TV-Tipp für den 8. Oktober: Die Unschuldigen

Oktober 8, 2014

Arte, 20.15
Die Unschuldigen (Frankreich: André Téchiné)
Drehbuch: André Téchiné, Pascal Bonitzer
Jeanne fährt zur Hochzeit ihrer Schwester in ein Dorf in der Nähe von Toulon. Dort will sie auch ihren 13-jährigen, fast taubstummen Bruder finden. Sie gerät dabei, angeheizt durch Liebesbande, in einen Konflikt zwischen militanten Rechtsradikalen und Einwanderern.
„Ein außerordentlich komplexer Film mit einer ansprechenden Sandrine Bonnaire, die durch ihre Präsenz ermöglicht, den Fäden zu folgen und sie zu entwirren.“ (Fischer Film Almanach 1996)
Die deutsche Premiere des unter anderem für den César als bester Film nominierten Films war im November 1995 auf Arte.
Eigentlich ist eine (Wieder)-Entdeckung von Téchiné in Deutschland überfällig. Denn abgesehen von „Wilde Zeiten“ und „Diebe der Nacht“ (mit Catherine Deneuve), die wenigstens ab und an gezeigt werden, kennen hier nur noch Cineasten sein Werk.
mit Sandrine Bonnaire, Simon de la Brosse, Jean-Claude Brialy, Abdel Kéchiche
Wiederholung: Donnerstag, 16. Oktober, 13.55 Uhr
Hinweise
Arte über „Die Unschuldigen“
Rotten Tomatoes über „Die Unschuldigen“
Wikipedia über André Téchiné (deutsch, englisch, französisch) und „Die Unschuldigen“ (englisch, französisch)


DVD-Kritik: „Ein Sarg aus Hongkong“ und Heinz Drache als Privatdetektiv

Oktober 7, 2014

Ach, das waren noch Zeiten, als ein Privatdetektiv in einem mondänen Junggessellenloft lebte, nur Morde aufklärte (wofür die Polizei ja zu doof ist) und, wenn er eine erschossene Schönheit in seiner Wohnung entdeckt, erst einmal mit einem Kumpel telefoniert und dann, als es klingelt, die Leiche auf sein Bett wirft. So ein Gespräch mit einem Klienten ist ja auch wichtiger, als etwaige Spuren; – wobei in der Prä-C.S.I.-Zeit, als Erschossene noch nicht ganze Wohnungen vollbluteten, die Forensik ja in einem so erbärmlichem Zustand war, dass ein juveniler Detektiv die Sache besser aufklärte.
Sie haben es erkannt. „Ein Sarg aus Hongkong“ beansprucht keine Preise für Plausibilität. Es ist ein deutscher Krimi irgendwo zwischen Edgar Wallace und Kommissar X. Dieses Mal produziert von Wolf C. Hartwig und Erwin C. Dietrich, zwei ziemlich legendären Produzenten, die sich später im gleichen Kinosegment tummelten. Wobei hier zuerst Dietrich produzierte, beim Dreh in Hongkong aber Probleme mit der arbeitsunwilligen Crew und dem Regisseur hatte, und dann Hartwig übernahm.
Als Inspiratio wurde ein Privatdetektiv-Krimi des enorm produktiven James Hadley Chase verwurstet. Denn Manfred R. Köhler, der auch das Drehbuch für sein Regiedebüt schrieb, übernahm von dem Roman anscheinend nur den Namen des Helden und den fotogenen Schauplatz Hongkong.
Jedenfalls erhält Privatdetektiv Nelson Ryan (Heinz Drache) von seinen Klienten Willam Jefferson, dem Schwiegervater der schon erwähnten toten Schönheit, den Auftrag, herauszufinden, was mit seinem Sohn George geschah.
Die Tote ist Jo Ann Jefferson. Sie war in London, um die Leiche ihres Mannes George Jefferson von Hongkong nach London zu überführen. Er verbrannte vor fünf Tagen bei einem Autounfall in Hongkong. Seine Leiche konnte nur anhand einiger persönlicher Habseligkeiten identifiziert werden.
Ryan fliegt nach Hongkong und muss sich dort mit Rauschgifthändlern, Mörderbanden und einem maskierten Mann, dem Oberbösewicht, herumschlagen.
Sonderlich spannend ist das nicht und auch, trotz der ständigen Action, reichlich träge inszeniert. Edgar-Wallace-Fans werden schnell und zutreffend die Identität des Oberbösewichts erraten. Es gibt aber einige touristische Aufnahmen aus Hongkong vor fünfzig Jahren und eine Erinnerung an eine längst vergessene Kinozeit, als im Rahmen der beginnenden James-Bond-Manie plötzlich an exotischen Orten gedreht wurde, Einzelkämpfer mit guten Beziehungen (Privatdetektive oder Geheimagenten oder reiche Müßiggänger) und einem Schlag bei Frauen, im Handumdrehen ganze Verbrechersyndikate besiegten.
Manfred R. Köhler schrieb später die Dialoge für den Jerry-Cotton-Film „Der Mörderclub von Brooklyn“, die Drehbücher für „Kommissar X – Drei goldene Schlangen“, „Der Todeskuss des Dr. Fu Manchu“ und „Die Schlangengrube und das Pendel“ und führte Regie bei „Der Fluch des schwarzen Rubin“ (auch Drehbuch) und „Wie tötet man eine Dame?/Das Geheimnis der gelben Mönche“. Alles keine Perlen der Filmkunst, sondern heute zu recht weitgehend vergessener Trash, der die deprimierende Qualität des deutschen Kriminalfilms in den sechziger Jahren beschreibt und der vor allem eine Flucht aus der Wirklichkeit war. Denn über Deutschland und die Probleme Deutschlands erfährt man in diesen Filmen nichts. Stattdessen wird in Fantasielandschaften, wie die Edgar-Wallace-Landsitze, und in die Fremde geflüchtet. Hier und in einigen anderen fast zeitgleich entstandenen Filmen war es Hongkong.
Die DVD-Ausgabe des Films, der bisher noch nie auf DVD veröffentlicht wurde und anscheinend nie im TV lief, im Rahmen der „Cinema Treasures“-Reihe von Ascot Elite ist gewohnt gelungen. Der Film wurde neu abgetastet vom Originalnegativ. Ensprechend beeindruckend ist das Bild des fünfzig Jahre alten Films. Das Bonusmaterial ist okay. Immerhin ist das Buch „Mädchen, Machos und Moneten“ über Erwin C. Dietrich bereits auf anderen DVDs von Ascot Elite erschienen. Neu ist das Splatting-Image-Interview von 1991/1992 mit Erwin C. Dietrich. Außerdem gibt es, zum Durchklicken für das Cineastenauge, die Plakate der Urania Film und eine Bildergalerie zum Film.

