Wer jung und naiv und mit der freudigen Erwartung, die Stars Jennifer Lawrence und Robert Pattinson als Liebespaar beim Geschlechtsverkehr zu sehen, ins Kino geht, wird wahrscheinlich schreiend den Saal verlassen. Sicher: Lawrence und Pattinson spielen ein junges Paar, das aus der Großstadt in ein etwas abgelegen liegendes, heruntergekommenes Haus zieht. Sie renovieren das Haus. Sie haben Sex und bekommen ein Baby. Nach der Geburt verändert sich ihre Beziehung weiter.
Allerdings ist „Die my love“ keine heimelige RomCom mit glücklichen Menschen in einer perfekten Welt, sondern ein Film von Lynne Ramsay. Zu den vorherigen Filmen der in Glasgow geborenen, nicht besonders produktiven Regisseurin gehören „Rat Catcher“ (1999), „Morvern Callar“ (2002), „We need to talk about Kevin“ (2011; ihr bekanntestes und zugänglichstes Werk) und „A beautiful day“ (2017; der Titel kann nur und muss strikt ironisch verstanden werden). Keiner dieser wenig erklärenden, viel zeigenden und sich auf die Intelligenz des Publikums verlassenden Feelbad-Filme war ein Kassenhit. Jeder Film kam bei der Kritik gut an. Zuletzt spielten Stars wie Tilda Swinton, John C. Reilly und Joaquin Phoenix in ihren Filmen mit. Dieses Mal übernahmen Lawrence und Pattison die Hauptrollen. Die Stars aus „Die Tribute von Panem – The Hunger Games“ und Harry Potter bewiesen in den Jahren seit ihrem Durchbruch eine große Sympathie für abseitige Stoffe. „Die my love“ reiht sich hier nahtlos ein. Sissy Spacek und Nick Nolte übernahmen Nebenrollen.
Nach einem fröhlichen Einzug verändert die nicht schreibende Schriftstellerin Grace (Jennifer Lawrence) sich während der Schwangerschaft und nach der Geburt zunehmend. Sie ist offensichtlich von der Situation überfordert und kann immer weniger Wahn und Wirklichkeit unterscheiden. Sie flieht zunehmend in so etwas wie eine postnatale Depression. Auch ihr immer öfter, teils mehrere Tage abwesender Lebensgefährte Jackson (Robert Pattinson) verändert sich.
Dieser eskalierende Wahnsinn in dem Frau, zuerst schwanger, später Mutter, sich immer fremder in ihrem Haus fühlt und der Abstand zu ihrem sich seltsam verhaltenden Mann immer größer wird, erinnert an Darren Aaronofskys surreales Drama „Mother!“ (2017), ebenfalls mit Jennifer Lawrence in der Hauptrolle. „Die my love“ kann als ungehemmte, assoziativ und in Andeutungen erzählte Variante des Alptraums einer jungen Mutter nach der Geburt ihres Kindes gesehen werden. Aber, wie Aaronofsky, lässt Ramsay verschiedene Interpretationen zu.
Für die Fans von Lynne Ramsay ist „Die my love“, nachdem ihr vorheriger Film, der brutale Noir „A beautiful day“ enttäuschte, definitiv einen Blick wert.
Ein Gauner & Gentleman (The old man & the gun, USA 2018)
Regie: David Lowery
Drehbuch: David Lowery
LV: David Grann: The Old Man and the Gun (Reportage, The New Yorker, 27. Januar 2003)
Wunderschön entspannte Schnurre über den Berufsverbrecher Forrest Tucker (Robert Redford), der 1981 nach eine Banküberfall Jewel (Sissy Spacek) trifft. Er beginnt mit der nichtsahnenden Witwe eine Beziehung, während er mit seinen Kumpels schon den nächsten Banküberfall plant.
David Lowery erzählt seine äußerst gelungene Mischung aus Liebes- und Gangsterfilm mit viel Retro-Charme als nostalgische, tiefenentspannte Abschiedsvorstellung, die noch einmal die gute alte Zeit feiert, als schlitzohrige Berufsverbrecher auch Gentleman sein konnten. Ein Film für große und kleine Lagerfeuer.
