Alter Scheiß? A. D. G.: Die Nacht der kranken Hunde

Dezember 20, 2023

Bereits auf den ersten Seiten von A. D. G.s im ländlichen Frankreich in den frühen siebziger Jahren spielendem Noir „Die Nacht der kranken Hunde“ gibt es die größte Überraschung des Romans. Sicher, später gibt es weitere Überraschungen, aber die sind genre-immanent. Die erste Überraschung ist es nicht.

Eine Reinmachefrau entdeckt in einem Schloss die Leiche der Hausbesitzerin Mademoiselle de Sébillet. de Sébillet ist eine ältere, allein lebende, sehr fromme, misstrauische und im Dorf unbeliebte Dame. Die alte Jungfer wurde in ihrem Bett erwürgt. Alle Fensterläden und Türen waren verriegelt. Vom Täter gibt es keine Spur.

Aber die Einheimischen verdächtigen nicht die Gruppe Hippies, die wenige Stunden vorher in der Nähe des Dorfes auf einem brachliegendem Stück Land ihr Lager aufschlugen. Für die Dörfler scheiden die Hippies aus einem einfachen Grund als Täter aus. Die Ermordete war gegenüber anderen Menschen so misstrauisch, dass sie niemals jemand Fremdes, vor allem nicht nach Einbruch der Dunkelheit, in ihr Haus gelassen hätte.

Also muss ein anderer Täter gesucht werden.

Für dieses Tätersuchspiel und den Krimiplot interessiert A. D. G. sich in seinem 1972 in Frankreich erstmals veröffentlichten Noir nicht. Sicher, es passiert einiges und unter der friedlichen Oberfläche eines Provinzdorfes, enthüllt A. D. G. erstaunlich viele Verbrechen, die teilweise weit in die Vergangenheit zurückreichen. Aber im Zweifelsfall zieht der Erzähler sich in die Dorfkneipe zurück oder er hängt mit der Gruppe Neuankömmlinge ab und plaudert mit ihnen und neugierigen Journalisten über Gott und die Welt.

Trotzdem ist der frühe Country-Noir „Die Nacht der kranken Hunde“ für die Fans des französischen Noirs eine willkommene Wiederentdeckung. Schließlich ist der Autor A. D. G., bürgerlich Alain Fournier (1947 – 2004), ein bekannter Noir-Autor, dessen Werke immer wieder ins Deutsche übersetzt wurden. Die literarische Qualität seiner Romane wurde nie bestritten. Aber es gab noch die andere Seite von A. D. G.. Er bezeichnete sich als rechten Anarchisten und wurde auch das literarische Alibi des Front National genannt.

In seinem Nachwort zur Neuausgabe von „Die Nacht der kranken Hunde“ ordnet Martin Compart, der im Elsinor-Verlag die Noir-Reihe herausgibt, Autor, Leben und Werk gewohnt umfangreich und kundig ein: „Seine Energie, seine Vorliebe für spannende Intrigen und verdrehte Plots und sein poetisches Schreiben haben A. D. G. zu einer herausragenden Figur im Noir-Thriller gemacht. Sein Werk ist politisch nicht leicht einzuordnen. Allen Romanen wohnt eine virulente Gesellschaftskritik inne, die ideologisch auch als ‚links‘ fasslich wäre.“

In den Siebzigern waren seine Neo-Polars, die in der einflussreichen „Série Noire“ des Verlags Gallimard erschienen, Bestseller. Andere Krimiautoren, wie Jean-Patrick Manchette, Patrick Raynal, Frédéric H. Fajardie und Jean Vautrin, lobten seine Werke. Sie gehörten zu den Begründern des Neo-Polars und damit des modernen französischen Kriminalromans.

A. D. G.s zunehmend rechte politische Einstellung war seinen Krimis nicht anzumerken. Der persönliche Umgang mit ihm wurde schwieriger. Spätestens ab Mitte der siebziger Jahre war er ideologisch eindeutig im ultrarechten Lager angekommen. 1982 zog er in das französische Übersee-Departement Neukaledonien. Er schrieb weiter Kriminalromane; wobei ihm die drei letzten seiner damals für die „Série Noire“ geschriebenen Noirs nachträglich nicht mehr gefielen. Zwischen 1988 und 2003 veröffentlichte er keine Romane.

In Neukaledonien engagierte er sich politisch als Herausgeber einer Zeitschrift und beim Aufbau von Strukturen für die Front National (seit 2018 Rassemblement National). Er kandidierte auch für die damals offen, sich inzwischen um ein bürgerliches Anlitz bemühende rechtsextreme Partei. Zu seiner Beerdigung im November 2004 kamen zahlreiche rechte Politiker, unter anderem Jean-Marie und Marine Le Pen.

Das war allerdings alles Jahre nach der Veröffentlichung von „Die Nacht der kranken Hunde“. Der Noir überzeugt vor allem als angenehm respektlos geschriebenes Porträt eines Dorfes und der Verbrechen, die seine Bewohner verüben.

A. D. G.: Die Nacht der kranken Hunde

(übersetzt von Kurt Müller) (mit einem Nachwort von Martin Compart)

Elsinor, 2023

196 Seiten

19 Euro

Deutsche Erstausgabe

König Verlag, München, 1973

Originalausgabe

La nuit des grands chiens malades

Éditions Gallimard, Paris, 1972

Hinweise

Elsinor über das Buch

Wikipedia über A. D. G.


Amtlich geprüfte mörderische Weihnachten auf der Insel, Jahrgang 2023 – und der Doktor ist auch dabei

Dezember 18, 2023

Verschneite Weihnachten gibt es nur noch in diesen kitschigen Weihnachtsfilmen, die sich niemand ansieht. Oder in den typisch englischen Rätselkrimis, in denen sich an Weihnachten die gesamte Familie im Landhaus versammelt und den Abend mit dem Mord an einem allseits verhassten Familienmitglied beendet. Manchmal tut es auch eine Gruppe Menschen, die sich zufällig beispielsweise in einem Zug oder einem Dampfschiff treffen und die zufällig alle einen guten Grund für den Mord hatten. Agatha Christie war eine Meisterin im Erfinden dieser Rätselkrimis. Eine ihrer Nachahmerinnen ist Alexandra Benedict. Doch bevor wir uns ihrem „Mord im Christmas Express“ widmen, werden wir einen Blick in die unlängst erschienene Kurzgeschichtensammlung „Weihnachten mit Agatha Christie – Alle Geschichten zum Fest“. Auf 272 Seiten sind alle von Agatha Christie geschriebenen Kurzgeschichten gesammelt, die irgendetwas mit Weihnachten zu tun haben.

Manchmal ist Weihnachten nur noch daran erkennbar, dass Christie in der Geschichte sagt, es sei Weihnachten. Und nicht jede ihrer Weihnachtsgeschichten ist eine Kriminalgeschichte; – eigentlich sind sogar erstaunlich viele der Geschichten keine Kriminalgeschichten. Sicher. Es gibt Kriminalgeschichten mit Miss Marple und Hercule Poirot (wozu auch beide Versionen der Geschichte mit dem Plumpudding gehören) und einigen Kriminalgeschichten ohne ihre weltbekannten Ermittler. Im ersten Text des Sammelbandes erinnert sich Agatha Christie an ihre zahlreichen „Weihnachten auf Abney Hall“. Außerdem wurden die sechs Geschichten, die in „Es begab sich aber… . Bezaubernde Geschichten von himmlischen und irdischen Wundern, die immer und überall geschehen können“ enthalten sind, wieder abgedruckt. Da gibt es dann „Die Fahrt auf der Themse“, die eine Frau, die Menschen nicht mag, verändert, und eine sich über mehrere Kurzgeschichten erstreckende alternative Erzählung der Geschichte von Jesus Geburt.

Zwei Dinge fallen bei dieser Kurzgeschichtensammlung auf. So schrieb Agatha Christie in ihrem langen Schriftstellerleben erstaunlich wenige Kurzgeschichten, die etwas mit Weihnachten zu tun haben. Vierzehn Geschichten und eine Erinnerung sind in dem Buch abgedruckt. Ohne die Geschichte „Die Ankunft des Mr Quin“, die an Silvester spielt, wäre das Buch sogar gut dreißig Seiten dünner geraten. Und es fällt auf, dass Agatha Christie keine gute Kurzgeschichtenautorin war. Ihre Romane sind besser.

Agatha Christie: Weihnachten mit Agatha Christie – Alle Geschichten zum Fest

(übersetzt von Günter Eichel, Lia Franken, Hans Erik Hausner, Michael Mundhenk, Renate Orth-Guttmann und Lotte Schwarz)

Atlantik, 2023

272 Seiten

22 Euro

enthält:

Weihnachten auf Abney Hall (aus Die Autobiographie, 1977)

Die Versuchung (1965)

Die Pralinenschachtel (1923)

Der unfolgsame Esel (1965)

Eine Weihnachtstragödie (1930)

Die Fahrt auf der Themse (1965)

Ein Weihnachtsabenteuer (1923; eine frühe Fassung von „Das Geheimnis des Plumpuddings“)

In der Abendkühle (1965)

Die Pfarrerstochter (1923)

Das Rote Haus (1923)

Die vierzehn Nothelfer (1965)

Das Geheimnis des Plumpuddings (1960)

Der Traum vom Glück (1924)

Die Insel (1965)

Die Ankunft des Mr Quin (1924)

Hinweise

Wikipedia über Agatha Christie (deutsch, englisch)

Homepage von Agatha Christie

Krimi-Couch über Agatha Christie

Meine Besprechung von Agatha Christies „Mord im Orientexpress“ (Murder on the Orient Express, 1934)

Meine Besprechung von John Guillermins Agatha-Christie-Verfilmung “Tod auf dem Nil” (Death on the Nile, Großbritannien 1978)

Meine Besprechung von Michael Winners Agatha-Christie-Verfilmung „Rendezvous mit einer Leiche“ (Appointment with Death, USA 1988)

Meine Besprechung von Kenneth Branaghs Agatha-Christie-Verfilmung „Mord im Orientexpress“ (Murder on the Orient Express, USA 2017)

Meine Besprechung von Gilles Paquet-Brenner Agatha-Christie-Verfilmung „Das krumme Haus“ (Crooked House, USA 2017) (und Buchbesprechung)

Meine Besprechung von Kenneth Branaghs Agatha-Christie-Verfilmung „Tod auf dem Nil“ (Death on the Nile, USA/Großbritannien 2022) (und Buchbesprechung)

Meine Besprechung von Kenneth Branaghs Agatha-Christie-Verfilmung „A Haunting in Venice“ (A Haunting in Venice, USA 2023) (und Buchbesprechung)

Viel Schnee gibt es in Alexandra Benedicts „Mord im Christmas Express“. Rosalind ‚Roz‘ Parker ist am 23. Dezember auf dem Weg nach Schottland. Bis vor kurzem war sie Detective bei der Londoner Polizei. Künftig will sie sich um ihre Tochter und ihre Enkelin, die früher zur Welt kommt als geplant, kümmern.