Ein Sarg aus Hongkong - DVD-Cover Innen

Ein Sarg aus Hongkong (Schweiz/Deutschland/Frankreich 1964)
Regie: Manfred R. Köhler
Drehbuch: Manfred R. Köhler
LV: James Hadley Chase: A Coffin from Hongkong, 1962 (Ein Sarg aus Hongkong)
mit Heinz Drache, Elga Andersen, Ralf Wolter, Sabina Sesselmann, Willy Birgel Monika John, Greta Chi, Pierre Richard (nicht „Der große Blonde mit dem schwarzen Schuh“, sondern eine Namenspate)

DVD
Ascot Elite (Cinema Treasures)
Bild:2,35:1 (16:9)
Ton: Deutsch, Französisch (Dolby Digital 2.0 Mono)
Untertitel: –
Bonusmaterial: Trailer, Bildergalerie zum Film, Bildergalerie: Die Plakate der Urania Film, „Mädchen, Machos und Moneten“ (Buch als pdf), „Interview mit Erwin C. Dietrich“ (Splatting-Image-Interview als pdf), Wendecover, 12-seitiges Booklet (Teil-Nachdruck der „Illustrierte Film-Bühne“, wobei das Booklet den Täter verrät und die Absätze falsch angeordnet sind)
Länge: 82 Minuten
FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Filmportal über „Ein Sarg aus Hongkong“

Krimi-Couch über James Hadley Chase

Mordlust über James Hadley Chase

Crimetime über James Hadley Chase

Kirjasto über James Hadley Chase

Wikipedia über James Hadley Chase (deutsch, englisch)


Cover der Woche

Oktober 7, 2014

Wallace - Gangster in London


TV-Tipp für den 7. Oktober: Moon 44

Oktober 7, 2014

RTLnitro, 22.40
Moon 44 (Deutschland 1990, Regie: Roland Emmerich)
Drehbuch: Dean Heyde (nach einer Geschichte von Dean Heyde, Roland Emmerich, Oliver Eberle und P. J. Mitchell)
2038: auf dem Mond 44 verschwinden immer wieder Transportroboter mit wertvollen Rohstoffen. Stone will undecover herausfinden, was auf dem Gefängnisplaneten mit Arbeitsprogramm abgeht.
Science-Fiction-Thriller mit beeindruckenden Spezialeffekten und einer bestenfalls sekundären Geschichte.
„Paré dümpelt vor sich hin, während sich der Plot in unbeholfenen Schlaufen auflöst. Trotz angemessener Spezialeffekte und effektiv klaustrophobischer Ausstattung ist der Film im Endeffekt ein dumpf dröhnender Langeweiler.“ (Phil Hardy: Die Science-Fiction Filmenzyklopädie). Dort wird das Werk auch „’Top Gun‘ im Orbit“ genannt.
Emmerichs nächster Film war, in Hollywood, „Universal Soldier“ und der Rest ist Blockbuster-Geschichte.
mit Michael Paré, Lisa Eichhorn, Malcolm McDowell, Brian Thompson, Stephen Geoffreys, Dean Devlin, Jochen Nickel

Wiederholung: Mittwoch, 8. Oktober, 02.35 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Filmportal über „Moon 44“

Rotten Tomatoes über „Moon 44“

Wikipedia über „Moon 44“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Roland Emmerichs „White House Down“ (White House Down, USA 2013)


TV-Tipp für den 6. Oktober: James Bond: Stirb an einem anderen Tag

Oktober 6, 2014

Nummer Vier der ZDF-James-Bond-Reihe

ZDF, 22..15

James Bond: Stirb an einem anderen Tag (USA/Großbritannien 2002, Regie: Lee Tamahori)

Drehbuch: Neal Purvis, Robert Wade

LV: Charakter von Ian Fleming

Buch zum Film: Raymond Benson: Die Another Day, 2002

Nachdem James Bond kurzzeitig von M gefeuert wird, darf er wieder die Welt retten. Aktuelle Schauplätze sind Nordkorea, Hongkong, Kuba, London und Island.

Vierter und letzter Bond-Film mit Pierce Brosnan, der sich nicht sonderlich von den vorherigen unterscheidet: kurzweiliges Popcornkino für die ganze Familie.

