Prinzessin Diana besucht zu Weihnachten 1991, als ihre Ehe mit Charles bereits kriselt, den königlichen Landsitz in Norfolk, trifft die gesamte Königsfamilie und leidet unter dem routiniert gnadenlos durchgezogenem Protokoll.
Gandioses und grandios durchgeknalltes Biopic, das sich wenig für Fakten und noch weniger für Edelkitsch-Seligkeit interessiert, sondern das Leben am Hof als Horrorfilm, Unterabteilung Psychohorror, zeigt.
mit Kristen Stewart, Timothy Spall, Sally Hawkins, Kack Farthing, Sean Harris, Stella Gonet, Jack Nielen, Freddie Spry, Jack Farthing, Sean Harris, Stella Gonet, Richard Sammel, Elizabeth Berrington, Lore Stefanek, Amy Manson
Die frisch geschiedene Meg Altman entdeckt mitten in Manhattan ihr Traumhaus. In ihm ist sogar, letzter Schrei der Sicherheitsindustrie für ängstliche, stinkreiche Großstädter, ein Panic Room. In diesen sicheren Raum kann sich der Hausbesitzer während eines Einbruchs zurückziehen und abwarten bis die Polizei anrückt. Meg hält den Raum für überflüssig, aber als in der Nacht drei Einbrecher auftauchen, flüchtet sie mit ihrer Tochter in den Panic Room. Dummerweise wollen die Einbrecher die in diesem Zimmer versteckten Millionen des Vorbesitzers stehlen.
Das mag jetzt neu klingen, aber im Kern erzählt „Panic Room“ eine uralte, aus jedem zweiten Western bekannte Story. Tauschen Sie einfach den Panic Room gegen ein Fort oder eine Wagenburg; die Einbrecher gegen Indianer aus und Sie wissen genau, in welchem Moment die Kavallerie auftaucht. Oh, und in welchem Zustand das Haus ist.
David Koepp und David Fincher machen daraus einen spannenden Hightechthriller.
Oder sagen wir es mit den Worten von Georg Seeßlen: Panic Room „ist vor allem ein reduzierter, ebenso brillant konstruierter wie fotografierter Thriller, ein Kammerspiel des Terrors, das alle Elemente, die am Anfang eingeführt wurden, beständig transponiert, wendet und variiert. Insofern ist Panic Room ein Stück reiner Film-Komposition, in der Sujets, Objekte und Einstellungen die Rollen von Melodien, Takten und Tönen übernehmen (…). Und wie für eine musikalische Komposition, so gilt auch für Panic Room: Es kommt nicht allein auf die Erfindung einer Melodie an, sondern auch darauf, was ein Interpret mit ihr anzustellen weiß.“ (in Frank Schnelle [Hrsg.]: David Fincher)
Mit Jodie Foster, Kristen Stewart, Forest Whitaker, Dwight Yoakam, Jared Leto, Patrick Bauchau, Andrew Kevin Walker (der „Se7en“-Drehbuchautor spielt den verschlafenen Nachbarn)
Prinzessin Diana besucht zu Weihnachten 1991, als ihre Ehe mit Charles bereits kriselt, den königlichen Landsitz in Norfolk, trifft die gesamte Königsfamilie und leidet unter dem routiniert gnadenlos durchgezogenem Protokoll.
Gandioses und grandios durchgeknalltes Biopic, das sich wenig für Fakten und noch weniger für Edelkitsch-Seligkeit interessiert, sondern das Leben am Hof als Horrorfilm, Unterabteilung Psychohorror, zeigt.
mit Kristen Stewart, Timothy Spall, Sally Hawkins, Kack Farthing, Sean Harris, Stella Gonet, Jack Nielen, Freddie Spry, Jack Farthing, Sean Harris, Stella Gonet, Richard Sammel, Elizabeth Berrington, Lore Stefanek, Amy Manson
Prinzessin Diana besucht zu Weihnachten 1991, als ihre Ehe mit Charles bereits kriselt, den königlichen Landsitz in Norfolk, trifft die gesamte Königsfamilie und leidet unter dem routiniert gnadenlos durchgezogenem Protokoll.
Gandioses und grandios durchgeknalltes Biopic, das sich wenig für Fakten und noch weniger für Edelkitsch-Seligkeit interessiert, sondern das Leben am Hof als Horrorfilm, Unterabteilung Psychohorror, zeigt.
mit Kristen Stewart, Timothy Spall, Sally Hawkins, Kack Farthing, Sean Harris, Stella Gonet, Jack Nielen, Freddie Spry, Jack Farthing, Sean Harris, Stella Gonet, Richard Sammel, Elizabeth Berrington, Lore Stefanek, Amy Manson
Lou (Kristen Stewart) arbeitet in den ausgehenden achtziger Jahren in einer Kleinstadt in New Mexiko in einem abgeranztem Fitnessclub, dessen beste Zeit wahrscheinlich vier Monate vor der Eröffnung war. Jetzt ist es ein Sumpf aus Testosteron, Schweiß und Dummheit, in dem die Männer ihre Waffen kurz aus der Hand legen, um ihre Muskeln zu trainieren. Währenddessen säubert Lou die notorisch verstopfte Toilette, bringt den Müll weg und raucht eine Zigarette.
