Agatha Christies Marple: Das Schicksal in Person (Agatha Christie’s Marple: Nemesis, Großbritannien 2009)
Regie: Nicolas Winding Refn
Drehbuch: Stephen Churchett
LV: Agatha Christie: Nemesis, 1971 (Das Schicksal in Person)
Miss Marple soll für einen verstorbenen Freund einen alten Fall aufklären. Damals verschwand die junge Verity spurlos aus einem Kloster. Wurde sie ermordet?
Diese Agatha-Christie-Verfilmung ist eine der wenigen TV-Arbeiten von Nicolas Winding Refn. Zuletzt kehrte der bildgewaltige Regisseur mit der Amazon-Miniserie „Too old to die young“ und „Copenhagen Cowboy“ wieder auf den kleinen Bildschirm zurück.
Der TV-Spielfilm ist gediegene TV-Unterhaltung, die sich primär an die Fans der Serie richtet.
mit Geraldine McEwan, Dan Stevens, Laura-Michelle Kelly, Graeme Garden, Richard E Grant, Ruth Wilson, Lee Ingleby
Was hat Maria Schrader vor „She said“ gemacht? Nun:
NDR, 20.15
Ich bin dein Mensch(Deutschland 2021)
Regie: Maria Schrader
Drehbuch: Jan Schomburg, Maria Schrader
LV: Emma Braslavsky: Ich bin dein Mensch, 2019 (Kurzgeschichte, in „2029 – Geschichten von Morgen“)
Die Wissenschaflerin Alma soll über mehrere Wochen mit einem humanoiden Roboter zusammenleben und anschließend einen Forschungsbericht über die gemeinsame Zeit verfassen. Es geht um die Frage, ob humanoide Roboter Menschenrechte bekommen sollen.
„Ich bin dein Mensch“ ist ein feiner, auf der Berlinale abgefeierter, zum Nachdenken anregender Science-Fiction-Film und einer der besten deutschen Filme des Jahres. Er erhielt, unter anderem, vier deutsche Filmpreise als bester Film, für die beste Regie, das beste Drehbuch und die beste Hauptrolle.
mit Maren Eggert, Dan Stevens, Sandra Hüller, Hans Löw, Wolfgang Hübsch, Annika Meier, Falilou Seck, Jürgen Tarrach, Henriette Richter-Röhl, Monika Oschek
LV: Emma Braslavsky: Ich bin dein Mensch, 2019 (Kurzgeschichte, in „2029 – Geschichten von Morgen“)
Die Wissenschaflerin Alma soll über mehrere Wochen mit einem humanoiden Roboter zusammenleben und anschließend einen Forschungsbericht über die gemeinsame Zeit verfassen. Es geht um die Frage, ob humanoide Roboter Menschenrechte bekommen sollen.
„Ich bin dein Mensch“ ist ein feiner, auf der Berlinale abgefeierter, zum Nachdenken anregender Science-Fiction-Film und einer der besten deutschen Filme des Jahres. Er erhielt, unter anderem, vier deutsche Filmpreise als bester Film, für die beste Regie, das beste Drehbuch und die beste Hauptrolle.
mit Maren Eggert, Dan Stevens, Sandra Hüller, Hans Löw, Wolfgang Hübsch, Annika Meier, Falilou Seck, Jürgen Tarrach, Henriette Richter-Röhl, Monika Oschek
LV: Emma Braslavsky: Ich bin dein Mensch, 2019 (Kurzgeschichte, in „2029 – Geschichten von Morgen“)
Die Wissenschaflerin Alma soll über mehrere Wochen mit einem humanoiden Roboter zusammenleben und anschließend einen Forschungsbericht über die gemeinsame Zeit verfassen. Es geht um die Frage, ob humanoide Roboter Menschenrechte bekommen sollen.
mit Maren Eggert, Dan Stevens, Sandra Hüller, Hans Löw, Wolfgang Hübsch, Annika Meier, Falilou Seck, Jürgen Tarrach, Henriette Richter-Röhl, Monika Oschek
Agatha Christies Marple: Das Schicksal in Person (Agatha Christie’s Marple: Nemesis, Großbritannien 2009)
Regie: Nicolas Winding Refn
Drehbuch: Stephen Churchett
LV: Agatha Christie: Nemesis, 1971 (Das Schicksal in Person)
Miss Marple soll für einen verstorbenen Freund einen alten Fall aufklären. Damals verschwand die junge Verity spurlos aus einem Kloster. Wurde sie ermordet?
Diese Agatha-Christie-Verfilmung ist eine der wenigen TV-Arbeiten von Nicolas Winding Refn. Zuletzt kehrte der bildgewaltige Regisseur mit der Amazon-Miniserie „Too old to die young“ wieder auf den kleinen Bildschirm zurück.
Der TV-Spielfilm ist gediegene TV-Unterhaltung, die sich primär an die Fans der Serie richtet.
mit Geraldine McEwan, Dan Stevens, Laura-Michelle Kelly, Graeme Garden, Richard E Grant, Ruth Wilson, Lee Ingleby
Einmal schnell – mit der selbstgewählten Option über einige Filme, je nach Zeit, mehr zu schreiben: die Filme, die heute starten. Auf der einen Seite der Skala ein Blockbuster für die große Leinwand („Godzilla vs. Kong“). Auf der anderen Seite der diesjährige Oscar-Gewinner („Nomadland“). Dazwischen ein deutscher Science-Fiction-Film („Ich bin dein Mensch“), Dramen und Action. Denn „Nobody“ verlässt den Raum.
„Godzilla vs. Kong“ ist ein Spektakel, das für die große Leinwand gemacht ist. Die Story wurde schon vor dem Schreiben des Drehbuchs weggeworfen zugunsten einiger, teils vollkommen abstruser Szenen, die Schauspieler sind noch nicht einmal unterfordert von den anderthalb verlangten Gesichtsausdrücken, aber wenn dann King Kong und Godzilla sich kloppen und dabei Hongkong zerstören, die Boxen im Kino mit großem Wumms dröhnen, dann, ja, dann bleibt nur die Erkenntnis: KINO IST ZURÜCK! ENDLICH.
Ich gebe zu, dass ich den Film im Zoopalast in Berlins größtem Kinosaal sah, Monster auf einer Monsterleinwand überwältigend sind und es einer der ersten Filme war, die ich nach der monatelangen Pause im Kino sehen konnte. Das alles förderte meine Begeisterung.
Davon abgesehen ist „Godzilla vs. Kong“ ein dummer Sommer-Blockbuster, der genau das sein will und dessen Existenzberechtigung im Titel steht. Godzilla, King Kong und, – ähem, das wäre jetzt ein Spoiler.
Godzilla vs. Kong (Godzilla vs. Kong, USA 2021)
Regie: Adam Wingard
Drehbuch: Eric Pearson, Max Borenstein (nach einer Geschichte von Terry Rossio, Michael Dougherty und Zach Shields)
mit Alexander Skarsgård, Millie Bobby Brown, Rebecca Hall, Brian Tyree Henry, Kyle Chandler, Shun Oguri, Eiza González, Julian Dennison, Demián Bichir
„Nomadland“ ist das Gegenteil. Ein kleines Indie-Drama mit einer gewohnt fantastischen Frances McDormand, die hier die Nomadin Fern spielt.
