Selbstverständlich haben die Macher, die Zeitschrift „Filmdienst“, auch in der aktuellen Ausgabe nichts am bewährten Aufbau des alle zwölf Monate erscheinenden „Lexikon des internationalen Films“ verändert. Oder doch: auf dem Umschlag gibt es eine Klarstellung. Denn unter „Filmjahr 2014“ (was ja auch bedeuten kann, dass das Buch schon 2014 erschien) steht jetzt „Berichtsjahr 2014 – Erscheinungsjahr 2015“. Und daneben, wie gewohnt, „Das komplette Angebot in Kino, Fernsehen, auf DVD und Blu-ray“, das in über zweitausend Kurzkritiken über spielfilmlange Dokumentar-, TV- und Kinospielfilme umfassend gewürdigt wird. Dazu gibt es, als Chronik mit wichtigen Ereignissen und Todesfällen, einen Rückblick auf das Kinojahr 2014, eine Auflistung der Gewinner wichtiger Filmpreise, die in der Zeitung „Filmdienst“ als „sehenswert“ aufgeführten Film als alphabetische Liste, und den „Kinotipp der katholischen Filmkritik“ (der „Filmdienst“ wird ja von der katholischen Kirche herausgegeben), Besprechungen herausragender DVD- und Blu-ray-Editionen von teilweise auch älteren Filmen (wie „Invasion vom Mars“, „Die Glenn Miller Story“ und „Yeah! Yeah! Yeah!“) und ein Schwerpunktthema. Dieses Mal sind es vierzehn cineastische Stadtführer nach Berlin, Kopenhagen, Moskau, Paris und Zürich, die inzwischen wohl schon teilweise veraltet sind. Jedenfalls konnte ich mit den Schwerpunktthemen der vergangenen Jahre (wie „Martin Scorsese“ oder den „Animationsfilm“) mehr anfangen.
Außerdem hat die Redaktion wieder ihre besten Kinofilme des letzten Kinojahres nominiert. Es sind die, auch aus meiner Sicht, empfehlenswerten Filme „Boyhood“ (de auch das Titelbild ziert), „Die geliebten Schwestern“, „Grand Budapest Hotel“, „Her“, „Höhere Gewalt“, „Mr. Turner – Meister des Lichts“, „Nebraska“, „Phoenix“, „Die Wolken von Sils-Maria“ und „Zwei Tage, eine Nacht“. Bei diesen Filmen sind auch die Besprechungen, die im „Filmdienst“ zum Filmstart erschienen, abgedruckt.
Wie in den vergangenen Jahren ist auch die neueste Ausgabe des „Lexikon des internationalen Films“ empfehlenswert. Sie verführt allerdings auch dazu, dass beim Blättern durch die treffenden und fast immer auch zutreffenden Kurzkritiken („Monsieur Claude und seine Töchter“ als „unterhaltsame Sozialkomödie“?), die Liste der Filme, die ich unbedingt sehen möchte, noch ein Stück länger wird.
Ach ja: als Bonusmaterial gibt es mit dem Kauf des Buches auch einen sechsmonatigen Zugang zur kompletten Online-Filmdatenbank des „Filmdienst“.
– Filmdienst/Katholische Filmkommission für Deutschland (Hrsg.): Lexikon des internationalen Films – Filmjahr 2014 Schüren, 2015 592 Seiten
24,90 Euro
–
ARD, 22.45 V-Mann-Land(Deutschland 2015, Regie: Clemens Riha)
Drehbuch: Clemens Riha, Katja Riha
Riha zeigt in seiner 45minütigen Dokumentation für die er mit zahlreichen V-Männern vor laufender Kamera sprach, wie in der Vergangenheit der Verfassungsschutz und auch der polizeiliche Staatsschutz Nazis, die als V-Männer für sie arbeiteten, schützte, bezahlte, beim Aufbau von rechtsradikalen Strukturen mithalf und jetzt die Aufklärung sabotiert.
Beim Bundesverfassungsgericht kann der zweite NPD-Verbotsantrag (dieses Mal nur von den Bundesländern gestellt) wieder scheitern, weil V-Leute eine zu beherrschende Stellung in der Partei hatten.
Und was schlägt die Bundesregierung jetzt vor? Nun, als Lehre aus dem NSU-Skandal will die Regierung, dass V-Leute künftig Straftaten begehen dürfen. Nur so sei es möglich, terroristische und staatsbedrohende Strukturen aufzudecken. Wirklich??? Hinweise ARD über die Doku (müsste dort dann auch in der Mediathek stehen) CanDoBerlin – Homepage von Clemens und Katja Riha
ZDF, 22.00 Tom Thorne: Die Tränen des Mörders (Großbritannien 2010, Regie: Benjamin Ross)
Drehbuch: Dudi Appleton, Jim Keeble
LV: Mark Billingham: Scaredy Cat, 2002 (Die Tränen des Mörders)
Zweite und letzte Tom-Thorne-Verfilmung mit David Morrissey (inzwischen der Governeur in „The Walking Dead“) als hartnäckigen Londoner Detective Inspector Tom Thorne.
Dieses Mal will er den Mord an zwei jungen Frauen aufklären. Obwohl der Modus Operandi vollkommen verschieden ist und es, außer dass beide Frauen kurz vor ihrer Ermordung in einer U-Bahn-Station waren, keine Verbindung zwischen ihnen gibt, glaubt Thorne, dass es einen Zusammenhang zwischen den beiden Morden gibt und der Täter schon früher mordete. Thorne glaubt sogar, dass er zwei Serienkiller verfolgt, die gemeinsam morden.
Spannender Thriller, bei dem mich eine falsche Szene auf die falsche Fährte führte. Denn ohne diese Szene hätte ich die Pointe vorhergesehen.
Davon abgesehen: Eddie Marsan ist dabei!!!
mit David Morrissey, Aidan Gillen, Eddie Marsan, Sandra Oh, O. T. Fagbenle, Tom Brooke, Jaleh Alp, Leo Gregory, Jack Shepherd, Joe Absolom Wiederholungen
Montag, 20. April, 00.50 Uhr (Taggenau!)
ZDFneo, Freitag, 1. Mai, 23.05 Uhr
ZDFneo, Samstag, 2. Mai, 02.40 Uhr (Taggenau!)
Pro7, 20.15 Magic Mike – Die ganze Nacht (Magic Mike, USA 2012)
Regie: Steven Soderbergh
Drehbuch: Reid Carolin
Mike ist im sonnigen Florida tagsüber ein netter Bauarbeiter und nach Sonnenuntergang ein Stripper. Ein wundervolles Leben, wenn er nicht ein eigenes, seriöses Geschäft eröffnen möchte und sich verlieben würde. Wundervoller Film von Steven Soderbergh über das Milieu der männlichen Stripper und den amerikanischen Traum, inszeniert im dokumentarischen New-Hollywood-Stil.