Eines Tages taucht Jackie (Katy O’Brian) auf. Die Kleinstadt ist für sie nur eine Zwischenstation auf ihrem Weg nach Las Vegas. Dort will sie an einem Wettbewerb teilnehmen. In dem Fitnessclub will sie dafür trainieren. Lou erblickt in ihr eine verwandte Seele. Sie verlieben sich und, weil Lou die Tochter des örtlichen Verbrecherbosses ist, beginnen die Dinge ziemlich schnell aus dem Ruder zu laufen. Aber die Wüste ist groß genug für einige Leichen.
Rose Glass‘ „Love Lies Bleeding“ ist reinster Pulp, präsentiert als mit Stars langsam erzähltes, stylish aussehendes Neo-Noir-B-Picture, das für Genrefans ziemlich vorhersehbar ist. Dass in diesem Fall ein lesbisches Paar im Mittelpunkt der Geschichte steht, ändert daran wenig. Letztendlich ist es egal, ob ein Mann für eine Frau tötet oder eine Frau für eine Frau tötet und dann die eine Gewalttat die nächste Gewalttat provoziert. Außerdem ist eine lesbische Liebesgeschichte auch für ein Mainstream-Publikum spätestens seit dem von den Wachowski-Geschwister inszenierten Neo-Noir „Bound – Gefesselt“ (1996) keine Sensation mehr.
Leider verlegt Glass („Saint Maud“) die Geschichte ins Jahr 1989. Dadurch wird aus einem kleinem, dreckigen Neo-Noir, der etwas über den aktuellen mentalen Zustand der USA aussagen könnte, ein historischer Film, der einfach nur eine weitere Geschichte über gewaltbereite Hinterwäldler erzählt, garniert mit Sex und Gewalt.
Love Lies Bleeding (Love Lies Bleeding, Großbritannien/USA 2024)
Regie: Rose Glass
Drehbuch: Rose Glass, Weronika Tofilska
mit Kristen Stewart, Katy O’Brian, Jena Malone, Anna Baryshnikov, Dave Franco, Ed Harris
Prinzessin Diana besucht zu Weihnachten 1991, als ihre Ehe mit Charles bereits kriselt, den königlichen Landsitz in Norfolk, trifft die gesamte Königsfamilie und leidet unter dem routiniert gnadenlos durchgezogenem Protokoll.
TV-Premiere zu einer induskutablen Uhrzeit. Gandioses und grandios durchgeknalltes Biopic, das sich wenig für Fakten und noch weniger für Edelkitsch-Seligkeit interessiert, sondern das Leben am Hof als Horrorfilm, Unterabteilung Psychohorror, zeigt.
mit Kristen Stewart, Timothy Spall, Sally Hawkins, Kack Farthing, Sean Harris, Stella Gonet, Jack Nielen, Freddie Spry, Jack Farthing, Sean Harris, Stella Gonet, Richard Sammel, Elizabeth Berrington, Lore Stefanek, Amy Manson
LV: Maile Meloy: Both ways is the only way I want it: Stories, 2009
TV-Premiere (hat etwas gedauert). In ihrem wunderschönen Drama erzählt Kelly Reichardt gewohnt zurückhaltend und präzise drei Geschichten über den wenig außergewöhnlichen Alltag von vier Frauen in Livingstone, Montana.
Der Filmdienst meinte „Sehenswert“.
Einer der ersten Leinwandauftritt von Lily Gladstone, die jetzt als beste Hauptdarstellerin für ihr Spiel in Martin Scorseses „Killers of the Flower Moon“ für den Oscar nominiert ist
Jean Seberg – Against all Enemies(Seberg, USA 2019)
Regie: Benedict Andrews
Drehbuch: Joe Shrapnel, Anna Waterhouse
1968 trifft die Schauspielerin Jean Seberg („Außer Atem“) den Black-Panther-Aktivisten Hakim Jamal. Sie verlieben sich. Sie werden vom FBI beobachtet, das eine Rufmordkampagne gegen sie startet.
Biopic mit einer gewohnt überzeugenden Kristen Stewart in der Hauptrolle, das ziemlich schnell zu einem mutlosen Film über die Gewissenskonflikte eines fiktiven FBI-Agenten wird. Da wäre mehr möglich gewesen.
„Crimes of the Future“ heißt einer von David Cronenbergs ersten und sein letzter Film. Dabei ist sein neuester Film kein Remake und auch keine Forterzählung von seinem früheren Film, einem 1970 entstandenem Low-Budget-Film, der in einer Welt spielt, in der es keine Frauen mehr gibt, sondern ein vollkommen eigenständiges Werk. Cronenberg gefällt einfach der Titel.
Den Filmtitel entdeckte er in dem dänischen Film „Sult“ (Hunger, Dänemark 1966, Regie: Henning Carlsen). Dort schreibt auf einer Brücke ein Dichter den Titel „Crimes of the Future“ in sein Notizbuch. Cronenberg dachte sich, dass er das Gedicht gerne lesen würde. Als er dann einen Low-Budget-Film drehte, der nach zwei Kurzfilmen sein zweiter längerer Film war, dachte er sich, dass „Crimes of the Future“ ein neugierig machender Filmtitel sei. Jedenfalls er würde sich gerne einen Film mit diesem Titel ansehen.
Über fünfzig Jahre später hat er wieder einen Film mit dem Titel gedreht. Er sei, so Cronenberg, eine Meditation über die menschliche Evolution. Es gehe um Verbrechen, die der menschliche Körper gegen sich selbst begehe. Es gehe um Fragen, wie ob der menschliche Körper sich so weiterentwickeln könne, dass er Probleme löse, die die Menschheit geschaffen habe.
