Miles Davis rockt 1985

Juni 19, 2014

Für die Mittagspause

Die Band
Miles Davis: Trompete, Keyboard
Bob Berg: Tenor-, Sopransaxophon
John Scofield: Gitarre
Robert Irving III: Keyboards
Darryl Jones: Bass
Vincent Wilburn: Schlagzeug
Steve Thornton: Percussion
aufgenommen am 28. Juli 1985 in Tokio
Die LPs, die Miles Davis damals aufnahm, waren alle mehr oder weniger enttäuschend. Aber das Konzert knüpft an den Miles Davis der siebziger Jahre an.
Fantastisch!

TV-Tipp für den 19. Juni: 21

Juni 19, 2014

Pro7, 20.15

21 (USA 2008, R.: Robert Luketic)

Drehbuch: Peter Steinfeld, Allan Loeb

LV: Ben Mezrich: Bringing down the House, 2002 (Neuveröffentlichung zum Film unter „21“, deutscher Titel „21“)

Eine Gruppe von hochbegabten MIT-Studenten macht die Casinos in Las Vegas beim Blackjack um Millionen ärmer. Interne Konflikte und ein Detektiv der Casinos gefährden die Einheit der Gruppe.

Der auf Tatsachen basierende Spielerfilm ist makelloses „Zwischendurch-Entertainment“ (tip), das Buch ein lesenswerter Ausflug in die unbekannte Welt professioneller Kartenspieler.

Mit Jim Sturgess, Kate Bosworth, Kevin Spacey, Laurence Fishburne

Wiederholung: Sonntag, 22. Juni, 10.25 Uhr

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Amerikanische Homepage zum Film

Film-Zeit über „21“

Metacritic über „21“

Rotten Tomatoes über „21“

Wikipedia über „21“ (deutsch, englisch)

Homepage von Ben Mezrich

Jeff Ma’s World of Gambling

Drake Bennett: House of Cards (The Boston Globe, 6. April 2008; eine lesenswerte Reportage über “Bringing down the house” und die von Mezrich vorgenommenen Fiktionalisierungen)

Meine Besprechung des Sachbuchs „21“ von Ben Mezrich

Meine Besprechung von Robert Luketics „Paranoia – Riskantes Spiel“ (Paranoia, USA/Frankreich 2013)


„Der Tatort und die Philosphie“ im Hörsaal, nicht an der Pommesbude

Juni 18, 2014

Eilenberger HRSG - Der Tatort und die Philosophie - 2

„Schlauer werden mit der beliebtesten Fernsehserie“ ist der Untertitel und er ist erstens zutreffend und zweitens macht der Sammelband neugierig auf einige zeitgenössische Philosophen. Denn in dem von Wolfram Eilenberger herausgegebenem Sammelband „Der Tatort und die Philosophie“ werden verschiedene Philosophen und ihr Werk vorgestellt und damit man sich mit ihren abstrakten Gedanken beschäftigt, wird der „Tatort“ als Köder benutzt. Gerade weil die Reihe so langlebig ist und es inzwischen über neunhundert Folgen gibt, findet jeder Autor, meist bei einem der aktuell ermittelnden Kommissare, den ihm genehmen Anknüpfungspunkt, der auch immer etwas willkürlich bleibt.
Aber in dem Sammelband geht es auch nur peripher um den „Tatort“. Die Krimireihe und damit auch der Kriminalfilm und die Kriminalserie im allgemeinen (denn vieles, was hier gesagt wird, kann mühelos auf andere Krimis übertragen werden) sind nur der Startpunkt, um Philosophen und ihre Werke in kurzen Texten vorzustellen:
Adam Soboczynski schreibt über Theodor W. Adorno,
Wolfram Eilenberger über Emmanuel Levinas,
Florian Werner über Friedrich Nietzsche,
Ulrich Noller und Jürgen Wiebicke über Hartmut Rosa und Byung-Chul Han,
Cord Riechelmann über Gilles Deleuze,
Ariadne von Schirach über Alain Badiou,
Gert Scobel über William James,
Fritz Breithaupt über Siegfried Kracauer,
Susanne Schmetkamp über Edith Stein,
Svenja Flaßpöhler über Hannah Arendt,
Ekkehard Knörer über Odo Marquard,
Stefan Münkler über Marshall McLuhan und
Armin Nassehi über Edmund Husserl.
Viele Texte sind von promovierten Philosophen geschrieben und oft sind die kurzen Texte auch etwas zu wissenschaftlich geraten. Jedenfalls für ein Buch, das sich an die breite Masse richten und Menschen, die sonst nichts mit Philosophie am Hut haben, neugierig auf die Philosophen, ihre Gedankengebäude und das philosophische Denken machen soll. Davon abgesehen regen die Texte zum Nachdenken über die Wirklichkeit und auch darüber, was Geschichten über die Wirklichkeit aussagen, an. Warum, zum Beispiel, in neueren Krimis die Täter ihre Taten nicht mehr erklären können und was das über das Subjekt, den Menschen, aussagt. Denn früher gab es spätestens am Ende des Films eine lange Erklärung, warum der Mörder mordete. Woher das Böse kommt und warum so viele Kommissare alleinstehend sind und sich in ihre Arbeit flüchten, wird mit verschiedenen philosophischen Theorien erklärt; – wobei wir Lieutenant Columbo, der ja vor allem in den Siebzigern ermittelte, auch nur bei der Arbeit sehen und wir nichts über das Sexualleben von Hercule Poirot wissen.
Über den „Tatort“ im Speziellen bleiben die Autoren dagegen bei Allgemeinplätzen stehen, die auch auf fast jede andere Krimiserie übertragen werden kann.
Mich erinnerte das Buch jedenfalls daran, mal wieder einen philosophischen Text zu lesen.

