Da isser: der 33. MCU-Film und der dritte Film der fünften Phase, die auch Multiverse Saga heißt. Wobei das Multiverse in „The Marvels“, abgesehen von der Szene im Abspann, keine Rolle spielt. Das ist, angesichts der bislang weitgehend vergurkten Ausflüge ins Multiverse gut so. Die Länge ist mit insgesamt 105 Minuten sympathisch kurz. Es ist sogar der kürzeste MCU-Film. Allerdings ist so eine Länge bei einem Blockbuster immer auch ein Hinweis auf Probleme während der Produktion.
In „The Marvels“ öffnet Dar-Benn (Zawe Ashton), eine außerirdische Kree-Wissenschaftlerin, mehrere Portale. Durch diese Wurmlöcher kann in Sekundenbruchteilen durch das Universum gereist oder Gegenstände transportiert werden. Um ihre finsteren Pläne zu verwirklichen, braucht Dar-Benn einen zweiten Armreif. Auf ihrer Suche danach könnte sie so viele Portale öffnen, dass das gesamte Universum instabil wird.
Als ‚Captain Marvel‘ Carol Danvers (Brie Larson), ‚Ms. Marvel‘ Kamala Khan (Iman Vellani) und S.A.B.E.R.-Astronautin Captain Monica Rambeau (Teyonah Parris) zufällig, an verschiedenen Orten, so ein Portal berühren, gehen ihre Lichtkräfte eine ungeplante Verbindung ein. Wenn sie jetzt ihre Kräfte benutzen, tauschen sie ihre Position. Also Danvers ist dann an dem Ort, an dem vorher Khan war; Khan ist an dem Ort, an dem Danvers war und Rambeau hat möglicherweise ebenfalls ihren Ort mit Danvers oder Khan getauscht. Das sorgt anfangs, wenn sie gleichzeitig an verschiedenen Orten im Weltall gegen Bösewichter kämpfen und nach jedem Schlag an einem anderen Kampfschauplatz sind, für etwas Amüsement. Schnell wird dieses Wechselspiel zu einem ermüdend-sinnfreiem, keiner offensichtlichen Regel gehorchendem Gimmick.
Um das Universum zu retten, schließen sich Danvers, Khan (die den zweiten Armreif als Schmuck trägt) und Rambeau zusammen, nennen sich „The Marvels“ und kämpfen gegen die scheinbar unbesiegbare Dar-Benn.
Die Story ist letztendlich ein banaler Gut-gegen-Böse-Kampf ohne irgendeine Überraschung. Präsentiert wird sie als eine endlose Klopperei, die in der Mitte unterbrochen wird von etwas Comedy im Raumschiff von Carol Danvers und einem Besuch auf dem Planeten Aladna, auf dem ständig gesungen wird und Danvers so etwas wie die allseits beliebte und verehrte Gattin des Herrschers ist (Fragt nicht, genauer wird es im Film nicht erklärt). Keiner Figur wird ein großer Auftritt zugebilligt. Keine Figur hat eine Geschichte. Die Flashbacks zum ersten „Captain Marvel“-Film sind so kurz, dass sie nur für die Menschen verständlich sind, die sich noch sehr gut an diesen Film erinnern. Weitere für „The Marvels“ wichtige Hintergrundgeschichten wurden in verschiedenen Streamingserien abgehandelt. Für „The Marvels“ gehen die Macher davon aus, dass „Ms. Marvel“, „WandaVision“ (für Monica Rambeaus Geschichte) und „Secret Invasion“ (Samuel L. Jackson ist wieder als Nick Fury dabei) gesehen wurden. Neben dem Spielfilm „Captain Marvel“ und den sich daran anschließenden Kurzauftritten von Carol Danvers in anderen Marvel-Filmen. Immerhin, und das ist dann wohl die gute Nachricht, müssen die andere Filme der fünften Phase für diesen Superheldenfilm nicht nachgeholt werden.
Keine Figur hat eine Entwicklung. Welche Figur welche Superkräfte hat, dürfte auch nach dem Film niemand wissen. Im Zweifelsfall können sie alle gut zuschlagen und ein gut platzierter Kinnhaken setzt den Gegner außer Gefecht. Das Tauschen der Orte beim Einsatz ihrer Kräfte erfolgt absolut willkürlich und beliebig. Immerhin bemühen die Macher sich auch nicht, uns das alles zu erklären.
