TV-Tipp für den 4. September: München

September 3, 2022

Arte, 21.50

München (Munich, USA 2005)

Regie: Steven Spielberg

Drehbuch: Tony Kushner, Eric Roth, Charles Randolph

Während der Olympiade 1972 in München töten Mitglieder der palästinensischen Terrorgruppe Schwarzer September elf israelische Athleten Danach beauftragt die israelische Regierung den jungen Mossad-Agenten Avner Kaufman, zusammen mit einem kleinem Team, die Drahtzieher des Anschlags zu finden und zu töten.

Spannender, etwas lang geratener und damals kontrovers diskutierter Thriller, der sich etwas unglücklich zwischen die Stühle setzt.

mit Eric Bana, Geoffrey Rush, Daniel Craig, Hanns Zischler, Mathieu Kassovitz, Ayelet Zurer, Ciarán Hinds, Lynn Cohen, Mathieu Amalric, Michael Lonsdale, Valeria Bruni Tedeschi, Moritz Bleibtreu, Meret Becker

Hinweise

Rotten Tomatoes über „München“

Wikipedia über „München“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Steven Spielbergs “Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels” (Indiana Jones and the kingdom of the skull, USA 2008)

Meine Besprechung von Steven Spielbergs “Gefährten” (War Horse, USA 2011)

Meine Besprechung von Steven Spielbergs “Lincoln” (Lincoln, USA 2012)

Meine Besprechung von Steven Spielbergs „Bridge of Spies – Der Unterhändler“ (Bridge of Spies, USA 2015)

Meine Besprechung von Steven Spielbergs „BFG – Big Friendly Giant (The BFG, USA 2016)

Meine Besprechung von Steven Spielbergs „Die Verlegerin“ (The Post, USA 2017)

Meine Besprechung von Steven Spielbergs „Ready Player One“ (Ready Player One, USA 2018)

Meine Besprechung von Steven Spielbergs „West Side Story“ (West Side Story, USA 2021)

Steven Spielberg in der Kriminalakte


DVD-Kritik: „The Forgiven – Ohne Vergebung gibt es keine Zukunft“ in Südafrika nach dem Ende der Apartheid

März 25, 2021

Mit dem Ende der Apartheid stand Südafrika vor der Frage, wie das Land vor einem Bürgerkrieg bewahrt werden kann und wie mit der Schuld der weißen Unterdrücker umgegangen werden kann. Die Beispiele aus Deutschland, nämlich der Umgang mit der Nazi-Diktatur (totschweigen, integrieren) und der DDR-Diktatur (anklagen, einsperren), hatten ihre eigenen Probleme. Südafrika wählte einen anderen Weg: Nelson Mandela richtete Wahrheitskommissionen ein, in denen öffentlich die Verfehlungen des vorherigen Regimes und der daran beteiligten Menschen aufgearbeitet wurden. Die Täter, die alle ihre Taten gestanden, wurden nicht verurteilt.

Dieses Verfahren (selbstverständlich neben einigen anderen Maßnahmen) bewahrte das Land vor einem Bürgerkrieg. Es war aber auch mit großen Belastungen verbunden. Vor allem für die Opfer und deren Angehörigen, die den Tätern verzeihen mussten. Dafür erfuhren sie, wer ihren Mann oder ihre Kinder folterte und ermordete. Und, falls er spurlos verschwunden war, wo seine Leiche lag. Außerdem mussten die Hinterbliebenen auf ein Gerichtsverfahren und eine Bestrafung verzichten.

Geleitet wurde die südafrikanische Wahrheits- und Versöhnungskommission, die von 1996 bis 1998 arbeitete, von Erzbischof Desmond Tutu. In dem Drama „The Forgiven – Ohne Vergebung gibt es keine Zukunft“ wird der Friedensnobelpreisträger von Forest Whitaker als ein verständnisvoller, verschmitzter Mann mit großem Herz gespielt. Inszeniert wurde der Film von Roland Joffé („The Killing Fields“, „Mission“). Er basiert auf dem Theaterstück „Der Erzbischof und der Antichrist“ von Michael Ashton, das Joffé zusammen mit Ashton zu einem Drehbuch verarbeitete.

