Neu im Kino/Filmkritik: „Der Knastcoach“ ist kein guter Trainer

Mai 7, 2015

„Der Knastcoach“ hat eine Idee – ein ehrlicher Afroamerikaner ohne jede Gefängniserfahrung bereitet einen Millionär auf das Gefängnis vor – aber keine Ahnung, was er mit dieser Idee anfangen soll und keine Pointe. Und, auch wenn die Macher das Gegenteil behaupten, der Film ist keine Sozialsatire. Es ist auch keine Satire (oder höchstens eine fehlgeleitete) und keine Komödie. Jedenfalls wenn man von einer Komödie mehr als etwas Klamauk und das Abspulen der offensichtlichsten Gags erwartet, die sich einfach aus dem Abspulen bekannter Klischees über Schwarze und Schwule ergeben.
Hedge-Fonds-Manager James King (Will Ferrell), ein aufgeblasener Trottel mit der sozialen Kompetenz eines Backsteins und der Intelligenz eines Hohlkörpers, wird als Finanzbetrüger angeklagt und, obwohl unschuldig, zu einer zehnjährigen Haftstrafe in San Quentin unter den ganz bösen Buben verurteilt. Dieser King hat natürlich Angst vor dem Gefängnis. Während sein künftiger Stiefvater Martin (Craig T. Nelson) ihm versichert, dass er herausfinden werde, wer ihn hereingelegt habe, beginnt der vollkommen unschuldige und zu Unrecht verurteilte King sich auf das Gefängnis vorzubereiten. Er bittet den ersten Afroamerikaner, der ihm über den Weg läuft, ihn auf das Gefängnis vorzubereiten. Denn statistisch gesehen war jeder Schwarze schon einmal im Gefängnis. Dummerweise hat James Darnell Lewis (Kevin Hart), Chef einer kleinen Autopflegefirma, glücklich verheiratet mit einer Tochter, die er auf eine bessere Schule schicken möchte, noch nie etwas Unrechtes getan. Aber er braucht das Schulgeld für seine Tochter und King könnte es bezahlen. Also willigt Lewis für diesen Geldbetrag ein, James King auf das Gefängnis vorzubereiten. Er bedient sich dabei der auch ihm bekannten Knastklischees.
Weil so ein kleines Bootcamp, das sich weitgehend in verbalen Blödeleien erschöpft, nicht abendfüllend ist, gibt es auch noch eine „Geschichte“. Denn irgendwann glaubt Lewis, dass King unschuldig ist und er will ihn vor dem Gefängnis bewahren.

Der Knastcoach - Plakat

Der Knastcoach (Get Hard, USA 2015)
Regie: Etan Cohen
Drehbuch: Jay Martel, Ian Roberts, Etan Cohen (nach einer Geschichte von Adam McKay, Jay Martel und Ian Roberts)
mit Will Ferrell, Kevin Hart, Craig T. Nelson, Alison Brie, Edwina Findley Dickerson, Ariana Neal, Erick Chavarria, T.I., Paul Ben-Victor, John Mayer
Länge: 100 Minuten
FSK: ab 12 Jahre

Hinweise
Amerikanische Homepage zum Film
Deutsche Homepage zum Film
Film-Zeit über „Der Knastcoach“
Moviepilot über „Der Knastcoach“
Metacritic über „Der Knastcoach“
Rotten Tomatoes über „Der Knastcoach“
Wikipedia über „Der Knastcoach“


Neu im Kino/Filmkritik: „Anchorman – Die Legende kehrt zurück“ und revolutioniert das Nachrichtenfernsehen zum Boulevard

Januar 30, 2014

Damit hat niemand gerechnet. Ron Burgundy ist zurück. Einige dürften ihn noch von seinem ersten Spielfilmauftritt „Anchorman – Die Legende von Ron Burgundy“ kennen. Da war er der Nachrichtensprecher eines Lokalsenders in San Diego und der ungekrönte König der Stadt, bis die junge Reporterin Veronica Corningstone kam, die nicht nur Ambitionen auf seinen Sprecherposten hatte, sondern ihm auch intellektuell haushoch überlegen war. Der tumbe Macho Burgundy und seine ebenso dummen Mitarbeiter kämpften mit allen Mitteln gegen sie, aber letztendlich konnten sie den Fortschritt nicht aufhalten und am Ende hatten sie sogar gelernt, dass auch Frauen Nachrichtensprecherinnen und echte Journalistinnen sein können. Außerdem verliebten Burgundy und Corningstone sich ineinander. Mit dem Filmende der liebevollen und kurzweiligen, aber auch sehr nachlässig erzählten Siebziger-Jahre-Gagparade war die Geschichte von Burgundy, Corningstone und dem „Action-4-News-Team“ zu Ende erzählt. Fortsetzung überflüssig.

