Neu im Kino/Filmkritik: Die Orson-Scott-Card-Verfilmung „Ender’s Game – Das große Spiel“

Oktober 24, 2013

Für alle Fans von Orson Scott Cards Science-Fiction-Klassiker „Ender’s Game“, der bei uns als „Enders Spiel“ erschien, ist die Verfilmung die gelungene Mainstream-Variante des Romans, mit den üblichen Veränderungen und Aktualisierungen.

Cards vielschichtiger Roman erschien 1985, eroberte sofort die Herzen der Leser und erhielt den Hugo- und Nebula-Award, zwei prestigeträchtige Science-Fiction-Preise. In seinem Debütroman erzählt er die Geschichte des jungen Ender Wiggins, der in einer Militärschule ausgebildet wird, um der Anführer der Menschheit gegen außerirdische Invasoren, die Krabbler (bzw. Formics oder Schaben), zu werden.

Im Roman ist Ender am Anfang sechs Jahre, am Ende elf Jahre, und das Militär manipuliert ihn und sein Leben schamlos für die große Schlacht. Der Kalte Krieg ist als Subtext der Geschichte offensichtlich; auch in der von Scott 1991 überarbeiteten Fassung. Außerdem hat das Militär wegen des seit Jahrzehnten drohenden Angriffs der Aliens die totale Macht über die Menschen, die gegen den übermächtigen Feind einen fragilen Burgfrieden schlossen.

Der Südafrikaner Gavin Hood, der nach seinem Drehbuch den Film inszenierte, konzentrierte sich auf den Hauptplot des gut fünfhundertseitigen Romans und ließ den im Film zwölfjährigen Ender von dem 1997 geborenen Asa Butterfield („Hugo Cabret“) spielen. So werden aus den Kindersoldaten des Romans sehr junge Erwachsene, die kaum jünger als die Soldaten in westlichen Demokratien sind, die in Auslandseinsätzen die Demokratie verteidigen dürfen. Diese Änderung, die aus filmischer Sicht absolut nachvollziehbar ist, verharmlost allerdings auch die inhumanen Taten der Erwachsenen ungemein. Davon abgesehen ist Ender im Film, wie im Buch, der jüngste und talentierteste Soldat in der Raumstation. Er ist ein geborener Führer und überragender Stratege.

Hood, der mit „Tsotsi“ und „Machtlos“ explizit politische Filme drehte, lässt in seinem neuen Film den politischen Hintergrund des Kalten Krieges weg, ohne ihn durch einen offenkundigen anderen politischen Hintergrund zu ersetzen. Beispielsweise und durchaus möglich als zeitgemäßes Update von Cards Roman wären das Kindersoldaten in Afrika, die gesellschaftliche Situation in Südafrika, der Kampf des Westens gegen den islamistischen Terrorismus oder der Einsatz von Drohnen, die aus weitab vom Kampfgebiet liegenden Einsatzzentralen gesteuert werden. So wird die Geschichte von „Enders Spiel“ zu einem Science-Fiction-Abenteuerfilm, in dem die militärische Ausbildung ein tolles Abenteuer mit harten, aber gerechten Ausbildern ist und Freundschaften fürs Leben geschlossen werden. Für den Film wurde Enders große Prüfung, die im Buch nur knappe sechs Seiten umfasst, erweitert, ohne – weil Ender den Kampf an einem Computerdisplay dirigiert – besonders packend zu sein. Es sind einfach Raumschiffe, die gegen andere Raumschiffe kämpfen – und weil wir weder die menschliche Besatzung noch die schabenartigen Gegner kennen oder sehen, können wir nur die Leistung des Feldherrn bewundern, der bedenkenlos Raumschiffe für das Kriegsziel opfert. Allerdings verwendet Hood wesentlich weniger Zeit als Card auf das Erklären der verschiedenen taktischen Züge in den von Ender gewonnenen Spielen, die als Teil von Enders detailliert geschilderter Ausbildung natürlich wichtig sind, um sein Feldherrentalent zu begreifen.

Im Film rückt dagegen die fast schon freundschaftliche Beziehung von Ender zu seinen Ausbildern Oberst Hyrum Graff (Harrison Ford) und Mazer Rackham (Ben Kingsley) und zu den anderen Soldaten stärker in den Mittelpunkt. So ist Enders rechte Hand Bean (Aramis Knight; seine Geschichte erzählt Orson Scott Card in „Enders Schatten“) von Anfang an in Enders Truppe. Das und auch die anderen Veränderungen gegenüber dem Roman sind alles kluge Entscheidungen, die der Filmgeschichte dienen.

Die im Buch gestellten moralischen Fragen, vor allem natürlich ob der Zweck die Mittel heiligt, sind immer noch vorhanden und so regt der Science-Fiction-Film „Ender’s Game“ auch zum Nachdenken an. Obwohl die moralischen Fragen und politischen Ansichten des Romans für ein weltweites Publikum so lange weichgespült wurden, bis sie in einem politischen Vakuum spielen.

Ender s Game - Plakat

Ender’s Game – Das große Spiel (Ender’s Game, USA 2013)

Regie: Gavin Hood

Drehbuch: Gavin Hood

LV: Orson Scott Card: Ender’s Game, 1985 (Das große Spiel, Enders Spiel)

mit Asa Butterfield, Harrison Ford, Ben Kingsley, Abigail Breslin, Hailee Steinfeld, Moises Arias, Viola Davis, Nonso Anozie, Aramis Knight

Länge: 114 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Die Vorlage

Card - Enders Spiel - 2

Orson Scott Card: Enders Spiel

(übersetzt von Karl-Ulrich Burgdorf)

Heyne, 2012

464 Seiten

8,99 Euro

Originalausgabe

Ender’s Game

Tor, 1985

(1991 erschien eine vom Autor leicht überarbeitete Ausgabe)

Frühere deutsche Ausgaben als „Das große Spiel“ und, als Doppelband mit dem zweiten Ender-Roman, als „Ender“.

Hinweise

Amerikanische Homepage zum Film

Deutsche Homepage zum Film

Film-Zeit über „Ender’s Game – Das große Spiel“

Moviepilot über „Ender’s Game – Das große Spiel“

Metacritic über „Ender’s Game – Das große Spiel“

Rotten Tomatoes über „Ender’s Game – Das große Spiel“

Wikipedia über „Ender’s Game – Das große Spiel“ (deutsch, englisch)

Homepage von Orson Scott Card

Phantastik-Couch über Orson Scott Card

Wikipedia über Orson Scott Card (deutsch, englisch)

Epilog: Interview mit Orson Scott Card (2004)

Meine Besprechung von Orson Scott Card (Projektleitung)/Christopher Yost (Skript)/Pasqual Ferrys (Zeichnungen) „Ender’s Game – Das große Spiel (Band 1)“ (Ender’s Game: Battle School 1 – 5, 2009)


Neu im Kino/Filmkritik: Benno Fürmann ist „Der fast perfekte Mann“

Oktober 24, 2013

 

Ulf (Benno Fürmann) ist ein bindungsscheuer Single, Starmoderator bei Hanse TV, einem Sender, der TV Berlin in einem wirklich hellem Licht strahlen lässt, und ziemlich glücklich. Auch wenn die letzte Live-Sendung nicht gut lief, weil ein Gast eine Giftschlange dabei hatte und diese vor laufender Kamera entkommen konnte, und seine Freundin Anni (Jördis Triebel) ihn nach drei Jahren verlässt, weil in seiner Wohnung nichts von ihr ist. Dass sie auch schwanger ist, erfahren wir erst später.

In diesem Moment liefert eine Mitarbeiterin vom Jugendamt seinen Neffen Aaron (Louis Hofmann, 1997 geboren) bei ihm ab. Er hat Aaron seit dessen Geburt einmal vor einer Ewigkeit gesehen und Aarons Mutter, seine Halbschwester, hat er ebenfalls seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Aber der dickköpfig-renitente Aaron will, weil es so im Drehbuch steht, unbedingt bei seinem Onkel bleiben.