Wolfram Eilenberger (Hrsg.): Der Tatort und die Philosphie – Schlauer werden mit der beliebtesten Fernsehserie
Tropen, 2014
224 Seiten
17,95 Euro

Hinweise

Homepage von Wolfram Eilenberger und des „Philosophie Magazins“ (er ist Chefredakteur)

Tatort-Fundus (eine „Tatort“-Fundgrube)

 


TV-Tipp für den 18. Juni: Weekend of a Champion

Juni 18, 2014

Servus TV, 21.15
Weekend of a Champion (Großbritannien 1971, Regie: Frank Simon, Roman Polanski [ungenannt])
Drehbuch: Roman Polanski, Frank Simon
Fast nie gezeigte, von Roman Polanski produzierte spielfilmlange Dokumentation über den Formel-1-Rennfahrer Jackie Stewart und das Rennen von Monaco, der aus heutiger Sicht ein fast einzigartiger Blick in die Vergangenheit der Formel 1 ist, als sie noch wirklich gefährlich war.
„Langweilig inszenierter und montierter Pseudo-Dokumentarfilm voller Platitüden und Selbstbeweihräucherungen.“ (Lexikon des Internationalen Films)
mit Jackie Stewart, Helen Stewart, Roman Polanski, Nina Rindt, Graham Hill, Ringo Starr, Joan Collins
auch bekannt als „Weekend eines Champions“ (Kinotitel)
Hinweise
Rotten Tomatoes über „Weekend of a Champion“
Wikipedia über „Weekend of a Champion“

Meine Besprechung von Roman Polanskis „Der Ghostwriter“ (The Ghost Writer, Frankreich/Deutschland/Großbritannien 2010)

Meine Besprechung von Roman Polanskis „Venus im Pels“ (La Vénus á la Forrure, Frankreich/Polen 2013)

 


Cover der Woche

Juni 17, 2014

Rodrian - Schlagschatten


Kurd-Laßwitz-Preis vergeben

Juni 17, 2014

Der Kurd-Laßwitz-Preis, der Preis der deutschen Science-Fiction-Schaffenden, wurde vergeben:
Bester deutschsprachiger SF-Roman, Erstausgabe 2013:
• Wolfgang Jeschke: „Dschiheads“, Heyne

Beste deutschsprachige SF-Erzählung, Erstausgabe 2013:
• Michael Marrak: „Coen Sloterdykes diametral levitierendes Chronoversum“ in: Hilscher/Iwoleit (Hrsg.): Nova 21, Nova Verlag

Bestes ausländisches Werk, deutschsprachige Erstausgabe 2013:
• Jo Walton: „In einer anderen Welt“ (Among Others), Golkonda

Beste Übersetzung ins Deutsche, erstmals erschienen 2013:
• Margo Jane Warnken für die Übersetzung von Julie Phillips’: „James Tiptree Jr. – Das Doppelleben der Alice B. Sheldon“ (James Tiptree, Jr.: The Double Life of Alice B. Sheldon), Septime

Beste Graphik zur SF (Titelbild, Illustration) einer deutschsprachigen Ausgabe, erstmals erschienen 2013:
• Pierangelo Boog für das Titelbild zu Moreau/Wipperfürth / Kemmler (Hrsg.): Exodus 30, Eigenverlag

Sonderpreis für herausragende Leistungen im Bereich der deutschsprachigen Science-Fiction 2013:
• Martin Kempf und sein Team vom „Fandom Observer“ für 300 Ausgaben des Szene-Magazins „Fandom Observer“ in 25 Jahren

Die Preisverleihung ist am Samstag, den 20. September, während der ElsterCon in Leipzig.
(via Die Zukunft)

 

Die Preisverleihung wird am Samstag, den 20. September im Rahmen des ElsterCons stattfinden, eines dreitägigen literarischen Symposiums zur Science-Fiction, im Haus des Buches in Leipzig.

Und hier alle Gewinner auf einen Blick:

Bester deutschsprachiger SF-Roman, Erstausgabe 2013:

• Wolfgang Jeschke: „Dschiheads“, Heyne

 

Beste deutschsprachige SF-Erzählung, Erstausgabe 2013:

• Michael Marrak: „Coen Sloterdykes diametral levitierendes Chronoversum“ in: Hilscher/Iwoleit (Hrsg.): Nova 21, Nova Verlag

 

Bestes ausländisches Werk, deutschsprachige Erstausgabe 2013:

• Jo Walton: „In einer anderen Welt“ (Among Others), Golkonda

 

Beste Übersetzung ins Deutsche, erstmals erschienen 2013:

• Margo Jane Warnken für die Übersetzung von Julie Phillips’: „James Tiptree Jr. – Das Doppelleben der Alice B. Sheldon“ (James Tiptree, Jr.: The Double Life of Alice B. Sheldon), Septime

 

Beste Graphik zur SF (Titelbild, Illustration) einer deutschsprachigen Ausgabe, erstmals erschienen 2013:

• Pierangelo Boog für das Titelbild zu Moreau/Wipperfürth / Kemmler (Hrsg.): Exodus 30, Eigenverlag

 

Sonderpreis für herausragende Leistungen im Bereich der deutschsprachigen Science-Fiction 2013:

• Martin Kempf und sein Team vom „Fandom Observer“ für 300 Ausgaben des Szene-Magazins „Fandom Observer“ in 25 Jahren

– See more at: http://diezukunft.de/node/5211#sthash.5lHmUJJW.dpuf


Die Shamus-Nominierungen 2014

Juni 17, 2014

Die Private Eye Writers of America haben die Finalisten für die diesjährigen Shamus Awards verkündet:

Best Hardcover P.I. Novel
• Little Elvises, von Timothy Hallinan (Soho Crime)
• The Mojito Coast, von Richard Helms (Five Star)
• W Is for Wasted, von Sue Grafton (Marian Wood/Putnam)
• The Good Cop, von Brad Parks (Minotaur)
• Nemesis, von Bill Pronzini (Forge)

Best First P.I. Novel
• A Good Death, von Christopher R. Cox (Minotaur)
• Montana, von Gwen Florio (Permanent Press)
• Blood Orange, von Karen Keskinen (Minotaur)
• Bear Is Broken, von Lachlan Smith (Mysterious Press)
• Loyalty, von Ingrid Thoft (Putnam)

Best Original Paperback P.I. Novel
• Seduction of the Innocent, von Max Allan Collins (Hard Case Crime)
• Into the Dark, von Alison Gaylin (HarperCollins)
• Purgatory Key, von Darrell James (Midnight Ink)
• Heart of Ice, von P.J. Parrish (Pocket)
• The Honky Tonk Big Hoss Boogie, von Robert J. Randisi (Perfect Crime)

Best P.I. Short Story
• So Long, Chief, von Max Allan Collins und Mickey Spillane (The Strand Magazine, February-May 2013)
• The Ace I, von Jack Fredrickson (Ellery Queen Mystery Magazine [EQMM], June 2013)
• What We Do, von Mick Herron (EQMM, September-October 2013)
• Extra Fries, von Michael Z. Lewin (EQMM, May 2013)
• The Lethal Leeteg, von Hayford Peirce (EQMM, August 2013)

Best Indie P.I. Novel
• Murder Take Three, von April Kelly und Marsha Lyons (Flight Risk)
• A Small Sacrifice, von Dana King (Amazon Digital)
• No Pat Hands, von J.J. Lamb (Two Black Sheep)
• State vs. Lassiter, von Paul Levine (CreateSpace)
• Don’t Dare a Dame, von M. Ruth Myers (Tuesday House)

Die Preisverleihung ist am Freitag, den 14. November, während der Bouchercon in Long Beach, Kalifornien.