Bevor am Donnerstag der „Todesmarsch“ startet (Besprechung folgt), gibt es ein Wiedersehen mit einem King-Klassiker
Tele 5, 22.10
Carrie – Des Satans jüngste Tochter (Carrie, USA 1976)
Regie: Brian De Palma
Drehbuch: Lawrence D. Cohen
LV: Stephen King: Carrie, 1974 (Carrie)
In der Schule wird Carrie von ihren Klassenkameradinnen gemobbt. Zu Hause wird sie von ihrer fanatisch-religiösen Mutter zum Gebet gezwungen. Als sie vom Schulschönling zur Abschlussfeier eingeladen wird, reagiert die telekinetisch begabte Carrie etwas übertrieben.
Horrorfilmklassiker und die erste Verfilmung einer Geschichte von Stephen King.
„Brian De Palma demonstriert in dieser ultimativen Rachefantasie mit elaborierten Kamerafahrten, exzessivem Zeitlupeneinsatz und farblichen Manipulationen sein filmisches Repertoire. Unterstützt wird er dabei von großartigen Jungdarstellern, von denen viele eine erfolgreiche Hollywood-Karriere schafften.“ (Frank Schnelle/Andreas Thiemann: Die 50 besten Horrorfilme, 2010 – in dem Metaranking kommt „Carrie“ auf den zehnten Platz)
mit Sissy Spacek, Piper Laurie, Amy Irving, William Katt, John Travolta
Ein Gauner & Gentleman (The old man & the gun, USA 2018)
Regie: David Lowery
Drehbuch: David Lowery
LV: David Grann: The Old Man and the Gun (Reportage, The New Yorker, 27. Januar 2003)
Wunderschön entspannte Schnurre über den Berufsverbrecher Forrest Tucker (Robert Redford), der 1981 nach eine Banküberfall Jewel (Sissy Spacek) trifft. Er beginnt mit der nichtsahnenden Witwe eine Beziehung, während er mit seinen Kumpels schon den nächsten Banküberfall plant.
David Lowery erzählt seine äußerst gelungene Mischung aus Liebes- und Gangsterfilm mit viel Retro-Charme als nostalgische, tiefenentspannte Abschiedsvorstellung, die noch einmal die gute alte Zeit feiert, als schlitzohrige Berufsverbrecher auch Gentleman sein konnten. Ein Film für große und kleine Lagerfeuer.
Der 73-jährige Alvin Straight will sich nach jahrelangem Schweigen mit seinem Bruder aussöhnen. Dafür nimmt er eine 240 Meilen lange Fahrt auf sich. Auf einem Rasenmäher- Auto darf er nicht mehr fahren und andere Arten der Fortbewegung lehnt er ab.
David Lynchs ungewöhnlichster Film und gleichzeitig einer seiner schönsten Filme: ein die Langsamkeit und die Landschaft und Menschen zelebrierendes Roadmovie mit einem wunderschönen Ende: zwei Männer sitzen auf einer Veranda und blicken in den Nachthimmel.
„Auf eine gewisse Weise ist ‚The Straight Story‘ der extremste Film, den ich je gemacht habe.“ (David Lynch, Interview in Zitty 25/99)
mit Richard Farnsworth, Sissy Spacek, Harry Dean Stanton, John Farley, Everett McGill
auch bekannt als „Eine wahre Geschichte – The Straight Story“
Ein Gauner & Gentleman (The old man & the gun, USA 2018)
Regie: David Lowery
Drehbuch: David Lowery
LV: David Grann: The Old Man and the Gun (Reportage, The New Yorker, 27. Januar 2003)
Wunderschön entspannte Schnurre über den Berufsverbrecher Forrest Tucker (Robert Redford), der 1981 nach eine Banküberfall Jewel (Sissy Spacek) trifft. Er beginnt mit der nichtsahnenden Witwe eine Beziehung, während er mit seinen Kumpels schon den nächsten Banküberfall plant.
David Lowery erzählt seine äußerst gelungene Mischung aus Liebes- und Gangsterfilm mit viel Retro-Charme als nostalgische, tiefenentspannte Abschiedsvorstellung, die noch einmal die gute alte Zeit feiert, als schlitzohrige Berufsverbrecher auch Gentleman sein konnten. Ein Film für große und kleine Lagerfeuer.
The Straight Story – Eine wahre Geschichte(The Straight Story, USA 1999)
Regie: David Lynch
Drehbuch: John Roach, Mary Sweeney
Kamera: Freddie Francis
Musik: Angelo Badalamenti (Wer sonst?)