Tutu erhält einen Brief von dem inhaftierten Mörder Piet Blomfeld (Eric Bana, hübsch herrenmenschlich unsympathisch diabolisch). Blomfeld möchte sich mit Tutu treffen. Tutu stimmt dem Treffen im Gefängnis zu. Schnell entspinnt sich zwischen den beiden gegensätzlichen Charakteren ein Kampf um die Meinungshoheit am Gefängnistisch.

Diese Gespräch zwischen Tutu und Blomfeld ist eine Thesenschlacht, die nie ihre Herkunft vom Theater verleugnen kann. Das liegt nicht an der Kamera oder mangelnden Außenaufnahmen. Die Kamera ist gut. Außenaufnahmen und Szenen, die nicht im Gefängnis spielen, gibt es reichlich. Es liegt an den Dialogen, die reinstes Thesentheater sind. Es stehen sich zwei gegensätzliche Ansichten zum menschlichen Wesen und der Gesellschaft gegenüber. Der Kampf über die richtige Ansicht wird, wie in einem Universitätsseminar, mit Worten ausgetragen. Argumente, scharfsinnige Beobachtungen und eher plumpe Provokationen von Blomfeld beleuchten verschiedene Aspekte von Schuld, Sühne und Vergebung.

Der Film selbst ist letztendlich Versöhnungskitsch, der viel Verständnis für die weißen Rassisten hat, die als Polizisten während der Apartheid ihre Macht ausnutzten, um zu foltern und zu morden und die nach dem Ende der Apartheid im Gerichtssaal in Tränen ausbrechen, weil sie Angst vor einer Bestrafung haben. Diese Angst hat Blomfeld nicht. Aber ihm wird eine nicht minder ärgerliche Vergangenheit angedichtet.

Und die Schwarzen dürfen gnädig ihren Peinigern die Absolution erteilen. Was das für sie bedeutet, interessiert Joffé leider nicht.

Am Ende ist „The Forgiven“ ein gut gespieltes und wichtige Fragen aufwerfendes, aber letztendlich arg naives Drama.

The Forgiven – Ohne Vergebung gibt es keine Zukunft (The Forgiven, Großbritannien 2017)

Regie: Roland Joffé

Drehbuch: Roland Joffé, Michael Ashton

LV: Michael Ashton: The Archbishop and the Antichrist, 2011 (Der Erzbischof und der Antichrist)

mit Forest Whitaker, Eric Bana, Jeff Gum

DVD

Eurovideo

Bild: 1.85:1

Ton: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 5.1)

Untiertitel:

Bonusmaterial: Deutscher Trailer

Länge: 117 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Blu-ray identisch. Außerdem digital bei den üblichen Dealern verfügbar.

Hinweise

Moviepilot über „The Forgiven“

Metacritic über „The Forgiven“

Rotten Tomatoes über „The Forgiven“

Wikipedia über „The Forgiven“ 


Neu im Kino/Filmkritik: „King Arthur: Legend of the Sword“, mal wieder neu interpretiert

Mai 11, 2017

Bislang tobte Guy Ritchie sich in der Gegenwart aus. Eigentlich immer im Gangstermilieu. Auch seine beiden Sherlock-Holmes-Filme waren mehr gegenwärtig als viktorianisch.

In seinem neuesten Film „King Arthur: Legend of the Sword“ springt er ganz weit in die Vergangenheit und erzählt die Geschichte von König Arthur, dem Schwert Excalibur, das er aus einem Stein herauszieht, der Festung Camelot und den Rittern der Tafelrunde neu. Selbstverständlich in 3D und, wie es sich für eine Big-Budget-Produktion gehört, mit namhafter Besetzung. Auch wenn die wirklich großen Namen fehlen. „Sons of Anarchy“ Charlie Hunnam, Jude Law (der in Ritchies Sherlock-Holmes-Filmen Dr. Watson ist), Djimon Hounsou, Aidan Gillen, Mikael Persbrandt und Eric Bana (der sich mit wenigen Drehtagen aus der Affäre zog) sind alle schauspielerisch erschreckend unterfordert in diesem Fantasy-Mischmasch, der mehr an den Katalog eines Fantasy-Shops als an einen auch nur halbwegs durchdachten Film erinnert.

