Auf der Alm gibt’s…aber die siebzehnjährige US-Amerikanerin Gretchen besucht in den deutschen Alpen keine Almhütte, sondern sie zieht unwillig zu ihrem Vater und dessen neuer Familie in das in den Sechzigern als medizinisches Zentrum gebaute Resort Alpschatten. Ihr Vater soll Erweiterungen des Hotels überwachen. Herr König, der schmierige Chef ihres Vaters, bietet ihr einen Job an der Rezeption in seinem abgelegen zwischen den Bergen liegendem Hotel an. Nach der Saison gibt es keine Hotelgäste, sondern nur einige weitere Angestellte und einige sehr seltsame Gestalten. Sowieso verhalten sich die Einheimischen alle höchst seltsam. Und einige Menschen, denen Gretchen begegnet scheinen böse Geister zu sein. Beispielsweise der Schatten, der sie verfolgt, als sie nach Einbruch der Dunkelheit, obwohl Herr König sie nachdrücklich davor warnte, mit dem Fahrrad vom Hotel nach Hause fährt.
2018 begeisterte Tilman Singer mit seinem Erstling „Luz“. Das war ein wundervoll durchgeknalltes Stück Genrekino, gedreht mit einem Minimum an Geld und einem Maximum an Ideen,. Stringent und auf mehreren Ebenen erzählt er in seinem Horrorfilm in schlanken siebzig Minuten von einem dämonischem Verhör.
„Cuckoo“ ist sein zweiter Film. Gedreht mit einem höheren, teils aus Hollywood kommendem Budget und einem internationalem Cast . Die Hauptrollen spielen Hunter Schafer („Euphoria“) als Gretchen, Dan Stevens („Ich bin ein Mensch“) als Herr König, Martin Csokas (aktuell „Sleeping Dogs“) als Gretchens Vater. Da ist die internationale Verwertung von Anfang an eingeplant. Und so geschah es auch. Der US-Start war am 9. August.
Das Ergebnis ist konventioneller als „Luz“. Dieses Mal vertraut und variiert Singer lustvoll die bekannten Elemente von Horrorfilmen, die in einsam gelegenen Hotels spielen.
„Cuckoo“ ist ein angenehm abgedrehter, gruseliger, stilbewusster und zitierfreudiger deutscher Horrorfilm, der nicht primär ein kunstsinniges Arthaus-Publikum, sondern ein unterhaltsame, gute Filme sehen wollendes Pubilikum in Deutschland und dem Rest der Welt im Visier hat.
Cuckoo (Cuckoo, Deutschland/USA 2024)
Regie: Tilman Singer
Drehbuch: Tilman Singer
mit Hunter Schafer, Dan Stevens, Jessica Henwick, Marton Csokas, Jan Bluthardt, Mila Lieu, Greta Fernández
Der Beginn des neuen Thrillers von Russell Crowe ist klassisch. Er spielt einen alten Kriminalbeamten mit Gedächtnisproblemen. Seine Wohnung ist zugepflastert mit Zetteln, auf denen extrem kleinteilig steht, was er wann tun soll. Eine experimentelle Behandlung könnte sein Erinnerungsvermögen wieder herstellen. Zur Unterstützung der Behandlung soll Roy Freeman sich beschäftigen. Puzzle beispielsweise.
Als eine in einem Gefangenenhilfsprojekt arbeitende Anwältin ihn bittet, Isaac Samuel im Gefängnis zu besuchen, ist Freeman, auch wenn er sich nicht an den Fall erinnern kann, einverstanden.
Vor zehn Jahren gestand der Kleingangster Samuel seinem Partner Jimmy Remis und ihm, dass er den College-Professor Joseph Wieder in seiner Wohnung ermordete. Er wurde zum Tode verurteilt. In wenigen Tagen soll das Urteil vollstreckt werden. Aber jetzt beteuert Samuel gegenüber Freeman seine Unschuld.
Freeman beginnt in dem alten Fall herumzustochern und Krimifans wissen in dem Moment schon zwei Sachen. Samuel ist unschuldig. Und Freeman stößt bei seinen Ermittlungen in ein Wespennest aus Lug und Betrug. Denn es gibt einen guten Grund, weshalb damals der echte Täter nicht verhaftet und sogar von der Polizei geschützt wurde.
Beim Ansehen von „Sleeping Dogs – Manche Lügen sterben nie“ verstand ich sofort, was Russell Crowe und die anderen Schauspieler an der Geschichte interessierte. Das Drehbuch von Bill Collage und Adam Cooper verknüpft durchaus geschickt die Ermittlungen von Freeman mit seiner Krankengeschichte. Bei seinen Ermittlungen fragt Freeman sich, was für ein Polizist er war und welche Rolle er damals bei den Ermittlungen hatte. Die mild zersplitterte Erzählweise liefert in vielen Rückblenden Informationen zum Tatgeschehen und sie zeigt, wie das Gedächtnis mit Flashbacks und Erinnerungsfetzen arbeitet. Das liest sich im Drehbuch gut.
Aber „Sleeping Dogs“ schöpft niemals sein im Drehbuch angelegtes Potential aus. Problematisch sind vor allem das Erzähltempo und die Lösung. Die finale Lösung ist eine durchaus sinnvolle Erklärung für den Mord und die Vertuschung. Dummerweise ergibt die finale Lösung zusammen mit der vorher präsentierten Lösung für den Mord und die Vertuschung keinen Sinn.
Außerdem inszenierte Adam Cooper, der vorher unter anderem die Drehbücher für „The Transporter Refueled“, „Allegiant“ und „Assassin’s Creed“ schrieb, sein Regiedebüt arg dröge. Die Farbpalette neigt zur aktuell modischen beige-braun-schwarz Monotonie. Alles passiert sehr langsam. Denn der Protagonist Freeman ist ein kranker Mann, der sich langsam bewegt und der nur sehr langsam versteht, vieles vergißt und immer wieder nachfragt, was er gerade vergessen haben könnte. Denn so wahnsinnig kompliziert ist die Lösung nicht.
Am Ende ist Russell Crowes neuer Film doch nur ein weiterer bestenfalls okayer Krimi.
Sleeping Dogs – Manche Lügen sterben nie (Sleeping Dogs, USA 2024)
Regie: Adam Cooper
Drehbuch: Adam Cooper, Bill Collage
LV: E. O. Chirovici: The Book of Mirrors, 2017 (Das Buch der Spiegel)
mit Russell Crowe, Karen Gillan, Marton Csokas, Thomas M. Wright, Harry Greenwood, Tommy Flanagan
Drehbuch: Ben Affleck, Matt Damon, Nicole Holofcener
LV: Eric Jager: The Last Duel: A True Story of Trial by Combat in Medieval France, 2004
Frankreich, 1386: Jacques LeGris und Jean de Carrouges sind beste Freunde. Bis Jeans Ehefrau Marguerite behauptet, sie sei von Jacques vergewaltigt worden. Die beiden Männer werden zu Todfeinden, die in dem titelgebenden letzten Duell die Wahrheit herausfinden wollen.