Der 73-jährige Alvin Straight will sich nach jahrelangem Schweigen mit seinem Bruder aussöhnen. Dafür nimmt er eine 240 Meilen lange Fahrt auf sich. Auf einem Rasenmäher- Auto darf er nicht mehr fahren und andere Arten der Fortbewegung lehnt er ab.
David Lynchs ungewöhnlichster Film und gleichzeitig einer seiner schönsten Filme: ein die Langsamkeit und die Landschaft und Menschen zelebrierendes Roadmovie mit einem wunderschönen Ende: zwei Männer sitzen auf einer Veranda und blicken in den Nachthimmel.
„Auf eine gewisse Weise ist ‚The Straight Story‘ der extremste Film, den ich je gemacht habe.“ (David Lynch, Interview in Zitty 25/99)
mit Richard Farnsworth, Sissy Spacek, Harry Dean Stanton, John Farley, Everett McGill
auch bekannt als „Eine wahre Geschichte – The Straight Story“
Ein Gauner & Gentleman (The old man & the gun, USA 2018)
Regie: David Lowery
Drehbuch: David Lowery
LV: David Grann: The Old Man and the Gun (Reportage, The New Yorker, 27. Januar 2003)
TV-Premiere. Wunderschön entspannte Schnurre über den Berufsverbrecher Forrest Tucker (Robert Redford), der 1981 nach eine Banküberfall Jewel (Sissy Spacek) trifft. Er beginnt mit der nichtsahnenden Witwe eine Beziehung, während er mit seinen Kumpels schon den nächsten Banküberfall plant.
David Lowery erzählt seine äußerst gelungene Mischung aus Liebes- und Gangsterfilm mit viel Retro-Charme als nostalgische, tiefenentspannte Abschiedsvorstellung, die noch einmal die gute alte Zeit feiert, als schlitzohrige Berufsverbrecher auch Gentleman sein konnten. Ein Film für große und kleine Lagerfeuer.
Vor dem Kinostart sagte Robert Redford, dass „Ein Gauner & Gentleman“ sein letzter Film sein werde. Danach wolle der 82-jährige in den wohlverdienten Ruhestand gehen. Inzwischen ist er sich anscheinend nicht mehr so sicher, ob David Lowerys warmherzige Gaunerkomödie „Ein Gauner & Gentleman“ wirklich sein letzter Film sein soll.
David Lowery, der Redford bereits in seinem Kinderfilm „Elliot, der Drache“ inszenierte, erzählt die Geschichte von Forrest Tucker, einem notorischen Bankräuber, der inzwischen ein alter, aber immer noch junggebliebener Gentleman ist. Er ist ein Berufsverbrecher, der immer wieder in Haft saß, ausbrach und jetzt weiter Banken überfällt. Sein jüngster Überfall, dieses Mal in Dallas, lief wieder einmal so höflich und gesittet ab, dass wir unwillkürlich an „Out of Sight“ Jack Foley (George Clooney) denken müssen. Wobei es historisch korrekt wahrscheinlich umgekehrt war. Denn Tucker, den es wirklich gab, begann seine Verbrecher- und Ausbrecherkarriere 1936 als Fünfzehnjähriger und Lowerys Film spielt 1981. Der von Elmore Leonard erfundene Foley betrat erst später zuerst die literarische und dann die filmische Bühne.
Forrest Tucker war ein vollendeter Gentleman, der seine Verbrechen ohne Gewalt verübte. Den Revolver, den er dabei hatte, zeigte er niemals. Aber diese Angewohnheit erklärt den Originaltitel des Films, der auf der gleichnamigen „The New Yorker“-Reportage von David Grann basiert. Trotzdem ist der deutsche Titel „Ein Gauner & Gentleman“ viel zutreffender.
Als Gentleman hält Tucker auf seiner Flucht vor der Polizei selbstverständlich an, um einer Frau, die Probleme mit ihrem Auto hat, zu helfen. Auch wenn er keine Ahnung von Autos hat. Er unterhält sich mit Jewel (Sissy Spacek). Er fährt sie nach Hause und das ist der Beginn einer wundervollen, erwachsenen Beziehung, in der sich zwei Menschen redend näherkommen.
Diese Liebesgeschichte könnte sein Abschied vom Verbrecherleben sein, wenn er nicht ein Berufsverbrecher wäre, der einfach gerne das tut, was er tut. Also raubt er weiter Banken aus mit seinen Verbrecherkumpels, der „Over-the-Hill-Gang“. Sie besteht aus Teddy (Danny Glover) und Waller (Tom Waits). Der Musiker, dessen letzte CD 2011 erschien, und Ab-und-zu-Schauspieler wurde dafür aus seinem filmischen Ruhestand gezerrt.
