Der lange Weg nach Hause (Australien/Großbritannien 2002, Regie: Philip Noyce)
Drehbuch: Christine Olsen
LV: Doris Pilkington (aka Nugi Garimara): Follow the Rabbit-Proof Fence, 1996 (später „The Rabbit-Proff Fence“; deutsch als „Long Walk Home“)
Die wahre, von Philip Noyce packend erzählte Geschichte von drei Mädchen, die 1931 quer durch Australien 2400 Kilometer am titelgebenden „Rabbit-Proof Fence“ (Kaninchenzaun) entlang nach Hause wanderten. Als Aborigine-Mischlingskinder waren sie von ihren Müttern getrennt und an das andere Ende des Landes transportiert worden.
Das Gesetz existierte bis 1970.
Christopher Doyle war der Kameramann.
Die Musik ist von Peter Gabriel.
Mit Everlyn Sampi, Tianna Sansbury, Laura Monaghan, David Gulpilil, Ningali Lawford, Myarn Lawford, Deborah Mailman, Jason Clarke, Kenneth Branagh
Die Geschichte von Aschenputtel (manchmal auch Aschenbrödel oder bei den Amis Cinderella) ist ja bekannt. Aber heute, wo gefühlt jedes Märchen mit einem anderen Schwerpunkt neu erzählt wird, fällt Kenneth Branaghs Version von Aschenputtel schon auf. Denn er erzählt das Märchen einfach noch einmal so, wie wir es aus unseren Kindertagen kennen. Nur die Tricktechnik ist besser als in den älteren Filmen.
Das ist, angesichts der zahlreichen mehr oder weniger missglückten Neuinterpretationen, schon etwas. Modernisierungen, wie „Maleficent – Die dunkle Fee“ (inspiriert von Dornröschen) oder „Snow White and the Huntsman“ (inspiriert von Schneewittchen), ließen einen oft kopfschüttelnd zurück. Da wurde die Geschichte aus der Sicht eines Nebencharakters erzählt und plötzlich war die böse Fee gar nicht mehr so böse, sondern nur noch eine strenge Mutter und die ganze Geschichte hatte nicht mehr die Prägnanz des Originals. Da wurde aus der Heldin eine veritable Actionheldin, die mit dem alten Märchen wenig, mit aktuellen Fantasy-Filmen viel zu tun hat und die natürlich alles das weg lässt, was wir am Original mochten.
Aber gleichzeitig fragte ich mich, warum Kenneth Branagh, der immerhin mit zwei Shakespeare-Neuinterpretationen, die allgemein abgefeiert wurden und damals William Shakespeare für viele Zuschauer erstmals erschloss, dieses Mal so konservativ vorgeht und er sich – ohne jede Not – zum willigen Erfüllungsgehilfen von Walt Disney degradieren lässt. Dieser konservative Ansatz macht dann auch „Cinderella“ zu einem Film für achtjährige Mädchen. Alles ist offensichtlich. Es gibt keinen Subtext, keine aktuellen Bezüge oder einen individuellen Zugriff auf die Geschichte. Es gibt nur die Geschichte von einem verschüchterten, passiven Mädchen, das sich in den Traumprinz verliebt und ihn am Ende, nachdem er sie im ganzen Land suchte, auch bekommt.
Diese sattsam bekannte Geschichte wird in prachtvollen Bildern, die im Luxus schwelgen und mit einigen bekannten Schauspielern (Cate Blanchett, Helena Bonham Carter, Stellan Skarsgard, Derek Jacobi) garniert, mit Liebe zum malerischen Detail, überraschungsfrei und, immerhin, erstaunlich kitschfrei erzählt. Denn allzuleicht hätte der Märchenfilm in eine jungmädchenhafte Schwärmerei ausarten können.
The Gingerbread Man – Eine nächtliche Affäre (USA 1998, R.: Robert Altman)
Drehbuch: Clyde Hayes
LV: John Grisham (Originalstory – soweit bekannt nicht veröffentlicht)
Anwalt Rick Magruder verknallt sich in Mallory Doss und bemerkt nicht, wie sehr sie ihn für ihre Interessen benutzt.
Die erfolgloseste und – so auch meine Ansicht – die beste Grisham-Verfilmung. Altman verfilmte einen Drehbuch-Entwurf, den Grisham vor seinem Leben als Bestseller-Autor schrieb, und das Studio startete den Film – nach einem Streit mit Altman über die endgültige Fassung – fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Im Gegensatz zu den erfolgreichen Grisham-Bücher und deren Verfilmungen löst der Held, natürlich ein Anwalt, nicht das Problem, sondern er ist das Problem. In dem düsteren Südstaaten-Thriller glänzen etliche Stars: Kenneth Branagh, Robert Downey Jr., Embeth Davidtz, Robert Duvall, Tom Berenger, Daryl Hannah, Famke Janssen
In seiner neuesten Inkarnation sieht Jack Ryan nach Alec Baldwin, Harrison Ford und Ben Affleck wie Chris Pine aus und er ist auch wieder etwas verjüngt worden. Denn als Tom Clancy Jack Ryan erstmals 1984 in seinem Bestseller „Jagd auf Roter Oktober“ auftreten ließ, war er bereits ein gestandener Mittdreißiger. Danach ließ er ihn altern – und als Hollywood jetzt wieder einen Jack-Ryan-Film machen wollte, war klar, dass sich die Filmemacher einige Freiheiten von den Vorlagen nehmen. Was ja nicht unbedingt schlecht ist. Siehe James Bond, dessen Filmabenteuer schon seit Jahrzehnten nichts mehr mit den Geschichten von Ian Fleming zu tun haben.