TV-Premiere kurz vor Mitternacht. Wegen der Erzählstruktur – Ridley Scott erzählt die Geschichte nacheinander aus der Perspektive jeder Hauptfigur – längliches Drama, das als mittelalterliche Soap-Opera über gekränkte männliche Eitelkeiten mit einem brutalen Duell am Filmende im Gedächtnis bleibt.
Mason Pettits (John Cena) ist ein ehemaliger Special-Forces-Soldat, der heute verheiratet, Vater und Anwalt ist. Vor allem diesem Job und seinen Kunden hadert er. Da wird er von seinem alten Army-Freund Sebastian Earle (Christian Slater, endlich mal wieder im Kino) gebeten, die Journalistin Claire Wellington (Alison Brie) nach Paldonien zu begleiten. Sie will den Regierungschef interviewen. Juan Arturo Venegas (Juan Pablo Raba) ist einer dieser südamerikanischen Diktatoren, wie sie im Buch, also diesen schundigen Abenteuerbüchern aus längst vergangenen Zeiten, stehen und aus vielen, vielen, sehr vielen in tropischen Fantasieländern spielenden Geschichten bekannt sind.
Kaum sind sie im Land angekommen, geraten sie in einen Putsch. Gemeinsam mit Venegas kämpfen sie sich durch den Wald und mordgierige Feinde. Venegas chargiert, improvisiert und scheint dabei nie den Überblick zwischen den Fronten und den vielen Männern, die ihn umbringen wollen, zu verlieren. Wellington wittert dabei die Story ihres Lebens. Und Pettits versucht beide zu retten.
Die Story von „Freelance“ ist erschreckend sinnfrei. Da stimmt, wenn man darüber nachdenkt, nichts. Aber mit der richtigen Portion Humor und Action könnte da einiges rausgerissen werden. Könnte.
John Cena spielt mal wieder in seiner in den vergangenen Jahren etablierten Wohlfühlzone die Rolle des netten Daddys, der um sich herum alles zerstört. Alison Brie darf weitgehend unauffällig durch den Dschungeln staksen. Nur Juan Pablo Raba als Diktator hatten seinen Spaß. Mit großer Geste und durchgehend gutgelauntem Overaction sorgt er für die wenigen Lacher des Films. Die anderen Witze sind marginal dem Zeitgeist angepasste Witzeleien, abgestandene Geschlechterklischees und bemühte Screwball-Comedy. Action gibt es auch kaum.
„Freelance“ ist ein lahmer Actionfilm ohne Humor. Solche Filme hat Luc Besson mit seiner Firma EuropaCorp in den letzten Jahren dutzendweise produziert. Für das halbe Budget, mit mehr und besserer Action und mehr Humor. Und, wenn ich darüber nachdenke, auch einer besseren Story.
Für Besson inszenierte „Freelance“-Regisseur Pierre Morel „Ghettogangz – Die Hölle vor Paris“ (Banlieue 13), „96 Hours“ (Taken) und „From Paris with Love“.
Freelance (Freelance, USA 2023)
Regie: Pierre Morel
Drehbuch: Jacob Lentz
mit John Cena, Alison Brie, Juan Pablo Raba, Alice Eve, Marton Csokas, Christian Slater
LV: Nancy Buirski: The Loving Story, 2011 (Dokumentarfilm)
Mildred Jeter und Richard Loving lieben sich. Sie heiraten – und weil sie unterschiedliche Hautfarben haben, ist das in Virginia, wo gemischtrassige Heiraten verboten sind, ein Verbrechen, das mit Haft und Verbannung geahndet wird.
Jeff Nichols erzählt die Geschichte, die am 12. Juni 1967 zu dem einstimmigen Urteil des Obersten Gerichtshofs führt, das ein Verbot von Eheschließungen aufgrund von Rassenmerkmalen für verfassungswidrig erklärt. Seitdem wird in den USA, teils als Feiertag, der Loving Day gefeiert.
Als seine in England lebende Großmutter Ruth (Charlotte Rampling) pflegebürftig mit einem gebrochenem Bein zu ihnen nach Neuseeland kommt und ein Zimmer in dem Farmhaus beansprucht, hadert der suizidgefährdete siebzehnjährige Sam (George Ferrier) noch mit dem Tod seiner Mutter.
Sein Vater (Marton Csokas) muss kurz darauf nach England fliegen, um sich um Ruths Vermögen zu kümmern. Eine Pflegerin (Edith Poor) soll sich um Ruth kümmern. Die kann sich allein nicht bewegen und sie ist äußerst dickköpfig. Aber solange die Alkoholikerin eine stetige Menge Gin bekommt, ist sie halbwegs erträglich.
Dass Ruth und Sam sich während des Films näher kommen und gegenseitig aus ihren Lebenskrisen helfen, dürfte niemand überraschen. Aber das wie gestaltet Matthew J. Saville in seinem sehr lose autobiographisch inspiriertem Spielfilmdebüt durchaus kurzweilig in schlanken neunzig Minuten. Vor allem die Schauspieler, die aus ihren teils arg knapp skizzierten Figuren viel herausholen, und die fotogene Landschaft tragen zum Gelingen des Dramas bei.
Das Bonusmaterial besteht aus kurzen Interviews mit Regisseur Matthew Saville und den Komponisten Marlon Williams und Mark Perkins, dem Trailer und vier B-Roll-Clips
Juniper (Juniper, Neuseeland 2021)
Regie: Matthew J. Saville
Drehbuch: Matthew J. Saville
mit Charlotte Rampling, Marton Csokas, George Ferrier, Edith Poor
Drehbuch: Richard Wenk (basierend auf der von Michael Sloan und Richard Lindheim erfundenen TV-Serie)
Als ihr Zuhälter eine junge Prostituierte brutal zusammenschlägt, beschließt Robert McCall, dem Schläger eine Lektion zu erteilen. Die Sache läuft dann aus dem Ruder.
Spannender Actionthriller, der nur sehr lose von der gleichnamigen TV-Serie inspiriert ist.
mit Denzel Washington, Marton Csokas, Chloë Grace Moretz, David Harbour, Haley Bennett, Bill Pullman, Melissa Leo, David Meunier, Johnny Skourtis, Alex Veadov
Natürlich ist das titelgebende „The Last Duel“ nicht wirklich das letzte Duell, sondern das Duell vom 29. Dezember 1386 ist das letzte gerichtlich verbürgte Duell in Frankreich. Aber es ist ein guter Filmtitel. Mit dem Duell sollte herausgefunden werden, ob Jacques Le Gris Marguerite de Carrouges vergewaltigt hatte. Solche Gerichtskämpfe, bei denen durch einen Kampf herausgefunden wurde, wer die Wahrheit sagt, waren damals schon eine Seltenheit.
