Neu im Kino/Filmkritik: „The Suicide Squad“ beim Inselbesuch

August 5, 2021

Nach dem hoffnungslos vermurksten DC-Film „Suicide Squad“ konnte jede Fortsetzung, die gleichzeitig ein Neustart ist, nur besser sein. Die Frage war nur, wieviel besser James Gunns „The Suicide Squad“ ist.

Gunn ist spätestens seit seinen beiden „The Guardians of the Galaxy“-Marvel-Filmen ein bei Fanboys bekannt-beliebter Regisseur, der schon für den dritten Film engagiert war. Dann gab es ein unerfreuliches Hin und Her wegen alter Tweets. Er wurde zuerst gefeuert, es gab Proteste dagegen, danach wurde er wieder engagiert und demnächst inszeniert er seinen dritten „Guardians of the Galaxy“-Film. Davor drehte er für das konkurrierende DC-Kinouniversum, das aktuell eine umfassende und nötige Neuausrichtung erfährt, „The Suicide Squad“.

Vor dem Dreh ließ der bekennende Comic-Junkie sich zusichern, dass er machen dürfte, was er wolle. Dazu gehört, dass der Film blutig sein darf (seit dem Erfolg von „Deadpool“ dürfen Superheldenfilme eine höhere Altersfreigabe haben), dass er nach Belieben das Team aus bekannten und unbekannten Figuren zusammen stellen kann und dass er jedes Teammitglied umbringen dürfte. Das war nach dem ersten „Suicide Squad“ wohl auch kein großes Problem. Denn besonders beliebt ist der Film unter den Fans nicht. Von den damaligen Mitgliedern des ziemlich blassen Selbstmordkommandos ist nur Harley Quinn (Margot Robbie) allgemein beliebt. Nachdem sie schon einen Solo-Film bekommen hat, ist sie jetzt wieder dabei. Viola Davis spielt wieder Amanda Waller, die skrupellose Oberbefehlshaberin der von ihr zusammengestellten Selbstmordkommandos (und sie hat wieder zu wenige Szenen). Joel Kinnaman ist wieder als Colonel Rick Flag dabei. Wahrscheinlich durfte er die Rolle wieder übernehmen, weil er beim letzten Mal nicht besonders auffiel und irgendein Karrieresoldat das Kindermädchen für die aus vollkommen durchgeknallten, zu Höchststrafen verurteilten Verbrechern bestehende Selbstmordtruppe spielen muss. Das sind dann auch schon die für die neue Mission wichtigen Figuren, die James Gunn aus dem vorherigen Film übernahm.

Letztendlich stellte er eine vollkommen neue „Suicide Squad“ zusammen und bringt die meisten Mitglieder dieses Selbstmordkommandos gleich in den ersten Minuten an einem Inselstrand um. Wer in den vergangenen Wochen und Monaten einen der zahllosen Trailer und Featurettes gesehen hat, muss sich in diesem Moment schon von einigen in ihnen prominent gezeigten Gesichtern verabschieden – und kann sich ausrechnen, wer bessere und wer schlechtere Überlebenschancen hat.

In dem Moment betritt nämlich einige Meter weiter eine andere, von ‚Bloodsport‘ Robert DuBois (Idris Elba) angeführte Suicide Squad die Insel Corto Maltese. Sie müssen nach Jotunheim, einer festungsähnlichen Forschungseinrichtung, und dort die für die USA unangenehmen Reste von Projekt Starfish beseitigen. Begonnen wurde das Projekt von den Nazis, die in dem Actionfilm nicht weiter erwähnt werden.

Das danach folgende Abenteuer ist eine blutige Geschichte im Stil eines Actionthrillers der siebziger/achtziger Jahre, als ein oder mehrere Soldaten oder Söldner im Auftrag der US-Regierung einen geheimen Auftrag in irgendeinem lateinamerikanischem Land ausführen und dabei über Leichen gehen konnten. Immer nach der Methode ‚Gewalt ist gut, exzessive Gewalt ist besser‘. Also wird blutig gestorben, geköpft, Glieder abgeschlagen oder auch mal ein Mensch halbiert. Gerne garniert mit einem zynischen Spruch.