Die Beziehungen der Figuren untereinander sind nicht existent. Nie entsteht bei den Marvels das Gemeinschaftsgefühl, das wir bei den Avengers oder den Guardians of the Galaxy hatten. Nämlich dass in dem Film eine Gruppe sich gegenseitig ergänzender und sich gut untereinander verstehender Figuren gemeinsam gegen einen Bösewicht kämpft. Es waren Kumpels, mit denen man gerne einen Kinoabend verbrachte. In „The Marvels“ sind es nur drei Frauen in einer Zwangsgemeinschaft, die lieber gestern als heute wieder getrennte Wege gehen würden.
Unabhängig von den kolportierten Problemen während der Produktion hatte ich nie den Eindruck, dass hier ein kohärentes Drehbuch verfilmt wurde. „The Marvels“ wirkt eher wie ein panisches Zusammenschneiden der irgendwie verwertbaren Teile von den Dreharbeiten, die mit viel sinnfreier Action und Katzen auf Spielfilmlänge gestreckt wurde.
Insofern reiht „The Marvels“ sich nahtlos in die vorherigen MCU-Filme ein.
mit Brie Larson, Teyonah Parris, Iman Vellani, Samuel L. Jackson, Zawe Ashton, Gary Lewis, Seo-Jun Park, Zenobia Shroff, Mohan Kapur, Saagar Shaikh
Länge: 105 Minuten
FSK: ab 12 Jahre
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Lektürehinweis
Wie schon bei einigen anderen DC- und Marvel-Superheldenfilmen veröffentlicht Panini Comics pünktlich zum Filmstart eine Anthologie über die Ursprünge und Veränderungen des in dem Buch porträtierten Helden oder, wie in diesem Fall, ‚Gruppe‘. Die Marvels sind in dem Buch ‚Captain Marvel‘ Carol Danvers, ‚Ms. Marvel‘ Kamala Khan und ‚Photon‘ Monica Rambeau. Ihren ersten Auftritt hatte ‚Captain Marvel‘ Carol Danvers 1968. Rambeau hatte 1982 in „Amazing Spider-Man Annual 16“ ihr Debüt als ‚Captain Marvel‘. Später und meisten hieß sie ‚Photon‘. Kamala Khan ist ein Fan von Captain America. Deshalb nennt sie sich ‚Ms. Marvel‘. Ihr erster Auftritt war 2013 in einem „Captain Marvel“-Comic. 2014 startete eine eigene Comicserie mit ihr.
Wie und welche Irrungen und Wirrungen sie seit 1968 in den Comics erlebten und wie verschiedene Autoren und Zeichner die Frauen immer wieder an den Zeitgeist anpassten, kann in „The Marvels: Durch alle Zeiten – Die Marvels-Anthologie“ mit kundigen Einführungen zu den jeweiligen Geschichten und den ausgewählten Geschichten nachgelesen werden. Der neueste Nachdruck ist ein „Captain Marvel“-Comic von 2019.
Auch dieser Sammelband ist, wie die in den vergangenen Jahren erschienenen Anthologie-Bänden, eine äußerst lesenswerte, kurzweilige und informative Einführung in die Geschichte der porträtierten Figur.
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The Marvels: Durch alle Zeiten – Die Marvels-Anthologie
Beale Street (If Beale Street could talk, USA 2018)
Regie: Barry Jenkins
Drehbuch: Barry Jenkins
LV: James Baldwin: If Beale Street could talk, 1974 (Beale Street Blues)
Harlem in den frühen Siebzigern: der 21-jährige Fonny sitzt im Gefängnis. Er soll ene Puerto Ricanerin vergewaltigt haben. Seine Freundin Tish ist von seiner Unschuld überzeugt.
TV-Premiere. Überaus gelungenes, in Rückblenden erzähltes Drama über ein Liebespaar und einen nur wegen seiner Hautfarbe inhaftierten Mann. Damit ist „Beale Street“, von „Moonlight“-Regisseur Barry Jenkins nach dem Roman von James Baldwin inszeniert, auch eine Anklage gegen den Rassismus in den USA.
