Wie geht die Geschichte mit dem Rage-Virus weiter? Nach seinem Ausbruch aus einem Labor infizierte er rasend schnell die in Großbritannien lebenden Menschen, die Sekunden später in blinder Raserei andere Menschen töteten. Genaugenommen waren sie keine ‚rennenden Zombies‘, aber letztendlich wurden sie 2002 vom Kinopublikum so wahrgenommen. Es wurde tiefgründig darüber diskutiert, ob Zombies immer langsam auf ihre Opfer zuschlurfen müssen oder sie auch rennen können. Und was bedrohlicher ist.
Der von Danny Boyle nach einem Drehbuch von Alex Garland rüde inszenierte Horrorfilm „28 Days later“ trug, neben der von Robert Kirkman und Tony Moore erfundenen Comicserie „The Walking Dead“ (die später zu einer langlebigen TV-Serie mit mehreren Ablegern wurde), zu einer Wiederbelegung des Zombies in der populären Kultur bei. 2007 folgte mit „28 Weeks later“ eine von Juan Carlos Fresnadillo nach einem Drehbuch von ihm, Rowan Joffé, Enrique López Lavigne und Jesús Olmo inszenierte eigenständige Fortsetzung.
Seitdem gab es immer wieder Gespräche über eine mögliche Fortsetzung.
Die gibt es jetzt. Danny Boyle und Alex Garland sind wieder dabei. Nach zwei Einzelfilmen ist ihr Film als Beginn einer Trilogie angekündigt, über deren Inhalt wenig bekannt, aber einiges erahnbar ist. Den Auftakt macht jetzt „28 Years later“.
Wie der Titel schon verrät, spielt der Film 28 Jahre nach dem Ausbruch des Rage-Virus. Großbritannien steht immer noch unter Quarantäne. Im Nordosten von England haben sich einige Menschen auf die Insel Holy Island zurückgezogen. Bei Ebbe können sie zum Festland gehen. Bei Flut treibt die Strömung etwaige Schwimmer in die Nordsee in den Tod. Auf Holy island leben die Menschen wie im 19. Jahrhundert. Eines Tages nimmt Jamie (Aaron Taylor-Johnson) seinen zwölfjährigen Sohn Spike (Alfie Williams) mit auf das Festland. Dort soll er als Initiationsritus einen Infizierten töten. Zurück lassen sie Spikes kranke, zunehmend wahnsinnig werdende Mutter Isla (Jodie Comer).
„28 Years later“ ist halb gelungen. Die Schauspieler überzeugen. Die hochenergetische, atemlos-ruppige Inszenierung zwischen wunderschönen Landschaftsaufnahmen, den kontrastreich-ruckelig inszenierten Actionszenen und eingestreuten, oft im ersten Moment nicht zuordenbaren Bildern aus verschiedenen Quellen erinnert an „28 Days later“ und zieht einen in das Filmgeschehen. Die Geschichte ist schwarzhumorig mit popkulturellen Referenzen. Das Leben in der Gemeinschaft und die Welt, in der sie leben, wird in wenigen Szenen etabliert.
Das funktioniert alles, aber es funktioniert besser als Auftakt einer Miniserie als als eigenständiger Spielfilm. Spike ist, so lassen die wenigen vorhandenen Informationen über die geplante Trilogie vermuten, der Protagonist der Trilogie. In der Fortsetzung „28 Years later: The Bone Temple“ ist er wieder dabei. Einige Schauspieler aus dem aktuellen Film und Cillian Murphy, der Protagonist des ersten Films, sind ebenfalls dabei. Nia DaCostas sich in der Postproduktion befindender Film soll im Januar 2026 in den Kinos anlaufen. Boyle soll dann den Abschluss der Trilogie inszenieren. Wann die Dreharbeiten für diesen Film starten, ist unklar. Alex Garland ist der alleinige Autor der Trilogie, die wirklich interessant werden könnte.
