Neu im Kino/Filmkritik: „Collide“ – wenn Autos zusammenstoßen

August 4, 2016

Erstaunlich ist die Besetzung. Bemerkenswert die Drehorte. Denn „Collide“ wurde in und um Köln gedreht und der Film ist ein Actionthriller, wie wir ihn eigentlich aus den USA gewöhnt sind. Aber die Filmförderung ermöglicht einiges.

US-Amerikaner Casey Stein (Nicholas Hoult) verliebt sich in einer Kölner Disco in Juliette Marne (Felicity Jones) und er schwört ihr, ab jetzt keine kriminellen Geschäfte mehr zu machen. Als er erfährt, dass sie dringend eine Nierentransplantation braucht, beschließt er, für den Dealer Geran (Ben Kingsley) noch einmal einen gut bezahlten Auftrag zu übernehmen. Er soll von Gerans Intimfeind Hagen Kahl (Anthony Hopkins) einen gut gefüllten Drogenlaster klauen.

Gesagt. Getan.

Nach dem Überfall geht einiges schief und Casey donnert bei dem Versuch, seine Freundin aus den erpresserischen Klauen eines skrupellosen Gangsters zu befreien, mit einem Tempo über die Autobahn, das nur in Deutschland erlaubt ist und er verursacht dabei Blechschäden, die einen nach der berühmt-berüchtigten Autobahnpolizei Cobra 11 rufen lassen. Die kommt nicht, weil es, erstens, so im Drehbuch steht, und sie, zweitens, schon lange da ist. Neben „Lethal Weapon“ Joel Silver gehört Hermann Joha zu den Produzenten von „Collide“. Mit seiner Firma „action concept“ produziert Joha auch „Alarm für Cobra 11“, hat für die Stunts etliche Preise gewonnen und Johas Handschrift ist, im Guten wie im Schlechten, im ganzen Film zu spüren.

Die Crashs auf der Autobahn und in den verwinkelten Gassen von Monschau überzeugen mit ihrer handgemachten Authentizität. Es gibt noch mehr Action, die zeigt, dass Deutschland sich hier nicht hinter den USA verstecken muss. Die Action ist auch deutlich nachvollziehbarer als in den aktuellen Luc-Besson-Produktionen, in denen Schnitte und Wackelkamera jede Orientierung verunmöglichen. Die äußerst zäh beginnende und durchgehend vorhersehbare Filmgeschichte hält die Action mühsam zusammen. Die Geschichte ist auch nichts für Realitätsfanatiker, aber sie ist doch bodenständiger und damit weniger Over the Top als die trashigen Besson-Plots.

Die Charaktere sind Klischees. Sir Ben Kingsley mutiert zu einem chargierenden türkischen Ghettoganster, den wir so ähnlich schon in einigen grenzdebilen TV-Krimis ertragen mussten. Sir Anthony Hopkins zieht sich als sein Gegenspieler höflich aus der Affäre, indem er den gesitteten Gangster im Anzug spielt. Die deutschen Schauspieler haben nur kurze Auftritte und Felicity Jones ist halt die Damsel in Distress, die von Nicholas Hoult gerettet wird. Der durfte schon in „Mad Max: Fury Road“ Benzin schnuppern. Da überrascht nichts. Auch nicht die Schlusspointe.

Wer allerdings sehen will, wie ziemlich CGI-freie Action (ohne CGI geht ja nichts mehr) in Köln und Monschau und der Autobahn dazwischen aussieht, sollte sich „Collide“ ansehen.

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Collide (Collide, USA/Großbritannien/Deutschland 2016)

Regie: Eran Creevy

Drehbuch: F. Scott Frazier, Eran Creevy

mit Nicholas Hoult, Felicity Jones, Anthony Hopkins, Ben Kingsley, Marwan Kenzari, Alexander Jovanovich, Erdal Yildiz, Clemens Schick, Joachim Król

Länge: 99 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Moviepilot über „Collide“

Metacritic über „Collide“

Rotten Tomatoes über „Collide“

Wikipedia über „Collide“ (deutsch, englisch)


TV-Tipp für den 4. August: Das Schweigen der Lämmer

August 4, 2016

Vox, 22.55

Das Schweigen der Lämmer (USA 1991, Regie: Jonathan Demme)

Drehbuch: Ted Tally

LV: Thomas Harris: The Silence of the Lambs, 1988 (Das Schweigen der Lämmer)

FBI-Agentin Starling verfolgt einen Serienkiller und verliebt sich in den inhaftierten Hannibal Lecter.

