Neu im Kino/Filmkritik: Wahre Geschichte „Der Pinguin meines Lebens“

April 24, 2025

Der aus Sussex kommende Tom Michell (Steve Coogan) ist, nach einer langen Tour durch ähnliche Schulen in Südamerika, 1976 in Buenos Aires gelandet. Er ist im noblen St. George’s College der neue Englischlehrer. In dem von der Außenwelt durch eine Mauer getrenntem Jungeninternat sind die Regeln streng. Ihm wird die lernschwache siebte Klasse zugewiesen. Er soll ihre Leistungen soweit verbessern, dass sie versetzt werden können.

Nach dem Militärputsch wird die Schule für einige Tage geschlossen. Zusammen mit einem Kollegen unternimmt er einen typischen Junggesellenausflug nach Uruquay. Um eine Frau, die er am Strand trifft, zu beeindrucken und so später Sex mit ihr zu haben, rettet er einen ölverschmutzten Pinguin vor dem Tod. Der Pinguin überlebt. Die Frau will trotzdem nicht mit ihm ins Bett gehen. Außerdem verfolgt der Pinguin ihn fortan überall hin. Am Strand, wenn der Pinguin hinter Tom herläuft, ist das ein putziges Bild. Wenn er den Pinguin im Handgepäck über die Grenze schmuggeln muss und er ihn im Internat in seinem Zimmer – erfolglos – vor neugierigen Blicken schützen will, ist das weniger putzig, sondern gefährlich, weil er gegen verschiedene Regeln verstößt und er seine Arbeit und seine Freiheit verlieren könnte.

Aber „Der Pinguin meines Lebens“ ist kein Drama, sondern eine humoristische Feelgood-Komödie über einen ausgebrannten, sarkastischen Lehrer, der dank der Hilfe eines Pinguins zu einem besseren Menschen wird. Und der mit der Hilfe des Pinguins seine Schüler zu besseren Schülern macht.

Der historische Hintergrund bleibt eine pittoreske Kulisse.

Ganz oder gar nicht“-Regisseur Peter Cattaneo inszenierte die Geschichte nach einem Drehbuch von Jeff Pope. Pope schrieb auch die Drehbücher für „Philomena“ und „Stan & Ollie“, die beide mit Steve Coogan verfilmt wurden. Und wie schon „Philomena“ und „Stan & Ollie“ basiert die Geschichte auf einer wahren Geschichte. In diesem Fall den 2015 erschienenen gleichnamigen Memoiren von Tom Michell. Dieses Mal nahm Pope sich Freiheiten. Die auffälligste und folgenreichste Änderung ist, dass er Michells Alter änderte. Der echte Tom Michell war damals Mitte zwanzig. Der von Steve Coogan im Film als liebenswert-sarkastischer Miesepeter mit dem Herzen auf dem rechten Fleck gespielte Michell ist ein Mann in den Fünfzigern. Er blickt auf ein längeres Leben zurück und er ist auch ein anderer Charakter als der echte Michell.

Aber warum sollte die Wahrheit eine schöne Geschichte stören?

Der Pinguin meines Lebens (The Penguin Lessons, Großbritannien/Spanien 2024)

Regie: Peter Cattaneo

Drehbuch: Jeff Pope

LV: Tom Michell: The Penguin Lessons, 2015 (Der Pinguin meines Lebens)

mit Steve Coogan, Vivian El Jaber, Björn Gustafsson, David Herrero, Jonathan Pryce, Alfonsina Carrocio, Mica Breque

Länge: 112 Minuten

FSK: ab 6 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Moviepilot über „Der Pinguin meines Lebens“

Metacritic über „Der Pinguin meines Lebens“

Rotten Tomatoes über „Der Pinguin meines Lebens“

Wikipedia über „Der Pinguin meines Lebens“ (deutsch, englisch)

 


TV-Tipp für den 15. Januar: Philomena

Januar 14, 2025

Arte, 20.15

Philomena (Philomena, Großbritannien 2013)

Regie: Stephen Frears

Drehbuch: Steve Coogan, Jeff Pope

LV: Martin Sixsmith: The Lost Child of Philomena Lee, 2009 (Philomena – Eine Mutter sucht ihren Sohn)

1952 wurde die Irin Philomena Lee als Jugendliche ungewollt schwanger. Sie ging zur Besserung in ein Kloster. Ihr Kind wurde, ohne sie zu fragen, von den barmherzigen Schwestern fortgegeben. Jetzt, fünfzig Jahre später, möchte sie ihren Sohn wiedersehen. Aber die katholische Kirche mauert. Nur der Journalist Martin Sixsmith hilft ihr.

Feines, auf einer wahren Geschichte basierendes Drama.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung

mit Judi Dench, Steve Coogan, Sophie Kennedy Clark, Anna Maxwell Martin, Ruth McCabe, Kate Fleetwood, Peter Hermann, Mare Winningham, Michelle Fairley

Hinweise

Moviepilot über „Philomena“

Metacritic über „Philomena“

Rotten Tomatoes über „Philomena“

Wikipedia über „Philomena“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Stephen Frears „Lady Vegas“ (Lay the Favorite, USA/GB 2012)

Meine Besprechung von Stephen Frears “Philomena” (Philomena, GB 2013)

Meine Besprechung von Stephen Frears „The Program – Um jeden Preis“ (The Program, Großbritannien 2015)

Meine Besprechung von Stephen Frears „Florence Foster Jenkins“ (Florence Foster Jenkins, USA 2016)

Meine Besprechung von Stephen Frears‘ „Victoria & Abdul“ (Victoria & Abdul, Großbritannien 2017)

Meine Besprechung von Stephen Frears‘ „The Lost King“ (The Lost King, Großbritannien 2022)


Neu im Kino/Filmkritik: Harley Quinn und der „Joker: Folie à Deux“

Oktober 3, 2024

Vor fünf Jahren war „Joker“ ein überraschend erfolgreicher Film. Er wurde von der Kritik und dem Publikum abgefeiert, erhielt in Venedig den Goldenen Löwen und spielte weltweit über eine Milliarde US-Dollar ein. Das war angesichts seines R-Rating (also „nicht jugendfrei“) ein sensationelles Ergebnis. Und weil „Joker“ mit einem Budget von irgendetwas zwischen 55 und 70 Millionen US-Dollar äußerst günstig war, war eine Fortsetzung schnell beschlossen. Diese soll jetzt erstaunliche 190 bis 200 Millionen Dollar gekostet haben. Dabei spielt die Geschichte fast ausschließlich an drei Orten: einem Gefängnis, einem Gerichtssaal und, für die zahlreichen Musik-Nummern, die aus dem Film ein Musical machen, einer stilisierten Bühne.