Herrje, da sollten ein, zwei, drei Verlage mal wieder einige Übersetzeraufträge vergeben. Denn, soweit ich den es überblicke, ist noch kein nominierter Roman übersetzt worden und dabei sind die Shamus Awards in der Szene wirklich angesehen. Außerdem sind einige sehr alte Bekannte, wie Mickey Spillane, Max Allan Collins, Robert J. Randisi, Bill Pronzini und Sue Grafton, dabei.
(via The Rap Sheet)


TV-Tipp für den 17. Juni: Der Banker – Master of the Universe

Juni 17, 2014

Arte, 22.55
Der Banker – Master of the Universe (Deutschland/Österreich 2013, Regie: Marc Bauder)
Drehbuch: Marc Bauder
Ex-Banker Rainer Voss plaudert aus dem Nähkästchen.
Das ist aszinierend anzuhören und liefert einen fundierten Einblick in einen Wirtschaftszweig, der einmal dafür gedacht war, Firmen das nötige Kapital für ihre Arbeit zu besorgen – und weil Bauder nur in einer verlassenen Bank drehte, sind die ästhetisch ansprechenden Bilder von leeren Büros auch ein süffisanter Kommentar zur glänzenden Fassade der Bankenwelt, die wie eine Sekte von ihren Jüngern bedingungslose Gefolgschaft fordert.
mit Rainer Voss

Hinweise

Homepage zum Film

Film-Zeit über „Master of the Universe“

Moviepilot über „Master of the Universe“

Meine Besprechung von Marc Bauders „Master of the Universe“ (Deutschland/Österreich 2013) (mit zwei weiteren Clips, in denen die Macher über den Film reden)


DVD-Kritik: Elijah Wood spielt das „Grand Piano – Symphonie der Angst“

Juni 16, 2014

Obwohl „Grand Piano“ nicht besonders lang ist – ohne Abspann ist die Geschichte nach knapp 75 Minuten vorbei – ist der Thriller keine Minute zu lang, weil er trotz aller Spannung seine idiotische Prämisse nicht verleugnen kann.
Ein Unbekannter erpresst den Starpianisten Tom Selznick (Elijah Wood mit unangenehm starrem Blick), der nach einer fünfjährigen Konzertpause mit einem großen Orchester und einem ganz besonderem Piano vor großer Kulisse auftritt. Wenn Selznick während des Konzertes einen Spielfehler macht, eine falsche Taste anschlägt, wird er ihn erschießen. Und als Beweis für seine Ernsthaftigkeit schießt er gleich einmal, während des Konzertes, neben das Piano auf den Bühnenboden.
Selznick spielt also wirklich um sein Leben. Vor allem nachdem er das unspielbare Stück, an dem er schon einmal vor fünf Jahren scheiterte (damals ohne schießwütige Motivationshilfe), spielen soll. Gleichzeitig versucht er herauszufinden, wer der Unbekannte ist.
Das hat, wenn Selznick gleichzeitig spielt, mit dem Erpresser telefoniert und Textnachrichten verschickt, eine beträchtliche Spannung. Vor allem, solange das Motiv des Bösewichts unklar ist.
Allerdings ist die ganze Geschichte nicht besonders glaubwürdig. Ein Erpresser, der seinem Opfer Angst einjagt, um ihn zum fehlerfreien Spielen anzuleiten, hat eigentlich genau die Methode erwischt, die sein Ziel besonders gut sabotiert. Dass dann Selznick ein so guter Pianist ist, dass er während des Konzerts gleichzeitig spielt und telefoniert, auch mal schnell von der Bühne verschwindet, gehört in das Land der Fantasie, in dem sich niemand über so ein seltsames Verhalten wundert und Multitasking ein leistungssteigerndes Elixier ist.
Sowieso taugt das Motiv des Bösewichts allenfalls als schlechter MacGuffin. Seine Ziele hätte er auf vielen anderen Wegen einfacher und sicher auch erfolgreicher erreichen können.
„Grand Piano“ ist eine Übung in Suspense, bar jeglicher psychologischen Glaubwürdigkeit und Erklärungen. Ein kaltes, mechanisches Stück, das mit seiner technischen Bravour und seinem optischen Einfallsreichtum beeindruckt und auch eine Liebeserklärung an Alfred Hitchcock, den Master of Suspense ist.

Grand Piano - DVD-Cover neu

Grand Piano – Symphonie der Angst (Grand Piano, Spanien 2013)
Regie: Eugenio Mira
Drehbuch: Damien Chazelle
mit Elijah Wood, John Cusack, Kerry Bishé, Tamsin Egerton, Don McManus, Dee Wallace

DVD
Koch Media
Bild: 2.35:1 (16:9)
Ton: Deutsch (Dolby Digital 5.1, DTS 5.1), Englisch (Dolby Digital 5.1)
Untertitel: Deutsch
Bonusmaterial: Trailer
Länge: 86 Minuten
FSK: ab 16 Jahre

Hinweise
Moviepilot über „Grand Piano“
Metacritic über „Grand Piano“
Rotten Tomatoes über „Grand Piano“
Wikipedia über „Grand Piano“ 


