Die Lincoln Verschwörung(The Conspirator, USA 2010)
Regie: Robert Redford
Drehbuch: James D. Solomon
Nach dem Attentat auf US-Präsident Abraham Lincoln soll dem Täter und den Mitverschwörern schnell der Prozess gemacht werden. Aber ein junger Anwalt wird zum Verteidiger rechtsstaatlicher Prinzipien.
Packendes Gerichtsdrama. „Dank der stimmigen Kameraarbeit und hervorragenden Darsteller entwickelt sich dabei auch eine große emotionale Dichte.“ (Lexikon des internationalen Films)
mit James McAvoy, Robin Wright, Kevin Kline, Tom Wilkinson, Evan Rachel Wood, Justin Long, Danny Huston, James Badge Dale, Colm Meaney, Toby Kebbell, Norman Reedus, Shea Whigham
Im Presseheft steht, in „Bloodshot“ spiele Vin Diesel erstmals einen Superhelden. Das ist höchstens halb richtig. Einerseits weil Ray Garrison ein mittels Nanotechnologie optimierter Soldat ist und das klingt dann doch sehr nach Technikanwendung, andererseits weil der von ihm gespielte Hyper-James-Bond-Verschnitt xXx Xander Cage und der Einzelkämpfer Riddick, der in der Nacht sehen kann, schon ziemliche unkaputtbare Superhelden waren. Auch Kaulder in „The Last Witch Hunter“ (keine Lücke im Filmwissen, die geschlossen werden muss) war ziemlich superheldisch. Und Dom Toretto wird in den „Fast & Furious“-Filmen zunehmend zu einem unbesiegbarem Autofahrer. An der Kinokasse ist nur die „Fast & Furious“-Serie durchgehend erfolgreich.
Genau wie alle diese Filme soll „Bloodshot“ der Beginn eines neuen Franchise für Vin Diesel sein. Die Vorlage für den Actionthriller ist eine 1992 von Kevin VanHook, Don Perlin und Bob Layton begonnene Comicreihe über einen mittels Nanotechnologie zum unbesiegbaren Superhelden mutierten Soldaten, der herausfinden will, wer er wirklich ist. Denn sein Gedächtnis und damit auch seine Erinnerungen wurden und werden manipuliert.
Im Film wird erzählt, wie der Soldat Garrison von Martin Axe (Toby Kebbell) getötet wird. Davor ermordete der Psychopath Axe bereits Garrisons über alles geliebte Frau.
Kurz darauf erwacht Garrison in den oberen Stockwerken eines Wolkenkratzers in einem leicht futuristischem Labor der für das Militär forschenden Firma Rising Spirit Technologies (RST). RST-Chef Dr. Emil Harting (Guy Pearce) erklärt ihm, er sei jetzt mittels Nanotechnologie optimiert und praktisch unbesiegbar. Jedenfalls wenn es um Schuss- und Stichwunden geht. Mit Betäubungsmitteln kann er allerdings schnell außer Gefecht gesetzt werden. Oder man schaltet einfach, wie bei einem Computer, sein Gehirn ab. Dieses Feature verrät Harting Garrison selbstverständlich nicht.
Als Garrison näheres über die Umstände seines Todes erfährt, ist er nur von einem Gedanken besessen: er will sich an Axe rächen.
Das klingt doch nach einer guten Prämisse für ein ordentliches zweistündiges Actionspektakel. Dummerweise tötet Garrison Axe bereits nach einigen Minuten und wir erfahren, dass Harting das Gedächtnis von Garrison manipuliert. Ab jetzt ist die Story ein einziger Kladderadatsch von chaotisch motivierten Figuren, erzählerischen Lücken, Unlogik (zum Beispiel: Warum tut der Bösewicht das, was er tut, bei Garrison so und nicht anders? oder Warum helfen Garrison irgendwann bestimmte Figuren?) und billig inszenierter Action im schlecht kopierten wackeligen Jason-Bourne-Stil.
Schon lange vor dem Abspann sieht „Bloodshot“ wie ein weiteres geplantes Franchise aus, das dead on arrival ist.
Dabei hätte die Figur Bloodshot und die Idee, dass jemand das Gedächtnis des Protagonisten für seine Zwecke manipuliert, durchaus das Potential für einen zum Nachdenken anregenden Blockbuster. Man denke nur an Christopher Nolans „Inception“. Regiedebütant David S. F. Wilson kommt noch nicht einmal in die Nähe von Nolans Film.
Bloodshot (Bloodshot, USA 2020)
Regie: David S. F. Wilson
Drehbuch: Jeff Wadlow, Eric Heisserer (nach einer Geschichte von Jeff Wadlow)
LV: Comicfigur von Kevin VanHook, Don Perlin und Bob Layton
mit Vin Diesel, Eiza González, Sam Heughan, Toby Kebbell, Guy Pearce, Jóhannes Haukur Jóhannesson
Sieben Minuten nach Mitternacht (A Monster calls, USA/Spanien 2016)
Regie: J. A. Bayona (bzw. Juan Antonio Bayona)
Drehbuch: Patrick Ness
LV: Patrick Ness: A Monster calls, 2011 (Sieben Minuten nach Mitternacht)
Der zwölfjährige Conor hat mit Mobbing in der Schule und einer todkranken Mutter schon genug Probleme. Da klopft um sieben Minuten ein Baummonster an sein Fenster. Es will ihm einige Geschichten erzählen.
TV-Premiere. Einer der schönsten, vielschichtigsten und überraschendsten „Monsterfilme“ der letzten Jahre.
mit Lewis MacDougall, Felicity Jones, Sigourney Weaver, Toby Kebbell, Ben Moor, James Melville, Oliver Steer, Geraldine Chaplin, Liam Neeson (als das Monster, was einerseits eine Hauptrolle, aber andererseits eine Trickfigur ist)
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Die Vorlage (zum Filmstart erschien der Roman in einer Filmausgabe mit Filmfotos)
Patrick Ness: Sieben Minuten nach Mitternacht
(nach einer Idee von Siobhan Dowd, mit Illustrationen von Jim Kay)
Den Abschluss der kleinen Reihe von Filmen, die in den vergangenen Wochen in unseren Kinos anliefen („Aquaman“, „Der verlorene Sohn“, „Mein Bester & Ich“) und in denen Nicole Kidman ihre schauspielerische Bandbreite zeigt, endet mit „Destroyer“.