Der Film war ein Kassenhit. Deshalb gibt es im Kino ab dem 23. Juli auch die Fortsetzung „Magic Mike XXL“. Inszeniert von Gregory Jacobs, der bei vielen Soderbergh-Filmen Second-Unit-Regisseur war, wieder nach einem Drehbuch von Reid Carolin, mit Channing Tatum und einigen anderen bekannten Gesichtern. Oh, und ein gewisser Steven Soderbergh ist für die Kamera und den Schnitt verantwortlich. Das heißt: diese Fortsetzung könnte gut sein.
mit Channing Tatum, Alex Pettyfer, Matthew McConaughey, Cody Horn, Olivia Munn, Matt Bomer, Riley Keough, Joe Manganiello, Kevin Nash, Adam Rodriguez, Gabriel Iglesias
3sat, 22.35 Lösegeld (Frankreich/Belgien 2009, Regie: Lucas Belvaux)
Drehbuch: Lucas Belvaux
Ein Industrieller wird entführt – und noch ehe das Lösegeld bezahlt wird, werden immer mehr schmutzige Details über ihn bekannt. Das beeinflusst selbstverständlich auch die Verhandlungen.
„Spannender, gut gespielter Thriller“ (Lexikon des internationalen Films), der für vier Césars nominiert war (bester Film, beste Regie, bester Hauptdarsteller, beste Nebendarstellerin).
Belvaux inszenierte auch das hochgelobte Filmtrippel „Trilogie: Cavale – Auf der Flucht/Uncouple épatant – Ein tolles Paar/Aprè la vie – Nach dem Leben“ (Frankreich/Belgien 2002).
mit Yvan Attal, Anne Consigny, André Marcon, Francoise Fabian, Alex Descas Hinweise Moviepilot über „Lösegeld“
Wikipedia über „Lösegeld“ (deutsch, englisch, französisch)
Vergessen wir einfach „96 Hours – Taken 3“ und wenden uns „Run all Night“ zu. Mit Liam Neeson als Mafiakiller, der in einer Dezembernacht in New York seinen Sohn, der zufällig Zeuge eines Mordes wurde, vor Gangstern und der Polizei beschützen will.
Jaa, das klingt jetzt nach „Taken 4“. Aber „Run all Night“ ist ein äußerst sehenswerter Gangsterthriller, der die Tradition und die Genreregeln kennt, sie gelungen variiert und mit einer ordentlichen Portion Action abschmeckt. Die Story erinnert Einige an „Road to Perdition“. Das stimmt. Aber „Road to Perdition“ ist mir auch viel zu prätentiös. „Run all Night“ will dagegen nur ein spannender Thriller sein, der nebenbei noch einige ernste Themen behandelt. Die nächtlichen Bilder von den weniger bekannten Ecken New Yorks und weil die Jagd quer durch die Millionenstadt geht, erinnern mich an Michael Manns „Collateral“, das ursprünglich ebenfalls in New York spielen sollte. Mann verlegte die Geschichte nach Los Angeles und genau wie „Collateral“ ein Porträt von Los Angeles ist, ist „Run all Night“ ein Porträt von Manhattan.
Weil Liam Neeson den irischen Mobkiller Jimmy Conlon spielt, porträtiert Jaume Collet-Serra in seinem Film auch den irischen Mob, der auch als „Westies“ bekannt ist. Wer will, kann als echtes Vorbild für Conlon den Mafiakiller Richard Kuklinski erkennen, der für Gambino-Familie mordete und der auch das entfernte Vorbild für den Erzähler in Dave Zeltsermans „Killer“ ist.
Auch die restliche Besetzung ist gut. Ed Harris spielt den irischen Mob-Boss, dessen Sohn von Conlon/Neeson erschossen wird, um seinen Sohn zu beschützen. Harris und Neeson haben euch einige tolle gemeinsame Szenen, in denen aus besten Freunden innerhalb weniger Stunden Todfeinde werden. Joel Kinnaman und Boyd Holbrook spielen die Söhne. Vincent D’Onofrio einen Polizisten, der seit Jahren Conlon verfolgt. Common einen eiskalten Killer, der nur an einer effektiven Erledigung seines Auftrages interessiert ist. Nick Nolte hat einen kurzen Auftritt als Neesons Bruder. Und Bruce McGill ist immer gut.
Brad Ingelsby („Auge um Auge – Out of the Furnace“ und, demnächst, das „The Raid“-Remake) schrieb das Drehbuch, in dem die Action die Handlung vorantreibt und auch einige ernste Themen fast schon nebenbei behandelt werden. Ich sage nur Familienbande, Freundschaft, Loyalität und die unterschiedlichen Lebensentwürfe von Vätern und Söhnen. Dabei gibt „Run all Night“ dann keine einfachen Antworten, sondern lässt alles, wie „Ruhet in Frieden – A Walk among the Tombstones“, in einem wunderschönen Graubereich verschwinden. Das unterscheidet „Run all Night“, mit seinem durchaus sympathischen Siebziger-Jahre-Gefühl, dann auch von schlechteren Thrillern.
Insgesamt knüpft „Run all Night“ an „Unknown Identity“ und „Non-Stop“, die beiden vorherigen Filme des Teams Collet-Serra/Neeson, an.
Das war jetzt schon ziemlich lang, aber eigentlich sind das nur einige Ergänzungen zu meiner Filmbesprechung, die in der Stuttgarter Zeitung erschien.
Fans der Inspector-Banks-Romane von Peter Robinson müssen jetzt tapfer sein. Weil Banks‘ Kollegin DS Annie Cabbot schwangerschaftsbedingt abwesend ist, hat DCI Alan Banks eine neue Kollegin, die es in den Romane nicht gibt. DI Helen Morton, die gleich an ihrem ersten Arbeitstag zu einer veritablen Hetzjagd gegen Banks blässt, weil bei einer Frauenleiche ein Zettel mit Banks‘ Anschrift gefunden wird und Banks nicht erreichbar ist. Denn er versucht seinem Bruder Roy, den er seit Jahren nicht gesehen hat, zu helfen.