mit KiKi Layne, Stephan James, Regina King, Colman Domingo, Teyonah Parris, Michael Beach, Aunjanue Ellis, Ebony Obsidian, Dominique Thorne, Diego Luna, Finn Wittrock, Ed Skrein, Brian Tyree Henry, Dave Franco, Pedro Pascal
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Die lesenswerte Vorlage und ein klassisches Essay von James Baldwin
James Baldwin: Beale Street Blues
(neu übersetzt von Miriam Mandelkow, mit einem Nachwort von Daniel Schreiber)
dtv, 2019
224 Seiten
12,90 Euro
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Oritinalausgabe
If Beale Street could talk
Dial Press, New York, 1974
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James Baldwin: Nach der Flut das Feuer – The Fire next Time
(neu übersetzt von Miriam Mandelkow, mit einem Vorwort von Jana Pareigis und einer Nachbemerkung von Miriam Mandelkow zur Übersetzung)
Zehn Film werde ich jetzt besprechen. Dabei starten heute sogar siebzehn Filme. Und nur einem Film wünsche ich eine möglichst kurze Zeit in den Kinos. Die anderen sind vielleicht nicht alle kommende Klassiker, manche sind auch zwiespältig oder nur für ein bestimmtes Publikum geeignet (Ja, Killer’s Bodyguard, du bist gemeint), aber doch, in dem Fall für die Zielgruppe, mindestens einen Blick wert.
Im ersten Teil bespreche ich „Candyman“, „Coup“, „Killer’s Bodyguard 2“, „Die Mafia ist auch nicht mehr das, was sie mal war“ und „Martin Eden“; im zweiten Teil „Reminiscence: Die Erinnerung stirbt nie“, „Die Rote Kapelle“, „Sky Sharks“, „Tides“ und „Die Unbeugsamen“.
Beginnen wir in alphabetischer Reihenfolge mit dem Mann, der Süßigkeiten an kleine Kinder verteilt.
„Candyman“ ist irgendetwas zwischen Remake, Reboot, Prequel und Weitererzählung von „Candyman’s Fluch“ (Candyman, USA 1992). In den ersten Minuten wird nämlich von einem Auftauchen des titelgebenden Candymans im Sommer 1977 in Chicago in der real existierenden Sozialwohnungssiedlung Cabrini-Green erzählt. Dann springt die Filmgeschichte in die Gegenwart. Cabrini-Green ist inzwischen gentrifiziert. In einem der neuen Nobelapartments wohnt der schwarze Künstler Anthony McCoy. Als er die Geschichte von Candyman hört, ist er fasziniert. Schnell beschließt er, dass er sich in seinem neuen Projekt mit diesem Candyman und seinen Taten in Cabrini-Green beschäftigen will. In dem Moment ahnt er noch nicht, dass er dabei auch dem titelgebenden Mann mit den Süßigkeiten begegnen wird. Denn er taucht immer dann auf, wenn man seinen Namen fünfmal in einen Spiegel sagt (Nein! Nicht ausprobieren!).
Jordan Peele („Get out“) produzierte und schrieb das Drehbuch für diese Neuinterpretation einer Großstadtlegende. Die Regie übernahm die 1989 in Brooklyn geborene Nia DaCosta. Ihr Spielfilmdebüt war „Little Woods“. Ihr nächster Film ist der Marvel-Film „The Marvels“.
„Candyman“ überzeugt vor allem als fast schon hypnotisch langsam erzählter, ätzender Kommentar zu Gentrifizierung, Rassismus und männlichen Selbstzweifeln. Weil der Protagonist ein Künstler ist, sind diese Sellbstzweifel monströs und die Macher können auch einen sarkastischen Blick auf die Kunstszene werfen. In den Städten ist sie ein Treiber der Gentrifizierung und Anthonys neues Projekt lebt genau von diesem Zwiespalt: einerseits will er in seinem neuen Werk auf die Geschichte bekannter machen, andererseits beutet er sie für seine Karriere aus. Vor allem nachdem nach der Präsentation seiner Werke in einer Galerie ein bestialischer Doppelmord geschieht, steigt der Preis für seine Bilder rapide.
Die üblichen Horrormomente, also vor allem die brutalen und blutige Morde, werden meistens nicht gezeigt. Die Opfer schon. Traditionelle Jumpscares werden auch größtenteils vermieden. Stattdessen wird die Vergangenheit von Candyman im Stil eines Schattenspiels erzählt.
Insofern kann „Candyman“ als gelungene Wiederbelebung eines schon toten Horrorfilm-Franchises aus dezidiert afroamerikanischer Perspektive gesehen werden. Denn selbstverständlich gab es nach dem überraschenden Erfolg des ersten „Candyman“-Films weitere, schlechtere und unbekanntere „Candyman“-Filme.
Allerdings hatte ich auch den Eindruck, dass der „Candyman“-Mythos die Macher beim Erzählen ihrer Geschichte etwas hinderte. Schließlich mussten sie immer wieder auf die aus den vorherigen Filmen bekannte Großstadtlegende von dem Killer mit der Hakenhand, sein Schicksal und seine Taten verweisen, anstatt eine eigene urban legend zu erfinden.
