TV-Tipp für den 27. August: Die glorreichen Sieben

August 26, 2025

Kabel 1, 20.15

Die glorreichen Sieben (The Magnificent Seven, USA 2016)

Regie: Antoine Fuqua

Drehbuch: Richard Wenk, Nic Pizzolatto (basierend auf dem Drehbuch von Akira Kurosawa, Shinobu Hashimoto und Hideo Oguni)

Die friedlichen Farmer von Rose Creek heuern sieben Revolverhelden an. Sie sollen sie gegen eine skrupellosen Minenbesitzer und seine gesetzlosen Handlanger beschützen.

Überaus gelungene und hundertfünfzigprozentig eigenständige Neuadaption von „Die sieben Samurai“, die schon einmal als Western geremaked wurden.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

Zünftiger Auftakt eines Westernabends. Danach, um 23.00 Uhr, zeigt Kabel 1 die neue Doku „Die besten Western aller Zeiten“ (während die alten Westernfans sich über fehlende Klassiker aufregen, erhalten junge Westernfans vielleicht einige Anregungen für den nächsten Heimkinoabend) und um 00.15 Uhr „True Grit“ (die Coen-Version).

mit Denzel Washington, Chris Pratt, Ethan Hawke, Vincent D’Onofrio, Byung-hun Lee, Manuel Garcia-Rulfo, Martin Sensmeier, Haley Bennett, Peter Sarsgaard, Luke Grimes, Matt Bomer

Wiederholung: Donnerstag, 28. August, 02.20 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Moviepilot über „Die glorreichen Sieben“

Metacritic über „Die glorreichen Sieben“

Rotten Tomatoes über „Die glorreichen Sieben“

Wikipedia über „Die glorreichen Sieben“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Antoine Fuquas “Training Day” (Training Day, USA 2001)

Meine Besprechung von Antoine Fuquas “Gesetz der Straße – Brooklyn’s Finest” (Brooklyn’s Finest, USA 2009)

Meine Besprechung von Antoine Fuquas “Olympus has fallen – Die Welt in Gefahr” (Olympus has fallen, USA 2013)

Meine Besprechung von Antoine Fuquas “The Equalizer” (The Equalizer, USA 2014)

Meine Besprechung von Antoine Fuquas “Southpaw” (Southpaw, USA 2015)

Meine Besprechung von Antoine Fuquas „Die glorreichen Sieben“ (The Magnificent Seven, USA 2016)

Meine Besprechung von Antoine Fuquas „The Equalizer 2“ (The Equalizer 2, USA 2018)

Meine Besprechung von Antoine Fuquas „The Equalizer 3 – The Final Chapter“ (The Equalizer 3, USA 2023)


Neu im Kino/Filmkritik: Einige Worte zu „Weisheit des Glücks“, „Die Witwe Clicquot“, „Bekenntnisse des Hochstaplers Thomas Mann“, „Martin liest den Koran“, „Marianengraben“ und „Red Rooms – Zeugin des Bösen“

November 7, 2024

Und was läuft außerdem im Kino?

Weisheit des Glücks – Eine inspirierende Begegnung mit dem Dalai Lama“ ist eine spielfilmlange Predigt des 14. Dalai Lama über all die Dinge, die er in wahrscheinlich jeder seiner Reden über den Frieden, die Welt und das Zusammenleben sagt. Unterlegt werden seine Worte mit einigen wenigen historischen Aufnahmen und vielen schönen Naturbildern, die wir so ähnlich aus anderen esoterisch angehauchten essayistischen Dokumentarfilmen kennen.

Das ist erbaulich, aber in dieser Form auch arg weltfremd. Denn nach dem allgemein zustimmungsfähigen Satz ‚wir wollen alle Frieden‘ führt er nicht aus, wie wir zu diesem Zustand kommen. Der Übergang von der Theorie in die Praxis ist der schwierige und wirklich interessante Punkt.

So bleibt nach neunzig Minuten Predigt nur Glückskeks-Wunschdenken, das seinen Jüngern gefallen wird.

Weisheit des Glücks – Eine inspirierende Begegnung mit dem Dalai Lama (Wisdom of Happiness, China/USA 2024)

Schweiz 2024)

Regie: Barbara Miller, Philip Delaquis

Drehbuch: –

mit Dalai Lama

Länge: 95 Minuten

FSK: ab 6 Jahre

Hinweise

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Moviepilot über „Weisheit des Glücks“

Wikipedia über „Weisheit des Glücks“

Nach dem Tod ihres Mannes übernimmt die titelgebende ‚Witwe Clicquot‘ 1805 als 27-jährige in der französischen Provinz Champagne die Leitung der familieneigenen, damals unbedeutenden Weinkellerei. In den folgenden Jahren revolutioniert sie umfassend die Art, wie Champagner hergestellt wird. Ihre Verfahren werden noch heute angewandt. Sie legte den Grundstein für die heute noch bestehende Champagnermarke Veuve Clicquot Ponsardin.

Über diese Verfahren erfährt man in Thomas Nappers Biopic „Die „Die Witwe Clicqout“ nichts. Wie sie sich genau gegen die rein männliche Konkurrenz durchsetzte und ihren Hof behielt, erfährt man fast nichts. Die dafür entscheidenden Momente erzählt Napper zwischen den Bildern oder in nichtssagenden Bildern von einer Frau, die in einem Labor steht und mit Flüssigkeiten gefüllte Gefäße missvergnügt anschaut. Und so ist das Biopic eine Ansammlung wenig beeindruckender, meist beliebiger Szenen, in denen nie klar wird, warum wir uns für sie interessieren sollten. Aber wir erfahren einiges über ihr Liebesleben und, in Rückblenden, die Beziehung zu ihrem Mann. Beides wird ebenfalls an den interessanten Punkten nicht vertieft.

Barbe Nicole Clicquot-Ponsardin (16. Dezember 1777 – 29. Juli 1866), die „Grande Dame de Champagne“, hätte einen besseren Film als diese halbgare, auf zwei Zeitebenen spielende Schmonzette verdient.

Die Witwe Clicquot (Widow Clicquot, USA 2023)

Regie: Thomas Napper

Drehbuch: Erin Dignam (nach einer Geschichte von Christopher Monger und Erin Dignam)

LV: Tilar J. Mazzeo: The Widow Clicquot, 2008 (Veuve Clicquot – Die Geschichte eines Champagner-Imperiums und der Frau, die es regierte)

mit Haley Bennett, Tom Sturridge, Sam Riley, Leo Suter, Natasha O’Keeffe, Anson Boon, Ben Miles

Länge: 90 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

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Moviepilot über „Die Witwe Clicquot“

Metacritic über „Die Witwe Clicquot“

Rotten Tomatoes über „Die Witwe Clicquot“

Wikipedia über „Die Witwe Clicquot“ (deutsch, englisch)

Gleiches gilt für den Dokumentarfilm „Bekenntnisse des Hochstaplers Thomas Mann“. „Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“ gehören immer noch zu Manns bekanntesten und beliebtesten Werken. Mann begann mit der Arbeit an dem Roman 1905. Der Roman sollte der Auftakt für eine monumentale Trilogie sein. 1954 veröffentlichte er den Roman. Ein Jahr später starb er.

André Schäfer geht in seinem Dokumentarfilm, der auch mit nachgestellten Szenen arbeitet, der Verbindung zwischen Mann und Krull nach und wie sehr Krull ein alter ego von Mann ist. Allerdings kratzt sein Film nur an der Oberfläche. Am Ende hat man den Eindruck, weder über den Autor noch über den von ihm erfundenen Hochstapler viel erfahren zu haben.

Jedenfalls wenn man kein Mannianer ist.