„Eine seltsame Affäre“ ist der schwache Auftakt der zweiten regulären „DCI Banks“-Staffel. Der erste „DCI Banks“-Film „Aftermath“ (Banks – Der Solist), der im englischen TV als Einzelfilm mit der Option auf weitere Filme lief, wird manchmal als erste Staffel gezählt und dann verändert sich die Staffelzählung halt etwas; auch wenn man einen Film nicht wirklich als Staffel zahlen kann.
Doch zurück zu „Eine seltsame Affäre“. Auch hier ist, wie meistens bei Serien, der persönliche Fall eher weniger prickelnd und die Bekanntschaft mit der gesamten Banks-Familie, die wir bis jetzt nicht vermisst haben, ist überflüssig. Denn wir wissen ja, dass der, bis seine Unschuld erwiesen ist, gegen jeden Dienstvorschrift und Vernunft ermittelnde Polizist nichts mit den Morden zu tun hat. Immerhin gibt es hier keine pompöse Mordintrige gegen den Ermittler.
In den nächsten beiden Fällen wird dann wieder, ohne Familiengedöns, Dienst nach Vorschrift geleistet. „Die letzte Rechnung“ und „Der unschuldige Engel“ sind ordentliche, düster grundierte Polizeifilme, in denen die Ermittlungen eindeutig im Vordergrund stehen, wir kaum etwas über die Ermittler erfahren und nicht geblödelt wird. Das ist, wie die Romane von Peter Robinson, angenehm altmodisch-gediegene Krimiunterhaltung vor der prächtigen Kulisse von Yorkshire.
In „Die letzte Rechnung“ wird der Steuerberater Keith Rothwell in seiner Garage erschossen, während seine Frau und Tochter gefesselt nebenan im Haus sind. Banks und Morton finden bei ihren Ermittlungen heraus, dass Rothwell ein Doppelleben führte und in unseriöse Finanzgeschäfte verwickelt ist.
In „Der unschuldige Engel“ wird Ellie Clayton, die Tochter eines wohlhabenden Internet-Unternehmer, ermordet aufgefunden. Banks verdächtigt Owen Pearce, den Regisseur des Schultheaters, bei dem Clayton mitspielte.
Dieser Film gewinnt durch seinen an „Law & Order“ und „Der Preis des Verbrechens“ erinnernde Aufbau eine besondere Dimension. Denn Banks und sein Team werden, nachdem Pearce vom Gericht frei gesprochen wird, mit den Konsequenzen ihrer Ermittlungen für die davon betroffenen Menschen konfrontiert.
In England wurden 2014 und 2015 jeweils zwei weitere, aus drei Filmen bestehende Staffeln ausgestrahlt. Weitere Fälle sind in Arbeit; wobei es sein kann, dass vom neunzigminütigen Format auf ein sechzigminütiges Format gewechselt wird.
In einem aktuellen Interview mit Crime Time Preview sagt Peter Robinson zu den Verfilmungen: „It’s a process of loss. I thought the first few books adapted were relatively close to the originals, even though Annie disappeared and returned as a single mother and DI Helen Morton, a character I never wrote about, was added to the cast. Then DS Winsome Jackman disappeared, to be replaced by Tariq. The adaptations themselves were almost unrecognisable by the third series, and in the fourth Left Bank will be going with original stories. But if you take any expectations of fidelity to the original plots out of the equation, I think it’s a pretty damn good cop series.“
Die deutschen Ausgaben der Banks-Romane erschienen bei Ullstein und sind inzwischen antiquarisch erhältlich. Die letzten Banks-Romane wurden nicht mehr übersetzt.
Inspector Banks – Mord in Yorkshire: Staffel 2 (DCI Banks, Großbritannien 2012)
mit Stephen Tompkinson (DCI Alan Banks), Andrea Lowe (DS Annie Cabbot, nur Credits), Caroline Catz (DI Helen Morton), Lorraine Burroughs (DS Winsome Jackman), Jack Deam (DC Ken Blackstone), Nick Sidi (CS McLaughlin)
– Die aktuellen Morde in Yorkshire
Eine seltsame Affäre (Strange Affair, Großbritannien 2012)
Regie: Tim Fywell
Drehbuch: Robert Murphy
LV: Peter Robinson: Strange Affair, 2005 (Eine seltsame Affäre)
–
Die letzte Rechnung (Dry Bones that dream, Großbritannien 2012)
Regie: Jim Loach
Drehbuch: Rob Williams
LV: Peter Robinson: Dry Bones that dream, 1994 (auch „Final Account“, Die letzte Rechnung)
–
Der unschuldige Engel (Innocent Graves, Großbritannien 2012)
Regie: Mat King
Drehbuch: Andrew Payne, Rob Williams
LV: Peter Robinson: Innocent Graves, 1996 (Der unschuldige Engel)
– DVD
Polyband
Bild: 1,78:1 (16:9)
Ton: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 2.0)
Untertitel: –
Bonusmaterial: –
Länge: 270 Minuten (3 x 90 Minuten (2 DVDs)
FSK: ab 12 Jahre
– Hinweise
Cotton Club (USA 1983, Regie: Francis Ford Coppola)
Drehbuch: William Kennedy, Francis Ford Coppola, nach einer Story von William Kennedy, Francis Ford Coppola und Mario Puzo
Coppolas Liebeserklärung an den Cotton Club. Nicht schlecht, wie er hier Gangsterfilm mit Liebesfilm mit Tanzfilm mit einem halben Dutzend weiterer Genres verbindet. Aber auch weit von der Qualität seiner ersten beiden Paten-Filme entfernt.
Während der Dreharbeiten unterhielten die verschiedensten Skandalmeldungen (Drehbuch, Budget, künstlerische Auseinandersetzungen, um nur einige zu nennen) die Öffentlichkeit.
Mit Richard Gere, Gregory Hines, Diane Lane, Bob Hoskins, James Remar, Nicolas Cage, Larry Fishburne, Tom Waits, Joe Dallesandro, Woody Strode
TATORT: Bienzle und der Champion (Deutschland 1998, Regie: Dieter Schlotterbeck)
Drehbuch: Felix Huby
LV: Felix Huby: Bienzle und der Champion, 1999
Hat der Boxer Piet Mangold den Wirt Jaco Riewers umgebracht? Eine harte Nuss für Bienzle, denn Piet kann sich an nichts erinnern.
Ein guter Bienzle im Boxmilieu.