In „Joker“ bringt der erfolglose, nicht witzige Comedian Arthur Fleck sechs Menschen um. Die Morde an drei Yuppies in der U-Bahn und an TV-Talkmaster Murray Franklin vor laufender Kamera machen den zunehmend geistig verwirrten Fleck berühmt. Er wird immer mehr zum Joker, einem Chaos stiftendem Bösen Clown und Erzfeind von Batman, der im ersten „Joker“-Film und auch in der Fortsetzung nicht auftaucht.

Der in Gotham City (aka New York) spielende Film war eine unübersehbare Liebeserklärung an Martin Scorseses „Taxi Driver“ und, noch mehr, „King of Comedy“. Todd Phillips Gotham sieht wie New York in den siebziger Jahren aus. Wirklich gepackt hat mich diese von sich und ihrer eigenen Bedeutung masslos überzeugte Origin-Story nie.

Joker: Folie à Deux“ erzählt die Geschichte von Arthur Fleck (Joaquin Phoenix) nahtlos weiter. Seit ungefähr zwei Jahren sitzt er in der psychiatrischen Anstalt Arkham, die schon in den fünfziger Jahren eine hoffnungslos heruntergekommene, versiffte Gefängnisklinik gewesen wäre. Er ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Seine Anwältin versucht ihn auf den anstehenden Gerichtsprozess vorzubereiten. Sie möchte auf Unzurechnungsfähigkeit plädieren.

Zur gleichen Zeit lernt Fleck in der Anstalt während eines Chorsingens ‚Harley Quinn‘ Lee Quinzel (Lady Gaga) kennen. Sie behauptet, sein größter Fan zu sein. Sie verlieben sich ineinander.

Während der Gerichtsverhandlung, die fast die gesamte zweite Hälfte des Films einnimmt, feuert Fleck seine Anwältin und übernimmt seine Verteidigung – in der Maske des Jokers.

Das klingt doch ganz gut. Aber „Folie à deux“ ist mehr die Idee von einem Film als ein echter Film.

Todd Phillips erzählt Flecks Geschichte als Musical. Die meisten Gesangsnummern, die einen großen Teil des Films einnehmen, spielen sich in seinem Kopf ab. Sie kommentieren die Ereignisse und imaginieren gemeinsame Auftritte von ihm mit Harley Quinn als singendes Liebespaar mit mörderischen Tendenzen. Sie singen bekannte Songs, die sich nicht von vor sechzig, siebzig Jahren aufgenommenem klassischen Big-Band-Jazz unterscheiden.

Während „Folie à deux“ einerseits Flecks Geschichte weitererzählt, wiederholt er die Struktur des ersten „Joker“-Films erstaunlich genau. Allerdings verzichten die Macher dieses Mal auf die offensichtlichen politischen Anspielungen und die damit verbundene krude politische Botschaft. In „Folie à deux“ dreht sich alles um Flecks Leiden in Arkham, sein Auftreten vor Gericht, wo er stolz den der Anklage bislang unbekannten Mord an seiner Mutter gesteht, und seine Beziehung zu Lee Quinzel, die sein größter Fan ist. Vor Gericht treten dann auch einige aus dem ersten Film bekannte Figuren als Zeugen der Anklage wieder auf.

Eine irgendwie eine packende Geschichte ergibt sich aus diesen hübsch hintereinander drapierten Szenen nicht. Eigentlich wiederholen sie nur den ersten Film noch einmal. Mit kleinen Variationen in einer anderen Umgebung und einem etwas anderem Ende.

Arthur Fleck ist, auch wenn „Joker“ seine Origin-Story erzählte und er jetzt der Joker sein sollte, immer noch nicht der Joker, sondern Arthur Fleck, ein Geisteskranker mit einer gespaltenen Persönlichkeit. Er ist ein leidender Mann, der von allen herumgestoßen wird. Nur in wenigen Momenten des Films, vor allem wenn er sich vor Gericht in eigener Sache verteidigt und dabei alles tut, um eine möglichst hohe Strafe zu erhalten, ist Fleck der Joker. Also, er trägt die Maske des Jokers.

Das Ende ist dann ‚mutig‘ oder ‚konsequent‘; ich kann jedenfalls sehr gut mit diesem Ende leben. Wenn nur der Weg dorthin unterhaltsamer (und kürzer) gewesen wäre.

Joker: Folie à Deux (Joker: Folie à Deux, USA 2024)

Regie: Todd Phillips

Drehbuch: Scott Silver, Todd Phillips (basierend auf der DC-Comics-Figur)

mit Joaquin Phoenix, Lady Gaga, Brendan Gleeson, Catherine Keener, Zazie Beetz, Steve Coogan, Harry Lawtey, Leigh Gill, Ken Leung, Jacob Lofland, Bill Smitrovich

Länge: 138 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

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Metacritic über „Joker: Folie à Deux“

Rotten Tomatoes über „Joker: Folie à Deux“

Wikipedia über „Joker: Folie à Deux“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Todd Phillips‘ „War Dogs“ (War Dogs, USA 2016)

Meine Besprechung von Todd Phillips‘ „Joker“ (Joker, USA 2019)


Neu im Kino/Filmkritik: „Ich – Einfach unverbesserlich 4“ – 3 – 2 – 1 – Minions im Anmarsch

Juli 10, 2024

Nach einer längeren Pause – die vorherigen „Ich – Einfach unverbesserlich“-Filme erschienen 2010, 2013 und 2017 – geht es mit dem Superschurken Gru und den Minions weiter im Kino. Wobei, das wollen wir hier nicht verschweigen, die Minions 2015 und 2022 eigene Kinofilme hatten.

