Neu im Kino; – schon jetzt, vor der großen Wiedereröffnung: „Freaky“, „Kings of Hollywood“, „No sudden move“, „Proxima – Die Astronautin“, „A quiet place 2“, „Chaos walking“, „Malasaña 32 – Haus des Bösen“

Juni 30, 2021

Langsam kommen die Kinos aus der langen Corona-Pause. In einigen Bundesländern dürfen sie, mit unterschiedlichen Regeln, schon länger öffnen. Auch hier in Berlin ist eine Öffnung möglich. Aber auch hier öffnen die meisten Kinos am 1. Juli, dem von den Verleihern schon länger anvisiertem Kinoneustart.

Dann kommen viele neue Filme in die Kinos. Unter anderem “Conjuring 3: Im Bann des Teufels”, “Godzilla vs. Kong” (auch in 3D und wirklich für die wirklich große Leinwand komponiert), “Monster Hunter” (auch in 3D, aber für nichts komponiert), “Nobody” (nicht John Wick), “Peter Hase 2 – Ein Hase macht sich vom Acker”, “Catweazle” (mit Otto Waalkes) und der Oscar-Gewinner “Nomadland” (Sehbefehl!).

Eine Woche später geht es mit “Black Widow” weiter und schon am 15. Juli läuft “Fast & Furios 9” an. Damit dürften genug Blockbuster, Actionkracher und Horrorfilme in den Kinos laufen, um das jugendliche Publikum wieder in geschlossene, dunkle Räume zu bringen.

Schon vor dem 1. Juli, vor allem diese und vorherige Woche, sind bereits einige Filme neu gestartet, die ich bereits gesehen habe (in einem Fall schon vor einem Jahr, aber ich musste Stillschweigen darüber bewahren) und die ich jetzt kurz besprechen werde. (Naja, das war der Plan, beim Schreiben kam dann doch die Lust mehr über dieser Filme zu schreiben.)

Zu den aktuell neu im Kino laufenden Filmen gehören (alphabetisch sortiert, zuerst die aktuelle Startwoche, dann die Woche davor):

Aufgrund eines uralten Fluchs tauscht der Serienmörder ‚Blissfield Butcher‘ seinen Körper mit Millie Kessler – und schon muss der Mörder damit zurechtkommen, dass er jetzt im Körper einer 17-jährigen Schülerin steckt. Und die Schülerin muss ihre Freunde überzeugen, dass sie nicht der gefürchtete und von allen gesuchte Serienmörder, sondern Millie ist. Und dass sie den Mörder möglichst schnell aufhalten und den Körpertausch innerhalb weniger Stunden rückgängig machen müssen.

Natürlich ist die Idee eines Körpertausches nicht wahnsinnig neu, aber Regisseur Christopher Landon („Happy Deathday“, „Paranormal Activity“) malt sie detailliert aus und geht höchst kreativ mit den Regeln des Slasher-Films um. Insofern hat “Freaky” etwas von einem “’Scream‘ für die zwanziger Jahre”. Nur halt praktisch ohne Meta-Dialoge über die Regeln des Genres. In “Freaky” werden sie angewandt. Mit kleinen Änderungen, wie dass hier die Gewalt durchgehend von Frauen ausgeht, vorehelicher Sex kein Grund zum Sterben ist und Millie und ihre Freunde, die in einem älteren Horrorfilm zu den ersten Opfern gehört hätten, hier die besten Überlebenschancen haben.

Soweit das in einer Welt gesagt werden kann, in der innerhalb der ersten Filmminuten der ‚Blissfield Butcher‘ gleich sechs Menschen – zwei Teenagerpärchen und die wohlhabenden Eltern von einem der Opfer – bestialisch ermordet und er zügig weitermordet. Dann im Körper von Millie (Kathryn Newton), die natürlich niemand für einen furchterregenden Schlachter hält. Verfolgt wird er dann von Millie, die jetzt in seinem Körper steckt. Der gut zwei Meter große Vince Vaughn hatte sichtlich seinen Spaß daran, ein verängstigtes Mädchen zu spielen, das plötzlich viel größer und kräftiger als früher ist.