Grummelig kloppende „Vikings“ bei Amazon Instant Video

Juni 16, 2014

Die erste Staffel von „Vikings“ lief gerade im Free-TV und wurde auf DVD veröffentlicht, da kann der geneigte Wikinger-Fan sich bei Amazon Prime Instant Video bereits die komplette zweite Staffel, wahlweise auf Deutsch oder auf Englisch ansehen.
Die zweite Staffel beginnt mit einer ziemlich blutigen Klopperei zwischen den Männern von Ragnar und Rollo. Das Scharmützel endet erst, als Rollo seinen Bruder nicht töten kann und er sich ergibt. Fortan ist er im Wikinderdorf nur noch leidlich gelitten, aber die meiste Zeit der ersten und zweiten Folge wird sich dann auf das Dorfleben, lässliche Eheprobleme, wie wir sie aus Soap Operas kennen, und der Vorbereitung einer Überfahrt nach England konzentriert.
Gegen Ende der zweiten Episode kommen Ragnar und seine Männer in England an und sie werden auch gleich angegriffen. Sie können die Männer von König Egbert besiegen und wir können vermuten, dass wir in den weiteren Folgen der aus zehn Episoden bestehenden zweiten „Vikings“-Staffel mehr von ihren englischen Abenteuern erfahren.
Dass ich kein großer Freund von Mittelalter- und Fantasy-Filmen bin, dürfte euch nicht überraschen. Aber ich bin auch begeisterungsfähig. Wenn die Story gut ist, wenn es irgendwie überraschend ist, wenn es spannend ist, bin ich dabei.
Aber „Vikings“ bewegt sich dann doch zu sehr in vertrauten Gewässern und gerade die ersten beiden Folgen plätschern teilweise unerträglich vor sich hin. Mögliche Konflikte, vor allem zwischen den beiden Brüdern, zwischen Ragnars Ehefrau und seiner schwangeren Geliebten, zwischen Rollo, dem geächteten Verräter und Fast-Brudermörder, und der Dorfbevölkerung, zwischen den Wikingern und den Göttern werden kaum angesprochen. Sowieso sind die meisten Dorfbewohner für die Geschichte vollkommen nebensächlich. Auch die Hauptcharaktere bleiben blass. Intrigen gibt es keine; wobei so eine richtige Intrige mit Palastrevolution in einem kleinen Dorf schwer zu organisieren ist. Und nachdem Ragnar sich auf den Weg nach England macht, verabschiedet sich die Dorfgemeinschaft aus der Geschichte. Allerdings, wie ein Blick in die Episodenguide verrät, nur vorläufig.
Gut, die ersten beiden Episoden der zweiten Staffel (und mehr kenne ich nicht) sind nur der Auftakt, in dem – hoffentlich – einiges für die restlichen acht Episoden vorbereitet wird, aber für sich alleine stehend, sind sie langweilig.
Abgesehen von der graphischen Gewalt bei den beiden Kämpfen (am Anfang der ersten und am Ende der zweiten Episode) zeigt „Vikings“ nichts, was nicht auch schon vor Jahren in einer TV-Serie gezeigt wurde.
„Vikings“-Erfinder Michael Hirst ist auch verantwortlich für die hochgelobte TV-Serie „Die Tudors“ und die Filme „Elizabeth“ und „Elizabeth – Das goldene Königreich“, beide mit Cate Blanchett in der Hauptrolle.

Vikings - Staffel 2 Amazon - 4

Vikings – Staffel 2 (Vikings, Irland/Kanada 2014)
Regie: Ciarán Donnelly
Drehbuch/Idee: Michael Hirst
mit Travis Fimmel, Katheryn Winnick, Clive Standen, Jessalyn Gilsig, Gustaf Skarsgård, George Blagden, Alexander Ludwig, Alyssa Sutherland, Donal Logue, Linus Roache

Hinweise
Amazon über „Vikings“

History Television über „Vikings“

Rotten Tomatoes über „Vikings“

Wikipedia über „Vikings“ (deutsch, englisch)


Das „Lexikon des Internationalen Film – Filmjahr 2013“ ist erschienen

Juni 16, 2014

Lexikon des internationalen Films 2013 - 4

Ich könnte jetzt sagen: k. w. T., aber das wäre arg unhöflich und es gibt schon einiges zu sagen. Immerhin ist das „Lexikon des Internationalen Films“ das letzte jährlich erscheinende Filmlexikon, das jeden Film aufnimmt, der im letzten Jahr in Deutschland im Kino, im Fernsehen oder auf DVD und Blu-ray erstmals gezeigt wurde; was bei einigen Filmen wirklich eine beachtliche Leistung ist, weil die Werke wirklich nicht gut sind und dabei meine ich nicht „Movie 43“.
Diese Kurzkritiken von über zweitausend Spiel- und Dokumentarfilmen, mit Stabangaben und, bei DVD/Blu-ray-Veröffentlichungen, dem Bonusmaterial und verschiedenen Schnittfassungen (vor allem bei Action- und Horrorfilmen), sind das Herzstück des von der Zeitschrift „Filmdienst“ und der Katholischen Filmkommission für Deutschland herausgegebenen Buches.
Außerdem werden die Gewinner wichtiger Filmfestivals und Filmpreise genannt. Es gibt einen kritisch-informativen Rückblick auf das vergangene Kinojahr. Inzwischen mit einer kleinen Liste der besucherstärksten Kinofilme und Arthouse-Filme, die ja ein kleineres Publikum als „Fuck Ju Göhte!“ und „Der Hobbit: Smaugs Einöde“ ansprechen. So erfahren wir, dass 125.000 Menschen „Blau ist eine warme Farbe“ und „The Broken Circle“ und 120.000 Menschen das epische, gut vierstündige Werk „Die andere Heimat“ ansahen, was ich wegen der Länge, der Erzählweise und dem Stil für eine überragende Besucherzahl halte. Im Brevier sind dieses Mal Beiträge gesammelt, die in den vergangenen zwanzig Jahren im „Filmdienst“ erschienen und sich mit verschiedenen Aspekten des derzeit sehr erfolgreichen Animationsfilms beschäftigen.
Außerdem gibt es ausführliche Besprechungen zu den Kinofilmen, die die Redaktion für die besten des vergangenen Jahres hält. Es sind „Zero Dark Thirty“, „Die andere Heimat – Chronik einer Sehnsucht“, „Blue Jasmine“, „Die wilde Zeit“, „Only Lovers left alive“, „To the Wonder“ (der mir absolut nicht gefiel), „Django Unchained“, „Blau ist eine warme Farbe“, „Frances Ha“, Mutter & Sohn“ und, als Spezialpreis, Ulrich Seidls Paradies-Trilogie.
Wie immer: das „Lexikon des Internationalen Films“ ist ein empfehlenswerter Schmöker, der in seiner Kompaktheit und Treffsicherheit bei den Bewertungen, auch wenn die Macher bei den TV-Spielfilmen oft etwas gnädig sind, einzigartig ist. Außerdem entdeckt man immer noch einige Filme, die man sich demnächst unbedingt ansehen will.

Horst Peter Koll/Filmdienst (Hrsg.): Lexikon des Internationalen Films – Filmjahr 2013
Schüren, 2014
576 Seiten
24,90 Euro

Hinweise

Homepage des Film-Dienstes

Meine Besprechung von „Lexikon des Internationalen Films – Filmjahr 2008“

Meine Besprechung von „Lexikon des internationalen Films – Filmjahr 2009“

Meine Besprechung von “Lexikon des Internationalen Films – Filmjahr 2010″

Meine Besprechung von „Lexikon des Internationalen Films – Filmjahr 2011“

Meine Besprechung von „Lexikon des Internationalen Films – Filmjahr 2012“


TV-Tipp für den 16. Juni: Eric Clapton: Crossroads/Mumford & Sons: Live – The Road to Red Rocks