Dieses Mal beginnt die „Ich – Einfach unverbesserlich“-Filmgeschichte auf der Wiedersehensfeier der Klasse von 1985 der Schurkenschule. Gru und der auf Rache sinnende Maxime Le Mal geraten aneinander. Danach wird Gru von Silas Ramspopo, dem Chef der Anti-Verbrecher-Liga, in ein Zeugenschutzprogramm genommen. Zusammen mit seiner Familie – seiner Frau Lucy, seinen Töchter Margo, Edith und Agnes und Baby Gru Junior, dem jüngsten Mitglied der Familie – und den Minions wird Gru in der lauschigen All-American-Vorstadt Mayflower versteckt. Umzingelt sind sie von netten Nachbarn, harmlosen Vergnügen und den Annehmlichkeiten des Kleinstadtlebens.

Mit der Vorstadt-Ruhe ist es spätestens vorbei, als Maxime Le Mal Gru Junior entführt.

Geschrieben und inszeniert wurde der vierte „Ich – Einfach unverbesserlich“-Animationsfilm von Männern, die von Anfang an dabei sind. Regisseur Chris Renaud inszenierte den ersten „Ich – Einfach unverbesserlich“-Film. Co-Regisseur Patrick Delage gibt hier sein Spielfilmdebüt. Bei den ersten beiden „Ich – Einfach unverbesserlich“-Filmen arbeitete er in leitender Position in der Animations-Abteilung. Drehbuchautoren Mike White ist ein Neuzugang. Er schrieb vorher unter anderem für „School of Rock“ und „Im Zweifel glücklich“ die Drehbücher. Dafür ist Ken Daurio von der esten Stunde an dabei. Mit unterschiedlichen Schreibpartnern schrieb er alle „Ich – Einfach unverbesserlich“-Drehbücher. Sie wissen also, was die zahlreichen Fans von einem „Ich – Einfach unverbesserlich“-Film erwarten.

Kaum haben die Macher die Prämisse etabliert und die Gru-Familie im Zeugenschutzprogramm versteckt, beginnen sie mit dem Erzählen etlicher mehr oder weniger vergnüglicher Subplots und Episoden über Anpassungsprobleme in der Kleinstadt und die Mega Minions. Das alles bringt den Hauptplot nicht voran, sondern füllt nur die Zeit bis zum Schlusskampf zwischen Gru und Maxime Le Mal.

Zum Glück laufen die Minions, diese Truppe gutwilliger, aber untalentierter Helfer, öfter durchs Bild und bieten köstlich-sinnfreien, boshaften Slapstick-Humor. Aber auch sie können „Ich – Einfach unverbesserlich 4“ nicht vor dem Schicksal einer selbstgenügsamen Nummernrevue retten.

Ich – Einfach unverbesserlich 4 (Despicable Me 4, USA 2024)

Regie: Chris Renaud, Patrick Delage (Co-Regie)

Drehbuch: Mike White, Ken Daurio

mit (im Original den Stimmen von) Steve Carell, Kristen Wig, Pierre Coffin, Joey King, Miranda Cosgrove, Stephen Colbert, Sofia Vergara, Steve Coogan, Chris Renaud, Will Ferrell

(in der deutschen Fassnung mit den Stimmen von) Oliver Rohrbeck, Martina Hill, Lana Finn Marti, Jens „Knossi“ Knossalla

Länge: 95 Minuten

FSK: ab 6 Jahre

Hinweise

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Moviepilot über „Ich – Einfach unverbesserlich 4“

Metacritic über „Ich – Einfach unverbesserlich 4“

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Wikipedia über „Ich – Einfach unverbesserlich 4“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Kyle Balda/Brad Ableson (Co-Regie)/Jonathan del Vals (Co-Regie) „Minions – Auf der Suche nach dem Mini-Boss“ (Minions: The Rise of Gru, USA 2022)


Neu im Kino/Filmkritik: „The Lost King“ Richard III., gefunden von Philippa Langley

Oktober 5, 2023

Wenn die Geschichte von „The Lost King“ nicht wahr wäre, würde jeder sie für eine schlecht erfundene Geschichte halten.

Als die in Edinburgh lebende Philippa Langley (Sally Hawkins) eine Schulaufführung von Shakespeares „Richard III.“ besucht, sieht sie in dem König nicht das Monster, sondern einen von der Gesellschaft zu Unrecht verurteilten Menschen. In den nächsten Tagen glaubt sie immer wieder, seinen Geist zu sehen. Gleichzeitig entwickelt sie eine Obsession für den König, der England von 1483 bis 1485 regierte. Sie, die am chronischen Erschöpfungssyndrom leidet, sieht in ihm einen Geistesverwandten.

Bei einem Beusch des lokalen Ablegers der Richard III. Society erfährt sie, dass niemand weiß, wo seine sterblichen Überreste sind. Also beschließt sie, ihn zu finden und seine Ruf zu retten. Dafür kündigt sogar ihren Job.

Auf ihrer aussichtslos erscheinenden Suche wird sie vorbehaltlos unterstützt von ihrem Mann John (Steve Coogan als Ehemann, der hier klaglos alles das tut, was in älteren Filmen die Frau für ihren Mann getan hat) und einigen seltsamen Hobbywissenschaftlern. Angriffen wird sie von etablierten Wissenschaftlern, die sie für eine durchgeknallte Hobbywissenschaftlerin halten.