Der harte Neo-Noir-Cop-Thriller verlangt ihr in puncto Aussehen das Meiste ab. Denn bei den in der Gegenwart spielenden Teilen ist sie auch auf den zweiten und dritten Blick kaum zu erkennen. Sie ist ein klappriges Alkoholwrack, das seit Jahren nur noch mit der Hilfe von Drogen den Tag überlebt. Als Mutter und Kollegin ist Erin Bell die Totalkatastrophe, die den „Bad Lieutenant“ (egal ob in der Version von Abel Ferrara oder Werner Herzog) zum Mitarbeiter des Monats macht.
Als junge FBI-Agentin war Erin Bell Teil eines gefährlichen Undercover-Einsatz gegen Silas und seine skrupellose Bankräuberbande. Der Einsatz ging schief. Wie und warum verrät der Neo-Noir erst gegen Ende.
Siebzehn Jahre später kehrt Silas zurück nach Los Angeles. Er raubt weiterhin Banken aus und es können alte Rechnungen beglichen werden. Aber zuerst muss LAPD Detective Bell Silas finden. Und wie es sich für einen harten Cop gehört, geht Bell nicht zimperlich vor.
Viel mehr kann über Karyn Kusamas „Destroyer“ nicht verraten werden, ohne den gesamten Film zu spoilern. Denn sie erzählt die letztendlich sehr einfache Geschichte durchgehend und in jeder Beziehung fragmentarisch. Das entspricht der Wahrnehmung eines Drogensüchtigen.
Gleichzeitig ist es schwer, sich mit Bell zu identifizieren. Nicht weil sie drogensüchtig und konsequent unhöflich ist, sondern weil ihre Handlungsmotive teilweise bis zum Ende rätselhaft bleiben. So werden die Ereignisse der siebzehn Jahre zurückliegenden Undercover-Operation, die auch der Beginn ihrer Suchtbiographie ist, erst langsam enthüllt. Das ganze Bild hat man erst am Ende. Und erst in der letzten Minute weiß man, wie die verschiedenen Zeitebenen zusammenhängen. Das ist, wenn man Filme gerne mit einem Notizblock ansieht, interessant. Aber emotional involviert ist man nicht. Jedenfalls nicht in diesem Fall.
Dazu kommen im Rahmen des sich realistisch gebenden Noirs hoffnungslos unrealistische Szenen. Zum Beispiel beobachtet Bell bei einer Observation einen Banküberfall. Anstatt auf das Spezialeinsatzkommando zu warten, stürmt sie mit einer Maschinenpistole im Arm und zwei zufällig anwesenden Streifenpolizisten im Schlepptau in die Bank und beginnt eine Schießerei, die eindeutig von „Heat“ inspiriert ist. Menschen sterben. Panik bricht aus. Und sie befördert am helllichten Tag auf einem gut einsehbarem Parkplatz mitten in der Stadt einen der Bankräuber in den Kofferraum ihres Autos. Später im Film wird diese Schießerei und ihre Entführung (Verhaftung kann es nicht genannt werden) nicht einmal erwähnt. Es ist, als habe es den Schusswechsel und die zahlreichen Toten niemals gegeben.
Karyn Kusama, die nach ihren Spielfilmen „Girlfight“, „Æon Flux“ und „Jennifer’s Body“ in den vergangenen Jahren vor allem Episoden für Serien wie „Chicago Fire“, „Halt and Catch Fire“, „The Man in the High Castle“ und „Billions“ inszenierte, ist durch diese TV-Arbeiten den schnellen, effektiven Dreh mit einem überschaubarem Budget gewohnt. Auch bei „Destroyer“ war das Budget mit neun Millionen Dollar überschaubar. Aber dem an ausschließlich an Originalschauplätzen in Los Angeles gedrehtem Film sieht man das niedrige Budget nicht an.
Die Bilder und vor allem Nicole Kidman überzeugen. Sie hält den Film zusammen. Sie ist unbestritten das Zentrum des Films, der seine altbekannte Geschichte viel zu umständlich erzählt.
Destroyer (Destroyer, USA 2018)
Regie: Karyn Kusama
Drehbuch: Phil Hay, Matt Manfredi
mit Nicole Kidman, Toby Kebbell, Tatiana Maslany, Sebastian Stan, Scott McNairy, Bradley Whitford, Toby Huss, James Jordan, Beau Knapp, Bradley Whitford
Länge: 122 Minuten
FSK: ab 12 Jahre (hätte eher mit FSK-16 gerechnet)
Während ein Hurrikan in Alabama einen Küstenort zerlegt, wollen Perkins und seine Männer in aller Ruhe die Bank ausrauben.
Aber sie haben nicht mit der Bundesagentin Casey, dem Meteorologen Will und seinem Bruder Breeze gerechnet.
Und schon beginnt ein windiges Katz-und-Maus-Spiel in der Bank, in der 600 Millionen alte Dollar auf ihre Vernichtung warten, und im menschenleeren Küstenort. Denn der Ortssheriff hat in weiser Voraussicht vor der Ankunft des Hurrikans das Dorf geräumt. Jetzt können die Guten und die Bösen hemmungslos herumballern und auch Gegenstände, wie Radkappen, als tödliche Waffen einsetzen. Und wie es sich für einen Actiontrashfilm gehört, werden Logik und Wahrscheinlichkeit fröhlich ignoriert. Da können im tosenden Sturm Gespräche über größere Entfernungen geführt werden, Kugeln treffen auch bei Hurrikanstärke 5 das gewünschte Ziel und seltsamerweise liegen alle Gebäude, wenn es gerade nötig ist, fast nebeneinander.
Einen Innovationspokal strebt Rob Cohen mit seinem neuen Film „The Hurricane Heist“ nicht an. Wie in seinen bekanntesten Filmen „The Fast and the Furious“ und „xXx – Triple X“ liefert er leichtgewichtige Buddy-Actionunterhaltung mit einem humoristischen Unterton, der immer sagt, man solle das ganze nicht zu Ernst nehmen. Das beginnt schon mit dem sportlichen Turnen aller Beteiligte im Hurrikan als sei dieser Hurrikan der Kategorie 5 (mehr geht nicht) eine steife Brise und endet, nun, sagen wir es mal so, mit einer jede Wahrscheinlichkeit ignorierenden „Fast & Furious“-Hommage.