Bekenntnisse des Hochstaplers Thomas Mann (Deutschland 2024)

Regisseur: André Schäfer

Drehbuch: Jascha Hannover, Hartmut Kasper

mit Sebastian Schneider

Länge: 95 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

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Filmportal über „Bekenntnisse des Hochstaplers Thomas Mann“

Moviepilot über „Bekenntnisse des Hochstaplers Thomas Mann“

Ein Jahr nach einem islamistischen Anschlag fährt Martin Harirat (Zejhun Demirov) an die Universität. Der 35-jährige Familienvater will mit Professor Doktor Neuweiser (Ulrich Tukur) über den Koran reden. Der Universitätsgelehrte soll ihm die aus dem Koran hergeleitete Absolution für einen von ihm geplantes Bombenattentat erteilen. Schnell entspinnt sich zwischen den beiden Männern ein Dialog über die richtige und falsche Interpretation des Korans.

Das Zwei-Personenstück „Martin liest den Koran“ ist, auch wenn es auf einem Originaldrehbuch basiert, abgefilmtes Thesentheater, bei dem die Interpretation des Korans zu sehr an den Worten der Schrift kleben bleibt und sich dann verschiedene Koranzitate mit triumphierender Stimme um die Ohren gehauen werden. Dabei sollte gerade Prof. Neuweiser wissen, wie wichtig bei den Worten auch immer der konkrete historische und kulturelle Hintergrund ist. Denn kein Werk entsteht im luftleeren Raum. Jedes Werk reagiert auf sein Umfeld.

Jurijs Saule inszenierte das Gespräch mit einem guten Gefühl für die Räume. Vor allem der große Hörsaal und die Mensa geben auch für das Auge etwas her. Störend sind allerdings die immer wieder aufmerksamkeitheischende, oft subjektive Kamera und die überlaute Geräuschkulisse.

Martin liest den Koran“ ist ein klitzekleiner Baustein in der Diskussion über Islam, Islamismus und Terrorismus, die sich auf das akademische Spiel mit Koranzitaten konzentriert.

Das Drehhbuch erhielt 2022 die Goldene Lola für das beste unverfilmte Drehbuch.

Martin liest den Koran (Deutschland 2024)

Regie: Jurijs Saule

Drehbuch: Michail Lurje, Jurijs Saule

mit Ulrich Tukur, Zejhun Demirov, Sarah Sandeh, Alissia Krupsky, Prince Chughtai

Länge: 106 Minuten

FSK: ab 16 Jahre (wegen kurzer Visionen und Fotos von Attentaten; – aber nichts, was nicht auch in der „Tagesschau“ gezeigt wird)

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Filmportal über „Martin liest den Koran“

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In dem Road-Movie „Marianengraben“ fahren Helmut (Edgar Selge) und Paula (Luna Wedler) nach Italien. Getroffen haben sie sich mitten in der Nacht auf einem Friedhof. Paula besuchte das Grab ihres jüngeren Brüders. Helmut grub die Urne mit der Asche seiner Frau aus. Als sie vom Wachpersonal entdeckt werden, flüchten sie gemeinsam.

Helmut will nach Südtirol fahren, dabei die Asche seiner Frau verstreuen und, nun, sterben. Er hat seine letzte Reise zu den Orten, an denen er mit seiner Frau schöne Tage verbrachte, akribisch geplant. Paula will dagegen, von Schuldgefühlen geplagt, nur an einem bestimmten Tag in Triest sein. Dort ertrank ihr kleiner Bruder, der jetzt zehn Jahre alt geworden wäre, vor einem Jahr.

Weil er seinen Camper nicht mehr alleine fahren kann und sie keinen Zug benutzen kann, fahren sie gemeinsam Richtung Süden.

Eileen Byrnes Bestsellerverfilmung über zwei Trauernde, die sich auf einer gemeinsamen Reise langsam öffnen und dabei ihre Trauer überwinden, bewegt sich auf vertrauten Pfaden. Nur der konstant mangelnde Respekt vor der Friedhofsordnung und der damit verbundenen Totenruhe überrascht.

Marianengraben (Luxemburg/Italien/Österreich 2023)

Regie: Eileen Byrne

Drehbuch: Eileen Byrne

LV: Jasmin Schreiber: Mariannengraben, 2020

mit Luna Wedler, Edgar Selge, William Vonnemann, Martin Maria Abram, Katharina Grabher, Markus Stolberg

Länge: 87 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

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Wikipedia über „Marianengraben“

Kelly-Anne (Juliette Gariépy) und Clementine (Laurie Babin) verfolgen in Montreal im Gericht gespannt den Prozess gegen den Serienmörder Ludovic Chevalier (Maxwell McCabe-Lokos). Sie sind Serienkiller-Groupies, die den Dämon von Rosemont für unschuldig halten. Während der langen Gerichtstage lernen sie sich kennen. Auch außerhalb des Gerichtssaal verbringen sie Zeit miteinander.

Vor allem Kelly-Anne will immer mehr über den brutalen Mädchenmörder Chevalier, der seine Taten aufgenommen hat, erfahren. Sie möchte das bislang unbekannte Video von seinem dritten Mord, den an der dreizehnjährigen Camille, sehen und begibt sich dafür ins Darknet.

Pascal Plantes psychologischer Horrorfilm „Red Rooms – Zeugin des Bösen“ beginnt wie ein karg, quasi-dokumentarisch in langen, oft stummen Szenen inszenierter, das Geschehen kühl und distanziert beobachtender Gerichtsfilm. Er wird, ohne seinen Stil zu ändern, zu einem Film über die beginnende Freundschaft zwischen zwei einsamen Frauen, der im letzten Drittel wieder zu einem anderen Film wird. Dabei reduziert Plante die Zahl der handelnden Personen mit zunehmender Laufzeit immer mehr. Die schon anfangs einsame Kelly-Anne isoliert sich immer weiter von der Gesellschaft und taucht immer tiefer in die Welt des Darknets ein. Dabei deutet Plante die schlimmsten Bilder nur an. Wir sehen die Reaktionen auf grausame Bilder aber keine grausamen Bilder.

Red Rooms – Zeugin des Bösen (Les chambres rouges, Kanada 2023)

Regie: Pascal Plante

Drehbuch: Pascal Plante

mit Juliette Gariépy, Laurie Babin, Elisabeth Locas, Natalie Tannous, Pierre Chagnon, Guy Thauvette, Maxwell McCabe Lokos

Länge: 119 Minuten

FSK: ab 16 Jahren

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Rotten Tomatoes über „Red Rooms“

Wikipedia über „Red Rooms“ (deutsch, englisch)


Neu im Kino/Filmkritik: Singen & Tanzen nach klassischen Vorlagen: „Cyrano“ und „Coppelia“

März 3, 2022

Fans klassischer Stücke dürfen diese Woche den geliebten durchgesessenen Theaterstuhl mit dem bequemen Kinosessel tauschen und sich dort die neuesten sehenswerten Adaptionen von „Cyrano“ und „Coppelia“ ansehen. Beide Neuinterpretationen haben einen diversen Cast und die Macher änderten einiges an den Vorlagen. „Cyrano“ ist die Verfilmung einer Musicaladaption des bekannten Theaterstücks mit bekannten Schauspielern. „Coppelia“ ist eine modernisierte Fassung des bekannten Ballettstücks, die von sprachlosen Ballettstars und Tänzern des Niederländischen Nationalballetts ausdrucksstark getanzt wird.

Cyrano“ erzählt die in der Mitte des 17. Jahrhunderts in Frankreich spielende Geschichte von Cyrano de Bergerac (Peter Dinklage), der unsterblich in Roxanne (Haley Bennett) verliebt ist. Sie ist eine Frau von überirdischer Schönheit. Er ist es nicht. Und er ist fest davon überzeugt, dass eine so schöne Frau keine Liebesbeziehung zu ihm haben will. Aber dafür kann der Hasardeur und Dichter ausgezeichnet mit Worten umgehen. Also schreibt er fortan Liebesoden, die von dem gut aussehendem, aber tumben Kadetten Christian Neuvillette (Kelvin Harrison Jr.) vorgetragen werden. Denn in ihn ist Roxanne verliebt und auf ihn soll er, so Roxannes Wunsch, im Militär aufpassen.