Inzwischen schon ein Klassiker, der – zu Recht – etliche Oscars erhielt (Bester Film, Regie, Drehbuch, Hauptrolle). Beim wiederholten Sehen fällt auf, wie wenig von den schockierenden Ereignissen wirklich zu sehen ist – und wie konservativ die Kameraführung ist. Achten sie auf die erste Begegnung von Jodie Foster und Anthony Hopkins. Da ist keine Bewegung überflüssig, kein Schnitt zu viel und es wird sich in jeder Sekunde auf das Drehbuch und die Schauspieler verlassen.

Hitchcock hätte der Film gefallen.

Mit Jodie Foster, Anthony Hopkins, Scott Glenn, Ted Levine

Wiederholung: Freitag, 5. August, 03.35 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Metacritic über “The Silence of the Lambs”

Rotten Tomatoes über “The Silence of the Lambs”

Drehbuch „The Silence of the Lambs“ von Ted Tally (2nd draft script, 28. Juli 1989)

Drehbuch „The Silence of the Lambs“ von Ted Tally und Thomas Harris (final draft script)

Drehbuch „The Silence of the Lambs“ von Ted Tally und Thomas Harris (undated, unspecified draft script)

Homepage von Thomas Harris

Krimi-Couch über Thomas Harris

Wikipedia über Thomas Harris (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Jonathan Demmes „Ricki – wie Familie so ist“ (Ricki and the Flash, USA 2015)


DVD-Kritik: „Die Vorsehung“ sieht ihr Ende nicht voraus

Mai 23, 2016

Serienkillerfilm, die nächste Runde. Ich sage nicht Thriller, den thrillen tut „Die Vorsehung – Solace“ nur ganz selten. Dabei hat die Idee, dass Jäger und Täter seherische Begabungen haben, durchaus etwas. Auch wenn Stephen King schon vor Jahren in „Dead Zone“ von einem Lehrer mit hellseherischen Fähigkeiten, die er zur Verbrechensbekämpfung einsetzt, erzählte und Ted Griffin („Ocean’s Eleven“, „Aushilfsgangster“) eine frühere Fassung des Drehbuchs bereits 1998 verkaufte und Produzent Beau Flynn die Geschichte seit gut fünfzehn Jahren verfilmen wollte. Jetzt, nachdem die Hochzeit der Serienkillerfilme vorbei ist und alle vorherigen Verfilmungspläne, in die mehrere hochkarätige Namen involviert waren, scheiterten, gelang es ihm. Was jetzt, nachdem die Erinnerung an „Das Schweigen der Lämmer“ und „Sieben“ langsam verblasst, nicht unbedingt ein Nachteil ist. Zwischen all den Superheldenfilmen und Young-Adult-Dystopien ist ein Serienkillerfilm eigentlich eine willkommene, fast schon realitätsnahe Abwechslung.

Weil FBI-Detective Joe Merriwether (Jeffrey Dean Morgan) und seine Kollegin Katherine Cowles (Abbie Cornish) bei der Jagd nach einem Serienmörder nicht weiter kommen, konsultiert Merriwether seinen alten, zurückgezogen lebenden Freund, den Psychoanalytiker John Clancy (Sir Anthony Hopkins). Der kann nämlich, durch Berührung, in die Vergangenheit und Zukunft sehen. Allerdings kann er die Bilder nicht immer sofort richtig zuordnen.

Sein Gegner ist Charles Ambrose (Colin Farrell), der abgesehen von Clancys schemenhaften Visionen erst im letzten Drittel des Films auftritt. Bis dahin ist „Die Vorsehung“ ein recht biederer Rätselkrimi mit einer übernatürlichen Komponente. Danach wird es dann endgültig zu einem kruden Hokuspokus, bei dem sich natürlich eine Frage immer drängender stellt: Ist alles vorherbestimmt? Regisseur Afonso Poyart gibt darauf die wahrhaft ausweichende Antwort, dass es mal so, mal so ist. Halt gerade, wie es ihm passt.

