Neu im Kino/Filmkritik: Der Big-Budget-Superheldenfilm der Woche: „Shazam! Fury of the Gods“

März 16, 2023

Unter all den Superhelden, die im Kino gegen Bösewichter kämpfen, ist Billy Batson (Asher Angel/Zachary Levi) der kleine Junge von nebenan. Am liebsten hängt er mit seinen Freunden, die auch seine Familie sind, in ihrer Höhle ab und übt Manöverkritik an ihrer letzten Aktion. Billy ist kein König eines afrikanischen Staates, kein Millionär, kein Chef eines riesigen Unternehmens, kein Erfinder, kein von einem frenden Planeten kommender und auch kein in eine Schulkameradin verliebter Spinnenmann. Der Kindskopf ist ein Junge, der in einer Pflegefamilie lebt. Wie seine fünf Geschwister, die ebenfalls von Rosa und Victor Vasquez adoptiert wurden. Es ist eine wirkliche Multikulti-Familie. Sie leben in einem kleinen Reihenhaus, das viel zu klein für sie ist. Sie verstehen sich glänzend und helfen sich gegenseitig. Vielleicht deshalb hat Billy am Ende von „Shazam!“ (2019) seine Superkräfte mit ihnen geteilt. Jetzt werden alle seine Brüder und Schwester, wenn sie „Shazam!“ rufen, zu deutlich älter aussehenden Superhelden. Doch letztendlich sind sie immer noch Kinder.

Diese Kinder bekommen in David F. Sandbergs zweitem „Shazam!“-Film Ärger mit Hespera (Helen Mirren), Kalypso (Lucy Liu) und Anthea (Rachel Zegler). Die drei Grazien sind Töchter des Atlas, ziemlich verärgert und gerade dabei, möglichst viele Menschen zu töten. Nur Billy kann in seinem Superhelden-Ich das verhindern. Das sagt ihm jedenfalls der Zauberer (Djimon Hounsou), der ihm die Superhelden-Fähigkeiten verlieh. Außerdem ist Shazam durch eine frühere Tat für die Rückkehr der drei Göttinnen verantwortlich.

Shazam! Fury of the Gods“ ist letztendlich ein grundsympathischer Kinderfilm, der sich eher an Zehnjährige und weniger an Menschen über 12 Jahre richtet. So sind Billy und seine Freunde Kinder, die eine neuere Version der „Fünf Freunde“, der „drei ???“ und anderer Gruppen junger Menschen, die in Büchern und Filmen jeden Sommer spannende Abenteuer erleben, sind. Anscheinend werden sie niemals älter. Sie haben keine Pubertätsprobleme, weil sie, wenn auch nicht unbedingt körperlich, im seeligen vorpubertären Alter sind. Sex und die Probleme des Erwachsenwerdens sind ihnen egal. Viel leber erleben sie spannende Abenteuer.

Ihre Gegnerinnen, die griechischen Göttinen Hespera, Kalypso und Anthea, sind zunächst einmal Böse, ohne jemals wirklich bedrohlich zu sein. Später fragen sie sich sogar, ob sie das richtige tun. Im Gegensatz zu anderen Superheldengeschichten, in denen die griechische Mythologie verdeckt thematisiert wird, wird sie in „Shazam! Fury of the Gods“ direkt in die Geschichte eingeflochten – und verschafft dem Publikum eine kleine Portion abendländischer Bildung. Bis neben den Göttinnen Dinosaurier und Einhörner auftauchen und sich munter durch Philadelphia kloppen, dabei die halbe Stadt zerstören und niemand umbringen oder ernsthaft verletzten.

Die Tricks sind teilweise atemberaubend schlecht. Aber im Gegensatz zu „Ant-Man and the Wasp: Quantumania“ (2023), in dem öfters der durchaus zutreffende Eindruck entstand, dass die Schauspieler ihre Parts allein in leeren Hallen aufgenommen haben, sind hier die Schauspieler öfters gemeinsam im Bild und sie interagieren miteinander. Wenn sie dann auf Dinosaurier durch die Luft reiten oder sich in der Großstadt verkloppen, sehen die CGI-Effekte wie uralte praktische Tricks irgendwo zwischen B-Picture, „Flash Gordon“ und Godzilla aus.