Und wir können uns jetzt die weitere Geschichte denken. Sie verläuft, weitgehend humorfrei und vollkommen überraschungsfrei als schmalziges Melodrama in den bekannten Bahnen.

Von Regisseurin Vanessa Jopp hätte man, nach „Vergiss Amerika“ und „Engel & Joe“ mehr als eine 08/15-Beziehungskomödie mit durchaus fein beobachteten Szenen und einem Kind, das zwischen nervig und autistisch schwankt, erwarten können.

Für Drehbuchautorin Jane Ainscough liegt „Der fast perfekte Mann“ nach „Wo ist Fred?“, „Hanni & Nanni“, Hanni & Nanni 2“ und, demnächst „Eltern“ vollkommen ihm Rahmen ihres bisherigen Schaffens: Filme, die harmloser als harmlos sind und mit aktuellen Problemen, der Realität, nichts zu tun haben.

Und so ist „Der fast perfekte Mann“ einfach nur das Update einer Fünfziger-Jahre-Schmonzette mit einer ähnlich biederen, das traute Familienleben verklärenden Moral.

Verzichtbar.

Der fast perfekte Mann - Plakat

Der fast perfekte Mann (Deutschland 2013)

Regie: Vanessa Jopp

Drehbuch: Jane Ainscough

mit Benno Fürmann, Louis Hofmann, Jördis Triebel, Maria Happel, Ross Antony, Harald Schrott, Uwe Bohm

Länge: 97 Minuten

FSK: ab 6 Jahre

Hinweise

Homepage zum Film

Film-Zeit über „Der fast perfekte Mann“

Moviepilot über „Der fast perfekte Mann“

 

 


TV-Tipp für den 24. Oktober: Das Gespenst

Oktober 24, 2013

 

Arte, 01.05

Das Gespenst (Deutschland 1982, R.: Herbert Achternbusch)

Drehbuch: Herbert Achternbusch

TV-Premiere eines Films, der damals einen ziemlichen Skandal auslöste und, im Rückblick, mit dem Tod von Rainer Werner Fassbinder das Ende des Jungen Deutschen Films bedeutete. Herbert Achternbusch erzählt gewohnt brachial-grotesk eine ziemlich blasphemische Geschichte über einen Jesus, der durch das damalige Bayern wandelt – und er fragt auch danach, was in der heutigen Gesellschaft der christliche Glaube bedeutet und wie sehr er in der Amtskirche aufgehoben ist.

hinter dem Film [wird] als ganzem eine Verzweiflung deutlich, die ernst zu nehmen ist, die fragt, wie weit die Kirche (…) zum gegenwärtigen furchterregenden Zustand der Welt beigetragen hat. Jeder angemaßten Ordnung, auch der kirchlichen, hält Achternbusch das wilde Denken des Surrealismus, in dessen Tradition er steht, und die tatsächlichen Bedürfnisse des Menschen, z. B. nach Liebe, entgegen.“ (Fischer Film Almanach 1984)

Und damit ist „Das Gespenst“ heute noch wichtiger als vor dreißig Jahren.

Zum Skandal wurde der Film, weil Innenminister Friedrich Zimmermann (CSU), der sich in seinem religiösen Gefühl beleidigt fühlte, Achternbusch damals die letzte Rate der zugesagten Fördergelder verweigerte und damit eine Diskussion über die Freiheit der Kunst auslöste.

Der Filmverleiher wurde wegen der Beleidigung eines Religionsbekenntnisses angeklagt. Das Verfahren wurde eingestellt. Kinobesitzer, vor allem in Süddeutschland und auf dem Land, die den Film zeigen wollten, wurden bedroht.

Die Jury der Evangelischen Filmarbeit nominierte „Das Gespenst“ zum Film des Monats.

Achternbusch erhielt das Geld neun Jahre später.

Ach ja: damals war der Film „frei ab 18 Jahre“ (in zweiter Instanz) und gehörte mit über 140.000 Besuchern zu den bestbesuchten Deutschen Filmen des Kinojahres. Für die DVD-Veröffentlichung wurde „Das Gespenst“ neu geprüft und jetzt ist er „frei ab 12 Jahre“. Wie sich die Zeiten ändern…

mit Herbert Achternbusch, Annamirl Bierbichler, Kurt Raab, Dietmar Schneider

Hinweise

Arte über „Das Gespenst“ (dort auch einige Tage in der Mediathek ansehbar)

Wikipedia über „Das Gespenst“ (deutsch, englisch)

epd Film: Stefan Höltgen über Herbert Achternbusch


DVD-Kritik: „Emperor – Kampf um den Frieden“ in Japan 1945

Oktober 23, 2013

 

Im August 1945 betraut General Douglas MacArthur (Tommy Lee Jones) den japanfreundlichen General Bonner Fellers (Matthew Fox) mit einer wichtigen Mission. Innerhalb von zehn Tagen soll Fellers herausfinden, ob der Gottkaiser von Japan vom Angriff auf Pearl Harbor wusste, vielleicht sogar den Befehl dazu gab und deshalb als Kriegsverbrecher angeklagt werden soll. Fellers beginnt in dem vom Krieg zerstörten Tokio nach Beweisen zu suchen. Dafür muss er vor allem das Vertrauen von Vertrauten des hermetisch abgeschirmten Kaisers erhalten.

Gleichzeitig könnte der Kaiser, der die Kapitulation von Japan verkündete und so eine friedlichen Besatzung der Insel durch die USA erlaubte, auch die entscheidende Stimme für den Weg zu einem friedlichen Japan sein.

Außerdem sucht Fellers nach seiner Jugendliebe, der Japanerin Aya.

Ein bekannter Regisseur – Peter Webber, der „Hannibal Rising“ und „Das Mädchen mit dem Perlenohrring“ inszenierte -, eine gute Besetzung (Tommy Lee Jones und „Lost“-Star Matthew Fox auf der Suche nach einer Filmkarriere), gute Arbeit von Kamera und Ausstattung und trotzdem lief das historische Drama „Emperor“ nicht in den deutschen Kinos, weil das Drehbuch von Vera Blasi und David Klass einfach viel zu wenig aus dem historischen Stoff macht. Die Liebesgeschichte zwischen Fellers und Aya präsentiert die bekannten Japan-Klischee und ist letztendlich nur eine in Rückblenden über den halben Film gezogene Hintergrundgeschichte, die erklärt, warum Fellers so verliebt in Japan ist und, im Gegensatz zu seinen wegen Pearl Harbor nach Rache dürstenden Mitsoldaten, so verständnisvoll für die Japaner ist.

Die Ermittlungen von Fellers konzentrieren sich auf Befragungen von Japanern, deren Gesprächsergebnisse ständig zusammengefasst werden, was dazu führt, dass man auch die unwichtigsten Fakten mindestens zweimal innerhalb weniger Minuten präsentiert bekommt und sich die Geschichte ziemlich schnell endlos hinzieht.

Das Bonusmaterial ist nicht überwältigend, aber solide. Das „Making of“ liefert einen Einblick in die Dreharbeiten, in den „Interviews“ sind die ersten drei, mit Peter Webber, Matthew Fox und Tommy Lee Jones, die interessantesten. Dummerweise werden die Interviewpartner nicht namentlich genannt und nicht alle tauchen im „Making of“ auf. Die „Deleted Scenes“ hätte ich in diesem Fall, weil sie vor allem mehr über Fellers erzählen, im Film gelassen.