Da waren sogar die alten Verschwörungsthriller, in denen die Bösewichter einen genialen Plan entwerfen, der mit tödlicher Sicherheit zu einem bestimmten, weit weit entfernten Ereignis führt, schon weiter. Was auch daran lag, dass der Protagonist erst am Ende die ganze Dimension des Komplotts erfährt, während in „Die Vorsehung“ ständig die Frage im Raum steht: „Warum versucht Clancy nicht die Zukunft zu ändern?“. Oder anders formuliert: „Warum haben die Handlungen von Clancy keinen Einfluss auf die Zukunft?“.

Das gesagt, hatte ich beim Ansehen des absolut durchschnittlichen Films immer das Gefühl, dass „Die Vorsehung“ vielleicht besser als Roman funktioniert hätte. Da hätte man dann auch Ambroses Motiv, das als Steilvorlage für Diskussionen um Sterbehilfe gut geeignet ist, vertiefen können.

Als Bonusmaterial gibt es dreizehn Minuten untertitelte Interviews mit Anthony Hopkins, Colin Farrell, Jeffey Dean Morgan, Abbie Cornisch, Afonso Poyart und Produzent Thomas Augsberger, in denen der Werbeaspekt eindeutig im Vordergrund steht.

Die Vorsehung - DVD-Cover - 4

 

Die Vorsehung – Solace (Solace, USA 2015)

Regie: Afonso Poyart

Drehbuch: Sean Bailey, Ted Griffin

mit Anthony Hopkins, Jeffrey Dean Morgan, Abbie Cornish, Colin Farrell, Matt Gerald, Jose Pablo Cantillo, Xander Berkeley

DVD

Concorde Home Entertainment

Bild: 2,40:1 (16:9)

Ton: Deutsch (DD 5.1, DTS 5.1), Englisch (DD 5.1)

Untertitel: Deutsch für Hörgeschädigte

Bonusmaterial: Interviews, Deutscher und Originaltrailer

Länge: 98 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Moviepilot über „Die Vorsehung“

Metacritic über „Die Vorsehung“

Rotten Tomatoes über „Die Vorsehung“

Wikipedia über „Die Vorsehung“ (deutsch, englisch)


TV-Tipp für den 26. April: Die Bounty

April 26, 2016

Disney Channel, 20.15

Die Bounty (Großbritannien 1984, Regie: Roger Donaldson)

Drehbuch: Robert Bolt

LV: Richard Hough: Captain Bligh and Mr. Christian, 1972 (Neuauflage zum Filmstart als „The Bounty“)

Die Geschichte der Meuterei auf der „Bounty“ 1789. Aber dieses Mal wird die wahre Geschichte erzählt und da kommt Fletcher Christian, der Anführer der Meuterer, nicht mehr so gut weg – und Captain Bligh erscheint nicht mehr so böse.

Dass das Laben die besten Geschichten schreibe, ist zwar nur ein hartnäckig sich behauptendes Gerücht, aber die recht aufwendige ‚Bounty‘-Neufassung vereint tatsächlich Historie und Spannung recht gut – und widerlegt somit streckenweise ein weiteres hartnäckiges Gerücht, nämlich dass ein Remake immer schlechter sein müsse als das Original.“ (Fischer Film Almanach 1986)

An der Kinokasse hat es nicht geholfen. Auch nicht, dass die Besetzung ziemlich prominent war.

mit Mel Gibson, Anthony Hopkins, Laurence Olivier, Edward Fox, Daniel Day-Lewis, Philip Davis, Bernard Hill, Liam Neeson

Hinweise

Rotten Tomatoes über „Die Bounty“

Wikipedia über „Die Bounty“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Roger Donaldsons “The November Man” (The November Man, USA 2014)


TV-Tipp für den 3. Januar: Bram Stoker’s Dracula

Januar 3, 2016

https://www.youtube.com/watch?v=a_Y1-XEc59Y

RTL II, 22.30
Bram Stoker’s Dracula (USA 1992, Regie: Francis Ford Coppola)
Drehbuch: James V. Hart
LV: Bram Stoker: Dracula, 1897 (Dracula)
Francis Ford Coppolas Interpretation der bekannten Geschichte von Graf Dracula. Nicht schlecht und allein schon wegen der Besetzung einen Blick wert.
mit Gary Oldman, Winona Ryder, Anthony Hopkins, Keanu Reeves, Richard E. Grant, Cary Elwes, Bill Campbell, Sadie Frost, Tom Waits, Monica Bellucci
Hinweise
Rotten Tomatos über „Bram Stoker’s Dracula“
Wikipedia über „Bram Stoker’s Dracula“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Francis Ford Coppolas “Apocalypse Now” (Apocalypse Now, USA 1979 – die “Full Disclosure”-Blu-ray)