Das Finale ist dann eine episch lange, ermüdende CGI-Materialschlacht. Sie beginnt am helllichten Tag und endet, Stunden später, in der Nacht.

Wer danach noch nicht genug hat, für den gibt es im und nach dem Abspann jeweils eine Szene, die wahrscheinlich den nächsten Film antriggert.

Eigentlich ist in „Shazam! Fury of the Gods“ alles so wie in unzähligen anderen Superheldenfilmen. Nur dass es hier mehr in Richtung der kindisch-naiven Anfänge geht und alles wie ein Kindergeburtstag wirkt, in dem Kinder munter ihr Spielzeug durch das Zimmer werfen, herumtoben, ihre eigenen Regeln entwerfen, verwerfen und ihren Spaß haben. Wie auch Shazam, der im Film zwar fast achtzehn Jahre alt sein soll, sich aber liebend gern wie ein Elfjähriger benimmt.

Shazam! Fury of the Gods (Shazam! Fury of the Gods, USA 2023)

Regie: David F. Sandberg

Drehbuch: Henry Gayden, Chris Morgan (basierend auf der von Bill Parker und C. C. Beck erfundenen DC-Figur)

mit Zachary Levi, Asher Angel, Jack Dylan Grazer, Adam Brody, Ross Butler, Meagan Good, D. J. Cotrona, Grace Caroline Currey, Faithe Herman, Ian Chen, Jovan Armand, Marta Milans, Cooper Andrews, Djimon Hounsou, Rachel Zegler, Lucy Liu, Helen Mirren

Länge: 131 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Englische Homepage zum Film

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Wikipedia über „Shazam! Fury of the Gods“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von David F. Sandbergs „Lights out“ (Lights out,USA 2016)

Meine Besprechung von David F. Sandbergs „Annabelle 2″ (Annabelle: Creation, USA 2017)


Neu im Kino/Filmkritiken für den große Neustart: „Godzilla vs. Kong“, „Nomadland“, „Percy“, „Der Spion“, „Conjuring 3: Im Bann des Teufels“, „Ich bin dein Mensch“, „Possessor“, „Nobody“, „Monster Hunter“

Juli 1, 2021

Einmal schnell – mit der selbstgewählten Option über einige Filme, je nach Zeit, mehr zu schreiben: die Filme, die heute starten. Auf der einen Seite der Skala ein Blockbuster für die große Leinwand („Godzilla vs. Kong“). Auf der anderen Seite der diesjährige Oscar-Gewinner („Nomadland“). Dazwischen ein deutscher Science-Fiction-Film („Ich bin dein Mensch“), Dramen und Action. Denn „Nobody“ verlässt den Raum.

Godzilla vs. Kong“ ist ein Spektakel, das für die große Leinwand gemacht ist. Die Story wurde schon vor dem Schreiben des Drehbuchs weggeworfen zugunsten einiger, teils vollkommen abstruser Szenen, die Schauspieler sind noch nicht einmal unterfordert von den anderthalb verlangten Gesichtsausdrücken, aber wenn dann King Kong und Godzilla sich kloppen und dabei Hongkong zerstören, die Boxen im Kino mit großem Wumms dröhnen, dann, ja, dann bleibt nur die Erkenntnis: KINO IST ZURÜCK! ENDLICH.

Ich gebe zu, dass ich den Film im Zoopalast in Berlins größtem Kinosaal sah, Monster auf einer Monsterleinwand überwältigend sind und es einer der ersten Filme war, die ich nach der monatelangen Pause im Kino sehen konnte. Das alles förderte meine Begeisterung.

Davon abgesehen ist „Godzilla vs. Kong“ ein dummer Sommer-Blockbuster, der genau das sein will und dessen Existenzberechtigung im Titel steht. Godzilla, King Kong und, – ähem, das wäre jetzt ein Spoiler.