Mit Pierce Brosnan, Halle Berry, Rick Yune, Judi Dench, John Cleese, Toby Stephens, Michael Madsen, Rosamund Pike, Michael G. Wilson, Madonna

Wiederholung: ZDFneo, Dienstag, 7. Oktober, 00.20 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Rotten Tomatoes über “James Bond: Stirb an einem anderen Tag”

Wikipedia über “James Bond: Stirb an einem anderen Tag” (deutsch, englisch)

Homepage von Ian Fleming

Meine Besprechung von Sebastian Faulks’ James-Bond-Roman „Der Tod ist nur der Anfang“ (Devil may care, 2008)

Meine Besprechung von Jeffery Deavers James-Bond-Roman “Carte Blanche” (Carte Blanche, 2011)

Meine Besprechung von William Boyds James-Bond-Roman “Solo” (Solo, 2013)

Meine Besprechung von Ian Flemings ersten drei James-Bond-Romanen “Casino Royale”, “Leben und sterben lassen” und “Moonraker”

Meine Besprechung des James-Bond-Films „Skyfall“ (Skyfall, GB/USA 2012)

James Bond in der Kriminalakte

Ian Fleming in der Kriminalakte

Bonushinweis

Markham - Colonel Sun
Cross-Cult ist weiterhin im James-Bond-Fieber. Nachdem alle von Ian Fleming geschriebenen James-Bond-Romane und Kurzgeschichten in neuen und damit werkgetreuen Übersetzungen (die alten Übersetzungen waren teilweise stark gekürzt und auch zensiert) erschienen sind, ist jetzt der erste Post-Ian-Fleming-James-Bond-Roman erschienen: „Colonel Sun“ von Robert Markham. Unter seinem richtigen Namen Kingsley Amis schrieb der Romancier („Lucky Jim“) bereits 1965 das Sachbuch „Geheimakte 007 – Die Welt des James Bond“.
In „Colonel Sun“ entführt der titelgebende Colonel, ein Chinese, der mit einem Nazi-Kriegsverbrecher eine weltweite Verschwörung plant, M, den Chef von James Bond. Bond fliegt, um M zu befreien, nach Griechenland.
Auch Markhams Roman wurde in der früheren deutschen Übersetzung „Liebesgrüße aus Athen“ (bzw. „Colonel Sun – Die Spur führt nach Griechenland“, „007 James Bond auf griechischer Spur“) kräftig gekürzt. Meine Taschenbuchausgabe umfasst 160 Seiten. Die aktuelle, großzügiger gelayoutete Ausgabe hat 352 Seiten und jeder kann sich vorstellen, wie viel damals unter den Tisch fiel. Nach meinem ersten Eindruck würde ich die alte Übersetzung eine freie Nacherzählung, die ich damals okay, aber nicht so gut wie die Fleming-Bonds fand, nennen.
Zusätzlich gibt es eine fünfseitige Einleitung, die Kingsley Amis 1991 schrieb.

Robert Markham: James Bond – Colonel Sun
(übersetzt von Anika Klüver und Stephanie Pannen)
Cross Cult, 2014
352 Seiten
12,80 Euro

Originalausgabe
Colonel Sun
Jonathan Cape/Gildrose Productions, 1968


Neu im Kino/Filmkritik: „Der kleine Nick macht Ferien“ und wir dürfen ihn begleiten

Oktober 5, 2014

Wie transportiert man eine Geschichte aus den frühen sechziger Jahren, ein Kinderbuch, in die Gegenwart? Man kann sie natürlich in die Gegenwart verlegen oder man macht es wie Laurent Tirard bei seiner Verfilmung von „Der kleine Nick macht Ferien“. Er lässt die Geschichte in den späten Fünfzigern/frühen Sechzigern spielen. In den langen französischen Sommerferien, in denen die Städter in die Berge oder ans Meer fahren. Dieses Jahr fahren Nicks Eltern ans Meer. Oma ist auch dabei. Papa hätte das zwar gerne verhindert, aber das war Mamas Bedingung, um Papas Wunsch nach einem Strandurlaub zu erfüllen. Nick kommt dagegen gut mit Oma aus. Immerhin hat sie einen riesigen Vorrat an Bonbons, die es gegen Küsschen gibt.
Am Strand findet Nick schnell einige Freunde. Während die Rasselbande den Strand und das Hotel unsicher macht, auch einmal in einem Badezimmer die Rohre für Dusche und Toilette vertauscht, gibt es pointierte Beobachtungen zum Strandleben in einem Fünfziger-Jahre-Urlaubsort.
Gleichzeitig nehmen die Erwachsenen und ihre Probleme einen breiten Raum ein. Papa fragt sich, was er auf die Urlaubskarte für seinen Chef schreiben soll. Mama wird von einem exaltiertem italienischem Filmproduzenten, der anscheinend gerade aus einem Fellini-Film herausgefallen ist, als neuer Star entdeckt. Während Mama die Aufmerksamkeit genießt, verzweifelt Papa.
Nick hat ein ganz anderes Problem: Isabelle. Die Tochter eines alten Freundes von Papa, den sie zufällig im Hotel trafen. Während Isabelle ihn komisch anstarrt, halten ihre Eltern sie für ein schönes Paar. Nick der schon die Hochzeitsglocken mit diesem stummen Monster klingeln hört, will mit seinen Strandfreunden die Heiratspläne seiner Eltern für ihn sabotieren. Mit allen Mitteln, wozu auch die schon erwähnte „Psycho“-Dusche gehört. Denn Nick will eigentlich Marie-Hedwig, seine Freundin aus Paris, die mit ihren Eltern an einem anderen Ort urlaubt, heiraten.
Laurent Tirard, der bereits 2009 „Der kleine Nick“ (ebenfalls mit Kad Merad und Valérie Lemercier als Eltern) drehte, der damals in Frankreich der erfolgreichste Film des Jahres war, tobt sich in seinem neuen Film „Der kleine Nick macht Ferien“ in der Vergangenheit aus, als müsste er eine Farbversion von „Monsieur Hulot macht Ferien“ drehen. Das ist von der ersten bis zur letzten Minute wundervoll Retro.
Und wie in Jacques Tatis Komödienklassiker ist auch in „Der kleine Nick macht Ferien“ die Filmgeschichte in erster Linie eine Ansammlung von Anekdoten, die zu einigen eher vernachlässigbaren Geschichten verknüpft werden, bei denen ziemlich schnell die Eltern und ihre Probleme im Mittelpunkt stehen. Außerdem ist die warmherzige Retro-Komödie mit Anspielungen geplastert, die nur Erwachsene und Cineasten verstehen, was den Film dann zu einem Film für Kinder und jung gebliebene Erwachsene macht.