Verfolgt werden sie über Landesgrenzen hinweg von Detective John Hunt. Casey Affleck liefert eine weitere feine, minimalistische Charakterstudie. Dieses Mal ist er unter dem Porno-Schnauzbart Tom-Selleck-Schnauzbart (Hunt ist ja ein ehrlicher Polizist) kaum erkennbar. In Lowerys vorherigem Film „A Ghost Story“ war er als stummer Geist mit einem Bettlaken über dem Kopf noch weniger erkennbar.
Diese Erzählstränge verknüpft David Lowery zu einer wunderschön entspannten Schnurre, einer Verbrecherballade, die einem auch am Lagerfeuer erzählt werden könnte. Denn früher, in diesem Fall 1981, ging alles langsamer. Nachrichten verbreiteten sich über Tage und Wochen von der einen Küste des Landes zur anderen. Falls überhaupt. Computer waren keine Alltagsgegenstände, sondern schrankgroße Geräte, die in Science-Fiction-Filmen riesige Hallen füllten. Ein Ermittler musste damals, nachdem er auf die abstruse Idee gekommen war, dass verschiedene Überfälle in verschiedenen Bundesstaaten miteinander zusammenhängen könnten, mühsam die Informationen über die Überfälle zusammentragen, immer wieder Ländergrenzen überschreiten, mit unterschiedlichen Gesetzgebungen kämpfen und in Archiven wühlen. Denn schon auf den ersten Blick klingt die Idee, dass ein Haufen alter Männer professionell Banken überfällt, ziemlich fantastisch.
Währenddessen hat Forrest Tucker viel Zeit, um mit seinen Kollegen weitere Überfälle zu planen und, vor allem, mit Jewel den Sonnenuntergang zu genießen.
Und wir können Robert Redford und Sissy Spacek dabei beobachten.
Es gibt wirklich schlechtere Möglichkeiten, seine Zeit zu verbringen.
Wenn Robert Redford jetzt wirklich keinen weiteren Film mehr dreht, ist „Ein Gauner & Gentleman“ eine rundum gelungene, angenehm nostalgische Abschiedsvorstellung, die noch einmal, mühelos und ohne erkennbare Anstrengung, die Karriere von Robert Reedford Revue passieren lässt.
Aber wie beginnt noch einmal Davd Granns Artikel über den sympathischen Bankräuber? „Forrest Tucker had a long career robbing banks, and he wasn’t willing to retire.“
.
„Ein Gauner & Gentleman“ ist jetzt doch nicht Robert Redfords letzter Film geworden. Danach spielte er, zugegeben nur in einer kleinen Rolle, in „Avengers: Endgame“ mit. Das ändert aber nichts daran, dass David Lowerys Film vor allem eine wunderschöne, nostalgische, tiefenentspannte Abschiedsvorstellung ist, die noch einmal die gute alte Zeit feiert und die auch im heimischen Kino ausnehmend gut gefällt.
Das Bonusmaterial der DVD fällt dagegen mit einer halben Stunde Promo-Interviews mit Casey Affleck, Danny Glover, Robert Redford und Sissy Spacek eher enttäuschend aus. Die meiste Zeit ergehen sich die Interviewten in Lobhuddeleien. Robert Redford, der den Anstoß für den Film gab und auch einer der Produzenten ist, geht etwas ausführlicher auf die Hintergründe ein.
Ein Gauner & Gentleman(The old man & the gun, USA 2018)
Vor dem Kinostart sagte Robert Redford, dass „Ein Gauner & Gentleman“ sein letzter Film sein werde. Danach wolle der 82-jährige in den wohlverdienten Ruhestand gehen. Inzwischen ist er sich anscheinend nicht mehr so sicher, ob David Lowerys warmherzige Gaunerkomödie „Ein Gauner & Gentleman“ wirklich sein letzter Film sein soll.