Stephen Frears verfilmte diese in England wahrscheinlich allgemein bekannte, hier unbekannte Geschichte gelungen als Feelgood-Movie für die ganze Familie.

Jedenfalls kann ich mich nicht an einen einzigen Artikel über Philippa Langleys Geschichte und die Rehabilitierung von Richard III. erinnern. Dabei hätte es einige Gelegenheiten für größere Reportagen gegeben. So wurde die Entdeckung der möglichen Überreste Richard III. am 12. September 2012 öffentlich gemacht. Am 3. Februar 2013 wurde mittels einer DNA-Analyse die Identität Richard III. bestätigt. Am 26. März 2015 wurde er in der Leicester Cathedral in allen Ehren beigesetzt. Spätestens zu dieser Beisetzung hätte es doch einige Zeitungsartikel und TV-Berichte geben müssen.

Seit 2018 wird Richard III., nach einer langjährigen Kampagne von Philippa Langley, auf der königlichen Webseite als rechtmäßiger König von England geführt.

The Lost King (The Lost King, Großbritannien 2022)

Regie: Stephen Frears

Drehbuch: Jeff Pope, Steve Coogan

mit Sally Hawkins, Steve Coogan, Harry Lloyd, Mark Addy, Lee Ingleby, James Fleet

Länge: 108 Minuten

FSK: ab 6 Jahre

Hinweise

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Wikipedia über „The Lost King“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Stephen Frears „Lady Vegas“ (Lay the Favorite, USA/GB 2012)

Meine Besprechung von Stephen Frears “Philomena” (Philomena, GB 2013)

Meine Besprechung von Stephen Frears „The Program – Um jeden Preis“ (The Program, Großbritannien 2015)

Meine Besprechung von Stephen Frears „Florence Foster Jenkins“ (Florence Foster Jenkins, USA 2016)

Meine Besprechung von Stephen Frears‘ „Victoria & Abdul“ (Victoria & Abdul, Großbritannien 2017)


Neu im Kino/Filmkritik: Wenn die „Minions – Auf der Suche nach dem Mini-Boss“ sind, gibt es Chaos

Juli 1, 2022

Sieben Jahre nach ihrem ersten Solofilm „Minions“ und zwölf Jahre nach ihrem ersten Kinoauftritt in „Ich – einfach unverbesserlich“ (Despicable me) sind die Minions mit „Auf der Suche nach dem Mini-Boss“ zurück im Kino. Dieses Mal spielt der Film in den Siebzigern. Die Minions, kleine tollpatschige gutmütige gelbe Wesen, leben bei dem fast zwölfjährigem Gru. Sein größter Wunsch, Lebenstraum und Berufsziel ist es, ein gefürchteter Superschurke zu werden. Als bei den „Fiesen 6“ ein Platz frei wird, will er ein Mitglied der von ihm bewunderten Verbrecherbande werden.

Der Platz wurde frei, weil die Bande ihren Anführer Wilder Knöchelknacker tötete. Er hatte unmittelbar davor den wertvollen Zodiac-Stein gefunden und befand sich in einer hilflosen Lage. Soviel zu Vertrauen unter Ganoven. Dieser mit magischen Kräften ausgetattete Stein wird später im Film wichtig. Mehr oder weniger.

Gru soll für ein Vorstellungsgespräch zum Hauptquartier der Fiesen 6 kommen. Allein.

Aber die Minions folgen ihm heimlich. Um ihn zu unterstützen. Gleichzeitig sorgen sie für eine ordentliche Menge Chaos.

Minions – Auf der Suche nach dem Mini-Boss“ erreicht niemals die Qualität von „Minions“, das rückblickend ein vergnügliches Abenteuer mit Action, Slaptstick und Gags ist. Natürlich gibt es dieses Mal wieder einige Gags und Slapstick. Kindern gefällt das fröhliche Scheitern der Minions und der anderen Verbrecher. Für die Älteren gibt es auch einige popkulturelle Anspielungen.

Die Story selbst ist eine vernachlässigbar-lieblose Ansammlung bekannter Standardsituationen. Schnell wird die Suche nach dem Mini-Boss zu einer Abfolge von Episoden. Etliche, z. B. wenn die Minions vollkommen ahnungslos ein Passagierflugzeug fliegen (köstlich!) oder sie eine Kung-Fu-Lehrstunde erhalten (weniger köstlich), bringen die Handlung nicht voran. Andere Episoden haben, egal wie sie enden, keinerlei Auswirkung auf die Geschichte und ihr Ende. Dazwischen sorgen die Minions mit ihren Aktionen immer wieder für Chaos, das sich in Wohlgefallen auflöst.

So ist der zweite „Minions“-Film ein egaler Animationsfilm mit einigen wenigen Lachern und viel Leerlauf. Trotz seiner kurzen Laufzeit von knapp neunzig Minuten.

Minions – Auf der Suche nach dem Mini-Boss (Minions: The Rise of Gru, USA 2022)

Regie: Kyle Balda, Brad Ableson (Co-Regie), Jonathan del Val (Co-Regie)

Drehbuch: Matthew Fogel (nach einer Geschichte von Brian Lynch und Matthew Vogel)

mit (im Original den Stimmen von) Steve Carell, Alan Arkin, Taraji P. Henson, Jean-Claude van Damme, Lucy Lawless, Michelle Yeoh, Danny Trejo, Dolph Lundgren, RZA, Julie Andrews, Russell Brand, Steve Coogan, Will Arnett

(in der deutschen Fassung den Stimmen von) Oliver Rohrbeck, Thomas Gottschalk, Dela Dabulamanzi, Bastian Baker, Oliver Stritzel

Länge: 88 Minuten

FSK: ab 6 Jahre

Hinweise

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Moviepilot über „Minions – Auf der Suche nach dem Mini-Boss“

Metacritic über „Minions – Auf der Suche nach dem Mini-Boss“

Rotten Tomatoes über „Minions – Auf der Suche nach dem Mini-Boss“

Wikipedia über „Minions – Auf der Suche nach dem Mini-Boss“ (deutsch, englisch)


TV-Tipp für den 8. April: Stan & Ollie

April 7, 2021

Disney Channel, 20.15

Stan & Ollie (Stan & Ollie, Großbritannien/Kanada/USA 2018)

Regie: Jon S. Baird

Drehbuch: Jeff Pope

LV (Inspiration): A.J. Marriot: Laurel and Hardy – The British Tours, 1993

TV-Premiere. Sehr vergnügliche Chronik der großen Englandtour von 1953, auf der das Komikerduo Stan Laurel und Oliver Hardy, Jahre nach dem Ende ihrer Filmkarriere, noch einmal triumphal die Hallen füllte. Dabei sah es am Anfang der Tour anders aus.