Das ist, nicht nur am ‚Freitag, den 13.‘, ein Film für die große Leinwand. Nicht wegen der Bilder, sondern weil eine Horrorkomödie mit ihrer Mischung aus Angst und Lachen einfach in der Gruppe besser funktioniert.

Freaky (Freaky, USA 2020)

Regie: Christopher Landon

Drehbuch: Christopher Landon, Michael Kennedy

mit Vince Vaughn, Kathryn Newton, Celeste O’Connor, Misha Osherovich, Katie Finneran, Dana Drori, Uriah Shelton, Alan Ruck

Länge: 102 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

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Rotten Tomaotes über „Freaky“

Wikipedia über „Freaky“ (deutsch, englisch)


 

Nachdem Walter Creason (Zach Braff) zufällig bei Dreharbeiten den Tod des von ihm bewunderten Stars verursacht und der Produzent des Films dafür eine horrend hohe Schadenersatzsumme erhält, hat Creasons Geschäftspartner, der glücklose Hollywood-Filmproduzent Max Barber (Robert De Niro), eine grandiose Idee: bei seinem nächsten Film wird er schon am ersten Drehtag für den Tod des für eine unglaublich hohe Summe versicherten Stars sorgen und so ein Vermögen machen. Geld mit dem er seine Schulden bei dem filmbegeisterten Gangster Reggie Fontaine (Morgan Freeman) bezahlen kann. Barber kann Reggie sogar überzeugen, Geld in seinen neuen Film zu investieren. Als Hauptdarsteller engagiert er den suizidgefährdeten Western-Altstar Duke Montana (Tommy Lee Jones).

Kings of Hollywood”, ein 1974 spielendes Remake von Harry Hurwitz‘ fast unbekannter und ziemlich obskurer Komödie “The Comeback Trail” (USA 1982), gehört zu den Komödien, die sich über Hollywood lustig machen. In diesem Fall auch mit einem Blick auf eine aus heutiger Sicht sehr wilde und unbefangene Zeit, als mit wenig Geld, zwielichtigem Geschäftsgebaren (auf Produzentenseite), Enthusiasmus (wenn es sich um junge Filmfans handelte) und, damals immer gut für Aufmerksamkeit, etwas nackter Haut Filme gedreht wurden. Das sind auch die Filme, die Barber und Creason mit ihrer Produktionsfirma Miracle Motion Pictures auf den Markt werfen.

Und damit ist „Kings of Hollywood“ eine mit viel Hollywood-Nostalgie veredelte Parodie auf das Low-Budget-Filmgeschäft. Da sitzt nicht jeder Gag und die Story plätschert oft vor sich hin. Aber die spielfreudigen Stars machen das wett. Sie erinnern sich wahrscheinlich auch an einige damalige Dreharbeiten und Kinoabende, als das Plakat einen viel aufregenderen Film versprach als dann gezeigt wurde – und man das auch schon vorher ahnte.

Das ist nicht so gelungen, wie „Once upon a Time in Hollywood“ oder „Get Shorty“, aber absolut okay für einen verregneten Sommerabend.

Kings of Hollywood (The Comeback Trail, USA 2020)

Regie: George Gallo

Drehbuch: George Gallo, Josh Posner

mit Robert De Niro, Tommy Lee Jones, Morgan Freeman, Zach Braff, Emile Hirsch, Kate Katzman, Eddie Griffin

Länge: 105 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

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Wikipedia über „Kings of Hollywood“ (deutsch, englisch)

Mit Don Cheadle, Benicio Del Toro, David Harbour, Ray Liotta, Jon Hamm, Brendan Fraser, Amy Seimetz, Kieran Culkin, Noah Jupe, Craig muMs Grant, Frankie Shaw, Bill Duke und Matt Damon ist auch Steven Soderberghs neuer Film, der Noir „No sudden move“ grandios besetzt. Und er dürfte jetzt viel zu sang- und klanglos untergehen.