Dieses Duell, die Schuldfrage und ob Marguerite de Carrouges vergewaltigt wurde, wurden seitdem, mehr oder weniger farbig ausgeschmückt, weiter erzählt. 2004 schilderte Eric Jager, nach zehnjähriger Recherche, in „The Last Duel“ das Duell. Matt Damon wurde auf das Buch aufmerksam. Er sprach Ridley Scott, mit dem er bereits bei „Der Marsianer – Rettet Mark Watney“ zusammengearbeitet hat, darauf an. Und er schrieb zusammen mit Ben Affleck und Nicole Holofcener das Drehbuch, bei dem vor allem seine Erzählstruktur auffällt. Denn die Ereignisse werden hintereinander, in drei ungefähr gleich langen Blöcken von jeweils ungefähr 45 Minuten geschildert. Zuerst werden die Ereignisse aus der Sicht von Jean de Carrouges (Matt Damon), dann von Jacques Le Gris (Adam Driver) und abschließend von Marguerite de Carrouges (Jodie Comer) geschildert. Holofcener („Genug gesagt“, „Can you ever forgive me?“) war vor allem für diesen Teil zuständig.
Carrouges und Le Gris sind alte Kampfgefährten und Freunde, die gemeinsam zahlreiche Kämpfe überlebten. Carrouges heiratete 1380 Marguerite de Thibouville. Durch die Heirat erhoffte er auch, seine prekäre finanzielle Situation zu verbessern. Trotzdem muss er immer wieder als Ritter in Kämpfe ziehen. Le Gris, Sohn eines normannischen Gutsherrn, beginnt währenddessen für Graf Pierre d’Alencon (Ben Affleck) zu arbeiten und Geld einzutreiben.
Während Carrouges auf einem Feldzug ist, hat Marguerite die Aufsicht über den Hof (und sie ist dabei wesentlich geschäftstüchtiger als ihr Mann). Als sie allein in der Burg ist, dringt Le Gris ein und vergewaltigt sie. Das behauptet sie jedenfalls später gegenüber ihrem Mann. Die Forschung, die sich in diesem Fall auf ungewöhnlich viele gut erhaltene und umfangreiche Dokumente stützen kann, interpretierte die Schuldfrage unterschiedlich. Jager geht in seinem Buch davon aus, dass Le Gris Marguerite vergewaltigte. Der Film folgt ihm darin.
Carrouges fordert Gerechtigkeit. Nachdem d’Alencon sie ihm nicht gewährt, zieht er vor den Justizpalast in Paris. Dort entscheidet der zuständige Richter, dass das Urteil durch ein Gottesurteil gefällt werden soll.
Diese Geschichte erzählt Ridley Scott, wie gesagt, aus drei verschiedenen Perspektiven. Das ist eine gute Idee, um ein Ereignis aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten und jede neue Perspektive kann zu weiteren Erkenntnissen führen. Dominik Moll zeigt die Möglichkeiten dieser Herangehensweise in seiner letzte Woche gestarteten Colin-Niel-Verfilmung „Die Verschwundene“. Bei Scott unterscheiden sich die drei Perspektiven kaum. Sie wirken daher wie fast identische Wiederholungen einer Geschichte. Das ist dann arg redundant und langweilt auch.
Gleichzeitig wird offensichtlich, wie sehr der Vorwurf der Vergewaltigung und die Empörung von Carrouges über die Vergewaltigung seiner Frau und seine Versuche, den Täter in einem Gerichtsverfahren verurteilen zu lassen, alle andere Erklärungen und Motive aus dem Film verdrängt. In dem Moment erscheint Carrouges wie ein eifriger Kämpfer für die Rechte der Frauen. Dabei heiratete er Marguerite wegen ihrer Mitgift und als zukünftige Mutter eines Erben. Ihr Geschlechtsverkehr kann mühelos als lustlose Vergewaltigung in der Ehe beschrieben werden.
Genau dieses rein instrumentelle Verhältnis zu seiner Frau führt zur Frage, warum Carrouges seine Klage gegen Le Gris so stur und eifrig weiterbetrieb. Seine ständigen finanziellen Probleme, die ihm verwehrten Positionen und Ämter, auf die er, mehr oder weniger zu Recht, Anspruch gehabt hätte und verlorene Klagen gegen Graf d’Alencon und damit den König von Frankreich liefern Ansätze für eine andere mögliche Erklärung. Das alles wird im Film auch erwähnt, aber als Erklärung für Carouges‘ Verhalten nie weiter thematisiert. Andere Erklärungen und Interpretationen für sein Verhalten werden überhaupt nicht erwähnt.
So bleibt „The Last Duel“ vor allem als mittelalterliche Soap-Opera über gekränkte männliche Eitelkeiten in Erinnerung. Daran ändert auch die dritte, aus Marguerites Perspektive erzählte und endgültige Interpretation der Ereignisse nichts. Denn zwei Drittel des Films werden aus der Perspektive von zwei Männern erzählt und sie bestimmen die Handlung.
Scott inszenierte diese wahre Geschichte in dunklen grau-schwarzen Bildern und einem sehr brutalen Duell am Filmende.
The Last Duel (The Last Duel, USA 2021)
Regie: Ridley Scott
Drehbuch: Ben Affleck, Matt Damon, Nicole Holofcener
LV: Eric Jager: The Last Duel: A True Story of Trial by Combat in Medieval France, 2004
mit Matt Damon, Adam Driver, Jodie Comer, Ben Affleck, Nathaniel Parker, Harriet Walter, Marton Csokas, Adam Nagaitis, Alex Lawther
Drehbuch: Matthew Vaughn, Jane Goldman, Peter Straughan (nach dem Drehbuch des Films „Ha-Hov“ von Assaf Bernstein und Ido Rosenblum)
1997 ist Rachel Singer eine Legende. Vor über dreißig Jahren wurde sie mit zwei weiteren Mossad-Agenten nach Berlin geschickt. In ihrem erste Einsatz sollten die drei Agenten den grausamen KZ-Arzt Dieter Vogel identifizieren und nach Israel entführen. Der Einsatz ging teilweise schief. Trotzdem schlossen sie ihn so erfolgreich ab, dass er zum Nationalmythos wurde. Jetzt könnte die Wahrheit über die damaligen Ereignisse herauskommen.
Spannender, hochkarätig besetzter, zum Nachdenken über Schuld und Sühne anregender, auf zwei Zeitebenen spielender Thriller.