Mit diesem etwas aus der Zeit gefallenem Helden hat Jack Ryan, ein Kind des Kalten Krieges, durchaus einige Gemeinsamkeiten. Jack Ryan ist zwar kein das Leben auf die leichte Schulter nehmender, sexuell höchst aktiver Jet-Setter. Er ist ein in einer festen Beziehung lebender Analyst, ein Zahlenfresser, ein biederer Beamter, der dann doch immer wieder in Trouble gerät. Auch weil er die Daten anders – was im Rahmen der Filmgeschichte „richtig“ heißt – als seine Vorgesetzten interpretiert und er dann doch auch mal einen Alleingang für sein Vaterland machen muss. Aber genau wie James Bond ist Jack Ryan ein braver Staatsdiener, der Geheimdienst funktioniert prächtig, die Technik funktioniert ebenso fehlerfrei und die Welt ist klar in Gut und Böse getrennt. Das hat dann, nachdem Jack Bauer und Jason Bourne, nicht mehr wussten, auf welcher Seite ihre Vorgesetzten stehen, doch etwas altmodisches. Denn in einem Jack-Bauer-Abenteuer wäre der Vorgesetzte ein Verräter. In einem Jack-Ryan-Film ist der Vorgesetzte kein Verräter, sondern die dem Helden helfende Hand, die dieser auch nötig hat.
In „Jack Ryan: Shadow Recruit“, das auf keinem Tom-Clancy-Roman, sondern auf dem Charakter basiert und als Beginn einer neuen Jack-Ryan-Serie geplant ist, erlebt Jack Ryan (Chris Pine) als Student in London die Anschläge auf das World Trade Center. Er geht zum Militär, wird scher verletzt, von CIA-Mann William Harper (Kevin Costner) rekrutiert und er beginnt, im Auftrag des CIA, undercover als Analyst an der Wall Street zu arbeiten. In der Gegenwart entdeckt er Unregelmäßigkeiten bei einem russischen Großkunden.
Harper schickt „Ich bin nur ein Analyst“-Jack-Ryan nach Moskau. Dort soll er die Konten überprüfen – und er gerät schnell in einen James-Bond-würdigen Schlamassel, der in seinem Hotelzimmer mit einem Mordanschlag auf ihn beginnt. Am Ende des Kampfes ist das Nobelhotelzimmer demoliert und eine Leiche liegt in der Badewanne. Innerhalb weniger Minuten werden von der sehr effektiven CIA-Renovierungstruppe die Schäden beseitigt und Jack Ryan darf Viktor Cherevin (Kenneth Branagh), dem Bösewicht, die Hand schütteln. Dieser will mit mehreren Anschlägen die Finanzmärkte so manipulieren, dass der US-Dollar wertlos wird.
„Jack Ryan: Shadow Recruit“ erfindet das Genre nicht neu. Aber Kenneth Branagh erzählt die Geschichte flott, konzentriert sich auf die Schauspieler, die Dialoge und altmodische Agentenspielereien, die als klassisches Spannungskino immer noch funktionieren. Die Action, wie die Schlägerei im Hotelzimmer und der Schlusskampf in New York, ist dagegen eher rar gesät und nicht so spannend wie Jack Ryans Einbruch in Cherevins Büro, während seine Freundin (Keira Knightley) Cherevin im Restaurant über mehrere Minuten ablenken soll.
Während Branagh stilistisch an die Gegenwart des Agententhrillers anschließt und auf eine angenehm altmodische Art ordentlich thrillt, sind gerade die Momente und die Ideologie, die aus dem Werk von Tom Clancy übernommen wurden, die Schwachpunkte des Films. Denn es wird die Mär von der guten und effizienten CIA verbreitet, einem funktionierendem, die Demokratie schützendem Apparat mit tapferen und ehrlichen Männer (und einigen gut aussehenden Frauen) und einer perfekt funktionierenden Technik. Nur die Politiker stören dabei ab und an. Und, wie im Kalten Krieg, sind die Amerikaner die Guten und die Russen die Bösen, in deren Reich sich seit Glasnost die Fassaden der Gebäude, aber nicht die inneren Strukturen des Landes änderten.
Aber schon der erste Jack-Ryan-Film „Jagd auf Roter Oktober“ war damals als ein mühsam auf Glasnost getrimmter Kalter-Kriegs-Thriller seltsam deplatziert in Kino.
Jack Ryan: Shadow Recruit (Jack Ryan: Shadow Recruit, USA/Russland 2013)
Regie: Kenneth Branagh
Drehbuch: Adam Cozad, David Koepp
LV: Charakter von Tom Clancy
mit Chris Pine, Kevin Costner, Kenneth Branagh, Keira Knightley, Peter Andersson, David Paymer, Colm Feore, Lenn Kudrjawizki, Alec Utgoff
The Gingerbread Man – Eine nächtliche Affäre (USA 1998, R.: Robert Altman)
Drehbuch: Clyde Hayes
LV: John Grisham (Originalstory – soweit bekannt nicht veröffentlicht)
Anwalt Rick Magruder verknallt sich in Mallory Doss und bemerkt nicht, wie sehr sie ihn für ihre Interessen benutzt.
Die erfolgloseste und – so auch meine Ansicht – die beste Grisham-Verfilmung. Altman verfilmte einen Drehbuch-Entwurf, den Grisham vor seinem Leben als Bestseller-Autor schrieb, und das Studio startete den Film – nach einem Streit mit Altman über die endgültige Fassung – fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Im Gegensatz zu den erfolgreichen Grisham-Bücher und deren Verfilmungen löst der Held, natürlich ein Anwalt, nicht das Problem, sondern er ist das Problem. In dem düsteren Südstaaten-Thriller glänzen etliche Stars: Kenneth Branagh, Robert Downey Jr., Embeth Davidtz, Robert Duvall, Tom Berenger, Daryl Hannah, Famke Janssen