Die Geschichte spielt 1954 in Detroit. Curt Goynes (Don Cheadle) und einige weitere Kleingangster werden für einen scheinbar kinderleichten Diebstahl engagiert. Der geht dann doch sehr schnell schief und plötzlich sind sie in einer Geschichte, in der, wie in „Der Malteser-Falke“, viele Menschen mit höchst unlauteren Motiven unbedingt ein äußerst wertvolles Dokument haben wollen. Jeder umgebracht werden kann. Und selbstverständlich alle, also die Verbrecher, die Polizisten, die Beklauten, die Auftraggeber, zahlreiche mit den Männern amourös verbandelte Frauen, und damit ungefähr die halbe Autostadt, in meist höchst halbseidenen Beziehungen zueinander stehen, sich betrügen und ermorden.

Drehbuchautor Ed Solomon hat so etwas, allerdings wesentlich humorvoller, schon in den beiden „Now you see me“-Filmen, erzählt.

Hier, in „No sudden move“, stehen alle Zeichen auf Noir mit einer kleinen Prise Coen-Brothers. Für Genrejunkies also ein Fest, das, so meine Befürchtung, viel zu kurz im Kino laufen wird.

Aber vielleicht wird „No sudden move“, wie Soderberghs letzter Detroit-Film, die Elmore-Leonard-Verfilmung „Out of sight“, mit der Zeit ein immer wieder gern gesehener Klassiker. Beim wiederholten Sehen versteht man vielleicht auch die Handlung besser. Oder, um schnell noch einen anderen Noir-Klassiker zu nennen, man lässt sich, wie in „Tote schlafen fest“, einfach durch die Geschichte treiben.

No sudden move (No sudden move, USA 2021

Regie: Steven Soderbergh

Drehbuch: Ed Solomon

mit Don Cheadle, Benicio Del Toro, David Harbour, Ray Liotta, Jon Hamm, Amy Seimetz, Brendan Fraser, Kieran Culkin, Noah Jupe, Craig muMs Grant, Julia Fox, Frankie Shaw, Bill Duke, Matt Damon

Länge: 116 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

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Wikipedia über „No sudden move“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Steven Soderberghs “Girlfriend Experience – Aus dem Leben eines Luxus-Callgirls” (The Girlfriend Experience, USA 2009)

Meine Besprechung von Steven Soderberghs „Contagion“ (Contagion, USA 2011)

Meine Besprechung von Steven Soderberghs „Haywire” (Haywire, USA 2011)

Meine Besprechung von Steven Soderberghs “Magic Mike” (Magic Mike, USA 2012)

Meine Besprechung von Steven Soderberghs „Side Effects – Tödliche Nebenwirkungen“ (Side Effects, USA 2013)

Meine Besprechung von Steven Soderberghs “Liberace – Zu viel des Guten ist wundervoll (Behind the Candelabra, USA 2013)

Meine Besprechung von Steven Soderberghs „Logan Lucky“ (Logan Lucky, USA 2017) und der DVD

Meine Besprechung von Steven Soderberghs „Unsane: Ausgeliefert“ (Unsane, USA 2018)

Steven Soderbergh in der Kriminalakte

Sarah Loreau (Eva Green) erhält die Zusage, dass sie für die einjährige Weltraummission Proxima ausgewählt wurde. Wenn sie die Vorbereitungen für den Flug erfolgreich absolviert, wäre sie die erste Frau, die den Mars erforscht. Damit ginge für sie ein Traum in Erfüllung.

Alice Winocour beschreibt in ihrem neuen Film „Proxima: Die Astronautin“ diese Vorbereitungen auf den Weltraumflug. Zuerst bei der ESA in Köln. Später, in dem einsam gelegenem Ausbildungsstützpunkt Star City in der Nähe von Moskau, lernt sie beim gemeinsamen Training die Männer kennen, die mit ihr in den Weltraum fliegen sollen.

Allerdings hat Sarah ein Problem, das ihre Kollegen nicht haben. Sie ist eine geschiedene Mutter und sie hadert damit, ihre kleine Tochter Stella zurückzulassen.