David Lowery, der Redford bereits in seinem Kinderfilm „Elliot, der Drache“ inszenierte, erzählt die Geschichte von Forrest Tucker, einem notorischen Bankräuber, der inzwischen ein alter, aber immer noch junggebliebener Gentleman ist. Er ist ein Berufsverbrecher, der immer wieder in Haft saß, ausbrach und jetzt weiter Banken überfällt. Sein jüngster Überfall, dieses Mal in Dallas, lief wieder einmal so höflich und gesittet ab, dass wir unwillkürlich an „Out of Sight“ Jack Foley (George Clooney) denken müssen. Wobei es historisch korrekt wahrscheinlich umgekehrt war. Denn Tucker, den es wirklich gab, begann seine Verbrecher- und Ausbrecherkarriere 1936 als Fünfzehnjähriger und Lowerys Film spielt 1981. Der von Elmore Leonard erfundene Foley betrat erst später zuerst die literarische und dann die filmische Bühne.
Forrest Tucker war ein vollendeter Gentleman, der seine Verbrechen ohne Gewalt verübte. Den Revolver, den er dabei hatte, zeigte er niemals. Aber diese Angewohnheit erklärt den Originaltitel des Films, der auf der gleichnamigen „The New Yorker“-Reportage von David Grann basiert. Trotzdem ist der deutsche Titel „Ein Gauner & Gentleman“ viel zutreffender.
Als Gentleman hält Tucker auf seiner Flucht vor der Polizei selbstverständlich an, um einer Frau, die Probleme mit ihrem Auto hat, zu helfen. Auch wenn er keine Ahnung von Autos hat. Er unterhält sich mit Jewel (Sissy Spacek). Er fährt sie nach Hause und das ist der Beginn einer wundervollen, erwachsenen Beziehung, in der sich zwei Menschen redend näherkommen.
Diese Liebesgeschichte könnte sein Abschied vom Verbrecherleben sein, wenn er nicht ein Berufsverbrecher wäre, der einfach gerne das tut, was er tut. Also raubt er weiter Banken aus mit seinen Verbrecherkumpels, der „Over-the-Hill-Gang“. Sie besteht aus Teddy (Danny Glover) und Waller (Tom Waits). Der Musiker, dessen letzte CD 2011 erschien, und Ab-und-zu-Schauspieler wurde dafür aus seinem filmischen Ruhestand gezerrt.
Verfolgt werden sie über Landesgrenzen hinweg von Detective John Hunt. Casey Affleck liefert eine weitere feine, minimalistische Charakterstudie. Dieses Mal ist er unter dem Porno-Schnauzbart Tom-Selleck-Schnauzbart (Hunt ist ja ein ehrlicher Polizist) kaum erkennbar. In Lowerys vorherigem Film „A Ghost Story“ war er als stummer Geist mit einem Bettlaken über dem Kopf noch weniger erkennbar.
Diese Erzählstränge verknüpft David Lowery zu einer wunderschön entspannten Schnurre, einer Verbrecherballade, die einem auch am Lagerfeuer erzählt werden könnte. Denn früher, in diesem Fall 1981, ging alles langsamer. Nachrichten verbreiteten sich über Tage und Wochen von der einen Küste des Landes zur anderen. Falls überhaupt. Computer waren keine Alltagsgegenstände, sondern schrankgroße Geräte, die in Science-Fiction-Filmen riesige Hallen füllten. Ein Ermittler musste damals, nachdem er auf die abstruse Idee gekommen war, dass verschiedene Überfälle in verschiedenen Bundesstaaten miteinander zusammenhängen könnten, mühsam die Informationen über die Überfälle zusammentragen, immer wieder Ländergrenzen überschreiten, mit unterschiedlichen Gesetzgebungen kämpfen und in Archiven wühlen. Denn schon auf den ersten Blick klingt die Idee, dass ein Haufen alter Männer professionell Banken überfällt, ziemlich fantastisch.
Währenddessen hat Forrest Tucker viel Zeit, um mit seinen Kollegen weitere Überfälle zu planen und, vor allem, mit Jewel den Sonnenuntergang zu genießen.
Und wir können Robert Redford und Sissy Spacek dabei beobachten.
Es gibt wirklich schlechtere Möglichkeiten, seine Zeit zu verbringen.
Wenn Robert Redford jetzt wirklich keinen weiteren Film mehr dreht, ist „Ein Gauner & Gentleman“ eine rundum gelungene, angenehm nostalgische Abschiedsvorstellung, die noch einmal, mühelos und ohne erkennbare Anstrengung, die Karriere von Robert Reedford Revue passieren lässt.