Nach dem Verlust von Mann, Job und Haus entschloss Fern sich 2011 (also während der Nachwirkungen der Finanzkrise), ihre Sachen zu packen. Seitdem lebt sie in ihrem Wohnwagen, fährt von schlechtbezahltem Job zu schlechbezahltem Job und genießt, wie viele andere Menschen, die Freiheiten des Nomadenlebens.
Chloé Zhao („The Rider“) zeigt quasi-dokumentarisch das Leben dieser Nomaden und ihrer Gemeinschaft. Wieder drehte sie mit Laien, die sich selbst spielen. Und wieder ist da kein falscher Ton zu spüren.
Bei den diesjährigen Oscars wurde ihre Charakterstudie „Nomadland“ als bester Film, für die beste Regie und die beste Hauptrolle ausgezeichnet. Golden Globes gab es als bester Film und für die beste Regie. Um nur die bekanntesten Preise zu nennen. Insgesamt erhielt der Film, laut IMDB, über 230 Preise.
Zhaos karge Charakterstudie ist großes großartiges Kino mit Bildern, die für die große Leinwand komponiert sind. In diesem Fall (und, Ich verspreche!, in den folgenden Zeilen werde ich nicht mehr erwähnen, wo ich die Filme gesehen habe) musste ich den Film am Computer sehen und ich dachte die ganze Zeit nur „ich will den Film im Kino sehen“.
Nomadland (Nomadland, USA 2020)
Regie: Chloé Zhao
Drehbuch: Chloé Zhao
LV: Jessica Bruder: Nomadland: Surviving America in the Twenty-First Century, 2017 (Nomaden der Arbeit, Sachbuch)
mit Frances McDormand, David Strathairn, Linda May, Swankie, Bob Wells
„Percy“ erzählt nah an den Fakten und angenehm altmodisch die Geschichte von Percy Schmeiser. Der Kanadier ist ein Farmer der alten Schule, der die besten Samen der vorherigen Ernte aufbewahrt und nächstes Jahr wieder aussät. Genau so haben Bauern seit Jahrhunderten gearbeitet. Bis Konzerne Firmen wie Monsanto genmanipulierte Saatgut anboten. Diese sind resistent gegen bestimmte Unkrautvernichtungsmittel, was für die Bauern natürlich eine Arbeitserleichterung ist. Für Monsanto sind sie ein großes Geschäft. Denn sie haben Patente dafür erworben und die Bauern müssen jedes Jahr bei ihnen neue Samen kaufen. Ein Monokulturen förderndes Riesengeschäft, das von Umwelt- und Dritte-Welt-Bewegungen seit Jahrzehnten kritisiert wird.
Percy hatte damit nichts zu tun, bis Monsanto 1997 auf seinen Feldern Spuren von ihren Samen nachwies und ihn verklagte. Im Gegensatz zu anderen Farmern zog Percy Schmeiser vor Gericht.
Clark Johnson erzählt in seinem Justizdrama „Percy“ jetzt die Geschichte von Percy Schmeiser und seinem Kampf gegen Monsanto nach. Das tut er, indem er sich auf das Drehbuch und die Schauspieler – Christopher Walken als Percy Schmeiser, Zach Braff als sein Anwalt, Christina Ricci als Aktivistin – verlässt. Eine kluge Entscheidung.
Percy (Percy, Kanada 2020)
Regie: Clark Johnson
Drehbuch: Garfield Lindsay Miller, Hilary Pryor
mit Christopher Walken, Christina Ricci, Zach Braff, Luke Kirby, Roberta Maxwell, Adam Beach, Martin Donovan
Auch „Der Spion“ beeindruckt nicht durch Spektakel (das hatten wir schon in „Godzilla vs. Kong“), sondern mit seinen Schauspielern. Die Geschichte basiert ebenfalls auf Tatsachen. Jedenfalls soweit man das weiß, wenn es um Geheimagenten und ihre Arbeit geht.
Der britische Geheimdienst MI6 und der amerikanische Geheimdienst CIA engagieren im November 1960 den harmlosen, leicht schmierigen Geschäftsmann Greville Wynne (Benedict Cumberbatch), der immer wieder mit Ostblockstaaten Geschäfte macht. Er soll den Kontakt zu dem hochrangigen Sowjetoffizier Oleg Penkowski (Merab Ninidze) herstellen. Penkowski möchte nämlich den Westmächten geheime Informationen zuspielen.
MI6 und CIA sind sich sicher, dass der KGB keinen Verdacht schöpfen wird, wenn Wynne sich mit Penkowski trifft. Womit sie nicht rechneten, ist, dass die beiden gegensätzlichen Männer sich befreunden. Als Penkowski aufzufliegen droht und der MI6 nichts für ihn unternehmen will, will Wynne seinen Freund retten.
„Der Spion“ ist unauffälliges Schauspielerkino mit viel frühsechzigerjahre Patina. Fans des Genres denken bei der Geschichte von Wynne, der über seine Erlebnisse als Spion zwei Bücher mit zweifelhaftem Wahrheitsgehalt schrieb, natürlich sofort an John le Carrés „Das Russland-Haus“ und die grandiose Verfilmung von Fred Schepisi mit Sean Connery.
Das ist nicht schlecht, aber auch nicht unbedingt ein Film, den man sich im Kino ansehen muss.
Der Spion (The Courier, Großbritannien 2020)
Regie: Dominic Cooke
Drehbuch: Tom O’Connor
mit Benedict Cumberbatch, Merab Ninidze, Rachel Brosnahan, Jessie Buckley, Angus Wright, James Schofield, Anton Lesser
Der neueste Film aus dem „Conjuring“-Universum ist, nach Spin-offs und Vorgeschichten, „Conjuring 3: Im Bann des Teufels“ und damit ein Film aus der Hauptreihe. Wieder wird ein wahrer Fall der Geisterjäger Ed und Lorraine Warren erzählt. Dieses Mal ist es der Brookfield Demon Murder Case.
Am 16. Februar 1981 ermordet der junge Arne Cheyenne Johnson seinen Freund bestialisch. Sein Verteidiger würde auf irgendeine Form von verminderter Zurechnungsfähigkeit plädieren. Aber die Warrens sind schon vor Ort und sie wissen, dass Johnson von einem besonders fiesem Dämonen besessen ist und genau darauf soll die Verteidigung aufbauen. Die nötigen Beweise wollen sie beschaffen.
Der neueste „Conjuring“-Film läuft für meinen Geschmack zu sehr in den Bahnen eines gewöhnlichen Justizkrimis ab, in dem die tapferen Ermittler während der Verhandlung die Beweise für die Unschuld des Angeklagten suchen und in letzter Sekunde finden. Da ist es wirklich einerlei, ob der Angeklagte unschuldig ist, nicht zurechnungsfähig (beispielsweise wegen Opioid-Gebrauch) oder gerade von einem Dämonen besessen war. Das ist eine Frage der Fakten und der Verteidigungsstrategie.
Weil „Conjuring 3“ ein Horrorfilm ist, interessiert sich Regisseur Michael Chaves weniger für rechtstechnische Details und Verteidigungsstrategien, sondern für Geister, Dämonen und Teufelsaustreibungen mit Hilfe der katholischen Kirche.
James Wan, der Regisseur der vorherigen „Conjuring“-Filme ist dieses Mal nur als Autor und Produzent involviert.