Emperor - DVD-Cover

Emperor – Kampf um den Frieden (Emperor, USA 2012)

Regie: Peter Webber

Drehbuch: Vera Blasi, David Klass

LV: Shiro Okamoto: His Majesty’s Salvation

mit Matthew Fox, Tommy Lee Jones, Eriko Hatsune, Toshiyuki Nishida, Masayoshi Haneda, Kaori Momoi, Colin Moy, Takatarô Kataoka

DVD

Ascot-Elite

Bild: 2,35:1 (16:9)

Ton: Deutsch (DTS 5.1, Dolby Digital 5.1), Englisch (Dolby Digital 5.1)

Untertitel: Deutsch

Bonusmaterial: Deleted Scenes, B-Roll, Making of, Interviews, Originaltrailer, Wendecover

Länge: 102 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

Homepage zum Film

Moviepilot über „Emperor“

Metacritic über „Emperor“

Rotten Tomatoes über „Emperor“

Wikipedia über „Emperor“

 

 


TV-Tipp für den 23. Oktober: Homo Faber

Oktober 23, 2013

 

3sat, 22.25

Homo Faber (Deutschland/Frankreich/Griechenland 1991, R.: Volker Schlöndorff)

Drehbuch: Volker Schlöndorff, Rudy Wurlitzer

LV: Max Frisch: Homo Faber, 1957

Der Ingenieur Faber, der nur an Zahlen und Statistiken, aber nicht an den Zufall glaubt, begegnet der zwanzigjährigen Sabeth und er verliebt sich in die junge Frau, die ihn an seine Ex Hanna erinnert.

‚Homo Faber‘ ist einer der leisesten und subtilsten Filme Volker Schlöndorffs. Ganz ohne Zweifel ist es sein persönlichster, womöglich gar der einzige, in dem er der Emotionalität des Personals und deren Geschichte kompromisslos nachgeht, ohne Wenn und Aber.“ (Thilo Wydra: Volker Schlöndorff und seine Filme, 1998)

In Deutschland sahen 1,5 Millionen Menschen den Film im Kino.

Eine echte Begeisterung für den kühlen Zahlenmenschen und seine Probleme kam bei mir damals im Kino nicht auf.

mit Sam Shepard, Julie Delpy, Barbara Sukowa, Dieter Kirchlechner, Tracy Lind, Deborah-Lee Furness, August Zirner, Thomas Heinze

Hinweise

Homepage von Volker Schlöndorff

Wikipedia über „Homo Faber“ (deutsch, englisch)

 

 


Cover der Woche

Oktober 22, 2013

Kaminsky - When the dark man calls


TV-Tipp für den 22. Oktober: Meine liebste Jahreszeit/Place Vendôme – Heiße Diamanten

Oktober 22, 2013

 

Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Catherine Deneuve!

3sat, 20.15

Meine liebste Jahreszeit (Frankreich 1993, R.: André Techiné)

Drehbuch: André Techiné, Pascal Bonitzer

An Weihnachten kommt eine Familie, die sich lange nicht mehr gesehen hat, zusammen und alte Konflikte brechen auf. Und das ist noch nicht das Ende der Geschichte.

Das klingt jetzt nicht besonders aufregend, aber bei André Techiné entsteht daraus ein sehenswertes Stück Kino, das damals in den wichtigen Kategorien (Bester Film, Regie, Drehbuch, Hauptdarsteller, Hauptdarstellerin) für den Cesar nominiert war.

Eine Fülle kompliziert verstrickter Themen, die Téchiné in einer einfachen und lebensnah inszenierten Geschichte zusammenführt. Überzeugend ist vor allem das Zusammenspiel von Catherine Deneuve, Daniel Auteuil und Martha Villalonga.“ (Fischer Film Almanach 1995)

mit Catherine Deneuve, Daniel Auteuil, Marthe Villalonga, Carmen Chaplin

Hinweise

Wikipedia über „Meine liebste Jahreszeit“ (deutsch, englisch, französisch)

3sat, 22.15

Place Vendôme – Heiße Diamanten (Frankreich 1998, R.: Nicole Garcia)

Drehbuch: Nicole Garcia, Jacques Fieschi

Die Witwe eines Nobeljuweliers übernimmt sein Geschäft und verstrickt sich in eine riskante Geschichte mit Diamanthändlern und Mafiosi.

Feines noirisches Thrillerdrama, das für zwölf Cesars nominiert war, unter anderem Bester Film, Regie, Drehbuch und Hauptdarstellerin.

mit Catherine Deneuve, Jena-Pierre Bacri, Emmanuelle Seigner, Jacques Dutronc, Bernard Fresson, Lászlo Szabo

Wiederholung: Mittwoch, 23. Oktober, 02.05 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Rotten Tomatoes über „Place Vendôme – Heiße Diamanten“

Wikipedia über „Place Vendôme – Heiße Diamanten“ (deutsch, englisch, französisch) und Catherine Deneuve


DVD-Kritik: „No one lives – Keiner überlebt“ und gestorben wird blutig

Oktober 21, 2013

Da haben die Hinterwäldler, dieses Mal eine Gruppe, familiär miteinander verbundener Verbrecher mit Kleinstadt-Rockerattitüde (was sie in ihrer Dummheit noch gefährlicher macht), einen wirklich eine dummen Fehler begangen. Denn das junge Pärchen, das sie sich geschnappt haben, ist nicht ohne. Sie bringt sich, als sie ihren Göttergatten erpressen wollen, gleich selbst um, indem sie ihre Kehle in das Messer rammt und blutig stirbt. In seinem Auto entdecken sie, versteckt im Kofferraum, eine zweite Frau, die vor einigen Monaten spurlos verschwand. Ihre Familie hat eine hohe Belohnung auf Informationen über ihre blonde Tochter ausgesetzt. Die Hinterwäldlersippe glaubt, den Jackpot gewonnen zu haben, bis sie erfahren, dass ihr Gefangener, der im Film nur „Fahrer“ (Driver) genannt wird, sich befreien konnte, dabei gleich ein Familienmitglied blutig tötete und jetzt ihre einsam gelegene Hütte belagert mit dem Ziel, den Filmtitel „No one lives“ blutig umzusetzen.

Autor David Cohen nennt seine Geschichte einen „genre bending Slasher-Film“, weil für uns der Fahrer (aka der Slasher) der Protagonist sei und wir ihm die Daumen drückten. Das stimmt auch; irgendwie. Denn er ist, gespielt von Luke Evans (zuletzt „Fast & Furious 6“, demnächst „Der Hobbit: Snaugs Einöde“) als Bruce-Campbell-Lookalike, wirklich noch die sympathischste Figur in dieser Ansammlung von Verbrechern. Auch sein Opfer Emma (Adelaide Clemens) kommt nicht besonders gut weg, weil sie sich auf die Rolle der Wissenden zurückzieht, die einfach schicksalergeben bis zum Ende passiv abwartet. Sie ist das blonde Äquivalent zu einer Tasche voller Geld und entsprechend nützlich.

Bis Emma im Kofferraum entdeckt wird, haben alle Charaktere sich so seltsam verhalten und auch unbeholfen gespielt, dass sie alle den Weg in die Annalen des Schlechten Schauspiels, aber nicht in unsere Herzen finden.

Im Nachhinein war das natürlich der nicht gelungene Versuch von „Midnight Meat Train“-Regisseur Ryûhei Kitamura, eine unheimliche Atmosphäre zu kreieren und zu zeigen, dass vor allem das nette, durchreisende Pärchen nicht das ist, was es behauptet.

Aber auch wenn der Fahrer dann die Gangster belagert, interessieren wir uns für die Hinterwäldler nur als Schlachtvieh für den quasi unverwundbaren Fahrer.

Letztendlich ist „No one lives“ nur ein Abschlachten von ziemlich unsympathischen Charakteren, das nur aufgrund seiner Länge nicht langweilt. Denn bereits nach 73 Minuten ist die Geschichte zu Ende; danach gibt es noch einen achtminütigen Abspann.

Das Bonusmaterial wirkt auf den ersten Blick pompöser als es ist. Die zwölf Interviews mit den Schauspielern, dem Regisseur, dem Autor und den Produzenten sind kurze, meist banale Statements, die in wenigen Minuten gesehen sind. Dann gibt es noch eine B-Roll und den Trailer in der deutschen und englischen Fassung.