Godzilla vs. Kong (Godzilla vs. Kong, USA 2021)

Regie: Adam Wingard

Drehbuch: Eric Pearson, Max Borenstein (nach einer Geschichte von Terry Rossio, Michael Dougherty und Zach Shields)

mit Alexander Skarsgård, Millie Bobby Brown, Rebecca Hall, Brian Tyree Henry, Kyle Chandler, Shun Oguri, Eiza González, Julian Dennison, Demián Bichir

Länge: 114 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

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Wikipedia über „Godzilla vs. Kong“ (deutsch, englisch)

Nomadland“ ist das Gegenteil. Ein kleines Indie-Drama mit einer gewohnt fantastischen Frances McDormand, die hier die Nomadin Fern spielt.

Nach dem Verlust von Mann, Job und Haus entschloss Fern sich 2011 (also während der Nachwirkungen der Finanzkrise), ihre Sachen zu packen. Seitdem lebt sie in ihrem Wohnwagen, fährt von schlechtbezahltem Job zu schlechbezahltem Job und genießt, wie viele andere Menschen, die Freiheiten des Nomadenlebens.

Chloé Zhao („The Rider“) zeigt quasi-dokumentarisch das Leben dieser Nomaden und ihrer Gemeinschaft. Wieder drehte sie mit Laien, die sich selbst spielen. Und wieder ist da kein falscher Ton zu spüren.

Bei den diesjährigen Oscars wurde ihre Charakterstudie „Nomadland“ als bester Film, für die beste Regie und die beste Hauptrolle ausgezeichnet. Golden Globes gab es als bester Film und für die beste Regie. Um nur die bekanntesten Preise zu nennen. Insgesamt erhielt der Film, laut IMDB, über 230 Preise.

Zhaos karge Charakterstudie ist großes großartiges Kino mit Bildern, die für die große Leinwand komponiert sind. In diesem Fall (und, Ich verspreche!, in den folgenden Zeilen werde ich nicht mehr erwähnen, wo ich die Filme gesehen habe) musste ich den Film am Computer sehen und ich dachte die ganze Zeit nur „ich will den Film im Kino sehen“.

Nomadland (Nomadland, USA 2020)

Regie: Chloé Zhao

Drehbuch: Chloé Zhao

LV: Jessica Bruder: Nomadland: Surviving America in the Twenty-First Century, 2017 (Nomaden der Arbeit, Sachbuch)

mit Frances McDormand, David Strathairn, Linda May, Swankie, Bob Wells

Länge: 108 Minuten

FSK: ab 0 Jahre

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Wikipedia über „Nomadland“ (deutsch, englisch)

Percy“ erzählt nah an den Fakten und angenehm altmodisch die Geschichte von Percy Schmeiser. Der Kanadier ist ein Farmer der alten Schule, der die besten Samen der vorherigen Ernte aufbewahrt und nächstes Jahr wieder aussät. Genau so haben Bauern seit Jahrhunderten gearbeitet. Bis Konzerne Firmen wie Monsanto genmanipulierte Saatgut anboten. Diese sind resistent gegen bestimmte Unkrautvernichtungsmittel, was für die Bauern natürlich eine Arbeitserleichterung ist. Für Monsanto sind sie ein großes Geschäft. Denn sie haben Patente dafür erworben und die Bauern müssen jedes Jahr bei ihnen neue Samen kaufen. Ein Monokulturen förderndes Riesengeschäft, das von Umwelt- und Dritte-Welt-Bewegungen seit Jahrzehnten kritisiert wird.

Percy hatte damit nichts zu tun, bis Monsanto 1997 auf seinen Feldern Spuren von ihren Samen nachwies und ihn verklagte. Im Gegensatz zu anderen Farmern zog Percy Schmeiser vor Gericht.

Clark Johnson erzählt in seinem Justizdrama „Percy“ jetzt die Geschichte von Percy Schmeiser und seinem Kampf gegen Monsanto nach. Das tut er, indem er sich auf das Drehbuch und die Schauspieler – Christopher Walken als Percy Schmeiser, Zach Braff als sein Anwalt, Christina Ricci als Aktivistin – verlässt. Eine kluge Entscheidung.