Die Filmgeschichte beginnt damit, dass Vortigern (Jude Law) seinen Bruder, den rechtmäßigen, allseits beliebten und tapferen König Uther Pendragon (Eric Bana), und dessen Frau feige ermordet.

Pendragons kleiner Sohn kann, wie Moses, auf einem kleinen Boot entkommen. In London, oder Londinium wie es im Film heißt, wird er aufgenommen und wächst zu einem properen Mannsbild heran, das dann wie Charlie Hunnam aussieht. Er ist ein guter Kämpfer und verdient sein Geld als Beschützer eines Etablissements, in dem eine verdächtig hohe Zahl leicht bekleideter, junger Damen arbeitet. Für die weitere Filmgeschichte sind sie unwichtig. Wie es in dem gesamten Film keine einzige auch nur halbwegs interessante oder erinnerungswürdige Frauenfigur gibt. Es gibt daher selbstverständlich auch keine Liebesgeschichte.

Jedenfalls wird Arthur von den Schergen des Königs verhaftet, wie alle jungen Männer nach Camelot gebracht und, potzblitz, er zieht mühelos und erstaunlich lustlos, so als wolle er nur wieder möglichst schnell zurück in sein Bordell, das berühmte, mit magischen Kräften versehene Schwert Excalibur aus dem Stein. Jetzt wissen alle, dass er der rechtmäßige König ist.

Aber der böse König ist noch lange nicht besiegt.

Arthur wird jetzt von Kämpfern des Widerstands gegen Vortigern förmlich in den Kampf gedrängt. Und das ist eine weitere Neuerung: Ritchies König Arthur hat überhaupt keine Lust auf den Thron und er will auch nicht seine Eltern rächen. Das führt dazu, dass Arthur wie ein nasses Hemd im Film herumhängt und nur bei den Actionszenen lebendig wird. Weil: kämpfen kann er. Ohne dass seine weiße Weste einen Blut- oder Dreckspritzer abbekommt.

King Arthur: Legend of the Sword“ will als Neuinterpretation der Artuslegende in keiner Sekunde ein weiterer Ritterfilm sein, der seine Geschichte entlang der bekannten, bewährten und funktionierenden Konventionen einfach noch einmal erzählt. Allerdings hat Guy Ritchie keine Ahnung davon, was er stattdessen erzählen will. Er lässt die Liebesgeschichte weg. Er lässt den Comic-Charakter, den Witzbold, weg, der in anderen Ritterfilmen für die Lacher sorgte. Ritchie lässt dieses Mal sogar den Humor weg. Außer man hält abgeschlagene Gliedmaße für witzig.

Er nahm dem Protagonisten, King Arthur, jegliche Ambitionen. Ritchies King Arthur ist der wohl unambitionierteste Thronanwärter der Filmgeschichte. Er zieht nonchalant das Schwert aus dem Stein, als ob er gerade eine lästige Fliege totschlagen würde und sich nicht in dem Moment als der legitime Thronfolger zu erkennen gäbe. Er scheint es – im Gegensatz zu uns – auch nicht zu wissen und wenn er es doch weiß, ist ihm egal, dass er mit dieser Tat sein eigenes Todesurteil schreibt. Denn Vortigern will unter allen Umständen an der Macht bleiben. Während des gesamten Films stolpert Arthur in Kämpfe, weil sie so im Drehbuch stehen. Aber nicht, weil sie Prüfungen auf dem Weg zu seinem Ziel sind, weil (siehe oben) er kein Ziel hat.