In der von Cronenberg nur schemenhaft geschilderten Zukunft haben immer mehr Menschen in ihrem Körper mutierte Organe mit bislang unbekannten Fähigkeiten. Einige davon sind gefährlich. Andere nicht. Einige scheinen sogar vollkommen nutzlos zu sein.
Saul Tenser (Viggo Mortensen) ist ein Avantgarde-Performance-Künstler, in dessen Körper es ständig neue mutierte und neue Organe gibt. Bei seinen öffentlichten Auftritten lässt der Subkultur-Star sie sich von seiner Partnerin Caprice (Léa Seydoux) herausoperieren.
Gleichzeitig gibt es Menschen, die ihren Körper mit transplantierten Organen verändern.
Weil diese Veränderungen im menschlichen Körper nicht von allen begrüßt werden, gibt es das National Organ Registry. Diese Behörde erfasst alle Organe. Vertreten wird sie von Wipper (Don McKellar) und Timlin (Kristen Stewart), die sich etwas seltsam verhalten. Timlin ist von Tenser fasziniert.
Und eine Untergrundorganisation, deren Motive niemals richtig klar werden, verfolgt Tenser.
So weit, so unklar. Denn David Cronenberg geht es in seinem neuesten Film nicht um eine nachvollziehbare Geschichte, sondern um eine zugleich beunruhigende und beruhigende Atmosphäre. Die Dystopie ist eine Aneinanderreihung von teils traumhaften, teils beunruhigenden, teils verstörenden, oft alptraumhaften Szenen, in denen Körper und Körperteile eine seltsame Symbiose eingehen und Stühle wie lebendige Skelette aussehen. „Crimes of the Future“ ist purer Body-Horror, den er mit den Begrenzungen inszeniert, mit denen er in den siebziger und achtziger Jahren seine Filme inszenierte. Letztendlich wirkt der Film, als sei er, bis auf wenige Bilder, in einem alten Lagerhaus entstanden. Gedreht wurde der Film in Griechenland, wo es noch diese Lagerhäuser gibt, die wir aus in den Siebzigern in New York gedrehten Low-Budget-Filmen kennen.
Cronenberg erzählt seine mehr erahn- als nacherzählbare Geschichte sehr langsam, in dunklen Bildern, die „Crimes of the Future“ fast zu einem braunschwarzem Film machen und ihm ein Noir-Feeling verleihen. Auch die Ausstattung, wie das Büro der Organregistrierungsbehörde, erinnert öfter an die klassischen Noir-Filme aus den Vierzigern. Die technischen Geräte, die Körper umgeben und in sie eindringen, sind handgefertigte Geräte, die wie die düsteren Entwürfe für einen Science-Fiction-Film aus den siebziger Jahren wirken.
Acht Jahre nach seinem letzten Film „Maps to the Stars“ kehrt Cronenberg zurück zu seinen Anfängen. Dabei ist die Grundlage für „Crimes of the Future“ kein neues Drehbuch, in dem der Regisseur im Rahmen eines Alterswerkes einfach noch einmal seine altbekannten Obsessionen als mehr oder weniger gelungenes Best-of präsentiert, sondern ein über zwanzig Jahre altes Werk. Cronenberg schrieb das Drehbuch 1998/99 im Umfeld von „Crash“ (1996) und „eXistenZ“ (1999). Gerade zu dem Virtual-Reality-Thriller „eXistenZ“ gibt es unübersehbare visuelle Verbindungen. Und damit auch zu „Videodrome“ (1983). Wobei es in „Crimes of the Future“ um Körper und Körper geht.
Aus verschiedenen Gründen zerschlugen sich dann alle Versuche, die Geschichte zu verfilmen. Cronenberg legte das Drehbuch zur Seite, bis sein Produzent Robert Lantos ihn darauf ansprach und meinte, die Geschichte sei heute aktueller und wichtiger als damals.
Das stimmt insofern, dass heute Eingriffe und Veränderungen am eigenen Körper alltäglicher als vor 25 Jahren sind. Das gilt auch für die Umweltverschmutzung und den Anteil von Mikroplastik, den jeder in seinem Körper hat. Cronenberg fragt sich, was das mit unserem Körper macht oder machen könnte.
„Crimes of the Future“ präsentiert, und damit ähnelt er dem 1970er „Crimes of the Future“, beunruhigende, dystopische Bilder ohne eine erkennbare Geschichte. Über die gezeigte Welt und die Botschaft kann kaum gesprochen werden. Zu diffus ist sie. Cronenbergs neuer Film ist wie ein Orakel, das einige tief verstören, andere langweilen und die Fans des Body-Horror-Cronenbergs begeistern wird. Denn dieses Mal zeigt er ausführlich wieder richtigen Body Horror.
Crimes of the Future (Crimes of the Future, Kanada/Frankreich/Griechenland/Großbritannien 2022)
Regie: David Cronenberg
Drehbuch: David Cronenberg
mit Viggo Mortensen, Léa Seydoux, Kristen Stewart, Scott Speedman, Welket Bungue, Don McKellar, Tanaya Beatty, Nadia Litz, Lihi Kornowski, Denise Capezza
Jean Seberg – Against all Enemies(Seberg, USA 2019)
Regie: Benedict Andrews
Drehbuch: Joe Shrapnel, Anna Waterhouse
1968 trifft die Schauspielerin Jean Seberg („Außer Atem“) den Black-Panther-Aktivisten Hakim Jamal. Sie verlieben sich. Sie werden vom FBI beobachtet, das eine Rufmordkampagne gegen sie startet.