Kurz vor dem Ziel bleibt der Nachtzug im Schnee stecken. Und es gibt eine Leiche. Die Influencerin Meg Forth wurde tot in ihrem Abteil aufgefunden. Es ist von innen verschlossen. Es gibt keine Spuren im Schnee. Trotzdem sind Roz und alle anderen Mitreisenden überzeugt, dass Meg ermordet wurde. Wahrscheinlich von ihrem Freund Grant McVey.

Als gewiefter Krimileser schließt man ihren jähzornigen und besitzergreifenden Freund sofort als Täter aus. Das liegt vor allem daran, dass Benedict im Prolog explizit Meg als Opfer und Grant als Täter nennt. Für eine Rätselkrimi wäre dieses Verraten des Täters durch den Autor auf den ersten Seiten kontraproduktiv und ein ultimativer Verrat an den Regeln des Spiels, das von Benedict gespielt wird. „Mord im Christmas Express“ soll nämlich ein in der Gegenwart spielender, nichtsdestotrotz traditioneller Rätselkrimi sein. So erwähnt sie mehrmals Agatha Christe und ihren „Mord im Orientexpress“. Der Mord geschieht, wie wir es aus den Cozies kennen, erst ziemlich spät. In diesem Fall wird Megs Leiche in der Buchmitte entdeckt. Bis dahin stellt Benedict die verschiedenen Zugpassagiere vor und streut Verdachtsmomente gegen sie ge. Danach werden verschiedene Spuren verfolgt und Roz fragt sich, wie der Mörder das von innen verschlossene Abteil verlassen konnte.

Als Rätselkrimi ist Alexandra Benedicts „Mord im Christmas Express“ trotzdem eine ziemliche Enttäuschung. Ein Rätselkrimi lebt von den kunstvoll gelegten falschen Fährten und der überraschenden, im nachhinein überzeugenden Auflösung. Beides ist hier bestenfalls in homöopathischen Dosen vorhanden.

Der Rest ist dann locker vor sich hin erzählt und wir erfahren mehr über Roz‘ Leben, ihre Gefühle und Wünsche als wir jemals über Miss Marple und Hercule Poirot erfahren haben.

In Großbritannien hat Alexander Benedict seit 2005 zwanzig Bücher, teils Cozy-Krimis, teils Science-Fiction, teils Mystery, teils historische Liebesgeschichten, teils Serien, teils Einzelromane, veröffentlicht. „Mord im Christmas Express“ ist der erste von ihr auf Deutsch veröffentlichte Roman und bislang ein Einzelroman.

Alexandra Benedict: Mord im Christmas Express

(übersetzt von Anke Caroline Burger)

Tropen, 2023

336 Seiten

17 Euro

Originalausgabe

Murder on the Christmas Express

Simon & Schuster, London, 2022

Hinweise

Homepage von Alexandra Benedict

Fantastic Fiction über Alexandra Benedict

Es ist kein Weihnachtskrimi.“ sagt Richard Osman über seinen neuen Krimi „Der Donnerstagsmordclub oder Ein Teufel stirbt immer zuletzt“. Der Roman beginnt an Weihnachten. Aber der Anlass für den Mord und der Mord geschehen erst am 27. Dezember. An diesem Tag nach Weihnachten gibt bei dem Antiquitätenhändler Kuldesh Shamar ein Drogenkurier ein Terrakottagefäß ab. Es enthält eine Ladung Drogen. Shamar soll als zwangsrekrutierter Zwischenhändler das Gefäß am nächsten Tag weiterverkaufen. Am Abend wird er in einem Waldstück erschossen. Seine Leiche wird erst am 1. Januar von einem Spaziergänger entdeckt.

Weil die Mitglieder des Donnerstagsmordclubs – einem wöchentlichen Treffen von vier Bewohnern der noblen Seniorenresidenz Coppers Chase in der südostenglischen Grafschaft Kent – das Opfer kennen, beginnen Joyce Meadowcroft, Elizabeth Best, Ron Ritchie und Ibrahim Arif mit der Suche nach dem Täter. Liebevoll unterstützt werden sie von aus früheren Mordfällen mit ihnen befreundeten Polizisten. Die lokalen Drogenbanden, die den Handel in der Gegend unter sich aufgeteilt haben, treiben sie mit ihrer bewährten Mischung aus Gebrechlichkeit, Penetranz und Schrulligkei in den Wahnsinn. Und schnell stapeln sich in der Gegend die Leichen.

Der Donnerstagsmordclub oder Ein Teufel stirbt immer zuletzt“ ist der bereits vierte „Donnerstagsmordclub“-Krimi von Richard Osman, der sich kaum von seinen vorherigen Krimis unterscheidet. Alles ist ziemlich cozy, mild humoristisch und dialoggetrieben. Der Plot ist eher vernachlässigbar. Der Rätselplot sowieso. Die „Donnerstagsmordclub“-Krimis sind, auch wenn sie auf den ersten Blick so wirken, keine klassischen Rätselkrimis. Der Verkaufserfolg immens. Alle „Donnerstagsmordclub“-Krimis wurden Bestseller. Im Moment steht der vierte Band der Serie auf dem dritten Platz der Spiegel-Bestsellerliste.

 

Richard Osman: Der Donnerstagsmordclub oder Ein Teufel stirbt immer zuletzt

(übersetzt von Sabine Roth)

List, 2023

432 Seiten

17,99 Euro

Originalausgabe

The last Devil to die

Viking, UK, 2023

Hinweise

Wikipedia über Richard Osman (deutsch, englisch)

List über Richard Osman

BookMarks über „Der Donnerstagsmordclub oder Ein Teufel stirbt immer zuletzt“

Meine Besprechung von Richard Osmans „Der Donnerstagsmordclub“ (The Thursday Murder Club, 2020)

Meine Besprechung von Richard Osmans „Der Mann, der zweimal starb“ (The Man who died twice, 2021)

Mein Bericht über Richard Osmans Besuch 2022 in Berlin

Mein Interview mit Richard Osman über „Der Donnerstagsmordclub oder Ein Teufel stirbt immer zuletzt“ (The last Devil to die, 2023)

In seinem Krimi „Das Geheimnis der Silvesternacht“ schickt Nicholas Blake seinen Ermittler, Privatdetektiv Nigel Strangeways, ins malerisch verschneite Downcombe. Im Auftrag der Abteilung für Innere Sicherheit soll er über die Weihnachtsferien Professor Alfred Wragby beschützen. Wragby ist ein Physiker, der gerade eine Entdeckung gemacht hat, für die sich auch Russland interessiert. Für Strangeways klingt das nach einigen entspannten Tagen in einem eingeschneiten Landsitz im Südwesten Englands.

Weil Wragby ein unbestechlicher Wissenschaftler ist, entführen die russischen Agenten und ihre Handlanger kurz nach Weihnachten Wragbys achtjährige Tochter Lucy. Sie wollen sie freilassen, wenn er ihnen alles über seine Entdeckung verrät. Allerdings haben die Entführer nicht mit Wragbys Sturheit und Lucys Schlauheit gerechnet.

Zwischen 1935 und 1966 schrieb Nicholas Blake sechzehn Strangeways-Kriminalromane. „Das Geheimnis der Silvesternacht“ ist der fünfzehnte Strangeways-Krimi und Strangeways hat nur eine Nebenrolle in dem Entführungsthriller, in dem die Täter von Anfang an bekannt sind (im ersten Kapitel des Krimis besprechen sie ausführlich ihren Plan) und Blake die Geschichte parallel aus mehreren Perspektiven erzählt. Die Formel, die die Entführer von Wragby erpressen wollen ist dabei nur ein austauschbarer MacGuffin. Der Ost/West-Konflikt ist nur die ebenso austauschbare Kulisse für eine Entführungsgeschichte, die 1962/1963 spielen soll, aber wie eine Geschichte aus den Fünfzigern oder einem noch früherem Jahrzehnt wirkt.

Nicholas Blake: Das Geheimnis der Silvesternacht

(neu übersetzt von Dorothee Merkel)

Klett-Cotta, 2023

336 Seiten

20 Euro

Originalausgabe

The Sad Variety

Collins Crime Club, Glasgow, 1964

Deutsche Erstausgabe

Ein Engel soll sterben

Gebrüder Weiss Verlag, 1966

Hinweise

Wikipedia über Nicholas Blake (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Nicholas Blakes „Das Geheimnis von Dower House – Eine weihnachtliche Kriminalgeschichte“ (Thou Shell of Death, 1936)

Zugegeben, das letzte Buch dieser Kolumne mit in diesem Jahr neu oder erstmals veröffentlichten, in England spielenden Weihnachtskrimis ist kein Kriminalroman, noch nicht einmal ein Buch mit Kurzkrimis (auch wenn es die ein oder andere Straftat gibt), aber etliche Geschichten spielen in Großbritannien, meistens in London, der Held der Geschichten ist eine britische Institution und alle zwölf Geschichten sind äußerst kurzweilige Weihnachtsgeschichten. Jacqueline Rayner, Colin Brake, Richard Dungworth, Mike Tucker, Gary Russel und Scott Handcock schrieben Geschichten mit den damals, als das Buch im Original veröffentlicht wurde, bekannten zwölf Doktoren. Inzwischen ist die langlebige BBC-Serie „Doctor Who“ beim fünfzehnten Doktor angelangt.

Der Doktor beziehungsweise Doctor Who ist ein durch Raum und Zeit reisender Timelord vom Planeten Gallifrey. Er kann sich in neuer Gestalt mehr oder weniger vollständig regenerieren; – was eine ebenso geniale wie einfache Idee der TV-Serienmacher war, um Schauspielerwechsel und damit verbundene Veränderungen zu erklären. Das Raumschiff von Doctor Who, die TARDIS, sieht wie eine normale englische Polizei-Notrufzelle aus. Innen ist sie riesig. Meistens reist der Doktor allein. Aber er hat nichts gegen wechselnde menschliche Mitreisende.