Percy (Percy, Kanada 2020)

Regie: Clark Johnson

Drehbuch: Garfield Lindsay Miller, Hilary Pryor

mit Christopher Walken, Christina Ricci, Zach Braff, Luke Kirby, Roberta Maxwell, Adam Beach, Martin Donovan

Länge: 100 Minuten

FSK: ab 6 Jahre

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Auch „Der Spion“ beeindruckt nicht durch Spektakel (das hatten wir schon in „Godzilla vs. Kong“), sondern mit seinen Schauspielern. Die Geschichte basiert ebenfalls auf Tatsachen. Jedenfalls soweit man das weiß, wenn es um Geheimagenten und ihre Arbeit geht.

Der britische Geheimdienst MI6 und der amerikanische Geheimdienst CIA engagieren im November 1960 den harmlosen, leicht schmierigen Geschäftsmann Greville Wynne (Benedict Cumberbatch), der immer wieder mit Ostblockstaaten Geschäfte macht. Er soll den Kontakt zu dem hochrangigen Sowjetoffizier Oleg Penkowski (Merab Ninidze) herstellen. Penkowski möchte nämlich den Westmächten geheime Informationen zuspielen.

MI6 und CIA sind sich sicher, dass der KGB keinen Verdacht schöpfen wird, wenn Wynne sich mit Penkowski trifft. Womit sie nicht rechneten, ist, dass die beiden gegensätzlichen Männer sich befreunden. Als Penkowski aufzufliegen droht und der MI6 nichts für ihn unternehmen will, will Wynne seinen Freund retten.

Der Spion“ ist unauffälliges Schauspielerkino mit viel frühsechzigerjahre Patina. Fans des Genres denken bei der Geschichte von Wynne, der über seine Erlebnisse als Spion zwei Bücher mit zweifelhaftem Wahrheitsgehalt schrieb, natürlich sofort an John le Carrés „Das Russland-Haus“ und die grandiose Verfilmung von Fred Schepisi mit Sean Connery.

Das ist nicht schlecht, aber auch nicht unbedingt ein Film, den man sich im Kino ansehen muss.

Der Spion (The Courier, Großbritannien 2020)

Regie: Dominic Cooke

Drehbuch: Tom O’Connor

mit Benedict Cumberbatch, Merab Ninidze, Rachel Brosnahan, Jessie Buckley, Angus Wright, James Schofield, Anton Lesser

Länge: 112 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

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Der neueste Film aus dem „Conjuring“-Universum ist, nach Spin-offs und Vorgeschichten, „Conjuring 3: Im Bann des Teufels“ und damit ein Film aus der Hauptreihe. Wieder wird ein wahrer Fall der Geisterjäger Ed und Lorraine Warren erzählt. Dieses Mal ist es der Brookfield Demon Murder Case.

Am 16. Februar 1981 ermordet der junge Arne Cheyenne Johnson seinen Freund bestialisch. Sein Verteidiger würde auf irgendeine Form von verminderter Zurechnungsfähigkeit plädieren. Aber die Warrens sind schon vor Ort und sie wissen, dass Johnson von einem besonders fiesem Dämonen besessen ist und genau darauf soll die Verteidigung aufbauen. Die nötigen Beweise wollen sie beschaffen.

Der neueste „Conjuring“-Film läuft für meinen Geschmack zu sehr in den Bahnen eines gewöhnlichen Justizkrimis ab, in dem die tapferen Ermittler während der Verhandlung die Beweise für die Unschuld des Angeklagten suchen und in letzter Sekunde finden. Da ist es wirklich einerlei, ob der Angeklagte unschuldig ist, nicht zurechnungsfähig (beispielsweise wegen Opioid-Gebrauch) oder gerade von einem Dämonen besessen war. Das ist eine Frage der Fakten und der Verteidigungsstrategie.

Weil „Conjuring 3“ ein Horrorfilm ist, interessiert sich Regisseur Michael Chaves weniger für rechtstechnische Details und Verteidigungsstrategien, sondern für Geister, Dämonen und Teufelsaustreibungen mit Hilfe der katholischen Kirche.

James Wan, der Regisseur der vorherigen „Conjuring“-Filme ist dieses Mal nur als Autor und Produzent involviert.