Candyman (Candyman, USA 2021)
Regie: Nia DaCosta
Drehbuch: Jordan Peele, Win Rosenfeld, Nia DaCosta
mit Yahya Abdul-Mateen II, Teyonah Parris, Nathan Stewart-Jarrett, Colman Comingo, Kyle Kaminsky, Vanessa Williams, Brian King, Rebecca Spence, Tony Todd
Auf den ersten Blick wirkt „Coup“ wie der nächste Versuch eines deutschen Genrefilms. Im Mittelpunkt der wahren Geschichte steht ein 22-jähriger Bankangestellter. Obwohl er nur lustlos arbeitet, hat er eine feste Anstellung und finanziell eigentlich ausgesorgt. Da entdeckt er eine Sicherheitslücke. Er nutzt sie aus und hat plötzlich mehrere Millionen Deutsche Mark. Zusammen mit seinem besten Freund, wie er ein Rocker, flüchtet er nach Australien. Dort geben sie das erbeutete Geld mit vollen Händen aus. Er möchte auch, dass seine große Liebe und ihr gemeinsames Kind nachkommen. Aber sie will nicht.
In seinem Regiedebüt erzählt Sven O. Hill diese Geschichte mit einem minimalen Budget und einem Mix aus Real- und Animationsfilm. Erzählt wird die Geschichte von dem Bankräuber, der sie Hill erzählte und der immer noch etwas fassungslos über seinen 1988 erfolgten Bankraub ist.
Das Problem dieser verfilmten wahren Geschichte ist dann die wahre Geschichte, die halt nicht den Hollywood-Drehbuchregeln folgt und deshalb etwas spannungs- und konfliktfrei ist. Denn brenzlig oder gefährlich wird es für für ihn nie.
„Coup“ ist kein pulstreibendes Krimidrama, sondern eine Schnurre mit nett-verpeilten Hamburger Jungs und ein Blick in die bundesdeutsche Vergangenheit als eine Anstellung bei einer Bank eine krisensichere Arbeit bis zur Rente war.
Coup (Deutschland 2019)
Regie: Sven O. Hill
Drehbuch: Sven O. Hill
mit Daniel Michel, Rocko Schamoni, Tomasz Robak, Paula Kalenberg
Die Story von „Killers’s Bodyguard 2“, bzw. im Original mit „The Hitman’s Wife Bodyguard“ treffender betitelt, ist Unfug, der nur existiert, um exzessive Gewalt, Brachialhumor und ein gutgelauntes Ensemble im konstanten Overacting-Modus zusammem zu führen.
Diese Fortsetzung knüpft an „Killer’s Bodyguard“ an. In dem Überraschungserfolg musste der Top-Bodyguard Michael Bryce (Ryan Reynolds) den erfolgreichen Profikiller Darius Kincaid (Samuel L. Jackson) lebendig von Coventry nach Den Haag bringen. Bei der Mission gab es Verletzte, Tote und erhebliche Schäden an Fahrzeugen und Gebäuden.
Jetzt ist Bryce immer noch todunglücklich über den Verlust seines Top-Ratings als Bodyguard (das gibt es in dieser Welt) und seiner Lizenz (auch das gibt es in dieser Welt). Als er sich auf Anraten seiner Therapeutin, die ihren therapieunfähigen Patienten unbedingt loswerden will, in einen Erholungsurlaub begibt, wird er von Sonia Kincaid (Salma Hayek), der Frau von Darius Kincaid, gefunden und sofort in ein riesiges Gefecht mit einer Hundertschaft schieß- und gewalttätiger Männer verwickelt. Während er unter keinen Umständen eine Waffe anrühren möchte, ballert sie wild drauflos.
Sie entkommen und stolpern gleich in die nächste Schlacht. Denn Sonia will unbedingt ihren von einem Mafiosi entführten Mann befreien und sie möchte Mutter werden (dabei ist sie die ungeeignetste Person dafür). Außerdem werden sie von dem echt harten, immer schlecht gelauntem Interpol-Agenten Bobby O’Neill (Frank Grillo), der unbedingt wieder zurück in die USA will, erpresst, den größenwahnsinnigen griechischen Cyberterroristen Aristoteles Papadopolous (Antonio Banderas) auszuschalten.
Die James-Bond-würdige Geschichte erhebt sich bei ihrer europäischen Sightseeing-Tour nie über das Niveau der Rollennamen. Da werden die Klischees munter aneinandergereiht und zitiert; in dem vollen Bewusstsein, dass jeder im Saal die Anspielungen versteht.
