Zuerst ist er für die Zwillingsbrüder Hal und Bill nur ein seltsam aussehendes Spielzeug. Ein breit grinsender Zirkusaffe, der, wenn er aufgezogen wird, die kleinen Blechbecken, die er in seinen Händen hält, zusammenschlägt. Aber dann bemerken sie, dass jedes Mal, wenn der Affe die Zimbel zusammenschlägt, jemand stirbt, den sie kennen.
Also werfen sie, nach mehreren Todesfällen, den Affen in einen tiefen, im Wald hinter ihrem Haus liegenden und seit Ewigkeiten nicht mehr benutzten Brunnen und vergessen ihn.
25 Jahre später ist der Affe wieder da und das Morden beginnt von neuem.
Osgood Perkins neuer Horrorfilm basiert auf einer 1980 von Stephen King geschriebenen Kurzgeschichte, die er auf Spielfilmlänge ausbaute. Er behält selbstverständlich die Grundidee von dem dämonisch bessessenem Gegenstand, einem Spielzeug, einer Puppe oder in diesem Fall einem Zirkusaffen, bei. Er steigt tiefer in die Geschichte der Familie von Bill und Hal ein, verändert dabei auch einiges – so sind Bill und Hall bei King Brüder, bei Perkins Zwillingsbrüder – und er zeigt die Todesfälle genauer. Was bei King in einem Satz gesagt wird, ist bei Perkins ein in seinen blutig-grotesken Details gezeigter tödlicher Unfall. Und es gibt viele dieser Unfälle, die beim geneigten Horrorfilmfan für Entzücken sorgen.
Außerdem, und das ist die größte Veränderung, veränderte er das Finale zu einem grotesk überzeichnetem Weltuntergangsszenario, das jede Glaubwürdigkeit und Plausibilität grimmig ignoriert.
Andere Veränderungen sind vernachlässigbar. „Longlegs“-Regisseur Perkins erzählt die Geschichte, im Gegensatz zu King, chronologisch. Er verlegte sie im ersten Teil in die neunziger Jahre und im zweiten Teil in die Gegenwart. Die von ihm gezeichnete Welt verströmt dabei immer das Patina abgeranzter Provinz-Siebziger-Jahre, als dort noch voller Stolz die Mode der fünfziger Jahre getragen wurde. Das verleiht seinem Film eine heimelige Zeitlosigkeit.
Wer vom neuen Film des „Longlegs“-Regisseurs mehr als eine Reihe schwarzhumorig-blutig inszenierter tödlicher Unfälle erwartet, wird enttäuscht werden. Sicher, die Schauspieler sind gut, und sie haben auch einige gute Szenen, die Ausstattung ist stilecht und das Spiel mit der im Verlauf des Films zwischen den Brüdern wechselnden Erzählerstimme zeigt, dass er sich einige Gedanken über die Geschichte machte, aber noch mehr Hirnschmalz investierte er in die Inszenierung der Todesfälle.

The Monkey (The Monkey, USA/Großbritannien 2025)
Regie: Osgood Perkins
Drehbuch: Osgood Perkins
LV: Stephen King: The Monkey, 1980 (Der Affe, Kurzgeschichte, enthalten in „Blut – Skeleton Crew“)
mit Theo James, Christian Convery, Tatiana Maslany, Colin O’Brien, Rohan Campbell, Sarah Levy, Adam Scott, Elijah Wood, Osgood Perkins, Danica Dreyer, Laura Mennell, Nicco Del Rio
Länge: 98 Minuten
FSK: ab 16 Jahre
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Die Vorlage

„Der Affe“ (The Monkey) ist eine Kurzgeschichte aus Stephen Kings zweiter Sammlung von Kurzgeschichten. „Skeleton Crew“ erschien in den USA 1985. In Deutschland erschienen die 22 Kurzgeschichten zuerst getrennt in „Im Morgengrauen“, „Der Gesang der Toten“ und „Der Formit“.