Conjuring 3: Im Bann des Teufels (The Conjuring: The Devil made me do it, USA 2021)

Regie: Michael Chaves

Drehbuch: David Leslie Johnson-McGoldrick (nach einer Geschichte von James Wan und David Leslie Johnson-McGoldrick)

mit Patrick Wilson, Vera Farmiga, Ruairi O’Connor, Sarah Catherine Hook, Julian Hilliard

Länge: 112 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

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Wikipedia über „Conjuring 3: Im Bann des Teufels“ (deutsch, englisch)

Das „Conjuring“-Universum in der Kriminalakte

Meine Besprechung von James Wans „The Conjuring“ (The Conjuring, USA 2013)

Meine Besprechung von James Wans „The Conjuring 2″ (The Conjuring 2, USA 2016)

Meine Besprechung von John R. Leonettis „Annabelle“ (Annabelle, USA 2014)

Meine Besprechung von David F. Sandbergs „Annabelle 2″ (Annabelle: Creation, USA 2017)

Meine Besprechung von Corin Hardys „The Nun“ (The Nun, USA 2018)

Meine Besprechung von Michael Chaves‘ „Lloronas Fluch“ (The Curse of La Llorona, USA 2019)

Meine Besprechung von Gary Daubermans „Annabelle comes home“ (Annabelle comes home, USA 2019)

Mit einer anderen Sorte von Nicht-Mensch muss Alma sich in „Ich bin dein Mensch“ auseinandersetzen.

Alma soll für drei Wochen einen menschenähnlichen Roboter testen und danach ein Gutachten schreiben. Es geht um die Frage, ob Ehen zwischen Mensch und Maschine erlaubt werden sollen. Dafür wird ihr Tom zugeteilt. Er wurde extra für sie konfiguriert, nachdem in umfangreichen Test Almas Wünsche und Sehnsüchte erforscht wurden. Der Android ist dann auch das Inbild eines Traummanns: gutaussehend, höflich, umsorgend, perfekt im Haushalt und allwissend. Nur seine Bewegungen, Mimik und, selten, Sprachrhythmus verraten, dass Tom kein Mensch ist.

In ihrem neuen Film „Ich bin dein Mensch“ beschäftigt Maria Schrader („Vor der Morgenröte“) sich mit der Frage, was Androiden von Menschen unterscheidet, was Gefühle sind und damit auch und vor allem, was das Menschsein und die menschliche Gesellschaft ausmacht. Das erzählt sie mit Hilfe eines immer wieder überraschend humorvollen Drehbuchs, guten Schauspielern und einer eleganten Kamera und Bildgestaltung (Benedict Neuenfels).

Ich bin dein Mensch“ ist ein feiner, auf der Berlinale abgefeierter, zum Nachdenken anregender Film und einer der besten deutschen Filme des Jahres.

Maren Eggert erhielt einen Silbernen Bären für ihre schauspielerische Leistung.

Ich bin dein Mensch (Deutschland 2021)

Regie: Maria Schrader

Drehbuch: Jan Schomburg, Maria Schrader

LV: Emma Braslavsky: Ich bin dein Mensch, 2019 (Kurzgeschichte, in „2029 – Geschichten von Morgen“)

mit Maren Eggert, Dan Stevens, Sandra Hüller, Hans Löw, Wolfgang Hübsch, Annika Meier, Falilou Seck, Jürgen Tarrach, Henriette Richter-Röhl, Monika Oschek

Länge: 108 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

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Filmportal über „Ich bin dein Mensch“

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Wikipedia über „Ich bin dein Mensch“ (deutsch, englisch)

‚Wie der Vater, so der Sohn‘ ist ein dummer Spruch, der in diesem Fall zutrifft. Denn Brandon Cronenbergs „Possessor“ sieht wie ein Horrorfilm seines Vaters David Cronenberg aus den Siebzigern aus. Auch die Geschichte könnte von David Cronenberg stammen.

Eine geheimnisumwitterte Firma hat eine Technik entwickelt, mit der man in fremde Gehirne eindringen und diese Menschen dann zu bestimmten Handlungen bewegen kann. Die Firma bietet dabei vor allem eine Dienstleistung an: Mord. Und zwar Morde, die sonst nicht durchführbar wären. Jedenfalls nicht so.

