tristesse unglaublich unterhaltsam ist. Und ein Berlin-Film.
Jetzt ist nur zu hoffen, dass nicht wieder sieben Jahre bis zu Gersters nächstem Film vergehen.
Lara (Deutschland 2019)
Regie: Jan-Ole Gerster
Drehbuch: Blaž Kutin
mit Corinna Harfouch, Tom Schilling, Volkmar Kleinert, André Jung, Gudrun Ritter, Rainer Bock, Mala Emde, Steffen Jürgens, Alexander Khuon, Birge Schade, Johann von Bülow
Die spannend wie ein Polit-Thriller erzählte Vorgeschichte zum Auschwitz-Prozess, der von 1963 bis 1967 unter großer öffentlicher Anteilnahme in Frankfurt am Main vor Gericht verhandelt wurde.
In dem Film versucht ein junger Staatsanwalt, unter der Aufsicht von Generalstaatsanwalt Fritz Bauer, in jahrelanger mühseliger Kleinarbeit die nötigen Beweise für eine Anklage gegen die Täter in dem Konzentrationslager Auschwitz zu bekommen, während in Deutschland gerade das Wirtschaftswunder und das kollektive Vergessen gefeiert wurden.
mit Alexander Fehling, André Szymanski, Friederike Becht, Gert Voss, Johannes Krisch, Hansi Jochmann, Johann von Bülow, Robert Hunger-Bühler, Lukas Miko, Lisa Martinek
Berlin: ein Geiselnehmer kapert die Radiomitmachshow „Cash Call“. Seine Forderung: er will mit seiner Verlobten sprechen. Dummerweise starb sie bei einem Autounfall. Kriminalpsychologin Ira Samin fragt sich, was für ein Spiel der Geiselnehmer treibt, während dieser fröhlich Menschen anruft und, wenn die Angerufenen die Parole nicht kennen, Geisel tötet.
Vor Jahren beschwerte Sebastian Fitzek sich, dass seine Thriller zwar Bestseller seien, aber niemand sie verfilmen wolle. Inzwischen hat sich das geändert. „Abgeschnitten“ läuft noch im Kino und jetzt läuft „Amokspiel“, mit Werbepausen, im Puschenkino. Mal sehen, ob’s ein spannender Thriller oder ein Desaster wird.
Tittelbach.tv ist jedenfalls zufrieden: „Als Spannungsspektakel funktioniert der weitgehend als Kammerspiel inszenierte Film…gut.“
P. S.: die Buchvorstellung in einem Radiosender in Berlin war jedenfalls ziemlich denkwürdig mit allem, was zu einem SEK-Einsatz gehört.
mit Franziska Weisz, Kai Schumann, Eko Fresh, Manuel Mairhofer, Christian Tramitz, Johann von Bülow
Die spannend wie ein Polit-Thriller erzählte Vorgeschichte zum Auschwitz-Prozess, der von 1963 bis 1967 unter großer öffentlicher Anteilnahme in Frankfurt am Main vor Gericht verhandelt wurde.
In dem Film versucht ein junger Staatsanwalt, unter der Aufsicht von Generalstaatsanwalt Fritz Bauer, in jahrelanger mühseliger Kleinarbeit die nötigen Beweise für eine Anklage gegen die Täter in dem Konzentrationslager Auschwitz zu bekommen, während in Deutschland gerade das Wirtschaftswunder und das kollektive Vergessen gefeiert wurden.
mit Alexander Fehling, André Szymanski, Friederike Becht, Gert Voss, Johannes Krisch, Hansi Jochmann, Johann von Bülow, Robert Hunger-Bühler, Lukas Miko, Lisa Martinek
Wenn die Anfangszeiten im TV-Programm stimmen, zeigt Arte als TV-Premiere eine rabiat auf 90 Minuten gekürzte Fassung des 114-minütigen Films.
mit Christian Friedel, Katharina Schüttler, Burghart Klaußner, Johann von Bülow, Felix Eitner, David Zimmerschmied, Rüdiger Klink, Cornelia Köndgen, Martin Maria Abram, Udo Schenk
3. September 2010: in der Nähe von Grefrath (Nordrhein-Westfalen) verschwindet der zehnjährige Mirco spurlos. Die Polizei beginnt mit der Suche, die nicht Tage oder Wochen, sondern Monate dauert.