In „The Suicide Squad“ kommt dann noch das Wissen um die Comic-Ursprünge der Geschichte hinzu. Alles ist noch eine Spur lauter, greller und plakativer. Alle Mitglieder und der Oberbösewicht, selbstverständlich ein durchgeknallter Wissenschaftler, sind in ihrem Wesen überlebensgroß. Superkräfte, wie wir sie von den Superhelden aus Comics und Filmen kennen, hat kein Mitglied der Suicide Squad. Aber sie haben manchmal beeindruckende Fähigkeiten und beeindruckend Waffen; wobei manche dieser Waffen sich beeindruckend unpraktisch für einen Kampf gegen Schusswaffen und Handgranaten erweisen. Und kein Mitglied von Bloodsports Truppe ist ein Genie. Diese Verbrecher sind halt eine neue Ausgabe des „Dreckigen Dutzend“, die für die Mission erpresst wurden und, wenn sie denn überleben, eine Straferleichterung erhalten. Denn wie in dem Kriegsfilmklassiker ist für jedes Mitglied der Einheit der Tod wahrscheinlicher als das Überleben der Mission.

Und dann gibt es noch ein unmögliches, aber sympathisches Wesen. In „The Guardians of the Galaxy“ war das der Baum Groot. In „The Suicide Squad“ ist es ein menschenfressender, dummer, aber auch irgendwie liebenswerter Hai King Shark (im Original von Sylvester Stallone gesprochen). Nachdem er von Ratcatcher 2 (ihre Superfähigkeit: gut im Umgang mit Ratten) überzeugt wurde, dass er, wenn er hungrig ist, die Mitglieder des Selbstmordkommandos nicht essen soll, ist er eigentlich ein ganz lieber Kumpel, der keiner Fliege was antun kann; – gut, wahrscheinlich weil er davon nicht satt wird und er während der Mission genug Bösewichter essen kann.

James Gunn erzählt diese vollkommen absurde Geschichte in einer gelungenen Mischung aus derbem Humor, brachialer Action, blutiger Gewalt und überhöhten Comic-Images, unterlegt mit etlichen bekannten Songs. Das macht „The Suicide Squad“ zur auf der Erde spielende Hardcore-Version von „The Guardians of the Galaxy“.

The Suicide Squad (The Suicide Squad, USA 2021)

Regie: James Gunn

Drehbuch: James Gunn

mit Idris Elba, Margot Robbie, Viola Davis, John Cena, Joel Kinnaman, Jai Courtney, Peter Capaldi, David Dastmalchian, Daniela Melchior, Michael Rooker, Alice Braga, Peter Davidson, Joaquin Cosio, Juan Diego Botto, Storm Reid, Nathan Fillion, Steve Agee, Sean Gunn, Mayling Ng, Flula Borg, Jennifer Holland, Tinashe Kajese, Sylvester Stallone (nur Stimme, nur im Original), John Ostrander, Taika Waititi

Länge: 132 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „The Suicide Squad“

Metacritic über „The Suicide Squad“

Rotten Tomatoes über „The Suicide Squad“

Wikipedia über „The Suicide Squad“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von James Gunns „Guardians of the Galaxy“ (Guardians of the Galaxy, USA 2014) und der DVD

Meine Besprechung von James Gunns „Guardians of the Galaxy Vol. 2“ (Guardians of the Galaxy Vol. 2, USA 2017)


Neu im Kino/Filmkritik: Mit „Fast & Furios 9“ geht die Fast & Furious Saga weiter

Juli 15, 2021

Beginnen wir mit der schockierenden Meldung: wer den neuen „Fast & Furious“-Film für ein pubertäres Trinkspiel nutzen möchte, hat gute Chancen, den Actionfilm halbwegs nüchtern zu überleben. Jedenfalls gefühlt hat Dom Toretto (Vin Diesel) dieses Mal viel seltener „Familie“ gegrummelt als in den vorherigen Filmen der Reihe. Dabei lernen wir jetzt seinen uns und seiner großen Filmfamilie bislang vollkommen unbekannten Bruder kennen. Und wir erfahren, wie ihr Vater gestorben ist. Das hat uns bis jetzt nicht interessiert. Es war einfach vollkommen unwichtig für die Filme.