Als Serienauftakt besteht der knapp zweistündige Horrorfilm „28 Years later“ aus zwei Episoden. In der ersten Episode soll Spike einen Initiationsritus überstehen. In der zweiten Episode kehrt er mit seiner kranken Mutter auf das Festland zurück. Bei dem Ausflug mit seinem Vater hat er in der Nacht ein Feuer gesehen, das, wie er später erfährt, von Dr. Ian Kelson (Ralph Fiennes), angezündet wurde. Anscheinend wurde Kelson wahnsinnig und baut jetzt Erinnerungsstätten, die aus Totenköpfen errichtet sind. Aber er ist ein ausgebildeter Mediziner und vielleicht kann er, so hofft Spike, seiner Mutter helfen.
Neben diesen beiden Episodengeschichten malen Garland und Boyle die von ihnen geschaffene Dystopie mit weiteren Zombietypen, wie die auf dem Boden herumkriechenden Slow-Lows und die besonders widerstandsfähigen, intelligenten und andere Zombies anführenden Alphas aus. Spike begegnet auch einem jungen Soldaten, der mit seinen Kameraden eine jedenfalls in diesem Film unklar bleibende, für sie tödlich verlaufende Mission ausführen musste.
Es passiert viel in den knapp zwei Stunden, aber trotzdem bleibt Zeit, über den Sinn und Zweck einiger Szenen für die Filmgeschichte, einige Logiklöcher und erzählerische Schlampereien nachzudenken. So sammeln Spike und die anderen Inselbewohner nie ihre handgefertigten Pfeile, mit denen sie die Infizierten töten, ein. Jeder Treffer mit einem Pfeil in den Brustbereich oder Kopf tötet den Infizierten sofort. Die Helden haben sowieso, wie in einem Western, immer genug Pfeile, um die Angreifer abzuwehren. Und sie laufen schneller als die atemberaubend schnell rennenden Zombies. Das Auftauchen des Militärs in einer großen Actionszene wird nie erklärt und könnte umstandlos gestrichen werden. Spike hätte den NATO-Soldaten Erik auch ohne diese Actionszene als einen orientierungslos durch das Land streifenden Mann kennen lernen können. Es wird nicht erklärt, warum 28 Jahre nach dem Ausbruch des Virus immer noch Menschen und Zombies in England leben. Eigentlich müssten sie alle schon lange tot sein. In der offiziellen Synopse wird gesagt, dass die auf dem Festland lebenden Infizierten und Überlebenden mutiert seien und es Geheimnisse, Wunder und Schrecken gebe. Im Film sehen wir davon außer einem Alpha und einem Doktor nicht viel. Da sollte es im nächsten Film mehr Auftritte von mutierten Zombies und Menschen und mehr Informationen über ihr Zusammenleben im ‚dunklen Inneren des Festlandes‘ (so die Synopse) geben.
Bis dahin ist „28 Years later“ der vielversprechende Auftakt einer Trilogie.

28 Years later (28 Years later, Großbritannien/USA 2025)
Regie: Danny Boyle
Drehbuch: Alex Garland
mit Jodie Comer, Aaron Taylor-Johnson, Alfie Williams, Ralph Fiennes, Jack O’Connell, Edvin Ryding
Länge: 116 Minuten
FSK: ab 18 Jahre
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Hinweise
Moviepilot über „28 Years later“
Metacritic über „28 Years later“
Rotten Tomatoes über „28 Years later“
Wikipedia über „28 Years later“ (deutsch englisch)
Meine Besprechung von Danny Boyles „Trance – Gefährliche Erinnerung“ (Trance, GB 2013)
Meine Besprechung von Danny Boyles „Steve Jobs“ (Steve Jobs, USA 2015)
Meine Besprechung von Danny Boyles „T2 Trainspotting“ (T2 Trainspotting, Großbritannien 2017)
Meine Besprechung von Alex Garlands „Ex Machina“ (Ex Machina, USA/Großbritannien 2014)
Meine Besprechung von Alex Garlands „Civil War“ (Civil War, USA 2024)
Meine Besprechung von Alex Garland/Ray Mendozas „Warfare“ (Warfare, USA/Großbritannien 2025)
Veröffentlicht von AxelB 