Eine ihrer Agentinnen ist Vos. Sie hadert zunehmend mit den Folgen der Aufträge für ihre Psyche. Immer weniger kann sie zwischen ihrer Arbeit in fremden Köpfen und ihrem Privatleben mit ihrer Familie unterscheiden.

Brandon Cronenberg inszenierte seinen Horrorfilm „Possessor“ als Hommage an die frühen Bodyhorrorfilme von David Cronenberg. Die Farbgebung, die Erzählgeschwindigkeit, die Kamerabewegungen, der Ton, die Tricks (bei den Morden wird nach der Methode „zuviel rotes Blut kann es nicht geben“ vorgegangen), die minimalistischen, futuristisch aussehenden Sets und die von der Firma verwandten Technik erinnern alle an David Cronenbergs Frühwerk.

Allerdings fehlt in „Possessor“ die damalige Gesellschaftskritik und das Ende, das sich um eine Antwort auf die wichtigen im Film gestellten Fragen drückt, ist äußerst unbefriedigend.

Possessor“ ist primär L’Art pour l’art, die einen, wegen dem was zu sehen ist und dem was nicht zu sehen ist, mit einem gewaltigen Gefühl des Unwohlseins über das Eindringen in fremde Körper zurücklässt.

Und gerade das macht diesen Horrorfilm sehenswert.

Posessor (Possessor, Kanada/Großbritannien 2020)

Regie: Brandon Cronenberg

Drehbuch: Brandon Cronenberg

mit Andrea Riseborough, Christopher Abbott, Rossif Sutherland, Sean Bean, Jennifer Jason Leigh

Länge: 104 Minuten

FSK: ab 18 Jahre

alternativer Titel: „Possessor: Uncut“

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Hutch Mansell (Bob Odenkirk) ist auf den ersten Blick ein ganz gewöhnlicher Mann, der ein ganz gewöhnliches Leben lebt mit einem langweiligen Job, Frau und Kindern. Er ist ein richtiger Nobody. Als zwei Einbrecher bei ihnen einbrechen, überwältigt er sie, als er die Chance hat, nicht. Stattdessen legt er den Golfschläger zur Seite und lässt sie mit der Beute ziehen. Seine Kinder halten ihn für ein Weichei. Dass der Revolver, den die Einbrecherin in der Hand hielt, nicht geladen war und er deshalb nicht zuschlug, sagt er ihnen nicht.

Als seine Tochter kurz darauf ihr heißgeliebtes Kitty-Cat-Armband vermisst, beginnt Hutch die Einbrecher zu suchen. Das ist der Auftakt für eine ungeahnte Gewaltorgie. Denn Hutch war nicht immer der harmlose Vorstadtdaddy.

Nobody“ ist ein B-Picture-Actionkracher mit viel Gewalt, trockenem Humor und gut(gelaunt)en Schauspielern. Erfunden wurde die Geschichte von Derek Kolstadt (Drehbuch, Produktion) und David Leitch (Produktion), die auch in die „John Wick“-Filme involviert sind und die Geschichte von Hutch Mansell ähnelt der von John Wick. Denn der Unterschied zwischen einem Kinderarmband und einem Hund als Anlass für eine besinnunglose Gewaltorgie ist letztendlich minimal. Auch die Ausbildung von Hutch Mansell und John Wick ähnelt sich. Wobei Hutch Mansell früher für eine andere Institution als John Wick arbeitete und er am Ende mit der Hilfe von seinem Vater und einigen alten Freunden gegen die Bösewichter kämpft.

Das ist ein großer Spaß für kleine Jungs. Eine Fortsetzung ist nicht nötig. Obwohl Derek Kolstadt anscheinend schon an einer arbeitet und sie angesichts des bisherigen Einspiels unvermeindlich erscheint. Ein Crossover mit John Wick ist, weil die Filme von verschiedenen Studios produziert wurden, unwahrscheinlich und für mein Empfinden auch vollkommen unnötig.