Damit steht die Frage, wie Sarah sich entscheidet im Mittelpunkt. Also ob sie ihren größten Wunsch, die erste Frau auf dem Mars zu sein, weiter verfolgt oder ob sie bei ihrer Tochter bleibt. Es ist eine Entscheidung, vor der ihre männlichen Kollegen, wie Mike Shanon (Matt Dillon), nicht stehen. Sie lassen ihre Kinder einfach bei ihren Frauen zurück.

Diesen Konflikt dramatisiert Winocour nur in wenigen Szenen. Stattdessen steht das minutiös geschilderte, vor Ort gedrehte Training für den Flug im Vordergrund. Dieses Training wird von wenigen Begegnungen mit ihrer Tochter und ihrem Ex-Mann in Star City und, später, am Raketenstartplatz in Baikonur unterbrochen.

Dann verhält Sarah sich immer wieder erschreckend unprofessionell. Sie bricht Regeln. Sie gefährdet damit ihren Flug und, im schlimmsten Fall, sogar die gesamte Mission. In diesen Momenten wird der Film zu einem fast schon „Herzino“-würdigem Drama über die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Das wäre Neil Armstrong, wie wir in Damien Chazelles Biopic „Aufbruch zum Mond (First Man, USA 2018) gesehen haben, nicht passiert.

Ryūichi Sakamoto schrieb die Musik.

Proxima: Die Astronautin (Proxima, Frankreich/Deutschland 2020)

Regie: Alice Winocour

Drehbuch: Alice Winocour, Jean-Stéphane Bron

mit Eva Green, Lars Eidinger, Matt Dillon, Sandra Hüller, Zélie Boulant-Lemesle, Aleksey Fateev

Länge: 107 Minuten

FSK: ab 6 Jahre

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AlloCiné über „Proxima: Die Astronautin“

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Rotten Tomatoes über „Proxima: Die Astronautin“

Wikipedia über „Proxima: Die Astronautin“ (deutsch, englisch, französisch)

Wir erinnern uns: 2018 kam ein kleiner Sci-Fi-Horrorfilm in die Kinos, der es schaffte, dass es in den Kinos totenstill wurde. Der Film über die Aliens, die schonungslos alles töten, was Geräusche verursacht, und die auf einer Farm lebende Familie Abbott, die versucht zu überleben indem sie still, also wirklich richtig still, ist, war an der Kinokasse ein Überraschungshit.

John Krasinski, der ursprünglich überhaupt nicht an eine Fortsetzung gedacht hat, war dann doch schnell von einer Fortsetzung überzeugt und es soll weitere Filme geben. In den USA, wo „A quiet Place 2“ schon seit einigen Tagen läuft, ist der Film ein Hit. Aktuell sind ein dritter „A quiet Place“-Film von Krasinski, der dann der Abschluss einer Trilogie wäre, und ein Spin-off-Film von Jeff Nichols („Loving“) geplant.

In „A quiet Place 2“, der ursprünglich schon vor über einem Jahr, am 19. März 2020, anlaufen sollte, erzählt Krasinski dann, was vor und nach „A quiet Place“ pasiert. Kurz schildert er wie die Alien-Invasion während eines Baseball-Spiels an einem sonnigen Nachmittag in der Provinz beginnt. Im Mittelpunkt steht hier eine äußerst beeindruckend inszenierte Szene von dem Alien-Angriff. Der längere Teil des Films beschäftigt sich mit den Ereignissen nach dem Tod von Lee Abbott (John Krasinski). Seine Frau Evelyn (Emily Blunt) verlässt mit ihren Kindern Regan (Millicent Simmonds), Marcus (Noah Jupe) und ihrem Baby die Farm. Sie suchen andere Überlebende und einen sicheren Ort.

Damit ist „A quiet Place 2“ eine Reiseerzählung, deren primäres Ziel es ist, seine Figuren von einem Ort zu einem anderen Ort zu bewegen. Das tut er äußerst spannend; – auch wenn die Prämisse eine dieser Prämissen ist, über die nicht zu genau nachgedacht werden sollte und ich Emily Blunt bewunderte, die barfuß durch die Wildnis schleicht. Ich hätte da schon nach fünf Minuten einen wahren Veitstanz aufgeführt – und wäre Alienfutter geworden.

