Das ist ein Mord, der die besonderen Talente von Benoit Blanc (Daniel Craig) erfordert. In dem erfolgreichen Rätselkrimi „Knives Out“ (2019) überführte er im Kino den Mörder des Bestsellerautors Harlan Thrombey. Ein Familienmitglied ermordete Thrombey an seinem 85. Geburtstag in dem noblen Familienwohnsitz. In „Glass Onion: A Knives Out Mystery“ (2022) überführte Blanc auf Netflix den Mörder des Tech-Milliardärs Miles Bron. Während eines Krimi-Rollenspiels wurde Bron auf seiner Insel von einem der von ihm eingeladenen Spielteilnehmenden ermordet.
Jetzt überführt Benoit Blanc im Kino (für einige Tage) und ab dem 12. Dezember auf Netflix den Mörder von Monsignore Jefferson Wicks (Josh Brolin). Wicks führt im Staat New York eine ländliche Gemeinde mit ihm treu ergebenen Gläubigen und einer besonderen Verbindung zu weltlichen Einkünften. Wicks wurde während eines Gottesdienstes in einer Kammer ermordet, die man nur vom Altarraum aus betreten kann. Der junge Priester Jud Duplenticy (Josh O’Connor) entdeckte noch während des Gottesdienstes den Toten. Trotzdem beteuert er seine Unschuld. Duplenticy wurde wegen seines aufbrausenden, von tiefempfundenem Gerichtigkeitssinn geprägten Wesens zur Bewährung in Wicks‘ sündige Gemeinde versetzt.
Alle anderen Verdächtigen, die, wie Duplenticy im Voice-Over erzählt und gleichzeitig in einem Heft aufschreibt, ausgezeichnete Mordmotive hatten, saßen zum Tatzeitpunkt im Schiff auf den Kirchenbänken. Es handelt sich um die betont fromme, seit Ewigkeiten für den Monsignore klaglos alle Büroarbeiten übernehmende Martha Delacroix (Glenn Close), den umsichtigen Hausmeister Samson Holt (Thomas Haden Church), die verdächtig nervöse Anwältin Vera Draven (Kerry Washington), ihren Sohn, den aufstrebenden Politiker Cy Draven (Daryl McCormack), den Hausarzt Nat Sharp (Jeremy Renner), den zum Glauben bekehrten Bestsellerautor Lee Ross (Andrew Scott) und die Konzertcellistin Simone Vivane (Cailee Spaeny). Jeder von ihnen hat, wie es sich für einen Rätselkrimi gehört, ein Motiv und ein ausgezeichnetes Alibi.
Für Benoit Blanc ist dieser räselhafte Mord eine weitere Gelegenheit, seine besonderen Talente bei der Suche nach schlauen oder sich für schlau haltenden Mördern anzuwenden. Dabei kann er, zu unserem Vergnügen, neben den Verdächtigen auch die Polizeichefin Geraldine Scott (Mila Kunis) nerven.
Wieder einmal hat Rian Johnson ein hochkarätiges Ensemble versammelt. Wieder handelt es sich nur auf den ersten Blick um einen traditionellen Rätselkrimi, in dem der Ermittler geduldig verschiedene Spuren verfolgt, während der Zuschauer miträtselt, sondern um eine Komödie, die sich der Form des Rätselkrimis bedient. Wieder wird die Form mit zahlreichen Anspielungen und Verweisen auf andere Werke bedient. Rian Johnson hat seine Agatha-Christie-Sammlung gelesen. Und wieder hat das Ensemble erkennbar seinen Spaß dabei, möglichst amoralisch und verdächtig zu erscheinen.
Allerdings ist dieser Spaß mit 144 Minuten für einen Rätselkrimi auch zu lang geraten. Denn anstatt den Plot mit seinen falschen Spuren zügig zu entwickeln, gibt es eindeutig zu lang geratene Szenen, wie Wicks‘ Beichten vor seinem Kollegen Duplenticy, und zu viele Ab- und Umwege, die einfach beschritten werden, weil man die Zeit dafür hat. Entsprechend konfus gestalten sich dann Blancs‘ Ermittlungen. Sie wirken weniger wie die zielgerichteten Ermittlungen eines Detektivs, sondern mehr wie das Freizeitprogramm eines unaufmerksamen Kindes. Die von Autor und Regisseur Johnson ersonnene Lösung ist dann größtenteils Unfug. Anstatt dem überraschten Publikum am Ende einen (oder mehrere) Täter (oder Täterinnen) mit einem guten Motiv für ihre Tat und einem genialen, in sich stimmigem Plan zu präsentieren, wird ein auf den ersten Blick spektakuläres und überraschendes Ende gewählt, das, wenn man darüber nachdenkt, schneller als ein Kartenhaus in sich zusammen fällt und dabei das überzeugende Motiv und die wirklich guten Teile des Mordplans unter sich begräbt.
Wenn man die Lösung einfach als gottgegeben und gottgewollt hinnimmt, dann ist die witzige Rätselkrimi-Komödie „Wake up Dead Man“ (benannt nach einem „U2“-Song von ihrem 1997er Album „Pop“), trotz seiner epischen Länge, ein kurzweiliges, einfallsreich inszeniertes Vergnügen mit einem gut aufgelegtem Ensemble.

Wake up Dead Man: A Knives Out Mystery (Wake up Dead Man: A Knives Out Mystery, USA 2025)
Regie: Rian Johnson
Drehbuch: Rian Johnson
mit Daniel Craig, Josh O’Connor, Glenn Close, Josh Brolin, Mila Kunis, Jeremy Renner, Kerry Washington, Andrew Scott, Cailee Spaeny, Daryl McCormack, Thomas Haden Church, Jeffrey Wright
Länge: 144 Minuten
FSK: ab 12 Jahre
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Jetzt in einigen wenigen Kinos und auf Netflix ab 12. Dezember 2025.
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Hinweise
Moviepilot über „Wake up Dead Man: A Knives Out Mystery“
Metacritic über „Wake up Dead Man: A Knives Out Mystery“
Rotten Tomatoes über „Wake up Dead Man: A Knives Out Mystery“
Wikipedia über „Wake up Dead Man: A Knives Out Mystery“ (deutsch, englisch)
Meine Besprechung von Rian Johnsons „Looper“ (Looper, USA 2012 – mit weiteren Bildern, Links und einem 35-minütigem Interview mit Rian Johnson und Joseph Gordon-Levitt) und der DVD
Meine Besprechung von Rian Johnsons „Star Wars: Die letzten Jedi“ (Star Wars: The last Jedi, USA 2017) und des Filmromans
Meine Besprechung von Rian Johnsons „Knives out – Mord ist Familiensache“ (Knives out, USA 2019)
Veröffentlicht von AxelB 