In der aktuellen Kinoversion dieser von Edmond Rostand in Versen geschriebenen und seitdem immer wieder adaptierten Geschichte, spielt Peter Dinklage Cyrano. Sein Handicap ist seine Körpergröße. Er ist ein Zwerg. Ältere Semester erinnern sich an Jean-Paul Rappenaus überwältigende Verfilmung des Theaterstücks von 1990 mit Gérard Depardieu als Cyrano de Bergerac. Sein Handicap war seine Nase.

Auch Joe Wright hat Cyranos Geschichte durch diesen Film kennen gelernt und auch er war begeistert. An eine eigene Verfilmung des klassischen Stoffes dachte er allerdings nicht. Ihr stand nämlich immer Cyranos imposante Nase im Weg. Erst als er Erica Schmidts 2018 aufgeführte Musicalversion sah, wusste er, wie er um die Nase herumkommen könnte. Denn Cyrano wurde von Peter Dinklage gespielt – und schon war das Problem mit der Nase gelöst. Roxanne wurde von Bennett gespielt. Beide nahmen für die Verfilmung ihre Rollen wieder auf.

Außerdem basiert Wrights Film auf dieser Musicalversion. Erica Schmidt, die auch das Drehbuch für Joe Wrights Verfilmung schrieb, veränderte alle Figuren etwas. So wird angedeutet, dass Roxanne das Spiel von Cyrano und Christian durchschaut, Christian ist nicht nur ein tumber Tor und auch bei den anderen Figuren wurden Kleinigkeiten geändert.

Das sind Nuancen, die zusammen mit Peter Dinklages Spiel zu einem Problem werden. Dinklage ist als lebenslustiger, allseits geachteter, raumgreifender, furchtloser, wort- und kampfstarker Offizier und Poet so überzeugend, dass es kaum glaubwürdig ist, dass ihn ausgerechnet gegenüber Roxanne der Mut verlässt und dass die sehr unabhängige Roxanne sich nicht in ihn verliebt und ihn sofort heiraten würde. Denn er ist der beste Mann in der Stadt.

Dadurch wird „Cyrano“ zu einem Stück, dessen zentraler Konflikt für mich nie glaubwürdig ist. Darüber können die farbenprächtigen Sets (gedreht wurde in Sizilien, vor allem in Noto), die spielfreudigen Schauspieler und die gelungene Musik von den „The National“-Mitgliedern Matt Berninger, Aaron und Bryce Dessner und Carin Besser, die für die Band Songs schreibt, nicht hinwegtäuschen. Sie machen viel Lärm um nichts.

Coppelia“ geht einen ganz anderen Weg. Während Joe Wright in seinem „Cyrano“ mit bekannten Schauspielern und Schauwerten protzt, haben Jeff Tudor, Steven De Beul und Ben Tesseur unbekannte Schauspieler engagiert. Genaugenommen sind sie noch nicht einmal Schauspieler, sondern sie sind Stars der internationalen Ballettszene, wie Michaela DePrince, Daniel Camargo, Vito Mazzeo, Darcey Bussell und Irek Mukhamedov, und Mitglieder des Corps de Ballet des Niederländischen Nationalballetts, die hier ihr Filmdebüt geben. Das Ballettstück „Coppelia“ wurde bereits 1870 von Léo Delibes geschrieben. Es handelt sich dabei um eine Adaption von E. T. A. Hoffmanns „Der Sandmann“. Der Film basiert auf einer 2008 von Ted Brandsen für das Niederländische Nationalballett erstellten Produktion, die die Geschichte aktualisierte.

Die temperamentvolle und fröhliche Swan lebt in einer mediterran-französischen Kleinstadt noch bei ihrer Mutter. Auf dem Dorfplatz betreibt sie eine Saftbar. Verliebt ist sie in Franz, der eine Fahrradwerkstatt hat. Alle Mädchen des Dorfes sind in ihn verliebt, aber er hat nur Augen für Swan. Es ist ein heiteres und unbeschwertes Leben, bis Doktor Coppelius auftaucht. Er errichtet eine Schönheitsklinik, die schon auf den ersten Blick wie das Schloss eines Bösewichts aussieht. Und das ist sie auch. Zusammen mit seiner Muse Coppelia, einer alle Schönheitsideale erfüllenden Roboterfrau, verführt er die Dorfbewohner. In seiner Klinik kann er sie von ihren Schönheitsmakeln befreien. Über den Preis schweigt er sich aus.

Nur Swan und ihre Freunde sind nicht begeistert. Als Coppelia Franz betäubt und in die Klinik führt, verfolgt Swan sie. Sie will ihren Freund retten.

Gut, die Geschichte gewinnt keinen Innovationspokal. Sie wurde so schon unzählige Male erzählt und die begrüßenswerte Moral der Geschichte – „Oberflächliche Schönheit ist nicht alles, die wahre Schönheit kommt von innen und Diversität ist etwas, das gefeiert werden sollte.“ (Tudor, De Beul, Tesseur) – ist auch vorhersehbar. Es sind die Tänzer und die Machart, die „Coppelia“ zu einem besonderen Film machen. Denn sie tanzen in einer durchgängig gezeichneten Welt. Ihre Gesichter werden, wenn sie sich in die Hände von Doktor Coppelius begeben, ebenfalls zu Animationen. Jeff Tudor, Steven De Beul und Ben Tesseur erzählen das ohne Worte. „Coppelia“ ist nämlich ein getanzter Stummfilm.

Eben diese Machart spricht für den Film. Und die kurze Laufzeit von achtzig Minuten.

Coppelia“ ist ein herziges Märchen mit Humor, Musik und Tanz. Für alte und junge Menschen.

Cyrano (Cyrano, USA 2021)

Regie: Joe Wright

Drehbuch: Erica Schmidt

LV: Edmond Rostand: Cyrano de Bergerac, 1897 (als Musical adaptiert von Erica Schmidt)

Musik: Aaron Dessner, Bryce Dessner (Musik), Matt Berninger, Carin Besser (Texte)

mit Peter Dinklage, Haley Bennett, Kelvin Harrison Jr., Ben Mendelsohn, Bashir Salahuddin, Monica Dolan, Mark Benton, Peter Wight

Länge: 124 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

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Moviepilot über „Cyrano“

Metacritic über „Cyrano“

Rotten Tomatoes über „Cyrano“

Wikipedia über „Cyrano“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Joe Wrights „Wer ist Hanna?“ (Hanna, USA/GB/D 2011)

Meine Besprechung von Joe Wrights „Die dunkelste Stunde“ (Darkest Hour, Großbritannien 2017)

Coppelia (Coppelia, Niederland/Belgien/Deutschland 2021)

Regie: Jeff Tudor, Steven De Beul, Ben Tesseur

Drehbuch: Jeff Tudor, Steven De Beul, Ben Tesseur

LV: Léo Delibes: Coppélia ou La Fille aux yeux d’émail, 1870 (Coppelia oder Das Mädchen mit den Glasaugen)

mit Michaela DePrince, Daniel Camargo, Vito Mazzeo, Darcey Bussell, Irek Mukhamedov, Corps de Ballet des Niederländischen Nationalballetts

Länge: 82 Minuten

FSK: ab 0 Jahre

Hinweise

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Filmportal über „Coppelia“

Moviepilot über „Coppelia“

Rotten Tomatoes über „Coppelia“

Wikipedia über das Ballett „Coppelia“ (deutsch, englisch)


TV-Tipp für den 2. Januar: Die glorreichen Sieben

Januar 1, 2022

RTL, 22.05

Die glorreichen Sieben (The Magnificent Seven, USA 2016)

Regie: Antoine Fuqua

Drehbuch: Richard Wenk, Nic Pizzolatto (basierend auf dem Drehbuch von Akira Kurosawa, Shinobu Hashimoto und Hideo Oguni)

Die friedlichen Farmer von Rose Creek heuern sieben Revolverhelden an. Sie sollen sie gegen eine skrupellosen Minenbesitzer und seine gesetzlosen Handlanger beschützen.