Ritchie inszenierte den gesamten Film, abgesehen von wenigen Landschaftsaufnahmen (gedreht wurde in Schottland und Wales), in dunklen bis sehr dunklen Bildern. Blut, Matsch, Schlamm, Modder und Scheiße sind eine monochrome braune Soße, die erfolgreich eine Freigabe „ab 12 Jahre“ (bzw. PG-13) anpeilte. Denn so brutal die Morde auch sind, so wenig sieht man von ihnen. Dass die dunklen Bilder für die Düsternis der Geschichte stehen sollen; – geschenkt. Das haben wir schon tausendmal gehört und es ist immer noch Quatsch. Ein Film wird durch seine Geschichte düster. Nicht durch seine dunklen Bilder.

Am Ende des Fantasy-Films gibt es eine Szene, die eine tagespolitische Lesart des gesamten Films geradezu herausfordert: ein stolzer Wikingerführer erkennt klag- und kampflos die Führerschaft von König Arthur an, weil Arthur jetzt der König und der Herrscher über die Welt und damit auch über die Wikinger ist. Das sieht dann – immerhin ist die Artus-Legende ein seit Ewigkeiten gepflegter Nationalmythos – wie die Visualisierung der chauvinistischen Brexit-Fantasien aus, nach denen Großbritannien nach dem Brexit wieder eine strahlende Großmacht ist, die anderen gnädig Schutz gegen bedingungslose Folgsamkeit gewährt. Ritchie inszenierte auch diese Szene ohne eine ironische Distanz.

Bis zu diesem Moment zeigt der Film einen beeindruckende Diskrepanz zwischen dem Anspruch, eine mitreisende Fantasy-Neuinterpretation der Artus-Legende zu präsentieren, und dem Endergebnis, das genau das nicht ist. „King Arthur: Legend of the Sword“ ist ein lustlos-pompöser, vor Selbstüberschätzung triefender Ritterfilm, der einen wehmütig an ältere und bessere Interpretationen der alten Geschichte denken lässt. Genau wie die Versprechen der Brexit-Befürworter von einem souveränen, grandiosen Großbritannien außerhalb der EU nichts mit der sich schon jetzt abzeichnenden Realität zu tun haben.

Das gilt, um wieder zum Film zurückzukommen, auch für die Pläne, nach denen „King Arthur: Legend of the Sword“ der Auftakt einer aus sechs (!) Filmen bestehenden Serie sein soll. Diese Pläne kann man, angesichts der Qualitäten des Films, schon beim Abspann in das Reich der Legenden verweisen. Erste Box-Office Prognosen gehen in die gleiche Richtung. Aktuell schätzt „The Hollywood Reporter“ den Film, wenn die Einnahmen außerhalb der USA nicht sehr hoch sind, als ersten Kassenflop des Jahres ein.

P. S.: Eine beruhigende Erkenntnis hat der Film: auch damals wurden die Bauarbeiter nicht fertig. Überall stehen halbfertige Häuser, Brücken und Tore herum. Etliche sind schon am verfallen; – – – – was auch eine Metapher für das Vereinigte Königreich sein könnte.

King Arthur: Legend of the Sword (King Arthur: Legend of the Sword, USA/Australien 2017)

Regie: Guy Ritchie

Drehbuch: Joby Harold, Guy Ritchie, Lionel Wigram (nach einer Geschichte von David Dobkin und Joby Harold)

mit Charlie Hunnam, Jude Law, Àstrid Bergès-Frisbey, Djimon Hounsou, Aidan Gillen, Mikael Persbrandt, Eric Bana, David Beckham

Länge: 127 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „King Arthur: Legend of the Sword“

Metacritic über „King Arthur: Legend of the Sword“

Rotten Tomatoes über „King Arthur: Legend of the Sword“

Wikipedia über „King Arthur: Legend of the Sword“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Guy Ritchies „Sherlock Holmes: Spiel im Schatten“ (Sherlock Holmes: A Game of Shadows, USA 2011)


Neu im Kino/Filmkritik: „Erlöse uns von dem Bösen“ und den Doors

September 5, 2014

Gleich am Anfang wird uns hoch und heilig versichert, dass diese Exorzismus-Geschichte inspiriert von den Erlebnissen eines NYPD-Cops ist.