Der kleine Nick macht Ferien - Plakat

Der kleine Nick macht Ferien (Les Vacances du petit Nicolas, Frankreich 2014)
Regie: Laurent Tirard
Drehbuch: Laurent Tirard, Grégoire Vigneron
LV: René Goscinny, Jean-Jacques Sempé: Les Vacances du petit Nicolas, 1962 (Der kleine Nick und die Ferien; Der kleine Nick macht Ferien)
mit Mathéo Boisselier, Valérie Lemercier, Kad Merad, Dominique Lavanant, Erja Malatier, Francois-Xavier Demaison, Bouli Lanners, Luca Zingaretti, Julie Engelbrecht
Länge: 97 Minuten
FSK: ab 0 Jahre

Hinweise
Deutsche Homepage zum Film
Film-Zeit über „Der kleine Nick macht Ferien“
Moviepilot über „Der kleine Nick macht Ferien“
Rotten Tomatoes über „Der kleine Nick macht Ferien“
AlloCiné über „Der kleine Nick macht Ferien“
Wikipedia über „Der kleine Nick macht Ferien“


TV-Tipp für den 5. Oktober: Jack Reacher

Oktober 5, 2014

Pro7, 20.15
Jack Reacher (Jack Reacher, USA 2012)
Regie: Christopher McQuarrie
Drehbuch: Christopher McQuarrie
LV: Lee Child: One Shot, 2005 (Sniper)
Ein Scharfschütze erschießt in Pittsburgh am helllichten Tag fünf Menschen. Als Täter wird der Ex-Soldat James Barr verhaftet, der nur fordert, dass Jack Reacher geholt wird. Und Reacher, ein Ex-Militärpolizist, der immer unter dem Radar bleibt, taucht kurz darauf in Pittsburgh auf. Allerdings nicht, um Barr zu helfen.
„Jack Reacher“ ist ein guter, wenn auch unspektakulärer Thriller mit einem in jeder Beziehung angenehmen Retro-Touch, bei dem die Schauspieler, die Dialoge und altmodische Erzähltugenden im Vordergrund stehen. Entsprechend unaufgeregt inszenierte McQuarrie den Film und Tom Cruise gibt – nachdem die Fans der Romane Cruise lautstark wegen seiner Körpergröße ablehnten (immerhin ist Reacher in den Romanen fast zwei Meter und Tom Cruise ist nur 1,70 Meter) – einen überzeugenden Jack Reacher.
Nachdem lange unklar war, ob es einen zweiten Jack-Reacher-Film gibt (dabei war das Einspielergebnis überzeugend), soll jetzt der Jack-Reacher-Roman „Never go back“ verfilmt werden. Aber zuerst ist Tom Cruise auf einer weiteren „Mission: Impossible“.
mit Tom Cruise, Rosamund Pike, Richard Jenkins, David Oyelowo, Werner Herzog, Jai Courtney, Vladimir Sizov, Joseph Sikora , Michael Raymond-James, Alexia Fast, Josh Helman, Robert Duvall, Lee Child (Cameo als Polizist)
Wiederholung: Montag, 6. Oktober, 00.55 Uhr (Taggenau!)
Hinweise

Amerikanische Homepage zum Film

Deutsche Homepage zum Film

Film-Zeit über „Jack Reacher“

Metacritic über „Jack Reacher“

Rotten Tomatoes über „Jack Reacher“

Wikipedia über „Jack Reacher“ (deutsch, englisch)

Homepage von Lee Child

Wikipedia über Lee Child (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Lee Childs „Tödliche Absicht“ (Without fail, 2002)

Meine Besprechung von Lee Childs „Die Abschussliste“ (The Enemy, 2004)

Meine Besprechung von Lee Childs „Sniper“ (One Shot, 2005)

Meine Besprechung von Lee Childs “Outlaw” (Nothing to Loose, 2008)

Meine Besprechung von Lee Childs (Herausgeber) „Killer Year – Stories to die for…from the hottest new crime writers“ (2008)

Meine Besprechung von Christopher McQuarries „Jack Reacher“ (Jack Reacher, USA 2012)

Kriminalakte über Lee Child und „Jack Reacher“

 


TV-Tipp für den 4. Oktober: Cloud Atlas – Der Wolkenatlas

Oktober 4, 2014

RBB, 23.05

Cloud Atlas – Der Wolkenatlas (USA/Deutschland 2012, Regie: Lana & Andy Wachowski, Tom Tykwer)

Drehbuch: Lana & Andy Wachowski, Tom Tykwer

LV: David Mitchell: Cloud Atlas, 2004 (Der Wolkenatlas)

„Cloud Atlas“ ist ein dreistündiger, auf sechs Zeitebenen zwischen 1849 und 2346 spielender Trip, bei dem sechs miteinander verwobene Geschichten, die auch alle unterschiedliche Genres bedienen, zu einer Vision verbunden werden, die auch den Eindruck von viel Lärm um Nichts hinterlässt. Aber die Wachowski-Geschwister und Tom Tykwer liefern einen kurzweiligen, immer interessanten und sehenswerten Film ab, bei dem die Stars, teils kaum erkennbar, in verschiedenen Rollen auftreten.