Überaus gelungene und hundertfünfzigprozentig eigenständige Neuadaption von „Die sieben Samurai“, die schon einmal als Western geremaked wurden.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Denzel Washington, Chris Pratt, Ethan Hawke, Vincent D’Onofrio, Byung-hun Lee, Manuel Garcia-Rulfo, Martin Sensmeier, Haley Bennett, Peter Sarsgaard, Luke Grimes, Matt Bomer

Wiederholung: Montag, 3. Januar, 03.05 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Moviepilot über „Die glorreichen Sieben“

Metacritic über „Die glorreichen Sieben“

Rotten Tomatoes über „Die glorreichen Sieben“

Wikipedia über „Die glorreichen Sieben“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Antoine Fuquas “Training Day” (Training Day, USA 2001)

Meine Besprechung von Antoine Fuquas “Gesetz der Straße – Brooklyn’s Finest” (Brooklyn’s Finest, USA 2009)

Meine Besprechung von Antoine Fuquas “Olympus has fallen – Die Welt in Gefahr” (Olympus has fallen, USA 2013)

Meine Besprechung von Antoine Fuquas “The Equalizer” (The Equalizer, USA 2014)

Meine Besprechung von Antoine Fuquas “Southpaw” (Southpaw, USA 2015)

Meine Besprechung von Antoine Fuquas „Die glorreichen Sieben“ (The Magnificent Seven, USA 2016)

Meine Besprechung von Antoine Fuquas „The Equalizer 2“ (The Equalizer 2, USA 2018)


TV-Tipp für den 30. November: The Equalizer

November 29, 2021

Nitro, 22.15

The Equalizer (The Equalizer, USA 2014)

Regie: Antoine Fuqua

Drehbuch: Richard Wenk (basierend auf der von Michael Sloan und Richard Lindheim erfundenen TV-Serie)

Als ihr Zuhälter eine junge Prostituierte brutal zusammenschlägt, beschließt Robert McCall, dem Schläger eine Lektion zu erteilen. Die Sache läuft dann aus dem Ruder.

Spannender Actionthriller, der nur sehr lose von der gleichnamigen TV-Serie inspiriert ist.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Denzel Washington, Marton Csokas, Chloë Grace Moretz, David Harbour, Haley Bennett, Bill Pullman, Melissa Leo, David Meunier, Johnny Skourtis, Alex Veadov

Wiederholung: Donnerstag, 2. Dezember, 00.50 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Moviepilot über „The Equalizer“

Metacritic über „The Equalizer“

Rotten Tomatoes über „The Equalizer“

Wikipedia über „The Equalizer“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Antoine Fuquas “Training Day” (Training Day, USA 2001)

Meine Besprechung von Antoine Fuquas “Gesetz der Straße – Brooklyn’s Finest” (Brooklyn’s Finest, USA 2009)

Meine Besprechung von Antoine Fuquas “Olympus has fallen – Die Welt in Gefahr” (Olympus has fallen, USA 2013)

Meine Besprechung von Antoine Fuquas “The Equalizer” (The Equalizer, USA 2014)

Meine Besprechung von Antoine Fuquas “Southpaw” (Southpaw, USA 2015)

Meine Besprechung von Antoine Fuquas „Die glorreichen Sieben“ (The Magnificent Seven, USA 2016)

Meine Besprechung von Antoine Fuquas „The Equalizer 2“ (The Equalizer 2, USA 2018)

Meine Besprechung von „The Equalizer – Staffel 1“


TV-Tipp für den 4. Januar: Die glorreichen Sieben

Januar 3, 2021

ZDF, 22.15

Die glorreichen Sieben (The Magnificent Seven, USA 2016)

Regie: Antoine Fuqua

Drehbuch: Richard Wenk, Nic Pizzolatto (basierend auf dem Drehbuch von Akira Kurosawa, Shinobu Hashimoto und Hideo Oguni)

Die friedlichen Farmer von Rose Creek heuern sieben Revolverhelden an. Sie sollen sie gegen eine skrupellosen Minenbesitzer und seine gesetzlosen Handlanger beschützen.

Überaus gelungene und hundertfünfzigprozentig eigenständige Neuadaption von „Die sieben Samurai“, die schon einmal als Western geremaked wurden.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Denzel Washington, Chris Pratt, Ethan Hawke, Vincent D’Onofrio, Byung-hun Lee, Manuel Garcia-Rulfo, Martin Sensmeier, Haley Bennett, Peter Sarsgaard, Luke Grimes, Matt Bomer

Hinweise

Moviepilot über „Die glorreichen Sieben“

Metacritic über „Die glorreichen Sieben“

Rotten Tomatoes über „Die glorreichen Sieben“

Wikipedia über „Die glorreichen Sieben“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Antoine Fuquas “Training Day” (Training Day, USA 2001)

Meine Besprechung von Antoine Fuquas “Gesetz der Straße – Brooklyn’s Finest” (Brooklyn’s Finest, USA 2009)

Meine Besprechung von Antoine Fuquas “Olympus has fallen – Die Welt in Gefahr” (Olympus has fallen, USA 2013)

Meine Besprechung von Antoine Fuquas “The Equalizer” (The Equalizer, USA 2014)

Meine Besprechung von Antoine Fuquas “Southpaw” (Southpaw, USA 2015)

Meine Besprechung von Antoine Fuquas „Die glorreichen Sieben“ (The Magnificent Seven, USA 2016)

Meine Besprechung von Antoine Fuquas „The Equalizer 2“ (The Equalizer 2, USA 2018)


TV-Tipp für den 2. Juni: Girl on the Train

Juni 1, 2019

Pro7, 20.15

Girl on the Train (Girl on the Train, USA 2016)

Regie: Tate Taylor

Drehbuch: Erin Cressida Wilson

LV: Paula Hawkins: Girl on the Train, 2015 (Girl on the Train)

Auf ihren täglichen Zugfahrten beobachtet Rachel ein junges Liebespaar. Eines Tages ist die Frau verschwunden. Rachel befürchtet das Schlimmste und sie will herausfinden, was geschah.

TV-Premiere der auf einem Bestseller basierenden Thrillerschmonzette von Tate Taylor. Sein neuester Film „Ma“ läuft seit Donnerstag im Kino.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Emily Blunt, Rebecca Ferguson, Haley Bennett, Justin Theroux, Luke Evans, Allison Janney, Edgar Ramírez, Lisa Kudrow, Laura Prepon, Darren Goldstein

Wiederholung: Montag, 3. Juni, 00.05 Uhr (Taggenau!)

Die Vorlage mit Filmcover

Girl on the TrainDu kennst sie nicht aber sie kennt dich von Paula Hawkins

Paula Hawkins: Girl on the Train

(übersetzt von Christoph Göhler)

Blanvalet, 2016

448 Seiten

12,99 Euro

Deutsche Erstausgabe

Blanvalet, 2015

Originalausgabe

Girl on the Train

Doubleday, 2015

Hinweise

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „Girl on the Train“

Metacritic über „Girl on the Train“

Rotten Tomatoes über „Girl on the Train“

Wikipedia über „Girl on the Train“ (deutsch, englisch)

Homepage von Paula Hawkins

Perlentaucher über „Girl on the Train“

Meine Besprechung von Tate Taylors „The Help“ (The Help, USA 2010)

Meine Besprechung von Tate Taylors „Get on Up“ (Get on Up, USA 2014)

Meine Besprechung von Tate Taylors „Girl on the Train“ (Girl on the Train, USA 2016)

Meine Besprechung von Tate Taylors „Ma“ (Ma, USA 2019)


Neu im Kino/Filmkritik: „Regeln spielen keine Rolle“ glaubt Warren Beatty

Mai 5, 2017

Howard Hughes (1905 – 1976) ist eine Legende. Vor dreizehn Jahren inszenierte Martin Scorsese das Biopic „The Aviator“ über ihn und die Kenntnis des Films, wenn man nicht ein halbes Dutzend Howard-Hughes-Biographien gelesen hat, hilft beim Verständnis von „Regeln spielen keine Rolle“. Dem neuen Film von Warren Beatty, der vor einem halben Jahrhundert mit „Bonnie & Clyde“ so viel Geld verdiente, dass er sich seitdem seine Rollen und Projekte aussuchen kann.