Der Krimi basiert auf einem wahren Fall. Das Drehbuch ist von Katja Röder und Fred Breinersdorfer, der schon öfter wahre Kriminalfälle zu packenden Krimis verarbeitete. Und das steigert die Erwartungen.
Mit Heino Ferch, Silke Bodenbender, Johann von Bülow, Felix Kramer
Wenige Monate nach dem Ende des ersten Weltkriegs taucht in einer deutschen Kleinstadt ein junger Franzose auf, der ein merkwürdiges Interesse an dem Grab von Frantz hat. Anna ist neugierig. Sie war mit Frantz verheiratet, lebt bei dessen Eltern und trauert immer noch. Sie will wissen, warum der Franzose, der sich Adrien nennt, in das Land des Feindes gekommen ist und trauert. Denn nach dem Krieg pflegen die Deutschen ihren Hass auf die Franzosen, die den Krieg gewonnen haben. Und die Eltern von Frantz Hoffmeister, vor allem sein Vater, sehen Adrien zunächst als Feind, als einen der Franzosen, die ihren Sohn umgebracht haben.
Das ist die Ausgangslage von François Ozons neuem Film „Frantz“. Im Presseheft erklärt Ozon die falsche Schreibweise des Namens so: „Das ist ein typischer französischer Fehler, der den Deutschen gefiel. Deshalb habe ich ihn nicht korrigiert. Ich stellte mir vor, dass Frantz aus Liebe zu Frankreich das ‚t‘ hinzugefügt hatte.“
In dem Presseheft bittet er auch darum, Adriens Geheimnis nicht zu verraten.
Wer allerdings Ernst Lubitschs unbekannten Film „Broken Lullaby“, auf dem Ozons Film basiert, oder Maurice Rostards Theaterstück kennt, das die Vorlage für Lubitschs Film war, oder auch nur den Originaltitel des Stückes oder den Alternativtitel des Films oder den deutschen Titel kennt, dürfte eine gute Ahnung von Adriens Geheimnis haben. Weil Rostard und Lubitsch die Geschichte aus der Perspektive von Adrien erzählen, hat er auch kein Geheimnis. Ozon erzählt die Geschichte dagegen aus der Perspektive von Anna und damit verändert die Geschichte sich in vielen Punkten mehr oder weniger entscheidend. So als ob man einmal die Geschichte aus der Perspektive des Mörders und einmal aus der des Ermittlers erzählt.
Jedenfalls: Wer Lubitschs Film nicht kennt, wird mehr als nötig über Adriens Geheimnis rätseln und, auch ausgehend von Ozons früheren Filmen, wilde Vermutungen anstellen, anstelle sich einfach auf die Geschichte und die Gefühle der Charaktere einzulassen.
In dem Film wird das Geheimnis in der Filmmitte gelöst.
In der zweiten, deutlich schwächeren, um nicht zu sagen in der Länge missratenen Hälfte verlagert sich die Handlung dann nach Frankreich und während einer guten Stunde Laufzeit passiert letztendlich nichts. Dieser Teil, in dem Anna den spurlos verschwundenen Adrien sucht und bei seiner Familie findet, basiert nicht mehr Lubitschs Film und auch nicht auf dem Theaterstück. Beide enden mit der Reaktion der Witwe auf die Enthüllung des Grundes, warum der Franzose nach Deutschland gekommen ist.
Dabei ist gerade die erste Hälfte überaus gelungen und wunderschön in SW, mit einigen klug eingesetzten Farbtupfern, erzählt. In dieser Stunde erzählt Ozon von der Annäherung zwischen Anna und Adrien, von der möglichen Versöhnung zwischen den Kriegsgegnern, von dem gesellschaftlichen Klima in einer deutschen Kleinstadt in der Provinz, von großen und kleinen Lügen und Hoffnungen auf ein neues Leben.
Es war auch eine kluge Entscheidung von Ozon, den Film in der Originalfassung zweisprachig zu drehen. Deshalb wird in der ersten Hälfte fast nur deutsch, in der zweiten französisch gesprochen und die gesamte Geschichte wirkt authentischer.