Diese Fassung ist um 90 Sekunden gekürzt und, auch ohne nachzusehen, dürfte klar sein, welche Bilder in dem Schlachtfilm fehlen.

No one lives - DVD-Cover

No one lives – Keiner überlebt (No one lives, USA 2013)

Regie: Ryûhei Kitamura

Drehbuch: David Cohen

mit Luke Evans, Adelaide Clemens, Lee Tergesen, Derek Magyar, America Olivo, Beau Knapp , Lindsey Shaw

DVD

Tiberius Film/Sunfilm

Bild: 2,35:1 (16:9)

Ton: Deutsch (Dolby Digital 5.1, DTS), Englisch (Dolby Digital 5.1)

Untertitel: –

Bonusmaterial: Interviews, B-Roll, Trailer

FSK: ab 18 Jahre

Länge: 81 Minuten

Hinweise

Metacritic über „No one lives“

Rotten Tomatoes über „No one lives“

Wikipedia über „No one lives“

 


TV-Tipp für den 21. Oktober: 8 Frauen

Oktober 21, 2013

Mit „8 Frauen“ feiern wir in einen runden Geburtstag von Madame Deneuve

MDR, 22.50

8 Frauen (F 2002, R.: Francois Ozon)

Drehbuch: Francois Ozon, Marina de Van

LV: Robert Thomas: Huit Femmes, 1958/1962 (Theaterstück)

Weihnachten in einem verschneiten Landhaus: In der Nacht wird der Hausherr ermordet. Die Täterin ist eine der acht Frauen, die im Haus sind. Selbstverständlich hat jede von ihnen auch ein gutes Motiv das Ekel umzubringen.

Ein Cozy mit Gesang und einem Darstellerinnenensemble, das über jeden Zweifel erhaben ist und die Crème de la Crème des französischen Films versammelt.

mit Catherine Deneuve, Isabelle Huppert, Emmanuelle Béart, Fanny Ardant, Virginie Ledoyen, Danielle Darrieux, Ludivine Sagnier, Firmine Richard, Dominique Lamure

Hinweise

Wikipedia über „8 Frauen“ (deutschenglischfranzösisch)

Spiegel: Interview mit Francois Ozon über „8 Frauen“

Blickpunkt Film: Interview mit Francois Ozon über „8 Frauen“

epd Film: Interview mit Francois Ozon (8/2007)

Homepage von Francois Ozon

Meine Besprechung von Francois Ozons “In ihrem Haus” (Dans la Maison, Frankreich 2012)


TV-Tipp für den 20. Oktober: Belle de jour

Oktober 20, 2013

3sat, 23.35

Belle de jour – Schöne des Tages (F/I 1967, R.: Luis Buñuel)

Drehbuch: Luis Buñuel, Jean-Claude Carrière

LV: Joseph Kessel: Belle de jour, 1928 (Belladonna; La belle de jour- Die Schöne des Tages)

Arztgattin Séverine langweilt sich. Als Lebemann Husson sie mit Madame Anais und ihrem Etablissement für erotische Wünsche und Fantasien bekannt macht, beginnt Séverine ein Doppelleben.

Einer von Buñuels zugänglichsten Filmen über die Doppelmoral des Großbürgertums. Er erhielt den Goldenen Löwen in Venedig und war bei Kritik und Zuschauern ein Erfolg. Deneuve war danach auf die Rolle der kühlen Blondine festgelegt.

Mit Catherine Deneuve, Jean Sorel, Michel Piccoli, Geneviève Page

Wiederholung: Montag, 21. Oktober, 04.10 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Wikipedia über “Belle de jour”


Neu im Kino/Filmkritik: Aufgeschlagen „Insidious: Chapter 2“ mit Geistern aus der Vergangenheit

Oktober 19, 2013

 

Wie es sich für ein zweites Kapitel gehört, beginnt der Horrorfilm „Insidious: Chapter 2“ unmittelbar nach dem Ende des Überraschungserfolgs „Insidious“ und liefert denen, die den ersten Film nicht gesehen haben in den ersten Minuten elegant die nötigen Informationen. Denn jetzt sehen wir, was 1986 geschah und warum nur Josh Lambert (Patrick Wilson) seinen Sohn retten konnte.

Allerdings wissen wir auch, dass Josh jetzt von einem Dämon aus dem Totenreich besessen ist und er deshalb am Ende von „Insidious“ die Geisterjägerin Elise Rainier (Lin Shaye) ermordete. Aber die Polizei kommt bei ihren Ermittlungen nicht weiter und die Lamberts dürfen gehen. Sie ziehen in Joshs Elternhaus, wo seltsame Dinge geschehen und Joshs seltsames Verhalten ängstigt seine Frau Renai (Rose Byrne), die eigentlich nach dem Ende von „Insidious“ wissen müsste, wer ihr Mann ist. Immerhin hat auch sie die Aufnahme gesehen, die Elise von Josh gemacht hat. Aber diese Idee verfolgen die Macher des Films nicht weiter. In „Insidious: Chapter 2“ fragen Renai und ihre Kinder sich, warum ihr liebevoller Vater sich jetzt wie eine Mischung aus „Stepfather“ Jerry Blake und Norman Bates benimmt.

Zur gleichen Zeit will Joshs Mutter Lorraine (Barbara Hershey) mit den beiden Geisterjägern aus dem ersten „Insidious“-Film (Leigh Wannell und Angus Sampson), die dieses Mal ihre Rolle wesentlich ernster und damit auch professioneller ausfüllen (im ersten Teil waren sie ein fehlgeleiteter Comedy-Sidekick), und Carl Stanaway (Steve Coulter), der 1986 bei der Seance als Assistent von Elise Rainier dabei war, herausfinden, von wem ihr Sohn besessen ist. Zusammen mit den Geisterjägern führen ihre Ermittlungen sie zu ihrer alten Arbeitsstelle: einem verlassenen Krankenhaus – und in einer Nacht werden alle Geheimnisse aufgedeckt.

Natürlich hat „Insidious: Chapter 2“ vieles aus dem ersten „Insidious“-Film übernommen. Vor allem die Besetzung, die Liebe zum Spiel mit Genrezitaten und es gibt, wie es sich für eine Fortsetzung gehört, mehr Geister als im ersten Film.

Aber Regisseur James Wan (zuletzt „The Conjuring“) und Drehbuchautor Leigh Whannell, die vor knapp zehn Jahren mit „Saw“ dem Horrorgenre neues Blut einhauchten und sich später mehr den traditionellen Spielarten des Horrorfilms zuwandten, erzählen in „Insidious: Chapter 2“ wirklich die Geschichte des ersten Films weiter. Mit neuen Wendungen und einem tieferen Blick in die Seelen der Hauptcharaktere und einem Spiel auf mehreren Zeitebenen, das aus meiner Sicht nicht wirklich logisch aufgeht. Denn Josh springt in der „The Further“ genannten Traumwelt, die Kontakt zur realen Welt hat, zwischen der Gegenwart, der jüngsten Vergangenheit (also dem ersten Film) und 1986 hin und her – und dann gibt es noch den Geist des durchgeknallten Mörders Parker Crane, dem Lorraine damals im Krankenhaus begegnete.

Genau wie Wan und Whannell zwischen den Zeit- und Realitätsebenen wechseln, wechseln sie auch die Stilmittel, was dazu führt, dass die nächtlichen Ermittlungen der Geisterjäger mit Lorraine zu sehr im inzwischen überlebten Found-Footage-Stil gefilmt wurden. Der Sound und die deutlich von „Psycho“ inspirierte Musik setzen dann zu oft auf die üblichen Schockmomente, die spätestens nach dem dritten überraschenden, schrillen und lauten Musikeinsatz langweilen.

Aber dafür gibt es etliche Anspielungen für den Genrejunkie und Patrick Wilson als böser Vater hat sichtlich Spaß an seinem neuen Ich.