Ihr Vater verunglückte 1989 tödlich bei einem Autorennen. Sein Tod war selbstverständlich kein Unfall. Und als Dom damals mehr über den Tod erfuhr, verstieß er Jakob. Seitdem sind sie, so wird uns gesagt, Todfeinde. Das überzeugt weder psychologisch, noch erzählerisch.

Aber psychologisch und erzählerisch überzeugende Erklärungen waren noch nie die Stärke der „Fast & Furious“-Filme. Zuerst waren es kleine B-Pictures mit Männern, Muskeln, Mädels und Motoren. Inszwischen hat der Eskapismus der Filme damals ungeahnte und heute immer noch fantastische Dimensionen erreicht.

Aus der Bande Straßenrennfahrer, die vor zwanzig Jahren im ersten „Fast & Furious“-Film mit Überfällen Geld für ihr Hobby verdienen, ist inzwischen eine die Welt vor Bösewichtern rettenden James-Bond-Eliteeinheit mit unbegrenzten Ressourcen geworden. Ihr neuer Auftrag ist, einen Bösewicht davon abzuhalten, die Welt zu vernichten. Dafür benötigt er einen in zwei Hälften geteilten achteckigen Würfel (sieht gut aus) und ein Passwort (sieht ebenfalls gut aus). Alle drei Teile sind irgendwo auf dem Globus an verschiedenen Orten.

Danach kann er mit einem Computervirus die gesamte Welt nach seinen Wünschen neu programmieren. Die einzige Rettung der Menschheit: Spezialteam Dom & Family.

Die Story dieser Schnitzeljagd wurde wahrscheinlich entworfen, nachdem auf Notizzettel Szenen, Situationen und One-Liner aufgeschrieben und diese dann von dem zweijährigem Sohn des Produzenten nebeneinander gelegt wurden. Wie bei „Godzilla vs. Kong“ gibt es auch in „Fast & Furious 9“ keine Story; jedenfalls keine Story, mit der man sich auseinandersetzen kann.

Der Bösewicht; – uh, das ist ein großes Problem des Films. Bei einem Bond-Film kennen wir ihn. Wir kennen seinen Namen. Er hat einige große und größenwahnsinnige Auftritte. Er hat eine grandiose Zentrale, die am Ende des Films fotogen vernichtet wird. In „Fast & Furious 9“ werden uns zwei wenig überzeugende Bösewichter angeboten. Der eine ist Doms Bruder Jakob (John Cena). Nachdem sich vor dreißig Jahren die Wege der Toretto-Brüder trennten, wurde Jakob, über einige Umwege, zu einem Auftragskiller und Söldner, der seinem Bruder immer noch zeigen will, wie toll er ist, und der unbedingt von ihm anerkannt werden möchte.

Er ist allerdings nur der Handlanger des Bösewichts. In einem Bond-Film iwäre er die Figur, die Bond einigen Ärger bereitet und von ihm getötet wird.

Im Rahmen der „Fast & Furious“-Saga ist da natürlich ein anderer Weg vorgezeichnet. Nämlich die Rückkehr in die Familie. Das macht Jakob von Anfang an zu einem schwachen Gegner. Oder, anders gesagt, einem Gegner, dessen seit über dreißig Jahren gepflegter Hass auf den Helden nie glaubwürdig wirkt. Der andere Bösewicht ist der Mann für den Jakob arbeitet. Otto heißt er. Er ist ein verwöhnter Milliardärssohn und, laut Presseheft, ein aufstrebender Oligarch. Weil sich das Drehbuch nicht weiter für ihn interessiert, ist er weder bedrohlich, noch erinnerungswürdig.

Der Rest des Films besteht aus Actionszenen (dazu gleich mehr), einigen Solala-Gags, in denen auch selbstironisch die übertriebenen und unmöglichen Ereignisse dieses und der vorherigen Filme kommentiert werden, einer touristischer Weltreise einmal rund um den Globus in achtzig Minuten und Auftritten vieler alter Bekannter. Ungefähr jeder, der mal irgendwann in einem der Filme dabei war, darf in irgendeinem Zusammenhang auftreten. Mehr oder weniger sinnvoll. Manchmal auch nur in einer Rückblende. Oder er wird von den Toten wieder zu den Lebenden zurück geholt und die Fans freuen sich, dass Han damals nicht gestorben ist, sondern dass sein Tod ein elaborierter Schwindel war, weil Han andere Dinge tun musste, die für den neuen Film von entscheidender Bedeutung sind.