Juni 16, 2014

Wegen des Fußballspiels läuft heute wohl das gesamte restliche Fernsehprogramm unter „ferner liefen“, aber ZDFkultur hat etwas feines im Archiv gefunden:
ZDFkultur, 20.55
Eric Clapton: Crossroads (USA 2013)
ZDFkultur, 22.00
Mumford & Sons: Live – The Road to Red Rocks (USA 2012)
„Crossroads“ dokumentiert das vierte „Crossroads“-Konzert vom 12. April 2013 in der New Yorker Madison Square Hall. Mit gewohnt hochkarätigen Gästen und viel Blues.
Folkiger wird es mit „Mumford & Sons“ bei ihrem Konzert im Red Rocks Amphitheatre in Colorado.
Das klingt nach zwei Stunden feiner Musik.
Hinweise
ZDFkultur über „Eric Clapton: Crossroads“ und „Mumford & Sons“
Wikipedia über Eric Clapton (deutsch, englisch) und „Mumford & Sons“ (deutsch, englisch)


TV-Tipp für den 15. Juni: State of Play – Der Stand der Dinge

Juni 15, 2014

RTL, 20.15/23.25

State of Play – Der Stand der Dinge (USA/Großbritannien 2009, Regie: Kevin Macdonald)

Drehbuch: Matthew Michael Carnahan, Tony Gilroy, Billy Ray (nach der gleichnamigen TV-Serie von Paul Abbott)

In Washington, D. C., verunglückt die sehr junge Mitarbeiterin eines Kongressabgeordneten tödlich in der U-Bahn. Zur gleichen Zeit wird ein Kleindealer von einem Killer erschossen. „Washington Globe“-Reporter Cal McAffrey beginnt zu recherchieren.

Auf de Insel war der spannende Sechsteiler „State of Play“ von „Cracker“-Autor Paul Abbott, der bei uns eher unter Ausschluss der Öffentlichkeit als „Mord auf Seite 1“ auf Arte lief, ein Riesenerfolg. Natürlich interessierte Hollywood sich für ein Remake. Die guten Politthriller-Autoren Carnahan, Gilroy und Ray machten aus der Vorlage einen hochkarätig besetzten Paranoia-Thriller, der natürlich nie die Komplexität des Originals erreicht und eigentlich perfekte Unterhaltung wäre, wenn Russell Crowe nicht wie der Mann aus den Bergen aussehen würde. Aber anscheinend kann Hollywood sich heute einen investigativen Journalisten nur noch als verspätetes Hippie-Modell aus den Siebzigern vorstellen.

Da waren Robert Redford, Dustin Hoffman, Warren Beatty (okay, die hatten zeitgenössisch ziemlich lange Matten) und John Simm (der Original McAffrey) besser frisiert.

Die Kritiker (vulgo Journalisten) waren von der okayen Kinoversion der BBC-Miniserie begeistert.

mit Russell Crowe, Ben Affleck, Rachel McAdams, Helen Mirren, Robin Wrigth Penn, Jason Bateman, Jeff Daniels, Viola Davis

Hinweise

Amerikanische Homepage zum Film

Deutsche Homepage zum Film

Film-Zeit über „State of Play“

Rotten Tomatoes über „State of Play“

Tony Macklin vergleicht Original und Kopie (und hält das Original für etwas besser)

Kriminalakte über die TV-Serie „Mord auf Seite 1″ (State of Play)


TV-Tipp für den 14. Juni: The Guard – Ein Ire sieht schwarz

Juni 13, 2014

Eins Festival, 22.00
The Guard – Ein Ire sieht schwarz (Großbritannien/Irland 2010, Regie: John Michael McDonagh)
Drehbuch: John Michael McDonagh
Musik: Calexico
Garda Sergeant Gerry Boyle (Brendan Gleeson) ist Kleinstadt-Polizist im County Galway. Er hat schon alles gesehen und geht seinen Job entsprechend ruhig und entspannt an. Da soll er mit dem FBI-Polizisten Wendell Everett (Don Cheadle) zusammenarbeiten, weil einige Drogengangster in Galway ein großes Geschäfte durchziehen wollen – und Boyle überlegt, was das schlimmste an Everett ist: seine Herkunft, seine Anzüge oder seine Hautfarbe.
Das köstliche Buddy-Movie „The Guard“ ist wie ein Abend in einem irischen Pub. Etwas ziellos, aber voller guter und oft haarsträubender Geschichten, mit viel Sentiment, etwas Sex und einer ordentlichen Portion Gewalt. Nur das Pint muss man schon selbst organisieren.
mit Brendan Gleeson, Don Cheadle, Mark Strong, Liam Cunningham, David Wilmot, Rory Keenan, Fionnula Flannagan, Katarina Cas
Wiederholung: Sonntag, 15. Juni, 00.50 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Englische Homepage zum Film

Deutsche Homepage zum Film

Rotten Tomatoes über „The Guard – Ein Ire sieht schwarz“

Film-Zeit über „The Guard – Ein Ire sieht schwarz“

Wikipedia über „The Guard – Ein Ire sieht schwarz“

Meine Besprechung von John Michael McDonaghs „The Guard – Ein Ire sieht schwarz“ (The Guard, Großbritannien/Irland 2010)


Neu im Kino/Filmkritik: „Chasing the Wind“, auf den Fjord blickend

Juni 13, 2014

Zuerst will die in Berlin lebende Anna nicht zurück nach Norwegen. Aber ihr Verlobter Mathias meint, sie würde es später bereuen, wenn sie nicht zur Beerdigung ihrer Großmutter gehen würde. Also macht sie sich auf den langen Weg zu dem kleinen norwegischen Dorf am Meer und wir wissen schnell, warum sie nicht mehr zurück in das Kaff wollte. Der Großvater schweigt die meiste Zeit und er ist ein rechter Stoffel, der es sich anscheinend zur Lebensaufgabe machte, möglichst viele Menschen zu verärgern. Auch gegenüber Anna, der er still einiges vorwirft, verhält Johannes sich feindselig.
Kurz nach ihrer Ankunft trifft sie ihren Ex-Freund Håvard, der inzwischen alleinerziehender Vater ist. Er ist überhaupt nicht erfreut über das Auftauchen seiner Jugendliebe. Dennoch erklärt er sich, nachdem Johannes alle im Katalog stehenden Särge ablehnte, bereit, einen Sarg für Annas Großmutter zu zimmern und die alten Gefühle flammen wieder auf.
Gleichzeitig erfährt sie einiges über ihre Großmutter und die Beziehung zu ihrem Großvater verändert sich.
„Chasing the Wind“ ist ein langsam erzählter Film der schönen Landschaftsaufnahmen (die Trøndelag-Küste ist schon sehr fotogen), der sarkastischen Bemerkungen (vor allem der Großvater, der aus vollkommen ungeklärten Gründen die Deutschen liebt und mit Zitaten um sich wirft), des absurden Humors (Håvards Tochter inszeniert verschiedene katastrophale Tote), der schweigsamen Menschen und damit der unausgesprochenen Dinge. Denn Rune Denstad Langlos zweiter Spielfilm nach „Nord“ ist natürlich eine Versuchsanordnung mit überdeutlichen Bildern und Symbolen, in der Anna und ihr Großvater ihre verkorkste Beziehung aufarbeiten müssen. Allerdings ist der Grund für ihr Zerwürfnis nicht, dass sie vor zehn Jahren wegzog und sie nicht mehr besuchte, sondern eine viel ältere Geschichte, die erst am Ende auf eine verquere Art und Weise angesprochen wird und dem Film jede Glaubwürdigkeit raubt.
Auch die vorher enthüllten Gründe für Johannes‘ Schweigsamkeit, seinen stillen Hass auf den Nachbarn und seine, nun, problematische Beziehung zu seiner verstorbenen Frau überzeugen nicht sonderlich, weil nie erklärt wird, warum zum Beispiel Johannes bei seiner Frau blieb, obwohl er sich auch hätte scheiden lassen können.
So bleibt am Ende von „Chasing the wind“ nur eine hochgradig konstruierte Geschichte mit humoristischen, gut gespielten, aber ins Leere laufenden Szenen, vor einer prächtigen Kulisse.