Frantz (Frantz, Deutschland/Frankreich 2016)
Regie: François Ozon
Drehbuch: François Ozon (frei nach „Broken Lullaby“ von Ernst Lubitsch)
mit Paula Beer, Pierre Niney, Ernst Stötzner, Marie Gruber, Johann von Bülow, Anton von Lucke, Cyrielle Clair, Aliche de Lencquesaing
Der Film beginnt in Konstanz an einem Grenzposten zur Schweiz. Georg Elser hat in München im Bürgerbräukeller eine Bombe platziert, die Adolf Hitler töten soll. Allerdings beendet Hitler seine Rede vorzeitig und der Anschlag geht schief. Aber die Grenzbeamten halten Elser für verdächtig und eine erste Durchsuchung bestätigt ihren Verdacht, dass Elser etwas vor ihnen verbirgt. Kurz darauf beginnen Arthur Nebe, Chef der Kripo im Reichssicherheitshauptamt, und Gestapochef Heinrich Müller ihn zu verhören. Sie glauben, einen oder den Verantwortlichen für den Anschlag vom 8. November 1939 auf Hitler vor sich zu haben. Fred Breinersdorfer, der bereits das Drehbuch für „Sophie Scholl – Die letzten Tage“ schrieb und „Elser“ mit seiner Tochter Léonie-Claire Breinersdorfer schrieb, entwarf „Elser“ als Gegenmodell und Variation von „Sophie Scholl“. Gerade weil beide Filme gleich aufgebaut sind (Verhaftung – Verhör mit Rückblenden – Ermordung) rückt die Frage des Widerstands gegen ein verbrecherisches Regime in den Mittelpunkt. Sophie Scholl verkörpert dabei das gesellschaftlich allgemein akzeptierte Bild des Widerstandes: jung (1921 geboren), gut aussehend (erinnert euch an die fast ikonographischen Bilder von ihr), christlich (was heute eher ignoriert wird), gewaltfrei und Teil einer ähnlich gesinnten Gruppe, deren Mitglieder weniger bekannt sind. Georg Elser ist das Gegenmodell: schon etwas älter (1903 geboren), politisch engagiert (er war Mitglied in der KPD-Kampforganisation „Roter Frontkämpferbund“), ein Lebemann, der als übergenauer Tüftler (er war Schreiner und Uhrmacher) sich irgendwann entschloss, etwas zu tun und dann, ohne mit irgendjemand darüber zu reden, einen kaltblütigen Mord, einen Tyrannenmord, plante. Die Frage, ob ein Tyrannenmord gerechtfertigt ist, steht dann auch im Zentrum von „Elser“, den Oliver Hirschbiegel („Der Untergang“, aber auch „Das Experiment“, „Ein ganz gewöhnlicher Jude“ und „Five Minutes of Heaven“ [mit Liam Neeson]) souverän als Polit-Thriller zum Nachdenken inszenierte. Dabei umschiffen die Breinersdorfers und Hirschbiegel Vergleiche mit Klaus-Maria Brandauers „Georg Elser – Einer aus Deutschland“ (1989) indem sie die konkreten Vorbereitungen, die in Brandauers Thriller im Mittelpunkt stehen, links liegen lassen. „Elser“ erzählt, nah an den historisch verbürgten Fakten, wie Elser sich ausgehend von seinen Beobachtungen entschloss, das Attentat gegen den Diktator zu planen und was nach seiner Verhaftung ihm geschah. Der Film zeigt auch ein anderes Bild von Georg Elser, dessen Tat für verschiedene Legenden benutz wurde, in denen er meistens mehr oder selten weniger diffamiert wurde. Im Nachkriegsdeutschland wurde er lange totgeschwiegen. Seine Familie und Verwandten distanzierten sich lange von ihm. Aber das ist ein Kapitel, das in „Elser“ nicht angesprochen wird. Elser lebte und arbeitete in den Zwanzigern am Bodensee, vor allem in Konstanz, in verschiedenen Uhrenfabriken. Seine Vorgesetzten mussten ihn immer wieder entlassen, weil die Geschäfte schlecht liefen. 1932 kehrte er zurück nach Königsbronn auf der Schwäbischen Alb. Er war ein Stenz, ein beliebter Hallodri, ein Musiker mit vielen Frauenbeziehungen, auch mit verheirateten Frauen, und der Vater von mehreren unehelichen Kindern. Er war auch ein genauer Beobachter und er zog, als einfacher Mann aus dem Volk und Hilfsarbeiter in einer Heidenheimer Armaturenfabrik, aus seinen Beobachtungen über die veränderte Stimmung im Dorf, den Nachrichten und den Kriegsvorbereitungen in der Fabrik – im Gegensatz zu fast allen Deutschen – die richtigen Schlüsse und er tat das, was er für richtig hielt. Er agierte früher und konsequenter als die anderen heute allgemein bekannten deutschen Widerstandskämpfer. Sophie Scholl, die Weiße Rose und die Soldaten um General von Stauffenberg, um nur die bekanntesten Namen zu nennen, entschlossen sich erst in den letzten Kriegsjahren zum Widerstand. Elser plante seine Tat schon ein gutes Jahr vor dem Kriegsbeginn. Am Ende des beeindruckenden Films, der auch zeigt, wie die Nazi-Ideologie sich ohne nennenswerten Widerstand in dem Dorf verbreitete, steht die Frage, ob man selbst wie Elser agiert hätte und wann ein Tyrannenmord gerechtfertigt ist. Seine Premiere erlebte „Elser“ auf der diesjährigen Berlinale und dort sicherte sich Sony Pictures Classical, unter dem Titel „13 Minutes“, sofort die Verleihrechte für Amerika.