Seine Abenteuer führen ihn in dem Sammelband „Die zwölf Doktoren der Weihnacht“ ziemlich oft nach London zu verschiedenen Jahren. Er besucht auch andere Orte auf der Erde. Einmal, am Heiligabend 1968, trifft er sich mit der Besatzung der Apollo 8 auf der erdabgewandten Seite des Mondes. In der Raumkapsel wurde nämlich ein Päckchen für den Doktor deponiert. Er holt es ab, zeigt den Astronauten seine TARDIS und lässt sie anschließend weiterfliegen. Zurück in ihrer Raumkapsel fragen sie sich, ob sie ihren Kollegen von der Begegnung mit dem im Weltraum ohne Atemgerät schwebenden Doktor erzählen sollen.

Und es geht noch weiter in den Weltraum zu unbemannten Frachtschiffen und für uns sehr fremden Planeten, auf denen der Doktor nicht immer willkommen ist.

Alle Geschichten, über die hier nicht mehr verraten werden soll, spielen an Weihnachten, es wird oft sehr weihnachtlich und, was noch wichtiger ist, alle Geschichten sind sehr vergnüglich.

Im Original erschien der Sammelband in der „BBC Children’s Book“-Reihe. Beim Lesen ist mir nicht aufgefallen, dass die Geschichten speziell für Kinder und Jugendliche geschrieben wurden.

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Da empfehle doch jetzt tatsächlich in einer Kolumne über Weihnachtskrimis, die dieses Jahr erstmals oder in einer neuen Ausgabe erschienen sind, am vollmundigsten eine Sammlung von Science-Fiction-Kurzgeschichten mit einer TV-Serienfigur als Hauptfigur.

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Unglaublich, aber wahr. Jedenfalls in diesem Universum.

V. A.: Doctor Who – Die zwölf Doktoren der Weihnacht

(übersetzt von Isabelle Gore)

Cross Cult, 2023

304 Seiten (+ 24 Seiten Illustrationen)

24 Euro

Originalausgabe

Doctor Who – Twelve Doctors of Christmas

BBC Children’s Books/Puffin Books/Penguin Random House, 2016

enthält

Jacqueline Rayner: Der Weihnachtswunsch (All I want for Christmas)

Colin Brake: Ein Winternachtsalbtraum (A Comedy of Terrors)

Jacqueline Rayner: Die Weihnachtsinversion (The Christmas Inversion)

Richard Dungworth: Drei Weise aus dem Abendland (Three Wise Men)

Mike Tucker: Sontars Helferlein (Sontar’s Little Helpers)

Gary Russel: Ein Märchen von New New York (Fairy Tale of New New York)

Mike Tucker: Die Weihnachtswerkstatt (The Grotto)

Scott Handcock: Geist der vergangenen Weihnacht (Ghost of Christmas Past)

Gary Russell: Das rote Fahrrad (The Red Bicycle)

Richard Dungworth: Flüchtiger Äther (Loose Wire)

Scott Handcock: Das Geschenk (The Gift)

Colin Brake: Die Beständigkeit der Erinnerung (The Persistence of Memory)

(Naa, da wecken die Originaltitel aber einige Assoziationen.)

Hinweise

BBC über „Doctor Who“ (englisch)

Wikipedia über „Doctor Who“ (deutsch, englisch)

BBC-YouTube-“Doctor Who“-Kanal (zum Abtauchen in den Strudel jenseits von Raum und Zeit)

Meine Besprechung von Stephen Baxters „Doctor Who: Rad aus Eis“ (Dcotor Who: The Wheel of Ice, 2012)

Meine Besprechung des Sammelbandes „Doctor Who: 11 Autoren – 11 Geschichten“ (Doctor Who – 11 Doctors 11 Stories, 2013)

Meine Besprechung von Justin Richards‘ „Doctor Who: Silhouette“ (Doctor Who: Silhouette, 2014)

Meine Besprechung von Ben Aaronovitch/Andrew Cartmel/Christoper Jones/Marco Leskos „Doctor Who – Der siebte Doctor: Tanz auf dem Vulkan“ (Doctor Who – The Seventh Doctor: Operation Volcano, 2018)

Meine Besprechung von Terry McDonoughs Spielfilm über die Anfänge von „Doctor Who“ „Ein Abenteuer in Raum und Zeit“ (An Adventure in Space and Time, Großbritannien 2013)


Ihr wollt noch mehr Tipps für Weihnachtskrimis?

Gerne: hier und hier und es gibt Zyankali vom Weihnachtsmann.

 


Neu im Kino/Filmkritik: „Kinder des Zorns“ – Über Kurt Wimmers Versuch, eine Kurzgeschichte von Stephen King zu verfilmen

Dezember 14, 2023

Manchmal braucht es nicht viel für ein langlebiges Franchise. In diesem Fall ist es eine Kurzgeschichte von Stephen King, die die Inspiration gab für zwei einprägsame Bilder: die sich im US-amerikanischen Hinterland bis hinter den Horizont erstreckenden Maisfelder und besessene Kinder, die Erwachsene töten. Beispielswiese das Gebiet durchquerende Touristen.

1984 verfilmte Fritz Kiersch Kings Geschichte. Seine Verfilmung „Kinder des Zorns“ (Children of the Corn) spielte an der Kinokasse sein Geld ein. Die Begeisterung von Kritik und Publikum war überschaubar – und das hat sich seitdem nicht geändert. Niemand hält „Kinder des Zorns“ (1984) ernsthaft für einen irgendwie guten, herausragenden Film, den man sich angesehen haben muss.

Trotzdem gab es seitdem zehn weitere Filme, von denen acht als Fortsetzungen, die wenig bis nichts miteinander verbindet (außer der Sache mit dem Getreide), gelabelt werden, ein Remake und jetzt Kurt Wimmers Reboot, das auch mal als Prequel bezeichnet wird.

Sein Prequel/Reboot spielt in der Gegenwart und erzählt die Vorgeschichte zu Kierschs Film und auch zu Stephen Kings erstmals 1977 publizierter Kurzgeschichte „Kinder des Mais“ (Children of the Corn). Wimmer erzählt also, wie die titelgebenden „Kinder des Zorns“ (aka Children of the Corn aka Kinder des Mais) zu den Kindern des Zorns wurden.

Kurt Wimmer ist für Genrefans ein bekannter Name. Er inszenierte den tollen SF-Thriller „Equilibrium“, aber auch die SF-Gurke „Ultraviolet“. Als Autor war er in „Die Thomas Crown Affäre“, „Street Kings“, „Salt“ und „Total Recall“ (das überflüssige Remake) involviert.

Das hätte also etwas werden können.

Hätte.

Entstanden ist ein erstaunlich misslungener, langweiliger, nichtssagender, das Potential von Stephen Kings Kurzgeschichte hoffnungslos verschenkender Horrorfilm, Nie gelingt es Wimmer, die überschaubaren und einfachen Regeln und Strukturen seiner Welt, nachvollziehbar zu etablieren. Er spricht viele Themen an, ohne sie sinnvoll zu vertiefen oder in die Geschichte zu integrieren. Seine Figuren verhalten sich durchgehend widersprüchlich und oft unlogisch.

Im Zentrum der bestenfalls erahnbaren Filmgeschichte steht die siebzehnjährige Boleyn (Elena Kampouris). Sie will demnächst die Gegend verlassen und in Boston an der Universität Mikrobiologie studieren. Jetzt kümmert sie sich noch um ihren jüngeren Bruder Cecil (Jayden McGinlay), streift durch das Korn und begegnet Gleichaltrigen, die sich die Zeit mit teils gefährlichen Spielen vertreiben.

Die zwölfjährige Eden (Kate Moyer) ist die Anführerin der Jugendlichen. Sie stachelt sie später zu einer Mordserie an den Erwachsenen auf.

Das alles hat etwas mit dem im Mais lebendem, Menschenopfer verlangendem Kornmonster, das Eden „Der hinter den Reihen geht“ nennt, zu tun.

Letztendlich schließt sich der neueste „Kinder des Zorns“-Film nahtlos an die vorherigen Filme der Serie an. Es ist ein vergessenswerter Horrorfilm, der ein vergessenswertes, allseits unbeliebtes und dennoch erstaunlich langlebiges Franchise fortsetzt.

P. S.: Gedreht wurde der Film von April bis Juni 2020. Die Premiere war am 23. Oktober 2020 in Sarasota, Florida. Der für 2022 geplante US-Kinostart wurde letztendlich auf den 3. März 2023 verschoben. Und jetzt läuft er bei uns im Kino.

Kinder des Zorns (Children of the Corn, USA 2020)

Regie: Kurt Wimmer

Drehbuch: Kurt Wimmer

LV (Inspiration): Stephen King: Children of the Corn, 1977 (Kurzgeschichte, Penthouse) (Kinder des Mais, erschienen in „Nachtschicht“)

mit Elena Kampouris, Kate Moyer, Callan Murphy, Bruce Spence, Stephen Hunter, Jayden McGinlay, Ashlee Juergens, Sisi Stringer, Joe Klocek

Länge: 93 Minuten

FSK: ab 18 Jahre

Die Inspiration

Wer hätte das vor über vierzig Jahren gedacht? Nämlich dass ein Buch, und dazu noch eine Kurzgeschichtensammlung (die als notorisch unverkäuflich eingeschätzt werden), seit seiner Erstaufflage im Original und in der Übersetzung nie ‚out of print‘ war? Im Fall von „Nachtschicht“ ist Stephen King genau das gelungen. Außerdem inspiriert diese Sammlung von zwanzig spannenden Kurzgeschichten immer noch Filmemacher. 2020 gab es eine neue Verfilmung von „Children of the Corn“, dieses Jahr eine von „The Boogeyman“ und dazwischen verschiedene Ein-Dollar-Verfilmungen. Das ist eine von Stephen King jungen Filmemachern gewährte Option: sie dürfen für einen eher symbolischen Dollar eine seiner Kurzgeschichten verfilmen. Es gibt nur eine Bedingung: sie dürfen ihren Film danach nur in einem sehr begrenzten, nicht-kommerziellem Rahmen aufführen. Und Stephen King sieht sich das Werk an.