Am Filmende steht dann der übliche Satz, dass es sich um eine erfundene Geschichte handelt und als genau das sollte man „Erlöse uns von dem Bösen“ auch behandeln, obwohl der Jerry-Bruckheimer-Film auf dem 2001 erschienenem Sachbuch „Beware the Night“ von Ralph Sarchie basiert. Sarchie wurde in den Neunzigern nach mehreren unerklärlichen Erlebnissen und der Hilfe von zwei katholischen Priestern zu einem Gläubigen. 2004 gab er, nach zwanzig Jahren, seinen Polizeijob auf und wurde zum Dämonologen, der auch regelmäßig bei Exorzismen dabei ist. Das wäre natürlich auch eine Filmgeschichte, aber Scott Derrickson (Der Exorzismus von Emily Rose, Sinister) erzählt eine ganz andere Geschichte, die den vertrauten Mustern folgt.

Der Film beginnt 2010 im Irak, wo drei US-Marines auf eine unterirdische Kammer stoßen und etwas Schreckliches erleben.

2013 in der Bronx in New York: Sergeant Ralph Sarchie (Eric Bana) und sein Partner Butler (Joel McHale) arbeiten in der Nachtschicht und eilen von einem Notfall zum nächsten. Morde, häuslicher Streit, eine Mutter, die ihr Kind in den Löwenkäfig wirft und im Zoo verschwindet oder seltsame Geräusche im Keller eines alten Hauses. Sarchie und Butler sind da. Immer auch auf der Suche nach dem nächsten Adrenalinkick.

Dass darunter Sarchies Eheleben leidet und er sich nur wenig um seine Tochter kümmert, gehört zum Job und den bekannten Polizeifilmklischees.

Während seiner Arbeit trifft Sarchie auf Joe Mendoza (Edgar Ramirez), der eine Inhaftierte besuchen möchte. Der Geistliche mit einer farbigen Vergangenheit und einigen nicht gerade priesterlichen Angewohnheiten, bietet Sarchie seine Hilfe an. Denn Mendoza ist überzeugt, dass das absolut Böse sich jetzt in der Bronx ausbreiten möchte.

Als der zunächst skeptische Sarchie für einige seiner Fälle und Ereignisse keine rationale Erklärung findet, trifft er sich wieder mit Mendoza. Sie verbünden sich und versuchen gemeinsam die Soldaten, die 2010 in Kontakt mit dem Bösen gerieten und jetzt in New York leben, zu heilen und die an alten Schriftzeichen erkennbaren Türen zur Unterwelt zu schließen.

Erlöse von uns dem Bösen“ folgt als Kreuzung aus „Der Exorzist“ und „Sieben“ brav den vertrauten Genrepfaden, nur dass das von Scott Derrickson gezeigte New York noch dunkler und nasser als David Finchers namenlose Stadt ist und die über jeden Zweifel erhabene Musik der Doors eine wichtige Rolle im Film hat.

Störend ist allerdings für einen in der Gegenwart spielendem Großstadtthriller das naive Vertrauen auf eine Teufelsaustreibungen im bekannten „Exorzismus“-Stil, das einen dazu zwingt jede andere rationale Erklärung (die teilweise auf der Hand liegt) strikt zu verneinen. Da war zuletzt der ebenfalls auf Tatsachen basierende Horrorfilm „The Conjuring“, der allerdings in den Siebzigern in einem einsam gelegenem Haus spielt, auch dank seines Retro-Feelings, glaubwürdiger und auch straffer erzählt. Denn gerade am Anfang, wenn sich die Anekdoten aus dem Polizistenleben aneinanderreihen, braucht Scott Derrickson viel Zeit, bis die Story wirklich erkennbar wird und eine Eigendynamik entwickelt.

Dennoch ist „Erlöse uns von dem Bösen“ für den Genrefan ein ordentlicher, aber auch konventionell-vertrauter Mix aus Polizeithriller und Horrorfilm, der mit Eric Bana und Edgar Ramirez zwei überzeugende Hauptdarsteller hat.