Die Action ist erstaunlich rar gesät, übertrieben und unglaubwürdig. Da kloppen sich die Toretto-Brüder in einem alten Gebäude in Edinburgh durch die Wände, als seien es keine meterdicken Steinwände, sondern dünne Pappwände. Da wird auf durch Straßen rasenden Autos gestanden, als stünden sie in einer Garage. Da wird von Fahrzeug zu Fahrzeug gesprungen, als könne nichts passieren. Da wird gegen eine Überzahl gekämpft, mal mit Fäusten, mal mit Schusswaffen, mal mit Bomben – und trotzdem fließt nie auch nur ein Tropfen Blut. Auch wenn sie gerade in einer Innenstadt alle Autos demolieren, Unfälle provozieren und über Bürgersteige rasen, wird kein Unbeteiligter verletzt. Da wird mit ultrastarken Magneten gespielt, was dann dazu führt, dass man Gegenstände, von Messern und Gabeln bis hin zu Autos und Lastern durch die Gegend bewegen kann. Das alles würde in einen Cartoon nicht weiter auffallen. Und es ist auch fast einerlei, ob die Cartoon-Action gezeichnet oder, wie hier, am Computer erschaffen wurde.

In diesem Kosmos physikalischer Unmöglichkeiten (jedenfalls soweit ich das mit meiner schlechten Physiknote beurteilen kann) ist dann ein 1984er Pontiac Fiero im Weltraum noch die vernünftigste Unmöglichkeit.

Das Finale spielt in Tiflis und selbstverständlich auf der Straße, weil es in der Serie ja irgendwie um Autos und Autostunts geht. Deshalb ist die Zentrale des Bösewichts auch kein prächtiges Gebäude, sondern ein durch die Stadt fahrender gepanzerter Laster. Ein rein funktionales, militärisches Gefährt, das laut Presseheft 4 Meter hoch und 26 Tonnen schwer ist. Trotzdem kann es sich, dank der Hilfe von Team Toretto und den schon erwähnten Magneten, überschlagen.

Auch wenn ständig etwas passiert, ist „Fast & Furious 9“ eine ziemliche langweilige Angelegenheit, in der alles größer und spektakulärer sein muss und noch mehr den Fan-Wünschen entsprechen muss als in den vorherigen Filmen. Nur gehen die Macher mit diesem Konzept jetzt mindestens zwei Schritte zu weit und lassen die Story zu sehr links liegen. So kann der neueste „Fast & Furious“-Film in keinster Weise an die gelungeneren vorherigen Filme anknüpfen. Vor allem nicht an den fantastischen fünften Film. Das ist der, in dem Don und seine Verbrecherkumpels tagsüber durch Rio de Janeiro einen zimmergroßen Safe abtransportieren. Das war, mit zwei zugedrückten Augen, noch möglich.

Und dieses Cartoon-Actionspektakel soll in zwei Filmen noch so weitergehen. Justin Lin soll sie inszenieren. Chris Morgan, der dieses Mal nicht das Drehbuch schrieb, soll wieder das Drehbuch schreiben. Dann werden wir auch sehen, wie wichtig Morgan für die vorherigen Filme war und ob sie, um noch einmal auf James Bond zurückzukommen, „F9“ als ihren „Moonraker“ begreifen und den nächsten, noch titellosen „Fast & Furios“-Film als Rückkehr zu einem realistischeren Actionfilm begreifen. Bei Bond hieß das „In tödlicher Mission“. Danach kamen „Octopussy“ und „Im Angesicht des Todes“.