Stephen Kings erste Sammlung von Kurzgeschichten enthält:

Briefe aus Jerusalem (Jerusalem’s Lot, 1978)

Spätschicht (Graveyard Shift, 1970)

Nächtliche Brandung (Night Surf, 1974)

Ich bin das Tor (I Am the Doorway, 1971)

Der Wäschemangler (The Mangler, 1972)

Das Schreckgespenst (The Boogeyman, 1973)

Graue Masse (Gray Matter, 1973)

Schlachtfeld (Battleground, 1972)

Lastwagen (Trucks, 1973)

Manchmal kommen sie wieder (Sometimes They Come Back, 1974)

Erdbeerfrühling (Strawberry Spring, 1975)

Der Mauervorsprung (The Ledge, 1976)

Der Rasenmähermann (The Lawnmower Man, 1975)

Quitters, Inc. (Quitters, Inc. 1978)

Ich weiß, was du brauchst (I Know What You Need, 1976)

Kinder des Mais (Children of the Corn, 1977)

Die letzte Sprosse (The Last Rung on the Ladder, 1978)

Der Mann, der Blumen liebte (The Man Who Loved Flowers, 1977)

Einen auf den Weg (One for the road, 1978)

Die Frau im Zimmer (The Woman in the Room 1978)

Stephen King: Nachtschicht

(übersetzt von Barbara Heidkamp, Harro Christensen, Michael Kubiak, Karin Balfer, Ulrike A. Pollay, Sabine Kuhn, Ingrid Herrmann, Wolfgang Hohlbein, Bernd Seligmann und Stefan Sturm)

Lübbe, 1988

448 Seiten

13 Euro

Deutsche Erstausgabe

Lübbe, 1984

Originalausgabe

Nightshift

Doubleday, 1978

Hinweise

Moviepilot über „Kinder des Zorns“ (2020)

Metacritic über „Kinder des Zorns“ (2020)

Rotten Tomatoes über „Kinder des Zorns“ (2020)

Wikipedia über „Kinder des Zorns“ (2020) (deutsch, englisch)

Homepage von Stephen King

Mein Porträt zu Stephen Kings Geburtstag

Meine Besprechung von Stephen Kings/Richard Bachmans „Qual“ (Blaze, 2007)

Meine Besprechung von Stephen Kings „Nachgelassene Dinge“ (The things they left behind) in Ed McBains „Die hohe Kunst des Mordens“ (Transgressions, 2005)

Meine Besprechung von Stephen Kings „Colorado Kid“ (The Colorado Kid, 2005)

Meine Besprechung von Joe Hill/Stephen King/Richard Mathesons „Road Rage“ (Road Rage, 2012)

Meine Besprechung der auf Stephen Kings Novelle “The Colorado Kid” basierenden TV-Serie “Haven”

Meine Besprechung von Kimberly Peirces Stephen-King-Verfilmung “Carrie” (Carrie, USA 2013)

Meine Besprechung von Tod Williams‘ Stephen-King-Verfilmung „Puls“ (Cell, USA 2016)

Meine Besprechung von Stephen Kings „Der dunkle Turm: Schwarz“ (The Dark Tower: The Gunslinger, 1982) und von Nikolaj Arcels Romanverfilmung „Der dunkle Turm“ (The dark Tower, USA 2017)

Meine Besprechung von Andy Muschiettis „Es“ (It, USA 2017)

Meine Besprechung von Stephen Kings „Friedhof der Kuscheltiere“ (Pet Sematary, 1983) und Kevin Kölsch/Dennis Widmyers Romanverfilmung „Friedhof der Kuscheltiere“ (Pet Sematary, USA 2019)

Meine Besprechung von Andy Muschietti Stephen-King-Verfilmung „Es Kapitel 2″ (It Chapter 2, USA 2019)

Meine Besprechung von Mike Flanagans „Stephen Kings Doctor Sleeps Erwachen“ (Doctor Sleep, USA 2019) (wahrscheinlich einer der Filmtitel, die kein Mensch an der Kinokasse vollständig ausgesprochen hat)

Meine Besprechung von Rob Savages Stephen-King-Verfilmung „The Boogeyman“ (The Boogeyman, USA 2023)

Meine Besprechung von Stephen Kings „Doctor Sleep“ (Doctor Sleep, 2013)

Meine Besprechung von Stephen Kings „Später“ (Later, 2021)

Stephen King in der Kriminalakte, in seinem Trailer-Park und auf Europa-Tour


Im Verhörzimmer: Richard Osman über seinen neuen Krimi „Der Donnerstagsmordclub oder Ein Teufel stirbt immer zuletzt“

Dezember 6, 2023

Wenige Tage vor der Veröffentlichung von Richard Osmans neuem Kriminalroman „Der Donnerstagsmordclub oder Ein Teufel stirbt immer zuletzt“ trafen wir den Bestsellerautor im Herzen von Berlin im Teehaus im Englischen Garten und sprachen mit ihm über seinen neuen Roman, inwiefern es ein Weihnachtskrimi ist, über die Inspiration für den Donnerstagsmordclub, die literarische Ahnenreihe, in der der Donnerstagsmordclub ermittelt, und die geplante Verfilmung.

Der titelgebende Donnerstagsmordclub besteht aus Joyce Meadowcroft, Elizabeth Best, Ron Ritchie und Ibrahim Arif. Sie leben in der noblen Senieorenresidenz Coppers Chase in der Grafschaft Kent. Dort treffen sich jeden Donnerstag, um über alte Mordfälle zu reden. Falls sie nicht gerade einen aktuellen Mordfall aufklären müssen. Dabei kommt ihnen ihre Lebenserfahrung, teils auch ihre früheren Berufe und Kontakte, und die allgemeine Unsichtbarkeit und Harmlosigkeit alter Menschen zugute. Denn welcher hartgesottene Verbrecher und Mörder erwartet schon, dass ihm einige alte Menschen, die sich ohne Gehhilfe kaum fortbewegen können, ihm Probleme bereiten könnten.

Das erste Buch mit dem Donnerstagsmordclub, betitelt „Der Donnerstagsmordclub“, erschien 2020 und war in Großbritannien sofort ein Bestseller. Die deutsche Übersetzung erschien 2021 und sie verkaufte sich ebenfalls ausgezeichnet.

Der Mann der zweimal starb“, „Der Donnerstagsmordclub und die verirrte Kugel“ und jetzt „Der Donnerstagsmordclub oder Ein Teufel stirbt immer zuletzt“ wurden ebenfalls Bestseller.

Im vierten Roman der Cozy-Crime-Serie wollen Elizabeth, Jocye, Ron und Ibrahim den Mord an dem mit ihnen befreundeten Antiquitätenhändler Kuldesh Shamar aufklären.

Ein Drogenhändler benutzte ihn und sein Geschäft, ohne ihn um Erlaubnis zu fragen, als Zwischenstation für den Schmuggel von Drogen.

Kurz darauf ist Kuldesh tot. Die Drogen und das Terrakottagefäß, in dem sie unauffällig transportiert wurden, sind verschwunden.

Wer seine Krimis gerne cozy, etwas humorvoll und mit vielen Dialogen hat, wird auch mit dem vierten Fall des Donnerstagsmordclubs einige schön entspannte Stunden verleben. Wer dagegen lieber einen ausgefuchsten Plot mit vielen Verdächtigen und noch mehr falschen Fährten hat, also einen Rätselkrimi im Agatha-Christie-Stil erwartet, wird enttäuscht sein.

Richard Osman: Der Donnerstagsmordclub oder Ein Teufel stirbt immer zuletzt

(übersetzt von Sabine Roth)

List, 2023

432 Seiten

17,99 Euro

Originalausgabe

The last Devil to die

Viking, UK, 2023

Hinweise

Wikipedia über Richard Osman (deutsch, englisch)

List über Richard Osman

BookMarks über „Der Donnerstagsmordclub oder Ein Teufel stirbt immer zuletzt“

Meine Besprechung von Richard Osmans „Der Donnerstagsmordclub“ (The Thursday Murder Club, 2020)

Meine Besprechung von Richard Osmans „Der Mann, der zweimal starb“ (The Man who died twice, 2021)

Mein Bericht über Richard Osmans Besuch 2022 in Berlin


„Stadt ohne Gnade“, „Eine Braut, für die man mordet“ und „Das große Sterben“: Über die Neuausgabe von Frank Millers Sin City

November 15, 2023

Wie liest sich Frank Millers „Sin City“ heute, ungefähr dreißig Jahre nachdem die Geschichten erstmals veröffentlicht und abgefeiert wurden? Sie machten Frank Miller über die Comicszene hinaus bekannt. Dort hatte er nach seiner bahnbrechenden „Batman“-Neuinterpretation „The Dark Knight returns“ bereits einen guten Ruf. Aber damals waren Comics in der öffentlichen Wahrnehmung, vor allem Superheldencomics, noch Kinderkram.

2005 verfilmten Robert Rodriguez und Frank Miller kongenial einige „Sin City“-Geschichten. „Sin City“ begeisterte die Kritiker und das Publikum. Spätestens in dem Moment war Frank Miller allgemein bekannt und, vor allem bei Noir- und Hardboiled-Fans, beliebt.

In den vergangenen Jahren lösten einige von Frank Millers öffentlichen Äußerungen und seine Werke auch bei devoten Fans ein ungläubiges Stirnrunzeln aus; verbunden mit der Frage, ob man das nicht schon alles viel früher hätte wissen können.

Mit der Cross-Cult-Neuausgabe der „Sin City“-Comics kann das jetzt überprüft werden. In den jetzt erschienenen ersten drei „Sin City“-Bänden (die nächsten vier Bände erscheinen demnächst) wurde auf das Bonusmaterial früherer Ausgaben verzichtet. Dafür ist das Format der gebundenen Ausgabe etwas größer als bei früheren Ausgaben geraten. Es kann also noch mehr in den Bildern versunken werden.

Sin City“ ist eine gelungene Revitalisierung von Noir und Pulp, übertragen auf das Medium des Comics mit atemberaubenden und auch experimentellen SW-Panels. In den Geschichten geht es um Polizisten, korrupt und nicht korrupt, Verbrecher, Mörder, Verrückte und Femme Fatales. Den zweiten Band widmete Miller Mickey Spillane, dem Erfinder von Mike Hammer. Damals wurde Spillane immer noch als niederer Pulp-Autor betrachtet. Einer der Werke voller Sex und Gewalt, sozusagen die biblische Version von Hölle und Fegefeuer, für ein sensationsgieriges Millionenpublikum hinschluderte. Auch Millers Sin City ist ein Sündenpfuhl voller Gewalt, Sex und Gier.

In dem ersten Band „Stadt ohne Gnade“ wacht der an Wahnvorstellungen leidende Ex-GI Marv neben einer toten Frau, mit der vorher Sex hatte, auf. Er will sie rächen und mordet sich langsam zum Täter vor.