Die Schauspieler, unter anderem Toby Kebbel als Will, Maggie Grace als Casey, Ryan Kwanten als Breeze, spielen betont entspannt. Die Dialoge sind vorhersehbar und die Tricks sind bestenfalls durchwachsen. Wobei, wie ein Blick in das Bonusmaterial zeigt, Cohen erstaunlich viel live mit den Schauspielern drehte und auch erstaunlich viel vor laufender Kamera zerstört wird. Danach wurde ungefähr jedes Bild, vor allem natürlich alle Bilder, in denen der Hurrikan tobt, digital bearbeitet.
„The Hurricane Heist“ ist es ein okayer, selbstironischer Actionfilm für einen verregneten Nachmittag.
Das Bonusmaterial besteht aus achtzehn erstaunlich informativen Mini-Featurettes. Sie enthalten Kurzstatements der Macher und viele Aufnahmen von den Dreharbeiten.
The Hurricane Heist (The Hurricane Heist, USA 2018)
Regie: Rob Cohen
Drehbuch: Scott Windhauser, Jeff Dixon (nach einer Geschichte von Anthony Fingleton und Carlos Davis)
mit Toby Kebbell, Maggie Grace, Ryan Kwanten, Ralph Ineson, Melissa Bolona, Ben Cross
Geschichten sind das Gefährlichste von der Welt. Geschichten jagen, beißen und verfolgen dich.
Geschichten sind wichtig. Sie können wichtiger sein als alles andere. Wenn sie die Wahrheit in sich tragen.
(Das Monster bzw. Patrick Ness)
Der dreizehnjährige Conor O’Malley hat schon mehr Probleme als nötig. Seine von ihm über alles geliebte Mutter Lizzie ist todkrank. Krebs. Sein Vater lebt am anderen Ende der Welt in den USA. Seine Großmutter hasst er. Sie ist ihm viel zu streng. In der Schule ist er der Outsider. Er hat einen immer wiederkehrenden Albtraum.
Und dann wird er neuerdings noch jede Nacht um sieben Minuten nach Mitternacht von einem Monster geweckt.
Bei ihrer ersten Begegnung sagt Conor ihm, dass er keine Angst vor ihm habe. Außerdem ist er alt genug, um zu wissen, dass es keine Monster gibt.
Das Monster, das aussieht wie die vor dem O’Malley-Haus auf dem Hügel stehende Eibe und behauptet von Conor gerufen worden zu sein, nimmt die Herausforderung an. Er wird dem störrischen Conor Angst einjagen. Es will dem Jungen drei Geschichten erzählen und dann soll ihm Conor eine Geschichte erzählen, die die Wahrheit über Conor O’Malley und seine Ängste verrät.
Mit dieser Begegnung beginnt einer der schönsten, vielschichtigsten und überraschendsten „Monsterfilme“ der letzten Zeit.
Schon die erste Geschichte, die das Monster erzählt, widerspricht Conors Erwartungen. Es ist kein Märchen mit einer eindeutigen, von Anfang an offensichtlichen Moral. Es ist eine Geschichte, die Conors Ansicht von Gut und Böse fundamental widerspricht, weil der gute Prinz seine Geliebte ermordet und das Monster die böse Königin rettet.
Conor ist ziemlich verärgert über das Ende dieser Geschichte. Das sagt er dem Monster auch unverblümt.
Aber das Monster hat noch zwei weitere Geschichten, die den respektlosen Conor das Fürchten lehren sollen. Außerdem spiegeln die von ihm erzählten Geschichten Conors aktuelle Situation. Sie sollen ihn zum Nachdenken, zum Überprüfen seiner Ansichten und Meinungen, anregen.
J. A. Bayonas düsterer Fantasy-Film „Sieben Minuten nach Mitternacht“ basiert auf Patrick Ness‘ Jugendbuch, das mit mehreren Preisen, wie dem Deutschen Jugendliteraturpreis, ausgezeichnet und in fast vierzig Sprachen übersetzt wurde. Für den Film schrieb er das Drehbuch und visuell wurde sich, vor allem bei dem Monster, an den SW-Buchillustrationen von Jim Kay orientiert.
Schon in dem Roman wird die Idee, dass fiktionale Geschichten immer mehr oder weniger verfremdete Metaphern für reale Probleme des Erzählers sind, offen angesprochen; wobei Ness diesen Gedanken lässig auf die Metaebene hebt. Ohne dass dadurch die Geschichte zu einer verkopften und unverständlichen Abhandlung gerät. Außerdem unterläuft er immer wieder die Erwartungen des Publikums. Das beginnt schon mit dem Monster, das lieber Geschichten erzählt als handgreiflich Angst und Schrecken zu verbreiten.
Die Geschichten des Monsters und Conors Lebensumstände – die sich rapide verschlechternde Gesundheit seiner Mutter, der aus den USA nur zu einem kurzen Besuch kommende Vater, die verhasste Großmutter, die ihn aufnehmen will – werden von Ness und Bayona zu einer dichten Entwicklungsgeschichte miteinander verflochten, die sie konsequent aus Conors Perspektive erzählen. Bayona gestaltet sie mit etlichen Tricks und animierten Sequenzen visuell so reichhaltig, dass die Romanvorlage wie das Drehbuch zum Film wirkt.
Bayona inszenierte vorher „Das Waisenhaus“ und „The Impossible“. Sein nächster Film ist die Fortsetzung von „Jurassic World“. Sie soll im Juni 2018 in den Kinos starten.