Fast & Furious 9 (F9: The Fast Saga, USA 2021)

Regie: Justin Lin

Drehbuch: Daniel Casey, Justin Lin (nach einer Geschichte von Justin Lin, Alfredo Botello und Daniel Casey, basierend auf Charekteren von Gary Scott Thompson)

mit Vin Diesel, Michelle Rodriguez, Tyrese Gibson, Chris ‚Ludacris‘ Bridges, John Cena, Nathalie Emmanuel, Jordana Brewster, Sung Kang, Helen Mirren, Kurt Russell, Charlize Theron, Anna Sawai, Don Omar, Shea Whigham, Shad Moss, Lucas Black, Jason Tobin, Michael Rooker, Thue Ersted Rasmussen

Länge: 143 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Deutsche Homeapge zum Film

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „Fast & Furious 9“

Metacritic über „Fast & Furious 9“

Rotten Tomatoes über „Fast & Furious 9“

Wikipedia über „Fast & Furious 9“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Justin Lins „Fast & Furious Five“ (Fast Five, USA 2011)

Meine Besprechung von Justin Lins „Fast & Furios 6“ (Furios Six; Fast & Furious Six, USA 2013)

Meine Besprechung von James Wans „Fast & Furious 7“ (Furious 7, USA 2015)

Meine Besprechung von F. Gary Grays „Fast & Furious 8“ (The Fate of the Furious, USA 2017)

Meine Besprechung von David Leitchs „Fast & Furious: Hobbs & Shaw“ (Fast & Furious presents: Hobbs & Shaw, USA 2019)

Meine Besprechung von Justin Lins „True Detective – Die komplette zweite Staffel“ (True Detective – Season 2, USA 2015; Lin führte bei zwei Folgen die Regie)

Meine Besprechung von Justin Lins „Star Trek Beyond“ (Star Trek Beyond, USA 2016)


Neu im Kino/Filmkritik: Käfer „Bumblebee“ ist ein guter Transformer

Dezember 20, 2018

Nach fünf „Transformers“-Spielfilmen, in denen Michael Bay seine Form subtiler Unterhaltung präsentierte, weiß man, wie ein an der Kinokasse erfolgreicher „Transformers“-Film aussieht: hirnlose Action, eine von Film zu Film zunehmend chaotischere Handlung, konsequent unterforderte Schauspieler (die dafür viel Schmerzensgeld erhalten) und junge Damen, deren für den Film notwendige Fähigkeiten sich in ihrem vollbusigen Aussehen erschöpfen.

Dass das bei dem neuen „Transformers“-Film anders wird, hat niemand wirklich erwartet. Schließlich hat Bay den Film produziert und der von ihm für diesen „Transformers“-Film engagierte Regisseur hat vorher nur den Animationsfilm „Kubo – Der tapfere Samurai“ gedreht.

Die ersten Minuten sind dann auch im bekannten Michael-Bay-Stil inszeniert: Es beginnt mit einer riesigen Schlacht. Auf dem Planeten Cybertron kloppen sich die Autobots mit den Deceptions. Als die Autobots die Schlacht verlieren, schickt Optimus Prime Bumblebee (aka B-127) auf die Erde. Er soll den Planeten bewachen und alles für die friedliche Ankunft der Autobots vorbereiten.

Auch auf der Erde geht es gleich mit viel Kampfgetöse weiter. Denn Bumblebee landet, verfolgt von den terminatormäßig auf ihr Ziel fokussierten Deceptions Shatter und Dropkick, mitten auf einem Militärübungsplatz und das Militär geht mit der bewährten Militärtaktik „erst ballern, dann weiterballern“ vor.

Bumblebee kann, schwer lädiert, entkommen und jetzt nimmt der von Travis Knight inszenierte Film eine sehr erfreuliche Wendung hin zu kindgerechter, ihre Protagonisten ernst nehmender herzerwärmender Disney-Unterhaltung.

Jetzt ist auch die Zeit, um kurz zu erklären, dass die Autobots und die Deceptions Roboter sind, die sich schwuppdiwupp in Autos verwandeln können. Bumblebee verwandelt sich in einen gelben VW Käfer und versteckt sich in dem nordkalifornischen Küstenort Brighton Falls auf einem Schrottplatz.

