Neu im Kino/Filmkritik: „Blood & Sinners“ – Schwarzes Leben und Sterben in Mississippi 1932

April 17, 2025

Uh, das wird jetzt etwas schwierig. Plakat, Trailer und Synopse verraten wenig, die Gerüchteküche schon mehr und ich frage mich, was ich verraten möchte. Denn ein großer Teil des Vergnügens ist dieses Nichtwissen. Die einfachste Möglichkeit mit dem Problem umzugehen, ist eine geteilte Kritik: vor dem Trailer im Text allgemein über den Film, nach dem Trailer mit Spoilern.

Also: „Blood & Sinners“ ist der neue Film von Ryan Coogler. Wie bei seinen vorherigen Filmen „Nächster Halt: Fruitvale Station“, „Creed“ und den beiden „Black Panther“-Filmen spielt Michael B. Jordan. Wieder die Hauptrolle. Er spielt überzeugend und ohne es jemals wie einen Gimmick wirken zu lassen (wie Robert De Niro in „The Alto Knights“) in einer Doppelrolle die Zwillinge Smoke und Stack. Die vergangenen sieben Jahre lebten sie in Chicago. Was sie genau taten, bleibt wie bei dem Großen Gatsby, unklar. Jetzt, 1932, kehren sie in in ihre alte Heimat Clarksdale, Mississippi, zurück. Es ist eine dieser Gegenden, in der Bluesmusiker an einsam gelegenen Kreuzungen den Teufel treffen und mit ihm Geschäfte machen. Die Zwillinge wollen einen Juke Joint eröffnen. Die Eröffnungsnacht soll eine Nacht werden, die sie und die hoffentlich zahlreich erscheinenden Gäste nicht vergessen. Wenige Stunden später ist die Hütte voll und sie kämpfen um ihr Leben.

Blood & Sinners“ badet im Blues, vor allem dem damals dort gespielten Country Blues, und der afromarikanischen Kultur. Coogler schöpft aus dem Vollen und legt dann, wie ein guter Prediger, noch eine Schippe drauf.

Die Story selbst, – nun, sie hat wenige Wendungen und Überraschungen, aber sie malt jedes Detail detailfreudig aus.

Das Ergebnis ist unbedingt sehenswert. „Blood & Sinners“ ist in jedem Fall einer von Ryan Cooglers besten, möglicherweise sogar sein bester Film. Es ist ein Film mit einer klaren künstlerischen Handschrift und einer Vision, die kompromisslos durchgezogen wurde.

Außerdem sollte man, wie bei einem Marvel-Film, unbedingt sitzen bleiben bis das Saallicht angeht und der Film wirklich vorbei ist. Im Gegensatz zu den zunehmend beliebig und vollkommen uninteressant werdenden Mid- und Post-Credit-Szenen der Superheldenfilme ist hier jede Szene wichtig.

So, und jetzt kommen wir zu dem Teil meiner Kritik, in dem es Spoiler gibt.

Coogler erzählt nach seinem Drehbuch eine Südstaatenhorrorgeschichte.

In der ersten Filmminute stolpert ‚Preacher Boy‘ Sammie, krampfhaft den Hals einer zerstörten Gitarre festhaltend, in den Gottesdienst einer dieser kleinen ländlichen Kirchen. Sein Vater, der Prediger, fordert ihn zum Beten auf. Preacher Boy hat Flashbacks. In diesen Flashbacks deutet Coogler schlimme, in dem Moment nicht identifizierbare Ereignisse an. Dann springt die Filmgeschichte einen Tag zurück. Die aus Chicago kommenden Zwillinge Smoke und Stack kaufen von einem Weißen eine geräumige Scheune, die sie innerhalb weniger Stunden zu einem Lokal herrichten wollen. Den Schnaps haben sie schon. Die anderen Dinge, wie Musiker, Bedienungen, Türsteher und Schilder, besorgen sie innerhalb weniger Stunden. Coogler zeigt dies ausführlich. Es sind Minuten, in denen wir die Figuren kennen lernen und erfahren, wie das Leben im ländlichen Mississippi funktioniert.

Auch die anschließende Eröffnungsnacht in dem Juke Joint der Zwillinge zeigt Coogler ausführlich. Anfangs ist es eine normale Feier mit Alkohol, Blues, Sex, schwitzenden Körpern und überbordenden Emotionen. Personal und Gäste sind Schwarze und einige wenige Asiaten. Die Trennung der Rassen bestimmte damals in den Südstaaten das Leben noch mehr als heute.