Das in der aktuell erhältlichen Heyne-Ausgabe gut neunhundert Seiten dicke Buch enthält alle Geschichten:
Der Nebel (The Mist, 1980 – verfilmt 2007 von Frank Darabont als „Der Nebel“ [The Mist])
Hier Seyen Tiger (Here there be Tygers, 1968)
Der Affe (The Monkey, 1980 – verfilmt 2025 von Osgood Perkins als „The Monkey“ [The Monkey])
Kains Aufbegehren (Cain rose up, 1968)
Mrs. Todds Abkürzung (Todd’s Shortcut, 1984)
Der Jaunt (The Jaunt, 1981)
Der Hochzeitsempfang (The Wedding Gig, 1980)
Paranoid: Ein Gesang (Paranoid: A Chant, 1985)
Das Floss (The Raft, 1982)
Textcomputer der Götter (Word Processor of the Gods, 1983)
Der Mann, der niemand die Hand geben wollte (The Man who wold not shake Hands, 1982)
Dünenwelt (Beachworld, 1985)
Das Bildnis des Sensenmanns (The Reaper’s Image, 1969)
Nona (Nona, 1978)
Für Owen (For Owen, 1985)
Überlebenstyp (Survivor Type, 1982)
Onkel Ottos Lastwagen (Uncle Otto’s Truck, 1983)
Morgenlieferung (Morning Deliveries, 1985)
Große Räder: Eine Geschichte aus dem Wäschereigeschäft (Big Wheels: A Tale of the Laundry Game, 1982)
Omi (Gramma, 1984)
Die Ballade von der flexiblen Kugel (The Ballad of the Flexible Bullett, 1984)
Die Meerenge (The Beach, 1981)
Weggelassen habe ich die TV- und One-Dollar-Baby-Adaptionen.
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Stephen King: Blut – Skeleton Crew
(übersetzt von Joachim Körber, Alexandra von Reinhardt, Monika Hahn und Martin Bliesser)
Heyne, 2013
896 Seiten
14 Euro
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Originalausgabe
Skeleton Crew
Putnam, New York 1985
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Hinweise
Rotten Tomatoes über „The Monkey“
Wikipedia über „The Monkey“ (deutsch, englisch) und die Vorlage (deutsch [Band 1, 2, 3], englisch)
Meine Besprechung von Osgood Perkins‘ „Longlegs“ (Longlegs, USA 2024)
Mein Porträt zu Stephen Kings Geburtstag
Stephen King in der Kriminalakte, in seinem Trailer-Park und auf Europa-Tour
den Romanen von Stephen King
Meine Besprechung von Stephen Kings/Richard Bachmans „Qual“ (Blaze, 2007)
Meine Besprechung von Stephen Kings „Colorado Kid“ (The Colorado Kid, 2005)
Meine Besprechung von Stephen Kings „Doctor Sleep“ (Doctor Sleep, 2013)
Meine Besprechung von Stephen Kings „Später“ (Later, 2021)
Meine Besprechung von Joe Hill/Stephen King/Richard Mathesons „Road Rage“ (Road Rage, 2012)
den Verfilmungen, teils mit Besprechungen der Romane
Meine Besprechung der auf Stephen Kings Novelle “The Colorado Kid” basierenden TV-Serie “Haven”
Meine Besprechung von Kimberly Peirces Stephen-King-Verfilmung “Carrie” (Carrie, USA 2013)
Meine Besprechung von Tod Williams‘ Stephen-King-Verfilmung „Puls“ (Cell, USA 2016)
Meine Besprechung von Andy Muschiettis „Es“ (It, USA 2017)
Meine Besprechung von Mike Flanagans „Stephen Kings Doctor Sleeps Erwachen“ (Doctor Sleep, USA 2019) (wahrscheinlich einer der Filmtitel, die kein Mensch an der Kinokasse vollständig ausgesprochen hat)
Meine Besprechung von Rob Savages Stephen-King-Verfilmung „The Boogeyman“ (The Boogeyman, USA 2023)
Meine Besprechung von Kurt Wimmers „Kinder des Zorns“ (Children of the Corn, USA 2020)
Veröffentlicht von AxelB 