Das sind Projekte wie seine Spielfilme „Reds“ (1981), ein Biopic über den sozialistischen US-Journalisten John Reed und die Oktoberrevolution von 1917 (und damals in den USA der Film gegen den konservativen Zeitgeist), die Comicverfilmung „Dick Tracy“ (1990), die damals verrissen wurde und floppte und inzwischen wesentlich milder beurteilt wird, und die knallige Polit-Satire „Bulworth“ (1998), die man sich unbedingt ansehen sollte. Wenn sie mal im Fernsehen läuft. Oder den Polit-Thriller-Klassiker „Zeuge einer Verschwörung“ (1974) oder das Gangster-Biopic „Bugsy“ (1991) über Bugsy Siegel. Dazwischen spielte er in einigen Komödien und Satiren mit. Oft, auch auf dem Höhepunkt seines Ruhms, zog er sich immer wieder für längere Zeit zurück und festigte seinen Ruf als Frauenschwarm. Zuletzt spielte er 2001 in dem Totalflop „Stadt, Land, Kuss“ (Town & Country) mit. Danach erzog der heute Achtzigjährige seine Kinder.

Jetzt kehrt er als Produzent, Drehbuchautor, Regisseur und, uhm, Hauptdarsteller (oder wichtigster Nebendarsteller) zurück ins Kino. Er spielt Howard Hughes, der 1958 schon ein sehr zurückgezogen lebender, unglaublich reicher Exzentriker war, der damals immer noch seinen nächsten Film plante. Immerhin hatte er mit „Hell’s Angels“, „Scarface“ und „Geächtet“ (The Outlaw, auch Regie) einige legendäre Hits gelandet.

Jetzt beschäftigt er eine Hundertschaft von Fahrern, die ebenso viele junge Schauspielerinnen, die alle exclusiv bei ihm unter Vertrag stehen. Sie wollen in einem Hughes-Film ihre Filmkarriere starten. Er lässt sie zu endlosen Screentest in sein Studio fahren.

Einer der Fahrer ist Frank Forbes (Alden Ehrenreich), ein Methodist, der seine Schulfreundin heiraten will und der in Hughes‘ Imperium nach Höherem strebt. Den Job als Chauffeur sieht er nur als den Einstieg. Er fährt Marla Mabrey (Lily Collins), eine jungfräuliche Baptistin, zu den Screentests. Sie wird begleitet von ihrer ebenfalls gläubigen, sittenstrengen Mutter. Gemeinsam leben sie in einem Hughes gehörendem Haus in den Hollywood Hills. Die Screentest verlaufen, weil Hughes sich für keine Schauspielerin und kein Filmprojekt entscheiden kann, auch bei Mabrey ergebnislos. Mabreys Mutter wird schon unruhig, weil ihre Tochter als eines von Hughes‘ Mädchen ihre Zeit und ihre potentielle Filmkarriere vertrödelt.

Während der zahlreichen Autofahrten lernen sich Forbes und Mabrey besser kennen. Sie verlieben sich auch ineinander. Dummerweise besagt eine von Howard Hughes zahlreichen Regeln, dass es keine Intimitäten zwischen seinen Angestellten geben darf.

In dem Moment ist die Saat für eine Romantic Comedy gelegt. Allerdings ist „Regeln spielen keine Rolle“ keine Romantic Comedy, sondern die Antithese dazu. Die zwischen 1958 und 1964 spielende, vor sich hin plätschernde Liebesgeschichte bleibt immer nebensächlich und konfliktfrei. Sie hat keine dramatische Fallhöhe. Warren Beatty erzählt eher eine Anti-Liebesgeschichte.

Denn er interessiert sich viel mehr für den erratischen, launenhaften und furchteinflößenden Tycoon, der jeden seiner Spleens ungehemmt ausleben kann. Hughes ist auch ein viel interessanterer Charakter als Forbes und Mabrey. „Regeln spielen keine Rolle“ ist allerdings auch kein Biopic, sonder die Antithese dazu. Denn Beatty zeigt nur einige Schlaglichter und Anekdoten aus dem Leben von Hughes, ohne sie in eine größeren Zusammenhang, der für ein Biopic nötig wäre, zu stellen. Die Szenen aus dem Leben von Hughes sind ohne auch nur ein minimales Wissen über das Leben von Hughes ziemlich unverständlich. Entsprechend kryptisch, nichtssagend (wenn man die Anspielungen nicht versteht) und oft vollkommen unklar zwischen Legende, Fantasie und Realität oszillierend ist das Porträt von Howard Hughes.

Beide Handlungsstränge entwickeln sich vor dem Hintergrund des Puritanismus, den damaligen gesellschaftlichen Veränderungen und dem Ende des Hollywood-Studiosystems, das Warren Beatty als junger Mann in Hollywood selbst miterlebte. Insofern ist der Film auch autobiographisch.

Am Ende ist „Regeln spielen keine Rolle“ ein betont altmodisch inszenierter Film, der besser darüber beschrieben wird, was er nicht ist und was er hätte sein können, als das was er auf den ersten Blick ist. Er ist kein Biopic. Er ist keine Romantic Comedy. Er ist kein Drama. Er umschifft die Konflikte, stolpert zwischen den Genres und Stilen hin und her, ohne jemals seine Melodie oder Geschichte zu finden. Er ist eine Sammlung oft schöner und gelungener Szenen und Momente, die sich nie zu seinem einheitlichen Ganzen zusammenfügen und dem die Leichtigkeit von, beispielsweise, Woody Allens „Café Society“ fehlt.

Regeln spielen keine Rolle (Rules don’t apply, USA 2016)

Regie: Warren Beatty

Drehbuch: Warren Beatty (nach einer Geschichte von Warren Beatty und Bo Goldman)

mit Lily Collins, Alden Ehrenreich, Warren Beatty, Alec Baldwin, Annette Bening, Haley Bennett, Candice Bergen, Matthew Broderick, Dabney Coleman, Steve Coogan, Taissa Farmiga, Ed Harris, Megan Hilty, Oliver Platt, Martin Sheen

Länge: 127 Minuten

FSK: ab 6 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

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Moviepilot über „Regeln spielen keine Rolle“

Metacritic über „Regeln spielen keine Rolle“

Rotten Tomatoes über „Regeln spielen keine Rolle“

Wikipedia über „Regeln spielen keine Rolle“


Neu im Kino/Buch- und Filmkritik: Die Bestseller-Verfilmung „Girl on the Train“

Oktober 27, 2016

Jeden Wochentag fährt Rachel im Pendlerzug nach London (im Film New York) und beobachtet dabei ein verliebtes Paar in einem lauschigen Vorstadthaus. Sie malt sich in den rosigsten Farben deren glückliches und erfülltes Leben aus.

Eines Tages beobachtet sie Megan beim Sex mit einem anderen Mann. Rachel ist schockiert, dass ihre Seifenblasen über das glückliche Eheleben von Megan und Scott zerplatzen.

Kurz darauf ist Megan spurlos verschwunden – und Rachel wacht in ihrem Bett mit einem Riesenkater, Verletzungen und einem Blackout auf.

Vor dem Film meinte ich, ohne das Buch zu kennen und ohne die Synopse genau studiert zu haben, zu einem Kumpel, die Lösung sei offensichtlich und nannte den Bösewicht, der es dann auch war.

Nach dem Film grummelte ich „typische missratene Bestseller-Verfilmung, die zu nah am Buch bleibt“. Und dabei hatte Drehbuchautorin Erin Cressida Wilson doch versucht aus einer Charakterstudie einen Thriller zu machen. Sie änderte auch etliche Details in der Geschichte.