Dort lebt auch Charlie Watson (Hailee Steinfeld). Die Einzelgängerin gehört nicht zur angesagten Clique in der Schule. Lieber fährt sie mit ihrem Moped herum (ohne Helm), schraubt in der Garage an der 1959er Corvette ihres verstorbenen, über alles geliebten Vaters herum, trauert ihm immer noch nach und verdient sich etwas Geld hinzu. Sie ist definitiv kein Bay-Babe, sondern ein erfrischend normal aussehender Teenager mit alltäglichen Problemen und Sorgen. Wobei Jungs nicht dazu gehören.

Auf einem Schrottplatz entdeckt sie einen alten, gelben, hundertfünfzigprozentig schrottreifen VW Käfer. Sie verliebt sich in das Auto und kann den Besitzer des Schrottplatzes überzeugen, ihn ihr zum 18. Geburtstag zu schenken.

Als sich, kurz darauf, in der heimischen Garage, Bumblebee ihr gegenüber als Autobot zu erkennen gibt, reagiert sie erstaunlich gefasst. Denn der 1987 spielende Film spielt vor den anderen „Transformers“-Filmen und damals waren Transformers auf der Erde noch unbekannt. Schnell schließt sie den sehr herzigen Bumblebee in ihr Herz. Er wird, soweit man das bei einem Auto sagen kann, zu ihrem ständigen Begleiter, der auch in ihr Leben eingreift.

Die Idylle zwischen Charlie und Bumblebee ist allerdings nur von kurzer Dauer. Die Deceptions und das Militär wollen Bumblebee unbedingt finden und vernichten. Ein in Charlie verliebter Nachbarjunge entdeckt das Geheimnis des Käfers. Und dann ist da noch Charlies Familie, – ihr kleiner Bruder, ihre Mutter und ihr neuer Vater – , die sich fragt, was Charlie in der Garage treibt.

Weil Bumblebee ein VW Käfer mit besonderen Fähigkeiten ist, werden sofort Erinnerungen an vor Ewigkeiten gesehene Filme mit Herbie (Disneys Superkäfer) und Dudu (die deutsche Ausgabe in gelb) wach. Der 80er-Jahre-Soundtrack mit all den Hits, die man damals an jeder Straßenecke hörte, verbreitet ebenfalls ein angenehmes Retro-Gefühl. Die Songs sind dabei auch ein Teil des Gesprächs zwischen Bumblebee und Charlie. Weil Bumblebee nicht sprechen kann, drückt er seine Gedanken über das Autoradio mit Musik aus. Auch optisch und erzählerisch knüpft Travis Knight mit seinem Film an die achtziger Jahre an, als John Hughes, Steven Spielberg und die von ihm in seiner Firma Amblin Entertainment produzierten Filme, an der Kinokasse triumphierten. Man kann „Bumblebee“ ohne große Mühe als gelungene Neuinterpretation von „E. T. – Der Außerirdische“ sehen.

Das Zielpublikum des neuen Films aus dem „Transformers“-Universum sind dieses Mal eindeutig Kinder bis vierzehn Jahre. Für sie gibt es, im Rahmen einer in sich abgeschlossenen Geschichte sympathische Charaktere, Humor (zum Beispiel wenn Bumblebee tapsig das Haus der Watsons zerlegt) und, wenn die Transformers gegeneinander kämpfen, auch mehr als handfeste Action. Im Zentrum steht allerdings immer die glaubwürdige Beziehung zwischen Charlie und ihrem neuen Gefährten Bumblebee.

Bumblebee“ ist der sympathischste, erfreulichste und gelungenste „Transformers“-Film. Dass Travis Knight einen hundertprozentigen Anti-Michael-Bay-Film abliefert, hätte vor wenigen Wochen niemand erhofft und erwartet.