Insgesamt ist „Insidious: Chapter 2“ nicht so gut wie „The Conjuring“, aber besser als „Insidious“ – und, weil am Ende die Geheimnisse der Familie Lambert gelöst sind, können die beiden Geisterjäger, mit etwas Hilfe aus dem Totenreich von Elise Rainier (die ebenfalls wieder, dieses Mal als helfender Geist, dabei ist), sich neuen Fällen widmen. Ein drittes Kapitel ist schon angekündigt.

Insidious 2 - Plakat

Insidious: Chapter 2 (Insidious: Chapter 2, USA 2013)

Regie: James Wan

Drehbuch: Leigh Whannell (nach einer Geschichte von James Wan und Leigh Whannell)

mit Patrick Wilson, Rose Byrne, Ty Simpkins, Lin Shaye, Barbara Hershey, Steve Coulter,

Leigh Whannell, Angus Sampson, Andrew Astor. Hank Harris

Länge: 106 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

Amerikanische Homepage zum Film

Deutsche Homepage zum Film

Film-Zeit über „Insidious: Chapter 2“

Moviepilot über „Insidious: Chapter 2“

Metacritic über „Insidious: Chapter 2“

Rotten Tomatoes über „Insidious: Chapter 2“

Wikipedia über „Insidious: Chapter 2“ (deutsch, englisch)

Den of Geek: Interview mit Leigh Whannell über den Film

Meine Besprechung von James Wans „The Conjuring“ (The Conjuring, USA 2013)

 

 


TV-Tipp für den 19. Oktober: Deadlock

Oktober 19, 2013

 

ZDFkultur, 23.00

Deadlock (Deutschland 1970, R.: Roland Klick)

Drehbuch: Roland Klick

Nach einem Bankraub flüchten zwei Bankräuber in ein verlassenes Kaff – und liefern sich schnell mit den dort lebenden Goldgräbern ein tödliches Duell.

Ein deutscher Genrefilm, ein in der Gegenwart spielender Western, der wirklich nichts von der Biederkeit und Langeweile vieler anderer deutscher Genrefilme der letzten Jahrzehnte hat, sondern originäres Kino ist.

Ein Quasi-Western, ein Reißer und ein lyrisches Gespinst aus Farben, flirrendem Licht, Wüstensand und schemenhaften Figuren.“ (Wolf Donner, Die Zeit)

Die Musik ist von „The Can“, die Bilder von Robert Van Ackeren („Harlis“, „Die flambierte Frau“).

Nächsten Samstag läuft „Supermarkt“, ein Gangsterfilm, der mir noch besser gefallen hat.

mit Mario Adorf, Anthony Dawson, Mascha Elm Rabben, Marquard Bohm, Sigurd Fitzek, Betty Segal

Wiederholung: Sonntag, 20. Oktober, 00.45 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Homepage von Roland Klick

Wikipedia über Roland Klick und „Deadlock“


Neu im Kino/Filmkritik: „Runner Runner“ in der Welt des Online-Pokers und auf Costa Rica

Oktober 18, 2013

 

Princeton ist eine noble Universität mit entsprechend hohen Studiengebühren, die über das elterliche Bankkonto, Stipendium oder Kredit bezahlt werden können. Doktorand Richie Furst (Justin Timberlake) probiert es anders. Er verdient, immerhin gehört er nicht zu den oberen Zehntausend, sein Geld als Vermittler. Was okay wäre, wenn er es nicht auf dem Uni-Campus tun würde und er seine Kommilitonen nicht an ein in den USA verbotenes Online-Glücksspiel vermitteln würde. Daher stellt ihm der Dekan vor die Wahl zwischen seinem Studium und seiner Arbeit. Furst, der sein Studium abschließen möchte, setzt alles auf eine Karte: in einer Nacht will er beim Online-Poker sein Vermögen so vermehren, dass er damit sein restliches Studium finanzieren kann.

Am Ende der Nacht hat er alles verspielt und als er sich später sein Spiel ansieht, stellt er fest, dass er betrogen wurde. Er reist nach Costa Rica, um dort Ivan Block (Ben Affleck) zu treffen. Block ist eine Zockerlegende, die das Online-Casino betreibt, dadurch sehr reich wurde und jetzt auf der Insel ein abgeschirmt mondänes Leben führt. Furst kann auf einer Party bis zu Block vordringen und ihm von dem Betrug in seinem Casino erzählen erzählen.

Block entdeckt in dem Jungen Potential und bietet ihm einen Job an, den Furst annimmt. Schnell schwimmt er im Geld und verliebt sich in Rebecca Shafran (Gemma Arterton), die Vertraute von Block.

Runner Runner“, der neue Film von Brad Furman, erinnert mit seiner langsamen Erzählweise und der Konzentration auf seine eher halbseidenen Charaktere, die alle in Teilen undurchschaubar bleiben und ihre dunklen Seiten haben, an die 70er-Jahre-Filme, in denen Antihelden im Mittelpunkt standen. So ist Richie Furst ein aus einer Spielerfamilie kommender Junge, der sich erstaunlich leicht von Block und der Botschaft des schnellen Geldes blenden lässt. Block, schön diabolisch von Ben Affleck gespielt, verführt ihn dabei in erbaulichen Sentenzen, die anscheinend aus dem letzten Selbsthilfeseminar stammen und immer zwischen Verführung des willigen Opfers und Demaskierung der Management-Plattitüden schwanken. Denn natürlich baut er Furst nur als möglichen Strohmann auf. Blocks rechte Hand Shafran findet den Neuling Furst zwar sympathisch, aber ob sie wirklich in ihn verliebt ist oder ihn nur zur sexuellen Entspannung benutzt, bleibt lange unklar. Und der FBI-Agent Shavers (Anthony Mackie) ist auch keine moralische Lichtgestalt. Er will Block unbedingt ins Gefängnis bringen und erpresst Furst dafür gnadenlos.

Das könnte, wenn wir akzeptieren, dass der geniale Bösewicht das Online-Casino von seinem Wohnort betreibt und auch dort, richtig old-school-mäßig, sein Geld bunkert, hochspannendes Kino vor exotischer Kulisse sein, wenn die Geschichte nicht so vorhersehbar wäre und Furman sich, nach einem Drehbuch von Brian Koppelman und David Levien („Das Urteil“, „Ocean’s Thirteen“, „The Girlfriend Experience“ und die kurzlebige Poker-TV-Serie „Tilt“), nicht am Anfang zu viel Zeit lassen würde. Denn nachdem lange Zeit die Geschichte gemütlich vor sich hinplätschernd immer düsterer wird, kommt das Ende dann viel zu überhastet.

Runner Runner“ erreicht nie die Qualität von Furmans vorherigem Film, der grandiosen Michael-Connelly-Verfilmung „Der Mandant“. Aber als vor exotischer Kulisse spielendes Spielerdrama, das auch einen kleinen Blick in die Welt des Online-Glücksspiels wirft und dies mit endlosen Partys vor südländischer Kulisse verknüpft, ist es goutierbar.

Allerdings wird einem auch schmerzlich bewusst, was in der Welt des Online-Glücksspiels fehlt: der Glamour der alten Casinos. Denn ein Raum voller Computer ist einfach nicht so sexy wie ein Casino in Las Vegas, Monte Carlo oder Kuba. Sogar Atlantic City hat mehr Charme.