Und dann tritt auch noch Morgan Freeman als Quasi-Gott auf. Im Film ist das einer der wirklich überraschenden Momente. Wer allerdings einen Blick auf das Plakat geworfen hat, weiß, dass Morgan Freeman mitspielt.
In der richtigen Stimmung ist Buddy-Movie (oder Buddy-Buddy-Movie) „Killer’s Bodyguard 2“ ein spaßiger Film, sozusagen der räudige, sich schlecht benehmende, sein schlechtes Benehmen geniesende Bruder von „Free Guy“, ebenfalls mit Ryan Reynolds.
Killer’s Bodyguard 2 (The Hitman’s Wife Bodyguard, USA 2021)
Regie: Patrick Hughes
Drehbuch: Tom O’Connor
mit Ryan Reynolds, Samuel L. Jackson, Salma Hayek, Antonio Banderas, Morgan Freeman, Frank Grillo, Caroline Goodall, Rebecca Front, Gabriella Wright, Alice McMillan,
Bleiben wir in Italien. Aber während „Killer’s Bodyguard 2“ Italien nur für den Klischeetrip US-amerikanischer Prägung benutzt, taucht Franco Maresco in seinem neuen Film „Die Mafia ist auch nicht mehr das, was sie mal war“ tief in den sizilianischen Alltag ein.
Am 23. Mai 1992 und am 19. Juli 1992 verübte die Mafia Bombenattentate auf die Richter Giovanni Falcone und Paolo Borsellino. Die Attentate, bei denen auch mehrere Unbeteiligte starben, waren letztendlich auch das Ende der Mafia, wie wir sie aus unzähligen Filmen kennen.
25 Jahre später will Maresco in Palermo die Feiern zu ihrem Todestag aufnehmen. Dafür begleitet er die Fotografin Letizia Battaglia. Sie dokumentierte ab den Siebzigern die Morde der Mafiosi. Sein zweiter Protagonist ist der Party-Veranstalter Ciccio Mira, der mit vielen Künstlern eine Feier zu Ehren der beiden ermordeten Mafiajäger durchführen will. Seine an Peinlichkeit kaum zu überbietende Dorfkirmes-Veranstaltung mit untalentierten Amateurkünstlern lebt von dem Gegensatz zwischen der erklärten Absicht, Borsellino und Falcone zu ehren, und der Realität, in der die Veranstalter und die Künstler wortreich nicht erklären können, warum sie an der Veranstaltung teilnehmen wollen und sie sich nicht von der Mafia distanzieren wollen.
In seinem Dokumentarfilm bedient Maresco sich eines satirischen Ansatzes, bei dem immer unklar ist, wie sehr die einzelnen Szenen inszeniert sind. Denn er ist ein ausgesucht respektloser und penetranter Fragensteller. Trotzdem ertragen seine Interviewpartner ihn klaglos und höflich. Auch wernn er zum x-ten Mal von ihnen ein Bekenntnis gegen die Mafia hören will. Oder er den immer freundlichen, aber auch sehr halbseidenen Festivalveranstalter Mira ins Kreuzverhör nimmt und dieser wort- und gestenreich ausweicht.
„Die Mafia ist auch nicht mehr das, was sie mal war“ ist eine sehr italienische satirische Doku, die perfekt in kleine, schummerige Arthauskinos passt. Die Studentenkinos sind ja noch geschlossen.
Die Mafia ist auch nicht mehr das, was sie mal war(La mafia non è più quella di una volta, Italien 2019)
Regie: Franco Maresco
Drehbuch: Franco Maresco, Claudia Uzzo, Francesco Guttuso, Giuliano La Franca, Uliano Greca
mit Letizia Battaglia, Ciccio Mira, Matteo Mannino, Christian Miscel, Franco Zecchin
Wikipedia über „Die Mafia ist auch nicht mehr das, was sie mal war“ (englisch, italienisch)
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Wir bleiben in Italien. „Martin Eden“ ist die freie Verfilmung von Jack Londons gleichamigem, autobiographisch inspiriertem Roman. Pietro Marcello verlegte die Geschichte in seinem Spielfilmdebüt in das Nachkriegsitalien des Neorealismus.
Wie Dominik Graf in seiner Erich-Kästner-Verfilmung „Fabian oder Der Gang vor die Hunde“ erstarrt Marcello nicht in Ehrfurcht vor der Vorlage. Er bebildert sie nicht, sondern eignet sie sich an, interpretiert und verändert sie; dabei benutzt er die filmischen Mittel, die ihm passen. Die Geschichte gewinnt eine zeitlose Qualität, die immer an eine unspezifische Vergangenheit und die große Zeit des italienischen Kinos erinnert.