Aber wie beginnt noch einmal Davd Granns Artikel über den sympathischen Bankräuber? „Forrest Tucker had a long career robbing banks, and he wasn’t willing to retire.“
Ein Gauner & Gentleman (The old man & the gun, USA 2018)
Carrie – Des Satans jüngste Tochter (Carrie, USA 1976)
Regie: Brian De Palma
Drehbuch: Lawrence D. Cohen
LV: Stephen King: Carrie, 1974 (Carrie)
In der Schule wird Carrie von ihren Klassenkameradinnen gemobbt. Zu Hause wird sie von ihrer fanatisch-religiösen Mutter zum Gebet gezwungen. Als sie vom Schulschönling zur Abschlussfeier eingeladen wird, reagiert die telekinetisch begabte Carrie etwas übertrieben.
Horrorfilmklassiker und die erste Verfilmung einer Geschichte von Stephen King.
„Brian De Palma demonstriert in dieser ultimativen Rachefantasie mit elaborierten Kamerafahrten, exzessivem Zeitlupeneinsatz und farblichen Manipulationen sein filmisches Repertoire. Unterstützt wird er dabei von großartigen Jungdarstellern, von denen viele eine erfolgreiche Hollywood-Karriere schafften.“ (Frank Schnelle/Andreas Thiemann: Die 50 besten Horrorfilme, 2010 – in dem Metaranking kommt „Carrie“ auf den zehnten Platz)
mit Sissy Spacek, Piper Laurie, Amy Irving, William Katt, John Travolta
Vermisst (USA 1982, Regie: Constantin Costa-Gavras)
Drehbuch: Constantin Costa-Gavras, Donald Stewart, John Nichols (ungenannt)
LV: Thomas Hauser: The Execution of Charles Horman: An American Sacrifice, 1978
Ein Vater (Typ: treu-patriotischer US-amerikanischer Staatsbürger) sucht mit seiner Schwiegertochter in Chile seinen spurlos verschwundenen Sohn, der dort als Journalist arbeitete.
Costa-Gavras erster Hollywood-Film basiert auf dem Schicksal des Journalisten Charles Horman, der 1973 in Chile herausgefunden hatte, dass die amerikanische Regierung am Pinochet-Putsch gegen Salvador Allende beteiligt war.
„Aus dieser authentischen Geschichte macht Costa-Gavras einem spannenden, auch einem breiteren Publikum zugänglichen Film.“ (Fischer Film Almanach 1983)
„Vermisst“ erhielt eine halbe Golden Palme in Cannes, war für den Oscar als bester Film nominiert und das Drehbuch erhielt einen Oscar, einen BAFTA-Award und den Preis der Writers Guild of America.
mit Jack Lemmon, Sissy Spacek, Melanie John Shea, Charles Cioffi, Ricard Venture
In seinem Regiedebüt erzählt Terrence Malick seine Version des Starkweather/Fugate-Falles von 1958: die 15-jährige Holly Sargis brennt mit dem Arbeiter Kit Carruthers durch, nachdem er ihren Vater ermordete. Auf ihrer Flucht ermorden sie, ohne Schuldgefühle, weitere Menschen.
Auch Oliver Stones „Natural Born Killers“, der einen vollkommen anderen Zugang wählte, basiert auf dem Starkweather/Fugate-Fall.
„Badlands ist Malicks einfachster, am geradlinigsten erzählter Film; dennoch ist er zugleich auf irritierende Weise uneinnehmbar: Die Perspektive auf das gewaltvolle Geschehen bleibt eigentümlich gelassen, entrückt, bar jeder moralischen Empörung.“ (Dominik Kamalzadeh/Michael Pekler: Terrence Malick)
„Badlands“, mit wunderschönen Bildern von Tak Fujimoto, Stevan Larner und Brian Probyn aus dem amerikansichen Hinterland, ist mein Lieblings-Malick.
mit Martin Sheen, Sissy Spacek, Warren Oates, Ramon Bieri
Als „Cold Blood“, das US-Debüt von Stefan Ruzowitzky, vor einem halben Jahr im Kino zur richtigen Jahreszeit anlief, habe ich den Thriller bereits abgefeiert und weil ich meine damalige Besprechung (nach kritischer Lektüre) immer noch gut finde, gibt es zuerst die Besprechung:
Der Überfall auf das Casino ging glatt über die Bühne und auch die Flucht in Richtung Kanada gelang, bis die drei Verbrecher auf der einsamen Landstraße einen Unfall bauen und Addison (Eric Bana) einen zufällig vorbeikommenden Polizisten erschießt. Addison sagt seiner Schwester Liza (Olivia Wilde), dass sie sich trennen müssen. Ihr dritter Mann starb bei dem Unfall.