In meiner Besprechung gehe ich ausführlicher auf die Probleme ein, die ich mit dem Film habe. Dort gibt es auch etliche Clips mit Hintergrundinformationen.

mit Tom Hanks, Halle Berry, Jim Broadbent, Hugo Weaving, Jim Sturgess, Doona Bae, Ben Whishaw, James D’Arcy, Zhou Xun, Keith David, Susan Sarandon, Hugh Grant, David Gyasi, Martin Wuttke, Götz Otto, David Mitchell (Cameo als Spion)

 

Hinweise

Englische Homepage zum Film

Deutsche Homepage zum Film

Film-Zeit über „Cloud Atlas“

Metacritic über „Cloud Atlas“

Rotten Tomatoes über „Cloud Atlas“

Wikipedia über „Cloud Atlas“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Lana & Andy Wachowski/Tom Tykwers „Cloud Atlas“ (Cloud Atlas, USA/Deutschland 2012)


Blackhat – Deutscher Trailer für den neuen Michael-Mann-Film online

Oktober 2, 2014

Der deutsche Trailer für den neuen Thriller von Michael Mann ist online:

„Blackhat“ startet am 15. Januar 2015 in unseren Kinos und darum geht es, in den Worten des Verleihs:

In einer Welt voller globaler Cyberkriminalität jagt in BLACKHAT ein Verurteilter auf Freigang zusammen mit amerikanischen und chinesischen Spezialisten ein hochgefährliches Hackernetzwerk quer über die Welt: Von Chicago über Los Angeles nach Hong Kong und Jakarta.

Unter der Regie von Michael Mann brillieren in den Hauptrollen Chris Hemsworth, Viola Davis, Tang Wei und Wang Leehom. Das Drehbuch verfassten Morgan Davis Foehl und Mann.

Ach, eine Facebook-Seite gibt es auch.

Die Bilder sehen, wie man es von Michael Mann kennt (lassen wir mal seinen letzten Film „Public Enemies“ links liegen.), prächtig aus. Es scheint auch viel Action zu geben. Die Besetzung ist gewohnt gut. Die Story wirkt dagegen, soweit erkennbar, eher unglaubwürdig.

 

 


TV-Tipp für den 3. Oktober: Der Untertan

Oktober 2, 2014

3sat, 17.00
Der Untertan (Deutschland 1951, Regie: Wolfgang Staudte)
Drehbuch: Wolfgang Staudte, Fritz Staudte
LV: Heinrich Mann: Der Untertan, 1914 (Buchausgabe 1918)
Das Leben von Diederich Hessling, einem Mann, der schon früh lernte, dass man nach oben buckeln muss und nach unten treten darf.
Schon der Roman war ein Skandal und mit dem Film wiederholte sich die Geschichte. Denn der Defa-Film lief erst 1957 in Westdeutschland an. Um elf Minuten gekürzt und mit einem erklärendem Vorspann versehen. Davor hätten die Bonner Filmprüfer eine Aufführung in deutschen Kinos am liebsten vollkommen verhindert. Und vielen zeitgenössischen Kritikern gefiel die satirische, aber auch sehr treffende Charakterstudie des Untertans, eines Typen, der die zwei Weltkriege und die Nazi-Herrschaft, ermöglichte, überhaupt nicht.
„’Der Untertan‘ gehört zu den bedeutendsten Nachkriegsfilmen.“ (Christa Bandmann/Joe Hembus: Klassiker des deutschen Tonfilms 1930 – 1960, 1980). Die Einschätzung stimmt heute immer noch.
Heute läuft „Der Untertan“ im Rahmen des 3sat-Thementag „Erlesene Filme – Die besten Verfilmungen deutscher Literatur“.
mit Werner Peters, Paul Esser, Sabine Thalbach, Friedrich Maurer, Renate Fischer
Hinweise
Filmportal über „Der Untertan“
Wikipedia über „Der Untertan“ (deutsch, englisch)


Neu im Kino/Buch- und Filmkritik: Über David Finchers Gillian-Flynn-Verfilmung „Gone Girl – Das perfekte Opfer“