Martin Eden ist ein ungebildeter Seemann und Landarbeiter. Er gehört zum Subproletariat. Als er im Hafen von Neapel die großbürgerliche Elena Orsini vor einigen Schlägern rettet, öffnet sich für ihn eine Tür in eine andere Welt. Er verliebt sich in sie und sie scheint auch etwas für ihn zu empfinden. Um sie zu beeindrucken, beginnt er hochliterarische Werke zu lesen und er möchte Schriftsteller werden.
Einer der wenigen Menschen, die an ihn glaubt ist der Bohemien und Sozalist Russ Brissenden. Er fragt sich aber auch, ob Eden erfolgreich sein kann, ohne sich zu verraten. Falls er überhaupt einen Text verkaufen kann.
Martin Eden (Martin Eden, Italien/Frankreich/Deutschland 2019)
Regie: Pietro Marcello
Drehbuch: Maurizio Braucci, Pietro Marcello
LV: Jack London: Martin Eden, 1909 (Martin Eden)
mit Luca Marinelli, Jessica Cressy, Denise Sardisco, Vincenzo Nemolato, Carmen Pommella, Elisabetta Volagoi, Marco Leonardi, Autilia Ranieri, Pietro Raguso, Carlo Cecchi
Bei der diesjährigen „Oscar“-Preisverleihung erhielt Regine King den Oscar als beste Nebendarstellerin. Ansonsten wurde Barry Jenkins‘ berührendes Drama mit insgesamt nur drei Nominierungen sträflich ignoriert. Nicht einmal eine Nominierung als bester Film war drin. Und diese Nominierung, – eigentlich auch den Preis -, hätte „If Beale Street could talk“ (bei uns zu „Beale Street“ gekürzt) auch verdient.
Jenkins erzählt die in den frühen siebziger Jahren in Harlem spielende Geschichte von Tish Rivers. Die Neunzehnjährige ist verliebt in Fonny Hunt, den sie schon seit einer Ewigkeit kennt. Vor kurzem verlobten sie sich und demnächst wollen sie auch heiraten.
Eines Tages wird er verhaftet. Er soll eine Puerto-Ricanerin vergewaltigt haben. Er beteuert seine Unschuld. Trotzdem wandert er, ohne Prozess, ins Gefängnis. Nur Tish, ihre Familie und Fonnys Familie glauben an seine Unschuld. Während sie versuchen, ihn aus der Haft zu befreien, erfährt Tish, dass sie von Fonny schwanger ist.
Für ihre in ärmlichen Verhältnissen lebende Familie ist das nur ein weiteres Problem.
Das ist einer der schönen und lebenswahren Momente in Jenkins‘ James-Baldwin-Verfilmung. Konflikte werden im Kreis der Familie gelöst. Tishs Familie hält, auch wenn sie sich mal lautstark zankt, zusammen. Sie ist, auch wenn das jetzt konservativ und pathetisch klingt, eine Wertegemeinschaft. Die Gegner sind ein weißer Polizist und das von ihm verkörperte System, das Schwarze konsequent benachteiligt.
Barry Jenkins schrieb das Drehbuch für „Beale Street“ vor sechs Jahren während eines längeren Europa-Aufenthalts. Im Sommer 2013 schrieb er in Brüssel „Moonlight“ und danach in Berlin „Beale Street“, der als Gegenentwurf zu „Moonlight“ gesehen werden kann. Immerhin erzählt der eine Film von einer nicht funktionierenden, der andere von einer funktionierenden Familie. Um nur einen Punkt zu nennen. Die Verhandlungen mit Baldwins Nachlassverwaltern dauerten dann einige Zeit, bis alle Fragen für die erste US-amerikanische Kinoverfilmung geklärt waren. Währenddessen drehte er „Moonlight“. Der Film war sein Durchbruch. Er erhielt den Drehbuchoscar und der Film erhielt, in einer denkwürdigen Zeremonie, den Oscar als bester Film des Jahres. Neben vielen anderen Preisen.
Entsprechend hoch waren die Erwartungen an seinen nächsten Film. Er erfüllt sie mit einer zu Herzen gehenden Liebesgeschichte, die leicht ein Nicholas-Sparks-Kitschfeuerwerk hätte werden können.
Baldwins Roman „Beale Street Blues“ wurde bereits einmal verfilmt. Von Robert Guédiguian als 1998 als „À la place du coeur“ (Die Farbe des Herzens). Diese erste Verfilmung verlegte die Geschichte nach Marseille und auch wenn Beale Street überall sein kann, ist sie in New York, genauer in Harlem.