Als ziemlich spät in der Filmgeschichte eine Gruppe Weißer anklopft und gerne in das Lokal hineingebeten würde, ist Ärger vorprogrammiert. In dem Moment wissen wir schon aufgrund einer vorherigen Szene, dass diese Weißen Vampire sind. Weiße Vampire, die Folk Music, also Weiße Musik, spielen, und die die Schwarzen aussaugen wollen. Das ist ein ebenso einfaches wie aussagekräftiges Bild für die Situation in den USA.

Sicher, später verwischt Coogler etwas die Grenzen. Dann wird der Juke Joint auch von zu Vampiren gewordenen Schwarzen angegriffen. Und die in der Hütte eingeschlossenen wehren sich mit brachialer Gewalt. Blut spritzt. Gedärme liegen auf dem Boden neben zerfetzten Leichen. Da werden Erinnerungen an „John Carpenters Vampire“ wach. Wobei hier die Vampire und andere Bösewichter in der Black-Power-Variante (bevor es Black Power gab) bekämpft werden.

Blood & Sinners“ ist, mit etwas Quentin Tarantino, ein überaus gelungener Beitrag zur afroamerikanischen Mythenbildung.

Schade ist, dass die Mitglieder des Mississippi-Choctaw-Indianerstammes nur einen, rein expositorischen Auftritt haben. Von ihnen hätte ich gerne mehr gesehen. Vielleicht in einem zweiten Film.

P. S.: Wer nach „Blood & Sinners“ die früheren Werke von Ryan Coogler sehen möchte, kann dies während der Ostertage tun:

Pro7 zeigt am Samstag, den 19. April, um 20.15 Uhr „Black Panther“; Wiederholung am Montag, den 21. April, um 9.10 Uhr.

Sat 1 zeigt am Montag, den 21. April, um 00.40 Uhr (Taggenau!) „Creed – Rocky’s Legacy“; Wiederholung am Dienstag, den 22. April, um 03.20 Uhr (Taggenau!)

Pro7 zeigt am Montag, den 21. April, um 20.15 Uhr, als TV-Premiere, „Black Panther: Wakanda forever“; Wiederholung am Freitag, den 25. April, um 22.25 Uhr.

Blood & Sinners (Sinners, USA 2025)

Regie: Ryan Coogler

Drehbuch: Ryan Coogler

mit Michael B. Jordan, Hailee Steinfeld, Miles Caton, Jack O’Connell, Wunmi Mosaku, Jayme Lawson, Omar Miller, Li Jun Li, Delroy Lindo, Buddy Guy (erst im Abspann – und das ist ein Grund, sich den Abspann anzusehen)

Länge: 138 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „Blood & Sinners“

Metacritic über „Blood & Sinners“

Rotten Tomatoes über „Blood & Sinners“

Wikipedia über „Blood & Sinners“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Ryan Cooglers „Creed“ (Creed, USA 2015)

Meine Besprechung von Ryan Cooglers „Black Panther“ (Black Panther, USA 2018)

Meine Besprechung von Ryan Cooglers „Black Panther: Wakanda forever“ (Black Panther: Wakanda forever, USA 2022)


Neu im Kino/Filmkritik: MCU # 34: „Deadpool & Wolverine“

Juli 24, 2024

Der am meisten erwartete Film des Jahres, der einzige Marvel-Film des Jahres und der Film, der das Marvel Cinematic Universe (MCU) retten soll. Denn nach dem Ende der enorm erfolgreichen 23 Kinofilme umfassenden Infinity-Saga, die 2019 endete, strauchelt Marvel. Viele seit Jahren bei den Fans beliebte Figuren wurden damals in den Ruhestand verabschiedet. Seitdem wurden viele neue Figuren, Gruppen und Welten eingeführt. Überzeugend war kaum einer der Filme und, auch wenn wir jetzt schon mehrere Filme und Streaming-Serien in der „Multiverse-Saga“ sind, wissen wir nach zehn Kinofilmen nur, dass es mehrere Universen (vulgo Multiverse) gibt und dass dieser erzählerische, aus den Marvel-Comics bekannte Kniff im MCU der beherzte Schritt in die absolute erzählerische Beliebigkeit war. Wenn bei den Fans etwas nicht funktioniert, wird es einfach im nächsten Film ignoriert und wenn der Drehbuchautor schlampt, wird einfach das Etikett „Multiverse“ draufgeklebt und alles ist in Ordnung.