Meine Besprechung von Francis Ford Coppolas „Twixt – Virginias Geheimnis“ (Twixt, USA 2011)

Francis Ford Coppola in der Kriminalakte


TV-Tipp für den 23. April: Das Schweigen der Lämmer

April 22, 2014

Kabel 1, 23.15

Das Schweigen der Lämmer (USA 1991, R.: Jonathan Demme)

Drehbuch: Ted Tally

LV: Thomas Harris: The Silence of the Lambs, 1988 (Das Schweigen der Lämmer)

FBI-Agentin Starling verfolgt einen Serienkiller und verliebt sich in den inhaftierten Hannibal Lecter.

Inzwischen schon ein Klassiker, der – zu Recht – etliche Oscars erhielt (Bester Film, Regie, Drehbuch, Hauptrolle). Beim wiederholten Sehen fällt auf, wie wenig von den schockierenden Ereignissen wirklich zu sehen ist – und wie konservativ die Kameraführung ist. Achten sie auf die erste Begegnung von Jodie Foster und Anthony Hopkins. Da ist keine Bewegung überflüssig, kein Schnitt zu viel und es wird sich in jeder Sekunde auf das Drehbuch und die Schauspieler verlassen.

Hitchcock hätte der Film gefallen.

Mit Jodie Foster, Anthony Hopkins, Scott Glenn, Ted Levine

Wiederholung: Donnerstag, 24. April, 04.05 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Metacritic über “The Silence of the Lambs”

Rotten Tomatoes über “The Silence of the Lambs”

Drehbuch „The Silence of the Lambs“ von Ted Tally (2nd draft script, 28. Juli 1989)

Drehbuch „The Silence of the Lambs“ von Ted Tally und Thomas Harris (final draft script)

Drehbuch „The Silence of the Lambs“ von Ted Tally und Thomas Harris (undated, unspecified draft script)

Homepage von Thomas Harris

Krimi-Couch über Thomas Harris

Wikipedia über Thomas Harris (deutsch, englisch)


TV-Tipp für den 31. März: Bram Stoker’s Dracula

März 31, 2014

Arte, 21.00
Bram Stoker’s Dracula (USA 1992, Regie: Francis Ford Coppola)
Drehbuch: James V. Hart
LV: Bram Stoker: Dracula, 1897 (Dracula)
Francis Ford Coppolas Interpretation der bekannten Geschichte von Graf Dracula. Nicht schlecht und allein schon wegen der Besetzung einen Blick wert.
mit Gary Oldman, Winona Ryder, Anthony Hopkins, Keanu Reeves, Richard E. Grant, Cary Elwes, Bill Campbell, Sadie Frost, Tom Waits, Monica Bellucci
Wiederholung: Donnerstag, 3. April, 23.10 Uhr
Hinweise
Rotten Tomatos über „Bram Stoker’s Dracula“
Wikipedia über „Bram Stoker’s Dracula“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Francis Ford Coppolas “Apocalypse Now” (Apocalypse Now, USA 1979 – die “Full Disclosure”-Blu-ray)

Meine Besprechung von Francis Ford Coppolas „Twixt – Virginias Geheimnis“ (Twixt, USA 2011)

Francis Ford Coppola in der Kriminalakte


TV-Tipp für den 1. Januar: Ich sehe den Mann deiner Träume

Januar 1, 2014

ARD, 23.35

Ich sehe den Mann deiner Träume (USA/Spanien 2010, R.: Woody Allen)

Drehbuch: Woody Allen

In London beobachtet Woody Allen einige Männer und Frauen auf der Jagd nach ihrem Glück in der Liebe und im Leben – und wir können uns amüsiert zurücklehnen und die Stars beobachten, wenn sie Weisheiten von sich geben und sich zum Narren machen.

mit Antonio Banderas, Josh Brolin, Anthony Hopkins, Gemma Jones, Freida Pinto, Lucy Punch, Naomi Watts, Philip Glenister

Hinweise

Film-Zeit über „Ich sehe den Mann deiner Träume“

Moviepilot über „Ich sehe den Mann deiner Träume“

Metacritic über „Ich sehe den Mann deiner Träume“

Rotten Tomatoes über „Ich sehe den Mann deiner Träume“

Wikipedia über „Ich sehe den Mann deiner Träume“ (deutsch, englisch)