Oktober 2, 2014

Viel Zeit lässt David Fincher sich nicht. Gleich in den ersten Minuten von „Gone Girl“ verschwindet Amy, die Ehefrau von Nick Dunne, spurlos. Im Wohnzimmer gab es einen Kampf. Die Polizei beginnt mit der Suche. Schnell gerät der Ehemann in den Fokus der Ermittlungen. Denn es meldet sich kein Entführer. Es gibt auch keine Spur von Amy. Aber es gibt viele Indizien, die dafür sprechen, dass Nick Amy ermordete. In der Küche wurde eine Blutlache weggewischt. Nick hat eine deutlich jüngere Geliebte. Er hat kein Geld. Aber seine Frau verfügt über ein ordentliches Vermögen. Immerhin haben ihre Eltern ihr Leben in einer idealisierten Version als „Amazing Amy“ in einer erfolgreichen Kinderbuchreihe versilbert und einen Teil davon für ihre Tochter angelegt. Vor der Finanzkrise war die finanzielle Reserve sogar noch größer.
Nachdem sie in New York ihre Jobs in der Zeitungsbranche verloren und sich die teure Wohnung in Manhattan nicht mehr leisten konnten, zogen sie nach North Carthage, Missouri, zu Nicks gebrechlichen Eltern um. Während die statusbewusste Großstädterin Amy mit der Kleinstadt fremdelte und ungewollt zur Hausfrau mutierte, eröffnete Nick mit seiner Zwillingsschwester die Bar „The Bar“. Gleichzeitig kam das Eheleben des kinderlosen Paares zum Erliegen. Alltag eben.
Als die von den Medien begleiteten Suchaktionen nach Amy nichts bringen und die Polizei ihn als Mörder verdächtigt, versucht Nick seine Unschuld zu beweisen. Aber wie soll man seine Unschuld beweisen, wenn es keine Leiche gibt und alle Beweise gegen einen sprechen? Und ist Nick wirklich unschuldig oder will er nur mit einem Mord davonkommen?
Nach der Stieg-Larsson-Verfilmung „Verblendung“ ist „Gone Girl“ David Finchers nächste Bestsellerverfilmung, die gediegen den gleichnamigen Bestseller illustriert. Die Änderungen zur gut sechshundertseitigen Vorlage sind minimal, verbessern sie aber durchgehend und es gibt eine erkennbar satirische Haltung zu dem Hipster-Ehepaar in der Kleinstadthölle, ergänzt um drei alptraumhafte Szenen, in denen „Nine Inch Nails“-Mastermind Trent Reznor und Atticus Ross, die bereits für die vorherigen Fincher-Filme den Soundtrack einspielten, sich akustisch austoben konnte.
Das ist, trotz der Länge von 150 Minuten, kurzweilig und spannend, auch wenn einiges, wie im Roman, nicht besonders glaubwürdig ist. Denn Fincher treibt die Geschichte unerbittlich voran. Weil bereits in der ersten Hälfte gezeigt wird, wie die Polizei immer wieder über Beweise für Nicks Schuld stolpert, wirkt Nick auch viel verdächtiger als im Roman. Und je mehr über die Beziehung von Nick und Amy bekannt wird, desto mehr wird deutlich, wie aus Liebe eine besonders unappetitliche Form von gegenseitiger Abhängigkeit wurde. In seiner grandiosen und grandios gemeinen Cornell-Woolrich-Verfilmung „Martha“ erzählte Rainer Werner Fassbinder von einem Ehepaar, das ähnlich voneinander abhängig ist und „Gone Girl“ erinnerte mich immer wieder an „Martha“.


Der gleichnamige Roman von Gillian Flynn, der auf dreihundert Seiten ein fieser, kleiner Noir hätte werden können, leidet dagegen unter seiner epischen Länge von gut sechshundert Seiten und seiner weitgehend vorhersehbaren Geschichte. So vermutete ich nach wenigen Seiten, nachdem Amy verschwunden ist, dass sie eine Variante von „The Game“ inszeniert. Ihr wisst schon, der David-Fincher-Film, in dem Sean Penn seinen Filmbruder Michael Douglas, wie wir am Filmende erfahren, mit einem Spiel beglückte, das ihn zu einem besseren Menschen machen soll. In Flynns Roman erfahren wir auf Seite 30, dass die verschwundene Amy zu jedem Hochzeitstag eine Schnitzeljagd für ihren Ehemann inszeniert, die zu einem Geschenk führt. Außerdem ist Nick vollkommen verstört von ihrem Verschwinden. Und weil Nick in diesem Teil der Ich-Erzähler ist, kann auch nicht an seinen Worten gezweifelt werden. Außer, natürlich, wenn Flynn irgendwann erklärt, dass Nick eine gespaltene Persönlichkeit hat. Aber eine solche Erklärung wäre eine ärgerliche Variante des Alles-nur-geträumt-Endes, das zeigt, dass der Autor selbst nicht wusste, wie er seine Geschichte beenden soll.
Bis zur Buchmitte, zum Nachschlagen Seite 307, gab es keinen Hinweis, der mich an meiner These zweifeln ließ. Dann gibt es eine Enthüllung – und die zweite Hälfte des Buches verläuft ebenso überraschungsarm auf das Ende der Geschichte zu. Dabei wechselt Flynn kapitelweise zwischen Nick und Amy als Erzähler, wobei Amys Tagebuch uns die Vergangenheit des Paares verrät. Im Buch nimmt diese Rückschau einen breiten Raum ein. Im Film wird sich auf die wichtigsten Tagebucheinträge konzentriert.
Diese Struktur mit dem beiden Erzählern wurde im Film weitgehend beibehalten und sie funktioniert, überraschenderweise, ausgezeichnet. Im Roman erfarhen wir erst langsam, dass Nick und Amy unzuverlässige Erzähler sind. Im Film überwiegt dagegen der satirische Ton, der ätzende Blick in die Ehehölle der Thirty-Somethings, die glauben, dass die Welt sich nur um sie dreht, und die Thriller-Mechanik, in der ein Unschuldiger versucht seine Unschuld zu beweisen.

Gone Girl - Plakat

Gone Girl – Das perfekte Opfer (Gone Girl, USA 2014)
Regie: David Fincher
Drehbuch: Gillian Flynn
LV: Gillian Flynn: Gone Girl, 2012 (Gone Girl – Das perfekte Opfer)
mit Ben Affleck, Rosamund Pike, Neil Patrick Harris, Tyler Perry, Carrie Coon, Kim Dickens, Patrick Fugit, David Clennon, Lisa Banes, Missi Pyle, Emily Ratajkowski, Casey Wilson, Sela Ward
Länge: 150 Minuten
FSK: ab 16 Jahre

Die Vorlage

Flynn - Gone Girl - Movie Tie-In

Gillian Flynn: Gone Girl – Das perfekte Opfer
(übersetzt von Christine Strüh)
Fischer, 2014
592 Seiten
9,99 Euro

Die Hardcover-Ausgabe erschien 2013 bei Fischer.