Nobody (Nobody, USA 2021)

Regie: Ilya Naishuller

Drehbuch: Derek Kolstad

mit Bob Odenkirk, Connie Nielsen, RZA, Aleksey Serebryakov, Christopher Lloyd, Michael Ironside, Billy MacLellan, Gage Munroe

Länge: 92 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

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Meine Besprechung von Ilya Naishullers „Hardcore“ (Hardcore Henry, Russland/USA 2016)

Unnötig beschreibt „Monster Hunter“ treffend. Dieses Mal schickt Paul W. S. Anderson seine Frau Milla Jovovich in die Wüste.

Jovovich spielt Captain Artemis. Zusammen mit ihrem Team geraten sie während eines gefährlichen Militäreinsatzes in der Wüste in einen Sandsturm, der sie in ein Paralleluniversum schleudert, in dem es noch mehr Sand und viele, riesige und sehr gefährliche Monster gibt.

Monster Hunter“ ist, wie die ebenfalls von Anderson mit Jovovich inszenierten „Resident Evil“-Filme, eine Computerspielverfilmung. Und es ist keine gute Verfilmung; wobei ich, weil ich das Spiel nicht kenne, genaugenommen sagen müsste: kein guter Film. Die Dialoge wirken wie Restbestände aus einem Trailer eines militaristischen 80er-Jahre-B-Pictures. Die Story folgt der alten Computerspieldramaturgie von Herausforderung, Lösung suchen, Feind vernichten. Und weil Jovovich als Heldin all die Angriffe überlebt, ist auch klar, dass sie immer die richtige Lösung findet.

Ein Langweiler. Ach wie spaßig waren da die „Resident Evil“-Filme.

Monster Hunter (Monster Hunter, Deutschland/Kanada/China/Japan 2020)

Regie: Paul W. S . Anderson

Drehbuch: Paul W. S. Anderson

mit Milla Jovovich, Tony Jaa, Tip ‘T.I.’ Harris, Meagan Good, Diego Boneta, Josh Helman, Jin Au-Yeung, Ron Perlman, Jannik Schümann

Länge: 103 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

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Meine Besprechung von Paul W. S. Andersons „Resident Evil: The Final Chapter“ (Resident Evil: The Final Chapter, USA 2016)


Neu im Kino/Filmkritik: „Anchorman – Die Legende kehrt zurück“ und revolutioniert das Nachrichtenfernsehen zum Boulevard

Januar 30, 2014

Damit hat niemand gerechnet. Ron Burgundy ist zurück. Einige dürften ihn noch von seinem ersten Spielfilmauftritt „Anchorman – Die Legende von Ron Burgundy“ kennen. Da war er der Nachrichtensprecher eines Lokalsenders in San Diego und der ungekrönte König der Stadt, bis die junge Reporterin Veronica Corningstone kam, die nicht nur Ambitionen auf seinen Sprecherposten hatte, sondern ihm auch intellektuell haushoch überlegen war. Der tumbe Macho Burgundy und seine ebenso dummen Mitarbeiter kämpften mit allen Mitteln gegen sie, aber letztendlich konnten sie den Fortschritt nicht aufhalten und am Ende hatten sie sogar gelernt, dass auch Frauen Nachrichtensprecherinnen und echte Journalistinnen sein können. Außerdem verliebten Burgundy und Corningstone sich ineinander. Mit dem Filmende der liebevollen und kurzweiligen, aber auch sehr nachlässig erzählten Siebziger-Jahre-Gagparade war die Geschichte von Burgundy, Corningstone und dem „Action-4-News-Team“ zu Ende erzählt. Fortsetzung überflüssig.