Drehbuch: Matthew Vaughn, Jane Goldman, Peter Straughan (nach dem Drehbuch des Films „Ha-Hov“ von Assaf Bernstein und Ido Rosenblum)
1997 ist Rachel Singer eine Legende. Vor über dreißig Jahren wurde sie mit zwei weiteren Mossad-Agenten nach Berlin geschickt. In ihrem erste Einsatz sollten die drei Agenten den grausamen KZ-Arzt Dieter Vogel identifizieren und nach Israel entführen. Der Einsatz ging teilweise schief. Trotzdem schlossen sie ihn so erfolgreich ab, dass er zum Nationalmythos wurde. Jetzt könnte die Wahrheit über die damaligen Ereignisse herauskommen.
Spannender, hochkarätig besetzter, zum Nachdenken über Schuld und Sühne anregender, auf zwei Zeitebenen spielender Thriller.
Über Jahrzehnte war er nur als Deep Throat bekannt. So hatte die Tageszeitung „Washington Post“ ihn genannt. Für die „Washington Post“-Reporter Carl Bernstein und Bob Woodward war er ihre Quelle im Regierungsapparat, die sie mit brisanten Informationen versorgte, die den Watergate-Skandal befeuerten und letztendlich zum Rücktritt von US-Präsident Richard Nixon führten.
Alan J. Pakula verewigte ihre Arbeit in „Die Unbestechlichen“ (All the President’s Men, USA 1976). Mit Robert Redford als Bob Woodward und Dustin Hoffman als Carl Bernstein. Der Film ist ein Klassiker.
Das kann über Peter Landesmans „The Secret Man“ nicht behauptet werden. Er erzählt die Geschichte von FBI-Vizechef Mark Felt. 2005 sagte Felt, über seinen Anwalt in einem „Vanity Fair“-Artikel von John D. O’Connor, dass er Deep Throat sei. Woodward bestätigte die Enthüllung des damals schon länger an Demenz leidenden alten Mannes.
Landesman, selbst ein ehemaliger Enthüllungsjournalist und Kriegsreporter, der auch das Drehbuch für „Kill the Messenger“ schrieb und „Erschütternde Wahrheit“ nach seinem Drehbuch inszenierte, war von dieser Enthüllung fasziniert. Immerhin wurde schon seit Ewigkeiten über die wahre Identität von Deep Throat, dem bekanntesten unbekannten Whistleblower, spekuliert. Schon damals erhielt er den Auftrag, ein Drehbuch über Felt zu schreiben. Bei seinen Recherchen traf er Felt (17. August 1913 – 18. Dezember 2008) mehrmals und jetzt, nach einigen Umwegen, konnte er Felts Geschichte, die in Deutschland den nichtssagenden Titel „The Secret Man“ hat (der knackige Originaltitel ist „Mark Felt – The Man who brought down the White House“), inszenieren. Wie Pakula bleibt Landesman nah an den Fakten. Aber während Pakula uns mit den beiden Protagonisten, die bei ihren Recherchen erst langsam das gesamte Ausmaß der Verschwörung begreifen – immerhin begann es relativ unspektakulär am 17. Juni 1972 mit einem banalen Einbruch in ein Zimmer des Watergate-Hotels, bei dem die Einbrecher Abhörausrüstung bei sich trugen und das Hotel auch das Hauptquartier der Demokratischen Partei war – , geht Landesman die Sache anders an.
Er erzählt aus der Perspektive von Felt, einem Mann, der sich seit Ewigkeiten in Washington bewegt, der alle Winkelzüge der Macht kennt, der die richtigen Leute kennt und der jetzt beginnt gegen seinen Arbeitgeber, seinen Vorgesetzten, den Präsident der USA, zu intrigieren. Dabei ist, in der Realität wie im Film, unklar, warum Mark Felt zum Whistleblower wurde. Bis dahin war er ein loyaler Beamter und FBI-Agent der alten Schule war. Er begann 1942 beim FBI, stieg unter J. Edgar Hoover auf und war von Mai 1972 bis zu seiner Pensionierung im Juni 1973 Associate Director und damit stellvertretender Direktor in Washington, D. C.. Er war das Sinnbild des ehrenwerten FBI-Agenten. Er war allerdings auch in seiner Eitelkeit gekränkt. Nach dem Tod von J. Edgar Hoover am 2. Mai 1972 sah er sich als künftigen FBI-Direktor. Nixon ernannte allerdings L. Patrick Gray zum Diensthabenden FBI-Direktor. Gray hatte keinen FBI-Stallgeruch. Dafür war der U-Boot-Kommandant ein Vertrauter Nixons, der auch brav dessen Anweisungen ausführte. In diesem Moment, und das ist Felts zweites mögliche Motiv, sorgte er sich um die Integrität des FBI als unabhängige Organisation. Das FBI war niemandem Rechenschaft schuldig und sie befolgte auch keine Anordnungen von Politikern. Oder Felt sorgte sich wirklich um die US-amerikanische Demokratie, die von Nixon und seinen Gefolgsleuten missachtet wurde.
Am Ende trat Nixon zurück und Felt leugnete über Jahrzehnte glaubhaft, dass er nicht Deep Throat sei.
1980 wurde Felt für seine Gesetzesübertretungen bei der Verfolgung der linken Terrororganisation „Weather Underground“ in den frühen Siebzigern zu einer geringen Geldstrafe verurteilt und von US-Präsident Ronald Reagan begnadigt. Er betrachtete sie als ausländische Agenten. Daher gelte für sie nicht der vierte Verfassungszusatz, der vor willkürlicher Durchsuchung, Festnahme und Beschlagnahme von Eigentum schütze, und deshalb autorisierte er entsprechende Maßnahmen gegen sie und ihre Familien.
Dass Landesman die Frage nach Felts Motiv nicht eindeutig beantwortet, ist nicht unbedingt ein Problem. Sie könnte sogar das Interesse an Felt und seinem moralischen Dilemma steigern.
Dummerweise konterkariert seine Inszenierung diese Absicht. Sein Drehbuch ist nicht analytisch genug und er findet deshalb niemals einen eigenen Zugang zu seinem Material. Er präsentiert es nur in der denkbar ungeschicktesten Form. Anstatt ein packendes Drama über Loyalitäten zu inszenieren, sehen wir nur mittelalte und noch ältere Anzugträger, die alle beim gleichen Schneider waren, und die in dunklen Büros miteinander reden. Sie kennen sich schon seit Ewigkeiten. Wir kennen keinen einzigen von ihnen, wir wissen nicht, was für sie auf dem Spiel steht, welche Loyalitäten und Werte sie haben und wie sie reagieren. Wir wissen auch nicht, wer sie sind und weshalb sie für die Geschichte wichtig sind. Und wenn man sich das alles mühsam aus Halbsätzen zusammengereimt hat, ist es zu spät.
Auch wenn man die Geschichte des Watergate-Skandals kennt, sind diese Szenen nur eine Abfolge von Auf- und Abtritten von stoisch blickenden Anzugträger, die sich gegenseitig irgendetwas erzählen und sich dabei, erfolgreich, bemühen, möglichst keine Emotionen zu zeigen.