Conjuring 3: Im Bann des Teufels(The Conjuring: The Devil made me do it, USA 2021)
Regie: Michael Chaves
Drehbuch: David Leslie Johnson-McGoldrick (nach einer Geschichte von James Wan und David Leslie Johnson-McGoldrick)
mit Patrick Wilson, Vera Farmiga, Ruairi O’Connor, Sarah Catherine Hook, Julian Hilliard
Mit einer anderen Sorte von Nicht-Mensch muss Alma sich in „Ich bin dein Mensch“ auseinandersetzen.
Alma soll für drei Wochen einen menschenähnlichen Roboter testen und danach ein Gutachten schreiben. Es geht um die Frage, ob Ehen zwischen Mensch und Maschine erlaubt werden sollen. Dafür wird ihr Tom zugeteilt. Er wurde extra für sie konfiguriert, nachdem in umfangreichen Test Almas Wünsche und Sehnsüchte erforscht wurden. Der Android ist dann auch das Inbild eines Traummanns: gutaussehend, höflich, umsorgend, perfekt im Haushalt und allwissend. Nur seine Bewegungen, Mimik und, selten, Sprachrhythmus verraten, dass Tom kein Mensch ist.
In ihrem neuen Film „Ich bin dein Mensch“ beschäftigt Maria Schrader („Vor der Morgenröte“) sich mit der Frage, was Androiden von Menschen unterscheidet, was Gefühle sind und damit auch und vor allem, was das Menschsein und die menschliche Gesellschaft ausmacht. Das erzählt sie mit Hilfe eines immer wieder überraschend humorvollen Drehbuchs, guten Schauspielern und einer eleganten Kamera und Bildgestaltung (Benedict Neuenfels).
„Ich bin dein Mensch“ ist ein feiner, auf der Berlinale abgefeierter, zum Nachdenken anregender Film und einer der besten deutschen Filme des Jahres.
Maren Eggert erhielt einen Silbernen Bären für ihre schauspielerische Leistung.
Ich bin dein Mensch (Deutschland 2021)
Regie: Maria Schrader
Drehbuch: Jan Schomburg, Maria Schrader
LV: Emma Braslavsky: Ich bin dein Mensch, 2019 (Kurzgeschichte, in „2029 – Geschichten von Morgen“)
mit Maren Eggert, Dan Stevens, Sandra Hüller, Hans Löw, Wolfgang Hübsch, Annika Meier, Falilou Seck, Jürgen Tarrach, Henriette Richter-Röhl, Monika Oschek
‚Wie der Vater, so der Sohn‘ ist ein dummer Spruch, der in diesem Fall zutrifft. Denn Brandon Cronenbergs „Possessor“ sieht wie ein Horrorfilm seines Vaters David Cronenberg aus den Siebzigern aus. Auch die Geschichte könnte von David Cronenberg stammen.
Eine geheimnisumwitterte Firma hat eine Technik entwickelt, mit der man in fremde Gehirne eindringen und diese Menschen dann zu bestimmten Handlungen bewegen kann. Die Firma bietet dabei vor allem eine Dienstleistung an: Mord. Und zwar Morde, die sonst nicht durchführbar wären. Jedenfalls nicht so.
Eine ihrer Agentinnen ist Vos. Sie hadert zunehmend mit den Folgen der Aufträge für ihre Psyche. Immer weniger kann sie zwischen ihrer Arbeit in fremden Köpfen und ihrem Privatleben mit ihrer Familie unterscheiden.
Brandon Cronenberg inszenierte seinen Horrorfilm „Possessor“ als Hommage an die frühen Bodyhorrorfilme von David Cronenberg. Die Farbgebung, die Erzählgeschwindigkeit, die Kamerabewegungen, der Ton, die Tricks (bei den Morden wird nach der Methode „zuviel rotes Blut kann es nicht geben“ vorgegangen), die minimalistischen, futuristisch aussehenden Sets und die von der Firma verwandten Technik erinnern alle an David Cronenbergs Frühwerk.
Allerdings fehlt in „Possessor“ die damalige Gesellschaftskritik und das Ende, das sich um eine Antwort auf die wichtigen im Film gestellten Fragen drückt, ist äußerst unbefriedigend.
„Possessor“ ist primär L’Art pour l’art, die einen, wegen dem was zu sehen ist und dem was nicht zu sehen ist, mit einem gewaltigen Gefühl des Unwohlseins über das Eindringen in fremde Körper zurücklässt.
Und gerade das macht diesen Horrorfilm sehenswert.
Posessor (Possessor, Kanada/Großbritannien 2020)
Regie: Brandon Cronenberg
Drehbuch: Brandon Cronenberg
mit Andrea Riseborough, Christopher Abbott, Rossif Sutherland, Sean Bean, Jennifer Jason Leigh
Hutch Mansell (Bob Odenkirk) ist auf den ersten Blick ein ganz gewöhnlicher Mann, der ein ganz gewöhnliches Leben lebt mit einem langweiligen Job, Frau und Kindern. Er ist ein richtiger Nobody. Als zwei Einbrecher bei ihnen einbrechen, überwältigt er sie, als er die Chance hat, nicht. Stattdessen legt er den Golfschläger zur Seite und lässt sie mit der Beute ziehen. Seine Kinder halten ihn für ein Weichei. Dass der Revolver, den die Einbrecherin in der Hand hielt, nicht geladen war und er deshalb nicht zuschlug, sagt er ihnen nicht.
Als seine Tochter kurz darauf ihr heißgeliebtes Kitty-Cat-Armband vermisst, beginnt Hutch die Einbrecher zu suchen. Das ist der Auftakt für eine ungeahnte Gewaltorgie. Denn Hutch war nicht immer der harmlose Vorstadtdaddy.
„Nobody“ ist ein B-Picture-Actionkracher mit viel Gewalt, trockenem Humor und gut(gelaunt)en Schauspielern. Erfunden wurde die Geschichte von Derek Kolstadt (Drehbuch, Produktion) und David Leitch (Produktion), die auch in die „John Wick“-Filme involviert sind und die Geschichte von Hutch Mansell ähnelt der von John Wick. Denn der Unterschied zwischen einem Kinderarmband und einem Hund als Anlass für eine besinnunglose Gewaltorgie ist letztendlich minimal. Auch die Ausbildung von Hutch Mansell und John Wick ähnelt sich. Wobei Hutch Mansell früher für eine andere Institution als John Wick arbeitete und er am Ende mit der Hilfe von seinem Vater und einigen alten Freunden gegen die Bösewichter kämpft.
Das ist ein großer Spaß für kleine Jungs. Eine Fortsetzung ist nicht nötig. Obwohl Derek Kolstadt anscheinend schon an einer arbeitet und sie angesichts des bisherigen Einspiels unvermeindlich erscheint. Ein Crossover mit John Wick ist, weil die Filme von verschiedenen Studios produziert wurden, unwahrscheinlich und für mein Empfinden auch vollkommen unnötig.
Nobody(Nobody, USA 2021)
Regie: Ilya Naishuller
Drehbuch: Derek Kolstad
mit Bob Odenkirk, Connie Nielsen, RZA, Aleksey Serebryakov, Christopher Lloyd, Michael Ironside, Billy MacLellan, Gage Munroe
Unnötig beschreibt „Monster Hunter“ treffend. Dieses Mal schickt Paul W. S. Anderson seine Frau Milla Jovovich in die Wüste.