„Ich glaube, hier ist ein guter Plot stimmig erzählt, wie in anderen Fällen auch. Herausragend wird der Film wirklich durch die Darsteller und die Regie von Dieter Schlotterbeck.“ (Felix Huby in „Felix Huby: Fast wie von selbst“)
Mit Dietz Werner Steck, Rüdiger Wandel, Ben Becker, Claude-Oliver Rudolph, Martin Semmelrogge, Dariusz ‚Tiger’ Michalczewski
NDR, 00.00 Night will fall – Hitchcocks Lehrfilm für die Deutschen (Großbritannien 2014, Regie: Andre Singer)
Drehbuch: Lynette Singer
Sehenswerte Doku über die von Alfred Hitchcock geplante Dokumentation für die Deutschen über die Konzentrationslager – und warum der Film nach dem Kriegsende nicht fertiggestellt wurde.
Auf der Berlinale 2014 wurde neben dieser Doku auch die rekonstruierte Fassung von Hitchcocks Lehrfilm gezeigt.
mit Alfred Hitchcock, Sidney Bernstein, Billy Wilder
Hinweise Arte über „Night will fall“ Berlinale über „Night will fall“ Rotten Tomatoes über „Night will fall“ (Frischegrad: 100 %) Wikipedia über „Night will fall“
Gibt es ein Paralleluniversum – und wenn ja: wie viele?
Diese Frage stellen sich irgendwann die vier befreundeten Paare, die sich zu einem entspannten Abendessen treffen und bei Wein und Essen über ihre Arbeit und den Kometen, der in dieser Nacht an der Erde vorbeifliegt, zu reden. Plötzlich geht das Licht aus. Das gesamte Viertel ist dunkel, bis auf ein Haus am anderen Ende der Straße.
Zwei von ihnen gehen rüber – und als gestählte Horrorfilmfans wissen wir (wie die zurückbleibenden Freunde), dass das wahrscheinlich keine gute Idee ist. Aber in der Wirklichkeit passiert ja nie etwas Schlimmes und so sind die beiden kurz darauf wieder zurück. Ohne eine offensichtliche Veränderung oder Verletzung. Aber sie verhalten sich etwas seltsam. Sie wollen nicht über das andere Haus und was sie dort gesehen und erlebt haben reden. Und hier beginnen wir als Science-Fiction-Fans, gestählt durch unzählige Invasionsfilme (Erinnert ihr euch an „Die Invasion der Körperfresser“?), in eine ganz andere Richtung zu rätseln.
„Coherence“ wurde von James Ward Byrkit („Rango“) mit einem Micro-Budget (also für ein Taschengeld) gedreht. Es spielt fast nur in einem Wohnzimmer und das Wohnzimmer ist Byrkits Wohnzimmer. Die Schauspieler durften während des fünftägigen Drehs, ausgehend von mehr oder weniger detaillierten Anweisungen, einen großen Teil ihrer Dialoge und Taten improvisieren. Deshalb wurde auch chronologisch gedreht. Das Team war klein. Letztendlich waren mehr Menschen vor als hinter der Kamera.
Byrkit hatte also bei seinem Spielfilmdebüt mit einigen selbstgewählten Beschränkungen zu kämpfen, die er zu seinem Vorteil ausnutzte. Die Kamera verleiht dem Film einen milden dokumentarischen Touch und die Idee, die „Twilight Zone“-würdige Geschichte, steht im Mittelpunkt.
Außerdem, und das ist wahrscheinlich die schönste Pointe von „Coherence“, zeigt Byrkit, dass man kein „Interstellar“-Budget braucht um eine sehr ähnliche Geschichte deutlich frischer und kurzweiliger zu erzählen.
Der Film erschien jetzt bei Bildstörung als DVD ohne Bonusmaterial und in einer limitierten „Special Edition“, die eine satte Portion informatives Bonusmaterial hat und die nur im Bildstörung-Online-Shop, bei Amazon und Müller erhältlich ist.
Sie enthält einen Audiokommentar mit Regisseur James Byrkit und den Schauspielern Emily Foxler und Alex Manugian, ein Making-of/Behind the Scenes, Interviews mit den Schauspielern Emily Foxler, Hugo Armstrong und Lorene Scafaria, Aufnahmen eines Testshootings (wahlweise mit einem Audiokommentar von James Byrkit), – insgesamt gut dreißig Minuten -, ein Booklet mit den Regieanweisungen für die Schauspieler und die Soundtrack-CD. Den gut einstündigen Soundtrack gibt es auch als Download. Ohne die Filmbilder ist Kristin Øhrn Dyruds Musik, die im Film für einige Gänsehautmomente sorgt, eine schöne Begleitmusik bei der Arbeit.
Coherence (Coherence, USA 2013)
Regie: James Ward Byrkit
Drehbuch: James Ward Byrkit (nach einer Geschichte von James Ward Byrkit und Alex Manugian)
mit Emily Foxler, Maury Sterling, Nicholas Brendon, Lorene Scafaria, Elizabeth Gracen, Hugo Armstrong, Alex Manugian, Lauren Maher
– DVD (Special Edition)
Bildstörung
Bild: 2,35:1 (16:9 Anamorph – Original Kinoformat)
Ton: Deutsch, Englisch (DD 5.1)
Untertitel: Deutsch
Bonusmaterial: Audiokommentar mit James Byrkit, Emily Foxler und Alex Manugian, Making-of/Behind the Scenes, Interviews mit den Darstellern, Aufnahmen eines Testshootings, zwei Trailer, Teaser, Booklet mit den Regieanweisungen für die Schauspieler, Soundtrack CD
Länge: 84 Minuten
FSK: ab 16 Jahre
– Hinweise Englische Homepage zum Film Deutsche Homeapge zum Film Film-Zeit über „Coherence“ Moviepilot über „Coherence“ Metacritic über „Coherence“ Rotten Tomatoes über „Coherence“ Wikipedia über „Coherence“
Schießen Sie auf den Pianisten (Frankreich 1960, Regie: Francois Truffaut)
Drehbuch: François Truffaut, Marcel Moussy
LV: David Goodis: Down there, 1956 (Schüsse auf den Pianisten)
Nach dem Selbstmord seiner Frau hat sich der berühmte Konzertpianist Edouard zurückgezogen und fristet sein Dasein in einer Kaschemme als Barpianist. Als sein Bruder ihn um Hilfe bittet, gerät er in die Schusslinie von Gangstern.
Nach dem Erfolg seines Erstlings „Sie küssten und sie schlugen ihn“ drehte der 27-jährige Francois Truffaut ein stimmungsvolles Kriminalmelodrama, das in jeder Einstellung das Werk eines begeisterten Cineasten ist.