Jenkins erzählt, wie in „Moonlight“, eine universelle Geschichte, die gerade wegen ihrem genauen Blick auf seine Charaktere, ihr Umfeld und ihren Alltag ganz genau an einem bestimmten Ort und einer bestimmten Zeit verortet ist. Niemand wird Tishs Wohnung für das Zimmer einer heute in Harlem lebenden jungen Frau halten. Gerade dadurch kann Jenkins eine allgemeingültige Geschichte erzählen.
Sie ist auch heute, angesichts der Black-Live-Matters-Proteste, genauso relevant wie damals, als Baldwin die Geschichte von Tish und Fonny erzählte. Nicht nur in den USA, sondern weltweit.
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Beim wiederholten Ansehen fällt wieder auf, wie elegant Barry Jenkins zwischen Gegenwart und Vergangenheit hin und her schneidet, wie langsam er die Geschichte erzählt, wie kunstvoll jedes Bild komponiert ist und wie traurig die Musik ist. Damit wird schon in den ersten Minuten jede Hoffnung auf ein konventionelles Hollywood-Happy-End zerstört. Jenkins sehenswerte Baldwin-Verfilmung ist allerdings auch keine frenetische Anklage gegen das US-Justizsystem (obwohl die Geschichte von Fonny und Tish genug Gründe dafür liefert), sondern eine todtraurig-melancholische Liebesgeschichte über zwei junge Menschen, von denen der eine verurteilt werden soll, weil er ein Afroamerikaner ist.
Nicholas Britell war für seine Filmmusik für einen Oscar nominiert. Er komponierte auch die ebenfalls Oscar-nominierte Musik für „Moonlight“.
James Laxton war auch bei „Moonlight“ Kameramann.
Das Bonusmaterial befindet sich mit dem noch nicht einmal fünfminütigem, belanglosen Minifeaturette „Behind the Scenes“ noch unter der Wahrnehmungsschwelle.
Beale Street (If Beale Street could talk, USA 2018)
Regie: Barry Jenkins
Drehbuch: Barry Jenkins
LV: James Baldwin: If Beale Street could talk, 1974 (Beale Street Blues)
mit KiKi Layne, Stephan James, Regina King, Colman Domingo, Teyonah Parris, Michael Beach, Aunjanue Ellis, Ebony Obsidian, Dominique Thorne, Diego Luna, Finn Wittrock, Ed Skrein, Brian Tyree Henry, Dave Franco, Pedro Pascal
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DVD
DCM/Universum Film
Bild: 2.00:1
Ton: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch
Bonusmaterial: Behind the Scenes, Wendecover
Länge: 114 Minuten
FSK: ab 12 Jahre
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Die lesenswerte Vorlage und ein klassisches Essay von James Baldwin
James Baldwin: Beale Street Blues
(neu übersetzt von Miriam Mandelkow, mit einem Nachwort von Daniel Schreiber)
dtv, 2019
224 Seiten
12,90 Euro
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Oritinalausgabe
If Beale Street could talk
Dial Press, New York, 1974
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James Baldwin: Nach der Flut das Feuer – The Fire next Time
(neu übersetzt von Miriam Mandelkow, mit einem Vorwort von Jana Pareigis und einer Nachbemerkung von Miriam Mandelkow zur Übersetzung)
Bei der diesjährigen „Oscar“-Preisverleihung erhielt Regine King den Oscar als beste Nebendarstellerin. Ansonsten wurde Barry Jenkins‘ berührendes Drama mit insgesamt nur drei Nominierungen sträflich ignoriert. Nicht einmal eine Nominierung als bester Film war drin. Und diese Nominierung, – eigentlich auch den Preis -, hätte „If Beale Street could talk“ (bei uns zu „Beale Street“ gekürzt) auch verdient.
Jenkins erzählt die in den frühen siebziger Jahren in Harlem spielende Geschichte von Tish Rivers. Die Neunzehnjährige ist verliebt in Fonny Hunt, den sie schon seit einer Ewigkeit kennt. Vor kurzem verlobten sie sich und demnächst wollen sie auch heiraten.
Eines Tages wird er verhaftet. Er soll eine Puerto-Ricanerin vergewaltigt haben. Er beteuert seine Unschuld. Trotzdem wandert er, ohne Prozess, ins Gefängnis. Nur Tish, ihre Familie und Fonnys Familie glauben an seine Unschuld. Während sie versuchen, ihn aus der Haft zu befreien, erfährt Tish, dass sie von Fonny schwanger ist.