Aber sie übernahm, anstatt beherzt und nach Lust und Laune die Romangeschichte so lange zu ändern, bis eine mitreisende Filmgeschichte entsteht, die Struktur des Romans, die im Roman besser als auf der Leinwand funktioniert. Die Geschichte wird aus den Perspektiven von Rachel Watson (Emily Blunt), Megan Hipwell (Haley Bennett) und Anna Watson (Rebecca Ferguson) erzählt. In der Gegenwart und der Vergangenheit. Und, bei Rachel, mit einigen Flashbacks, die mehr oder weniger wahr sind. Man ist also, auch wenn im Film immer wieder die Handlungszeit eingeblendet wird, mehr mit dem Auseinanderfriemeln der verschiedenen Zeitebenen und Perspektiven, als mit dem Sich-Einlassen in die Geschichte beschäftigt. Dass Megan und Anna, wie im Roman, zwei gutaussehende, schlanke, gleichaltrige Blondinen sind, sorgt immer wieder für kurzzeitige Irritationen, in denen man sich fragt, ob man jetzt gerade Megan oder Anna in der Gegenwart oder der Vergangenheit sieht. Entsprechend distanziert und gelangweilt folgt man den durchschaubaren Geschehnissen auf der Leinwand, die Tate Taylor („The Help“, „Get on Up“) reichlich uninspiriert in Richtung austauschbarer ‚TV-Film der Woche für weibliche Zuschauer‘ inszenierte. Für die Frauen im Publikum gibt es dann auch mehrere Identifikationsangebote.

Da ist Rachel, eine schon seit Langem arbeitslose Alkoholikerin, die immer noch ihrer Ehe mit Tom Watson (Justin Theroux) hinterhertrauert, ihren Erinnerungen nicht trauen kann und die versucht, zu helfen. Denn selbstverständlich muss der Liebhaber, den sie auf der Terrasse gesehen hat, der Mörder sein. Nur: wen hat sie wirklich auf der Terrasse beim Sex mit Megan gesehen? Und woher kommen die Verletzungen, die sie sich an dem Abend als Megan verschwand zufügte oder ihr zugefügt wurden?

Da ist Megan, die verschwundene Frau, die unter dem Kontrollwahn von ihrem Mann Scott (Luke Evans) leidet und bei einem Psychiater (Edgar Ramírez) war, den sie bei den Sitzungen versuchte, zu verführen. Außerdem arbeitete sie kurz als Babysitterin bei den Watsons.

Und da ist Anna, die jetzige Frau von Tom, die ihm das Kind schenkte, das Rachel ihm nicht schenken konnte. Sie ist verärgert über Rachels ständige SMS-Nachrichten und nächtlichen Anrufe.

Weil die Polizei keine Hinweise auf Megans Liebhaber findet, richtet sich ihr Interesse schnell auf Rachel, die sich ungefragt, mit oft falschen Angaben, in die Ermittlungen einmischt. Ungefähr ebensoschnell können wir uns ausrechnen, wer der Täter ist. Auch wenn die drei Damen, die im Roman alle unzuverlässige Ich-Erzählerinnen sind, noch ein, zwei weitere Geheimnisse haben.

Für mich sind diese Krimischmonzetten, die auch als Romantic-Thriller beworben werden und in denen es nur um die Probleme der labilen Protagonistin mit ihrem Traummann geht, nichts. Dabei fehlen im Roman sogar die wenigen Spannungsmomente des Films. Hawkins‘ enorm erfolgreicher Bestseller, weltweit 15 Millionen verkaufte Exemplare und der am schnellsten verkaufte Roman für Erwachsene in der Geschichte, ist vor allem eine langweilige Charakterstudie dreier einsamer, in der Vorstadt lebender, gut situierter, junger Frauen.

girl-on-the-train-hauptplakat

Girl on the Train (Girl on the Train, USA 2016)

Regie: Tate Taylor

Drehbuch: Erin Cressida Wilson

LV: Paula Hawkins: Girl on the Train, 2015 (Girl on the Train)

mit Emily Blunt, Rebecca Ferguson, Haley Bennett, Justin Theroux, Luke Evans, Allison Janney, Edgar Ramírez, Lisa Kudrow, Laura Prepon, Darren Goldstein

Länge: 113 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Die Vorlage mit Filmcover

Girl on the TrainDu kennst sie nicht aber sie kennt dich von Paula Hawkins

Paula Hawkins: Girl on the Train

(übersetzt von Christoph Göhler)

Blanvalet, 2016

448 Seiten

12,99 Euro

Deutsche Erstausgabe

Blanvalet, 2015

Originalausgabe

Girl on the Train

Doubleday, 2015

Hinweise

Deutsche Facebook-Seite zum Film

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „Girl on the Train“

Metacritic über „Girl on the Train“

Rotten Tomatoes über „Girl on the Train“

Wikipedia über „Girl on the Train“ (deutsch, englisch)

Homepage von Paula Hawkins

Perlentaucher über „Girl on the Train“

Meine Besprechung von Tate Taylors „The Help“ (The Help, USA 2010)

Meine Besprechung von Tate Taylors „Get on Up“ (Get on Up, USA 2014)


Neu im Kino/Filmkritik: „Die glorreichen Sieben“ reiten wieder im Wilden Westen

September 22, 2016

Einige Tage vor der Pressevorführung von Antoine Fuquas „Die glorreichen Sieben“ habe ich mir noch einmal das Original, also den Westernklassiker von John Sturges, angesehen. Schließlich wollte ich kundig das Original mit dem Remake vergleichen, auf die kleinsten Unterschiede hinweisen (zum Beispiel wenn aus einem Links- ein Rechtshänder wird) und, vielleicht, über die großen Unterschiede jammern.

Außerdem wollte ich mein ursprüngliches Urteil überprüfen. Damals, als Jugendlicher, empfand ich Sturges‘ „Die glorreichen Sieben“ als einen unglaublich langweiligen, prätentiösen und steifen Film, der zu sehr von seiner eigenen Bedeutung überzeugt ist. Die zweite Sichtung bestätigte meinen ersten Eindruck – und damit gehöre ich zu der Minderheit, die den Film nicht mag.

Im Kino stellte ich dann fest, dass ich mir das Original nicht hätte ansehen müssen. Fuqua drehte kein mehr oder weniger werkgetreues Remake von „Die glorreichen Sieben“ (1960). Seine „glorreichen Sieben“ sind bestenfalls eine sehr freie Neuinterpretation, die weiter von dem Original entfernt ist, als einige der unzähligen Fortsetzungen und Rip-Offs, die in den vergangenen Jahrzehnten entstanden. Bis auf einige fast schon willkürlich eingestreute Zitate, die man erkennt, wenn man kurz vorher das Original gesehen hat, und Elmer Bernsteins klassisches Filmthema, das erstmals während des Abspanns erklingt, hat Fuquas Film nichts mit Sturges‘ Film zu tun. Sein Film ist ein wie ein Großstadtthriller inszenierter Western mit viel Action und einer ordentlichen Portion Robert B. Parker, der mit seinen auch verfilmten Virgil-Cole-und-Everett-Hitch-Romanen ja einige Western schrieb, in denen zwei Gesetzeshüter ordentlich in gesetzlosen Orten aufräumen (und der echte Parker-Fan hat vielleicht auch „Potshot“, die noch nicht übersetzte Spenser-Version der glorreichen Sieben, gelesen).

Die Filmgeschichte – sieben Gesetzlose helfen einem Dorf gegen einen übermächtigen Bösewicht – wurde, wenn man sie auf einen Satz verkürzt, übernommen. Außerdem klaute Sturges die Geschichte von Akira Kurosawa. Er erzählte sie in „Die sieben Samurai“, einem grandiosen Film, der seinen Klassikerstatus zu recht hat und immer noch beeindruckt. Vor allem wenn man den Film auf der großen Leinwand sehen kann.