„Auf den ersten Blick kann man der gebrochenen Handlung kaum folgen, versteht kaum, um was es eigentlich geht. Sieht man den Film aber öfter, wird man weniger auf die Gangster- und Liebesgeschichte achten als vielmehr auf die Machart, auf das Strickmuster dieses Films über das Filmemachen und –anschauen. Truffaut, damals nun wahrlich ein junges Genie, das sich das Filmemachen fast ausschließlich theoretisch angeeignet hat, spielt mit dem Zuschauer nach allen Regeln der Filmkunst.“ (Willi Winkler: Die Filme von Francois Truffaut)
Arte, 00.40 Auf offener Straße (Frankreich 1992, Regie: Bertrand Tavernier)
Drehbuch: Michel Alexandre, Bertrand Tavernier
Grandioser Polizeithriller über eine Einheit von Drogenfahndern, die vor allem durch mangelhafte Ausrüstung und fehlende Rückendeckung von der Arbeit abgehalten werden und vor allem gegen die kleinen Fische ermitteln müssen.
„Der Linke Tavernier zieht hier ein desaströses Fazit der Sozialpolitik nach zehn Jahren sozialistischer Regierung. Er beleuchtet die Gründe der Attraktivität rechtsradikaler Scharlatane à la Le Pen in den Köpfen allzuvieler Franzosen. Er verdeutlicht, wie die Berührungsangst staatlicher Stellen gegenüber nord- und zentralafrikanischen Dealern den täglichen Rassismus verstärkt und den Fremdenhaß unter Einheimischen eher schürt, weil eine partielle, gern verschwiegene Wahrheit als Makel auf alle Farbigen und Immigranten übertragen wird.
Tavernier hat (…) einen eminent politischen Film gedreht.“ (Fischer Film Almanach 1993), der heute, angesichts der Wahlergebnisse in Frankreich und der Diskussionen in Deutschland (googelt mal „Görlitzer Park“) immer noch brennend aktuell ist.
Co-Autor Michel Alexandre war damals selbst bei der Pariser Drogenfahndung.
„Auf offener Straße“ war als bester Film des Jahres für den César nominiert.
In Deutschland lief er als „Original mit Untertitel“ und wenn der Film nicht so unbekannt wäre, wäre er ein potentieller Klassiker. Insofern: eine lohnende Entdeckung!
mit Didier Bezace, Jean Paul Comart, Charlotte Kady, Jean-Roger Milo, Nils Tavernier, Philippe Torreton Hinweise Arte über „Auf offener Straße“ (und ein Essay von Olivier Père) AlloCiné über „Auf offener Straße“ Moviepilot über „Auf offener Straße“ (noch keine Bewertung) Wikipedia über „Auf offener Straße“
Schon die reguläre DVD-Ausgabe von „Sherlock – Staffel 3“ hatte einiges an Bonusmaterial enthalten. Aber für die jetzt erschienene Special Edition legte Polyband noch einmal eine ordentliche Schippe drauf. „ca. 220 Minuten mit deutschen Untertiteln“ steht auf dem Cover und dann gibt es noch zwei Audiokommentare, die auf der ersten Ausgabe der dritten „Sherlock“-Staffel nicht enthalten waren. Dabei waren die Audiokommentare immer informative Highlights und Musterbeispiele für gelungene Audiokommentare.
Es gibt die von der Erstauflage der dritten „Sherlock“-Staffel bekannten Making of „Fans, Villains & Speculation“, „Shooting Sherlock“ und „The Fall“, die insgesamt knapp 45 Minuten dauern.
Einen kleinen Teil des restlichen Bonusmaterials dürften langjährige „Sherlock“-Fans schon kennen. Aber bis jetzt war es nur im Netz zu finden, wie das siebenminütige Prequel „Many Happy Returns“ zur dritten Staffel und die 2010 in verschiedenen BBC-Sendungen im Umfeld der ersten „Sherlock“-Staffel geführten, jeweils etwa achtminütigen Interviews mit Benedict Cumberbatch, Benedict Cumberbatch und Martin Freeman, Steven Moffat und Dramatiker Mark Ravenhill und, nach der Ausstrahlung der ersten Staffel, Steven Moffat und Sue Vertue. Das letzte Interview ist das uninteressanteste.
Neu sind, neben den beiden Audiokommentaren mit den Autoren Steven Moffat und Mark Gatiss, „Mrs. Hudson“-Darstellerin Una Stubbs und Produzentin Sue Vertue, eine geschnittene Szene (aus „Sein letzter Schwur“), einige Outtakes und „Unlocking Sherlock“ und „Sherlock uncoverd“, die nicht mit den gleichnamigen Making ofs zur ersten und zweiten Staffel verwechselt werden sollten. „Unlocking Sherlock“ dauert 55 Minuten und „Sherlock uncovered“ besteht aus drei Teilen: „The Return“ (26 Minuten), „The Women“ (26 Minuten) und „The Villains“ (23 Minuten).
Alle Extras sind untertitelt.
So umfangreich und informativ die Special Edition ausgefallen ist, so dünn sind dieses Mal die Fälle für Sherlock Holmes (Benedict Cumberbatch) und seinen Begleiter Dr. John Watson (Martin Freeman) ausgefallen. In „Der leere Sarg“ kehrt Sherlock Holmes von den Toten zurück und er soll einen Anschlag auf das Parlament verhindern. Aber vor allem werden uns verschiedene Theorien über den Tod von Sherlock Holmes präsentiert, ohne dass am Ende wirklich geklärt ist, wie er seinen Tod inszenierte.
In „Im Zeichen der Drei“ geht es vor allem um die Hochzeit von Dr. Watson und Mary Morstan, bei der Sherlock Holmes den Trauzeugen spielen soll und er gleichzeitig einige Verbrechen aufklärt.
In „Sein letzter Schwur“ kämpfen Sherlock Holmes und Dr. John Watson gegen Charles Augustus Magnussen (Lars Mikkelsen), einen Zeitungsmogul, der seinen Status vor allem Erpressungen verdankt. Denn er kennt die Geheimnisse der britischen Oberschicht, die er gegen gewisse Gefälligkeiten nicht veröffentlicht.
Vor allem in den ersten beiden Filmen sind die Fälle erschreckend dünn und so nebensächlich, dass sie schon nicht mehr nacherzählbar sind. „Sein letzter Schwur“ ist zwar besser, aber Magnussen ist mehr ein James-Bond- als ein Sherlock-Holmes-Bösewicht. In allen drei Filmen stehen in der dritten „Sherlock“-Staffel die Hauptcharaktere mit ihren Marotten im Mittelpunkt. Das ist zwar unterhaltsam, rasant, witzig und erschreckend selbstgenügsam.