A quiet Place 2 (A Quiet Place: Part II, USA 2021)

Regie: John Krasinski

Drehbuch: John Krasinski

mit Emily Blunt, Millicent Simmonds, Noah Jupe, Cillian Murphy, Wayne Duvall, Djimon Hounsou, John Krasinski

Länge: 97 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

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Moviepilot über „A quiet Place 2“

Metacritic über „A quiet Place 2“

Rotten Tomatoes über „A quiet Place 2“

Wikipedia über „A quiet Place 2“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von John Krasinskis „A quiet Place“ (A quiet Place, USA 2018)

Im Jahr 2257 wird eine Sonde auf den Planeten New World geschickt, zu dem vor einigen Jahren der Kontakt abgebrochen ist. Niemand weiß, was seitdem auf New World passiert ist.

Auf dem Planeten etablierte sich eine Wild-West-Zivilisation mit einigen wenigen modernen Gegenständen und der Besonderheit, dass Männer die Gedanken von anderen Männern, den sogenannten „Lärm“, lesen können. Frauen gibt es nicht mehr. Sie wurden, so wird gesagt, von den einer auf dem Planeten lebenden Alien-Spezies, den Spackle, getötet.

Beim Eintritt in den Orbit wird die Sonde zerstört. Nur Viola (Daisy Ridley) überlebt die Bruchlandung. Sie wird von Todd Hewitt (Tom Holland) entdeckt. Der Junge lebt bei den Farmern Ben und Cillian. Über das Gebiet herrscht Mayor Prentiss, ein typischer Wild-West-Despot. Er nimmt Viola gefangen. Aber sie kann schnell flüchten und gemeinsam mit Todd, der in sie verliebt ist und die Gegend kennt, macht sie sich auf den Weg nach Farbranch. Dabei werden sie von dem Mayor und seinen Schergen gejagt.

Als der Film 2017 gedreht wurde, war er sicher als Start einer weiteren Young-Adult-Dystopie im Fahrwasser der kommerziell sehr erfolgreichen “Tribute von Panem” gedacht. Auch “Chaos Walking” basiert auf einer erfolgreichen, auch ins Deutsche übersetzten Romantrilogie. Patrick Ness hat sie geschrieben.

Mit Doug Liman wurde ein Regisseur gefunden, der mit „Die Bourne Identität“ und „Edge of Tomorrow“ bereits sein Talent für Action und Science-Fiction bewies. Und trotzdem ging genug schief, um einen 15 Millionen teuren Nachdreh mit einem anderen Regisseur zu rechtfertigen. „Don’t Breathe“-Regiseur Fede Álvarez übernahm die Aufgabe. Danach kam es, auch wegen der Coronavirus-Pandemie, zu mehreren Verschiebungen des Starttermins. Inzwischen ist die Zeit der Young-Adult-Filmdystopien vorbei und auch „Chaos Walking“ wird daran nichts ändern.

Limans Science-Fiction-Abenteuerfilm für Jugendliche funktioniert am Besten, wenn man die Geschichte einfach als altbekannte Westerngeschichte goutiert mit weißen Siedlern, einem verbrecherischem Bürgermeister, bösen Angreifern (ob gesichtslose Aliens oder Indianer ist einerlei) und einer Hatz durch die Wildnis. Zuerst zur geheimnisumwitterten Siedlung Farbranch, dann zu einer Sendeanlage, von der aus Viola die Menschen, die sie auf die gefährliche Mission schickten, über die Situation auf New World informieren kann.

Die Spielerei mit den hör- und als Wolke sichtbaren Gedanken, dem ‚Lärm‘, bringt die Geschichte nicht wirklich voran. Stattdessen nervt der banale Gedankenstrom von Todd Hewitt. Meistens wiederholt er immer wieder seinen Namen. So kann er seine wahren Gedanken verbergen. Mal handelt es sich dabei um Violas Versteck, das er dem Mayor und seinen Schergen nicht verraten will. Mal um seine höchst eindeutigen Gedanken gegenüber Viola (Na, was glaubt ihr, an was ein junger Mann denkt, wenn er eine junge, gutaussehende Frau sieht? Mein Name ist…).