Chasing the Wind - Plakat

Chasing the Wind (Jag etter vind, Norwegen 2013)
Regie: Rune Denstad Langlo
Drehbuch: Rune Denstad Langlo
mit Marie Blokhus, Sven-Bertil Taube, Tobias Santelmann, Anders Baasmo Christiansen, Frederik Meldal Nørgaard, Marte Aunemo, Per Tofte
Länge: 90 Minuten
FSK: ab 0 Jahre (OmU)

Hinweise
Norwegisches Filminstitut über den Film
Deutsche Homepage zum Film (Seite des Verleihs mit den Spielstätten)
Film-Zeit über „Chasing the Wind“
Moviepilot über „Chasing the Wind“
Wikipedia über „Chasing the Wind“

 

 


TV-Tipp für den 13. Juni: Ohne Schuld

Juni 12, 2014

ZDFneo, 23.25

Ohne Schuld (Frankreich 2009, Regie: Fred Cavayé)

Drehbuch: Fred Cavayé

Juliens Frau Lisa wird, obwohl unschuldig, zu einer langen Haftstrafe verurteilt. Der Biedermann, Lehrer und Vater Julien entwickelt, um sie aus dem Gefängnis zu befreien, überraschende kriminelle Energien.

Spannender Thriller, dessen hochkarätig besetztes US-Remake „72 Stunden -The next three days“ über eine halbe Stunde länger braucht, um die Story zu erzählen, – ohne ihr etwas wesentliches hinzuzufügen. Da bleibt man doch besser bei dem französischen Original.

mit Vincent Lindon, Diane Kruger, Lancelot Roch, Olivier Marchal

Wiederholung: Samstag, 14. Juni, 02.20 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Französische Homepage zum Film

Wikipedia über “Ohne Schuld” (englisch, französisch)

AlloCiné über “Ohne Schuld”

Rotten Tomatoes über “Ohne Schuld”

Meine Besprechung von Fred Cavayés „Point Blank – Aus kurzer Distanz“ (À bout portant, Frankreich 2010)

Fred Cavayés neuer, spannender Thriller „Mea Culpa“, wieder mit Vincent Lindon, läuft am 18. September im Kino (!) an. Hier schon einmal der Trailer:


Neu im Kino/Filmkritik: „Harms“ – Gangsterfilm, German Style

Juni 12, 2014

Im Presseheft wird ausführlich auf die Finanzierung von „Harms“ eingegangen. Denn der Gangsterfilm entstand ohne Fördergelder. Das ist mutig, aber wenn man weiß, welche Filme normalerweise gefördert werden, auch konsequent. Denn Genregeschichten haben es schwer. So erzählte Sebastian Fitzek über die Produktion von „Das Kind“, dass das Projekt, obwohl es sich um eine Bestsellerverfilmung handelt (was für gute kommerzielle Aussichten spricht), sofort abgelehnt wurde, weil es sich um eine Genregeschichte handelt.
Nun, „Harms“ erzählt ebenfalls eine Genregeschichte, die wohl nicht nur Genrefans gut kennen: nach sechzehn Jahren, davon dreizehn Jahre für ein Ehrenwort, wird Harms, ein harter Knacki mit dem Herz am rechten Fleck, aus dem Gefängnis entlassen. Er besucht seine alten Freunde und fragt sich, was er mit seiner Zeit anstellen soll. Immerhin ist er nicht der mehr der Jüngste und die Job-Perspektiven sind mau. Rente gibt es auch nicht. Entsprechend trist und ohne Perspektive ist sein Leben zwischen Knacki-Männerwohngemeinschaft, einsam auf einer Wiese vor sich hin gammelnder Imbissbude und Eckkneipe. Er erträgt sein Schicksal stoisch, schweigsam und mit starrem Blick. Endstation eben.
Da wird er in einer noblen Hotelbar von einem älteren, wohlhabendem Mann angesprochen, der selbstverständlich ein doppeltes Spiel spielt. Er macht Harms ein Angebot, das er nicht ablehnen kann: den Überfall auf die Bundesbank, wo an einem bestimmten Tag 100 Millionen Euro in alten Scheinen sind, die vernichtet werden sollen. Einen helfenden Insider gibt es auch. Harms stellt eine Gang zusammen – und, ich verrate jetzt sicher nichts wirklich überraschendes, der Überfall geht schief.
Die Vorbilder und auch die Richtung, in die Regisseur, Drehbuchautor und Produzent Nikolai Müllerschön („Der rote Baron“) und Hauptdarsteller und Produzent Heiner Lauterbach gehen wollen, ist klar: das klassische Gangsterfilmkino, in dem Berufsverbrecher eiskalt ihr Ding durchziehen, gemeinsam einen Überfall oder Einbruch planen und, spätestens nach der Straftat gegeneinander kämpfen. „Rififi“ und seine Parodie „Topkapi“ sind die Marksteine des Genres, in denen die Vorbereitungen und der Einbruch minutiös gezeigt werden und eine beträchtliche Spannung entwickeln.
Aber gerade die Vorbereitungen des Überfalls enttäuschen. Denn in „Harms“ finden sie kaum statt. Stattdessen sehen wir schweigsame Männer, vor allem Heiner Lauterbach, tiefgründig in die Luft starren, was nicht besonders spannend ist. Auch die Anti-Hartz-IV-Tiraden von Familienvater Menges (Axel Prahl) und die schofelig rassistischen Tiraden von Eckkneipenwirt Timm (Martin Brambach) vertreiben nur mühsam die Zeit. Wobei gerade Timm eine echte Type ist, während Menges doch zu sehr im gut geübten TV-Klischee erstarrt
In „Harms“ findet der Überfall auf die Bank erst im dritten Akt statt und er ist erstaunlich schlecht geplant. Schon während des Überfalls sterben die ersten Männer. Danach geht es lustig mit dem Morden weiter. Schließlich ist das gegenseitige Erschießen unter harten Männern eine bewährte Methode. Dabei wäre es nett gewesen, wenn hier nicht dumpfe Gewalt, die doch arg unvermittelt hereinbricht, sondern etwas mehr Cleverness herrschen würden. Schließlich müssen die Verbrecher der Polizei nicht die gesamte Arbeit abnehmen.
Als Gangsterfilm ist „Harms“ ziemlich schwach, weil er zu lange in erster Linie eine zu statische Milieustudie mit höchst unsympathischen Männern und Proleten ist und bei dem viel zu lieblos inszeniertem Überfall kommt auch nie Spannung auf.
„Harms“ erreicht nie die Qualität von Thomas Arslans „Im Schatten“, dem es sehr gut gelang, die vor allem US-amerikanischen Vorbilder in die deutsche Metropole zu übertragen. Dennoch hätte es, das muss angesichts von etlichen vollkommen misslungen bundesdeutschen Genreübungen auch gesagt werden, viel schlimmer kommen können.