Es ist zu hoffen, dass die Macher Stefen Moffat und Mark Gatiss in der vierten Staffel sich wieder mehr auf die Fälle konzentrieren. Schließlich ist „Sherlock“ ein Krimi, und keine Soap mit vernachlässigbarer kriminalistischer Beigabe.
Sherlock – Staffel Drei – Special Edition
Erfinder: Steven Moffat, Mark Gatiss
mit Benedict Cumberbatch (Sherlock Holmes), Martin Freeman (Dr. John Watson), Amanda Abbington (Mary Morstan), Una Stubbs (Mrs. Hudson), Rupert Graves (Detective Inspector Lestrade), Mark Gatiss (Mycroft Holmes), Louise Brealey (Molly Hooper)
–
DVD
Polyband
Bild: 1,78:1 (16:9)
Ton: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 5.1)
Untertitel: Deutsch, Englisch
Bonusmaterial: Audiokommentar zu „Der leere Sarg“ und „Sein letzter Schwur“, Serie Three Prequel „Many Happy Returns“, Unlocking Sherlock, Sherlock Uncovered, Deleted Scene, Outtakes, TV Interviews from 2010, Fans, Villains & Speculation, Shooting Sherlock, The Fall, 16-seitiges Booklet, 3-teiliges Postkartenset
Länge: 261 Minuten (3 x 87 Minuten), 220 Minuten (Bonusmaterial) (3 DVDs)
FSK: ab 12 Jahre
– Die Ermittlungen
Der leere Sarg (The Empty Hearse, Großbritannien 2014)
Regie: Jeremy Lovering
Drehbuch: Mark Gatiss
–
Im Zeichen der Drei (The Sign of Three, Großbritannien 2014)
Regie: Colm McCarthy
Drehbuch: Steve Thompson, Steven Moffat, Mark Gatiss
–
Sein letzter Schwur (His Last Vow, Großbritannien 2014)
Regie: Colm McCarthy
Drehbuch: Steven Moffat
Für ein Binge-Watching eignet sich die „The Twilight Zone – Unwahrscheinliche Geschichten“ nicht wirklich. Denn normalerweise will man beim Binge-Watching ja unbedingt wissen, wie es weitergeht. Auch weil jede Folge der Serie mit einem fiesen Cliffhanger endet, der in der nächsten Folge schnell aufgelöst wird. Dieses Suchtgefühl stellt sich bei den Geschichten aus der Twilight Zone nicht ein. Denn jede Episode ist eine in sich abgeschlossene kurze mal mehr, mal weniger fantastische, mal in der Gegenwart, mal in der Vergangenheit, mal in der Zukunft, mal in einer Parallelwelt spielende Geschichte. Jede Episode hat andere Charaktere. Sie können daher unabhängig von einander in jeder beliebigen Reihenfolge gesehen werden. Und auch wenn nicht jede Geschichte grandios ist, sind die Geschichten immer sehenswert und zeigen, wie gutes Geschichtenerzählen funktioniert. Bei den US-amerikanischen Science-Fiction-Fans war die Serie während der Erstausstrahlung so beliebt, dass sie im dritten Jahr in Folge den Hugo als ‚Best Dramatic Presentation‘ erhielt.
Die dritte Staffel unterscheidet sich nicht von den vorherigen beiden Staffeln und alles, was ich damals schrieb, stimmt immer noch. Es sind wieder verdammt gute, knapp halbstündige Geschichte mit einer meistens überraschenden Pointe. Denn bei einigen Geschichten ist die Pointe heute zu bekannt, um noch wirklich zu überraschen und manchmal ist die Pointe absehbar. Immerhin gibt es bei einer überschaubaren Zahl von Charakteren nur eine bestimmte Menge an Pointen. Serienerfinder und Präsentator Rod Serling schrieb wieder die meisten Geschichten. Zu den anderen Autoren zählen Richard Matheson, Charles Beaumont und Ray Bradbury. Er schrieb die einhundertste Episode und verarbeitete „Unsere Oma, der Roboter“ (I sing the Body Electric) später zu einer Kurzgeschichte.
Teilweise spielen heute noch bekannten Schauspieler mit, wie Charles Bronson, Robert Redford, Peter Falk, Leonard Nimoy, Jack Klugman, Cliff Robertson, Lee Marvin, Strother Martin, R. G. Armstrong, Donald Pleasence, Richard Kiel, Veronica Cartwright, Paul Mazursky (der ja eher als Regisseur bekannt ist) und Buster Keaton.
Die tolle SW-Bildqualität muss sich nicht vor neueren Produktionen verstecken.
Und es gibt wieder erstaunlich viel Bonusmaterial. Neben vierundreißig Audiokommentaren, verteilt auf siebenundreißig Episoden (also eigentlich gibt es für jede Episode einen Audiokommentar) gibt es eine sechste DVD mit Teaser und Werbetafeln (ein netter Blick in die Vergangenheit), neunzehn Hörspieladaptionen fürs Radio, Vorlesung des alternativen Endes der Episode 70 (Eine Runde Billard), Ausschnitte aus den in den Achtzigern entstandenen Remakes der Episode 70 (Eine Runde Billard) und 87 (In den Schuhen eines Toten), Interviews mit dem Schauspieler Edson Stroll und dem Kameramann George T. Clemens, ein Ausschnitt aus der „Garry Moore Show“ und ein Ausschnitt aus der „Tell it to Groucho“-Show, in denen „The Twilight Zone“-Erfinder Rod Serling zu Gast war.
Wie schon bei den ersten beiden Staffeln ist auch die DVD-Ausgabe der dritten „The Twilight Zone“-Staffel eine filmhistorisch vorbildliche Ausgabe einer vor über fünfzig Jahren gedrehten Serie, die sich vor neuen Serien nicht verstecken muss.
Das gleiche gilt für die Geschichten. Aber das habe ich schon gesagt?
The Twilight Zone – Unwahrscheinliche Geschichten: Staffel 3 (USA 1961/1962)
Erfinder: Rod Serling
– DVD
Koch Media
Bild: 1,33:1 (4:3), SW
Ton: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 2.0)
Untertitel: Deutsch
Bonusmaterial: 34 Audiokommentare, Isolierte Musikspur zu allen Episoden, 19 Radio-Hörspiele, Interviews mit Cast & Crew, Rod Serlings Auftritte in den Sendungen „The Garry Moore Show“ und „Tell ti to Groucho“, Ausschnitte aus den Farb-Remakes der 80er Jahre
Länge: 912 Minuten (6 DVDs)
FSK: ab 12 Jahre
– Hinweise
Es hätte so gut werden können. Immerhin ist Christian Alvart seit „Antikörper“ bekannt für gut inszenierte Genreware, die ihm auch die Hollywood-Produktionen „Fall 39“ und „Pandorum“ ermöglichten. Er inszenierte die Till-Schweiger-“Tatorte“ und sein vorheriger Kinofilm „Banklady“, eine auf Tatsachen basierende in Norddeutschland in den Sechzigern spielende Bonnie-und-Clyde-Variante, ist ein insgesamt überzeugender Gangsterthriller.