TV-Premiere. Biopic mit einer gewohnt überzeugenden Kristen Stewart in der Hauptrolle, das ziemlich schnell zu einem mutlosen Film über die Gewissenskonflikte eines fiktiven FBI-Agenten wird. Da wäre mehr möglich gewesen.
Für historische Faktentreue interessiert Pablo Larraín sich in seinem neuen Film nicht sonderlich. Das macht er schon mit einem entsprechendem Hinweis am Filmanfang deutlich. Außerdem ist die Königsfamilie notorisch verschwiegen, wenn es um Dinge geht, die hinter den Schloßmauern stattfinden. Halt, wie man so sagt: Nichts genaues weiß man nicht.
Deshalb konnte und musste Larraín sich bei der Schilderung der Weihnachtstage 1991 in Norfolk im Sandringham House künstlerische Freiheiten nehmen.
Es war das letzte Weihnachten, das Charles und Diana gemeinsam und im Kreis der königlichen Familie verbrachten. In dem Moment wusste Diana schon, dass ihr Mann eine Affäre mit Camilla Parker Bowles hatte. Aber sie überlegte noch, wie sie damit umgehen sollte.
Diesen Prozess zeigt Larraín in seinem Film, der sich wenig für die Konventionen eines Biopics und überhaupt nicht für die Befindlichkeiten der Fans des britischen Königshauses und der Lady-Diana-Fans interessiert. Er fantasiert, nach einem Drehbuch von Steven Knight, fröhlich vor sich hin und schildert die Horrortage aus Dianas Perspektive.
Daher zeigt er in jedem Bild, wie sehr Diana mit ihrer Rolle als Frau von Prinz Charles, dem Thronfolger, fremdelt. Sie lehnt die Rolle der Ehefrau ab. Sie lehnt die starren Rituale der Königsfamilie ab. Sie lehnt auch die damit verbundenen Verpflichtungen ab. Es sind Regeln, die ein Weihnachtsfest im engsten Familienkreis zu einem monatelang vorbereiteten, militärischen Kommandounternehmen machen. Das beginnt mit der Inbesitznahme des menschenleeren Anwesens durch das Militär und das Personal. Im Stechschritt werden in Metallkisten Tonnen erlesenster Lebensmittel ins Sandringham House getragen. Die Uhrzeiten der Mahlzeiten sind auf die Sekunde festgelegt. Die Kleidung ebenso. Für jede Mahlzeit muss Diana ein anderes Kostüm tragen. Und darüber, dass jede Falte akkurat sitzt, wacht das Personal. Die beim Essen von einem Streicherensemble gespielte Musik zerrt an den Nerven.
Die Königsfamilie erscheint vollkommen unnahbar. Prinz Charles, der damals noch ihr Mann ist, wirkt wie ein superfieser Bösewicht. Die Königin ist genauso unnahbar. Es ist eine Familie, die einem Horrorkabinett oder einem Alptraum entsprungen sein könnte.
Für Diana, die vollkommen desorientiert durch das Haus und die Landschaft stolpert, sind diese Tage ein Alptraum.
Dadurch wird Diana, großartig gespielt von Kristen Stewart, allerdings nicht zur Sympathieträgerin. Denn Larraín bemüht sich erfolgreich, das Gefühl der Fremdheit, das Diana gegenüber der Königsfamilie hat, auf das Verhältnis des Publikums zu Diana zu übertragen. Er unternimmt alles, um eine möglichst große Distanz zwischen ihr und dem Publikum schaffen. Sie ist nicht das Opfer einer kontrollversessenen Königsfamilie, sondern selbst eine höchst psychotische Person, die ständig kurz vor einem Nervenzusammenbruch steht.
„Spencer“ ist ein Film in dem und bei dem sich niemand wohlfühlt. Daher ist das Ende, wenn sie mit ihren Kindern William und Harry aus dem Horrorhaus und von der Horrorfamilie flüchtet, so übertrieben fröhlich inszeniert, dass jeder, auch wenn er nicht wüsste, wie Dianas Geschichte weitergeht, die Falscheit und Verlogenheit dieses Happy Ends erkennt.
Pablo Larraín inszenierte seine Mär von Selbstfindung und Befreiung wie einen Horrorfilm. Damit ist „Spencer“ für Diana-Hasser sicherlich geeigneter als für Diana-Fans. Und Faktenhuber werden verzweifeln.
Dennoch, oder gerade deswegen: ein großartiger Film!
mit Kristen Stewart, Timothy Spall, Sally Hawkins, Kack Farthing, Sean Harris, Stella Gonet, Jack Nielen, Freddie Spry, Jack Farthing, Sean Harris, Stella Gonet, Richard Sammel, Elizabeth Berrington, Lore Stefanek, Amy Manson
Monate später als geplant richtet Kristen Stewart ihren Zeige- und Mittelfinger im Kino auf das Publikum. Sie spielt in „Jean Seberg – Against all Enemies“ die titelgebende Jean Seberg.