Sieben Minuten nach Mitternacht (A Monster calls, USA/Spanien 2016)
Regie: J. A. Bayona (bzw. Juan Antonio Bayona)
Drehbuch: Patrick Ness
LV: Patrick Ness: A Monster calls, 2011 (Sieben Minuten nach Mitternacht)
mit Lewis MacDougall, Felicity Jones, Sigourney Weaver, Toby Kebbell, Ben Moor, James Melville, Oliver Steer, Geraldine Chaplin, Liam Neeson (als das Monster, was einerseits eine Hauptrolle, aber andererseits eine Trickfigur ist)
Länge: 109 Minuten
FSK: ab 12 Jahre
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Die Vorlage (zum Filmstart in einer Filmausgabe mit Filmfotos)
Patrick Ness: Sieben Minuten nach Mitternacht
(nach einer Idee von Siobhan Dowd, mit Illustrationen von Jim Kay)
1981 ist Kenny Wells (Matthew McConaughey) in Reno als künftiger Erbe der sich im Familienbesitz befindenden Washoe Mining Corporation auf der Sonnenseite des Lebens. Eine goldene Zukunft zeichnet sich am Horizont ab.
Sieben Jahre später ist Kenny Wells ganz unten. Einige Investitionen gingen schief. Er bettelt bei den Banken um jeden Kredit und wird von irgendwelchen Neulingen abgewiesen. Sein Geschäft wickelt er in einer Bar ab. Sein Alkoholkonsum ist verdächtig hoch und seine Freundin Kay (Bryce Dallas Howard) füttert ihn durch.
Da will er, inspiriert durch einen Traum, den er im Vollrausch hatte, seine letzte Chance ergreifen: im Dschungel von Borneo soll es unglaubliche Gold-Schätze geben. Die Vorkommen sollen mit Hilfe der „Ring of Fire“-Theorie gefunden werden. Ihr Erfinder Mike Acosta (Edgar Ramirez) entdeckte mit ihr schon ein großes Kupfervorkommen.
Wells kann den integren, in der Branche seit dem Kupferfund hochgeschätzten Acosta überzeugen, eine entsprechende Expedition zu organisieren und, – unglaublich, aber wahr -, sie finden Gold an dem Ort, an dem es nach Acostas Theorie sein sollte.
Mit dem Goldfund und der Aussicht auf noch viel mehr Gold haben sie plötzlich Kreditgeber. Die Börse ist begeistert. Die Kurse schnellen nach oben. Nur: wie lange hält der Traum an?
„Gold – Gier hat eine neue Farbe“ (doofer deutscher Untertitel) ist der neue Film von Stephen Gaghan, dem Autor von „Traffic – Macht des Kartells“ und Autor/Regisseur von „Syriana“. In beiden Filmen verband er Unterhaltung mit der klaren Analyse komplexer ökonomischer Strukturen und, immerhin sind beides Ensemblefilme, einer grandiosen Handhabung der verschiedenen Plots. Da scheint die Geschichte über einen Goldrausch vor knapp dreißig Jahren an der Börse perfekt zu ihm zu passen.
Die Besetzung ist gewohnt hochkarätig. Vor allem Matthew McConaughey stürzt sich mit vollem Körpereinsatz in eine weitere Studie eines zwiespältigen Charakters, der, wenn er schon eine Hauptfigur sein soll, mehr zum Antagonisten als zum Protagonisten taugt. In jedem Fall ist der von McConaughey gespielte Kenny Wells als durchgehend unsympathischer Geschäftsmann ein recht eindimensionaler Charakter, der nur auf seinen Profit fixiert ist. Im Gegensatz zu dem von Edgar Ramirez gespielten Geologen Mike Acosta.
Beide werden allerdings von Gaghans Inszenierung im Stich gelassen. Er bedient in zwei Stunden ein halbes Dutzend verschiedener Genres und Stile, ohne jemals den richtige Grundrhythmus, der alles zusammen hält, zu finden. „Gold“ ist das filmische Äquivalent zu einer Bluesband, die keinen Blues spielen will.
Die Begegnungen von Wells mit den verschiedenen Bankern und, später, sehr spät im Film, den Wall-Street-Investoren, hätten das Potential für eine saftige Wirtschaftssatire, die auch eine Analyse der Börse ist, gehabt. Gaghan deutet das auch an, ohne sonderlich in die Tiefe zu gehen. Die satirische und analytische Schärfe von „The Big Short“ oder „The Wolf of Wall Street“ erreicht er nie auch nur im Ansatz.
Die Suche nach dem Gold und die Erlebnisse von Wells und Acosta im Dschungel bedienen die Elemente einer klassischen Abenteuergeschichte, auf die man sich gerne einlassen würde, wenn man nicht auf die große Gold-Stampede an der Börse warten würde. Um noch einmal eine musikalische Metapher zu verwenden: das Dschungelabenteuer ist bei einem Konzert die Vorband, die man stoisch erträgt, weil man auf die Hauptband wartet.
Am Ende, in den letzten Minuten und im Rückblick, ist „Gold“ dann eine Gaunerkomödie, die bis zur letzten Minute als ernstes Drama, mit einigen satirischen Spitzen, erzählt wird.
Inspiriert wurden die Drehbuchautoren Patrick Massett und John Zinman, Autoren und Mitproduzenten der TV-Serien „Friday Night Lights“, „Last Resort“ und „The Blacklist“, von dem Bre-X-Skandal. Die kanadische Explorationsfirma Bre-X kündigte in den frühen neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts die Erschließung eines riesigen Goldvorkommens in Indonesien an. Die ersten Funde waren vielversprechend. Die Aktien schossen in ungeahnten Höhen. 1997 stellte es sich als Schwindel heraus. Es war der größte Börsenbetrug der kanadischen Geschichte. Massett und Zinman verlegten die Geschichte in die USA und veränderten noch weitere Details.
Gold – Gier hat eine neue Farbe (Gold, USA 2016)
Regie: Stephen Gaghan
Drehbuch: Patrick Massett, John Zinman
mit Matthew McConaughey, Edgar Ramirez, Bryce Dallas Howard, Macont Blair, Adam LeFevre, Frank Wood, Toby Kebbell, Stacy Keach, Corey Stoll, Bruce Greenwood
Nachdem vor drei Jahren Godzilla in die Kinos zurückkehrte, ist jetzt King Kong an der Reihe. Auch wenn der Riesenaffe in „Kong: Skull Island“ nur Kong heißt. Und das Godzilla-Kong-Produzententeam, was die peinliche Post-Credit-Szene und alle bekannten Statements verraten, ein Aufeinandertreffen der beiden Riesentiere in einem Film plant. Dem können, abhängig vom Einspielergebnis, weitere Filme folgen.