Aber die Tricks von Stan und Ollie funktionieren immer noch.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Steve Coogan, John C. Reilly, Nina Arianda, Shirley Henderson, Danny Huston, Rufus Jones

Hinweise

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Metacritic über „Stan & Ollie“

Rotten Tomatoes über „Stan & Ollie“

Wikipedia über „Stan & Ollie“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Jon S. Bairds „Drecksau“ (Filth, Großbritannien 2013) und der DVD

Meine Besprechung von Jon S. Bairds „Stan & Ollie“ (Stan & Ollie, Großbritannien/Kanada/USA 2018)


Neu im Kino/Filmkritik: Ist „Hot Air“ mehr als heiße Luft?

September 6, 2019

Lionel Macomb (Steve Coogan) ist ein erfolgreicher Radiomoderator, der in seiner täglichen Sendung konservative und reaktionäre Ansichten verbreitet, gegen Politiker und Ausländer hetzt und die Nation weiter spaltet. Auch in seinem Privatleben versucht er ein möglichst großes Arschloch zu sein, das für nichts und niemand Verantwortung übernimmt.

Eines Tages steht eine junge Frau in seiner Wohnung. Sie ist seine sechzehnjährige Nichte Tess (Taylor Russell), die er nicht kennt und die sich, wegen einer familiären Notsituation, bei ihm einquartiert. Außerdem ist sie eine Afroamerikanerin, die kurz vor der Aufnahme in eine Elite-Universität steht.

Am liebsten würde Macomb Tess sofort rauswerfen. Aber Tess ist gewitzt, Macombs Vertraute Valerie Gannon (Neve ‚Scream‘ Campbell) hilft ihr und man muss wirklich kein Genie sein, um zu wissen, wie „Hot Air“ endet.

Der Weg dorthin ist zwar nicht sonderlich überraschend, aber Frank Coraci, der Regisseur mehrerer Adam-Sandler-Filme, erzählt die Geschichte flott und die Schauspieler sind sympathisch engagiert dabei. Vor allem Steve Coogan, der zuletzt Stan Laurel in „Stan & Ollie“ war, darf als blasierter Zyniker und Menschenhasser nach Herzenslust jeden, den er trifft, kunstvoll und wortgewaltig beleidigen. Er ist einer der Menschen, die man in einem Film mühelos, aus tiefstem Herzen hassen kann. Die zahlreichen Szenen von Macombs Radiosendungen erinnern an Oliver Stones grandioses, fast unbekanntes und analytisch schärferes Drama „Talk Radio“ (1988). In dem Einpersonenstück spielte Eric Bogosian einen Radiomoderator, der seine Zuhörer provoziert.

Taylor Russell (TV-Serie „Lost in Space“) ist ein sympathischer Wildfang und in jeder Beziehung das Gegenteil von Macomb. Die Filmgeschichte kann als „Annie“ im Talkradio-Milieu und ohne Songs beschrieben werden.

Hot Air (Hot Air, USA 2018)

Regie: Frank Coraci

Drehbuch: Will Reichel

mit Steve Coogan, Neve Campbell, Taylor Russell, Skylar Astin, Judith Light, Tina Benko

Länge: 103 Minuten

FSK: ab 6 Jahre

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Neu im Kino/Filmkritik: „Stan & Ollie“ auf großer Tour durch England

Mai 13, 2019

Obwohl ihre Filme nicht mehr so oft im Fernsehen laufen, sind Stan Laurel und Oliver Hardy immer noch bekannt. Auch wenn man in Deutschland das Komikerduo lange Zeit vor allem als „Dick & Doof“ kannte und damit die Qualität ihrer Sketche konsequent auf Blödelniveau hinuntersanierte. Bis auf ein, zwei Ausnahmen entstanden ihre Filme zwischen 1927 und 1945.

1953 war ihre große Zeit als Hollywood-Duo vorbei. Die Wiederentdeckung im Fernsehen lag noch in der Zukunft. Stan Laurel (Steve Coogan) kann seinen früheren Arbeitskollegen Oliver Hardy (John C. Reilly), mit dem er sich vor Jahren verkrachte, überreden, eine Theatertour durch England zu machen. Dabei kann er mit den Finanziers für einen neuen Laurel-und-Hardy-Film sprechen. Und beide könnten ihre klammen Finanzen aufbessern.

Jon S. Baird („Drecksau“) erzählt, nach einem Drehbuch von Jeff Pope („Philomena“), die Geschichte dieser Tour und wie aus den Arbeitskollegen Freunde werden. Und es gibt einige immer noch vergnügliche Sketche von Laurel und Hardy, die hier von Steve Coogan und John C. Reilly mit einem beeindruckendem Timing präsentiert werden.

Dazwischen bemühen sich die beiden, wieder ihr Publikum zu erreichen. Stan Laurel ist die kreative Kraft des Duos, die an den Sketchen feilt und das Geld für einen Film auftreiben will. Oliver Hardy der gesundheitlich schwer angeschlagene Lebemann. Beide sind sie, einzeln und als Duo, Schnee von Gestern. Am Anfang sind in dem kleinen Provinztheater, in dem sie auftreten, die meisten Plätze frei und das Hotel, in dem sie übernachten sollen, ist eine billige Absteige. Nachdem sie während der Tour kräftig die Werbetrommel rühren, werden die Säle voller und größer.