Die Welt, in der die Geschichte spielt, ist, wie in anderen Young-Adult-Dystopien, nicht wirklich überzeugend. So wird nie erklärt, warum Raumfahrer und Siedler in der Zukunft schwuppdiwupp in die Wild-West-Vergangenheit (oder noch etwas weiter in die Vergangenheit) zurückfallen. Es wird auch nicht erklärt, warum die Männer so sorglos vor sich hin das Land bestellen. Denn ohne Frauen oder moderne Technik ist ziemlich offensichtlich, wann die Menschheit auf New World ihr Ende findet. Und es wird in einem Satz erklärt, warum vor einigen Jahren die Frauen sterben mussten. Besonders überzeugend ist die Erklärung nicht. Das alles erklärt Patrick Ness vielleicht in den nächsten beiden „Chaos Walking“-Büchern. Im Film wird nichts davon erklärt und auch keines der angesprochenen Themen vertieft. Es geht halt nur darum dass Todd und Viola, beide mit möglichst ausdruckslosem Gesicht, durch die Wälder gehen. Und wir erfahren, dass Viola gut Motorrad fahren kann. Warum wissen wir nicht. Wir wissen am Ende des Films auch nicht, warum sie für diese Mission ausgewählt wurde.

Als Film ist “Chaos Walking” ein weiteres Young-Adult-Franchise, das Dead on arrival ist. Sogar fanatische Daisy-Ridley- und Tom-Holland-Fans dürften enttäuscht sein.

Chaos Walking (Chaos Walking, USA 2021)

Regie: Doug Liman

Drehbuch: Patrick Ness, Christopher Ford

LV: Patrick Ness: The Knife of Never Letting Go, 2008 (New World – Die Flucht)

mit Tom Holland, Daisy Ridley, Mads Mikkelsen, Nick Jonas, Demián Bichir, David Oyelowo, Kurt Sutter, Cynthia Erivo, Bethany Anne Lind

Länge: 109 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

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Rotten Tomatoes über „Chaos Walking“

Wikipedia über „Chaos Walking“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Doug Limans „Edge of Tomorrow“ (Edge of Tomorrow, USA 2014) und der DVD

Meine Besprechung von Doug Limans „Barry Seal – Only in America“ (American Made, USA 2017)

Zum Abschluss meines kleinen Überblicks (Das war der grandios gescheiterte Plan.): ein weiterer Horrorfillm. Dieses Mal aus Spanien und beruhend auf wahren Begenheiten.

1976, in den letzten Tagen der Franco-Diktatur, ziehen die Olmedos aus der Provinz nach Madrid. Die Familie hofft, dass ihnen hier ein Neustart gelingt. Candela, die Mutter der Kinder, und Manolo, ihr Schwager, hoffen, dass ihre Beziehung in der Großstadt besser als auf dem Dorf akzeptiert wird.

Kaum sind sie in die große Wohnung eingezogen, erfahren sie, dass in dem Haus seltsame Dinge vor sich gehen. Es ist, als ob ein Dämon sie töten wolle. Besonders abgesehen hat er es auf Amparo, die fast erwachsene Tochter der Olmedos.

Albert Pintós Horrorfilm „Malasaña 32 – Haus des Bösen“ ist ein weiterer Geisterhorrorfilm, der seine Geschichte gelungen mit einer bestimmten Zeit und einem Ort verknüpft. Franco-Diktatur und Katholizismus mögen hier als Stichworte genügen. Weil Pintó sich mehr auf Suspense als auf Jumpscares konzentriert, entfaltet sich der Schrecken langsam. Die Schreckmomente für ein schreckhaftes Publikum entstehen dann vor allem über die Tonspur.