Homepage von Woody Allen

Deutsche Woody-Allen-Seite

Meine Besprechung von Robert B. Weides „Woody Allen: A Documentary“ (Woody Allen: A Documentary, USA 2012)

Meine Besprechung von Woody Allens “To Rome with Love” (To Rome with Love, USA/Italien 2012)

Meine Besprechung von Woody Allens „Blue Jasmine“ (Blue Jasmine, USA 2013)

Woody Allen in der Kriminalakte  


Neu im Kino/Filmkritik: Das gleiche. Nochmal. „R. E. D. 2 – Noch älter. Härter. Besser“

September 13, 2013

 

Vor drei Jahren war „R. E. D. – Älter. Härter. Besser.“ ein kleiner Überraschungserfolg. Eine Bande alter, weitgehend pensionierter Geheimagenten (gespielt von Bruce Willis, John Malkovich, Morgan Freeman und Helen Mirren) zeigt jüngeren Agenten, dass sie noch topfit sind. Als Vorlage für den Film diente der gleichnamige, 2003 erschienene blutig-böse Comic von Warren Ellis (Autor) und Cully Hamner (Zeichner), in dem Paul Moses (im Film Frank Moses, gespielt von Bruce Willis) im Alleingang mindestens die halbe CIA tötete, nachdem er im Auftrag des neuen CIA-Chefs von einer Spezialeinheit umgebracht werden sollte. Dabei war der Auftraggeber gewarnt. Denn der Aktenvermerk „R. E. D.“ steht für „im Ruhestand, extrem gefährlich“.

Für die Film wurde diese schlanke Geschichte dann kräftig erweitert und zu einer kurzweilig-durchgeknallten Action-Comedy. Das machte Spaß.

In der Fortsetzung „R. E. D. 2“ gibt es mehr Explosionen, mehr Action, mehr Witze und weniger Story. Denn die chaotische und ziemlich sinnfreie Geschichte – Frank Moses und seine Freunde sollen getötet werden, weil sie vor vielen Jahren, ohne ihr Wissen, in irgendeine Geheimdienstaktion mit einer Superbombe involviert gewesen sein sollen – ist nur eine leicht veränderte, noch weiter hergeholte Wiederholung des ersten Films, die dieses Mal nur der Aufhänger für eine Weltreise der Ex-Agenten ist; mit massiven Sachbeschädigungen an allen Orten, an denen sie einen Zwischenstopp machen. Die Schauspieler hatten sicher ihren Spaß bei diesem selbstgenügsamen Film, der sich zu sehr auf dem Witz des ersten „R. E. D.“-Films ausruht und außer Helen Mirren mit Wumme wenig zu bieten hat. Aber das kennen wir schon aus „R. E. D.“.

Oh, und die Verkleidungen von John Malkovich sind noch geschmacksfreier und Mary-Louise Parker, die im ersten „R. E. D.“-Film eine verhuschte Buchhalterin war, will jetzt unbedingt bei der Action mitmachen, während ihr Filmehemann Bruce Willis davon überhaupt nicht begeistert ist.

R E D 2 - Plakat

R. E. D. 2 – Noch älter. Härter. Besser. (R. E. D. 2/Red 2, USA 2013)

Regie: Dean Parisot

Drehbuch: Jon Hoeber, Erich Hoeber

mit Bruce Willis, John Malkovich, Mary-Louise Parker, Helen Mirren, Anthony Hopkins, Catherine Zeta-Jones, Byung Hun Lee, Brian Cox, Neil McDonough, David Thewlis

Länge: 116 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

Amerikanische Homepage zum Film

Deutsche Homepage zum Film

Film-Zeit über „R. E. D. 2“

Moviepilot über „R. E. D. 2“

Metacritic über „R. E. D. 2“

Rotten Tomatoes über „R. E. D. 2“

Wikipedia über „R. E. D. 2“ (deutsch, englisch)