Originalausgabe
Gone Girl
Crown Publishers, 2012

Hinweise
Amerikanische Homepage zum Film
Deutsche Homepage zum Film
Film-Zeit über „Gone Girl“
Moviepilot über „Gone Girl“
Metacritic über „Gone Girl“
Rotten Tomatoes über „Gone Girl“
Wikipedia über „Gone Girl“ (deutsch, englisch)
Homepage von Gillian Flynn
Meine Besprechung von David Finchers Stieg-Larsson-Verfilmung „Verblendung“ (The Girl with the Dragon Tatoo, USA 2011)


Neu im Kino/Filmkritik: „Dracula Untold“ erzählt, wie alles begann

Oktober 2, 2014

Graf Dracula ist zurück im Kino. Sein letzter erinnerungswürdiger Kinoauftritt war 1992 in „Bram Stokers Dracula“. Zuletzt gab es, nur auf DVD, von Dario Argento „Dracula 3D“, aber der war nicht so toll. Und es gibt spaßige Neuinterpretationen der Geschichte, wie in „Abraham Lincoln, Vampirjäger“; wobei das Buch, das sich wie eine stinknormale Biographie über Abraham Lincoln liest, besser ist.
Gary Shores „Dracula Untold“ setzt setzt sich zwischen die Stühle. Einerseits will er die Geschichte von Graf Dracula, dem allseits bekanntem Vampir, erzählen. Also die Geschichte, wie Graf Dracula, der Herrscher über ein Fürstentum in Transsylvanien, Graf Dracula, der Fürst der Dunkelheit, wurde. Und es soll die echte Geschichte von Prinz Vlad III, auf seinen Wunsch „Dracula“ (Sohn des Drachen) genannt, erzählt werden. Dieser äußerst blutdurstige und brutale Herrscher ist das historische Vorbild für Bram Stokers Dracula. Naja, irgendwie. Immerhin gibt es über Vlad nur einige Legenden. Historisch verbürgt ist weniges. Also nahmen sie die Macher einige Freiheiten, wie halt die Behauptung, dass es Vampire wirklich gibt.
Einen solchen Vampir entdeckt Vlad (Luke Evans) in einer unzugänglichen Höhle in einem Berg. Als kurz darauf die eroberungswilligen Türken eine Hundertschaft seiner Untertanenkinder und seinen Sohn wollen, entschließt Vlad sich, gegen ihren Anführer Mehmed (Dominic Cooper) zu kämpfen. Als Kinder kämpften sie als gut ausgebildete Kindersoldaten unter dem Kommando von Mehmeds Vater, der immer Vlad bevorzugte, gegen fremde Völker.
Vlads einzige Möglichkeit, den Kampf im Alleingang gegen die türkische Übermacht zu gewinnen ist, dass er sich mit dem Monster in der Höhle verbündet. Der Master Vampire gibt ihm etwas von seinem Blut. Vlad ist jetzt unbesiegbar und er hat eine starke Sonnenallergie. Er kann allerdings tagsüber noch herumlaufen. Innerhalb von drei Tagen kann er die Transformation rückgängig machen, wenn er auf ein bestimmtes Nahrungsmittel verzichtet.
Ein Machthaber, der für seine Untertanen einen Pakt mit dem Teufel eingeht, der sich auf die Seite des Bösen begibt, um Gutes zu tun und um seine Familie zu beschützen. Was für ein Filmstoff – und was für ein vorhersehbarer Film, der sich mal wieder, wie es sich inzwischen für einen Blockbuster gehört, in dunklen Farben suhlt und Humor wie der Teufel das Weihwasser vermeidet. Ich gebe zu, inzwischen sehne ich mich wieder nach dem Comic Relief aus älteren Abenteuerfilmen.
Dabei kommt ein großer Teil der Vorhersehbarkeit von „Dracula Untold“ aus dem Wissen, wie die Geschichte ausgeht: der Fürst wird zum Vampir. Nur der Weg dorthin und wie er seine Familie verliert ist unklar, folgt aber den bekannten Blockbusterkinoregeln.
Dennoch ist „Dracula Untold“ ein überraschend gelungener Fantasy-Mittelalter-Film, der zwar nichts neu erfindet, aber seine düstere Geschichte ordentlich erzählt. Eigentlich ist sein größtes Problem, dass der Graf, der hier zum Vampir wird, der allseits bekannte Graf Dracula sein soll und daher im Rahmen einer Origin-Story vieles viel zu vorhersehbar ausfallen muss.
Wer etwas über das wahre historische Vorbild von Dracula erfahren möchte, sollte in einem Sachbuch nachschlagen. Denn um historische Wahrheiten kümmert „Dracula Untold“ sich nicht.

Dracula Untold - Plakat

Dracula Untold (Dracula Untold, USA 2014)
Regie: Gary Shore
Drehbuch: Matt Sazama, Burk Sharpless
mit Luke Evans, Sarah Gadon, Dominic Cooper, Art Parkinson, Charles Dance, Diarmaid Murtagh, Paul Kaye, William Houston
Länge: 92 Minuten
FSK: ab 12 Jahre

Hinweise
Deutsche Homepage zum Film
Film-Zeit über „Dracula Untold“
Moviepilot über „Dracula Untold“
Metacritic über „Dracula Untold“
Rotten Tomatoes über „Dracula Untold“
Wikipedia über „Dracula Untold“ (deutsch, englisch)