Malasaña 32 – Haus des Bösen (Malasaña 32, Spanien 2020)

Regie: Albert Pintó

Drehbuch: Ramón Campos, Gema R. Neira, David Orea, Salvador S. Molina

mit Begoña Vargas, Sergio Castellanos, Bea Segura, Concha Velasco, Iván Marcos, María Ballesteros, Javier Botet,Jose Luis de Madariaga

Länge: 105 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

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Rotten Tomatoes über „Malasaña 32 – Haus des Bösen“

Wikipedia über „Malasaña 32 – Haus des Bösen


Neu im Kino/Buch– und Filmkritik: Was gibt es Neues auf dem „Friedhof der Kuscheltiere“?

April 4, 2019

Stephen Kings Horrorroman „Friedhof der Kuscheltiere“ las ich als Teenager innerhalb weniger Tage während der Schule. Heute erinnere ich mich vor allem an die Hauskatze, die, nachdem sie von den Toten wiederauferstanden ist, einige richtig fiese und angsteinflößende Gruselkatze ist und dass immer wieder, mitten in der Nacht, über die im Wald liegende Holzbarriere geklettert wird.

Die Verfilmung von 1989 interessierte mich danach nicht sonderlich. Wie könnte ein Film, der damals von der Kritik nicht gerade euphorisch abgefeiert wurde, den Grusel des Romans toppen?

Irgendwann später sah ich mir die Verfilmung an und fand sie okay.

Jetzt, dreißig Jahre nach Mary Lamberts Verfilmung, für die Stephen King höchstpersönlich das Drehbuch geschrieben und eine kleine Rolle übernommen hatte, gibt es eine neue Verfilmung von Kings Roman, die gelungen eigene Akzente setzt.

Die Geschichte dürfte bekannt sein: Die Familie Creed zieht von der Großstadt nach Ludlow, einer Kleinstadt in Maine. Der Vater, Dr. Louis Creed (Jason Clarke), hat eine Stelle als Arzt im Gesundheitszentrum der Universität angenommen. Bei ihm sind seine Frau Rachel (Amy Seimetz) und ihre beiden Kinder, die achtjährige Tochter Ellie (Jeté Laurence) und ihr zweijähriger Sohn Gage (Hugo und Lucas Lavoie). Sie sind eine stinknormale, glückliche Familie. Sie freuen sich auf ihr neues Leben in der Provinz.

Kurz nach ihrer Ankunft beobachten sie eine Prozession mit Tierköpfen maskierter Kinder. Die Kinder bringen ein totes Haustier zum titelgebenden Friedhof der Kuscheltiere. Ihr Nachbar Jud Crandall (John Lithgow) erklärt ihnen, dass es diesen Friedhof schon lange gibt und dass etliche Tiere auf der vor ihrem Haus liegenden Straße von Lastern überfahren wurden.

Das nächste Opfer der Laster ist Church, die kuschelige Katze der Creeds.

Weil Ellie ihre Katze so sehr liebte, verrät Crandall Louis ein Geheimnis. Hinter dem Friedhof der Haustiere und damit hinter der Barriere aus Ästen und Buschwerk gibt es eine Grabstätte der Ureinwohner. Die dortigen Geister können Tote wieder lebendig werden lassen. Als Mann der Wissenschaft ist Louis skeptisch. Aber er begräbt Church auf der alten Grabstätte.

Und das Wunder geschieht: Church kehrt zurück. Aber sein Fell ist verfilzt und sein Wesen hat sich verändert. Er ist jetzt nicht mehr der liebe Kater.

Kurz darauf wird – und das ist eine der Veränderungen zur Vorlage – Ellie von einem Laster getötet.

Louis, der uns zuerst als vollkommen rationaler Mann präsentiert wurde, ist verzweifelt über den Verlust seiner über alles geliebten Tochter. Er ignoriert Crandalls Warnungen und bringt seine tote Tochter zu der Grabstätte im Wald. Denn warum soll etwas, das bei einer Katze funktioniert, nicht auch bei einem Menschen funktionieren?

Wie Kings Roman beginnt die Verfilmung mit dem Einzug der Creeds in ihr neues Haus. Mit ihnen entdecken wir die auf der Straße vorbeirasenden Laster, den Haustier-Fritof, die Holzbarriere und den netten Nachbarn, der die gesamte Geschichte von Ludlow kennt. All das etabliert das Regieduo Kevin Kölsch und Dennis Widmyer in den ersten Minuten. Durch ihre Inszenierung geben sie bereits eine Vorahnung auf das kommende Grauen für die glückliche Familie Creed.