Das soll jetzt mit dem dritten „Deadpool“-Film, der auch der erste „Deadpool“-Film im MCU ist, anders werden. Die ersten beiden „Deadpool“-Filme „Deadpool“ (2016, Regie: Tim Miller) und „Deadpool 2“ (2018, Regie: David Leitch) gehörten zum „X-Men“-Franchise. Gespielt wurde „Deadpool“ Wade Wilson, der Söldner mit der großen Klappe, immer von Ryan Reynolds. Wilson verfügt nach einem Experiment über wahnsinnig schnelle Selbstheilungskräfte. Und er ist seitdem so verunstaltet, dass er es vorzieht, in einem Ganzkörperkostüm herumzulaufen. Er ist ein unzuverlässiger, selbstironischer Erzähler, der immer wieder das Publikum direkt anspricht und über aktuelle Filme, andere Superhelden und was ihm so gerade einfällt, kalauert und oft ziemlich vulgär scherzt. Das war in den Comics neu, wurde von den Lesern gut angenommen und für die Filme nicht verändert. Deshalb erhielten die ersten beiden „Deadpool“-Filme in den USA ein R-Rating. Dort dürfen Unter-Siebzehnjährige sich die Filme nur in Begleitung eines Erwachsenen ansehen. Die Filme waren Kassenhits und auch der dritte „Deadpool“-Film sollte diese Freigabe erhalten. Das gelang den Machern. „Deadpool & Wolverine“ erhielt das von den Machern gewünschte R-Rating. In Deutschland ist er, wie die ersten beiden „Deadpool“-Filme, ab 16 Jahre freigegeben.

In dem neuesten „Deadpool“-Film, inszeniert von Shawn Levy („Real Steel“, „Free Guy“) hat Wade Wilson sich als Deadpool zur Ruhe gesetzt. Er lebt ein ruhiges, bürgerliches Leben, bis ihm Mr. Paradox (Matthew Macfadyen) von der Time Variance Authority (TVA) eröffnet, dass aufgrund bestimmter Ereignisse seine Welt bald stirbt. Wilson will das nicht akzeptieren. Er macht sich auf die Suche nach „Wolverine“ Logan (Hugh Jackman), einem quasi unsterblichem Mutanten mit ausfahrbaren, extrem tödlichen Stahlklingen. Eigentlich, also für uns hier auf der Erde-Erde, ist er 2017 in dem grandiosen Abschiedsfilm „Logan“ gestorben. Wolverine-Darsteller Jackman wollte sich nach siebzehn Jahren im X-Men-Universum anderen Projekten widmen. An diesem Filmtod ändert sich auch in „Deadpool & Wolverine“ nichts. Dafür buddelt Deadpool sogar die Leiche von Wolverine aus und unterhält sich mit Logans Skelett.

Aber im Multiverse gibt es genug andere Logans. Wilson muss nur die Welt mit dem für seine Zwecke richtigen Logan finden. Gedacht, getan und, nach langer Suche, gefunden. Gemeinsam, wenn sie sich nicht gerade verprügeln, erschießen und erstechen, was bei zwei Unsterblichen nicht so wahnsinnig zielführend ist, machen sie sich in verschiedenen Welten auf die Suche. In einer Wüstenwelt treffen sie auf Cassandra Nova (Emma Corrin), die telekinetisch und telepathisch begabte Zwillingsschwester von Charles Xavier, dem Gründer der X-Men. Neben Mr. Paradox ist sie – ich zögere sie Bösewichtin zu nennen – die zweite Antagonistin des Films.

Deadpool“ war vor acht Jahren an der Kinokasse ein Überraschungserfolg. Im zweiten und dritten Film und in zahlreichen weiteren Auftritten wurde seitdem das Erfolgsrezept des ersten Films perfektioniert.

Und so bekommen die Fans von Deadpool und Wolverine, der hier sehr in Richtung selbstmitleidige Witzfigur geht, genau das, was sie erwarten, wünschen und in den kommenden Tagen und Wochen begeistert abfeiern werden.