Die Charakterposter

das alte Team

R E D 2 - Bruce Willis

R E D 2 - Mary-Louise Parker

R E D 2 - John Malkovich

R E D 2 - Helen Mirren

die Neuzugänge

R E D 2 - Byung Hun Lee

R E D 2 - Catherine Zeta-Jones

der irre Wissenschaftler

R E D 2 - Anthony Hopkins


Neu im Kino/Filmkritik: Das ziemlich erfundene Biopic „Hitchcock“

März 14, 2013

Die Silhouette von Alfred Hitchcock kennt heute, über dreißig Jahre nach seinem Tod, auch dank der „drei ???“, wohl noch jedes Kind. Und dabei war Hitchcock kein Schauspieler, kein Sänger, sondern ein Regisseur. Seine Thriller, wie „Psycho“, laufen immer noch regelmäßig im Fernsehen. Es dürfte sogar sein bekanntester und erfolgreichster Film sein. Hauptdarsteller Anthony Perkins übernahm danach – Fluch und Segen zugleich – die Rolle des Mörders Norman Bates noch drei weitere Male. Denn egal wen er in den sechziger und siebziger Jahren auch spielte, er blieb immer Norman Bates. Etliche Bücher befassten sich mit den Dreharbeiten und dem Film in all seinen Schattierungen.

Daher macht es durchaus Sinn, bei einem Biopic über Alfred Hitchcock die Entstehungsgeschichte für diesen Film als Filmgeschichte zu nehmen. Jedenfalls wenn man einen Blick auf die möglichen Einspielergebnisse wirft. Immerhin kennt jeder „Psycho“ und auch ohne den Film gesehen zu haben, sind der Duschmord, Mutter, Norman und der Bruch mit den gängigen Erzählregeln (In welchem anderen Film stirbt die Hauptdarstellerin nach 45 Minuten?) bekannt. Aber im Gegensatz zu den anderen Biopics, die in den letzten Monaten im Kino starteten, wie „Hannah Arendt“ und „Lincoln“, und die sich ebenfalls auf ein wichtiges Ereignis im Leben ihres Protagonisten konzentrierten, nehmen es die Macher von „Hitchcock“ mit der historischen Wahrheit nicht so genau. Anstatt ein auch nur halbwegs akkurates Bild von der Entstehungsgeschichte des Films zu geben, mischen sie munter die Entstehungsgeschichte von „Psycho“ mit mehr oder weniger erfundenen Anekdoten, Elementen und Bruchstücken aus Hitchcocks Leben, unter galanter Verleugnung der Realität zu einer Fantasie über Alfred Hitchcock, garniert mit einem Hitchcock-Best-of. Denn damals, Ende der fünfziger Jahre, nach einer Reihe erfolgreicher Filme, der ebenso erfolgreichen TV-Serie „Alfred Hitchcock präsentiert“, seit 1955, und, seit 1956, des in den USA immer noch erscheinenden „Alfred Hitchcock’s Mystery Magazine“, war Hitchcock, der gerade die Einnahmen für „Der unsichtbare Dritte“ (North by Northwest) zählte, scheinbar auf dem Höhepunkt seines Ruhms angelangt.

Er sah, dass einige Schwarzweiß-Filme und einige billig produzierte Horrorfilme an der Kinokasse erfolgreich waren und das war seine Idee für seinen nächsten Film: mit einem billigen Film Geld verdienen. Dabei war „Psycho“ von Anfang an so niedrig budgetiert mit wenigen Schauplätzen, wenigen Drehtagen und der TV-Crew, die an ein schnelles Arbeiten gewohnt war, dass es vollkommen absurd wirkt, wenn in dem Film behauptet wird, dass Alfred Hitchcock sich für den Film verschulden musste. Auch die im Film behauptete große Schaffenskrise des Master of Suspense wirkt einfach weit hergeholt. Zehn Jahre später, nach den Flops „Marnie“, „Der zerrissene Vorhang“ (Torn Curtain) und „Topas“ und vor der gloriosen Rückkehr mit „Frenzy“ (gleichzeitig eine Rückkehr nach London) oder zwanzig Jahre früher, als er sich bei den Dreharbeiten für seinen ersten Hollywood-Film „Rebecca“ ordentlich mit dem Produzenten David O. Selznick zoffte, wären künstlerische Selbstzweifel angebrachter gewesen. Aber „Rebecca“ und „Frenzy“ sind halt nicht so bekannt wie „Psycho“.