Liam Neeson, der eigentlich im richtigen Alter ist, um Mark Felt zu spielen, wirkt mit seiner grauen Betonfrisur und seinem maskenhaften Gesicht, wie ein jüngerer Schauspieler, der einen deutlich älteren Mann spielen muss und dafür schlecht auf alt geschminkt wurde.
Auch die restliche Besetzung ist hochkarätig, aber keiner der bekannten Schauspieler beeindruckt nachhaltig. Wir sehen Bruce Greenwood, aber nicht den vom ihm gespielten „Time Magazine“-Reprter Sandy Smith und wir wissen nicht, wer Smith war. Wir sehen Tom Sizemore als FBI-Agent Bill Sullivan, aber wir wissen nichts über die Beziehung zwischen ihm und Felt. Landesman verweigert die zum Verständnis nötigen Hintergrundinformationen.
Das alles inszenierte Landesman in einem gerontologischen Erzähltempo konsequent in gedeckten Brauntönen, die jede Farbe und Helligkeit vermissen lassen. Die bewusst unterbelichten Bilder sind auch Dank der Innenausstattung und der Anzüge eine Ode aus Braun, Dunkelbraun und Schwarz, die eine Bedeutung vorgaukelt, die der Film nie hat.
Dabei ist das Thema von „The Secret Man“ in der Trump-Ära von brennender Aktualität. Die Vergleiche zwischen damals und heute drängen sich förmlich auf. Über die Unterschiede werden lange Artikel geschrieben. Und wahrscheinlich murmelt ganz Washington „Wo ist unser Mark Felt?“.
P. S.: Um nur ein aktuelles Beispiel zu nennen: Oliver Stone zeigte in seinem Film „Snowden“ über den Whistleblower Edward Snowden, dass man einen spannenden Film über eine allseits bekannte Geschichte drehen kann. Wobei Stone auch eine klare Botschaft und Absicht hatte.
The Secret Man (Mark Felt – The Man who brought down the White House, USA 2017)
Regie: Peter Landesman
Drehbuch: Peter Landesman
LV: Mark Felt/Ralph de Toledano: The FBI Pyramid: From the Inside, 1979; Mark Felt/John O’Connor: A G-Man’s Life: The FBI, Being Deep Throat, and the Strggle for Honor in Washington, 2006 (beides Monographien, wobei „A G-Man’s Life“ Teile von „The FBI Pyramid“ enthält)
mit Liam Neeson, Diane Ladd, Marton Csokas, Tony Goldwyn, Ike Barinholtz, Josh Lucas, Wendi McLendon-Covey, Brian d’Arcy James, Maika Monroe, Michael C. Hall, Tom Sizemore, Bruce Greenwood, Julian Morris, Noah Wyle, Eddie Marsan
Länge: 103 Minuten
FSK: ab 0 Jahre (als hätten Kinder keine Angst vor Grauen Herren in Anzügen)
Ein alljährliches Gedenken an ein Gerichtsurteil, ein Feiertag in einigen Städten und in Caroline County, Virginia, und die größte multirassische Feier in den USA.
Denn am 12. Juni 1967 urteilte der Oberste Gerichtshof einstimmige, dass ein Verbot von Eheschließungen aufgrund von Rassenmerkmalen verfassungswidrig und eine Verletzung des 14. Zusatzes der Gleichstellungsgarantie sei.
In seinem Film „Loving“, der jetzt endlich bei uns anläuft, erzählt Regisseur Jeff Nichols („Take Shelter“, „Midnight Special“) wie es zu dem Urteil kam. Dabei geht es ihm nicht um die juristischen Winkelzüge, sondern um die beiden Kläger: das Ehepaar Loving. Sie heirateten am 2. Juni 1958 in Washington, D. C., weil sie schwanger war und sie in Virginia, ihrer Heimat, nicht heiraten durften. Denn Richard Loving war ein Weißer und Mildred Jeter eine Schwarze. Sie waren schon als Kinder miteinander befreundet, lebten ärmlich auf dem Land in Central Point im Regierungsbezirk Caroline County, einem ländlichen, von Armut gekennzeichnetem Gebiet.
Richard, wahrlich kein Intellektueller, ignorierte einfach, wie andere County-Bewohner, die damals gültigen und allgemein akzeptierten Rassengrenzen. Mit seinen afroamerikanischen Freunden konnte der Maurer besser an Autos herumbosseln. Außerdem arbeitete sowieso die meiste Zeit gemeinsam, lebte nah beieinander und half sich gegenseitig. Warum, so dachte der schweigsame Richard, sollte er also nicht mit den Menschen zusammen sein, mit denen er sich verstand?
Die anderen Weißen in Caroline County sahen das nicht so entspannt und sie erwirkten – mühelos – ein Gerichtsurteil, das die beiden Lovings verbannte. Der Richter verurteilte sie im Januar 1959 zu einer einjährigen Haftstrafe, die er unter Auflagen aussetzte. Sie mussten den Staat Virginia sofort verlassen und durften in den nächsten 25 Jahren nicht gemeinsam zurückkehren oder sich zur gleichen Zeit in Caroline County aufhalten. Das galt selbstverständlich ohne irgendeine Ausnahme, zum Beispiel für Familienfeiern oder Trauerfälle.
Sie fuhren nach Washington, D. C., zu Mildreds Cousin. Trotzdem fühlten sie sich in der Großstadt unwohl.
Über einen Brief an Präsident John F. Kennedy, den Mildred 1963 in ihrem Exil in Washington, D. C., schrieb, kamen sie in Kontakt mit Anwälten von der Bürgerrechtsorganisation ACLU (American Civil Liberties Union), die ihren Fall zu einem Grundsatzstreit machten.
Dabei wollte sie nur zurück zu ihrer Familie nach Central Point und dort auf dem Land mit ihrem Mann und ihren Kindern leben.
Jeff Nichols erzählt diese in den USA bekannte (in jedem Fall bekanntere) Geschichte strikt chronologisch, langsam und mit dem Ehepaar Loving im Mittelpunkt. Joel Edgerton und, vor allem, Ruth Negga wurden, zu Recht, für ihre Interpretation des Ehepaares Loving mehrfach ausgezeichnet und für etliche prestigeträchtige Preise, wie den Golden Globe, nominiert. Ruth Negga war auch für den Oscar nominiert. Sie gibt Mildred eine stille Kraft, die die Familie zusammen hält und die für ihre Rückkehr in ihr Heimatdorf kämpft. Dafür geht sie auch in die Öffentlichkeit. Richard, ein introvertierter Mann, der auch wenn es sein Anliegen befördern würde, nicht in die Öffentlichkeit geht, ist das Gegenteil. Aber sie liebten sich.