Während sie sich zu Fuß, auf getrennten Wegen, durch das winterliche Michigan auf den Weg zur Grenze machen, erschlägt der gerade aus dem Gefängnis entlassene Ex-Boxer Jay Mills (Charlie Hunnam) seinen Ex-Manager während eines Streits. Er macht sich auf den Weg zu seinen Eltern Chet (Kris Kristofferson) und June (Sissy Spacek) und dem Thanksgiving-Dinner. Auf dem Weg zu ihnen gabelt er Liza auf. Er verliebt sich in die geheimnisvolle Schönheit.
Ihr Bruder schlägt sich währenddessen skrupellos durch die einsame Landschaft und hinterlässt, verfolgt von der Polizei, eine Spur von Leichen. Da schickt ihm Liza eine SMS, in dem sie ihn in das Haus der Mills einlädt.
Diese Gangstergeschichte erzählt Stefan Ruzowitzky („Anatomie“, „Die Fälscher“) in seinem gelungenem US-Debüt nach einem Drehbuch des Debütanten Zach Dean, geradlinig und ohne große Erklärungen. So dürfen wir uns die Hintergründe der seltsamen Abhängigkeit zwischen Addison und Liza, die Gründe für die große Enttäuschung von Chet über seinen Sohn Jay und, als dritte Familiengeschichte, die übergroße Besorgnis von Sheriff Marshall Becker (Treat Williams) über seine ebenfalls als Polizistin arbeitende Tochter Hanna (Kate Mara) aus Halbsätzen und Gesten zusammenreimen. Sowieso wird in „Cold Blood“ die alte Weisheit, dass sich in ihren Taten der Charakter eines Menschen zeigt, eisern befolgt.
„Cold Blood“ (doofer deutscher Titel) ist ein gut gespielter, flott erzählter, traditionsbewusster Gangsterthriller mit glaubwürdigen Charakteren und auch glaubwürdiger Action, der einfach nur neunzig Minuten, ohne aufgesetzten Humor und Hypergewalt, aber dafür mit der Lakonie eines Western oder alten Gangsterfilms (wie „Entscheidung in der Sierra“/“High Sierra“), gut unterhalten will und dabei auch einiges über die Beziehungen von Kindern zu ihren Eltern, vor allem Väter, und Werte sagt.
Das Bonusmaterial
Das Bonusmaterial ist nicht besonders umfangreich geraten und eine durchwachsene Angelegenheit. Es gibt zwei kurze Featurettes, „Schnee & Western“ und „Familie“, die in insgesamt etwas über fünf Minuten fast nichts über die Hintergründe des Films verraten und Interviews mit Eric Bana, zweieinhalb Minuten, und Stefan Ruzowitzky, die für die Featurettes produziert wurden und okay, aber arg kurz sind. Wobei Ruzowitzky hier schon fünf Minuten redet und auch einiges über den Film verrät.
Der wirklich lohnende Teil des Bonusmaterials ist ein über zehnminütiges Interview mit dem Regisseur, das wohl exklusiv für die deutsche DVD produziert wurde. Denn Ruzowitzky erzählt auf deutsch von den Dreharbeiten, was ihm an dem Drehbuch gefiel und der übergroßen Bedeutung von Familie, vor allem dem Bild der perfekten Familie, die sich einträchtig beim jährlichen Thanksgiving-Dinner trifft, bei den US-Amerikanern und in dem Film.
Cold Blood – Kein Ausweg, keine Gnade (Deadfall, USA/Frankreich 2012)
Regie: Stefan Ruzowitzky
Drehbuch: Zach Dean
mit Eric Bana, Olivia Wilde, Charlie Hunnam, Kate Mara, Kris Kristofferson, Sissy Spacek, Treat Williams
Ton: Deutsch (Dolby Digital 5.1, Dolby Surround), Englisch (Dolby Digital 5.1)
Untertitel: Deutsch
Bonusmaterial: Making of „Schnee & Western“, Making of „Familie“, Über den Film: Eric Bana, Über den Film: Stefan Ruzowitzky, Interview mit Stefan Ruzowitzky, Trailer (deutsch, englisch)