Cineasten kennen Seberg vor allem aus der Rolle, die sie 1960 zum Star machte. In „Außer Atem“ spielt sie die in Paris lebende, Zeitungen verkaufende Studentin Patricia, die sich in den Kleinkriminellen Michel Poiccard verliebt. Der hat während einer Verkehrskontrolle einen Polizisten erschossen und ist jetzt auf der Flucht. Der stilistisch einflussreiche Krimi markiert auch den Beginn der Karrieren ihres Filmpartners Jean-Paul Belmondo und des Regisseurs Jean-Luc Godard. Außerdem ist „Außer Atem“ einer der essenziellen Nouvelle-Vague-Filme, ein Kultfilm und ein Klassiker. Danach war Seberg, die Frau mit der damals vollkommen unweiblichen Kurzhaarfrisur, ein Star. In den nächsten Jahren spielte sie in einigen prestigeträchtigen und auch Big-Budget-Produktionen mit. Aber letztendlich und rückblickend gelang es ihr nicht, an den Erfolg von „Außer Atem“ anzuknüpfen.
Benedict Andrews‘ Biopic „Jean Seberg – Against all Enemies“ beginnt im Mai 1968 in Paris. Die in Frankreich lebende Seberg ist seit 1962 mit dem Schriftsteller Romain Gary verheiratet, gemeinsam haben sie einen Sohn und jetzt möchte sie wieder als Schauspielerin arbeiten.
Auf dem Flug in die USA lernt sie Hakim Jamal kennen. Die blonde Hollywood-Schauspielerin ist von dem afroamerikanischen Polit-Aktivisten, der sich wie ein Popstar durch das Flugzeug bewegt, fasziniert. Sie will ihn näher kennen lernen. In den USA organisiert sie Spendenpartys. Außerdem beginnt sie mit dem ebenfalls verheirateten Aktivisten eine Affäre – und wird dabei vom FBI auf Schritt und Tritt beobachtet.
Die Beobachtung ist Teil der hochgradig illegalen Operation COINTELPRO, in der das FBI Schmutz gegen vermeintliche Staatsfeinde, wie die Black-Panther-Sympathisantin Seberg, sammelt.
„Jean Seberg – Against all Enemies“ hat also alles, was ein Film braucht: eine in mehrfacher Hinsicht skandalträchtige wahre Geschichte, Stars (Kristen Stewart als Jean Seberg, Anthony Mackie als Hakim Jamal, Yvan Attal als Romain Gary, Zazie Beetz als Jamals Frau, Jack O’Connell und Vince Vaughn als FBI-Agenten) , Glamour, 60er-Jahre-Zeitkolorit, Revolution und Pop.
Und dann scheitert das Biopic an seiner eigenen Mutlosigkeit. Die ersten an Jean-Luc Godard erinnernden Minuten, zeigen, was für ein Film hätte entstehen können. Ein Pop-Pamphlet, das an den Stil der sechziger Jahre anknüpft, zugleich spielerisch und strukturiert ist, auf mehreren Ebenen herausfordert und zum Nachdenken anregt.
Diese Experimentierfreude erschöpft sich schon nach wenigen Minuten. Danach folgt Benedict Andrews („Una und Ray“) brav den Konventionen. Er verfolgt Seberg, wenn sie sich mit Jamal trifft und für die Black-Power-Bewegung engagiert. Gleichzeitig erzählt er von einem jungen, stockbürgerlichen, verheirateten Vater und FBI-Agenten, der Seberg beobachtet und abhört. Während seiner Arbeit beginnt dieser Ermittler, eine erfundene Figur, seine Meinung über die ‚Terroristin‘ Seberg zu ändern.
Am Ende kriegen wir statt experimentierfreudigem Godard und politaktivistischem Popkino biederes Besinnungskino über einen FBI-Agenten mit Gewissensbissen.
Das sieht mit Nostalgie-Bonus hübsch aus und Kristen Stewart überzeugt als durch die Überwachung und die Schmutzkampagne des FBI zunehmend psychisch lädierte Jean Seberg. Insgesamt ist der Film aber zu mutlos um nachhaltig zu beeindrucken.
Jean Seberg – Against all Enemies(Seberg, USA 2019)
Regie: Benedict Andrews
Drehbuch: Joe Shrapnel, Anna Waterhouse
mit Kristen Stewart, Jack O’Connell, Margaret Qualley, Zazie Beetz, Yvan Attal, Stephen Root, Colm Meaney, Anthony Mackie, Vince Vaughn
Mike lebt dauerbekifft und wunschlos glücklich mit seiner Freundin Phoebe in einer Kleinstadt. Das friedliche Leben endet, als eine Frau wirres Zeug zu ihm sagt und zwei Männer an seinem Auto herumfummeln. Mit der Hilfe von einem Kaffeebecher und einem Plastiklöffel bringt er sie um. Kurz darauf wimmelt es in der Kleinstadt von schießwütigen CIA-Agenten, die Mike aufgrund seiner Vergangenheit als gemeingefährliche Killermaschine umbringen wollen. Aber Mike hat nichts verlernt und einiges neues gelernt.
Beginnen wir mit dem größten Unterschied des neuesten „3 Engel für Charlie“-Films zu den vorherigen Versionen, die aus einer legendären TV-Serie, einer kurzlebigen TV-Serie und zwei Spielfilmen bestehen. Denn er erschließt sich nur bei einem Blick auf die Credits: dieses Mal ist alles in weiblicher Hand. Neben den natürlich weiblichen Engeln vor der Kamera, führte dieses Mal erstmals eine Frau Regie. Das Drehbuch wurde von der Regisseurin geschrieben und unter den Producer sind zahlreiche Frauennamen. Ein feministischer Film ist trotzdem nicht entstanden. Denn die Macher*innen wollten das Ausgangsmaterial nicht radikal neu interpretieren.