Danach verlangsamen sie gekonnt das Erzähltempo. Es dauert einige Zeit bis zuerst Church und dann Ellie sterben. Und die meiste Action gibt es am Filmende, wenn Ellie ihren Eltern ihre dunkle Seite zeigt. Bis dahin ist „Friedhof der Kuscheltiere“ vor allem ein psychologisches Drama, in dem Louis zunehmend fanatisch agiert. Wahlweise wie ein religiöser Eiferer oder wie ein Alkoholiker, der die Welt nach seinen Wünschen gestalten will und dabei alle Warnungen, auch wider besseres Wissen, ignoriert.

Friedhof der Kuscheltiere“ ist eine kühl erzählte Reise in den Wahnsinn. Mit seiner Beschränkung auf wenige Drehorte (zwei Häuser, ein Wald), eine Handvoll Schauspieler (eine Familie, der Nachbar) und seiner kurzen Laufzeit (ohne Abspann keine hundert Minuten) gehört der Horrorfilm zu den Thrillern, die die Freiheiten eines niedrigen Budgets für eine sehr düstere Geschichte nutzen.und eine sehr spezielle Auffassung von einem Hollywood Ending haben.

Friedhof der Kuscheltiere (Pet Sematary, USA 2019)

Regie: Kevin Kölsch, Dennis Widmyer

Drehbuch: Jeff Buhler (nach einer Geschichte von Matt Greenberg)

LV: Stephen King: Pet Sematary, 1983 (Friedhof der Kuscheltiere)

mit Jason Clarke, Amy Seimetz, John Lithgow, Jeté Laurence, Aliyssa Levine

Länge: 101 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Die Vorlage

Stephen King: Friedhof der Kuscheltiere

(übersetzt von Christel Wiemken)

Heyne, 2019 (Filmausgabe) (überarbeitete, vollständige Taschenbuchausgabe, mit einer 2000 geschriebenen Einleitung von Stephen King)

608 Seiten

10,99 Euro

Deutsche Erstausgabe

Hoffmann und Campe Verlag, 1985

Originalausgabe

Pet Sematary

Doubleday, New York 1983

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Englische Facebook-Seite zum Film

Moviepilot über „Friedhof der Kuscheltiere“

Metacritic über „Friedhof der Kuscheltiere“

Rotten Tomatoes über „Friedhof der Kuscheltiere“

Wikipedia über „Friedhof der Kuscheltiere“ (deutsch, englisch)

Homepage von Stephen King

Mein Porträt zu Stephen Kings Geburtstag

Meine Besprechung von Stephen Kings/Richard Bachmans „Qual“ (Blaze, 2007)

Meine Besprechung von Stephen Kings „Nachgelassene Dinge“ (The things they left behind) in Ed McBains „Die hohe Kunst des Mordens“ (Transgressions, 2005)

Meine Besprechung von Stephen Kings „Colorado Kid“ (The Colorado Kid, 2005)

Meine Besprechung von Joe Hill/Stephen King/Richard Mathesons „Road Rage“ (Road Rage, 2012)

Meine Besprechung der auf Stephen Kings Novelle “The Colorado Kid” basierenden TV-Serie “Haven”

Meine Besprechung von Kimberly Peirces Stephen-King-Verfilmung “Carrie” (Carrie, USA 2013)

Meine Besprechung von Tod Williams‘ Stephen-King-Verfilmung „Puls“ (Cell, USA 2016)

Meine Besprechung von Stephen Kings „Der dunkle Turm: Schwarz“ (The Dark Tower: The Gunslinger, 1982) und von Nikolaj Arcels Romanverfilmung „Der dunkle Turm“ (The dark Tower, USA 2017)

Meine Besprechung von Andy Muschiettis „Es“ (It, USA 2017)

Stephen King in der Kriminalakte, in seinem Trailer-Park und auf Europa-Tour