In dem zweiten Band „Eine Braut, für die man mordet“ (2014 von Miller und Rodriguez als „Sin City 2: A Dame to kill for“ verfilmt) wird der Privatdetektiv Dwight McCarthy, der für Scheidungsanwälte Seitensprünge dokumentiert, von seiner früheren großen Liebe Ava angerufen. Inzwischen ist die Femme Fatale mit dem einflussreichem Millionär Damien Lord verheiratet. Ava behauptet, in Lebensgefahr zu schweben. Wider besseres Wissen hilft Dwight ihr.

In dem dritten Band „Das große Sterben“ hilft Dwight den Frauen aus Old Town, dem Rotlichtviertel von Sin City. Sie drohen zwischen die Fronten von Polizei und organisiertem Verbrechen zu geraten. Am Ende der Nacht hat Sin City, wieder einmal, einige seiner Bewohner verloren.

Damals, als die „Sin City“-Geschichten erschienen, war die Verbindung aus Stil und Inhalt genial und traf auf den Zeitgeist. Aber ist das heute immer noch genial – oder nur noch von historischem Interesse?

Stadt ohne Gnade“, „Eine Braut für die man mordet“ und „Das große Sterben“ spielen in einer stilisierten Parallelwelt. Millers hyperbrutale Geschichten spielen gelungen mit Hardboiled-Klischees. Ihre durchaus genreübliche (Un)moral ist nicht veraltet. Politik, politische Ideologien und die Tagespolitik spielen keine Rolle.

Beim Lesen fällt auf, dass die Welt von Sin City eine sehr weiße und heterosexuelle Welt ist. Es ist eine Welt, in der weiße Männer weiße Männer töten. Heute würde, neben dem ausführlich gezeigtem Sex zwischen Männern und Frauen, auch lesbischer und schwuler Sex gezeigt werden. Die Figuren wären diverser und sicher gäbe es mindestens eine Transgender-Figur.

Davon abgesehen die ersten drei „Sin City“-Geschichten in der aktuellen Black Edition immer noch eine extrem gelungene Hardboiled-Lektüre.

Frank Miller: Sin City: Stadt ohne Gnade (Band 1)

(übersetzt von Karlheinz Borchert)

Cross Cult, 2023

216 Seiten

25 Euro

Originalausgabe

Frank Miller’s Sin City Volume 1: The Hard Goodbye

Dark Horse, 1991/1992

Frank Miller. Sin City: Eine Braut, für die man mordet (Band 2)

(übersetzt von Karlheinz Borchert, Paul Scholz, Lutz Göllner)

Cross Cult, 2023

216 Seiten

25 Euro

Originalausgabe

Frank Miller’s Sin City Volume 2: A Dame to kill for

Dark Horse, 1993/1994

Frank Miller: Sin City: Das große Sterben (Band 3)

(übersetzt von Karlheinz Borchert, Paul Scholz, Andreas Mergenthaler)

Cross Cult, 2023

184 Seiten

25 Euro

Originalausgabe

Frank Miller’s Sin City Volume 3: The big fat Kill

Dark Horse, 1994/1995

Hinweise

Wikipedia über Frank Miller (deutsch, englisch) und „Sin City“ (deutsch, englisch)

Blog/Homepage von Frank Miller

Meine Besprechung von Frank Miller/David Mazzucchelli/Richmond Lewis‘ „Batman – Das erste Jahr“ (Batman # 404 – 407, 1987)

Meine Besprechung von Frank Miller/Geoff Darrows „Hard Boiled“ (Hard Boiled, 1990/1992)

Meine Besprechung von Frank Miller/Dave Gibbons’ “Martha Washington – Ein amerikanischer Traum (Band 1)” (Give me liberty, 1990)

Meine Besprechung von Frank Miller/Jim Lee/Scott Williams’ “All-Star Batman” (All Star Batman & Robin: The Boy Wonder, 2005 – 2008)

Meine Besprechung von Frank Millers “Holy Terror” (Holy Terror, 2011)

Meine Besprechung von Frank Miller/Brian Azzarello/Andy Kubert/Klaus Janson/Brad Anderson/Alex Sinclairs „Batman – Die Übermenschen“ (Dark Knight III: The Master Race # 1 – 9, 2018)

Meine Besprechung von Frank Miller/Robert Rodriguez‘ „Sin City 2: A Dame to kill for (Frank Miller’s Sin City: A Dame to kill for, USA 2014)

 


Neu im Kino/Filmkritik – und Buchtipp: Können „The Marvels“ das Universum retten?

November 8, 2023

Da isser: der 33. MCU-Film und der dritte Film der fünften Phase, die auch Multiverse Saga heißt. Wobei das Multiverse in „The Marvels“, abgesehen von der Szene im Abspann, keine Rolle spielt. Das ist, angesichts der bislang weitgehend vergurkten Ausflüge ins Multiverse gut so. Die Länge ist mit insgesamt 105 Minuten sympathisch kurz. Es ist sogar der kürzeste MCU-Film. Allerdings ist so eine Länge bei einem Blockbuster immer auch ein Hinweis auf Probleme während der Produktion.

In „The Marvels“ öffnet Dar-Benn (Zawe Ashton), eine außerirdische Kree-Wissenschaftlerin, mehrere Portale. Durch diese Wurmlöcher kann in Sekundenbruchteilen durch das Universum gereist oder Gegenstände transportiert werden. Um ihre finsteren Pläne zu verwirklichen, braucht Dar-Benn einen zweiten Armreif. Auf ihrer Suche danach könnte sie so viele Portale öffnen, dass das gesamte Universum instabil wird.

Als ‚Captain Marvel‘ Carol Danvers (Brie Larson), ‚Ms. Marvel‘ Kamala Khan (Iman Vellani) und S.A.B.E.R.-Astronautin Captain Monica Rambeau (Teyonah Parris) zufällig, an verschiedenen Orten, so ein Portal berühren, gehen ihre Lichtkräfte eine ungeplante Verbindung ein. Wenn sie jetzt ihre Kräfte benutzen, tauschen sie ihre Position. Also Danvers ist dann an dem Ort, an dem vorher Khan war; Khan ist an dem Ort, an dem Danvers war und Rambeau hat möglicherweise ebenfalls ihren Ort mit Danvers oder Khan getauscht. Das sorgt anfangs, wenn sie gleichzeitig an verschiedenen Orten im Weltall gegen Bösewichter kämpfen und nach jedem Schlag an einem anderen Kampfschauplatz sind, für etwas Amüsement. Schnell wird dieses Wechselspiel zu einem ermüdend-sinnfreiem, keiner offensichtlichen Regel gehorchendem Gimmick.

Um das Universum zu retten, schließen sich Danvers, Khan (die den zweiten Armreif als Schmuck trägt) und Rambeau zusammen, nennen sich „The Marvels“ und kämpfen gegen die scheinbar unbesiegbare Dar-Benn.

Die Story ist letztendlich ein banaler Gut-gegen-Böse-Kampf ohne irgendeine Überraschung. Präsentiert wird sie als eine endlose Klopperei, die in der Mitte unterbrochen wird von etwas Comedy im Raumschiff von Carol Danvers und einem Besuch auf dem Planeten Aladna, auf dem ständig gesungen wird und Danvers so etwas wie die allseits beliebte und verehrte Gattin des Herrschers ist (Fragt nicht, genauer wird es im Film nicht erklärt). Keiner Figur wird ein großer Auftritt zugebilligt. Keine Figur hat eine Geschichte. Die Flashbacks zum ersten „Captain Marvel“-Film sind so kurz, dass sie nur für die Menschen verständlich sind, die sich noch sehr gut an diesen Film erinnern. Weitere für „The Marvels“ wichtige Hintergrundgeschichten wurden in verschiedenen Streamingserien abgehandelt. Für „The Marvels“ gehen die Macher davon aus, dass „Ms. Marvel“, „WandaVision“ (für Monica Rambeaus Geschichte) und „Secret Invasion“ (Samuel L. Jackson ist wieder als Nick Fury dabei) gesehen wurden. Neben dem Spielfilm „Captain Marvel“ und den sich daran anschließenden Kurzauftritten von Carol Danvers in anderen Marvel-Filmen. Immerhin, und das ist dann wohl die gute Nachricht, müssen die andere Filme der fünften Phase für diesen Superheldenfilm nicht nachgeholt werden.

Keine Figur hat eine Entwicklung. Welche Figur welche Superkräfte hat, dürfte auch nach dem Film niemand wissen. Im Zweifelsfall können sie alle gut zuschlagen und ein gut platzierter Kinnhaken setzt den Gegner außer Gefecht. Das Tauschen der Orte beim Einsatz ihrer Kräfte erfolgt absolut willkürlich und beliebig. Immerhin bemühen die Macher sich auch nicht, uns das alles zu erklären.

Die Beziehungen der Figuren untereinander sind nicht existent. Nie entsteht bei den Marvels das Gemeinschaftsgefühl, das wir bei den Avengers oder den Guardians of the Galaxy hatten. Nämlich dass in dem Film eine Gruppe sich gegenseitig ergänzender und sich gut untereinander verstehender Figuren gemeinsam gegen einen Bösewicht kämpft. Es waren Kumpels, mit denen man gerne einen Kinoabend verbrachte. In „The Marvels“ sind es nur drei Frauen in einer Zwangsgemeinschaft, die lieber gestern als heute wieder getrennte Wege gehen würden.

Unabhängig von den kolportierten Problemen während der Produktion hatte ich nie den Eindruck, dass hier ein kohärentes Drehbuch verfilmt wurde. „The Marvels“ wirkt eher wie ein panisches Zusammenschneiden der irgendwie verwertbaren Teile von den Dreharbeiten, die mit viel sinnfreier Action und Katzen auf Spielfilmlänge gestreckt wurde.

Insofern reiht „The Marvels“ sich nahtlos in die vorherigen MCU-Filme ein.