Dieses ist von 1976. Damals startete die von Aaron Spelling für ABC produzierte TV-Serie „3 Engel für Charlie“ (Charlie’s Angels), über drei Absolventinnen der Polizeiakademie, die in Los Angeles als Privatdetektivinnen für die Charles Townsend Agency und ihren nur telefonisch erreichbaren Chef arbeiten. Die fünf Jahre laufende Serie war ein weltweiter Hit. Die Ur-Engel Farrah Fawcett-Majors, Kate Jackson und Jaclyn Smith waren danach Stars – und Sexsymbole. Und so bahnbrechend damals aus einer Gender-Perspektive eine Serie mit schlagkräftigen und intelligenten Frauen im US-Serien-TV war, so konventionell waren dann die Fälle und die Inszenierung, die der züchtige Ersatz für eine „Playboy“-Bildstrecke war. Das sprach natürlich junge Männer an, die die Zeit bis zum nächsten „James Bond“-Film überbrücken mussten und den „Playboy“ noch nicht kaufen durften. Bei älteren Männern war es ähnlich.
Seitdem veränderte sich auch im notorisch prüden US-Fernsehen einiges. Gerade testet Cobie Smulders als Dex Parios beim US-TV-Sender ABC in der witzigen Hardboiled-Privatdetektiv-Serie „Stumptown“ die Grenzen der Toleranz aus. Ihre Fälle sind konventionell, aber sie darf in der Serie als Frau all das machen, was man aus Privatdetektiv-Serien sonst nur von Männern kennt, und noch etwas mehr. So trinkt sie nicht nur beachtliche Mengen Alkohol (normalerweise Bier), verjubelt Geld beim Glücksspiel und kloppt sich mit den Bösewichtern, sondern sie hat auch Sex mit wechselnden Partnern. Weil Dex bisexuell ist, küsst und schläft sie mit Männern und Frauen.
Dagegen konserviert Regisseurin, Drehbuchautorin und Schauspielerin Elizabeth Banks („Pitch Perfect“-Filme) in ihrem „3 Engel für Charlie“-Film die TV-Serie mit gut aufgelegten Stars, zahlreichen Schauplatzwechseln, Action und einer ebenso hirnrissigen, wie vergessenswerten Geschichte.
Inzwischen ist die Charles Townsend Agency eine weltweit agierende Sicherheitsfirma. Es gibt mehr, immer noch „Playboy“-taugliche Engel und mehr Bosleys. Das ist der austauschbare Name des Leiters der verschiedenen Agentur-Niederlassungen und, immer noch, die Verbindung zwischen den Engeln und dem geheimnisumwitterten Charlie, der immer noch nur als Stimme aus dem Telefon existiert.
Dieses Mal müssen die Engel Sabina Wilson (Kristen Stewart) und Jane Kano (Ella Balinska) die brillante Wissenschaftlerin Elena Houghlin (Naomi Scott) beschützen. Sie hat die ökologische Energiequelle Calisto erfunden. Falsch angewendet kann Calisto allerdings zu einer tödlichen Waffe werden und genau das will ihr Chef, zusammen mit einigen Bösewichtern, tun.
Nachdem der erste Einsatz der Engel aus dem Ruder läuft, ist globetrottende Schadensbegrenzung angesagt und, weil ihre Aktionen alle schief gehen, vermuten Sabina und Jane einen Verräter in den eigenen Reihen.
Der chaotische Film tut so, als ob bei der Fortführung einer über vierzig Jahre alten TV-Serie nichts geändert werden müsse. Aber das, was damals als neu und revolutionär verkauft werden konnte, ist es heute nicht mehr. Entsprechend anachronistisch wirkt das Frauenbild, in dem junge, gut aussehende und sehr fröhliche Frauen wie ein Haufen kichernder Küken Charlie am Telefon grüßen und sie willig die Dominanz von Männern als Vorgesetzte akzeptieren. Denn bis auf einen von Elizabeth Banks gespielten Bosley und der wenig überraschenden Enthüllung, dass sich inzwischen hinter Charlies sehr männlicher Stimme eine Frau verbirgt, ist hier alles noch wie in den Siebzigern.
Dagegen wurde, um eine andere langlebige Figur zu nennen, bei James Bond seit seinem ersten Auftreten in Buch und Film vieles geändert. Schon 1995 in „Goldeneye“ wurde sein Chef M eine Frau. Inzwischen wird darüber diskutiert, ob Bond, der Inbegriff von Männlichkeit, von einer Frau gespielt werden könnte. Auch sonst passten die James-Bond-Filme sich immer an den Zeitgeist an und entwickelten so die Figur und seine Welt weiter.
Bei „3 Engel für Charlie“ (2019) ist davon nichts zu spüren. Der neue Film ist ein bunter, in jeder Beziehung aus der Zeit gefallener, bestenfalls mittelprächtiger Actionfilm aus einer Fantasiewelt, die sich nie darum bemüht glaubhaft zu sein. Die kaum vorhandene wirre Geschichte bildet dabei nur den Rahmen für eine Reihe Actionszenen, in denen die Engel fröhlich vor sich hin improvisierend dilettieren, und Szenen, die witzig gemeint sind. Diese Engel sind ein nervender Anachronismus.