Jovovich spielt Captain Artemis. Zusammen mit ihrem Team geraten sie während eines gefährlichen Militäreinsatzes in der Wüste in einen Sandsturm, der sie in ein Paralleluniversum schleudert, in dem es noch mehr Sand und viele, riesige und sehr gefährliche Monster gibt.
„Monster Hunter“ ist, wie die ebenfalls von Anderson mit Jovovich inszenierten „Resident Evil“-Filme, eine Computerspielverfilmung. Und es ist keine gute Verfilmung; wobei ich, weil ich das Spiel nicht kenne, genaugenommen sagen müsste: kein guter Film. Die Dialoge wirken wie Restbestände aus einem Trailer eines militaristischen 80er-Jahre-B-Pictures. Die Story folgt der alten Computerspieldramaturgie von Herausforderung, Lösung suchen, Feind vernichten. Und weil Jovovich als Heldin all die Angriffe überlebt, ist auch klar, dass sie immer die richtige Lösung findet.
Ein Langweiler. Ach wie spaßig waren da die „Resident Evil“-Filme.
Brauchen wir wirklich noch eine Verfilmung von Jack Londons „Ruf der Wildnis“? Auch wenn dieses Mal Harrison Ford mitspielt?
Nun, in jedem Fall schadet es nicht, wenn Indiana Jones sich um einen Hund kümmert. Auch wenn die von ihm gespielte Figur, wie im Roman, erst in der zweiten Hälfte der Geschichte wichtig wird. Davor hat er nur zwei sehr kurze Auftritte, die vor allem die Funktion einer Ankündigung erfüllen und so seinen späteren Auftritt nicht zu einer aus heiterem Himmel kommenden Überraschung machen,
Im Mittelpunkt der Geschichte steht Buck, ein riesiger Mischling aus Bernhardiner und Schäferhund, der glücklich im herrschaftlichen Anwesen von Richter Miller im sonnigen Kalifornien lebt. Eines Tages wird er von einem Hunderäuber entführt und nach Norden verschifft. 1896 wurde am Klondike Gold gefunden. Jetzt sind alle Glücksjäger (zu denen auch Jack London gehörte) auf dem Weg zu den sagenhaften Goldschätzen.
Die ersten neuen Besitzer von Buck sind Perrault (Omar Sy) und Francois (im Roman ein Halbblut, im Film Francoise [Cara Gee]). In dem Rudel der Post-Schlittenhunde erkämpft Buck sich schnell seinen Platz. In diesen Tagen erwacht, dem titelgebendem Ruf der Wildnis folgend, auch langsam Bucks wahres Wesen.
Als die Postlinie eingestellt wird, erhält Buck neue Besitzer. Dieses Mal handelt es sich um drei Goldsucher, zwei Männer, eine Frau (Dan Stevens, Colin Woodell und Karen Gillan), die von überwältigender Arroganz und Dummheit sind.
Dritter und letzter Besitzer von Buck wird John Thornton (Harrison Ford), der ihn wie ein gleichberechtigtes Wesen behandelt. Gemeinsam machen sie sich auf den Weg in noch nicht auf der Landkarte verzeichnete Gebiete des Yukon Territoriums.
Regisseur Chris Sanders legt mit Ruf nach der Wildnis“ nach Animationsfilmen wie „Drachenzähmen“ leichtgemacht und „Die Croods“ sein insgesamt überzeugendes Realfilmdebüt vor. Er und Autor Michael Green („Mord im Orientexpress“) folgen der Geschichte von Jack London. Für den Film dramatisieren und disneyfizieren sie sie. Die Dramatisierungen sind, obwohl „Ruf der Wildnis“ immer noch ein Episodendrama ist, das Bucks Geschichte vom verantwortungslosen Haushund zum Führer einer Wolfsrudels macht, notwendig, um eine stringente Geschichte zu erzählen. Die Disneyfizierung ist vor allem dem Zielpublikum geschuldet. „Ruf der Wildnis“ ist ein Kinderfilm, der zeigt, wie Menschen zu besseren Menschen werden, weil sie Buck begegnen. Gleichzeitig entdeckt Buck sein wahres Ich. Er wird zu einem Tier, das Verantwortung übernimmt für andere Tiere und Menschen und auch für sie kämpft.
Londons Roman, geschrieben im Duktus der damaligen Zeit und für ein erwachsenes Publikum, ist dagegen oft sehr hart und darwinistisch: „Buck war gnadenlos. (…) Man musste herrschen oder sich beherrschen lassen; und Gnade zu zeigen, war eine Schwäche. Gnade existierte im urwüchsigen Leben nicht. Sie wurde als Furcht missverstanden, und solche Missverständnisse führten zum Tod. Töten oder getötet werden, fressen oder gefressen werden, das war das Gesetz; und er gehorchte diesem Gebot aus der Tiefe der Zeiten.“
Im Film gibt es, was jetzt Erwachsene wahrscheinlich mehr stört als Kinder, einen wahren CGI-Overkill. Viele Landschaften, Hintergründe und eigentlich alle Tiere sind digital animiert. Und hier sehen die digital animierten Tiere immer etwas künstlich aus. Sie basieren auf Aufnahmen realer Tiere und Menschen, die Tiere spielen. So war Terry Notary, ein früherer Artist des Cirque du Soleil, die Live Action Reference Performance für Buck und der Spielpartner von Harrison Ford. Die Kamera ist immer wieder an Positionen und macht Bewegungen, die in der Realität für eine Kamera nicht möglich wären. Es gibt Bilder von Tieren, die eine Kamera in der Realität so niemals einfangen könnte. Buck tut Dinge, die ein echter Hund niemals tun würde. Und die Tiergesichter, vor allem natürlich Buck, können niemals ihre Herkunft aus dem Computerlabor verhehlen können. Dafür sind sie teils zu künstlich, teils zu menschlich.
Für Kinder ist Chris Sanders‘ „Ruf der Wildnis“ ein gelungener Abenteuerfilm mit einem liebenswertem Hund, guten und weniger guten Menschen und einigen schönen Landschaftsaufnahmen.
Ruf der Wildnis (The Call of the Wild, USA 2020)
Regie: Chris Sanders
Drehbuch: Michael Green
LV: Jack London: The Call of the Wild, 1903 (Der Ruf der Wildnis)
mit Harrison Ford, Omar Sy, Dan Stevens, Karen Gillan, Bradley Whitford, Colin Woodell, Cara Gee, Michael Horse, Jean Louisa Kelly, Adam Fergus, Abraham Benrubi, Terry Notary
Länge: 100 Minuten
FSK: ab 6 Jahre
–
Die Vorlage
erscheint zum Filmstart mit einem neuen Cover. Es handelt sich um die sehr gelungene Neuübersetzung von Lutz-W. Wolff, der den Roman um ein informatives Nachwort, Anmerkungen und eine Zeittafel ergänzte.
Agatha Christies Marple: Das Schicksal in Person (Agatha Christie’s Marple: Nemesis, Großbritannien 2009)
Regie: Nicolas Winding Refn
Drehbuch: Stephen Churchett
LV: Agatha Christie: Nemesis, 1971 (Das Schicksal in Person)
Miss Marple soll für einen verstorbenen Freund einen alten Fall aufklären. Damals verschwand die junge Verity spurlos aus einem Kloster. Wurde sie ermordet?