Runner Runner - Plakat

Runner Runner (Runner Runner, USA 2013)

Regie: Brad Furman

Drehbuch: Brian Koppelman, David Levien

mit Justin Timberlake, Ben Affleck, Gemma Arterton, Anthony Mackie, Michael Esper, Oliver Cooper, Christian George, Yul Vazquez, John Heard

Länge: 92 Minuten

FSK: ab 12 Jahren

Hinweise

Amerikanische Homepage zum Film

Deutsche Homepage zum Film

Film-Zeit über „Runner Runner“

Moviepilot über „Runner Runner“

Metacritic über „Runner Runner“

Rotten Tomatoes über „Runner Runner“

Wikipedia über „Runner Runner“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Brad Furmans „Der Mandant“ (The Lincoln Lawyer, USA 2011)

 

 


TV-Tipp für den 18. Oktober: Ein Richter sieht rot

Oktober 18, 2013

 

3sat, 22.35

Ein Richter sieht rot (USA 1983, R.: Peter Hyams)

Drehbuch: Roderick Taylor, Peter Hyams (nach einer Geschichte von Roderick Taylor)

Richter Steven Hardin zweifelt am System, weil er Schuldige aufgrund von Formfehlern nicht verurteilen kann. Da lädt ihn ein Kollege zu einem Treffen einer geheim tagenden Gruppe Richter ein, die in ihrer Freizeit über diese Schuldigen Todesurteile fällen und sie von einem Killer vollstrecken lassen. Aber verurteilen sie wirklich nur Schuldige?

Selten gezeigter Selbstjustiz-Thriller in dem Richter das Gesetz in die eigenen Hände nehmen. Und, wie eigentlich immer bei Peter Hyams, gutes Action-Handwerk, das dieses Mal auch gesellschaftliche Probleme anspricht.

mit Michael Douglas, Hal Holbrook, Yaphet Kotto, Sharon Gless, James B. Sikking, Don Calfa, Jack Kehoe

Hinweise

Rotten Tomatoes über „Ein Richter sieht rot“

Wikipedia über „Ein Richter sieht rot“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Peter Hyams‘ „Gegen jeden Zweifel“ (Beyond a reasonable doubt, USA 2009) (ebenfalls mit Michael Douglas)

 

 


Neu im Kino/Film- und Buchkritik: Dieser Polizist ist eine echte „Drecksau“

Oktober 17, 2013

 

Nein, zum Vorbild taugt Detective Sergeant Bruce Robertson (James McAvoy) nicht. Er ist auch kein Aushängeschild für die Polizei von Glasgow. Er ist ein egozentrisches, überhebliches, frauenverachtendes, reaktionäres Arschloch, das zwischen Drogenkonsum, Onanieren, Schulhofintrigen und Sex mit allen Frauen, die seinem Charme erliegen oder, weil sie Minderjährig sind, von ihm dazu erpresst werden, noch schnell einige obszöne Anrufe tätigt und, immerhin ist der Film, wie Irvine Welshs Roman, aus Robertsons Perspektive erzählt, alle anderen für Idioten, Trottel oder Spastis hält. Deshalb steht nur ihm die Beförderung zum Detective Inspector zu. Und den Mordfall an dem Japaner wird er auch mit links lösen. Es gibt ja genug Typen, die einen Knastaufenthalt verdient haben.

So malt sich Bruce Robertson seine Welt aus. Dummerweise sehen die anderen ihn nicht als glorreichen Helden, sondern als Drogenwrack, das in psychiatrischer Behandlung ist; wobei einige dieser Sitzungen bei Dr. Rossi auch in seinem Kopf stattfinden könnten. Aber diese Irritationen, wozu auch die pulpigen Auftritte seiner Frau gehören, schleichen sich langsam in die Geschichte ein und lassen – im Film früher und subtiler als im Roman – immer mehr an der Zuverlässigkeit des Erzählers zweifeln.

Jon S. Bairds rabenschwarze, satirisch überspitze, surreale Komödie ist, knapp gesagt, „Trainspotting“ im Polizeimilieu und Bairds Film muss den Vergleich mit Danny Boyles Klassiker nicht scheuen. Außerdem ist die Vorlage für beide Filme von Irvine Welsh. Mit „Drecksau“ schrieb er einen Polizeiroman, der an die düsteren britischen Polizeikrimis von G. F. Newman anknüpft, der in seinen Inspector-Sneed-Romanen (auch bekannt als Bastard-Romane) die Welt der Polizei als korrupten Augiastall porträtiert. Und natürlich ist Robertson das britische Gegenstück zu dem namenlosen Polizisten (Harvey Keitel) in Abel Ferraras „Bad Lieutenant“ (1992), dessen Drogenkonsum auch beachtlich war.

Die Änderungen zum mit vierhundertfünfzig Seiten zu langen Roman sind eher miminal. Statt in Edinburgh spielt die Geschichte in Glasgow, aus dem ermordeten Afrikaner wurde ein ermordeter Japaner, aus der Sauftour nach Amsterdam wurde ein Hamburg-Besuch, aus dem Bandwurm, der im Roman das Geschehen kommentiert, wird im Film ein sich sehr seltsam benehmender Psychiater, es wurde einiges weggelassen, bei den Frauen gibt es einige Änderungen, die aber den Film nicht weniger schwarzhumorig-zynisch machen als die Vorlage und sie sogar verbessern. Denn Jon S. Baird bleibt dem Geist der Vorlage treu und porträtiert einen wirklich abstoßenden Polizisten, der dank der beachtlichen Leistung von James McAvoy, sogar einige fast schon sympathische Seiten hat.

Drecksau - Plakat

Drecksau (Filth, Großbritannien 2013)

Regie: Jon S. Baird

Drehbuch: Jon S. Baird

LV: Irvine Welsh: Filth, 1998 (Drecksau)

mit James McAvoy, Jamie Bell, Imogen Poots, Eddie Marsan, Jim Broadbend, Gary Lewis, Shirley Henderson

Länge: 101 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Die Vorlage

Welsh - Drecksau

Irvine Welsh: Drecksau

(übersetzt von Clara Drechsler und Harald Hellmann)

KiWi, 2011

464 Seiten

9,99 Euro

Deutsche Erstausgabe

Kiepenheuer und Witsch, 1999

Originalausgabe

Filth

Jonathan Cape, 1998

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Englische Homepage zum Film

Film-Zeit über „Drecksau“

Moviepilot über „Drecksau“

Metacritic über „Drecksau“

Rotten Tomatoes über „Drecksau“

Wikipedia über „Drecksau“ 

Homepage von Irvine Welsh

Perlentaucher über „Drecksau“

 


Neu im Kino/Filmkritik: In „Alles eine Frage der Zeit“ ist nichts eine Frage der Zeit

Oktober 17, 2013

An seinem 21. Geburtstag verrät sein Vater Tim Lake (Domhnall Gleeson) ein Geheimnis: In ihrer Familie können die Männer mit einigen Einschränkungen durch die Zeit reisen.

Während seine Ahnen diese Fähigkeit dazu benutzen, Geld anzuhäufen oder die Werke von Charles Dickens zweimal zu lesen, sucht Tim vor allem die Liebe seines Lebens – und, dank der Zeitreise, kann er sich ihr als der perfekte Liebhaber präsentieren. Vielleicht nicht beim ersten Mal. Aber beim zweiten oder dritten Mal.

Bei Richard Curtis, der das Buch schrieb und Regie führte, entstehen aus dieser Fähigkeit allerdings keine Konflikte oder moralische Dilemmas oder nicht bedachte Folgen. In Curtis‘ Film ist sie nur eine Möglichkeit, das eigene Leben zu verbessern, ohne dass sich in der Welt irgendetwas weltbewegendes ändert. Wenn Tim etwas nicht gelingt, dann versucht er es – wie in einem Labor – einfach noch einmal.

Ziemlich schnell wird deshalb die Zeitreisefähigkeit zu einem Gimmick für einen billigen Lacher, wenn er bei einem Gespräch mit seiner Sommerliebe immer in ein anderes Fettnäpfchen tappt oder er die erste Nacht mit seiner großen Liebe Mary (Rachel McAdams) so lange optimiert, bis er der größte Liebhaber aller Zeiten ist, sie mit ihrem Traummann zusammenbleiben will und sie gemeinsam eine Familie mit vielen Kindern gründen. Denn in „Alles eine Frage der Zeit“ geht es nur um die Verklärung des kleinen häuslichen Glücks mit Frau und Kind. Halt dem konservativen Idealbild einer Familie. Dazu passt auch, dass Tim Anwalt ist und er so schüchtern ist, dass er niemals bei Rot eine Ampel überqueren würde. Die beiden, ihre Eltern und ihre Freunde sind sympathische Menschen, die das tun, was sie in einer RomCom immer tun: sich verlieben und glücklich sein.