Neu im Kino/Filmkritik: Nur Jungs im „Männerhort“

Oktober 2, 2014

Die Jungs brauchen ihre Freiräume. Einen „Männerhort“ eben. Früher war das Vereinsheim, das Wohnzimmer (Samstags beim Fußball) oder eben der liebevoll ausgebaute Keller ein solches Refugium. Heute, so behauptet Franziska Meyer Price in ihrer Boulevard-Komödie „Männerhort“, gibt es diesen von den inzwischen so furchtbar anspruchsvollen Frauen geduldeten Ort des reinen und wahren Mannseins nicht mehr. Also müssen die Männer sich konspirativ in einem verdächtig gut geputztem Heizungskeller treffen, den sie mit einigen Sperrmüllmöbeln, Kühlschrank, Playboy-Bildern und einem Dixi-Klo wohnlich einrichteten. Es gibt sogar einige Zimmerplanzen. Dort sehen sich der ziemlich entspannte Software-Entwickler Eroll (Elyas M’Barek), der dauergeile Dixi-Klo-Vertreter Lars („Stromberg“ Christoph Maria Herbst) und der arbeitslose Berufspilot Helmut (Detlev Buck) Fußballspiele an und spielen Computerspiele, während ihre Frauen das tun, was Frauen halt so tun. Nämlich einkaufen.
Als der neue Hausmeister Aykut (Serkan Cetinkaya) das pubertäre Pennälerparadies in der Vorstadtsiedlung entdeckt, will er es gleich auf der nächsten Müllkippe entsorgen. Obwohl er Türke ist, benimmt er sich wie der typische deutsche Hausmeister in einer klischeetriefenden Komödie. Sowieso wechselt Aykut ganz nach Belieben zwischen typisch türkischer und typisch deutscher Identität, was ihn vor allem gegen die Bestechungsversuche der drei Heizungskellerbesetzer immun macht.
Die drei Musketiere Eroll, Lars und Helmut müssen jetzt um ihren mietfreien Rückzugsort kämpfen. Gleichzeitig haben sie noch einige Probleme mit ihren Frauen. Neben Kaufrausch und Selbstfindung sind es Schwangerschaft und Seitensprung. Halt das Programm für einen boulevardesken Schwank, dessen Humor primär unter die Gürtellinie zielt.
Und Helmut ist mit einem Mann verheiratet, was aber seine Saufkumpanen, die alle in der gleichen langweiligen, sich noch im Bau befindlichen Reihenhausvorstadtsiedlung wohnen, nicht wissen.
„Männerhort“ basiert auf einem erfolgreichem Boulevard-Theaterstück von Kristof Magnussen und während in einem Theaterstück, wenn es nur schnell genug gespielt wird und das Publikum ämusierwillig jeden Auftritt beklatscht, die Klischees für Lacher sorgen, fallen in einem Film eben diese unreflektiert wiedergekäuten Uralt-Klischees negativ auf. „Männerhort“ spielt zwar in der Gegenwart, aber es versprüht den Muff der fünfziger Jahre.
Eine irgendwie erinnerungswürdige Geschichte hat die substanzlose Nummernrevue nicht. Sie pendelt unentschlossen zwischen wenig engagiertem Kampf um den Kellerraum und vorhersehbarem Beziehungsgedöns. Auch die Klischees von den ewig pubertierenden Männern, die Witzeleien gegen „emanzipierte“ und „moderne“ Frauen (shoppen, Kinder kriegen, ständig Sex haben wollen, weil der Mann das doch so will, und auf den Beruf des Uniform-tragenden Mannes fliegen sind nicht gerade das, was sich der Feminismus auf die Agenda geschrieben hat) und die weinerliche Selbstvergewisserung von Eroll (am wenigsten), Lars (am großmäuligsten) und Helmut (am feigsten), dass wir Männer doch unbedingt einen Raum brauchen, in dem wir uns entfalten können, fischen einfach nur beifallheischend nach der erstbesten Pointe, ohne dass bei den Machern jemals eine eigene Position, eine durchgehende erzählerische Haltung erkennbar wird. Außer die von Larmoyanz und Pantoffelheldentum; was wir ja aus gut abgehangenen Boulevard-Komödien, in denen Frauen schon vor Jahrzehnten die Hosen anhatten, kennen.

Männerhort - Plakat
Männerhort (Deutschland 2014)
Regie: Franziska Meyer Price
Drehbuch: Rainer Ewerrien, David Ungureit
LV: Kristof Magnusson: Männerhort, 2003 (Theaterstück)
mit Elyas M’Barek, Christoph Maria Herbst, Detlev Buck, Serkan Cetinkaya, Cosma Shiva Hagen, Lisa Maria Potthoff, Jasmin Schwiers, Dominic Boeer, Michael Gwisdek
Länge: 98 Minuten
FSK: ab 12 Jahre

Hinweise
Facebook-Seite zum Film
Film-Zeit über „Männerhort“
Moviepilot über „Männerhort“
Wikipedia über Kristof Magnusson
Homepage von Kristof Magnusson


TV-Tipp für den 2. Oktober: Mit dem Wind nach Westen

Oktober 2, 2014

Disney Channel, 20.15
Mit dem Wind nach Westen (USA 1982, Regie: Delbert Mann)
Drehbuch: John McGreevey
Zwei Familien flüchten im September 1979 in einem Heißluftballon, den sie konspirativ in ihrer Wohnung nähten, über die Grenze aus der DDR in die BRD, also nach Deutschland in das schöne Bayernland.
Der auf einer tatsächlichen Republikflucht basierende, heute fast unbekannte Film ist vor allem als Zeitzeugnis interessant.
Gedreht wurde in Bayern, Baden-Württemberg (Friedrichshafen) und in Berlin und einige deutsche Schauspieler waren auch dabei.
„Stinklangweilig und voller Klischees über die DDR“ (Fischer Film Almanach 1983)
mit John Hurt, Jane Alexander, Doug McKeon, Keith McKeon, Beau Bridges, Ian Bannen, Klaus Löwitsch, Sky du Mont, Günther Meisner, Jan Niklas
Wiederholung: Freitag, 3. Oktober, 22.35 Uhr
Hinweise
Rotten Tomatoes über „Mit dem Wind nach Westen“
Wikipedia über „Mit dem Wind nach Westen“ (deutsch, englisch)