Bis dahin ist Kong der Herrscher auf Skull Island, einer bislang unentdeckten Insel im Südpazifik.
1973 begibt sich eine Forschungsmission mit viel militärischer Unterstützung auf die Insel. Als erstes werfen die US-Soldaten aus ihren Hubschraubern einige Bomben ab. Um, so wird uns gesagt, die Insel zu vermessen. Danach werden sie von Kong vom Himmel geholt. Die Überlebenden machen sich, mehr oder weniger getrennt, auf den Weg zum vorher festgelegten Ort am anderen Ende der Insel, an dem sie in einigen Tagen abgeholt werden sollen.
Die Überlebenden sind eine kleine Schar Soldaten und Zivilisten, die von einem kleinen Who’s Who der aktuellen Stars gespielt werden. Tom Hiddleston als freischaffender Ex-SAS-Soldat, Samuel L. Jackson als hochdekorierter Lt. Colonel, John Goodman als ziviler Leiter der Expedition mit Kindheitstrauma und Hintergedanken, Brie Larson als taffe Kriegsfotografin im Janis-Joplin-Look und John C. Reilly als seit Jahrzehnten auf der Insel lebender Weltkrieg-II-Veteran, der für den Humor zuständig ist. Sie und die zahlreichen unbekannteren Schauspieler, die vor allem US-Soldaten mit niederen militärischen Rängen spielen (vulgo Kanonenfutter), sind alle blasse Pappfiguren, die nur austauschbares Kongfutter sind.
Der Weg zum Ziel ist mit vielen gefährlichen Ur- und Riesenviechern und stummen Einheimischen gepflastert und weil „Kong: Skull Island“ sich auf seine einfache Geschichte verlässt, werden wir nicht mit einem hyperkomplexen Plot gelangweilt, der nicht nacherzählbar und vollkommen unlogisch ist. In diesem Umfeld ist die größte Überraschung, dass Kong letztendlich der Beschützer der Insel und seiner Bewohner ist. Deshalb schließt er auch die Eindringlinge, solange sie ihn nicht umbringen wollen, in sein riesiges Herz. Vor allem natürlich die hübsche Fotojournalistin. Bei den anderen Monstern bleibt der Konflikt zwischen ihnen und den Menschen dann auf dem seit „Predator“ bekanntem „Wenn es blutet, kann es sterben“-Landserniveau; – was auch eine Form des Kulturaustausches ist. Der Schlusskampf gehört dann Kong, der die Menschen beschützt.
Auf der visuellen Ebene wird vor allem Francis Ford Coppolas „Apocalypse Now“ so lange zitiert, bis man glaubt, eine Neufassung des Films mit Kong und einer Affenliebe zur Zeitlupe zu sehen. Das sieht gut aus, belässt es aber beim Zitat, garniert mit dem entsprechenden Soundtrack. In „Kong: Skull Island“ haben die Soldaten immer einen tragbaren Plattenspieler mit den angesagten LPs von Band wie Creedence Clearwater Revival dabei. Das erfreut das Ohr des Rockmusikfans, ist aber komplett sinnfrei. In Momenten, in denen die Soldaten in gefährlichen Umgebung auf mögliche Feinde achten sollten, beschallen sie den Urwald mit „Bad Moon Rising“, ehe es in Richtung „Run through the Jungle“ geht.
Als nur auf Überwältigung zielendes, weitgehend strunzdummes Kriegspektakel voller Siebziger-Jahre-Zitate und computergenerierter Spezialeffekte funktioniert „Kong: Skull Island“ leidlich.
Aber bei all dem Talent wäre mehr als ein „Apocalypse Now“-Monsterfilm-Mashup mit Zitaten aus den allerersten King-Kong-Film drin gewesen.
P. S.: Ich habe den Film in 2D mit 3D-Sound gesehen und er sah gut aus. Es gibt ihn auch in 3D (dann hätte er mir wahrscheinlich weniger gefallen) und im IMAX-Format (was sicher ein Gewinn ist; – wobei er dort auch in 3D läuft).
Kong: Skull Island (Kong: Skull Island, USA 2017)
Regie: Jordan Vogt-Roberts
Drehbuch: Dan Gilroy, Max Borenstein, Derek Connolly (nach einer Geschichte von John Gatins)
mit Tom Hiddleston, Samuel L. Jackson, John Goodman, Brie Larson, John C. Reilly, Jing Tian, Toby Kebbell, John Ortiz, Corey Hawkins, Jason Mitchell, Shea Whigham, Thomas Mann, Terry Notary, Marc Evan Jackson, Eugene Cordero
Die Blaupause für jede neue Verfilmung von General Lew Wallaces Roman „Ben Hur: Eine Erzählung aus der Zeit Christi“ ist das gut vierstündige Epos von 1959 mit Charlton Heston als Judah Ben Hur. Aus heutiger Sicht ist der mit elf Oscars ausgezeichnete Film, unter anderem als Bester Film des Jahres, erstaunlich holprig und oft langatmig erzählt. Und mit so viel Pathos getränkt, dass wir den Film inzwischen nur noch durch die Brille von „Das Leben des Brian“ sehen können. Berühmt ist das heute wahrscheinlich kaum noch gesehene Epos wegen des entsprechend epischen Wagenrennens, das es schon in de Stummfilmverfilmung des Romans gab.
Das Wagenrennen gibt es auch in Timur Bekmanbetovs flüssiger erzähltem Remake. Er beginnt sogar damit – und springt dann gut zehn Jahre zurück in die Vergangenheit. Damals waren Judah Ben Hur (Jack Huston) und Messala Severus (Toby Kebbell) beste Freunde und Brüder. Messala verlässt Judäa, um als römischer Soldat zu Ruhm und Ehre zu gelangen.
Nach Jahren kehrt er zurück nach Judäa, das er befrieden will. Also von den aufständischen Juden, die gegen die römische Besatzung kämpfen, bereinigen will. Ben Hur, der sich eigentlich aus der Politik heraushält, will seine jüdischen Brüder nicht verraten und in den Tod schicken. Damit beginnt der Konflikt zwischen Ben Hur und Messala.