Diese Agatha-Christie-Verfilmung ist eine der wenigen TV-Arbeiten von Nicolas Winding Refn. Zuletzt kehrte der bildgewaltige Regisseur mit der Amazon-Miniserie „Too old to die young“ wieder auf den kleinen Bildschirm zurück.
Der TV-Spielfilm ist gediegene TV-Unterhaltung, die sich primär an die Fans der Serie richtet.
mit Geraldine McEwan, Dan Stevens, Laura-Michelle Kelly, Graeme Garden, Richard E Grant, Ruth Wilson, Lee Ingleby
Ruhet in Frieden – A Walk among the Tombstones(A Walk among the Tombstones, USA 2014)
Regie: Scott Frank
Drehbuch: Scott Frank
LV: Lawrence Block: A Walk among the Tombstones, 1992 (Endstation Friedhof, Ruhet in Frieden)
Matt Scudder, Ex-Polizist, Ex-Alkoholiker und Privatdetektiv ohne Lizenz, soll für den Dealer Kenne Kristo die Mörder seiner Frau suchen. Dass Kristo sie umbringen will, stört ihn nicht sonderlich.
Feine Verfilmung eines gewohnt feinen Matt-Scudder-Romans.
Norman Oppenheimer ist – Ja, was eigentlich? Spät im Film sagt eine Frau zu ihm, sie habe mit viele Menschen gesprochen, aber niemand habe ihr sagen können, wer er sei, was er tue und ob er überhaupt eine Familie habe. Dabei kennen ihn viele Leute und er bemüht sich immer, Kontakte zu vermitteln und ihnen zu helfen. Nur: warum eigentlich?
Diese Frage beantwortet Joseph Cedar in seinem neuesten Film „Norman“ nur durch die Blume und im Rahmen einer im modernen New York im jüdischen Milieu spielenden Geschichte, die von der Figur des Hofjuden inspiriert ist. Der Hoffaktor war ein an einem höfischen Herrschaftszentrum beschäftigter Kaufmann, der Luxuswaren und Geld für den Herrscher beschaffte. In der Literatur und dem Theater findet man diese Figur bereits in der Bibel in der Geschichte von Josef oder in Shakespeares „Der Kaufmann von Venedig“ oder in „Jud Süß“. Ein nicht vollendetes Filmprojekt über Veit Harlans antisemitischen Film war für Cedar die Inspiration für seine Charakterstudie „Norman“.
Dieser von Richard Gere grandios in all seinen Facetten, seiner Größe und auch, vor allem, seiner Erbärmlichkeit, gespielte Norman Oppenheimer ist ein Problemlöser, der sich anderen Menschen mit höflicher Penetranz aufdrängt und ihnen anbietet, ihnen zu helfen, sie mit jemand anderes in Kontakt zu bringen. Das tut er auch bei Micha Eshel (Lior Ashkenazi), dem er in einem New Yorker Schuhgeschäft ein Paar Schuhe schenkt.
Jahren später, als Micha Premierminister von Israel wird, erinnert Micha sich bei einem US-Besuch an Norman und er begrüßt ihn bei einem offiziellem Empfang überschwänglich. Dass seine Vertrauten ihn immer wieder vor Norman warnten und warnen, ignoriert er. Denn Norman ist doch eine grundgute Seele. Nach dieser neuen Begegnung von Micha und Norman beginnt ‚Der bescheidene Aufstieg und tragische Fall eines New Yorker Geschäftsmanns‘ (Untertitel).
Aber noch ist das letzte Wort nicht gesprochen. Schließlich kennt Norman viele wichtige Menschen und er will doch nur helfen.
Ruhig, fast schon bedächtig erzählt der in New York geborene, in Israel aufgewachsene und lebende Regisseur Joseph Cedar (Beaufort, Hearat Shulayim), unterstützt von einem fantastischen Ensemble und Jun Miyakes beschwingter Musik, seine subtile und in jeder Beziehung sehr schlaue Tragikomödie mit einem freundlichen Blick auf die fehlbaren Menschen, viel subtilem jüdischen Humor und etlichen Fremdschäm-Momente. Eigentlich ist fast jede Minute mit Norman ein solcher Fremdschäm-Moment. Denn Norman biedert sich immer wieder, ohne einen Unterschied zu machen oder auch nur einen Hauch erkennbarer Selbstachtung zu haben, bei anderen Menschen an und er wird immer wieder, höflich, aber bestimmt abgewiesen oder hinauskomplimentiert. Man möchte ihn schütteln und einen anderen Beruf empfehlen, aber irgendwie ist Norman auch ein glücklicher Mann, der genau das tut, was er will.
Norman (Norman: The Moderate Rise and Tragic Fall of a New York Fixer, USA/Israel 2016)
Regie: Joseph Cedar
Drehbuch: Joseph Cedar
mit Richard Gere, Lior Ashkenazi, Michael Sheen, Steve Buscemi, Charlotte Gainsbourg, Dan Stevens, Hank Azaria, Harris Yulin
Am Anfang läuft Emma Watson als Belle singend durch das französische Klischeedorf Villeneuve. Die Dorfbewohner sind ein singender und tanzender Chor und spätestens jetzt ist klar: „Die Schöne und das Biest“ ist ein Musical, das sich vollumfänglich in der Tradition bewegt, in der ganze Dörfer zu Kulissen für Gesangsnummern werden und Lieder die Handlung ersetzen. Entsprechend vernachlässigbar ist diese. Die Figuren gewinnen allein durch ihren Gesang Dimensionen.
Die sattsam bekannte Geschichte lässt sich mühelos in einem Satz zusammenfassen. Durch einen Fluch verwandelt sich der selbstsüchtige Prinz (Dan Stevens) in das titelgebende Biest. Erst wenn sich eine Frau in ihn verliebt, werden er und sein Hofstaat wieder zu Menschen.
Belle begibt sich, um ihren Vater zu befreien, in die Hände des grummeligen Biestes. Im Schloss freundet sie sich mit dem Kerzenleuchter Lumière, der Kaminuhr von Unruh, der Teekanne Madame Pottine, ihrem Sohn Tassilo, einer Teetasse, dem Kleiderschrank Madame de Garderobe, dem Staubwedel Plumette und dem Cembalo Maestro Cadenza an. Sie sind alle verwandelte Schlossbesucher; gesprochen und an wenigen Drehtagen gespielt von Ewan McGregor, Ian McKellen, Emma Thompson, Nathan Mack, Audra McDonald, Gugu Mbatha-Raw und Stanley Tucci. Außerdem ist Belle von der Schlossbibliothek begeistert. Denn sie ist nicht nur jung und schön, sondern auch klug und belesen.
Ihre freiwillige Gefangenschaft ist daher ganz erträglich, wenn dem Schlossherrn aufgrund des Fluchs nicht die Zeit für eine Rückverwandlung davonliefe und der aufgeblasene Dorfschnösel Gaston (Luke Evans) sie befreien und ehelichen möchte.
Sprechende, singende und tanzende Kerzenleuchter, Uhren, Kleiderschränke und Teekannen kennen Disney-Fans bereits aus dem erfolgreichen 1991er Zeichentrickfilm „Die Schöne und das Biest“ (Regie: Dick Purdom, Drehbuch: Linda Woolverton). Er war auch die Vorlage für Bill Condons jetzt im Kino laufende Neuinterpretation. Die Originalsongs von Alan Menken und Howard Ashman aus der 1991er Verfilmung, ergänzt um drei Songs, die Alan Menken jetzt mit Tim Rice schrieb, werden in Condons Film gesungen. Außerdem hat Condon mit 130 Minuten Laufzeit 45 Minuten mehr Zeit als Dick Purdom, der die Geschichte in 85 Minuten erzählen musste. Da kann schon ein Lied mehr geträllert und am Ende länger im Schloss gekämpft werden.