3 Engel für Charlie (Charlie’s Angels, USA 2019)
Regie: Elizabeth Banks
Drehbuch: Elizabeth Banks (nach einer Geschichte von Evan Spiliotopoulos und David Auburn)
mit Kristen Stewart, Naomi Scott, Ella Balinska, Elizabeth Banks, Patrick Stewart, Djimon Hounsou, Sam Claflin, Jonathan Tucker, Nat Faxon, Marie-Lou Sellem, Dennenesch Zoudé, Jaclyn Smith, Hailee Steinfeld (teils nur Cameos)
Personal Shopper(Personal Shopper, Frankreich/Deutschland 2016)
Regie: Olivier Assayas
Drehbuch: Olivier Assayas
Maureen ist die persönliche Einkäuferin für die ständig durch die Welt jettende Kyra. Neben diesem Brotjob wartet sie auf ein Zeichen von ihrem verstorbenen Zwillingsbruder und vertreibt Geister aus Häusern.
Olivier Assayas‘ Version eines Geisterfilms: sehr europäisch, sehr träumerisch und mit zahlreichen Anspielungen. Sehr sehenswert.
Am 6. Juni läuft sein neuer Film „Zwischen den Zeilen“ (Doubles vies, u. a. mit Juliette Binoche und Guillaume Canet) bei uns an (und dann gibt es die Besprechung). Seine dialoglastige Bestandsaufnahme der Gegenwart ist wie ein Eric-Rohmer-Film, der die Gespräche über Liebe und Beziehungen durch Gespräche über die Literatur, das Internet, und die Befindlichkeiten der Bourgeoisie ersetzt.
Die frisch geschiedene Meg Altman entdeckt mitten in Manhattan ihr Traumhaus. In ihm ist sogar, letzter Schrei der Sicherheitsindustrie für ängstliche, stinkreiche Großstädter, ein Panic Room. In diesen sicheren Raum kann sich der Hausbesitzer während eines Einbruchs zurückziehen und abwarten bis die Polizei anrückt. Meg hält den Raum für überflüssig, aber als in der Nacht drei Einbrecher auftauchen, flüchtet sie mit ihrer Tochter in den Panic Room. Dummerweise wollen die Einbrecher die in diesem Zimmer versteckten Millionen des Vorbesitzers stehlen.
Das mag jetzt neu klingen, aber im Kern erzählt „Panic Room“ eine uralte, aus jedem zweiten Western bekannte Story. Tauschen Sie einfach den Panic Room gegen ein Fort oder eine Wagenburg; die Einbrecher gegen Indianer aus und Sie wissen genau, in welchem Moment die Kavallerie auftaucht. Oh, und in welchem Zustand das Haus ist.
David Koepp und David Fincher machen daraus einen spannenden Hightechthriller.
Oder sagen wir es mit den Worten von Georg Seeßlen: Panic Room „ist vor allem ein reduzierter, ebenso brillant konstruierter wie fotografierter Thriller, ein Kammerspiel des Terrors, das alle Elemente, die am Anfang eingeführt wurden, beständig transponiert, wendet und variiert. Insofern ist Panic Room ein Stück reiner Film-Komposition, in der Sujets, Objekte und Einstellungen die Rollen von Melodien, Takten und Tönen übernehmen (…). Und wie für eine musikalische Komposition, so gilt auch für Panic Room: Es kommt nicht allein auf die Erfindung einer Melodie an, sondern auch darauf, was ein Interpret mit ihr anzustellen weiß.“ (in Frank Schnelle [Hrsg.]: David Fincher)
Mit Jodie Foster, Kristen Stewart, Forest Whitaker, Dwight Yoakam, Jared Leto, Patrick Bauchau, Andrew Kevin Walker (der „Se7en“-Drehbuchautor spielt den verschlafenen Nachbarn)
Die frisch geschiedene Meg Altman entdeckt mitten in Manhattan ihr Traumhaus. In ihm ist sogar, letzter Schrei der Sicherheitsindustrie für ängstliche, stinkreiche Großstädter, ein Panic Room. In diesen sicheren Raum kann sich der Hausbesitzer während eines Einbruchs zurückziehen und abwarten bis die Polizei anrückt. Meg hält den Raum für überflüssig, aber als in der Nacht drei Einbrecher auftauchen, flüchtet sie mit ihrer Tochter in den Panic Room. Dummerweise wollen die Einbrecher die in diesem Zimmer versteckten Millionen des Vorbesitzers stehlen.
Das mag jetzt neu klingen, aber im Kern erzählt „Panic Room“ eine uralte, aus jedem zweiten Western bekannte Story. Tauschen Sie einfach den Panic Room gegen ein Fort oder eine Wagenburg; die Einbrecher gegen Indianer aus und Sie wissen genau, in welchem Moment die Kavallerie auftaucht. Oh, und in welchem Zustand das Haus ist.
David Koepp und David Fincher machen daraus einen spannenden Hightechthriller.