Bei allen anderen ist „Deadpool & Wolverine“ dann eher wie die zehnte Platte einer erfolgreichen Band. Die erste Platte war genial, grandios, bahnbrechend und, wider alle Erwartungen, ein Riesenerfolg. Seitdem wird das Erbe verwaltet mit weiteren Platten, die sich kaum von dem erfolgreichen Debüt unterscheiden. Das ist auch in der neuesten Auflage des alten Rezepts nicht unbedingt schlecht, aber nie auch nur im Ansatz innovativ. Stattdessen gefallen die Macher sich in der Pflege der eigenen Legende. Es gibt zahlreiche Gastauftritte, Selbstzitate, wozu auch Bilder aus früheren Filmen mit Deadpool und Wolverine gehören, Witzeleien über Superheldenfilme, während und vor allem im Finale des Films vielen Deadpools und dem herzigen Hund Dogpool, der gefühlt mehr Leinwandzeit als die beiden Antagonisten des Films hat. Das ist das, was die Herzen der Fans entzückt, während alle anderen ernüchtert feststellen, dass der erste „Deadpool“-Film ungleich besser war.

Auch wenn Deadpool jetzt zum MCU gehört, hat er eigentlich nichts mit den anderen MCU-Filmen zu tun. „Deadpool & Wolverine“ bringt die sowieso still stehende Multiverse-Saga in keinster Weise voran. Er blödelt ein wenig über das Multiverse. Für die Fans von Marvel-Filmen, wozu in diesem Fall ausdrücklich auch Marvel-Filme gehören, die nicht zum MCU gehören, gibt es in dem dritten „Deadpool“-Film viele Anspielungen und Gastauftritte, bei denen oft unklar ist, wie sehr diese Gastauftritte ein Insider-Gag, eine Fortführung einer irgendwann früher begonnenen Geschichte oder eine mehr oder weniger konkrete Vorbereitung für einen neuen Superheldenfilm sind.

Im Abspann werden, sentimentale Gefühle bedienend, Szenen aus den „X-Men“-Filmen und den Dreharbeiten für diese Filme gezeigt. Nach dem Abspann gibt es dann noch eine Szene, die sich mit einem Detail aus „Deadpool & Wolverine“ beschäftigt.

Deadpool & Wolverine (Deadpool & Wolverine, USA 2024)

Regie: Shawn Levy

Drehbuch: Ryan Reynolds, Rhett Reese, Paul Wernick, Zeb Wells, Shawn Levy

LV: Charaktere von Rob Liefeld und Fabian Nicieza

mit Ryan Reynolds, Hugh Jackman, Emma Corrin, Matthew Macfadyen, Morena Baccarin, Rob Delaney, Leslie Uggams, Karan Soni, Jon Favreau, Brianna Hildebrand, Jennifer Garner, Chris Evans, Aaron Stanford, Tyler Mane, Dafne Keen, Wunmi Mosaku

Länge: 128 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

alternativer Titel: Deadpool 3

Hinweise

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „Deadpool & Wolverine“

Metacritic über „Deadpool & Wolverine“

Rotten Tomatoes über „Deadpool & Wolverine“

Wikipedia über Deadpool  und über „Deadpool & Wolverine“ (deutsch, englisch)

zu Deadpool-Comics

Meine Besprechung von Victor Gischler (Autor)/Bong Dazo (Zeichner): Deadpool – Der Söldner mit der großen Klappe: Kopfsprung (Band 1 von 2) (Deadpool: Merc with a Mouth 1 – 6: Headtrip, 2009/2010)

Meine Besprechung von Victor Gischler (Autor)/Bong Dazo (Zeichner)/Kyle Baker (Zeichner): Deadpool – Der Söldner mit der großen Klappe (Band 2 von 2) (Deadpool: Merc with a Mouth 7: Are you there? It’s me, Deadpool; Deadpool: Marc with a Mouth 8 – 15: Next Stop: Zombieville, 2010)

Meine Besprechung von Daniel Way (Autor)/ Shawn Crystal (Zeichner)/Paco Medina (Zeichner): Deadpool 1 (Deadpool 13/14: Wave of Mutilation; Deadpool 15: Want you to want me, Part 1: The complete idiot’s guide to metaphers, 2009)

Meine Besprechung von Duane Swierczynski (Autor)/Jason Pearson (Zeichner): Deadpool: Weiber, Wummen & Wade Wilson! (Sonderband 1) (Deadpool: Wade Wilson’s War, Vol. 1 – 4, 2010)

Meine Besprechung von Victor Gischler (Autor)/Rob Liefeld/Whilce Portacio/Philip Bond/Paco Medina/Kyle Baker (Zeichner) „Deadpool Corps (Deadpool Sonderband 2)“(Prelude to Deadpool Corps, Vol. 1 – 5, März 2010)

Meine Besprechung von Victor Gischler (Autor)/Rob Liefeld/Marat Mychaels (Zeichner) “Deadpool Corps 2 (Deadpool Sonderband 3)” (Deadpool Corps 1 – 6, Juni 2010 – November 2010)