Aber auch Scott Derrickson beantwortet nicht die nach dem Genuss von mehreren Exorzismus-Filmen, die natürlich alle auf wirklich wahren Fällen basieren, drängende Frage „Warum werden nur Katholiken vom Teufel heimgesucht?“.

Erlöse uns von dem Bösen - Plakat

Erlöse uns von dem Bösen (Deliver us from Evil, USA 2014)

Regie: Scott Derrickson

Drehbuch: Scott Derrickson, Paul Harris Boardman

LV: Ralph Sarchie (mit Lisa Collier Cool): Beware the Night, 2001

mit Eric Bana, Edgar Ramirez, Joel McHale, Olivia Munn, Lulu Wilson, Sean Harris, Olivia Horton, Dorian Missick, Mike Houston

Länge: 119 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

Amerikanische Homepage zum Film

Deutsche Homepage zum Film

Film-Zeit über „Erlöse uns von dem Bösen“

Moviepilot über „Erlöse uns von dem Bösen“

Metacritic über „Erlöse uns von dem Bösen“

Rotten Tomatoes über „Erlöse uns von dem Bösen“

Wikipedia über „Erlöse uns von dem Bösen“ 

History vs. Hollywood über „Erlöse uns von dem Bösen“


Neu im Kino/Filmkritik: Mark Wahlberg ist der „Lone Survivor“

März 21, 2014

Hier sind wirklich alle Spoiler-Warnungen überflüssig. Denn schon der Titel gibt einen sehr eindeutigen Hinweis auf die Zahl der Überlebenden und der Trailer verrät eigentlich den Rest dieser wahren Geschichte, die es in den USA schon lange in Buchform gibt und die dort auch bekannt ist. Aber bei einem Film geht es nicht nur darum, zu wissen, wie er endet, sondern um den Weg dahin und der ist in Peter Bergs neuem Film „Lone Survivor“, im Gegensatz zu seinem unterirdischen „Battleship“, gelungen.

Mark Wahlberg spielt Marcus Luttrell, der 2005 mit seiner Navy-SEAL-Einheit in der afghanischen Provinz Kunar einen wichtigen Taliban-Kämpfer töten soll. Die vier Navy SEALs halten es für eine einfache Mission, bis sie kurz vor ihrem Ziel von drei Ziegenhirten entdeckt werden und sich fragen, ob sie sie töten sollen, weil sie das Ziel der Mission gefährden. Nach einer kurzen Diskussion lassen sie die Einheimischen, entsprechend den offiziellen Militäranweisungen, laufen, brechen gleichzeitig die Mission ab und wollen zu ihrem Abholpunkt gehen. Aber die Hirten verraten sie und schnell werden sie von einer Hundertschaft schießwütiger Taliban gejagt.

Lone Survivor“ erzählt die klassische Geschichte von einem Mann, der von einer Horde Bösewichter gejagt wird, auf sich allein gestellt ist und überlebt. Das erinnert nicht nur wegen der Landschaft, an zahlreiche Western und auch an Walter Hills in den Sümpfen spielendem Survival-Klassiker „Die letzten Amerikaner“ (Southern Comfort, USA 1981), der auch eine Allegorie auf den Vietnam-Krieg war.

Peter Berg („Welcome to the Jungle“, „Operation: Kingdom“) erzählt diese wahre Geschichte über den Überlebenskampf von vier Männern gegen eine Übermacht Feinde, die in Wirklichkeit wohl deutlich kleiner war, auch entsprechend geradlinig mit einem schönen Blick auf die Dynamik in der prominent besetzten Armee-Einheit, – Mark Wahlberg wird von Ben Foster, Taylor Kitsch und Emilie Hirsch begleitet -, mit satter Action und halsbrecherischen Stunts, atmosphärischen Landschaftsaufnahmen und einem weitgehend austauschbaren Musikteppich, den man früher Fahrstuhlmusik und heute Ambient nennt.