The Marvels (The Marvels, USA 2023)

Regie: Nia DaCosta

Drehbuch: Megan McDonnell, Nia DaCosta, Elissa Karasik, Zeb Wells

mit Brie Larson, Teyonah Parris, Iman Vellani, Samuel L. Jackson, Zawe Ashton, Gary Lewis, Seo-Jun Park, Zenobia Shroff, Mohan Kapur, Saagar Shaikh

Länge: 105 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Lektürehinweis

Wie schon bei einigen anderen DC- und Marvel-Superheldenfilmen veröffentlicht Panini Comics pünktlich zum Filmstart eine Anthologie über die Ursprünge und Veränderungen des in dem Buch porträtierten Helden oder, wie in diesem Fall, ‚Gruppe‘. Die Marvels sind in dem Buch ‚Captain Marvel‘ Carol Danvers, ‚Ms. Marvel‘ Kamala Khan und ‚Photon‘ Monica Rambeau. Ihren ersten Auftritt hatte ‚Captain Marvel‘ Carol Danvers 1968. Rambeau hatte 1982 in „Amazing Spider-Man Annual 16“ ihr Debüt als ‚Captain Marvel‘. Später und meisten hieß sie ‚Photon‘. Kamala Khan ist ein Fan von Captain America. Deshalb nennt sie sich ‚Ms. Marvel‘. Ihr erster Auftritt war 2013 in einem „Captain Marvel“-Comic. 2014 startete eine eigene Comicserie mit ihr.

Wie und welche Irrungen und Wirrungen sie seit 1968 in den Comics erlebten und wie verschiedene Autoren und Zeichner die Frauen immer wieder an den Zeitgeist anpassten, kann in „The Marvels: Durch alle Zeiten – Die Marvels-Anthologie“ mit kundigen Einführungen zu den jeweiligen Geschichten und den ausgewählten Geschichten nachgelesen werden. Der neueste Nachdruck ist ein „Captain Marvel“-Comic von 2019.

Auch dieser Sammelband ist, wie die in den vergangenen Jahren erschienenen Anthologie-Bänden, eine äußerst lesenswerte, kurzweilige und informative Einführung in die Geschichte der porträtierten Figur.

The Marvels: Durch alle Zeiten – Die Marvels-Anthologie

Panini Comics, 2023

320 Seiten

35 Euro

Hinweise

Moviepilot über „The Marvels“

Metacritic über „The Marvels“

Rotten Tomatoes über „The Marvels“

Wikipedia über „The Marvels“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Nia DaCostas „Candyman“ (Candyman, USA 2021)

Meine Besprechung von Anna Boden/Ryan Flecks „Captain Marvel“ (Captain Marvel, USA 2019)


Im Verhörzimmer: Hannes Riffel über den Carcosa-Verlag

Oktober 17, 2023

Gestandene Science-Fiction-Fans, vor allem SF-Fans die in Büchern auch einen Blick ins Impressum werfen, müssen nur die Namen der beteiligten Personen genannt werden und sie freuen sich. Jüngeren SF-Fans muss vielleicht gesagt werden, dass Hannes Riffel und Hardy Kettlitz, die beiden Carcosa-Verleger, in den letzten Jahrzehnten ungefähr auf jeder SF-Baustelle mitmischten. Genannt seien Herausgaberschaften bei TOR/Fischer, Shayol und Golkonda.

Unser Gesprächspartner Hannes Riffel übersetzte Romane von Robert Bloch, Hal Duncan, William Gibson, Joe Hill, Joe R. Lansdale und Stephen King. Einige seiner Übersetzungen wurden auch in der Kriminalakte besprochen.

Jetzt haben sie den Carcosa-Verlag gegründet und das Herbstprogramm liest sich schon auf den ersten Blick vielversprechend. Veröffentlicht werden

„Immer nach Hause“ (Always coming Home, 1985) von Ursula K. Le Guin

„Babel-17“ (Babel-17, 1966) von Samuel R. Delany

„Das lange Morgen“ (The long Tomorrow, 1955) von Leigh Brackett

„Der fünfte Kopf des Zerberus“ (The Fifth Head of Cerberus, 1972) von Gene Wolfe

und der Almanach „Vor der Revolution“ mit Essays über die eben genannten Autoren, drei Erzählungen von Ursula K. Le Guin und einem Kurzroman von Samuel. R. Delany.

Das sind rennomierte Namen, die einige der zukunftsweisenden Science-Fiction-Romane aller Zeiten schrieben. Die jetzt im aktuellen Programm veröffentlichten Bücher sind teils seit langem anerkannte Klassiker – und als Einstiegsdroge gut geeignet. Auch um einige aktuelle Entwicklungen im SF-Genre besser zu verstehen.

Mit Hannes Riffel sprechen wir über das Wagnis, einen neuen Verlag zu gründen, das Konzept von Carcosa, die Auswahl der Autoren und Bücher und warum sie bereits ins deutsche übersetzte Science-Fiction-Romane für Carcosa neu übersetzten. Anschließend stellt Hannes jedes Buch des Herbstprogrammes vor und er gibt einen Ausblick auf das nächste und sogar das übernächste Jahr. Unter anderem veröffentlichen sie als deutsche Erstausgabe den Roman „Jerusalem“ von Alan Moore (“Watchmen”).

Das Gespräch fand am 11. Oktober 2023, wenige Stunden bevor die Bücher an die Buchhandlungen ausgeliefert wurden, statt.

Am Mittwoch, den 8. November, stellen Karen Nölle (Übersetzerin) und Hannes Riffel (Herausgeber) um 19.30 Uhr in der Buchhandlung Otherland (Bergmannstraße 25, Berlin-Kreuzberg) die Erstübersetzung von Ursula K. Le Guins „Immer nach Hause“ vor.

Hinweise

Homepage des Verlages

Wikipedia über Ursula K. Le Guin (deutsch, englisch), Samuel R. Delany (deutsch, englisch), Leigh Brackett (deutsch, englisch) und Gene Wolfe (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Hannes Riffel/Sascha Mamczak (Hrsg.) „Das Science Fiction Jahr 2015“ (2015)

Meine Besprechung von Hardy Kettlitz‘ „Die Hugo-Awards 1953 – 1984“ (2015)

Meine Besprechung von Hardy Kettlitz‘ „Edmond Hamilton – Autor von Captain Future“ (2015)


Neu im Kino/Buch- und Filmkritik: Zur neuesten Verfilmung von Erich Kästners „Das fliegende Klassenzimmer“

Oktober 12, 2023

Die erste Verfilmung entstand 1954, einundzwanzig Jahre nach dem Erscheinen der Vorlage. Schon damals verlegte der Drehbuchautor die Geschichte in die Gegenwart. 1973 und 2002 folgten die nächsten Verfilmungen, die Erich Kästners bekanntes Kinderbuch wieder mehr oder weniger gelungen modernisierten. Und jetzt gibt es die vierte Verfilmung, die sich erstaunlich unglücklich zwischen die Stühle setzt. Für Erwachsene ist das Ergebnis entsprechend ungenießbar. Kinder sehen das vielleicht anders.

Dabei inszenierte Regisseurin Carolina Hellsgård mit ihren vorherigen Filmen „Endzeit“ und „Sunburned“ zwei insgesamt sehenswerte Filme, die die Hoffnung auf eine interessante Neuinterpretation weckten. In beiden Filmen stehen junge Frauen, einmal ein Teenager, einmal zwei Mittzwanzigerinnen, im Mittelpunkt. Das Drehbuch ist von Gerrit Hermans. Er schrieb „Hilfe, ich hab meine Lehrerin geschrumpft“, „Tabaluga – Der Film“ und „Vier zauberhafte Schwestern“. Tom Schilling, Trystan Pütter, Hannah Herzspurng und, in einer Minirolle, Jördis Triebel spielen mit.

Aber es nutzt nichts, dieses fliegende Klassenzimmer hebt nie ab. Und wer daran Schuld ist, ist natürlich offensichtlich: die Macher des Films.

Als ich allerdings Kästners Kinderbuch wieder las (ich hatte es schon einmal als Kind gelesen) und mir – endlich – die hochgelobte erste Verfilmung des „fliegenden Klassenzimmers“ (die jetzt wieder im Kino läuft) ansah, bemerkte ich, dass viele der Probleme der aktuellen Verfilmung schon im Buch und der ersten Verfilmung vorhanden sind. Für diese schrieb Kästner das Drehbuch. Am Anfang und Ende des Films hat er, wie im Buch, als Erzähler einen durchaus längeren Auftritt. Im allgemeinen wird diese Verfilmung als die originalgetreueste Verfilmung bezeichnet. Und sie ist auch sehr nah am Buch, das eine kurz vor Weihnachten spielende Abfolge von Episoden ist.

In Hellsgårds Remake steht die 13-jährige Martina (Martin in Kästners Buch) im Mittelpunkt der Geschichte. Sie lebt in Berlin in einer Hochhaussiedlung in ärmlichen Verhältnissen. Als sie zur Prüfung für ein Stipendium am begehrten Südtiroler Johann-Sigismund-Gymnasium zugelassen wird, ist sie begeistert. Für die Prüfung muss sie nach Kirchberg fahren und im Sommer einige Wochen im Internat verbringen.

In dem, bis auf einen kleinen Skatepark und einige akkurate Graffitis, aus der Zeit gefallenem, beschaulichen Dorf herrscht seit Ewigkeit ein erbitterter Krieg zwischen den Externen und den Internen. Die Externen sind die im Dorf lebenden Schüler. Die Internen sind die in der „Schülerkaserne“ (Kästner) lebenden Schüler. Den Grund für die Feindschaft kennt niemand mehr, aber das hindert die Kinder nicht daran, die Feindschaft zwischen den Internen und den Externen zu pflegen. Deshalb wird Martina, wenige Minuten nachdem sie ihre neuen ‚internen‘ Schulfreunde kennen gelernt hat, von einigen Externen durch das Dorf gejagt.

Dieser Krieg zwischen den beiden Gruppen führt, wie im Roman, zur Entführung eines Klassenkameraden der Internen. Während seiner Befreiung kommt es zu einer großen Schlägerei zwischen den Internen und den Externen. Im Roman im Schnee und mit einer Schneeballschlacht. Im Film am See mit Plantschen im See. Es gibt auch die Mutprobe von Uli, der nicht mehr für eine Feigling gehalten werden will. Beide Male endet sie im Krankenhaus. Es gibt die Proben für das von den Schülern inszenierte Theaterstück „Das fliegende Klassenzimmer“. Am Ende des Films sehen wir das Stück. Es gibt selbstverständlich den legendären „Nichtraucher“, der in einem stillgelegtem Eisenbahnwagon lebt, viel liest, musiziert und raucht.