Der Film selbst ist klassisches Hollywood-Erzählkino. Dabei erzählt Nichols die Geschichte etwas spröde, indem er bewusst auf Schmalz, große Emotionen, kitschige Taschentuchszenen und Nicholas-Sparks-Sonnenuntergänge verzichtet und sehr naturalistisch, fast wie ein Dokumentarfilm, erzählt. „Loving“ ist auch eine gelungene Geschichtsstunde über einen Sieg der Bürgerrechtsbewegung. In erster Linie ist es aber die Geschichte zweier Menschen, deren Verbrechen es war, dass sie sich liebten, heirateten, Kinder bekamen und in ihrer Heimat leben wollten.
Loving (Loving, USA/Großbritannien 2016)
Regie: Jeff Nichols
Drehbuch: Jeff Nichols
LV: Nancy Buirski: The Loving Story, 2011 (Dokumentarfilm)
mit Joel Edgerton, Ruth Negga, Marton Csokas, Nick Kroll, Terri Abney, Alano Miller, Jon Bass, Christopher Mann, Sharon Blackwood, Michael Shannon
Sin City 2: A Dame to kill for (Frank Miller’s Sin City: A Dame to kill for, USA 2014)
Regie: Frank Miller, Robert Rodriguez
Drehbuch: Frank Miller
LV: Frank Miller: Sin City: A Dame to kill for, 1993/1994 (Sin City: Eine Braut, für die man mordet)
Die Herren Miller und Rodriguez präsentieren weitere Geschichten aus Sin City. Mit vielen alten Bekannten, einigen neuen Gesichtern, viel Gewalt und Sex.
„Sin City 2: A Dame to kill for“ ist ein insgesamt überflüssiger und Jahre zu spät in die Kinos gekommener Nachschlag zu „Sin City“, der heute seine TV-Premiere erlebt.
mit Mickey Rourke, Jessica Alba, Josh Brolin, Joseph Gordon-Levitt, Rosario Dawson, Bruce Willis, Eva Green, Powers Boothe, Dennis Haysbert, Ray Liotta, Christopher Meloni, Jeremy Piven, Christopher Lloyd, Jamie King, Juno Temple, Stacy Keach, Marton Csokas, Jude Ciccolella, Jamie Chung, Julia Garner, Lady Gaga, Alexa Vega
Wiederholung: Samstag, 13. Mai, 03.55 Uhr (Taggenau!)
ZDF, 00.45 Kommissar Falcón: Die Toten von Santa Clara (Falcón: The Silent and the Damned, Spanien/Deutschland/Großbritannien 2012)
Regie: Gabriel Range
Drehbuch: Sarah Phelps
LV: Robert Wilson: The vanished Hands; The Silent and the Damned, 2004 (Die Toten von Santa Clara)
Dieses Mal ermittelt Kommissar Javier Falcón in seiner Heimatstadt Sevilla in zwei Mordfällen (naja, in dem einen Fall ermittelt er, obwohl er es nicht soll), die selbstverständlich miteinander zusammenhängen, ihren Ursprung in der Vergangenheit in den frühen Siebzigern in Chile haben, ihn auch, weil der eine Tote ein Baulöwe ist, in die Kreise der spanischen Machtelite führen und deftige politische Kalamitäten verursachen.
Auch der zweite und bislang letzte „Kommissar Falcón“-Krimi ist ein bunter, unspannender Touristenkrimi mit einem Superkommissar, der mehr private Probleme an der Backe hat als der Krimihandlung gut tut. Diese ist sowieso pure Kolportage (inclusive Pädophilen, aber ohne einen Serienmörder) und, weil es ja um eine undurchschaubare Polit-Intrige mit Korruption bis in die höchsten Kreise und CIA-Beteiligung geht (wegen dem Putsch in Chile am 11. September 1973), endet der Krimi ohne eine richtige Überführung des Täters (Wer hat denn jetzt die ersten beiden sadistischen Morde begangen?). Aber immerhin tut der Kommissar am Ende etwas, was kein „Tatort“-Kommissar tun dürfte. Trotzdem unterscheidet sich „Kommissar Falcón“ nicht von einem biederen deutschen TV-Krimi.
Dass sogar das mitproduzierende ZDF nicht so begeistert von dem Ergebnis ist, zeigt die lange Zeit zwischen Synchronisation (bereits 2013) und heutiger Erstausstrahlung weit nach Mitternacht.
Mit Marton Csokas, Hayley Atwell, Santiago Cabrera, Kenneth Cranham, Charlie Creed-Miles, James Floyd, Emilia Fox, Kerry Fox, Henry Goodman, Robert Lindsay, Martin McCann, Bill Paterson, Rosie Perez Hinweise ZDF über „Kommissar Falcón“
Wikipedia über „Kommissar Falcón“ und Robert Wilson (deutsch, englisch) Homepage von Robert Wilson
– Die Vorlage
Die Romane von Robert Wilson erscheinen bei Goldmann und, nun, sie können nur besser als die Verfilmungen sein.
– Robert Wilson: Die Toten von Santa Clara (übersetzt von Kristian Lutze) Goldmann, 2013 512 Seiten
9,99 Euro
– Deutsche Erstausgabe
Page & Turner, 2005
Wie die demnächst startende sehr gelungene Matt-Scudder-Verfilmung „Ruhet in Frieden“ (A walk among the Tombstones) war auch „The Equalizer“ seit gefühlten Ewigkeiten angekündigt. Immer wieder mit Namen, die einen guten Film versprachen. Wobei „The Equalizer“ als Kinoversion einer TV-Serie natürlich das Schicksal von ungefähr jeder erfolgreichen und gefühlt jeder zweiten nicht erfolgreichen TV-Serie teilt, dass es natürlich eine Kinofassung oder eine TV-Neuauflage geben soll, es dann mehr oder weniger lange dauert, bis die Neufassung kommt und sie das Herz des Altfans nicht erfreut, weil auf so ziemlich alles verzichtet wird, was die Originalserie so erfolgreich machte. Bei den TV-Neuauflagen fallen mir spontan „Kojak“ (nach wenigen grottigen Folgen gecancelt) und „Detektiv Rockford“ (da war der Pilotfilm so schlecht, dass er gleich ins Archiv gesteckt wurde) ein. Oh, und „ Hawaii Five-0“. Die ist zwar erfolgreich, aber ich habe nur ungefähr anderthalb Folgen ausgehalten. Immerhin wird solange nicht ernsthaft über eine „Magnum“-Neuauflage nachgedacht. Die ist nämlich auch schon seit Ewigkeiten im Gespräch.