Condons Film sieht natürlich gut aus, hat etwas Humor, ist immer geschmackvoll und spricht, wie man es von Disney gewohnt ist und erwartet, Junge und Ältere an. Zur Identifikation gibt es eine taffe Heldin und ein äußerlich hässliches, in seinem Inneren zutiefst sympathisches, an sich selbst zweifelndes, überhaupt nicht furchterregendes Monster. Oh, und ein, zwei echte Überraschungen, wie – erstmals in einem Disney-Film – einen offen schwulem Charakter. Der sorgte dann auch gleich für einige Kontroversen. In Russland ist der Kinderfilm, nachdem er zunächst überhaupt nicht gezeigt werden sollte, jetzt frei ab sechzehn Jahre. Malaysia überlegt noch, wie sie mit dem Problem umgehen soll.
Aber wer Musicals wie die Pest hasst, wird höchstens erleichtert feststellen, dass in der zweiten Filmhälfte weniger gesungen wird. Jedenfalls fällt es nicht mehr so negativ auf. Außerdem hat Condons „Die Schöne und das Biest“ erstaunlich wenig mit der letzten Verfilmung des Märchens zu tun. Die 2013er Verfilmung von Christophe Gans mit Léa Seydoux und Vincent Cassel gefiel mir allerdings deutlich besser. Wahrscheinlich weil nicht gesungen wurde und alles etwas komplexer als in Disneys Musical-Version ist.
Die Schöne und das Biest (Beauty and the Beast, USA 2016)
Regie: Bill Condon
Drehbuch: Stephen Chbosky, Evan Spiliotopoulos (basierend auf Linda Woolvertons 1991er Drehbuch „Die Schöne und das Biest“)
mit Emma Watson, Dan Stevens, Luke Evans, Kevin Kline, Josh Gad, Ewan McGregor, Stanley Tucci, Gugu Mbatha-Raw, Audra McDonald, Hattie Morahan, Nathan Mack, Ian McKellen, Emma Thompson
Ruhet in Frieden – A Walk among the Tombstones(A Walk among the Tombstones, USA 2014)
Regie: Scott Frank
Drehbuch: Scott Frank
LV: Lawrence Block: A Walk among the Tombstones, 1992 (Endstation Friedhof, Ruhet in Frieden)
Matt Scudder, Ex-Polizist, Ex-Alkoholiker und Privatdetektiv ohne Lizenz, soll für den Dealer Kenne Kristo die Mörder seiner Frau suchen. Dass Kristo sie umbringen will, stört ihn nicht sonderlich.
Feine Verfilmung eines gewohnt feinen Matt-Scudder-Romans.
Inzwischen ist der zweite Scudder-Roman „Drei am Haken“ wieder auf Deutsch erhältlich.
In dem Roman will Scudder herausfinden, wer den kleine Gauner und Polizeispitzel Jake ‚Spnner‘ Jablon tötete.
Die ersten drei Scudder-Romane schrieb Lawrence Block innerhalb weniger Monate und sie haben noch nicht die Qualität der späteren Scudder-Romane. Lesenswerte PI-Krimis sind sie trotzdem.
Jackie Earle Haley, der in Hollywood als Schauspieler auf eine jahrzehntelange Karriere von „Die Bären sind los“ über „Watchmen“ bis, jüngst, „London has fallen“ (gut, das war nur eine nebensächliche Nebenrolle) zurückblicken kann, hat sich mit „Criminal Activities“ erstmals als Regisseur versucht und diesen Teil erledigte er souverän und ohne überflüssige Effekthaschereien. Allerdings ist das Drehbuch von Robert Lowell, in der Quentin-Tarantino-Gangsterfilmschule stehend, nicht so gelungen. Über ihn ist nichts zu erfahren. Laut IMDB ist er 1977 gestorben. Weil wohl kaum ein mindestens vierzig Jahre altes Drehbuch verfilmt wurde (obwohl der Film auch 1974 spielen könnte), dürfte es sich hier um ein Pseudonym handeln.
In „Criminal Activities“ geht es um vier High-School-Freunde, die sich auf der Beerdigung eines Schulkameraden treffen. Einer von ihnen hat Insiderwissen über eine Firma, die demnächst in ihrem Wert in astronomische Höhen steigen wird. Einer von ihnen könnte das nötige Geld für die Firmenaktion besorgen. Alle wollen sie an dem illegalen Geschäft verdienen.
Dummerweise löst sich, als die Börsenaufsicht gegen die Firma ermittelt, die gute Investition in Luft auf und die vier Freunde haben plötzlich einen Haufen Schulden bei dem Gangsterboss Eddie, der sein Geld will.
Glücklicherweise hat der sich betont jovial gebende Eddie (John Travolta in einer ziemlich umfangreichen Nebenrolle) eine grandiose Idee. Wenn die vier Zocker ihm einen Gefallen erweisen, sind sie schuldenfrei.
Nach einigem Zögern nehmen Zach (Michael Pitt), Warren (Christopher Abbott), Bryce (Rob Brown) und Noah (Dan Stevens), der sich von Eddie das Geld für das Geschäft lieh, das Angebot an: sie entführen Marques (Edi Gathegi).
Als die vier Noch-nicht-einmal-Möchtegern-Kriminellen mit ihrem Opfer in ihrem Versteck sind, erfahren sie, dass Marques der Neffe eines mächtigen, mit Eddie verfeindeten Gangsterbosses ist. In dem Moment ahnen die vier Entführer, dass die ihnen von Eddie weitschweifig erzählte Geschichte über Marques frei erfunden war und dass sie jetzt zwischen allen Fronten stehen.
Wenn man sich nur die Geschichte von „Criminal Activities“ ansieht, ist der Gangsterthriller einer dieser verwickelten, noirischen Geschichten, in denen einige ganz normale Männer durch Gier und eigenes Verschulden plötzlich knietief im Schlamassel stecken und Verbrecher und Polizisten alles noch komplizierter machen. Das sorgt dann bis zum Schluss für überraschende Entwicklungen und einige Tote.
Jackie Earle Haley erzählt diese in weiten Teilen altbekannte Geschichte strikt entlang der Konventionen und ohne irgendwelche, nervigen formalen Spielereien. Das erinnert dann an einen klassischen Gangsterfilm, wie sie in den vierzigern und fünfzigern im Dutzend gedreht und oft vergessen wurden.
Allerdings ist es auch eine Geschichte, die hauptsächlich in einigen wenigen geschlossenen Räumen spielt und, auch weil jede Szene viel zu lang ausgespielt wird, alles sehr theaterhaft wirkt. Die Dialoge haben nie die bekannte Quentin-Tarantino-Qualität, denen man endlos zuhören könnte und sich gleich einige Zitate notiert. In „Criminal Activities“ langweilen sie eher. Auch weil fast alle Charaktere nicht unbedingt durch ihre Intelligenz überzeugen. Vor allem die vier Entführer stellen sich oft sehr dämlich an. So zeigen sie sich unmaskiert ihrem Opfer, verraten ihm sofort ihre Namen und, was dann die logische Konsequenz wäre, wollen ihn nicht töten.