Gleichzeitig zeigt „Lone Survivor“ eindrucksvoll und eher nebenbei, warum der „war on terror“ so kläglich scheiterte. Denn Luttrell und sein Team bleiben, wenn sie keine Einsätze haben, in ihrer Kaserne. Sie essen und trinken, immer aus Plastikflaschen und mit Einweggeschirr, nur ihre aus der Heimat gewohnte Nahrung. Sie haben absolut keine Ahnung von der Gegend, in der sie stationiert sind. Die Einheimischen, die sie ja eigentlich von einer Diktatur befreien und in die Demokratie führen sollen, sind ihnen egal. Die Aufträge, die sie von ihren Vorgesetzten erhalten, werden ohne kritische Nachfragen durchgeführt. Es ist einfach eine Aufgabe, die erledigt wird. Und, was das erschreckenste ist, sie können sich auch überhaupt nicht mit den Einheimischen verständigen. Luttrell kann, wenn er gegen Ende von Paschtunen aufgenommen wird, gegenüber den Einheimischen noch nicht einmal zwei Sätze sagen.

Das ist der eigentlich beeindruckende Aspekt bei diesem Survival-Thriller, der mit knackiger Action (wenn die Soldaten auf ihrer Flucht mehrmals felsige Abhänge herunterspringen, auf Steine und Bäume knallen, kann man sich vorstellen, wie schmerzhaft das ist) und atmosphärischen Landschaftsaufnahmen punktet. Gedreht wurde in New Mexico; was ich dieses Mal sehr irritierend fand, aber auf einer Meta-Ebene noch einmal die Bezugslosikigkeit der Soldaten zu ihrem Einsatzort spiegelt.

Lone Survivor - Plakat

Lone Survivor (Lone Survivor, USA 2013)

Regie: Peter Berg

Drehbuch: Peter Berg

LV: Marcus Luttrell/Patrick Robinson: Lone Survivor, 2007 (Lone Survivor)

mit Mark Wahlberg, Taylor Kitsch, Emilie Hirsch, Ben Foster, Eric Bana, Ali Suliman, Alexander Ludwig

Länge: 122 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

Amerikanische Homepage zum Film

Deutsche Homepage zum Film

Film-Zeit über „Lone Survivor“

Moviepilot über „Lone Survivor“

Metacritic über „Lone Survivor“

Rotten Tomatoes über „Lone Survivor“

Wikipedia über „Lone Survivor“ (deutsch, englisch)

History vs. Hollywood untersucht „Lone Survivor“

Meine Besprechung von Peter Bergs „Battleship“ (Battleship, USA 2012)

Homepage von Patrick Robinson

Homepage von Marcus Luttrell

Ein Gespräch mit Marcus Luttrell, Peter Berg und Mark Wahlberg

Ein Gespräch mit Marcus Luttrell, Peter Berg und Taylor Kitsch


DVD-Kritik: Stefan Ruzowitzkys US-Debüt „Cold Blood“ entzückt auch auf DVD

Mai 5, 2013

 

Als „Cold Blood“, das US-Debüt von Stefan Ruzowitzky, vor einem halben Jahr im Kino zur richtigen Jahreszeit anlief, habe ich den Thriller bereits abgefeiert und weil ich meine damalige Besprechung (nach kritischer Lektüre) immer noch gut finde, gibt es zuerst die Besprechung:

Der Überfall auf das Casino ging glatt über die Bühne und auch die Flucht in Richtung Kanada gelang, bis die drei Verbrecher auf der einsamen Landstraße einen Unfall bauen und Addison (Eric Bana) einen zufällig vorbeikommenden Polizisten erschießt. Addison sagt seiner Schwester Liza (Olivia Wilde), dass sie sich trennen müssen. Ihr dritter Mann starb bei dem Unfall.

Während sie sich zu Fuß, auf getrennten Wegen, durch das winterliche Michigan auf den Weg zur Grenze machen, erschlägt der gerade aus dem Gefängnis entlassene Ex-Boxer Jay Mills (Charlie Hunnam) seinen Ex-Manager während eines Streits. Er macht sich auf den Weg zu seinen Eltern Chet (Kris Kristofferson) und June (Sissy Spacek) und dem Thanksgiving-Dinner. Auf dem Weg zu ihnen gabelt er Liza auf. Er verliebt sich in die geheimnisvolle Schönheit.