Bei den Kinofassungen von TV-Serien hat der Spielfilm, bis auf einige vernachlässigbare Kleinigkeiten, nichts mit der Serie zu tun. Die Ausnahme ist „Miami Vice“, die so nah an der Serie war, dass ich immer noch nicht weiß, warum Michael Mann diesen Spielfilm drehen musste. Bei „21 Jump Street“, „Starsky & Hutch“, „3 Engel für Charlie“, „Mit Schirm, Charme und Melone“, „Mission: Impossible“ und „The Saint“, um nur einige Beispiele zu nennen, hilft es die Serie nicht zu kennen oder nicht zu mögen.
Auch „The Equalizer“ reiht sich in die Mehrheit der freien Versionen ein. Von der köstlichen, aber schlecht gealterten Serie, wurde der Name des Helden übernommen und dass er in der Vergangheit als Geheimagent arbeitete. Der Rest wird besser, wenn man entweder die Serie nicht kennt oder wenn man den Spielfilm nicht mit der Serie vergleicht. Denn wo der TV-McCall versucht, Konflikte möglichst ohne Gewalt zu lösen und er, aufgrund seiner Vergangenheit, nicht mehr töten will, stapeln sich im Film recht schnell die Leichen, weil der Film-McCall lieber im alttestamentarischem „Auge um Auge“-Modus arbeitet. Gerne mit einer „Auge um Kopf“-Zugabe.
In Antoine Fuquas Film ist Denzel Washington Robert McCall, der in Boston in einem Baumarkt arbeitet, allein lebt, einen Ordnungstick hat und nachts in einem Dinner alte Bücher liest. Die nächtliche Lektüre wird von banalen Gesprächen mit der Hure Teri (Chloë Grace Moretz) unterbrochen. Bei der Arbeit ist er der immer höfliche, immer hilfsbereite, unauffällige Kollege, der die Kassiererin selbstlos tröstet und ebenso selbstlos einem Kollegen, der Wachmann werden möchte, bei den Vorbereitungen, inclusive einem Fitnessprogramm, hilft. Er ist der sprichwörtlich Mister Unauffällig.
Als Teri verschwindet und kurz darauf halb tot im Krankenhaus liegt, beschließt er, ihr zu helfen. Wobei nicht wirklich nachvollziehbar ist, warum er wegen diesem Mädchen sein mönchisches Leben aufgibt und er den Kampf gegen die gesamte Russen-Mafia, die Teri als ihr Eigentum betrachtet, aufnimmt. McCall bringt, nachdem er dem lokalen Statthalter ein von Anfang an sinnloses finanzielles Angebot machte, einige Mafiosi um. Spätestens ab diesem Moment ist er im „Man on Fire“-Modus, der achselzuckend für sein Ziel über von ihm aufgestapelte Leichenberge geht.
Die Mafia ist natürlich nicht besser. Der russische Oberboss schickt den effektiven Problemlöser Teddy, der den unbekannten Mörder sucht. Dabei hilft ihm die korrupte Polizei.
„The Equalizer“ ist ein okayer bis guter Siebziger-Jahre-Action-Thriller, der sich viel Zeit für seine Charaktere nimmt. Es gibt wenig Action und die wirkt auch immer angenehm realistisch, vor allem wenn McCall gegen Ende an seiner Arbeitsstätte gegen die Bösewichter kämpft und dabei zeigt, was man alles mit handelsüblichem Werkzeug anstellen kann. Einige Action-Szenen, wie ein Kampf in McCalls „Nighthawks“-Diner, finden auch komplett off screen statt.
Allerdings ist der Thriller mit über zwei Stunden auch zu lang geraten, weshalb es nicht gestört hätte, wenn Fuqua die simple Rachegeschichte auf die Siebziger-Jahre-Thriller-Länge, die so um die 100 bis 110 Minuten liegt, gekürzt hätte.
In den USA ist der Film ein Kassenhit und ein zweiter Teil ist bereits in der Planung. Dann auch mit der aus der TV-Serie bekannten Anzeige „Odds against you? Need help? Call the Equalizer. 212 555 4200“ und gerne auch mit weniger Toten.
Wer einen Blick auf den echten Equalizer werfen will, kann inzwischen auch auf Deutsch die ersten beiden, bei Koch Media erschienenen Staffeln kaufen und, mit der Musik von „The Police“-Drummer Stewart Copeland, in das New York der achtziger Jahre eintauchen und sehen wie Edward Woodward als „Schutzengel von New York“ Menschen hilft, denen sonst niemand hilft. Weil vor Ort gedreht wurde, gibt es viele Bilder von damals sehr schmuddeligen New York und etliche Auftritte von Schauspielern, die heute bekannt sind.
Dass der zweite „Sin City“-Film nicht mehr den Überraschungseffekt des ersten „Sin City“-Films hat, dürfte niemand überraschen. Denn als das Gemeinschaftswerk von Regisseur Robert Rodriguez und Comicautor und Zeichner Frank Miller, dessen Hollywood-Erfahrungen bis dahin eher ernüchternd waren und Rodriguez ihn mit dem Versprechen der absoluten Werktreue überzeugte, in die Kinos kam, war das im Kino absolut neu. Sie übertrugen Frank Millers formal sehr experimentellen in Schwarz und Weiß gehaltene „Sin City“-Comics, die sich lustvoll und gelungen durch die bekannten Noir- und Hardboiled-Klischees pflügten, Eins-zu-Eins auf die große Leinwand. Auch der Film war Schwarz-Weiß, mit wenigen Farbtupfern. Die Bilder wurden immer wieder zu abstrakten und stilisierten Montagen, teils auch zu Schattenrissen. Und weil die Schauspieler, eine beeindruckende Schar bekannter Gesichter, meistens vor einem Green Screen agierten, konnten später Stadtlandschaften und Räume hinzugefügt werden, die zwischen hyperreal und abstrakt schwankten. Und die Kamera musste sich wirklich nicht um die normalen Begrenzungen kümmern. In der von Frank Miller und Robert Rodriguez gedrehten Kinofassung verbanden sie in „Pulp Fiction“-Manier mehrere „Sin City“-Geschichten zu einem Film, der bei der Kritik, dem Publikum und den Comicfans gut ankam. Ein Klassiker, ein Kultfilm und eine der wirklich bahnbrechenden Comicverfilmungen.
Seitdem wurde über einen zweiten „Sin City“-Film gesprochen. Genug Geschichten waren vorhanden. Bei uns sind alle von Frank Miller geschriebenen „Sin City“-Geschichten bei Cross-Cult in sieben Büchern veröffentlicht worden. Die Namensliste der jetzt beim zweiten „Sin City“-Film beteiligten Schauspieler ist, wieder einmal, beeindruckend. Mickey Rourke, Jessica Alba, Josh Brolin, Joseph Gordon-Levitt, Rosario Dawson, Bruce Willis, Eva Green, Powers Boothe, Dennis Haysbert, Ray Liotta, Christopher Meloni, Jeremy Piven, Christopher Lloyd, Jamie King, Juno Temple, Stacy Keach, Marton Csokas, Jude Ciccolella, Jamie Chung, Julia Garner, Lady Gaga und Alexa Vega sind dabei. Das liest sich nach einem gelungen Mix aus aus dem ersten Film bekannten Gesichtern und neuen Charakteren. Die ersten Bilder aus dem Film hätte man auch als Promo-Bilder für den ersten „Sin City“-Film veröffentlichen können. Und dass Frank Millers Ruf in den vergangenen Jahren arg gelitten hat – geschenkt. Immerhin sollten ja ältere Werke von ihm verfilmt werden und Robert Rodriguez war ja auch dabei.