Für ihre in ärmlichen Verhältnissen lebende Familie ist das nur ein weiteres Problem.
Das ist einer der schönen und lebenswahren Momente in Jenkins‘ James-Baldwin-Verfilmung. Konflikte werden im Kreis der Familie gelöst. Tishs Familie hält, auch wenn sie sich mal lautstark zankt, zusammen. Sie ist, auch wenn das jetzt konservativ und pathetisch klingt, eine Wertegemeinschaft. Die Gegner sind ein weißer Polizist und das von ihm verkörperte System, das Schwarze konsequent benachteiligt.
Barry Jenkins schrieb das Drehbuch für „Beale Street“ vor sechs Jahren während eines längeren Europa-Aufenthalts. Im Sommer 2013 schrieb er in Brüssel „Moonlight“ und danach in Berlin „Beale Street“, der als Gegenentwurf zu „Moonlight“ gesehen werden kann. Immerhin erzählt der eine Film von einer nicht funktionierenden, der andere von einer funktionierenden Familie. Um nur einen Punkt zu nennen. Die Verhandlungen mit Baldwins Nachlassverwaltern dauerten dann einige Zeit, bis alle Fragen für die erste US-amerikanische Kinoverfilmung geklärt waren. Währenddessen drehte er „Moonlight“. Der Film war sein Durchbruch. Er erhielt den Drehbuchoscar und der Film erhielt, in einer denkwürdigen Zeremonie, den Oscar als bester Film des Jahres. Neben vielen anderen Preisen.
Entsprechend hoch waren die Erwartungen an seinen nächsten Film. Er erfüllt sie mit einer zu Herzen gehenden Liebesgeschichte, die leicht ein Nicholas-Sparks-Kitschfeuerwerk hätte werden können.
Baldwins Roman „Beale Street Blues“ wurde bereits einmal verfilmt. Von Robert Guédiguian als 1998 als „À la place du coeur“ (Die Farbe des Herzens). Diese erste Verfilmung verlegte die Geschichte nach Marseille und auch wenn Beale Street überall sein kann, ist sie in New York, genauer in Harlem.
Jenkins erzählt, wie in „Moonlight“, eine universelle Geschichte, die gerade wegen ihrem genauen Blick auf seine Charaktere, ihr Umfeld und ihren Alltag ganz genau an einem bestimmten Ort und einer bestimmten Zeit verortet ist. Niemand wird Tishs Wohnung für das Zimmer einer heute in Harlem lebenden jungen Frau halten. Gerade dadurch kann Jenkins eine allgemeingültige Geschichte erzählen.
Sie ist auch heute, angesichts der Black-Live-Matters-Proteste, genauso relevant wie damals, als Baldwin die Geschichte von Tish und Fonny erzählte. Nicht nur in den USA, sondern weltweit.
Beale Street (If Beale Street could talk, USA 2018)
Regie: Barry Jenkins
Drehbuch: Barry Jenkins
LV: James Baldwin: If Beale Street could talk, 1974 (Beale Street Blues)
mit KiKi Layne, Stephan James, Regina King, Colman Domingo, Teyonah Parris, Michael Beach, Aunjanue Ellis, Ebony Obsidian, Dominique Thorne, Diego Luna, Finn Wittrock, Ed Skrein, Brian Tyree Henry, Dave Franco
Barry Jenkins (Regie, Drehbuch), Stephan James (Fonny) und Kiki Layne (Tish) sprechen über den Film
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Nachtrag (21. März 2019)
Zum Filmstart von „Beale Street“ erschien bei dtv die Taschenbuchausgabe von James Baldwins Roman „Beale Street Blues“. Schon einige Tage früher erschien James Baldwins Essay „Nach der Flut das Feuer„. Ebenfalls in einer neuen Übersetzung. In dem Essay, das 1963 als „The Fire next Time“ erschien, schreibt er über die Rassenproblematik in den USA.
Im Taschen Verlag erschien jetzt „The Fire next Time“ mit zeitgenössischen Bildern von Steve Schapiro in der gebundenen Standardausgabe. Die kostet 40 Euro.
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James Baldwin: Beale Street Blues
(neu übersetzt von Miriam Mandelkow, mit einem Nachwort von Daniel Schreiber)
dtv, 2019
224 Seiten
12,90 Euro
–
Oritinalausgabe
If Beale Street could talk
Dial Press, New York, 1974
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James Baldwin: Nach der Flut das Feuer – The Fire next Time
(neu übersetzt von Miriam Mandelkow, mit einem Vorwort von Jana Pareigis und einer Nachbemerkung von Miriam Mandelkow zur Übersetzung)