Baird erzählt das betont altmodisch und sich dabei auf die Chemie zwischen Coogan und Reilly und die Laurel-und-Hardy-Sketche verlassend. Das so entstehende Tourtagebuch ist ein sehr vergnügliches Biopic mit etlichen garantierten Lachern und etwas Sentiment.

Stan & Ollie (Stan & Ollie, Großbritannien/Kanada/USA 2018)

Regie: Jon S. Baird

Drehbuch: Jeff Pope

LV (Inspiration): A.J. Marriot: Laurel and Hardy – The British Tours, 1993

mit Steve Coogan, John C. Reilly, Nina Arianda, Shirley Henderson, Danny Huston, Rufus Jones

Länge: 99 Minuten

FSK: ab 0 Jahre

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Moviepilot über „Stan & Ollie“

Metacritic über „Stan & Ollie“

Rotten Tomatoes über „Stan & Ollie“

Wikipedia über „Stan & Ollie

Meine Besprechung von Jon S. Bairds „Drecksau“ (Filth, Großbritannien 2013 – mit weiteren Videoclips) und der DVD

Und ein bekannter Film von und mit Stan Laurel und Oliver Hardy

https://www.youtube.com/watch?v=yWsqGEeb9hM


TV-Tipp für den 26. September: Philomena – Eine Mutter sucht ihren Sohn

September 26, 2017

Weil am Donnerstag sein neuer Film „Victoria & Abdul“ (ebenfalls mit Judi Dench, aber nicht so gut wie „Philomena“)  anläuft

ARD, 22.45

Philomena (Philomena, Großbritannien 2013)

Regie: Stephen Frears

Drehbuch: Steve Coogan, Jeff Pope

LV: Martin Sixsmith: The Lost Child of Philomena Lee, 2009 (Philomena – Eine Mutter sucht ihren Sohn)

1952 wurde die Irin Philomena Lee als Jugendliche ungewollt schwanger. Sie ging zur Besserung in ein Kloster. Ihr Kind wurde, ohne sie zu fragen, von den barmherzigen Schwestern fortgegeben. Jetzt, fünfzig Jahre später, möchte sie ihren Sohn wiedersehen. Aber die katholische Kirche mauert. Nur der Journalist Martin Sixsmith hilft ihr.

Feines, auf einer wahren Geschichte basierendes Drama.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung

mit Judi Dench, Steve Coogan, Sophie Kennedy Clark, Anna Maxwell Martin, Ruth McCabe, Kate Fleetwood, Peter Hermann, Mare Winningham, Michelle Fairley

Wiederholung: Mittwoch, 27. September, 02.15 Uhr (Taggenau!)

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Film-Zeit über „Philomena“

Moviepilot über „Philomena“

Metacritic über „Philomena“

Rotten Tomatoes über „Philomena“

Wikipedia über „Philomena“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Stephen Frears „Lady Vegas“ (Lay the Favorite, USA/GB 2012)

Meine Besprechung von Stephen Frears “Philomena” (Philomena, GB 2013)

Meine Besprechung von Stephen Frears „The Program – Um jeden Preis“ (The Program, Großbritannien 2015)

Meine Besprechung von Stephen Frears „Florence Foster Jenkins“ (Florence Foster Jenkins, USA 2016)


Neu im Kino/Filmkritik: „Regeln spielen keine Rolle“ glaubt Warren Beatty

Mai 5, 2017

Howard Hughes (1905 – 1976) ist eine Legende. Vor dreizehn Jahren inszenierte Martin Scorsese das Biopic „The Aviator“ über ihn und die Kenntnis des Films, wenn man nicht ein halbes Dutzend Howard-Hughes-Biographien gelesen hat, hilft beim Verständnis von „Regeln spielen keine Rolle“. Dem neuen Film von Warren Beatty, der vor einem halben Jahrhundert mit „Bonnie & Clyde“ so viel Geld verdiente, dass er sich seitdem seine Rollen und Projekte aussuchen kann.

Das sind Projekte wie seine Spielfilme „Reds“ (1981), ein Biopic über den sozialistischen US-Journalisten John Reed und die Oktoberrevolution von 1917 (und damals in den USA der Film gegen den konservativen Zeitgeist), die Comicverfilmung „Dick Tracy“ (1990), die damals verrissen wurde und floppte und inzwischen wesentlich milder beurteilt wird, und die knallige Polit-Satire „Bulworth“ (1998), die man sich unbedingt ansehen sollte. Wenn sie mal im Fernsehen läuft. Oder den Polit-Thriller-Klassiker „Zeuge einer Verschwörung“ (1974) oder das Gangster-Biopic „Bugsy“ (1991) über Bugsy Siegel. Dazwischen spielte er in einigen Komödien und Satiren mit. Oft, auch auf dem Höhepunkt seines Ruhms, zog er sich immer wieder für längere Zeit zurück und festigte seinen Ruf als Frauenschwarm. Zuletzt spielte er 2001 in dem Totalflop „Stadt, Land, Kuss“ (Town & Country) mit. Danach erzog der heute Achtzigjährige seine Kinder.

Jetzt kehrt er als Produzent, Drehbuchautor, Regisseur und, uhm, Hauptdarsteller (oder wichtigster Nebendarsteller) zurück ins Kino. Er spielt Howard Hughes, der 1958 schon ein sehr zurückgezogen lebender, unglaublich reicher Exzentriker war, der damals immer noch seinen nächsten Film plante. Immerhin hatte er mit „Hell’s Angels“, „Scarface“ und „Geächtet“ (The Outlaw, auch Regie) einige legendäre Hits gelandet.