Als bei der Ankunft des neuen Statthalters in Jerusalem ein Aufständischer von Ben Hurs Anwesen einen Pfeil auf ihn abschießt (das ist eine der zahlreichen Änderungen zu William Wylers Film), verhaftet Messala Ben Hur und seine Familie. Ben Hur wird Galeerensklave. Die allesamt überaus ansehnlichen Frauen des Patrizierhauses Ben Hur wandern in den Kerker.
Nach Jahren, wenige Tage vor dem Tod von Jesus (der hier auch mehrmals auftritt) kehrt Ben Hur zurück. Er will sich an Messala rächen. Während eines Wagenrennens.
Timur Bekmanbetov, der die Geschichte in zwei Stunden erzählt, beschreitet in seiner Verfilmung bis zum Ende durchaus eigene Wege, die mal mehr, mal weniger gelungen sind. So war es in Wylers Film ein herabfallender Ziegel, der Pontius Pilatus bei seinem Einzug in die Stadt verletzte. Es war ein Unfall. In Bekmanbetovs Film ist es ein von einem Aufständischen abgeschossener Pfeil. Es ist ein Attentat und Ben Hur deckt den Täter. Diese Änderung hätte die gesamte Geschichte auf jeder Ebene beeinflussen können. Aber sie bleibt letztendlich folgenlos.
Auch später gibt es immer wieder Unterschiede. So kommt Ben Hur in der aktuellen Version niemals nach Rom. Und das bei Wyler aus heutiger Sicht unerträgliche Pathos und der religiöse Kitsch sind bei Bekmanbetov nicht vorhanden. Es gibt bis auf einige kurze Auftritte von Jesus Christus und der Kreuzigung keine religiösen Symbolismen und wenig christliches Pathos. Daher erstaunt die in den USA gemachte Werbekampagne für die christlichen Filmbesucher, die aus kommerzieller Perspektive ein wichtiger Faktor sind und die eine, nun, sehr spezielle Art von Filmen lieben, in denen der rechte Glaube der einzige Qualitätsmaßstab ist.
Diese Änderungen verschieben dann Akzente in der Geschichte und den Motivationen der Charaktere und lassen Bekmanbetovs „Ben Hur“ zu einer durchaus eigenständigen Verfilmung werden. Allerdings keiner gelungen. So werden all die auf der Hand liegenden politischen Anspielungen nicht weiter ausgeführt. Der Konflikt zwischen Ben Hur und Messala erscheint forciert. Dabei entzündet sich der Konflikt an dem fehlgeschlagenem Anschlag auf Pontius Pilatus. Ben Hur, der den Täter beschützt, nennt seinem Freund nicht den Namen. Damit paktiert er mit den Aufständischen, vulgo Terroristen. Aber die in diesem Moment angelegte Frage nach den Formen des Widerstandes gegen ein Regime, werden nicht weiter verfolgt. Auch das Thema der Freundschaft wird nicht weiter verfolgt. So bleiben die immer wieder eingestreuten politischen und gesellschaftlichen Anspielungen in der Luft hängen.
Die Nebenfiguren sind schön aussehende Staffage und Morgan Freeman ist Morgan Freeman; mit einer „Battefield Earth“-Gedächtnisfrisur. Und, ja, das ist eine wenig subtile Anspielung auf das Niveau dieses bierernsten Sandalenfilms, der höchstens in einigen Momenten einen unfreiwilligen Humor verströmt.
Zum Schluss kommen wir, wie der Film, wieder zum Wagenrennen, das auch in dieser „Ben Hur“-Verfilmung das große Action-Set-Piece ist. Es ist lang, es ist blutig, es ist langweilig, weil die Action zwischen Schnitten und CGI-Effekten so konfus ist, dass man kurz nach dem Start den Überblick verliert. Da ist man von Timur Bekmanbetov, dem Regisseur von „Wächter der Nacht“, „Wächter des Tages“ und „Wanted“, aber auch „Abraham Lincoln, Vampirjäger“, besseres gewohnt.
Er sagt dazu: „Wir haben die Actionszenen so gefilmt, wie man das heute mit seinen privaten Handy-Kameras machen würde.“
John Ridley, der für „12 Years a Slave“ einen Oscar erhielt, wird wohl nur aufgrund irgendwelcher vertraglicher Verpflichtungen als einer der Drehbuchautoren genannt. Ridley ist der Autor von „12 Years a Slave“, „Three Kings“ (nur Story-Credit), „U-Turn“ und einiger leider nicht übersetzter Romane und der Erfinder der hochgelobten TV-Serie „American Crime“. In seinen Werken setzte er sich immer kritisch mit der US-amerikanischen Geschichte und oft auch der Geschichte der Afroamerikaner auseinander. Dass er ein so unpolitisches und in jeder Hinsicht unentschlossenes Drehbuch abliefert, will ich nicht glauben.
Ein sehr kurzes Featurette über den Dreh des Wagenrennens
Und hier Charlton Heston als Ben Hur in der Arena. Die beiden Ausschnitte vermitteln einen guten Eindruck von der Szene. Eine komplette Version habe ich nicht gefunden.
Überraschend gelungen ist Duncan Jones‘ dritter Spielfilm „Warcraft: The Beginning“. Das sagt jetzt allerdings wenig über den Film an sich, sondern vor allem über den Referenzrahmen aus. „Warcraft: The Beginning“ (ab jetzt nur noch „Warcraft“, im Netz gibt es ja kein Zeilengeld) ist eine Spieleverfilmung und „gute Spieleverfilmung“ ist ein bekanntes Oxymoron. Die meisten Spieleverfilmungen sind als Film und als irgendwie geartete Adaption des Spiels gescheitert. Eine Qual für die Fans des Spiels, weil sie im Film nichts von der Großartigkeit des Spiels finden, und eine für das restliche Publikum, weil es einen grottenschlechten Film sieht, eine Geldverschwendung, bei der vollkommen unklar ist, warum irgendjemand, geschweige den Millionen, das Spiel gekauft haben.