Und auf der Ebene ist „Alles eine Frage der Zeit“ als gut besetzte, etwas lang geratene romantische Komödie auch okay. Man muss halt nur die Zeitreise-Idee links liegen lassen (vielleicht hat Tim ja einfach nur eine blühende Fantasie) und sich nicht über die vielen verschenkten Möglichkeiten aufregen. Denn warum gibt es keine Konflikte, wenn Tim durch die Zeit reist? Warum ändert sich die Wirklichkeit nicht in einem größeren Maßstab? Kurz: Warum haben seine Handlungen keine Auswirkungen auf das Weltgeschehen? In „Alles eine Frage der Zeit“ ist Zeitreise das Äquivalent zu einem Laborversuch: wir probieren es einmal und dann ändern wir halt einfach der Reihe nach verschiedene Bedingungen und probieren verschiedene Sachen aus. Nur ist ein Film kein Laborversuch.

Andere Autoren, die sich mit Zeitreisen und den daraus entstehenden Problemen beschäftigten, haben die verschiedenen Paradoxien und unbedachten Auswirkungen ja thematisiert und natürlich fragten sie, ob man, wenn man weiß, dass etwas schreckliches Geschehen wird, das nicht verhindern sollte. Das bekannteste Beispiel ist natürlich die Frage, ob man Adolf Hitler nicht umbringen würde, wenn man es könnte. Stephen Fry schrieb dazu den köstlichen Roman „Geschichte machen“ (Making History, 1996). In Stephen Kings „Der Anschlag“ (11/22/63, 2011) versucht ein Zeitreisender die Ermordung von John F. Kennedy zu verhindern. Um nur zwei literarische Beispiele zu nennen. Genrejunkies können die Liste ja beliebig erweitern.

Das fragt Tim sich nie. Auch Autor und Regisseur Curtis interessiert sich nicht dafür. Außerdem bricht Curtis immer wieder, vollkommen willkürlich die von ihm etablierten Zeitreise-Regeln. So reist Tim irgendwann mit seiner Schwester in der Zeit zurück.

Insofern – und da tue ich wahrscheinlich Richard Curtis, der, nach „Vier Hochzeiten und ein Todesfall“, „Notting Hill“ und „Tatsächlich…Liebe“, einfach nur eine nette romantische Komödie inszenieren wollte, wahrscheinlich Unrecht – ist „Alles eine Frage der Zeit“ ein unappetitlich, bieder-reaktionärer Film, der schamlos einen Rückzug ins Private propagiert.

Alles eine Frage der Zeit - Plakat

Alles eine Frage der Zeit (About Time, Großbritannien 2013)

Regie: Richard Curtis

Drehbuch: Richard Curtis

mit Domhnall Gleeson, Rachel McAdams, Bill Nighy, Lydia Wilson, Lindsay Duncan, Richard Cordery, Joshua McGuire, Tom Hollander, Margot Robbie, Will Merrick, Vanessa Kirby

Länge: 124 Minuten

FSK: ab 0 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Film-Zeit über „Alles eine Frage der Zeit“

Moviepilot über „Alles eine Frage der Zeit“

Metacritic über „Alles eine Frage der Zeit“

Rotten Tomatoes über „Alles eine Frage der Zeit“

Wikipedia über „Alles eine Frage der Zeit“ (deutsch, englisch)


TV-Tipp für den 17. Oktober: Sturm

Oktober 17, 2013

3sat, 22.25
Sturm (Deutschland/Dänemark/Niederland 2009, R.: Hans-Christian Schmid)
Buch: Bernd Lange, Hans-Christian Schmid
Hannah Maynard führt vor dem Tribunal in Den Haag die Anklage gegen den bosnischen Serben und Kriegsverbrecher Duric. Als ihr Hauptzeuge sich in Widersprüche verwickelt, beginnt sie im ehemaligen Kriegsgebiet nach neuen Beweisen zu suchen.
Verdammt guter Politthriller
mit Kerry Fox, Anamaria Marinca, Stephen Dillane, Rolf Lassgård, Alexander Fehling, Tarik Filipovic, Jesper Christensen

Wiederholung: Freitag, 18. Oktober, 02.05 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Homepage zum Film

Film-Zeit über „Sturm“

Rotten Tomatoes über „Sturm“

Wikipedia über „Sturm“

Berlinale: Pressekonferenz zu „Sturm“ (beginnt erst nach über zwölf Minuten)

Meine Besprechung von “Sturm”


DVD-Kritik: Paul Verhoevens erster Hollywood-Film „Flesh + Blood“

Oktober 16, 2013

Bevor Paul Verhoeven nach Hollywood ging und mit „Total Recall“, „Robocop“ und „Basic Instinct“ zum weltweit bekannten Skandalregisseur wurde, der immer wieder Probleme mit der Zensur hatte und der in seinen Filmen ein veritabler Gesellschaftskritiker ist, war er in seiner Heimat Holland und Europa mit heute fast vergessenen Hits wie „Türkische Früchte“, „Der Soldat von Oranien“ und „Spetters – knallhart und romantisch“ schon bekannt.

Das jetzt mit interessantem Bonusmaterial auf DVD veröffentlichte, nicht mehr auf dem Index stehende Mittelalter-Drama „Flesh + Blood“ ist der Film, der in Verhoevens Karriere das Scharnier zwischen Europa und Hollywood bildet. Damals mit Hollywood-Geld und einem internationalen Cast in Spanien gedreht, war es ein von der Kritik zerrissener Flop, der in den USA nur einen Minimalstart hatte. Die katholische Filmkritik meint im „Lexikon des internationalen Films“ lapidar: „Wir raten ab.“

In dem Film erzählt Verhoeven die Geschichte des Söldners Martin (Rutger Hauer), der von seinem Feldherrn Hawkwood (Jack Thompson) nach der Einnahme einer Stadt verraten wird. Ohne Beute müssen sie abziehen. Kurz darauf kann Martin sich allerdings, mit seiner Bande, an ihrem Auftraggeber, Lord Arnolfini und seinem wissenschaftliche interessiertem Sohn Steven (Tom Burlinson), rächen. Er entführt die Steven versprochene Braut, Prinzessin Agnes (Jennifer Jason Leigh), die kurz darauf beginnt Martin zu becircen. Aus durchaus eigennützigen Motiven.

Sowieso sind in „Flesh + Blood“ die meisten Charaktere vom nackten Überlebensinstinkt und der Gier nach Sex und Reichtum angetrieben. Dafür betrügen und manipulieren sie hemmungslos. So nutzt Martin eine Heiligenfigur und den Glauben seiner Männer an diese Figur aus, um seinen Machtanspruch zu zementieren und Agnes für sich zu behalten. Und Agnes gibt sich Martin willig hin, um nicht von seiner gesamten Bande vergewaltigt zu werden.

In dieser Welt ist Hawkwood dann schon fast eine moralische Instanz. Nachdem er im Gefecht eine junge Nonne irrtümlich schwer verletzt, zieht er sich vom Söldnerhandwerk zurück und wird ein Bauer, bis er von Lord Arnolfini und seinem Sohn, der nach dem Tod seines Vaters ohne zu Zögern dessen Rolle übernimmt, erpresst wird, einen Feldzug gegen Martin zu starten.