Dass jetzt Jungen und Mädchen gemeinsam die Schule besuchen und dass die Geschichte von den Vorweihnachtstagen in den Sommer verlegt ist kein Problem. Auch Kästners Botschaft, die am Ende des Films vom „Nichtraucher“, dem Erzählers des Films, nochmal erklärt wird, ist immer noch richtig. Aber auch etwas von der Realität überholt. Vor neunzig Jahren war sie revolutionär. Bei ihm sind die Schüler (es ist ein reines Jungeninternat) eigenständige Menschen, die in der Schule von ihren Lehrern auch so wahrgenommen werden. Sie haben viel freie Zeit, die sie unbehelligt von den Lehrern und schulischen Pflichten außerhalb des Internats verbringen können. Die Lehrer wollen sie auf ihr künftiges Leben vorbereiten. Sie erklären ihnen alles. Sie wollen sie mit besseren Argumenten und Geschichten überzeugen. Das war damals ein utopischer Gegenentwurf zum Kasernenhofton, dem Kadavergehorsam und der Prügelstrafe. In „Das fliegende Klassenzimmer“ verprügeln sich die Schüler untereinander. Heute ist das, was bei Kästner eine Utopie ist, in der Schule schon seit Jahrzehnten gelebte Realität.

Die Schauspieler überzeugen nicht. Teils müssen sie mit papiernen Dialogen kämpfen. Tom Schilling ist als sich streng gebenden Internatsleiter Justus Bökh eine glatte Fehlbesetzung. Er wirkt immer zu jung für den Posten, den er hat, und es gelingt ihm nie, die richtige Balance zwischen strengen Auftritten und gutmütig-vertrauensvollen Gesprächen mit den Internen, vor allem mit Martina und ihren neuen Freunden, zu finden.

Auch seine Beziehung zum „Nichtraucher“ wirkt mit einem behaupteten Konflikt künstlich. Bei Kästner ist das anders. Da gibt es keinen Konflikt zwischen den beiden Jugendfreunden. Da meint Justus Bökh, nachdem er von seinen Schülern zum „Nichtraucher“ geführt wurde, nur „Alter Junge! Dass ich dich endlich wiederhabe!“ und sie beginnen einträchtig in Erinnerungen zu schwelgen.

Carolina Hellsgård inszeniert das episodische Drehbuch ohne ein Gefühl für die Welt der auf das Johann-Sigismund-Gymnasium gehenden Schüler. Bei Kästner waren die Schüler liebenswerte Bengel. Bei Hellsgård sind sie alles und nichts, auf dem Weg zu einem Fotoshooting.

Im aktuellen „Fliegenden Klassenzimmer“ wird zu viel aus Kästners neunzig Jahre altem und damit, notgedrungen, teilweise veraltetem Buch bruchlos übernommen, und viel zu wenig konsequent der Gegenwart angepasst. Das endet in einem Fantasieland, in dem die Einrichtung des Internats aus den Siebzigern kommt und der Eisenbahnwaggon, in dem „Nichtraucher“ lebt, von außen ein richtig alter, enger Eisenbahnwagen, von innen ein viel größerer, ungefähr quadratischer Raum mit viel Platz für viel Zeug ist.

Das fliegende Klassenzimmer (Deutschland 2023)

Regie: Carolina Hellsgård

Drehbuch: Gerrit Hermans

LV: Erich Kästner: Das fliegende Klassenzimmer, 1933

mit Tom Schilling, Trystan Pütter, Hannah Herzsprung, Jördis Triebel, Leni Deschner, Lovena Börschmann Ziegler, Morten Völlger, Wanja Kube, Franka Roche, Holly Schiek, Leander Schumann, Aaron Sansi, Paul Sundheim, Gabriel Salhab, David Bredin, Anna Ewelina

Länge: 89 Minuten

FSK: ab 0 Jahre

Die Vorlage (aktuell mit Filmcover und 16 Seiten Filmbilder; – so liebe ich Filmausgaben)

Erich Kästner: Das fliegende Klassenzimmer

Atrium, 2023

192 Seiten

15 Euro

Erstausgabe

Friedrich Andreas Perthes, 1933

Hinweise

Homepage zum Film

Filmportal über „Das fliegende Klassenzimmer“

Moviepilot über „Das fliegende Klassenzimmer“

Wikipedia über „Das fliegende Klassenzimmer“ (2023) und der Vorlage

Meine Besprechung von Carolina Hellsgård Olivia-Vieweg-Verfilmung „Endzeit“ (Deutschland 2018)

Meine Besprechng von Carolina Hellsgårds „Sunburned“ (Deutschland/Niederlande/Polen 2019)

Homepage von Carolina Hellsgård

Meine Besprechung von Erich Kästners „Die verschwundene Miniatur“ (1935/2009)

Meine Besprechung von Dominik Grafs Erich-Kästner-Verfilmung „Fabian oder Der Gang vor die Hunde“ (Deutschland 2021) (überzeugend mit Tom Schilling als Fabian)

 


Im Verhörzimmer: Holger Kreymeier zu „Hashtag #DDR“

Oktober 11, 2023

Deutschland im Sommer 2023: Der westdeutscher YouTuber Lonzo hat das erfolgreiche Video „Die Zerstörung der DDR“ veröffentlicht. Es sorgt für diplomatische Verwicklungen. In der DDR ist der bekannte Online-Aktivist Marc ‚Perry‘ Ramelow seit mehreren Wochen verschwunden. Der Systemgegner wird von Stasi-Offizieren in Hohenschönhausen verhört.

Moment mal! DDR? Stasi? Das gibt es doch schon seit über dreißig Jahren nicht mehr.

Das stimmt schon, aber in Holger Kreymeiers Roman „Hashtag #DDR“, eine äußerst gelungene und erfrischend blödelhumorfreie Mischung aus Alternativweltgeschichte, Polit-Thriller und etwas Satire, ist das anders. Die DDR gibt es noch. Sie ist in dem SF-Thriller eine detailliert und glaubwürdig ausgedachte Mischung aus der 1989/1990 untergegangenen DDR und wie sie heute in ihrer Piefigkeit sein könnte. Systemgegner bekämpfen die DDR, während die sehr alte DDR-Regierung überlegt, wie sie ihre Macht erhalten kann. Geheimagenten versuchen die jungen und naiven YouTuber und Systemgegner für ihre Zwecke auszunutzen. Sie spielen ihnen echte und falsche geheime Unterlagen zu. Lonzo und Perry versuchen mit heiler Haut aus der Sache rauszukommen. Dabei muss auch Lonzo lernen, dass er auf dieser und jener Seite der Mauer niemand vertrauen kann.

Mit Holger Kreymeier sprachen wir über „Hashtag #DDR“. Er spricht über seinen Roman, wie er für seinen Roman die Welt und die DDR erfand, frühere Besuche in der real existierenden DDR, seine Recherche, den langen Prozess von der ersten Idee bis zur Publikation von „Hashtag #DDR“ und über das Buchcover. Am Ende des Gesprächs verrät er, welche Bücher und Filme er nach der Lektüre seines Romans empfehlen könne.

Holger Kreymeier ist als Chef und kreativer Kopf von „Massengeschmack-TV“ und davor „Fernsehkritik-TV“ bekannt.

Das von Axel Bussmer dokumentierte Gespräch war am 5. Oktober 2023 in Berlin im Babylon-Kino, vor einem launigen Abend mit Massengeschmack-TV und Oliver Kalkofe.

Holger Kreymeier: Hashtag #DDR

Solibro, 2023

304 Seiten

18 Euro

Hinweise

Solibro über das Buch

Homepage von Massengeschmack-TV

Wikipedia über Holger Kreymeier


Im Verhörzimmer: Adrian Pourviseh und Giulia Messmer über „Das Schimmern der See“ und See-Watch

Oktober 11, 2023

Sie retten Leben – und sind deshalb hoch umstritten: die im Mittelmeer tätigen Seenotretter. Sie retten Menschen, die aus Afrika nach Europa flüchten, vor dem Ertrinken und bringen sie nach Europa. Das ist das nächste rettende Ufer. Die in Deutschland bekannteste Organisation ist Sea-Watch.

Im Juli 2021 fuhr Adrian Pourviseh auf einem ihrer Schiffe, der Sea-Watch 3, mit. Er sollte dolmetschen und den Einsatz als Fotograf dokumentieren.

Diese mehrwöchige Fahrt bildet die Grundlage für den von ihm geschriebenen und gezeichneten Comic „Das Schimmern der See – Als Seenotretter auf dem Mittelmeer“.

Der Comic ist eine eindrucksvolle Schilderung seiner Erlebnisse und der widerstreitenden Gefühle, die er dabei hatte. Im Mittelpunkt des Buches stehen drei Rettungen. Fast immer gibt es Probleme mit der libyschen Küstenwache und der mangelnden Bereitschaft Italiens, die Geretteten aufzunehmen. Einmal wird mit den italienischen Behörden über Stunden über die Aufnahme eines Jungen, der schwere Verbrennungen hat und sofort in ein Krankenhaus muss, verhandelt. Einmal befindet sich ein Holzboot mit vierhundert Menschen in Seenot. Die Rettung, bei der mehrere Schiffe beteiligt waren, dauert mehrere Stunden.

Die Zeichnungen und die knappen Dialoge machen die Not der aus Afrika geflüchteten Menschen und die Arbeit der Retter begreifbar. Die Retter berufen sich dabei auf internationales Seerecht, das Seeleute verpflichtet, „allen Personen, selbst feindlichen, die auf See in Lebensgefahr angetroffen werden, Beistand zu leisten“ (Übereinkommen zur einheitlichen Feststellung von Regeln über die Hilfeleistung und Bergung in Seenot von 1910).

Für die Kriminalakte war die Veröffentlichung von „Das Schimmern der See“ ein willkommener Anlass, sich mit Adrian Pourviseh und Giulia Messmer, einer Sprecherin von Sea-Watch, zu treffen.

Wir sprachen über Sea-Watch, wie die Mitglieder einer Mannschaft ausgewählt werden, wie sie sich auf die Fahrt vorbereiten, wie das Leben auf dem Schiff ist (im Comic wird das nur kurz gestreift zugunsten der Schilderung der Rettungseinsätze) und warum Pourviseh sich entschloss, seine Fahrt auf der Sea-Watch 3 in einen Comic zu verarbeiten.

Das Gespräch fand im Sommer 2023 in Berlin statt.