Ihr Bruder schlägt sich währenddessen skrupellos durch die einsame Landschaft und hinterlässt, verfolgt von der Polizei, eine Spur von Leichen. Da schickt ihm Liza eine SMS, in dem sie ihn in das Haus der Mills einlädt.

Diese Gangstergeschichte erzählt Stefan Ruzowitzky („Anatomie“, „Die Fälscher“) in seinem gelungenem US-Debüt nach einem Drehbuch des Debütanten Zach Dean, geradlinig und ohne große Erklärungen. So dürfen wir uns die Hintergründe der seltsamen Abhängigkeit zwischen Addison und Liza, die Gründe für die große Enttäuschung von Chet über seinen Sohn Jay und, als dritte Familiengeschichte, die übergroße Besorgnis von Sheriff Marshall Becker (Treat Williams) über seine ebenfalls als Polizistin arbeitende Tochter Hanna (Kate Mara) aus Halbsätzen und Gesten zusammenreimen. Sowieso wird in „Cold Blood“ die alte Weisheit, dass sich in ihren Taten der Charakter eines Menschen zeigt, eisern befolgt.

Cold Blood“ (doofer deutscher Titel) ist ein gut gespielter, flott erzählter, traditionsbewusster Gangsterthriller mit glaubwürdigen Charakteren und auch glaubwürdiger Action, der einfach nur neunzig Minuten, ohne aufgesetzten Humor und Hypergewalt, aber dafür mit der Lakonie eines Western oder alten Gangsterfilms (wie „Entscheidung in der Sierra“/“High Sierra“), gut unterhalten will und dabei auch einiges über die Beziehungen von Kindern zu ihren Eltern, vor allem Väter, und Werte sagt.

Das Bonusmaterial

Das Bonusmaterial ist nicht besonders umfangreich geraten und eine durchwachsene Angelegenheit. Es gibt zwei kurze Featurettes, „Schnee & Western“ und „Familie“, die in insgesamt etwas über fünf Minuten fast nichts über die Hintergründe des Films verraten und Interviews mit Eric Bana, zweieinhalb Minuten, und Stefan Ruzowitzky, die für die Featurettes produziert wurden und okay, aber arg kurz sind. Wobei Ruzowitzky hier schon fünf Minuten redet und auch einiges über den Film verrät.

Der wirklich lohnende Teil des Bonusmaterials ist ein über zehnminütiges Interview mit dem Regisseur, das wohl exklusiv für die deutsche DVD produziert wurde. Denn Ruzowitzky erzählt auf deutsch von den Dreharbeiten, was ihm an dem Drehbuch gefiel und der übergroßen Bedeutung von Familie, vor allem dem Bild der perfekten Familie, die sich einträchtig beim jährlichen Thanksgiving-Dinner trifft, bei den US-Amerikanern und in dem Film.

Cold Blood - DVD-Cover

Cold Blood – Kein Ausweg, keine Gnade (Deadfall, USA/Frankreich 2012)

Regie: Stefan Ruzowitzky

Drehbuch: Zach Dean

mit Eric Bana, Olivia Wilde, Charlie Hunnam, Kate Mara, Kris Kristofferson, Sissy Spacek, Treat Williams

DVD

Studiocanal

Bild: 2,35:1 (anamorph)

Ton: Deutsch (Dolby Digital 5.1, Dolby Surround), Englisch (Dolby Digital 5.1)

Untertitel: Deutsch

Bonusmaterial: Making of „Schnee & Western“, Making of „Familie“, Über den Film: Eric Bana, Über den Film: Stefan Ruzowitzky, Interview mit Stefan Ruzowitzky, Trailer (deutsch, englisch)

Länge: 95 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

 

Hinweise

Amerikanische Homepage zum Film

Deutsche Homepage zum Film

Film-Zeit über „Cold Blood“

Metacritic über „Cold Blood“

Rotten Tomatoes über „Cold Blood“

Wikipedia über „Cold Blood”


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