Meine Besprechung von Victor Gischler (Autor)Rob Liefeld/Marat Mychaels (Zeichner) “Deadpool Corps 3: You say you want a Revolution (Deadpool Sonderband 4)” (Deadpool Corps 7 – 12: You say you want a Revolution (Part 1 – Part 6), Dezember 2010 – Mai 2011)

Meine Besprechung von Duane Swierczynski (Autor)/Leandro Fernandez (Zeichner): Deadpool: Das Film-Special (X-Men Origins: Deadpool: The Major Motion Picture, 2010)

Meine Besprechung von Cullen Bunn/Ramon Rosanas „Night of the Living Deadpool“ (Night of the Living Deadpool # 1 – 4, März 2014 – Mai 2014)

Meine Besprechung von Cullen Bunn/Nik Virellas „Return of the Living Deadpool“ (Return of the Living Deadpool # 1 – 4, April 2015 – Juli 2015)

Meine Besprechung von „Deadpool: Greatest Hits – Die Deadpool-Anthologie“ (2016, Sammelband mit vielen Deadpool-Geschichten)

Meine Besprechung von Mike Benson/Adam Glass/Laurence Campbells „Deadpool Pulp“ (Deadpool Pulp 1 – 4, 2010/2011)

Meine Besprechung von Christopher Hastings/Salva Espins „Geheimagent Deadpool“ (Secret Agent Deadpool (2018) # 1 – 6, September – November 2018)

zu den Filmen

Meine Besprechung von Tim Millers „Deadpool“ (Deadpool, USA 2016)

Meine Besprehung von David Leitchs „Deadpool 2“ (Deadpool 2, USA 2018)

zu Wolverine (Comics und Filme)

Meine Besprechung von Jason Starrs „Wolverine MAX: Der Beschützer“ (Wolverine MAX – Volume Two, 2013)

Meine Besprechung von Jason Starrs „Wolverine MAX: : Logan Extrem“ (Wolverine MAX 11 – 15: Extreme Logan, Chapter 1 – 5, 2013/2014)

Meine Besprechung von Mark Millar (Autor)/Steve McNivens (Zeichner) „Wolverine: Old Man Logan“ (Old Man Logan, 2008/2009)

Meine Besprechung von Ed Brisson/Mike Deodato Jr. „Old Man Logan: Maestros Rache (Band 6)“ (Days of Anger, Part 1 – 6, Old Man Logan [2016] # 25 – 30, August 2017 – Januar 2018)

Meine Besprechung von Ed Brisson/Mike Deodato Jr. „Old Man Logan: Mond über Madripoor (Band 7)“ (Scarlett Samurai, Part 1 – 3, Old Man Logan [2016] # 31 – 33, Januar – März 2018; Moon over Madripoor, Part 1 – 2, Old Man Logan [2016], # 34 – 35, März – April 2018)

Meine Besprechung von James Mangolds “Wolverine – Weg des Kriegers” (The Wolverine, USA 2013)

Meine Besprechung von James Mangolds „Logan – The Wolverine“ (Logan, USA 2017)

zu Shawn Levy

Meine Besprechung von Shawn Levys „Real Steel“ (Real Steel, USA 2011)

Meine Besprechung von Shawn Levys „Prakti.com“ (The Internship, USA 2013)

Meine Besprechung von Shawn Levys „Sieben verdammt lange Tage“ (This is where I leave you, USA 2014)

Meine Besprechung von Shawn Levys „Free Guy“ (Free Guy, USA 2021)

 


Neu im Kino/Filmkritik: Für Abtreibungen: „Call Jane“

Dezember 2, 2022

2017 stand das Drehbuch für „Call Jane“ auf der Blacklist. Das ist eine Liste der besten Drehbücher, die in Hollywood zirkulieren, aber noch nicht verfilmt sind.

Jetzt kommt die Verfilmung des Buchs in die Kinos. Und nach einem im Juni 2022 erfolgtem Urteil des Supreme Courts ist die in den späten sechziger Jahren spielende Geschichte wieder brennend aktuell.

Joy Griffin (Elizabeth Banks) ist eine typische Vorstadt-Hausfrau, wie wir sie aus US-Filmen und US-TV-Familienserien, die in den Fünfzigern und Sechzigern spielen, kennen. Ihr Mann ist ein in der Kanzlei beliebter Anwalt, dem eine große Karriere prophezeit wird. Sie erledigt den Haushalt. Sie kocht für ihren Mann und ihre langsam erwachsen werdende Tochter jeden Tag ein großes Abendessen. Sie scheint restlos glücklich zu sein. Alles scheint perfekt zu sein.