Oder sagen wir es mit den Worten von Georg Seeßlen: Panic Room „ist vor allem ein reduzierter, ebenso brillant konstruierter wie fotografierter Thriller, ein Kammerspiel des Terrors, das alle Elemente, die am Anfang eingeführt wurden, beständig transponiert, wendet und variiert. Insofern ist Panic Room ein Stück reiner Film-Komposition, in der Sujets, Objekte und Einstellungen die Rollen von Melodien, Takten und Tönen übernehmen (…). Und wie für eine musikalische Komposition, so gilt auch für Panic Room: Es kommt nicht allein auf die Erfindung einer Melodie an, sondern auch darauf, was ein Interpret mit ihr anzustellen weiß.“ (in Frank Schnelle [Hrsg.]: David Fincher)
Mit Jodie Foster, Kristen Stewart, Forest Whitaker, Dwight Yoakam, Jared Leto, Patrick Bauchau, Andrew Kevin Walker (der „Se7en“-Drehbuchautor spielt den verschlafenen Nachbarn)
Mike lebt dauerbekifft und wunschlos glücklich mit seiner Freundin Phoebe in einer Kleinstadt. Das friedliche Leben endet, als eine Frau wirres Zeug zu ihm sagt und zwei Männer an seinem Auto herumfummeln. Mit der Hilfe von einem Kaffeebecher und einem Plastiklöffel bringt er sie um. Kurz darauf wimmelt es in der Kleinstadt von schießwütigen CIA-Agenten, die Mike aufgrund seiner Vergangenheit als gemeingefährliche Killermaschine umbringen wollen. Aber Mike hat nichts verlernt und einiges neues gelernt.
Es passiert, abgesehen von einer Geiselnahme, nichts wirklich dramatisches in „Certain Women“, dem neuesten Film von Kelly Reichardt. Zuletzt inszenierte sie den Anti-Western „Meek’s Cutoff“ und den Anti-Thriller „Night Moves“. Und wer diese und ihre vorherigen Filme kennt, weiß, dass die Geiselnahme in „Certain Women“ keine der hyperenergetischen, schnell geschnittenen Geiselnahmen ist, die wir aus zahllosen Thrillern kennen.
Die Independent-Regisseurin erzählt in ihrem neuesten Film drei in sich abgeschlossenen Geschichten von vier Frauen, die in und um Livingston in Montana leben. Die Anwältin Laura (Laura Dern) versucht seit Monaten ihren Mandanten Fuller (Jared Harris) zu überzeugen, dass seine Arbeitsrechtklage erfolglos sein wird. Als er in seiner Verzweiflung in einem Bürogebäude eine Geisel nimmt, soll sie ihn zur Aufgabe bewegen. Kelly Reichardt inszeniert diese Geiselnahme, wie den gesamten Film, konsequent entschleunigt und betont undramatisch. So als sei auch eine Geiselnahme Alltag und das Gespräch mit dem bewaffnetem Geiselnehmer nur ein weiteres Mandantengespräch.
Noch alltäglicher sind die beiden anderen Geschichten des Films. In der zweiten Geschichte wollen Gina (Michelle Williams) und ihr Mann Ryan (James Le Gros) für den Bau eines Hauses Natursteine von ihrem allein lebenden, zunehmend dement werdenden Nachbarn Albert (Rene Auberjonois) haben. Für ihn sind sie mit Erinnerungen verbunden. Für Gina sind sie ein schönes Deko-Element des geplanten Hauses, das sich in die malerische Landschaft einfügen soll.
In der dritten Geschichte setzt sich die Pferdepflegerin Jamie (Lily Gladstone) in einen Fortbildungskurs für Lehrer. Beth (Kristen Stewart) leitet den Kurs. Sie hat gerade ihr Jurastudium beendet. Für den Kurs muss sie an zwei Abenden in der Woche vom vier Stunden entfernten Livingston herkommen. Nach dem Kurs reden Beth (mehr) und Jamie (weniger) in einem Diner über ihr Leben und ihre Zukunft.
Als Beth eines Tages nicht mehr zum Kurs erscheint, weil ihr die Fahrt zu lang ist, macht sich die in sie verliebte Jamie sich auf den Weg nach Livingston.
Als Vorlage für diese Geschichten dienten Kelly Reichardt die in dem Sammelband „Both ways ist he only way I want it“ enthaltenen Kurzgeschichten „Travis B.“, „Native Sandstone“ und „Tome“ der hochgelobten Autorin Maile Meloy. Kelly Reichardt behält in ihrem Film das skizzenhafte der Kurzgeschichten bei. Es sind kleine Episoden aus dem Leben der Frauen, in denen wir viel über sie erfahren, aber auch vieles noch nicht einmal angesprochen wird. Dafür beobachtet Kelly Reichardt ausdauernd Laura, Gina, Jamie und Beth in alltäglichen Situationen und das ist überhaupt nicht langweilig. Denn es sind vier sehr verschiedene Frauen.
Ihr Episodendrama verlangt allerdings, wie immer bei Kelly Reichardt, einen geduldigen Zuschauer, der sich auf den langsamen Erzählrhythmus einlässt und der nicht nach der üblichen Hollywood-Dramaturgie und Konfliktlösung giert. Auch ihre Charaktere passen nicht in die gängigen Hollywood-Klischees. Dafür ähneln sie zu sehr ganz normalen Menschen mit ganz normalen Problemen.
„Certain Women“ ist wie das Leben: weitgehend undramatisch in den bekannten Bahnen, in denen Veränderungen langsam geschehen, aber nicht unspannend. Das liegt auch daran, dass in jeder Episode große Themen und Fragen auf eine leise, intime Art angesprochen werden.
Certain Women (Certain Women, USA 2016)
Regie: Kelly Reichardt
Drehbuch: Kelly Reichardt
LV: Maile Meloy: Both ways is the only way I want it: Stories, 2009
mit Laura Dern, Kristen Stewart, Michelle Williams, Lily Gladstone, James Le Gros, Jared Harris, Rene Auberjonois, John Getz