Anführer der siebenköpfigen Gruppe ist in Fuquas Ensemblefilm Sam Chisolm (Denzel Washington). Er ist ein Gesetzeshüter, der immer wieder betont, dass er „a duty sworn warrant officer from Wichita, Kansas and a licensed peace officer in Arkansas,Indian Territory, Nebraska, and seven other states“ ist. Als er 1879 von der Witwe Emma Cullen (Haley Bennett) gebeten wird, in Rose Creek gegen Barholomew Bogue (Peters Sarsgaard) vorzugehen, ist er einverstanden. Bogue ist der Besitzer der örtlichen Mine, er unterdrückt die Bevölkerung, seine Minenarbeiter und die ehrlichen Bauern, und er ermordete Cullens gottesfürchtigen Mann auf offener Straße.

Chisolm sucht sich eine Gruppe tapferer, mehr oder weniger gesetzloser Revolvermänner zusammen, die er teilweise von früher kennt und die alle ziemlich eindrucksvolle Charaktere sind: Josh Farraday (Chris Pratt), Goodnight Robicheaux (Ethan Hawke), Jack Horne (Vincent D’Onofrio, kaum erkennbar und mit bärigem Kampfstil), Billy Rocks (Byung-Hun Lee), Vasquez (Manuel Garcia-Rulfo) und der Komantsche Red Harvest (Martin Sensmeier).

Nachdem die extrem multikulturelle Männertruppe in Rose Creek eintrifft, kommt es kurz darauf zur epischen Schlacht zwischen ihnen und Bogue, auf die wir Zuschauer von Anfang an gewartet haben. Und wir werden nicht enttäuscht.

Jedenfalls wenn wir einen ordentlichen Western wollen. Gerne mit einigen nie besonders vertieften Bezügen zur Gegenwart.

Und jetzt will ich mir mal wieder Akira Kurosawas „Die sieben Samurai“ ansehen. Den fand ich schon beim ersten Ansehen grandios.

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Die glorreichen Sieben (The Magnificent Seven, USA 2016)

Regie: Antoine Fuqua

Drehbuch: Richard Wenk, Nic Pizzolatto (basierend auf dem Drehbuch von Akira Kurosawa, Shinobu Hashimoto und Hideo Oguni)

mit Denzel Washington, Chris Pratt, Ethan Hawke, Vincent D’Onofrio, Byung-hun Lee, Manuel Garcia-Rulfo, Martin Sensmeier, Haley Bennett, Peter Sarsgaard, Luke Grimes, Matt Bomer

Länge: 133 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Moviepilot über „Die glorreichen Sieben“

Metacritic über „Die glorreichen Sieben“

Rotten Tomatoes über „Die glorreichen Sieben“

Wikipedia über „Die glorreichen Sieben“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Antoine Fuquas “Training Day” (Training Day, USA 2001)

Meine Besprechung von Antoine Fuquas “Gesetz der Straße – Brooklyn’s Finest” (Brooklyn’s Finest, USA 2009)

Meine Besprechung von Antoine Fuquas “Olympus has fallen – Die Welt in Gefahr” (Olympus has fallen, USA 2013)

Meine Besprechung von Antoine Fuquas “The Equalizer” (The Equalizer, USA 2014)

Meine Besprechung von Antoine Fuquas “Southpaw” (Southpaw, USA 2015)

Die TIFF-Pressekonferenz

und noch eine Gesprächsrunde mit den glorreichen Jungs

 

 


Neu im Kino/Filmkritik: „Hardcore“ – es gibt nur eine Perspektive

April 14, 2016

Ein Actionfilm aus der Ego-Shooter-Perspektive – wie kann das gehen? Immerhin lebt ein Actionfilm von, nun, der Action. Also Schlägereien, Gerenne, Verfolgungsjagden, Autocrashs. Stunts eben, bei denen der Stuntman sich auch verletzten kann. Und dann muss er das alles noch mit einer Kamera machen. Zum Glück – und deshalb konnte „Hardcore“ inszeniert werden – wurden die Filmkameras in den letzten Jahren immer kleiner und leistungsfähiger. Verschiedene YouTube-Videos zeigen das. Ebenso verschiedene Aufnahmen bei Sportübertragungen. Zum Beispiel bei Autorennen. Im Film wurden dann auch fast ausschließlich GoPro-Kameras verwandt, was auch zu einer eher nervige Fischaugenoptik und einer auf der großen Leinwand schlechten Bildqualität führt. Das ist dann näher an Found-Footage-Filmen als an einem wirklichen Kinoerlebnis.

Gleichzeitig ist die Idee, einen Film, wie einen Roman, aus der Ich-Perspektive zu erzählen, faszinierend. Bei Romane wird das ständig gemacht und es ist kein Problem. Bei Filmen sehr selten. Erst 1946 inszenierte Robert Montgomery mit der Raymond-Chandler-Verfilmung „Die Dame im See“ (The Lady in the Lake) erstmals einen Film ausschließlich mit subjektiver Kamera. Die damals zu bewältigenden technischen Schwierigkeiten waren enorm. Der Film selbst scheiterte letztendlich, weil das, was in einem Roman grandios funktioniert, in einem Film nicht funktioniert. Jedenfalls nicht über die Länge eines Spielfilms. Ilya Naishuller (oder der Ausstatter) kennt diesen Film. Denn während einer Verfolgungsjagd sehen wir in einem Zimmer ein Plakat von „The Lady in the Lake“. Aber er erzählt keinen dialoglastigen Kriminalfilm, sondern einen waschechten Action-Thriller.

In „Hardcore“ erwacht Henry in einem Labor. Ohne Gedächtnis, ohne Stimme und ohne einige Glieder. Gerade werden ihm von seiner Frau Estelle künstliche Ersatzglieder angeschraubt. Plötzlich bricht die Hölle los. Estelle wird von einem Gangsterboss entführt und Henry versucht, leicht desorientiert, sie in Moskau zu retten. Dabei hilft ihm, während sich die Leichen stapeln, der höchst seltsame Jimmy.

Gut, wegen der zunehmend abstrus werdenden Geschichte wird niemand in „Hardcore“ gehen. Trotzdem hätten die Macher sich eine stringentere und logischere Geschichte überlegen müssen. So ist es nur eine krude Anordnung von Actionstücken, die sogar einen Film aus der Luc-Besson-Fabrik wie ein Beispiel hochartifizieller Filmkunst erscheinen lassen. Interessant ist das nicht. Emotional involvierend auch nicht.

Die Action ist, zum Beispiel bei der Autoverfolgungsjagd (siehe Trailer), teilweise spektakulär in der Hinsicht, dass man sich fragt, wie sie genau inszeniert wurde und wie dabei die Sicherheit der Stuntmen garantiert wurde. Teils, wenn an Gebäuden herumgeklettert oder über Eisenträger gelaufen wird, solala, weil sie gefährlicher aussieht, als sie ist und man aufgrund der gewählten Ego-Shooter-Perspektive auch oft nicht genau weiß, wie gefährlich die Stunts waren. So kann der Eisenträger zehn Zentimeter oder drei Meter über dem Boden sein. Teils, wenn über Treppen und Straßen gelaufen wird, 08/15, aber sie gewinnt natürlich durch die Perspektive. Am Ende, wenn dann auf einem Hochhausdach der finale Kampf ist, kennen die Macher keine Grenzen mehr. So als wollten sie das Schlachtfest in der Kirche aus „Kingsman: The Secret Service“ überbieten. Es gelingt ihnen nicht. Allein schon aufgrund der schieren Menge an sterbenden Menschen langweilt die hemmungslos übertriebene Szene schnell.

Das größte Problem von „Hardcore“ ist allerdings die durchgängig gewählte Perspektive, die in einem Film nicht wirklich funktioniert. Wir sehen nur, was der Protagonist sieht. Wir erfahren allerdings nie, wie er darauf reagiert. Es ist, auch weil in „Hardcore“ der Protagonist stumm ist und es kein Voice-Over gibt, eine seltsam amputierte Perspektive, die dazu führt, dass man dem Protagonisten emotional nicht näher, sondern weiter weg ist.

So zeigt „Hardcore“, dass die Ego-Shooter-Perspektive im Film nicht funktioniert. Jedenfalls nicht über neunzig Minuten.