Als Joy im August 1968 wieder schwanger wird, sagt ihr Arzt ihr, dass sie die Schwangerschaft wegen einer Erkrankung ihres Herzmuskels wahrscheinlich nicht überleben werde. Durch eine Abtreibung könnte ihr Tod verhindert werden. Aber damals war in den USA eine Abtreibung verboten. Ein männlich besetztes Gremium könnte über eine Ausnahme entscheiden. Sie lehnen ab. Auch andere Möglichkeiten schlagen aus verschiedenen Gründen fehl.

Da entdeckt Joy einen Zettel, der über die Arbeit der Janes informiert. Das ist ihr erster Kontakt zu dieser Frauengruppe. Sie sind – was wir im Film langsam erfahren – eine in den USA bekannte, in mehreren Spiel- und Dokumentarfilmen porträtierte Gruppe. 1968 fanden sie als Untergrund-Selbsthilfegruppe zusammen. Sie vermittelten Abtreibungen. Zunächst wurden die Abtreibungen von Ärzten durchgeführt. Später von Mitgliedern der Gruppe. Im Gegensatz zu irgendwelchen Kurpfuschern, die Frauen bei von ihnen vorgenommenen Abtreibungen schwer verletzten und töteten, geschah das bei den Janes nicht. 1973 legalisierte der Supreme Court mit dem Urteil Roe v. Wade die Abtreibung. Das Jane Kollektiv löste sich auf. Ihre Dienste wurden nicht mehr benötigt. Ärzte und Kliniken konnten es seitdem legal tun.

All das weiß Joy nicht, als sie dort anruft und die Abtreibung vornehmen lässt. Danach könnte die Angelegenheit für sie vorbei sein. Aber Virginia (Sigourney Weaver), die Leiterin der Gruppe, ruft sie kurz darauf an. Sie müsse ihnen helfen und eine Frau zu einer Abtreibung fahren. Joy tut es und engagiert sich danach immer stärker in der Gruppe.

Call Jane“ ist ein erstaunlich langweiliger Film über ein wichtiges, hochgradig umstrittenes Thema und über das Jane Kollektiv.

Die Drehbuchautorinnen Hayley Schore udnd Roshan Sethi und Regisseurin Phyllis Nagy (Drehbuch für die tolle Patricia-Highsmith-Verfilmung „Carol“) erzählen eine Geschichte, die sich großzügig bei den Fakten bedient. Letztendlich wird eine erfundene Geschichte erzählt. Der historische Hintergrund bleibt diffus. Die Bedrohungen der Janes durch die Mafia und die Polizei sind nicht existent. Es wirkt, als böten sie eine vor dem Gesetz verbotene, aber allgemein akzeptierte und willkommene Dienstleistung an. Auch in der Gruppe gibt es keine nennenswerten Konflikte. Das gleiche gilt für Joys Familie. Über lange Zeit tolerieren ihr Mann und ihre Tochter klaglos, dass Joy neben dem Haushalt andere Dinge tut. Als sie erfahren, dass sie keinen Malkurs besucht, sondern ohne eine medizinische Ausbildung Abtreibungen vornimmt, haben sie nach einer kurzen Schocksekunde keine Probleme damit. Im Gegenteil.

Auch über Joys Motive, also warum sich eine konservative Vorstadthausfrau in einem feministischem Kollektiv engagiert, Straftaten begeht und so ihr gesamtes bisheriges Leben gefährdet, erfahren wir nichts. Sie tut es, weil es so im Drehbuch steht.

Diese durchgehende Abwesenheit von Konflikten führt dazu, dass die Geschichte über zwei Stunden vor sich hin plätschert und niemals auch nur im Ansatz ihr Potential ausschöpft.

Call Jane (Call Jane, USA 2022)

Regie: Phyllis Nagy

Drehbuch: Hayley Schore, Roshan Sethi

mit Elizabeth Banks, Sigourney Weaver, Chris Messina, Kate Mara, Wunmi Mosaku, Cory Michael Smith, Grace Edwards, Aida Turturro

Länge: 122 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Moviepilot über „Call Jane“

Metacritic über „Call Jane“

Rotten Tomatoes über „Call Jane“

Wikipedia über „Call Jane“ (deutsch, englisch)