Da hätte aus der Idee, dass drei ethnisch unterschiedliche Männer beim Notar erfahren, dass sie Halbbrüder sind und die sich kurz darauf gemeinsam auf die Suche nach der Erbschaft machen, etwas werden können. Aber „Halbe Brüder“ ist eine ziemliche Enttäuschung. Nicht nur, weil der Film als Update der Sechziger-Jahre-Schlagerkomödien eine banale Klamauk-Komödie mit HipHop-Beigabe ist, sondern weil im Film immer wieder die verschenkten Themen und Möglichkeiten gestreift werden. „Halbe Brüder“ hätte das Road-Movie über die Bundesrepublik und ihre Befindlichkeiten in den letzten vierzig Jahren, über gewandelte Familienbilder, verlorene und gewonnene Utopien werden können. Es hätte zeigen können, wie die Ideen der 68er Deutschland veränderten. Aber immer wenn Alvart, der es besser kann, und Drehbuchautor Doron Wisotzky („What a Man“, „Schlussmacher“) etwas Tiefe wittern, überlassen sie den drei blödelnden Hauptdarstellern Sido, Teddy und Fahri Yardim das Feld.
Die drei titelgebenden halben Brüder sind Julian (Paul ‚Sido‘ Würdig), ein verheirateter Vertreter mit Spielschulden bei einem Gangster, Yasin (Fahri Yardim), ein unterwürfiger türkischstämmiger Unternehmersohn, und Addi (Tedros ‚Teddy‘ Teclabrhan), ein schwarzafrikanischer Möchtegernrapper auf Hartz-IV-Niveau mit schwangerer Freundin. Die Waisenkinder treffen sich erstmals in ihrer Heimatstadt Berlin bei einem Notar, der ihnen eröffnet, dass sie von ihrer Mutter, einer sexuellen Abenteuern nicht abgeneigten Nonne, ein Vermögen geerbt haben. Als Hinweis auf das Versteck des Schatzes gibt es nur eine Postkarte aus den Sechzigern, auf der ein Leuchtturm abgebildet ist.
Die drei Jungs, die aus unterschiedlichen Gründen unbedingt das Geld brauchen (vor allem Julian und Addi) und die ihre Brüder kennen lernen wollen (vor allem Yasin), machen sich gemeinsam auf den Weg von Berlin nach Frankfurt/Main, Köln und Fehmarn. Diese Suche nach dem Geld, bei der sich die drei Jungs kennen und lieben lernen, ist auch, aufgehängt an den Begegnungen mit ihren „Vätern“ und Liebhabern ihrer Mutter, eine Reise in die bundesdeutsche Vergangenheit, die bei dem Love-and-Peace-Festival, das im September 1970 auf Fehmarn stattfand, endet. Jimi Hendrix trat dort auf und er hat dann auch eine wichtige Rolle in der Filmgeschichte.
Diese Geschichte hätte locker die Grundlage für einen Film über die Veränderungen in Deutschland in den vergangenen 45 Jahren werden können. Es hätte ein Bogen gespannt werden können vom Muff der Nachkriegszeit, den Utopien der 68er und den damaligen Szenen (die ja auch durch die unterschiedlichen Väter von Julian, Yasin und Addi damals und heute symbolisiert werden) bis zur Gegenwart. Es hätte über Selbst- und Fremdbilder damals und heute, die Befreiung der Frau von konservativen Konventionen, echten und falschen Vätern, unterschiedlichen Familienmodellen, den Unsicherheiten von Vierzigjährigen über ihre Stellung in der Gesellschaft, ihren verschiedenen Lebensentwürfen und dem Zusammenleben verschiedener Ethnien erzählt werden können.
Ähem, also für mich waren die drei Brüder im Film so ungefähr Vierzig. Damit wären sie alle in den Siebzigern geboren worden, als ihre Mutter noch in ihrer wilden Hippie-Phase war. Nach dem Presseheft sind sie deutlich jünger: Julian ist 33 Jahre, Yasin 31 Jahre und Addi 26 Jahre. Aber das erscheint mir für die Filmgeschichte nicht ganz stimmig zu sein.
Jedenfalls entschlossen die Macher sich für den leichten Weg, indem sie sich an den aktuellen Hollywood-Komödien orientieren, in denen Vierzigjährige nicht erwachsen werden wollen, sich durchgehend kindisch benehmen, den Genuß von Alkohol für wahnsinnig witzig halten (den Gag lassen die „Halbe Brüder“-Macher links liegen), Geblödel mit sorgfältig ausformulierten und getimten Witzen verwechseln, und das ganze mit einer HipHop-Sauce überziehen, weil der eine Rapper sein möchte und der andere als Gangster-Rapper bekannt wurde.
Die Story ist eine episodische Ansammlung von Klischees, die alle aus einer Parallelwelt kommen, die aus US-amerikanischen Ghetto-Klischees, Gangsterfilmklischees und Freie-Liebe-Anekdoten besteht. Detlev Buck hat einen Auftritt, in dem versucht wird, das Love-and-Peace-Festival mit der Gegenwart zu verbinden. Und wenn man an sein Road-Movie „Wir können auch anders“ denkt, wird die Fallhöhe zwischen einem gelungenem und einem misslungenem Road-Movie schmerzhaft deutlich.
Diese Diskrepanz zwischen dem was möglich gewesen wäre und dem was gemacht wurde, zieht sich durch die gesamte Klamotte, dessen Gags zwischen platt, peinlich und nervig schwanken.
Und dann ist auch noch CSU-Ehrenmitglied Robert Blanco als Vater von dem Rapper Addi dabei. Blanco, der für die Schlagerkultur steht, gegen die früher die Jugendlichen auf die Straße gingen und der in jeder Beziehung das Gegenteil von Jimi Hendrix ist. Aber in „Halbe Brüder“ sollen wir glauben, dass eine heiße Hippie-Braut, die nichts anbrennen läßt, mit einem Schlagerfuzzi ins Bett geht.
Diese Vatergeschchte illustriert überdeutlich die den gesamten Film durchziehende Scheißegal-Haltung zu kulturellen Codes, die jede Gruppe nach innen festigt, und zur Sitten- und Kulturgeschichte. Stattdessen wird einfach genommen, was gerade gefällt.