Bumblebee (Bumblebee, USA 2018)

Regie: Travis Knight

Drehbuch: Christina Hodson

mit Hailee Steinfeld, John Cena, Jorge Lendeborg Jr., Jason Drucker, Pamela Adlon, Stephen Schneider, Ricardo Hoyos, John Ortiz, Glynn Turman, – und im Original den Stimmen von Dylan O’Brien, Peter Cullen, Angela Bassett, Justin Theroux, David Sobolov

Länge: 114 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Deutsche Instagram-Seite zum Film

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „Bumblebee“

Metacritic über „Bumblebee“

Rotten Tomatoes über „Bumblebee“

Wikipedia über „Bumblebee“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Michael Bays „Transformers: Ära des Untergangs (Transformers: Age of Extinction, USA 2014)

Meine Besprechung von Michael Bays „Transformers: The Last Knight“ (Transformers: The Last Knight, USA 2017)


Neu im Kino/Filmkritik: Die „Sisters“ Tina Fey und Amy Poehler feiern eine Party

Februar 15, 2016

Die Ellis-Schwestern sind zurück in Florida. Weil ihre Eltern das Haus verkaufen, sollen Maura (Amy Poehler), die vernünftige Schwester, und Kate (Tina Fey), die unvernünftige Schwester, ihr Kinderzimmer ausräumen. Natürlich treffen sie alte Bekannte, schwelgen beim Aufräumen in Erinnerungen und, nachdem ihre Eltern (James Brolin und Dianne Wiest) ihnen verboten haben, eine Party zu feiern, beginnen sie eben diese Party zu planen. Sie soll noch besser werden als ihre inzwischen legendären Partys, die sie als Schülerinnen feierten. Und sie soll natürlich ihre Jugend wieder zurückbringen.
Diese Party, die im Zentrum des Films steht, ist der zweite Akt und er dauert ungefähr eine Stunde. Im dritten Akt, der ungefähr das letzte Viertel des Films einnimmt, werden dann die Scherben zusammengekehrt, inclusive Kater und pflichtschuldig mitgelieferter, aus der vorherigen Geschichte kaum erkennbarer Moral für die beiden Mittvierzigerinnen Kate und Maura.
Die Party selbst nimmt, und dabei ist das Geschlecht des Gastgebers egal, ihren vorhersehbaren Verlauf. Aus dem nobel-austauschbarem Vorstadtanwesen wird innerhalb weniger Stunden eine einsturzgefährdete Ruine. Es werden legale und illegale Drogen konsumiert, es werden sich Beleidigungen an den Kopf geworfen, es wird gekuschelt und alle versuchen sich, nach kurzen Anlaufschwierigkeiten, wieder wie hormon- und drogengetriebene Teenager zu benehmen. Selbstverständlich gibt es auch in „Sisters“ die Zeichnung eines männlichen Geschlechtsteiles an einem unpassendem Ort. Dieser zuverlässige Indikator für das klamaukige Witzniveau des Films verziert dieses mal eine Zimmerwand.
Das ganze könnte die weibliche Version von der ebenfalls diese Woche angelaufenen „Komödie“ „Dirty Grandpa“ sein, wenn es in „Sisters“ nicht auch ruhige Momente gäbe und nicht alle Witze bewegen sich auf vorpubertärem Niveau. In „Sisters“ ist auch eine leichte Verzweiflung über das Älterwerden und verpasste Chancen spürbar, die aber meistens in den zu lang geratenen improvisierten Szenen und der in ihrer Eskalation keiner wirklichen Dramaturgie gehorchenden Party untergeht.
Ein echter Pluspunkt von „Sisters“ sind die spielfreudigen Komikerinnen und ihr Mut zur Hässlichkeit und Gesichtsverrenkungen. Mit reduzierten Erwartungen (denn eigentlich geht es nur, mit langem Vor- und Nachspiel, um die hauszerstörende Party) ist Jason Moores Film ein annehmbares, aber auch verzichtbares und mit zwei Stunden zu lang geratenes Vergnügen, bei dem sich schon die Frage nach der Zielgruppe stellt. Wobei: Warum sollten nur Männer auf ewig pubertieren? Und warum sollte ein Geschlechterwechsel zu einer besseren Komödie führen? Aber schön wäre es schon.

Druck

Sisters (Sisters, USA 2015)
Regie: Jason Moore
Drehbuch: Paula Pell
mit Tina Fey, Amy Poehler, Maya Rudolph, Ike Barinholtz, James Brolin, Dianne Wiest, John Cena, John Leguizamo, Bobby Moynihan, Greta Lee
Länge: 118 Minuten
FSK: ab 12 Jahre

Hinweise
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