Nun, irgendwie doch nicht. In den USA scheint der von Will Ferrell gespielte Charakter sehr beliebt zu sein. Also wurde nach einem Jahrzehnt die alte Bande wieder zusammengerufen, etliche Stars absolvieren einen Kurzauftritt und eine weitere Ron-Burgundy-Geschichte wird erzählt. Wir haben jetzt 1980. Burgundy und seine Frau Veronica Corningstone sind in New York und präsentieren gemeinsam eine Nachrichtensendung, bis Burgundy wegen erwiesener Unfähigkeit gefeuert wird und seine Frau aufsteigt. Mitten in seiner Depri-Phase (wir erinnern uns an den ersten „Anchorman“-Film) erhält er ein Angebot, das er nicht absagen kann: Kench Allenby (ein Klon aus Ted Turner, Rupert Murdoch und viel Richard Branson) baut den neuen Fernsehsender GNN auf, der 24 Stunden Nachrichten ausstrahlen soll. Eine bescheuerte Idee, findet jeder, aber Burgundy und seine alte Gang, das „Action-4-News-Team“, sind dabei und zielsicher steuert er die No-Gos an, die sich als zukunftsweisend entpuppen sollen. Bei ihm gibt es keine Berichte über Politik und wichtige Ereignisse, sondern substanzloses Geplauder über die schönen und alltäglichen Seiten des amerikanischen Alltags oder eine mehrstündige Live-Schaltung zu einer Autoverfolgungsjagd oder sie probieren vor laufender Kamera die angesagte Droge Crack aus. Kurz: Dinge, die keine Nachrichten sind, werden als Nachrichten verkauft und Burgundy erfindet das heutige Fernsehen.

Genau in diesem Moment wird „Anchorman 2“ zu einem Film, der immer wieder an seiner eigenen Haltungslosigkeit scheitert. Im ersten Film wurde auch erzählt, wie Frauen in eine Macho-Bastion einbrechen und am Ende hat Burgundy (und seine Freunde) gelernt, dass auch Frauen in ihrem Beruf ihre Berechtigung haben. Der Macho, das hirnlose Alpha-Männchen, wird zu einem besseren Mann – und wir konnten, mit den Schauspielern, über die damalige Zeit lachen. Das war ein schöner, nostalgischer Trip, der auch durchaus gelungen damalige Filme parodierte.

In „Anchorman 2“ erfindet eben dieser Trottel das heutige Nachrichtenfernsehen, in dem Boulevard-Meldungen und Pseudo-Nachrichten wichtiger sind als Aufklärung und klassischer Journalismus – und wir sollen es gut finden. Während „Anchorman“ noch eine durchaus fortschrittliche Botschaft hatte, ist „Anchorman 2“ durch und durch konservativ bis reaktionär. Denn wir sollen, im Gegensatz zum ersten „Anchorman“, einen Haufen Idioten bewundern und ihre Leistungen für das Nachrichtenwesen gut finden. Sogar Veronica Corningstone, die immer eine echte Journalistin werden wollte, ergibt sich dem Charme der Nicht-Nachrichten. Sie verrät alles, wofür sie bisher stand und was ihr wichtig war, während aus dem Trottel Burgundy der unumstrittene Held und Prophet wird, der niemals kritisch hinterfragt wird. Von Demontage, wie im ersten „Anchorman“-Film, wollen wir überhaupt nicht reden. Genau dieser – von den Machern vielleicht nicht beabsichtigte – Subtext vermieste mir den ganzen Film.

Da helfen dann auch nicht mehr die hübsch geschmacklosen Klamotten, etliche gelungen Gags (aber es gibt auch misslungene Gags und Leerlauf) und Reminiszensen an den ersten Film, der auch in erster Linie als Gagparade funktionierte.

Anchorman 2 - Teaser

Anchorman – Die Legende kehrt zurück (Anchorman 2: The Legend continues, USA 2013)

Regie: Adam McKay

Drehbuch: Adam McKay, Will Ferrell

mit Will Ferrell, Steve Carell, Paul Rudd, David Koechner, Christina Applegate, Meagan Good, James Marsden, Josh Lawson, Kristen Wiig, Dylan Baker, Judah Nelson, Greg Kinnear, Harrison Ford, Sacha Baron Cohen, Marion Cotillard, Will Smith, Kirsten Dunst, Jim Carrey, Steve Coulter, Tina Fey, Liam Neeson, John C. Reilly, Vince Vaughn, Kanye West (das meiste sind Cameos und sicher hab ich einige vergessen)

Länge: 119 Minuten

FSK: ?

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Film-Zeit über „Anchorman – Die Legende kehrt zurück“

Moviepilot über „Anchorman – Die Legende kehrt zurück“

Metacritic über „Anchorman – Die Legende kehrt zurück“

Rotten Tomatoes über „Anchorman – Die Legende kehrt zurück“

Wikipedia über „Anchorman – Die Legende kehrt zurück“ (deutsch, englisch)


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