Von Christian Alvart hätte ich, nach seinem stilbewussten Sechziger-Jahre-Sittengemälde „Banklady“, einen besserer Film erwartet. In „Halbe Brüder“ verkauft er sich weit unter seinem Niveau.
Scarface – Toni, das Narbengesicht (USA 1983, Regie: Brian de Palma)
Drehbuch: Oliver Stone
LV: Armitage Trail: Scarface, 1930 (Scarface)
Buch zum Film: Paul Monette: Scarface, 1983 (Scarface – Der Mann mit der Narbe)
De Palma aktualisierte „Scarface“, die Geschichte vom Aufstieg und Fall eines Gangsters, und schuf ein packendes Sittengemälde des Verbrechens in Florida in den frühen Achtzigern.
Damals wurde die Sprache („Fuck“) und die Brutalität kritisiert. Heute wäre es die grauenhafte, altmodische Disco-Musik von Giorgio Moroder. Ansonsten ist „Scarface“ in der ungekürzten Fassung inzwischen einer der Klassiker des Gangsterfilms.
Mit Al Pacino, Michelle Pfeiffer, Mary Elizabeth Mastrantonio, Robert Loggia, F. Murray Abraham
Der Film beginnt in Konstanz an einem Grenzposten zur Schweiz. Georg Elser hat in München im Bürgerbräukeller eine Bombe platziert, die Adolf Hitler töten soll. Allerdings beendet Hitler seine Rede vorzeitig und der Anschlag geht schief. Aber die Grenzbeamten halten Elser für verdächtig und eine erste Durchsuchung bestätigt ihren Verdacht, dass Elser etwas vor ihnen verbirgt. Kurz darauf beginnen Arthur Nebe, Chef der Kripo im Reichssicherheitshauptamt, und Gestapochef Heinrich Müller ihn zu verhören. Sie glauben, einen oder den Verantwortlichen für den Anschlag vom 8. November 1939 auf Hitler vor sich zu haben.
Fred Breinersdorfer, der bereits das Drehbuch für „Sophie Scholl – Die letzten Tage“ schrieb und „Elser“ mit seiner Tochter Léonie-Claire Breinersdorfer schrieb, entwarf „Elser“ als Gegenmodell und Variation von „Sophie Scholl“. Gerade weil beide Filme gleich aufgebaut sind (Verhaftung – Verhör mit Rückblenden – Ermordung) rückt die Frage des Widerstands gegen ein verbrecherisches Regime in den Mittelpunkt. Sophie Scholl verkörpert dabei das gesellschaftlich allgemein akzeptierte Bild des Widerstandes: jung (1921 geboren), gut aussehend (erinnert euch an die fast ikonographischen Bilder von ihr), christlich (was heute eher ignoriert wird), gewaltfrei und Teil einer ähnlich gesinnten Gruppe, deren Mitglieder weniger bekannt sind.
Georg Elser ist das Gegenmodell: schon etwas älter (1903 geboren), politisch engagiert (er war Mitglied in der KPD-Kampforganisation „Roter Frontkämpferbund“), ein Lebemann, der als übergenauer Tüftler (er war Schreiner und Uhrmacher) sich irgendwann entschloss, etwas zu tun und dann, ohne mit irgendjemand darüber zu reden, einen kaltblütigen Mord, einen Tyrannenmord, plante.
Die Frage, ob ein Tyrannenmord gerechtfertigt ist, steht dann auch im Zentrum von „Elser“, den Oliver Hirschbiegel („Der Untergang“, aber auch „Das Experiment“, „Ein ganz gewöhnlicher Jude“ und „Five Minutes of Heaven“ [mit Liam Neeson]) souverän als Polit-Thriller zum Nachdenken inszenierte.
Dabei umschiffen die Breinersdorfers und Hirschbiegel Vergleiche mit Klaus-Maria Brandauers „Georg Elser – Einer aus Deutschland“ (1989) indem sie die konkreten Vorbereitungen, die in Brandauers Thriller im Mittelpunkt stehen, links liegen lassen. „Elser“ erzählt, nah an den historisch verbürgten Fakten, wie Elser sich ausgehend von seinen Beobachtungen entschloss, das Attentat gegen den Diktator zu planen und was nach seiner Verhaftung ihm geschah.
Der Film zeigt auch ein anderes Bild von Georg Elser, dessen Tat für verschiedene Legenden benutz wurde, in denen er meistens mehr oder selten weniger diffamiert wurde. Im Nachkriegsdeutschland wurde er lange totgeschwiegen. Seine Familie und Verwandten distanzierten sich lange von ihm. Aber das ist ein Kapitel, das in „Elser“ nicht angesprochen wird.
Elser lebte und arbeitete in den Zwanzigern am Bodensee, vor allem in Konstanz, in verschiedenen Uhrenfabriken. Seine Vorgesetzten mussten ihn immer wieder entlassen, weil die Geschäfte schlecht liefen. 1932 kehrte er zurück nach Königsbronn auf der Schwäbischen Alb. Er war ein Stenz, ein beliebter Hallodri, ein Musiker mit vielen Frauenbeziehungen, auch mit verheirateten Frauen, und der Vater von mehreren unehelichen Kindern. Er war auch ein genauer Beobachter und er zog, als einfacher Mann aus dem Volk und Hilfsarbeiter in einer Heidenheimer Armaturenfabrik, aus seinen Beobachtungen über die veränderte Stimmung im Dorf, den Nachrichten und den Kriegsvorbereitungen in der Fabrik – im Gegensatz zu fast allen Deutschen – die richtigen Schlüsse und er tat das, was er für richtig hielt. Er agierte früher und konsequenter als die anderen heute allgemein bekannten deutschen Widerstandskämpfer. Sophie Scholl, die Weiße Rose und die Soldaten um General von Stauffenberg, um nur die bekanntesten Namen zu nennen, entschlossen sich erst in den letzten Kriegsjahren zum Widerstand. Elser plante seine Tat schon ein gutes Jahr vor dem Kriegsbeginn.
Am Ende des beeindruckenden Films, der auch zeigt, wie die Nazi-Ideologie sich ohne nennenswerten Widerstand in dem Dorf verbreitete, steht die Frage, ob man selbst wie Elser agiert hätte und wann ein Tyrannenmord gerechtfertigt ist.
Seine Premiere erlebte „Elser“ auf der diesjährigen Berlinale und dort sicherte sich Sony Pictures Classical, unter dem Titel „13 Minutes“, sofort die Verleihrechte für Amerika.