„Warcraft“ ist außerdem ein Fantasy-Film und Fantasy-Filme irgendwo zwischen Rittern und eiserne Jungfrauen im Mittelalter und „Herr der Ringe“-Zaubereien interessieren mich herzlich wenig. Ich halte es da mit Alfred Hitchcock, de sich fragte, wie die Menschen in den Kostümen auf die Toilette gehen. Außerdem sind etliche Fantasy-Filme, trotz oder wegen ihres Budgets, schlechte Filme.
Kurz gesagt: in diesem Umfeld sind die Erwartungen notorisch gering.
Aber dann ist der Film von Duncan Jones und seine beiden Science-Fiction-Filme „Moon“ und „Source Code“ haben mir gut gefallen. Sie kosteten nicht viel Geld, hatten aber eine gute Geschichte und gute Schauspieler. Gute Schauspieler hat „Warcraft“ auch, wobei auf die wirklich großen Namen verzichtet wurde. Sie sollten nicht von der Geschichte ablenken.
Ihm könnte also eine gute Spieleverfilmung gelingen.
Oh, und Duncan Jones ist ein bekennender „World of Warcraft“-Spieler, was erst einmal nichts sagt, aber immerhin die Hoffnung weckt, dass er dem Geist des Spiels treu bleibt. Ob ihm das gelingt, kann ich nicht sagen. Computerspiele interessieren mich ungefähr so sehr wie Fantasy-Filme. Und das ist „Warcraft“.
Es geht um die aus einer fremden Welt in das Königreich von Azeroth kommenden Orcs. Die Orcs sehen aus wie eine muskelbepackte Version von Arnold Schwarzenegger. Sie leben für den Krieg und wollen die Welt der Menschen erobern. Die Menschen sind davon nicht begeistert. Ihre Truppen werden angeführt von dem tapferen Krieger Anduin Lothar (Travis Fimmel), dem jungen Zauberer Khadgar (Ben Schnetzer) und dem Wächter Medivh (Ben Foster), der mit seinen magischen Kräften über die Menschen wacht. Allerdings hat er sich in den letzten sechs Jahren in seine Burg zurückgezogen, widmete sich seinen Schriften und der Erschaffung eines Golems. Sekundiert werden sie von dem König Llane (Dominic Cooper) und seiner Gemahlin und Anduins Schwester Lady Taria (Ruth Negga).
Auf der Seite der Orcs haben die Macher weniger Sorgfalt verwandt, obwohl sie die Geschichte aus der Perspektive der Menschen und der Orcs erzählen wollen (was dann bei Friedensverhandlungen zu etwas putzigem Sprachwirrwarr auf der Tonspur sorgt). Einerseits sehen sie sich doch alle recht ähnlich, andererseits gibt es neben ihrem Anführer, dem Hörner tragendem Greis Gul’dan (Daniel Wu), dem tapferen Durotan (Toby Kebbell) und seiner ebenso kriegsbegabten, schwangerschaftsbedingt ausfallenden Frau Draka (Anna Galvin) kaum Charaktere, die einen größeren Wiedererkennungswert haben.
Zwischen beiden Welten steht Garona (Paula Patton), ein Halb-Mensch/Halb-Orc-Wesen, das Anduin gefangen genommen wird und, weil sie die Sprache der Menschen versteht, zur Übersetzerin und Vermittlerin zwischen ihnen wird. Kämpfen kann sie auch und es bleibt ein Rätsel, warum sie und der mit ihr gefangen genommene Orc nicht einfach ausbrechen.
Nachdem diese Fronten geklärt sind, fällt Durotan auf, dass Gul’dan alles zerstört, was in seinen Einflussbereich gerät. Er will sich daher mit den Menschen gegen den wahren Bösewicht verbünden.
Gut, die Story kennen wir wirklich vorwärts und rückwärts, mit allen möglichen Verwicklungen aus jedem zweiten Mittelalterfilm und Duncan Jones erzählt sie brav nach mit vorhersehbaren Wendungen, einem gemächlichen Erzähltempo, seit Ewigkeiten patentierten Dialogen und eindimensionalen Charakteren. Also mit all den Dingen, die wir in seinen vorherigen Filmen nicht vermissten. Daher ist „Warcraft“ vor allem ein Film für die Fantasy-Filmgemeinde, die gerade unter Hobbit-Entzug leidet, und für die Duncan-Jones-Komplettisten.
Denn die Bilder beeindrucken. Auch, was gar nicht so einfach ist, in 3D im IMAX. Wobei die Dimensionen und Proportionen zwischen riesigen Händen und Kleinkinderköpfen bei den Orcs immer wieder falsch wirken. Die Geschichte wird mit etwas Humor und dem augenzwinkernden Einverständnis erzählt, dass wir sie letztendlich schon kennen. Auch wenn die Namen ausgetauscht wurden.
Obwohl der Film „The Beginning“ heißt, erzählt er, bis auf einige Hinweise auf die weitere Geschichte und einigen überraschenden Todesfällen, eine in sich abgeschlossene Geschichte, für die man das Spiel nicht kennen muss.
Überraschend gelungen ist, um wieder auf meine erste Bewertung zurückzukommen, in diesem Fall ein okayer Fantasy-Film, der nichts neu erfindet, angenehm konservativ seine Geschichte erzählt und die bekannten Fallen früherer Spieleverfilmungen umschifft. Das ist im Umfeld von „Tomb Raider“, „Max Payne“, „Hitman – Jeder stirbt alleine“ und „Need for Speed“ schon sehr viel.
Warcraft: The Beginning (Warcraft: The Beginning, USA 2016)
Regie: Duncan Jones
Drehbuch: Charles Leavitt, Duncan Jones
mit Travis Fimmel, Paula Patton, Ben Foster, Dominic Cooper, Toby Kebbell, Ben Schnetzer, Robert Kazinsky, Clancy Brown, Daniel Wu, Ruth Negga
Als Charlton Heston am Ende von „Planet der Affen“ entdeckte, dass der fremde Planet, auf dem er nach einem ewig langem Flug durch das Weltall gelandet war und auf dem Affen Menschen bestenfalls als Haustiere betrachten, die Erde war, war der Anblick der Freiheitsstatue ein Schock und eines der ikonischen Filmenden. In den nächsten Jahren gab es etliche Fortsetzungen, ehe die Begeisterung für menschliche Affen nachließ.