Heute ist ein Film wie „Criminal Activities“ Direct-to-DVD-Futter oder etwas, das man sich spätabends im Fernsehen ansieht. Im Kino wirkt der Film dagegen arg deplatziert.
Criminal Activities (Criminal Activities, USA 2015)
Regie: Jackie Earle Haley
Drehbuch: Robert Lowell
mit Michael Pitt, Dan Stevens, Christopher Abbott, Rob Brown, Edi Gathegi, Jackie Earle Haley, John Travolta
Das Warten hat sich gelohnt. Jedenfalls für Fans von Lawrence Block und seiner Serie um Privatdetektiv Matt Scudder, die schon seit einer Ewigkeit auf eine zweite Scudder-Verfilmung warteten. Die erste war 1986 „8 Millionen Wege zu sterben“. Jeff Bridges spielte Scudder. Oliver Stone war einer der Drehbuchautoren, dem das Ergebnis nicht gefiel, und Hal Ashby führte Regie indem er die Schauspieler improvisieren ließ. Es war sein letzter Spielfilm. Davor drehte er Klassiker wie „Harold und Maude“, „Coming home – Sie kehren heim“ und „Willkommen, Mr. Chance“. Tolle Filme, aber Dramen, bei denen die Charaktere im Mittelpunkt stehen und der Plot Nebensache ist. Aber diese Plotvergessenheit war nicht das größte Problem von „8 Millionen Wege zu sterben“. Die Geschichte wurde von New York, vulgo Manhattan, nach Los Angeles verlegt. Von einer Stadt, in der man ohne Auto leben kann, in eine Stadt, in der man ohne Auto nicht leben kann. So wurde aus einem Charakter, der untrennbar mit seiner Stadt verbunden ist, ein Heimatloser; weshalb diese Scudder-Verfilmung als Romanverfilmung nicht besonders beliebt ist. Seitdem war eine zweite Scudder-Verfilmung im Gespräch. Immerhin sind die siebzehn zwischen 1976 und 2011 erschienen Scudder-Romane, in denen der Ich-Erzähler Matt Scudder in Echtzeit altert, bei Krimifans beliebt und die Romane erhielten auch alle wichtigen Krimipreise. Teilweise mehrfach. „A Walk among the Tombstones“ war der auserwählte Roman. In den vergangenen Jahren fanden immer wieder Gespräche statt. Unter anderem war Harrison Ford als Matt Scudder im Gespräch, aber vor dem Drehbeginn wurde das Projekt immer wieder gestoppt. „Die Scudder-Verfilmung kommt.“ war unter Lawrence-Block-Fans ein Running Gag, bis jetzt Scott Frank, der auch die Bücher für die grandiosen Elmore-Leonard-Verfilmungen „Get Shorty“ und „Out of Sight“ schrieb und mit „Die Regeln der Gewalt“ (The Lookout) ein gelungenes Regiedebüt gab, mit Liam Neeson, der seit einigen Jahren als Action-Star ein neues Publikum eroberte und der jetzt Matt Scudder verkörpert, endlich die langerwartete Verfilmung von „A Walk among the Tombstones“ gelang, die jetzt bei uns als „Ruhet in Frieden“ (nicht gerade der beste Titel) in die Kinos kommt. Scudder ist ein Ex-NYPD-Cop, ein trockener Alkoholiker, der seinen Dienst quittierte, nachdem er betrunken ein Kind erschoss. Naja, nicht direkt erschoss. Es war ein Querschläger, der die siebenjährige Estrellita Rivera tötete, während er die beiden Räuber verfolgte, einen verletzte und den anderen erschoss. Scudder wurde dafür belobigt und während es in den Romanen lange dauerte, bis Scudder sich eingestand, ein Alkoholiker zu sein, und er lange mit seiner Sucht und den Rückfällen kämpfte, während er Treffen der Anonymen Alkoholiker besuchte, geht das im Film schneller. Acht Jahre später, 1999, lebt er ein unauffälliges Leben in Manhattan, besucht AA-Treffen und erweist Menschen Gefälligkeiten. Er ist ein Privatdetektiv ohne Lizenz. Jetzt wird er von einem AA-Mitglied gebeten, dessen Bruder Kenny Kristo (im Roman Kenan Khoury) zu besuchen und ihm bei einem Problem zu helfen. Kennys Frau wurde entführt und bestialisch ermordet. Kenny will die Mörder finden und töten. Schon mit diesem Rachewunsch könnte Kenny keine Hilfe von der Polizei erwarten. Es gibt aber noch einen weiteren Grund: Kenny ist ein Drogendealer; einer der unauffällig lebt, wohlhabend ist und mit wenigen Drogenimporten innerhalb eines Jahres seinen Lebensstandard sichert. Er sieht sich als Importeur einer x-beliebigen Ware. Scudder übernimmt den Auftrag. Bei seiner Suche entdeckt er mehrere ähnlich Fälle: jemand scheint die Frauen und Kinder von Drogenhändler zu entführen, ein Lösegeld zu erpressen und dann seine Opfer bestialisch umzubringen. Scott Frank aktualisierte für den Film den schon 1992 erschienenen Roman etwas, indem er die Geschichte in die späten Neunziger verlegte. Er lässt, wie im Roman, den jugendlichen Computerexperten TJ, ein Straßenkind, mit dem Matt Scudder sich befreundet, auftreten. TJ hilft Scudder mit seinen Computerkenntnissen. Matts Freundin Elaine Mardell, eine Prostituierte, die ihr Geld klug investierte, und Mick Ballou, ein mit Matt befreundeter irischer Gangsterboss, fehlen. Doch auch ohne diese den Fans der Romanen vertrauten Charaktere bleibt Scott Frank dem Geist der Romanvorlage treu. „Ruhet in Frieden“ ist ein melancholischer Noir-Privatdetektiv-Krimi, bei dem die Atmosphäre, die Charaktere und moralische Fragen im Mittelpunkt stehen, ohne explizit angesprochen zu werden. Denn Scudders Auftraggeber ist ein Verbrecher. Die anderen Opfer ebenso. Es geht um Selbstjustiz, aber auch ausgleichende Gerechtigkeit. Das führt dazu, dass zunehmend die sattsam bekannten Grenzen zwischen Gut und Böse zu einem einzigen Graubereich verschwimmen.
Beim zweiten Ansehen fällt auf, wie zügig und ruhig Scott Frank in den ersten Minuten alle wichtigen Charaktere etabliert und er jede Schwarz-Weiß-Malerei vermeidet. So hat Matt Scudder in der ersten Minute einen Auftritt in bester Dirty-Harry-Manier. Aber er ist betrunken. Bei seinem ersten Treffen mit Kenny Kristo sagt er, dass für ihn die Korruption in der Polizei kein Problem war. Sie habe es ihm ermöglicht, seine Familie zu ernähren. Kurz darauf nimmt er den Auftrag an. In diesem Moment läuft der Film noch keine zwanzig Minuten.
Und Liam Neeson kann endlich wieder als Schauspieler in einem Kriminalfilm, Abteilung Privatdetektiv-Krimi, ohne übertriebenen Action-Bohei und Sekundenschnitten überzeugen.