Hardcore - Plakat 4

Hardcore (Hardcore Henry, Russland/USA 2016)

Regie: Ilya Naishuller

Drehbuch: Ilya Naishuller

mit Sharlo Copley, Haley Bennett, Daniela Kozlovsky, Tim Roth (eigentlich nur ein Cameo)

Länge: 92 Minuten

FSK: ab 18 Jahre

Hinweise

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Wikipedia über „Hardcore“ (deutsch, englisch)


Neu im Kino/Filmkritik: Jetzt ist Denzel Washington „The Equalizer“

Oktober 9, 2014

Wie die demnächst startende sehr gelungene Matt-Scudder-Verfilmung „Ruhet in Frieden“ (A walk among the Tombstones) war auch „The Equalizer“ seit gefühlten Ewigkeiten angekündigt. Immer wieder mit Namen, die einen guten Film versprachen. Wobei „The Equalizer“ als Kinoversion einer TV-Serie natürlich das Schicksal von ungefähr jeder erfolgreichen und gefühlt jeder zweiten nicht erfolgreichen TV-Serie teilt, dass es natürlich eine Kinofassung oder eine TV-Neuauflage geben soll, es dann mehr oder weniger lange dauert, bis die Neufassung kommt und sie das Herz des Altfans nicht erfreut, weil auf so ziemlich alles verzichtet wird, was die Originalserie so erfolgreich machte. Bei den TV-Neuauflagen fallen mir spontan „Kojak“ (nach wenigen grottigen Folgen gecancelt) und „Detektiv Rockford“ (da war der Pilotfilm so schlecht, dass er gleich ins Archiv gesteckt wurde) ein. Oh, und „ Hawaii Five-0“. Die ist zwar erfolgreich, aber ich habe nur ungefähr anderthalb Folgen ausgehalten. Immerhin wird solange nicht ernsthaft über eine „Magnum“-Neuauflage nachgedacht. Die ist nämlich auch schon seit Ewigkeiten im Gespräch.
Bei den Kinofassungen von TV-Serien hat der Spielfilm, bis auf einige vernachlässigbare Kleinigkeiten, nichts mit der Serie zu tun. Die Ausnahme ist „Miami Vice“, die so nah an der Serie war, dass ich immer noch nicht weiß, warum Michael Mann diesen Spielfilm drehen musste. Bei „21 Jump Street“, „Starsky & Hutch“, „3 Engel für Charlie“, „Mit Schirm, Charme und Melone“, „Mission: Impossible“ und „The Saint“, um nur einige Beispiele zu nennen, hilft es die Serie nicht zu kennen oder nicht zu mögen.
Auch „The Equalizer“ reiht sich in die Mehrheit der freien Versionen ein. Von der köstlichen, aber schlecht gealterten Serie, wurde der Name des Helden übernommen und dass er in der Vergangheit als Geheimagent arbeitete. Der Rest wird besser, wenn man entweder die Serie nicht kennt oder wenn man den Spielfilm nicht mit der Serie vergleicht. Denn wo der TV-McCall versucht, Konflikte möglichst ohne Gewalt zu lösen und er, aufgrund seiner Vergangenheit, nicht mehr töten will, stapeln sich im Film recht schnell die Leichen, weil der Film-McCall lieber im alttestamentarischem „Auge um Auge“-Modus arbeitet. Gerne mit einer „Auge um Kopf“-Zugabe.
In Antoine Fuquas Film ist Denzel Washington Robert McCall, der in Boston in einem Baumarkt arbeitet, allein lebt, einen Ordnungstick hat und nachts in einem Dinner alte Bücher liest. Die nächtliche Lektüre wird von banalen Gesprächen mit der Hure Teri (Chloë Grace Moretz) unterbrochen. Bei der Arbeit ist er der immer höfliche, immer hilfsbereite, unauffällige Kollege, der die Kassiererin selbstlos tröstet und ebenso selbstlos einem Kollegen, der Wachmann werden möchte, bei den Vorbereitungen, inclusive einem Fitnessprogramm, hilft. Er ist der sprichwörtlich Mister Unauffällig.
Als Teri verschwindet und kurz darauf halb tot im Krankenhaus liegt, beschließt er, ihr zu helfen. Wobei nicht wirklich nachvollziehbar ist, warum er wegen diesem Mädchen sein mönchisches Leben aufgibt und er den Kampf gegen die gesamte Russen-Mafia, die Teri als ihr Eigentum betrachtet, aufnimmt. McCall bringt, nachdem er dem lokalen Statthalter ein von Anfang an sinnloses finanzielles Angebot machte, einige Mafiosi um. Spätestens ab diesem Moment ist er im „Man on Fire“-Modus, der achselzuckend für sein Ziel über von ihm aufgestapelte Leichenberge geht.
Die Mafia ist natürlich nicht besser. Der russische Oberboss schickt den effektiven Problemlöser Teddy, der den unbekannten Mörder sucht. Dabei hilft ihm die korrupte Polizei.
„The Equalizer“ ist ein okayer bis guter Siebziger-Jahre-Action-Thriller, der sich viel Zeit für seine Charaktere nimmt. Es gibt wenig Action und die wirkt auch immer angenehm realistisch, vor allem wenn McCall gegen Ende an seiner Arbeitsstätte gegen die Bösewichter kämpft und dabei zeigt, was man alles mit handelsüblichem Werkzeug anstellen kann. Einige Action-Szenen, wie ein Kampf in McCalls „Nighthawks“-Diner, finden auch komplett off screen statt.
Allerdings ist der Thriller mit über zwei Stunden auch zu lang geraten, weshalb es nicht gestört hätte, wenn Fuqua die simple Rachegeschichte auf die Siebziger-Jahre-Thriller-Länge, die so um die 100 bis 110 Minuten liegt, gekürzt hätte.
In den USA ist der Film ein Kassenhit und ein zweiter Teil ist bereits in der Planung. Dann auch mit der aus der TV-Serie bekannten Anzeige „Odds against you? Need help? Call the Equalizer. 212 555 4200“ und gerne auch mit weniger Toten.

The Equalizer - Plakat

The Equalizer (The Equalizer, USA 2014)
Regie: Antoine Fuqua
Drehbuch: Richard Wenk (basierend auf der von Michael Sloan und Richard Lindheim erfundenen TV-Serie)
mit Denzel Washington, Marton Csokas, Chloë Grace Moretz, David Harbour, Haley Bennett, Bill Pullman, Melissa Leo, David Meunier, Johnny Skourtis, Alex Veadov
Länge: 132 Minuten
FSK: ab 16 Jahre

Hinweise
Amerikanische Homepage zum Film
Deutsche Homepage zum Film
Film-Zeit über „The Equalizer“
Moviepilot über „The Equalizer“
Metacritic über „The Equalizer“
Rotten Tomatoes über „The Equalizer“
Wikipedia über „The Equalizer“ (deutsch, englisch)
Meine Besprechung von „The Equalizer – Staffel 1“

Meine Besprechung von Antoine Fuquas “Training Day” (Training Day, USA 2001)

Meine Besprechung von Antoine Fuquas “Gesetz der Straße – Brooklyn’s Finest” (Brooklyn’s Finest, USA 2009)

Meine Besprechung von Antoine Fuquas “Olympus has fallen – Die Welt in Gefahr” (Olympus has fallen, USA 2013)



Wer einen Blick auf den echten Equalizer werfen will, kann inzwischen auch auf Deutsch die ersten beiden, bei Koch Media erschienenen Staffeln kaufen und, mit der Musik von „The Police“-Drummer Stewart Copeland, in das New York der achtziger Jahre eintauchen und sehen wie Edward Woodward als „Schutzengel von New York“ Menschen hilft, denen sonst niemand hilft. Weil vor Ort gedreht wurde, gibt es viele Bilder von damals sehr schmuddeligen New York und etliche Auftritte von Schauspielern, die heute bekannt sind.

The Equalizer - DVD-Cover D-2013

The Equalizer - Staffel 2 - DVD-Cover