Jetzt beschäftigt er eine Hundertschaft von Fahrern, die ebenso viele junge Schauspielerinnen, die alle exclusiv bei ihm unter Vertrag stehen. Sie wollen in einem Hughes-Film ihre Filmkarriere starten. Er lässt sie zu endlosen Screentest in sein Studio fahren.

Einer der Fahrer ist Frank Forbes (Alden Ehrenreich), ein Methodist, der seine Schulfreundin heiraten will und der in Hughes‘ Imperium nach Höherem strebt. Den Job als Chauffeur sieht er nur als den Einstieg. Er fährt Marla Mabrey (Lily Collins), eine jungfräuliche Baptistin, zu den Screentests. Sie wird begleitet von ihrer ebenfalls gläubigen, sittenstrengen Mutter. Gemeinsam leben sie in einem Hughes gehörendem Haus in den Hollywood Hills. Die Screentest verlaufen, weil Hughes sich für keine Schauspielerin und kein Filmprojekt entscheiden kann, auch bei Mabrey ergebnislos. Mabreys Mutter wird schon unruhig, weil ihre Tochter als eines von Hughes‘ Mädchen ihre Zeit und ihre potentielle Filmkarriere vertrödelt.

Während der zahlreichen Autofahrten lernen sich Forbes und Mabrey besser kennen. Sie verlieben sich auch ineinander. Dummerweise besagt eine von Howard Hughes zahlreichen Regeln, dass es keine Intimitäten zwischen seinen Angestellten geben darf.

In dem Moment ist die Saat für eine Romantic Comedy gelegt. Allerdings ist „Regeln spielen keine Rolle“ keine Romantic Comedy, sondern die Antithese dazu. Die zwischen 1958 und 1964 spielende, vor sich hin plätschernde Liebesgeschichte bleibt immer nebensächlich und konfliktfrei. Sie hat keine dramatische Fallhöhe. Warren Beatty erzählt eher eine Anti-Liebesgeschichte.

Denn er interessiert sich viel mehr für den erratischen, launenhaften und furchteinflößenden Tycoon, der jeden seiner Spleens ungehemmt ausleben kann. Hughes ist auch ein viel interessanterer Charakter als Forbes und Mabrey. „Regeln spielen keine Rolle“ ist allerdings auch kein Biopic, sonder die Antithese dazu. Denn Beatty zeigt nur einige Schlaglichter und Anekdoten aus dem Leben von Hughes, ohne sie in eine größeren Zusammenhang, der für ein Biopic nötig wäre, zu stellen. Die Szenen aus dem Leben von Hughes sind ohne auch nur ein minimales Wissen über das Leben von Hughes ziemlich unverständlich. Entsprechend kryptisch, nichtssagend (wenn man die Anspielungen nicht versteht) und oft vollkommen unklar zwischen Legende, Fantasie und Realität oszillierend ist das Porträt von Howard Hughes.

Beide Handlungsstränge entwickeln sich vor dem Hintergrund des Puritanismus, den damaligen gesellschaftlichen Veränderungen und dem Ende des Hollywood-Studiosystems, das Warren Beatty als junger Mann in Hollywood selbst miterlebte. Insofern ist der Film auch autobiographisch.

Am Ende ist „Regeln spielen keine Rolle“ ein betont altmodisch inszenierter Film, der besser darüber beschrieben wird, was er nicht ist und was er hätte sein können, als das was er auf den ersten Blick ist. Er ist kein Biopic. Er ist keine Romantic Comedy. Er ist kein Drama. Er umschifft die Konflikte, stolpert zwischen den Genres und Stilen hin und her, ohne jemals seine Melodie oder Geschichte zu finden. Er ist eine Sammlung oft schöner und gelungener Szenen und Momente, die sich nie zu seinem einheitlichen Ganzen zusammenfügen und dem die Leichtigkeit von, beispielsweise, Woody Allens „Café Society“ fehlt.

Regeln spielen keine Rolle (Rules don’t apply, USA 2016)

Regie: Warren Beatty

Drehbuch: Warren Beatty (nach einer Geschichte von Warren Beatty und Bo Goldman)

mit Lily Collins, Alden Ehrenreich, Warren Beatty, Alec Baldwin, Annette Bening, Haley Bennett, Candice Bergen, Matthew Broderick, Dabney Coleman, Steve Coogan, Taissa Farmiga, Ed Harris, Megan Hilty, Oliver Platt, Martin Sheen

Länge: 127 Minuten

FSK: ab 6 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „Regeln spielen keine Rolle“

Metacritic über „Regeln spielen keine Rolle“

Rotten Tomatoes über „Regeln spielen keine Rolle“

Wikipedia über „Regeln spielen keine Rolle“


TV-Tipp für den 6. Dezember: Philomena – Eine Mutter sucht ihren Sohn

Dezember 6, 2016

WDR, 22.10

Philomena (Philomena, Großbritannien 2013)

Regie: Stephen Frears

Drehbuch: Steve Coogan, Jeff Pope

LV: Martin Sixsmith: The Lost Child of Philomena Lee, 2009 (Philomena – Eine Mutter sucht ihren Sohn)

1952 wurde die Irin Philomena Lee als Jugendliche ungewollt schwanger. Sie ging zur Besserung in ein Kloster. Ihr Kind wurde, ohne sie zu fragen, von den barmherzigen Schwestern fortgegeben. Jetzt, fünfzig Jahre später, möchte sie ihren Sohn wiedersehen. Aber die katholische Kirche mauert. Nur der Journalist Martin Sixsmith hilft ihr.