Entsprechend hoch waren die Erwartungen, die ziemlich umfassend enttäuscht werden. Unter anderem weil „Sin City 2: A Dame to kill for“ auf den ersten Blick wie „Sin City“ aussieht. Wieder SW, wieder mit einer Armada bekannter Namen, wieder wurde vor dem Green Screen gedreht.
Wobei das schon ein Problem des Films ist. Denn jetzt wurde nur noch vor dem Green Screen gedreht. Die Schauspieler hatten, außer Minimal-Requisiten wie einem Stuhl und einem Tisch, überhaupt keine Requisiten mehr. Im Endeffekt spielten sie in einer leeren Halle. Oft entstanden ihre gemeinsamen Szenen auch an verschiedenen Tagen und wurden dann im Schneideraum zusammengefügt. So gelungen das auf technischer Ebene ist, so leblos wirkt dann auch der gesamte Film, der fast ausschließlich am Computer entstand.
Das zweite Problem ist das nervige 3D. Denn, wie in Millers Comics, wird viel mit irrationalen Noir-Perspektiven gespielt, die in 3D noch extremer ausfallen. Dazu kommt der Regen (es regnet immer in Sin City) und das hohe Schnitttempo, das, in Verbindung mit 3D, eher für Verwirrung sorgt.
Vor allem weil Rodriguez und Miller wie kleine Kinder möglichst viel, gerne auch gleichzeitig ausprobieren wollen, wozu auch Spielereien mit Farben gehören. Das erinnert dann eher an einen Jahrmarktbesuch, auf dem einem nacheinander, sehr beliebig und marktschreierisch die verschiedenen Attraktionen angeboten werden.
Wieviel gelungener war dagegen Tim Burtons ebenfalls in SW gedrehter Stop-Motion-Film „Frankenweenie“. Er setzte 3D sehr überlegt ein und die Charaktere wurden auch alle lebendig. Im Gegensatz zu den „Sin City“-Pappkameraden, die alle fest in ihren Klischees stecken bleiben.
Dazu kam die fatale Entscheidung, die Geschichten hintereinander zu erzählen. Dabei nimmt die titelgebende Hauptgeschichte „A Dame to kill for“ (die der grandiosen Comicvorlage ziemlich genau folgt) die meiste Filmzeit in Anspruch. Vor dieser Geschichte werden mehrere „Sin City“-Charaktere knapp eingeführt und wir erleben „Just another Saturday Night“ mir Marv (Mickey Rourke), die mit einigen Leichen endet. Nach der tödlichen Dame gibt es noch die deutlich kürzeren Geschichten „The long, bad Night“ (über einen Spieler, der sich den falschen Gegner aussucht) und „Nancy’s last Dance“ (über Nancys Rache an dem Verantwortlichem für Hartigans Tod). Beide Stories schrieb Frank Miller extra für den Film. Formal zeigen uns Rodriguez und Miller daher, in dieser Reihenfolge, eine Kurzgeschichte, einen Roman, zwei Kurzgeschichten bzw. Subplot, Hauptplot, Subplot, Subplot. Emotional ist der Film allerdings mit dem Ende der „A Dame to kill for“-Geschichte zu Ende. Danach gibt es noch zwei Nachschläge, die man eher gelangweilt verfolgt, weil man sich für keinen der Charaktere interessiert. Auch weil man sich in dem Moment schon daran gewöhnt hat, dass jeder Charakter, dem auch nur etwas Individualität gestattet wird, eine sehr überschaubare Restlebenszeit hat.
Die Hauptgeschichte „A Dame to kill for“ ist dabei als typische Noir-Geschichte gar nicht so schlecht. Dwight McCarthy (Josh Brolin) arbeitet als Privatdetektiv und er hat ein Problem mit seinem Temperament. Da meldet sich seine frühere Freundin Ava Lord (Eva Green), die ihn für den reichsten Mann der Stadt verlassen hat, wieder bei ihm. Die Femme Fatale benutzt Männer wie Spüllappen, weshalb Dwight auch nichts mehr mit ihr zu tun haben will. Aber er verfällt ihr wieder. Er glaubt ihr, dass sie von ihrem Mann Damien gefangen gehalten will. Als er sie befreien will, endet die Aktion mit Damiens Tod. Er selbst kann, angeschossen von Ava, schwer verletzt entkommen. Der Polizei erzählt Ava eine Lügengeschichte, die ihn zum Mörder und Psychopathen macht. Während Dwight seine Wunden leckt, becirct Ava den grundehrlichen ermittelnden Polizisten Mort (Christopher Meloni). Er soll Dwight umbringen.
„Sin City 2: A Dame to kill for“ ist ein ziemlich überflüssiger Nachschlag zu „Sin City“, der dem Original nichts Neues hinzufügt und mindestens acht Jahre zu spät kommt. Jedenfalls erscheint die Noir-Atmosphäre hier nur noch als ein liebloses, aus der Zeit gefallenes und unentschlossenes Abspulen der bekannten Klischees mit viel Sex und Gewalt. Beides eher lustlos, aber exzessiv präsentiert.
Sin City 2: A Dame to kill for(Frank Miller’s Sin City: A Dame to kill for, USA 2014)
Regie: Frank Miller, Robert Rodriguez
Drehbuch: Frank Miller
LV: Frank Miller: Sin City: A Dame to kill for, 1993/1994 (Sin City: Eine Braut, für die man mordet)
mit Mickey Rourke, Jessica Alba, Josh Brolin, Joseph Gordon-Levitt, Rosario Dawson, Bruce Willis, Eva Green, Powers Boothe, Dennis Haysbert, Ray Liotta, Christopher Meloni, Jeremy Piven, Christopher Lloyd, Jamie King, Juno Temple, Stacy Keach, Marton Csokas, Jude Ciccolella, Jamie Chung, Julia Garner, Lady Gaga, Alexa Vega
Länge: 102 Minuten
FSK: ab 18 Jahre
– Die Vorlage
Zum Filmstart veröffentlichte Cross-Cult die mit dem Eisner-Award ausgezeichnete Hauptgeschichte des Films in einer günstigen Ausgabe, die ein guter Einstieg in Frank Millers „Sin City“-Kosmos ist.