Als vor drei Jahren mit „Planet der Affen: Prevolution“ (Rise of the Planet of the Apes) die Vorgeschichte, natürlich im Reboot-Modus, zum „Planet der Affen“ erzählt wurde, war Rupert Wyatts Film ein Publikums- und Kritikererfolg. Erzählt wurde die Geschichte des Forschers Will Rodman (James Franco), der nach einem Mittel gegen Alzheimer sucht, das an Tieren ausprobiert, auch an seinem Hausaffen Caesar (Andy Serkis), und dabei ein Mittel findet, das Alzheimer aufhalten kann und das Caesar intelligenter macht. Das Mittel wird dann in der Biotech-Firma GenSys an anderen Affen ausprobiert. Der Affe kann sogar sprechen! Die Versuche haben fatale Nebenwirkungen und am Ende brechen die Affen mit der Hilfe von Caesar aus. Es kommt zu einer Schlacht mit der Polizei auf der Golden-Gate-Brücke und die Affen verschwinden im Redwood-Nationalpark
So gelungen „Planet der Affen: Prevolution“ auch war, es war immer nur die Vorgeschichte zu einer größeren Erzählung mit bekanntem Ausgang. Ein Prolog eben, der jetzt in „Planet der Affen: Revolution“ das erste Kapitel einer größeren Geschichte erzählt. Denn obwohl „Planet der Affen: Revolution“ mit über zwei Stunden ziemlich lang geraten ist, ist es eigentlich nur eine zu lang geratene Episode einer TV-Serie, in der es neben der Geschichte der Woche auch etliche episodenübergreifende Handlungsstränge gibt.
Matt Reeves‘ Film beginnt zehn Jahre nach „Planet der Affen: Prevolution“. Mit dem Ausbruch der Affen aus dem Forschungslabor wurde auch ein Virus, die Simianische Grippe, freigesetzt, der die meisten Menschen tötete. Es gibt weltweit nur noch vereinzelte Enklaven. In San Francisco gibt es eine, die von Dreyfus (Gary Oldman) angeführt wird. Der Ex-Polizeipräsident und Kurzzeitbürgermeister von San Francisco ist ihr ruhig und überlegt handelnder Anführer. Ihm zur Seite steht der besonnene Malcolm (Jason Clarke), der jetzt mit einer handvoll Gefährten den Staudamm im Wald, der ihnen Strom liefern soll, wieder in Betrieb setzen soll.
Dabei treffen sie auf Caesar – und wenn wir uns jetzt an die abertausend Western erinnern, in denen Siedler auf Indianer trafen und sie zu fragilen Abkommen kamen, dann können wir uns den weiteren Plot von „Planet der Affen: Revolution“ in bester Malen-nach-Zahlen-Manier ausmalen. Dass die Dialoge der Affen, ihre Handlungen und natürlich ihre Fortbewegung (wobei ein Affe mit Gewehr auf einem Pferd natürlich cool aussieht) dabei direkt aus dem letzten Western geklaut wurde, verstärkt den Eindruck, eine in die nahe Zukunft verlegte Geschichte von einer gut abgehangenen Endlos-TV-Serie wie „Tausend Meilen Staub“ (Rawhide) oder Filmen wie „Der große Treck“ (The big Trail), in denen Siedler auf ihrem Weg durch den Wilden Westen unzählige Abenteuer erleben, sehen.
Allerdings bleibt diese Indianer-Analogie trotz ihres Potentials für die Geschichte und auch die damit verbundene Frage, wie Affen und Menschen miteinander umgehen, an der Oberfläche. Es ist bestenfalls auf dem Niveau der ersten Indianerwestern aus den Fünfzigern, in denen die Botschaft war, dass Indianer auch Menschen und keine Wilden sind, die von dem tapferen weißen Mann dutzendweise abgeknallt werden. Hier sehen wir sogar die ersten Ursprünge einer sich entwickelnden Affengesellschaft.
In diesen Momenten bleibt die Filmgeschichtesträflich unter ihren Möglichkeiten. Statt den Rassenkonflikts intelligent zu thematiseren und auf die Gegenwart zu beziehen (wie es zum Beispiel die neue Version von „Battlestar Galactica“ tat), bleibt es bei einer rein illustrativen Verwendung, bei der wir zwar Affen und Menschen sehen, es sich aber genausogut um Nachbarn handeln könnte, die ein Wasserproblem mit einigen wenigen Verhandlungen lösen, während in beiden Familien die Söhne etwas Randale machen.
Immerhin wissen wir, wie die Geschichte auf lange Sicht endet; – wenn es nicht dank der Änderung des Ursprungs der Affenherrschaft von einem Atomkrieg in dem Original-Planet-der-Affen-Film zu einer Seuche in diesem Film und des damit verbundenen Reboots, der dann auch, wie in „Star Trek“, auf einer anderen Zeitlinie spielt, in den kommenden Filmen zu einer friedlichen Koexistenz zwischen Affen und Menschen kommt, was immerhin für die Menschen (vulgo: die weißen Siedler) eine gute Nachricht wäre.
Die Tricks sind gelungen, obwohl die Affen sich in den Massenszenen immer noch merkwürdig synchron bewegen, die Proportionen in der 3D-Version öfter falsch sind und einige Bewegungen unnatürlich erscheinen. Aber insgesamt gelingt die Verbindung von realen Drehorten, oft mitten im Wald, und Spezialeffekten. Auch der Sound, der alle Boxen des Kinos, vor allem in den im Dorf der Affen spielenden Szenen, sinnvoll und differenziert ausnutzt gefällt.
Insgesamt ist „Planet der Affen: Revolution“ gelungenes Blockbuster-Kino, bei dem man sein Gehirn nicht am Eingang abgeben muss. Im Gegenteil!
Planet der Affen: Revolution (Dawn of the Planet of the Apes, USA 2014)
Regie: Matt Reeves
Drehbuch: Mark Bomback, Rick Jaffa, Amanda Silver
mit Andy Serkis, Jason Clarke, Keri Russell, Gary Oldman, Judy Greer, Toby Kebbell, Kodi Smit-McPhee