Im informativen Audiokommentar, den Paul Verhoeven bereits vor über zehn Jahren aufnahm und der jetzt erstmals auf einer deutschsprachigen Ausgabe des Films erscheint, erzählt er, dass ursprünglich der Konflikt zwischen Martin und Hawkwood, zwei Freunde, die zu Gegnern werden, im Mittelpunkt des Films stehen sollte. Das hätte dann wohlige Erinnerungen an Sam Peckinpah Werks, vor allem natürlich „The Wild Bunch“, heraufbeschwört. Aber die Produzenten wollten, dass die Liebesgeschichte zwischen Steven und Agnes im Mittelpunkt steht. Das tut sie jetzt auch, wobei hier Liebe keinem romantischen Ideal, sondern reinen Zweckbündnissen und Eheversprechen gehorcht. So ist durchaus unklar, ob Steven Agnes unbedingt haben will, weil er in sie verliebt ist (eher unwahrscheinlich; immerhin kennt er sie überhaupt nicht) oder weil Martin ihm etwas gestohlen hat und ein lesekundiger Lord lässt sich nun einmal nichts von einem dahergelaufenem, ungebildeten Söldner stehlen.

Dieser illusionslose Blick auf seine Charaktere verleiht der Geschichte eine düstere Wucht, die von den Bildern unterstrichen wird.

Heute hat der Film, der bis zum März 2013 auf dem Index stand und daher einem Werbeverbot unterlag, nichts von seiner Wirkung verloren hat. Eigentlich hat er, im Gegensatz zu ungefähr zeitgleich entstandenen Filmen wie „Conan, der Barbar“, sogar gewonnen. Denn Verhoevens kompromisslose Version von dem Mittelalter ist düster, pessimistisch, vulgär und, wie der Titel sagt, voller Fleisch und Blut. Er dürfte damit dem wahren Mittelalter als düstere Zeit ziemlich nahe gekommen sein.

Flesh + Blood“ ist ein gnadenlos unterschätzter Paul-Verhoeven-Film, der jetzt in verschiedenen, gut ausgetatteten Ausgaben (wieder)entdeckt werden kann. Wir raten zu.

Flesh and Blood - DVD-Cover

Flesh + Blood (Flesh + Blood, USA 1985)

Regie: Paul Verhoeven

Drehbuch: Gerard Soeteman, Paul Verhoeven

mit Rutger Hauer, Jennifer Jason Leigh, Tom Burlinson, Jack Thompson, Susan Tyreel, Fernando Hillbeck, Ronald Lacey

DVD

Koch Media

Bild: 2.35:1 (16:9)

Ton: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 2.0)

Untertitel: Deutsch, Englisch

Bonusmaterial: Audiokommentar von Paul Verhoeven, Bildergalerie, deutscher und englischer Kinotrailer

FSK: ab 18 Jahre

Länge: 123 Minuten

Flesh and Blood - DVD-Cover Limited Edition

Blu-ray ist identisch. Es gibt auch ein Mediabook mit einer zusätzlichen, gut zweistündigen Bonus-DVD.

Hinweise

Rotten Tomatoes über „Flesh + Blood“

Turner Classic Movies über „Flesh + Blood“

Wikipedia über „Flesh + Blood“ (deutsch, englisch)


Lesereise: Jeremy Scahill stellt „Schmutzige Kriege“ vor

Oktober 16, 2013

 

Scahill - Schmutzige Kriege - 4

In seinem neuen Buch „Schmutzige Kriege – Amerikas geheime Kommandoaktionen“ erzählt Jeremy Scahill (zuletzt „Blackwater“ über die Söldnerfirma) wie nach 9/11 gezielte Tötungen zu einem zentralen Bestandteil der US-amerikanischen Sicherheitspolitik wurden und in welcher Tradition diese Politik steht.

Dieses Buch erzählt von der Ausweitung der verdeckten Kriege der USA, dem Machtmissbrauch durch die Regierung und vom Einsatz militärischer Eliteeinheiten, die sich allein dem Weißen Haus gegenüber zu verantworten haben und niemandem sonst Rechenschaft schuldig sind. ‚Schmutzige Kriege‘ enthüllt zudem, wie sich von den früheren republikanischen Regierungen bis zur heutigen demokratischen Präsidentschaft eine Geisteshaltung fortsetzt, der zufolge ‚die Welt ein Schlachtfeld ist’“, sagt Scahill im Vorwort.

Dafür reiste der „The Nation“- und „Democracy Now!“-Journalist um die halbe Welt, führte viele Interviews, las Dokumente und schrieb ein über siebenhundertseitiges Werk, wobei er über hundert Seiten mit Anmerkungen füllte, die seine Arbeit belegen. Und man nach dem Vorwort unbedingt weiterlesen möchte. Denn gut geschrieben – so mein erster Eindruck – ist der Wälzer auch.

Das ist US-amerikanisches Reportage-Handwerk, wie wir es kennen und lieben – und das es in dieser Form in Deutschland nicht gibt.

Jetzt stellt Scahill sein Buch auf einer kurzen Lesereise vor:

Mittwoch, 16. Oktober, Hamburg (Universität Hamburg, Hörsaal C, Philosophenturm,

Von Melle Park 6), 18.00 Uhr

Donnerstag, 17. Oktober, Berlin (European Center for Constitutional and Human Rights

Zossener Str. 55-58), 19.00 Uhr

Montag, 21. Oktober, Potsdam (Einstein Forum, Am Neuen Markt 7), 19.00 Uhr

Jeremy Scahill: Schmutzige Kriege – Amerikas geheime Kommandoaktionen

(übersetzt von Maria Zybak, Gabriele Gockel, Sonja Schuhmacher und Bernhard Jendricke, Kollektiv Druck-Reif)

Verlag Antje Kunstmann, 2013

720 Seiten

29,95 Euro

(vom Autor autorisierte, gekürzte Fassung)

Originalausgabe

Dirty Wars – The World is a Battlefield

Nation Books, 2013

Hinweise

Twitter-Account von Jeremy Scahill

Homepage zum Buch und Film

Perlentaucher über Jeremy Scahills „Schmutzige Kriege“

Rotten Tomatoes über „Dirty Wars“

Wikipedia über Jeremy Scahill

Wer keine Lesung besuchen kann, kann sich Jeremy Scahill ansehen


TV-Tipp für den 16. Oktober: Mitternacht im Garten von Gut und Böse

Oktober 16, 2013

Arte, 20.15

Mitternacht im Garten von Gut und Böse (USA 1997, R.: Clint Eastwood)

Drehbuch: John Lee Hancock

LV: John Berendt: Midnight at the Garden of Good and Evil, 1994 (Mitternacht im Garten der Lüste)

Der New Yorker Reporter John Kelso soll in Savannah, Georgia, nur über die traditionelle Weihnachtsfeier eines vermögenden Antiquitätenhändlers berichten. Aber dann geschieht ein Mord und Savannah hat einen ausgewachsenen Skandal.

Bei der Verfilmung des, an der Kinokasse ziemlich untergegangenen, True-Crime-Bestsellers von John Berendt beschränkte Clint Eastwood sich auf die Regie. Er inszenierte ein langes, nicht sonderlich spannendes, in einer Gerichtsverhandlung mündendes  Opus über die Doppelmoral im Süden der USA.

„Eastwoods Faszination für gepflegte Langsamkeit [verlangt] dem Zuschauer einiges an Geduld ab. Wer sie aufbringt, wird entlohnt mit dem exotischen Sittengemälde einer bizarren Gesellschaft der obersten Tausend.“ (Angie Dullinger, AZ)

Mit John Cusack, Kevin Spacey, Jude Law, Alison Eastwood, Lady Chablis (als sie selbst)

Wiederholung: Freitag, 18. Oktober, 14.00 Uhr

Hinweise

Booknotes: Interview mit John Berendt (28. August 1997)

Metacritic über „Mitternacht im Garten von Gut und Böse“

Rotten Tomatoes über „Mitternacht im Garten von Gut und Böse“

Wikipedia über „Mitternacht im Garten von Gut und Böse“ (englisch, deutsch)

Kriminalakte: Glückwünsche zum achtzigsten Geburtstag von Clint Eastwood

Meine Besprechung von Clint Eastwoods „Hereafter – Das Leben danach“ (Hereafter, USA 2010)

Clint Eastwood in der Kriminalakte