Feines, auf einer wahren Geschichte basierendes Drama.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung – und dann ab ins Kino in den neuen Frears-Film „Florence Foster Jenkins“.

mit Judi Dench, Steve Coogan, Sophie Kennedy Clark, Anna Maxwell Martin, Ruth McCabe, Kate Fleetwood, Peter Hermann, Mare Winningham, Michelle Fairley

Hinweise

Englische Homepage zum Film

Deutsche Homepage zum Film

Film-Zeit über „Philomena“

Moviepilot über „Philomena“

Metacritic über „Philomena“

Rotten Tomatoes über „Philomena“

Wikipedia über „Philomena“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Stephen Frears „Lady Vegas“ (Lay the Favorite, USA/GB 2012)

Meine Besprechung von Stephen Frears “Philomena” (Philomena, GB 2013)

Meine Besprechung von Stephen Frears „The Program – Um jeden Preis“ (The Program, Großbritannien 2015)

Meine Besprechung von Stephen Frears „Florence Foster Jenkins“ (Florence Foster Jenkins, USA 2016)


Neu im Kino/Filmkritik: Die Katholikin „Philomena“ sucht ihr Kind

Februar 28, 2014

 

Nachdem Stephen Frears mit seinem vorherigen Film „Lady Vegas“ (Lay the Favorite) so richtig daneben griff, kehrt er mit „Philomena“ wieder zur alten Stärke zurück, indem er, genau beobachtend und vielschichtig, eine einfache Geschichte erzählt, die von den Schauspielern und den pointierten Dialogen getragen wird. Außerdem handelt es sich um eine wahre Geschichte, die Martin Sixsmith zu einem Sachbuch verarbeitete, das die Vorlage für „Philomena“ ist. Dabei war Martin Sixsmith zuerst überhaupt nicht begeistert von der Geschichte. Aber nachdem der große BBC-Polit-Journalist nach einer spitzen Bemerkung als Berater der Tony-Blair-Regierung entlassen wurde, benötigte er das Geld und er nahm die Human-Interest-Geschichte – ein journalistisches Genre, das er für den Bodensatz des Bodensatzes hält – nur widerwillig an. Eigentlich überlegte er nur, wie er den Auftrag möglichst schnell erledigen könnte. Aber das war, bevor er Philomena Lee kennen lernte und er merkte, dass die katholische Kirche jede Hilfe verweigert.

Vor etwas über fünfzig Jahren, 1952, wurde Philomena im streng katholischen Irland als junges, unverheiratetes, katholisches Mädchen schwanger. Eine Sünde, für die sie von ihren Eltern in das Kloster in Roscrea abgeschoben wird. Dort, in der Sean Ross Abtei, muss sie, wie viele andere Sünderinnen in der Wäscherei schuften. Ihre Kinder wurden zur Adoption freigegeben; – eigentlich in die USA verkauft, während die Mütter nicht gefragt wurden, Frondienste leisteten und von den Schwestern wie Sklavinnen gehalten wurden. Nach außen inszenierten die Schwestern sich, wie auch die Kirche, als Wohltäterinnen. 1955 wurde Philomenas Kind verkauft.

Jetzt fragt sie sich, was aus ihrem Sohn wurde. Zusammen mit Martin Sixsmith besucht sie die Sean Ross Abtei, aber die Schwestern sagen ihnen nichts.

Im Dorfpub erfährt Sixsmith von den Verkäufen der Bastarde an reiche US-Amerikaner. Gemeinsam mit Philomena verfolgt er die vielversprechende Spur in die USA – und wer die Geschichte von Philomena Lee aus den Medien kennt, dürfte jetzt keine großen Überraschungen erleben. Jedenfalls nicht bei der Identität von ihrem Sohn.

Dafür schreibt hier das echte Leben eine viel bittere Geschichte. Denn ihr Sohn ist tot und seine letzten Wünsche wurden von der katholischen Kirche ignoriert.

Bis dahin lernen sich der arrogante, weltgewandte Upper-Class-Journalist Sixsmith und die Working-Class-Frau, die immer noch eine gläubige Katholikin ist, begeistert Kitschromane liest und nie ihr Land verlassen hat, besser kennen und, dank des pointierten Drehbuchs von Steve Coogan und Jeff Pope, der gewohnt souveränen Regie von Stephen Frears („Die Queen“, „The Snapper“, „Grifters“, „Gefährliche Liebschaften“, „Mein wunderbarer Waschsalon“) und dem grandiosen Spiel von Steve Coogan und Judi Dench werden die offensichtlichen Fallen der Geschichte souverän umschifft.

Philomena“ ist eine zu Herzen gehende Geschichte über die Suche nach dem verlorenen Sohn, eine kühle, die Fakten sprechende Anklage gegen die katholische Kirche, die witzige Geschichte eines seltsamen Paares und auch ein Moralstück. Denn wie soll man mit Unrecht umgehen?

Am Ende des Films verlässt man, trotz der düsteren Geschichte, beschwingt das Kino. „Philomena“ ist ein feiner, kleiner Film, der letztes Jahr beim Filmfestival in Venedig seine Premiere feierte, Publikumsliebling war und neun Preise erhielt. Seitdem erhielt das Drama etliche weitere Preise und wurde für vier Oscars, unter anderem als Bester Film, nominiert.

Philomena - Plakat

Philomena (Philomena, Großbritannien 2013)

Regie: Stephen Frears

Drehbuch: Steve Coogan, Jeff Pope

LV: Martin Sixsmith: The Lost Child of Philomena Lee, 2009 (Philomena – Eine Mutter sucht ihren Sohn)

mit Judi Dench, Steve Coogan, Sophie Kennedy Clark, Anna Maxwell Martin, Ruth McCabe, Kate Fleetwood, Peter Hermann, Mare Winningham, Michelle Fairley

Länge: 98 Minuten

FSK: ab 6 Jahre

Hinweise

Englische Homepage zum Film

Deutsche Homepage zum Film

Film-Zeit über „Philomena“

Moviepilot über „Philomena“

Metacritic über „Philomena“

Rotten Tomatoes über „Philomena“

Wikipedia über „Philomena“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Stephen Frears „Lady Vegas“ (Lay the Favorite, USA/GB 2012)

Und noch einige Interviews

mit Philomena Lee und ihrer Tochter Jane

mit Stephen Frears (Regie) und Steve Coogan (Produktion, Drehbuch, Hauptrolle)