Harms - Plakat

Harms (Deutschland 2014)
Regie: Nikolai Müllerschön
Drehbuch: Nikolai Müllerschön
mit Heiner Lauterbach, Friedrich von Thun, Axel Prahl, Martin Brambach, Blerim Destani, André Hennicke, Benedikct Blaskovic, Valentina Sauca, Helmut Lohner
Länge: 102 Minuten
FSK: ab 16 Jahre

Hinweise
Homepage zum Film
Film-Zeit über „Harms“
Moviepilot über „Harms“

Ein Making of zum Film, mit Statements der Macher

 

 


Hurerei in der Heinrich-Böll-Stiftung

Juni 12, 2014

Biermann - Wir sind Frauen wie andere auch

Habe ich jetzt Ihre geschätzte und überaus wohlwollende Aufmerksamkeit für eine sehr vielversprechend klingende Podiumsdiskussion?
Am Dienstag, den 24. Juni, diskutieren
Pieke Biermann, Autorin, frühe Aktivistin der Hurenbewegung,
Volker Beck, Mitglied des Bundestages, Bündnis 90/Die Grünen,
Dr. Mithu Sanyal, Kulturwissenschaftlerin, Journalistin, Autorin,
Fabienne Freymadl, Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen,
Prof. Dr. Christian Pfeiffer, Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachen,
Dr. Margarete Gräfin von Galen, Fachanwältin für Strafrecht, und
Ulrike Baureithel, Wochenzeitung „Der Freitag“ (Moderation)
ab 19.00 Uhr in der Heinrich-Böll-Stiftung (Schumannstraße 8, 10117 Berlin) über die Forderungen von konservativer und auch feministischer Seite, das unter Rot-Grün verabschiedete Prostitutionsgesetz wieder rückgängig zu machen.
Diese aktuelle Debatte war auch der Grund für den Argument Verlag ein über dreißig altes Buch wieder zu veröffentlichte. Für „’Wir sind Frauen wie andere auch!‘ – Prostituierte und ihre Kämpfe“ unterhielt Pieke Biermann (die auch mitdiskutiert) sich in den späten Siebzigern mit mehreren Prostituierten. Damals wurden Prostituierte auf die Rolle der hilfsbedürftigen, dummen, ausgebeuteten Frau reduziert, die von der Frauenbewegung aus ihrem Elend erlöst werden muss. Das auch heute noch lesenswerte Buch porträtiert dabei ganz normale Frauen.
Und weil heute wieder gegen Prostituierte, jetzt in der Gestalt von ausgebeuteten osteuropäischen Zwangsprostituierten, die mit falschen Versprechungen in den Westen gelockt wurden und in Puffs zum Sex gezwungen werden, Stimmung gemacht wird, ist „Wir sind Frauen wie andere auch!“ kaum veraltet. Jedenfalls will ich nicht glauben, dass alle Osteuropäerinnen zur Prostitution gezwungen werden und dass es überall Zwangsprostituierte gibt. Die Zahlen, zum Beispiel die Strafverfahren gegen Menschenhändler, sprechen nämlich eine andere Sprache.
Ergänzt wird das 1980 erstmals erschienene Buch um zwei aktuelle Vorworte und einem über achtzigseitigem Anhang, in dem die damalige Diskussion über das Buch und mehrere, später entstandene Reden und Essays von Pieke Biermann zum Thema dokumentiert.
Ein lesenwertes Buch!
Ach ja: es gibt auch einen Livestream für die Stubenhocker und Nicht-Berliner*innen.

Pieke Biermann: „Wir sind Frauen wie andere auch!“ – Prostituierte und ihre Kämpfe
Argument, 2014
336 Seiten
13 Euro

Die Erstausgabe erschien 1980.


TV-Tipp für den 12. Juni: 8 Frauen

Juni 12, 2014

3sat, 20.15

8 Frauen (Frankreich 2002, Regie: Francois Ozon)

Drehbuch: Francois Ozon, Marina de Van

LV: Robert Thomas: Huit Femmes, 1958/1962 (Theaterstück)

Weihnachten in einem verschneiten Landhaus: In der Nacht wird der Hausherr ermordet. Die Täterin ist eine der acht Frauen, die im Haus sind. Selbstverständlich hat jede von ihnen auch ein gutes Motiv das Ekel umzubringen.

Ein Cozy mit Gesang und einem Darstellerinnenensemble, das über jeden Zweifel erhaben ist und die Crème de la Crème des französischen Films versammelt.

mit Catherine Deneuve, Isabelle Huppert, Emmanuelle Béart, Fanny Ardant, Virginie Ledoyen, Danielle Darrieux, Ludivine Sagnier, Firmine Richard, Dominique Lamure

Wiederholung: Freitag, 13. Juni, 00.20 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Wikipedia über „8 Frauen“ (deutschenglischfranzösisch)

Spiegel: Interview mit Francois Ozon über „8 Frauen“

Blickpunkt Film: Interview mit Francois Ozon über „8 Frauen“

epd Film: Interview mit Francois Ozon (8/2007)

Homepage von Francois Ozon

Meine Besprechung von Francois Ozons “In ihrem Haus” (Dans la Maison, Frankreich 2012)

Meine Besprechung von Francois Ozons“Jung & Schön“ (Jeune & jolie, Frankreich 2013)