Seitdem wurde „Elser“ für sieben Deutsche Filmpreise nominiert. Unter anderem Christian Friedel (der Georg Elser spielt) und Burghart Klaußner (der Arthur Nebe spielt) für ihr Spiel und Judith Kaufmann für die Kamera. In England lief der Film schon im Sommer an. Wann er in den USA gezeigt wird, ist noch unklar. Und bei uns gibt es inzwischen die DVD mit über hundert Minuten durchgehend informativem Bonusmaterial, das immer wieder um Elser und seine Tat kreist. Verglichen mit der Doppel-DVD „Sophie Scholl – Die letzten Tage“ (Deutschland 2005), bei der es auch historisches Material gab, fehlt bei „Elser“ nur das historische Material; was auch an der Materiallage liegen kann. Über Elser gibt es fast keine Dokumente und auch keine Zeitzeugen.
Es gibt ein Making of (14 Minuten); Interviews mit Christian Friedel (8 Minuten), Katharina Schüttler (10 Minuten), Burghart Klaußner (6 Minuten), Johann von Bülow (6 Minuten) und Oliver Hirschbiegel (9 Minuten); Impressionen von einer Schulvorführung, bei der auch Bundespräsident Joachim Gauck anwesend war (24 Minuten; was ungefähr die gesamte informativen Diskussion nach der Vorführung ist); eine Einführung in den Film von Oliver Hirschbiegel und den Produzenten Boris Ausserer und Oliver Schündler (12 Minuten); 10 Minuten Ausschnitte von der Berlinale-Pressekonferenz mit Statements von Autor Fred Breinersdorfer, Regisseur Oliver Hirschbiegel und Hauptdarsteller Christian Friedel; einige geschnittene Szenen (4 Minuten) und einen kurzweiligen Audiokommentar von Christian Friedel und Oliver Hirschbiegel.
Da werden zwar nicht alle Fragen beantwortet, aber es gibt einen guten Einblick in den Film und sein Anliegen, der, so Hirschbiegel, eine Mischung aus Heimatfilm, Polit-Krimi und Liebesfilm ist und in dem ein Freigeist und seine unglaubliche Tat im Mittelpunkt steht. Gerade weil alle Beteiligten ihre zwiespältigen Gefühle zu diesem geplanten Tyrannenmord äußern, Parallelen zur Gegenwart und Edward Snowden ziehen, regt auch das Bonusmaterial zum Nachdenken an.
Elser (Deutschland 2015)
Regie: Oliver Hirschbiegel
Drehbuch: Fred Breinersdorfer, Léonie-Claire Breinersdorfer
mit Christian Friedel, Katharina Schüttler, Burghart Klaußner, Johann von Bülow, Felix Eitner, David Zimmerschmied, Rüdiger Klink, Cornelia Köndgen, Martin Maria Abram, Udo Schenk
– DVD
NFP
Bild: 2,39:1 (16:9)
Ton: Deutsch (Dolby Digital 5.1)
Untertitel: Deutsch für Hörgeschädigte
Bonusmaterial: Making of; Interviews mit Christian Friedel, Katharina Schüttler, Burghart Klaußner, Johann von Bülow und Oliver Hirschbiegel; Impressionen von einer Schulvorführung (mit Joachim Gauck); Einführung in den Film; Deleted Scenes; Berlinale-Pressekonferenz; Kinotrailer; Kinoteaser; TV-Spot; Audiokommentar von Christian Friedel und Oliver Hirschbiegel; Hörfilmfassung
Länge: 109 Minuten
FSK: ab 12 Jahre
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