Und dass Hitchcocks Frau Alma Reville eine größere Rolle bekommt, dass gezeigt wird, dass hinter dem Genie eine starke und überaus kluge Frau stand, auf deren Meinung er sich blind verließ, war zwar den Hitchcockianern bekannt, aber sicher nicht der breiten Öffentlichkeit. Allerdings wirkt die breit angelegte Ehekrise und ihr Quasi-Seitensprung mit dem Drehbuchautor Whitfield Cook doch weit hergeholt und nur den Regeln des dramatischen Erzählens geschuldet.

Das führt dazu, dass „Hitchcock“ ein gut gespieltes Künstlerbiopic ist, mit pointierten Dialogen, die oft auch sehr Hitchcockian sind und die sich ihren Spaß mit den Charakteren erlauben. So ist Alfred Hitchcock (gespielt von Anthony Hopkins, der Anthony Hopkins spielt, der Alfred Hitchcock spielt) hier ein wahrer Peeping Tom, der sich in seinen Träumen mit Ed Gein, dem realen Vorbild von Norman Bates, unterhält, zu viel isst und trinkt (gerne auch mit nächtlichen Fressattacken am heimischen Kühlschrank) und ein wahrer Snob ist, der von seiner Frau (Helen Mirren gewohnt gut) immer wieder, ebenso britisch, geerdet wird.

Vielleicht hätte „Hitchcock“ Alfred Hitchcock wirklich gefallen als eine weitere Maskerade und Selbstinszenierung, die gut unterhält und mit der Wirklichkeit eher wenig bis nichts zu tun hat. Und genau diese klaffende Lücke zwischen quasi-dokumentarischem Anspruch des Films und den nicht dazu passenden Fakten, störte mich schon beim Ansehen des Films. Und das war, bevor ich Stephen Rebellos grandioses Buch „Hitchcock und die Geschickte von ‚Psycho’“, das Gervasis Film inspirierte, in den Fingern hatte.

Hitchcock - Hauptplakat

Hitchcock (Hitchcock, USA 2012)

Regie: Sacha Gervasi

Drehbuch: John J. McLaughlin

LV: Stephen Rebello: Alfred Hitchcock and The Making of Psycho, 1990 (Hitchcock und die Geschichte von „Psycho“)

mit Anthony Hopkins, Helen Mirren, Scarlett Johansson, Danny Huston, Toni Collette, Michael Stuhlbarg, Michael Wincott, Jessica Biel, James D’Arcy, Kurtwood Smith, Ralph Macchio, Tara Summers

Länge: 98 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Die Vorlage

Rebello - Hitchcock und die Geschichte von Psycho2

Stephen Rebello: Hitchcock und die Geschichte von „Psycho“

(mit einem neuen Vorwort von Stephen Rebello)

(übersetzt von Lisa Kögeböhn, Bernhatt Matt und Uli Meyer)

Heyne, 2013

416 Seiten

9,99 Euro

Erstausgabe

Alfred Hitchcock and The Making of Psycho

Dembner Books, 1990

Hinweise

Amerikanische Homepage zum Film

Deutsche Homepage zum Film

Film-Zeit über „Hitchcock“

Metacritic über „Hitchcock“

Rotten Tomatoes über „Hitchcock“

Wikipedia über „Hitchcock“ (deutsch, englisch)

Wikipedia über „Psycho“ (deutsch, englisch)

Wikipedia über Alfred Hitchcock (deutsch, englisch)

Senses of Cinema (Ken Mogg) über Alfred Hitchcock

Meine Besprechung von „Alfred Hitchcock präsentiert – Teil 1“

Meine Besprechung von „Alfred Hitchcock präsentiert – Teil 2“

Meine Besprechung von „Alfred Hitchcock zeigt – Teil 1“

Meine Besprechung von „Alfred Hitchcock zeigt – Teil 2

Meine Besprechung von Alfred Hitchcocks “Mr. und Mrs. Smith” (Mr. and Mrs. Smith, USA 1941)

Meine Besprechung von Thily Wydras “Alfred Hitchcock”

Alfred Hitchcock in der Kriminalakte

Meine Besprechung von Robert Blochs “Psycho” (Psycho, 1959)

Meine Besprechung von Robert V. Galluzzos “Psycho Legacy” (The Psycho Legacy, USA 2010 – eine sehenswerte Doku über die “Psycho”-Filme mit Anthony Perkins, mit vielen Stunden informativem Bonusmaterial)

Meine Besprechung von Stephen Rebellos “Hitchcock und die Geschichte von ‘Psycho’” (Alfred Hitchcock and the Making of ‘Psycho’, 1990)