Nun, irgendwie doch nicht. In den USA scheint der von Will Ferrell gespielte Charakter sehr beliebt zu sein. Also wurde nach einem Jahrzehnt die alte Bande wieder zusammengerufen, etliche Stars absolvieren einen Kurzauftritt und eine weitere Ron-Burgundy-Geschichte wird erzählt. Wir haben jetzt 1980. Burgundy und seine Frau Veronica Corningstone sind in New York und präsentieren gemeinsam eine Nachrichtensendung, bis Burgundy wegen erwiesener Unfähigkeit gefeuert wird und seine Frau aufsteigt. Mitten in seiner Depri-Phase (wir erinnern uns an den ersten „Anchorman“-Film) erhält er ein Angebot, das er nicht absagen kann: Kench Allenby (ein Klon aus Ted Turner, Rupert Murdoch und viel Richard Branson) baut den neuen Fernsehsender GNN auf, der 24 Stunden Nachrichten ausstrahlen soll. Eine bescheuerte Idee, findet jeder, aber Burgundy und seine alte Gang, das „Action-4-News-Team“, sind dabei und zielsicher steuert er die No-Gos an, die sich als zukunftsweisend entpuppen sollen. Bei ihm gibt es keine Berichte über Politik und wichtige Ereignisse, sondern substanzloses Geplauder über die schönen und alltäglichen Seiten des amerikanischen Alltags oder eine mehrstündige Live-Schaltung zu einer Autoverfolgungsjagd oder sie probieren vor laufender Kamera die angesagte Droge Crack aus. Kurz: Dinge, die keine Nachrichten sind, werden als Nachrichten verkauft und Burgundy erfindet das heutige Fernsehen.

Genau in diesem Moment wird „Anchorman 2“ zu einem Film, der immer wieder an seiner eigenen Haltungslosigkeit scheitert. Im ersten Film wurde auch erzählt, wie Frauen in eine Macho-Bastion einbrechen und am Ende hat Burgundy (und seine Freunde) gelernt, dass auch Frauen in ihrem Beruf ihre Berechtigung haben. Der Macho, das hirnlose Alpha-Männchen, wird zu einem besseren Mann – und wir konnten, mit den Schauspielern, über die damalige Zeit lachen. Das war ein schöner, nostalgischer Trip, der auch durchaus gelungen damalige Filme parodierte.

In „Anchorman 2“ erfindet eben dieser Trottel das heutige Nachrichtenfernsehen, in dem Boulevard-Meldungen und Pseudo-Nachrichten wichtiger sind als Aufklärung und klassischer Journalismus – und wir sollen es gut finden. Während „Anchorman“ noch eine durchaus fortschrittliche Botschaft hatte, ist „Anchorman 2“ durch und durch konservativ bis reaktionär. Denn wir sollen, im Gegensatz zum ersten „Anchorman“, einen Haufen Idioten bewundern und ihre Leistungen für das Nachrichtenwesen gut finden. Sogar Veronica Corningstone, die immer eine echte Journalistin werden wollte, ergibt sich dem Charme der Nicht-Nachrichten. Sie verrät alles, wofür sie bisher stand und was ihr wichtig war, während aus dem Trottel Burgundy der unumstrittene Held und Prophet wird, der niemals kritisch hinterfragt wird. Von Demontage, wie im ersten „Anchorman“-Film, wollen wir überhaupt nicht reden. Genau dieser – von den Machern vielleicht nicht beabsichtigte – Subtext vermieste mir den ganzen Film.

Da helfen dann auch nicht mehr die hübsch geschmacklosen Klamotten, etliche gelungen Gags (aber es gibt auch misslungene Gags und Leerlauf) und Reminiszensen an den ersten Film, der auch in erster Linie als Gagparade funktionierte.

Anchorman 2 - Teaser

Anchorman – Die Legende kehrt zurück (Anchorman 2: The Legend continues, USA 2013)

Regie: Adam McKay

Drehbuch: Adam McKay, Will Ferrell

mit Will Ferrell, Steve Carell, Paul Rudd, David Koechner, Christina Applegate, Meagan Good, James Marsden, Josh Lawson, Kristen Wiig, Dylan Baker, Judah Nelson, Greg Kinnear, Harrison Ford, Sacha Baron Cohen, Marion Cotillard, Will Smith, Kirsten Dunst, Jim Carrey, Steve Coulter, Tina Fey, Liam Neeson, John C. Reilly, Vince Vaughn, Kanye West (das meiste sind Cameos und sicher hab ich einige vergessen)

Länge: 119 Minuten

FSK: ?

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Film-Zeit über „Anchorman – Die Legende kehrt zurück“

Moviepilot über „Anchorman – Die Legende kehrt zurück“

Metacritic über „Anchorman – Die Legende kehrt zurück“

Rotten Tomatoes über „Anchorman – Die Legende kehrt zurück“

Wikipedia über „Anchorman – Die Legende kehrt zurück“ (deutsch, englisch)