Das Bonusmaterial besteht aus den informativen Featurettes „Ein Blick hinter die Kulissen“ und „Privatdetektiv Matt Scudder“ (in dem auch Lawrrence Block zu Wort kommt) und Interviews mit den Schauspielern Liam Neeson, Dan Stevens, David Harbour, Boyd Holbrook, den Produzenten Michael Shamberg, Stacey Sher und Tobin Armbrust und Regisseur Scott Frank. Das längste Interview ist mit Liam Neeson, weil es auch aus einem vor der Premiere in Berlin aufgenommenen Interview besteht. Dieses Interview könnte exclusiv auf der deutschen DVD sein. Die anderen Interviews sind Rohmaterial für die beiden Featurettes.
P. S.: Natürlich ist der Roman lesenswert. Wie alle Bücher von Lawrence Block.
Ruhet in Frieden – A Walk among the Tombstones (A Walk among the Tombstones, USA 2014)
Regie: Scott Frank
Drehbuch: Scott Frank
LV: Lawrence Block: A Walk among the Tombstones, 1992 (Endstation Friedhof, Ruhet in Frieden)
mit Liam Neeson, Dan Stevens, Boyd Holbrook, Brian ‘Astro’ Bradley, Ólafur Darri Ólafson, David Harbour, Adam David Thompson
– DVD
Universum Film
Bild: 2,35:1 (16:9 anamorph)
Ton: Deutsch, Englisch (DD 5.1)
Untertitel: Deutsch, Deutsch und Englisch für Hörgeschädigte
Bonusmaterial (48 Minuten): Featurettes, Interviews mit Cast & Crew, Deutscher und Originaltrailer, Wendecover
Länge: 110 Minuten
FSK: ab 16 Jahre
–
Das Warten hat sich gelohnt. Jedenfalls für Fans von Lawrence Block und seiner Serie um Privatdetektiv Matt Scudder, die schon seit einer Ewigkeit auf eine zweite Scudder-Verfilmung warteten. Die erste war 1986 „8 Millionen Wege zu sterben“. Jeff Bridges spielte Scudder. Oliver Stone war einer der Drehbuchautoren, dem das Ergebnis nicht gefiel, und Hal Ashby führte Regie indem er die Schauspieler improvisieren ließ. Es war sein letzter Spielfilm. Davor drehte er Klassiker wie „Harold und Maude“, „Coming home – Sie kehren heim“ und „Willkommen, Mr. Chance“. Tolle Filme, aber Dramen, bei denen die Charaktere im Mittelpunkt stehen und der Plot Nebensache ist. Aber diese Plotvergessenheit war nicht das größte Problem von „8 Millionen Wege zu sterben“. Die Geschichte wurde von New York, vulgo Manhattan, nach Los Angeles verlegt. Von einer Stadt, in der man ohne Auto leben kann, in eine Stadt, in der man ohne Auto nicht leben kann. So wurde aus einem Charakter, der untrennbar mit seiner Stadt verbunden ist, ein Heimatloser; weshalb diese Scudder-Verfilmung als Romanverfilmung nicht besonders beliebt ist.
Seitdem war eine zweite Scudder-Verfilmung im Gespräch. Immerhin sind die siebzehn zwischen 1976 und 2011 erschienen Scudder-Romane, in denen der Ich-Erzähler Matt Scudder in Echtzeit altert, bei Krimifans beliebt und die Romane erhielten auch alle wichtigen Krimipreise. Teilweise mehrfach.
„A Walk among the Tombstones“ war der auserwählte Roman. In den vergangenen Jahren fanden immer wieder Gespräche statt. Unter anderem war Harrison Ford als Matt Scudder im Gespräch, aber vor dem Drehbeginn wurde das Projekt immer wieder gestoppt. „Die Scudder-Verfilmung kommt.“ war unter Lawrence-Block-Fans ein Running Gag, bis jetzt Scott Frank, der auch die Bücher für die grandiosen Elmore-Leonard-Verfilmungen „Get Shorty“ und „Out of Sight“ schrieb und mit „Die Regeln der Gewalt“ (The Lookout) ein gelungenes Regiedebüt gab, mit Liam Neeson, der seit einigen Jahren als Action-Star ein neues Publikum eroberte und der jetzt Matt Scudder verkörpert, endlich die langerwartete Verfilmung von „A Walk among the Tombstones“ gelang, die jetzt bei uns als „Ruhet in Frieden“ (nicht gerade der beste Titel) in die Kinos kommt.
Scudder ist ein Ex-NYPD-Cop, ein trockener Alkoholiker, der seinen Dienst quittierte, nachdem er betrunken ein Kind erschoss. Naja, nicht direkt erschoss. Es war ein Querschläger, der die siebenjährige Estrellita Rivera tötete, während er die beiden Räuber verfolgte, einen verletzte und den anderen erschoss. Scudder wurde dafür belobigt und während es in den Romanen lange dauerte, bis Scudder sich eingestand, ein Alkoholiker zu sein, und er lange mit seiner Sucht und den Rückfällen kämpfte, während er Treffen der Anonymen Alkoholiker besuchte, geht das im Film schneller.
Acht Jahre später, 1999, lebt er ein unauffälliges Leben in Manhattan, besucht AA-Treffen und erweist Menschen Gefälligkeiten. Er ist ein Privatdetektiv ohne Lizenz. Jetzt wird er von einem AA-Mitglied gebeten, dessen Bruder Kenny Kristo (im Roman Kenan Khoury) zu besuchen und ihm bei einem Problem zu helfen. Kennys Frau wurde entführt und bestialisch ermordet. Kenny will die Mörder finden und töten. Schon mit diesem Rachewunsch könnte Kenny keine Hilfe von der Polizei erwarten. Es gibt aber noch einen weiteren Grund: Kenny ist ein Drogendealer; einer der unauffällig lebt, wohlhabend ist und mit wenigen Drogenimporten innerhalb eines Jahres seinen Lebensstandard sichert. Er sieht sich als Importeur einer x-beliebigen Ware.
Scudder übernimmt den Auftrag. Bei seiner Suche entdeckt er mehrere ähnlich Fälle: jemand scheint die Frauen und Kinder von Drogenhändler zu entführen, ein Lösegeld zu erpressen und dann seine Opfer bestialisch umzubringen.
Scott Frank aktualisierte für den Film den schon 1992 erschienenen Roman etwas, indem er die Geschichte in die späten Neunziger verlegte. Er lässt, wie im Roman, den jugendlichen Computerexperten TJ, ein Straßenkind, mit dem Matt Scudder sich befreundet, auftreten. TJ hilft Scudder mit seinen Computerkenntnissen. Matts Freundin Elaine Mardell, eine Prostituierte, die ihr Geld klug investierte, und Mick Ballou, ein mit Matt befreundeter irischer Gangsterboss, fehlen. Doch auch ohne diese den Fans der Romanen vertrauten Charaktere bleibt Scott Frank dem Geist der Romanvorlage treu.
„Ruhet in Frieden“ ist ein melancholischer Noir-Privatdetektiv-Krimi, bei dem die Atmosphäre, die Charaktere und moralische Fragen im Mittelpunkt stehen, ohne explizit angesprochen zu werden. Denn Scudders Auftraggeber ist ein Verbrecher. Die anderen Opfer ebenso. Es geht um Selbstjustiz, aber auch ausgleichende Gerechtigkeit. Das führt dazu, dass zunehmend die sattsam bekannten Grenzen zwischen Gut und Böse zu einem einzigen Graubereich verschwimmen.