Sascha Mamczak macht sich Gedanken über „Die Zukunft“

Juni 11, 2014

Mamczak - Die Zukunft - 2

Wer in Büchern das Kleingedruckte liest und wer Vorworte liest, dem sagt Sascha Mamczak etwas. Er ist nämlich seit über zehn Jahren der Herausgeber der Heyne-Science-Fiction-Reihe, die es jetzt schon über ein halbes Jahrhundert gibt; was deutlich länger ist, als die Krimireihen bei verschiedenen Verlagen. Dabei gelingt der Heyne-Science-Fiction-Reihe immer noch der Spagat zwischen Klassikern, literarischer Science-Fiction (also den Romanen, die auch die minimale Chance auf eine Besprechung im Feuilleton haben), Weltraumopern und aktuellen Trends (wie Zombies und Genre-Mischformen), zwischen bekannten Namen und Neuentdeckungen. Als Liebhaberprojekt erscheint dort seit fast dreißig Jahren das Jahrbuch „Das Science-Fiction-Jahr“. Die nächste Ausgabe ist für August angekündigt und wird, wie die vorherigen Bände, von Sascha Mamczak, Sebastian Pirling und Wolfgang Jeschke, dem legendären und langjährigen Herausgeber der Heyne-Science-Fiction-Reihe, herausgegeben.
Vor dem Jahrbuch machte Sascha Mamczak sich in dem schmalen Band „Die Zukunft – Eine Einführung“, der auch als Begleitband zu der Jubiläumsausgabe von fünf Neuauflagen von Science-Fiction-Klassikern, dient, Gedanken über die Zukunft. Also nicht seine persönliche Zukunft, sondern darüber was der Begriff „Zukunft“ im Gegensatz zu „Gegenwart“ und „Vergangenheit“ bedeutet. In dem Essay versucht er den Begriff zu klären und stellt dabei verschiedene wissenschaftliche und literarische Konzepte vor. Er leitet den Begriff historisch her, von Gesellschaften, die noch keine Vorstellung von Zukunft hatten, hin zu Gesellschaften, die die Zukunft gestalten wollen. Es gibt auch einen sehr kurzten Ritt durch die Geschichte der Science-Fiction-Literatur und einige Bemerkungen zur Zukunftsforschung.
Das ist vor allem in der ersten Hälfte, wenn Mamczak versucht, den Begriff zu klären, mühsam zu lesen. Denn wie soll man etwas erklären, das man nicht wirklich erklären kann? Dass in diesen Momenten der Gedanke und die Argumentation nicht besonders klar ist und dass Mamczak in schönster deutscher Tradition Bandwurmsätze schreibt (wie ich jetzt), hilft in diesen Kapiteln nicht. In der zweiten Hälfte, wenn er auch eine kleine Literaturgeschichte schreibt und chronologisch voranschreitet, wird es besser. Hier gibt es zahllose, den Fans bekannte Beispiele aus der Literatur und wie diese mit der Wirklichkeit zusammenhängen. Vor allem natürlich als Utopien, die mal eine „Brave New World“, mal „1984“ zeichneten, auch mal hoffnungsvoll utopisch waren und die alle irgendwie die Zukunft vorhersahen. Jedenfalls Teile davon. Trotzdem irrten Science-Fiction-Autoren und Zukunftsforscher sich auch oft. Wobei manche Irrtümer auch erfolgreiche Warnrufe gewesen sein können, wie der legendäre Bericht des Club of Rome zu den Grenzen des Wachstums.
Dank der Kürze ist „Die Zukunft – Eine Einführung“ eine schnelle und auch inspirierende Lektüre, die zum Nachdenken anregt. Es ist allerdings kein Begleitbuch zu den fünf „Bücher, die Zukunft machen“, die gleichzeitig als Jubiläumsausgaben erschienen. Mamczak erwähnt sie – außer William Gibsons „Neuromancer“ (enthalten in „Die Neuromancer-Trilogie“) – überhaupt nicht. Es ist ein Essay, das sich schreibend seinem Begriff nähert und versucht diesen schreibend zu erfassen. Das ist allerdings ein philosphischer Stil, der mir nicht sonderlich gefällt, weil er zum mäandern einladt.
Wie dieser Text.

Sascha Mamczak: Die Zukunft – Eine Einführung
Heyne, 2014
112 Seiten
8,99 Euro

Die „Bücher, die Zukunft machen“
Zum fünfzigjährigem Bestehen der Heyne-Science-Fiction-Reihe gibt es einige Science-Fiction-Klassiker mit einem neuen Umschlag. Science-Fiction-Fans dürften die Romane schon in mindestens einer Ausgabe in ihrem Regal stehen haben. Etliche erschienen auch 2000 zum vierzigjährigem Bestehen der Reihe, damals noch mit Vorworten von bekannten Science-Fiction-Autoren, wie Stephen Baxter, Jack Womack, Kim Stanley Robinson, Ben Bova, Davd Brin und Norman Spinrad.
In der Edition „50 Jahre Science Fiction bei Heyne“ (wie der Sticker verrät) sind jetzt erschienen:

Le Guin - Die linke Hand der Dunkelheit - 2014 - 2Haldeman - Der ewige Krieg - 2014 - 2
Ursula K. Le Guin: Die linke Hand der Dunkelheit
Joe Haldeman: Der ewige Krieg

Gibson - Die Neuromancer-Trilogie - 2014 - 2Banks - Bedenke Phlebas - 2014 - 2
William Gibson: Die Neuromancer-Trilogie
Iain Banks: Bedenke Phlebas

Glukhovsky - Metro 2033 - Metro 2034 - 2014 - 2
Dmitry Glukhovsky: Metro 2033/Metro 2034
Eine feine Auswahl und ein guter Einstieg in die Welt der Zukunftsliteratur.

Hinweise

„Die Zukunft“ bloggt bei Heyne

Meine Besprechung von Sascha Mamczak/Wolfgang Jeschkes (Hrsg.) „Das Science Fiction Jahr 2008″

Meine Besprechung von Sascha Mamczak/Wolfgang Jeschkes (Hrsg.) „Das Science Fiction Jahr 2009“

Meine Besprechung von Sascha Mamczak/Wolfgang Jeschkes (Hrsg.) „Das Science Fiction Jahr 2010“

Meine Besprechung von Sascha Mamczak/Sebastian Pirling/Wolfgang Jeschkes (Hrsg.) „Das Science-Fiction-Jahr 2011“

Meine Besprechung von Sascha Mamczak/Sebastian Pirling/Wolfgang Jeschkes (Hrsg.) „Das Science-Fiction-Jahr 2012“

Meine Besprechung von Sascha Mamczak/Sebastian Pirling/Wolfgang Jeschkes (Hrsg.) „Das Science-Fiction-Jahr 2013“