Adrian Pourviseh: Das Schimmern der See – Als Seenotretter auf dem Mittelmeer

avant-verlag, 2023

216 Seiten

26 Euro

Hinweise

Instagram-Seite von Adrian Pourviseh

avant-verlag über „Das Schimmern der See“

Homepage von Sea-Watch

Wikipedia über Sea-Watch (deutsch, englisch)


Tillie Walden, „Clementine“ und die Zombies

Oktober 4, 2023

Das Ende von Robert Kirkmans Comicserie „The Walking Dead“ und der „The Walking Dead“-TV-Serie (elf Staffeln, 177 Folgen) bedeutet nicht das Ende der Welt von „The Walking Dead“. Im Fernsehen gibt es aktuell vier Serien, die in der „The Walking Dead“-Welt spielen. Es gibt Romane und Videospiele. Und jetzt gibt es einen weiteren Comic, der in dieser Welt spielt, die eigentlich ziemlich schnell beschrieben werden kann: nach einer Zombieapokalypse brach die uns bekannte Zivilisation zusammen. Seitdem kämpfen die Menschen um ihr Überleben und sie versuchen, eine neue Gesellschaft aufzubauen. Meistens scheitern sie. Die Zombies sind in dieser Welt sich langsam bewegende Untote, die Menschenfleisch essen. Halt genauso wie bei George A. Romero.

In dieser Welt lebt Clementine, eine junge Frau, die bei einem Zombieangriff ihren linken Unterschenkel verlor. Sie will nach Norden, Richtung Kanada, gehen. Dort soll es besser sein.

Auf der Reise triff sie den gleichaltrigen Amos. Der Amish-Junge will ebenfalls Richtung Norden zur Siedlung Killington gehen. Sie soll in die Berge entstehen und sie ist schwer erreichbar. Clementine begleitet den naiven Jungen.

Als sie in der verschneiten, fast nicht erreichbaren Bergsiedlung sind, fragt Clementine sich, wie sehr sie den Gründern der Siedlung vertrauen kann.

Ihre Befürchtungen sind, wie fast immer, wenn im „The Walking Dead“-Universum auf eine andere Gruppe von Menschen getroffen wird, berechtigt.

Schon der Titel „Clementine – Buch Eins“ verrät, dass Tillie Walden nach dem Auftakt weitere Geschichten aus Clementines Leben erzählen will. Insgesamt sind drei Bücher mit Clementine geplant.

Ihren ersten Auftritt hatte Clementine 2012 als eine der Hauptfiguren in dem „The Walking Dead“-Computerspiel. Waldens Comic spielt chronologisch nach den Ereignissen in den Computerspielen. Einige kurze Rückblenden geben einen Einblick in ihr bisheriges Leben. Doch insgesamt erzählt Walden eine Geschichte, die problemlos ohne das Wissen über den Inhalt der Computerspiele und Clementines Leben gelesen werden kann.

Tillie Walden ist bekannt als Erzählerin queerer, teils autobiographischer und witziger Comics, wie „Piroutten“ und „Auf einem Sonnenstrahl“. Für ihre bisherigen Werke erhielt sie, oft mehrmals, den Ignatz Award, den Eisner-Award, den Los Angeles Times Book Prize, den Rudolph-Dirks-Award und den Luchs des Monats (vergeben von der „Zeit“ und Radio Bremen).

In „Clementine“ orientieren sich ihre Zeichnungen, im Gegensatz zu ihren früheren Werken, stärker an dem ins Detail gehenden Stil von „The Walking Dead“-Zeichner Charlie Adlard. Außerdem ist „The Walking Dead“-Colorist Cliff Rathburn auch bei ihr für die Grautöne zuständig. Das führt dazu, dass „Clementine“ wirklich wie ein „The Walking Dead“-Comic aussieht.

Ihre aus früheren Werke bekannten Themen kommen in „Clementine“ bestenfalls in homöopathischen Dosen vor. Insofern ist die sich stringent erzählte Survival-Story eine interessante Erweiterung ihres Œuvre. Für die Fans ihrer anderen Geschichten ist diese Fingerübung in einer von einem anderen Autor geschaffenen Welt allerdings nicht wirklich essenziell.

Das gesagt ist „Clementine“ eine spannende Zombie-Geschichte mit glaubwürdigen Figuren und Konflikten. Das liest sich sehr gut, kann aber nicht verhehlen, dass die einzelnen Elemente und Konflikte inzwischen sehr vertraut sind.

Tillie Walden: Clementine – Buch Eins

(übersetzt von Frank Neubauer)

Cross Cult, 2023

240 Seiten

26 Euro

Originalausgabe

Clementine: Book One

Image Comics, 2022

Hinweise

Homepage von Tillie Walden

Wikipedia über Tillie Walden (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Tillie Waldens „Pirouetten“ (Spinning, 2017)

Meine Besprechung von Tillie Waldens „ Auf einem Sonnenstrahl“ (On a Sunbeam, 2018)

zu „The Walking Dead“

Kriminalakte: Meine Gesamtbesprechung der ersten zehn „The Walking Dead“-Bände

 Meine Besprechung von Robert Kirkman/Charlie Adlard/Cliff Rathburns „The Walking Dead 11: Jäger und Gejagte“ (The Walking Dead Vol. 11: Fear the hunters)

Meine Besprechung von Robert Kirkman/Charlie Adlard/Cliff Rathburns „The Walking Dead 12: Schöne neue Welt“ (The Walking Dead Vol. 12: Life among them)

Meine Besprechung von Robert Kirkman/Charlie Adlard/Cliff Rathburns „The Walking Dead 13: Kein Zurück“ (The Walking Dead Vol. 13: Too far gone, 2011)

Meine Besprechung von Robert Kirkman/Charlie Adlard/Cliff Rathburns „The Walking Dead 14: In der Falle“ (The Walking Dead Vol. 14: No way out, 2011)

Meine Besprechung von Robert Kirkman/Charlie Adlard/Cliff Rathburns “The Walking Dead 15: Dein Wille geschehe” (The Walking Dead Vol. 15: We find ourselves, 2012)

Meine Besprechung von Robert Kirkman/Charlie Adlard/Cliff Rathburns „The Walking Dead: Eine größere Welt (Band 16)“ (The Walking Dead, Vol. 16: A larger world, 2012)

 Meine Besprechung von Robert Kirkman/Charlie Adlard/Cliff Rathburns „The Walking Dead: Fürchte dich nicht (Band 17)“ (The Walking Dead, Vol. 17: Something to Fear, 2013)

Meine Besprechung von Robert Kirkman/Charlie Adlard/Cliff Rathburns „The Walking Dead: Grenzen (Band 18)“ (The Walking Dead, Vol. 18: What comes after, 2013)

Meine Besprechung von Robert Kirkman/Charlie Adlard/Cliff Rathburns „The Walking Dead: Auf dem Kriegspfad (Band 19)“ (The Walking Dead, Vol. 19: March to War, 2013)

Meine Besprechung von Robert Kirkman/Charlie Adlard/Stefano Gaudiano/Cliff Rathburns „The Walking Dead: Krieg – Teil 1 (Band 20)“ (The Walking Dead, Vol. 20: All Out War, Part One, 2014)

Meine Besprechung von Robert Kirkman/Tony Moore/Charlie Adlard/Cliff Rathburns „The Walking Dead – Die Cover, Volume 1“ (The Walking Dead: The Covers, Vol. 1, 2010)

Meine Besprechung der TV-Serie „The Walking Dead – Staffel 1“ (USA 2010)

Meine Besprechung der TV-Serie „The Walking Dead – Staffel 2“ (USA 2011/2012)

Meine Besprechung der TV-Serie “The Walking Dead – Staffel 3″ (USA 2013)

Kriminalakte: das Comic-Con-Panel zur TV-Serie

“The Walking Dead” in der Kriminalakte 


Jason Aaron erzählt „Das Ende des Punisher“

September 27, 2023

Das Ende des Punisher“ ist auch das Ende der von Jason Aaron erfundenen, auf zwölf Hefte angelegten „Punisher“-Geschichte, die kurz nach ihrem Erscheinen in den USA vollständig auf Deutsch vorliegt.

In dieser Geschichte ist der Punisher Frank Castle in den Fängen der Ninjas vom mystischen Clan der Hand. Inzwischen ist er zu deren Anführer aufgestiegen. Er und die Ninjas morden weltweit Bösewichter. Währenddessen versuchen Superhelden wie Captain America, Black Widow, Dr. Strange, Wolverine und Moon Knight, Castle von seinem Rachefeldzug an allen Verbrechern abzuhalten.

Und wir fragen uns, ob Castle sozusagen undercover die Hand unterwandert, um sie später zu vernichten, ober ob er von der Hohepriesterin der Hand manipuliert wird mit seiner wieder zum Leben erweckten Frau und falschen Erinnerungen an seine Jugend und dem Mord seiner Familie während eines Picknicks im Central Park. Sie waren die Zufallsopfer eines Mafiamordes. Dieser Mord an Castles Frau und seinen beiden Kindern ist der Gründungsmythos des Punishers. An dem Tag wurde aus dem Vietnam-Veteran Frank Castle der Punisher, der zunächst alle die Menschen, die für den Tod seiner Familie verantwortlich waren, tötete. Danach mordete er nach der „Nur ein toter Verbrecher ist ein akzeptabler Verbrecher“-Methode weiter. Selbstjustiz in Reinkultur eben.

Jason Aaron und die Zeichner Paul Azaceta und Jesús Saiz erzählen ihrer zwölfteiligen „Punisher“-Geschichte in jedem Fall eine untypische „Punisher“-Geschichte. Dieses Mal geht es nicht um einen banalen Rachefeldzug, in dem Bösewichter wie Unkraut vernichtet werden. Dieses Mal wird der Punisher manipuliert und er befindet sich, aus etwas rätselhaften Gründen, in den Fängen eines mächtigen Clans. Es geht daher auch darum, wie Menschen sich manipulieren lassen oder manipuliert werden, bestimmte Dinge zu tun.

Gleichzeitig, und das ist während des Lesens eine weitere Möglichkeit, könnte sich die gesamte Geschichte im Kopf von Frank Castle abspielen.

Das ändert aber nichts daran, dass Aarons „Punisher“-Geschichte als Neudefinition des Punishers nicht überzeugt. Er macht aus einem emotionslosem Rächer ohne Bindungen einen weinerlichen, von seiner toten (?) Frau abhängigen Auftragskiller.

Immerhin findet Jason Aaron am Ende einen, wenn auch merkwürdigen, Ausgang aus der Sackgasse, in der er den Punisher vorher hineinschrieb.

Jason Aaron/Paul Azaceta/Jesús Saiz: Punisher – Das Ende des Punishers

(übersetzt von Bernd Kronsbein)

Panini, 2023

140 Seiten

17 Euro

Originalausgabe/enthält:

The King of Killers, Book 2, Chapter 3: If it be the will of the beast – Punisher (2022) 9, Marvel, März 2023

The King of Killers, Book 2, Chapter 4: Bride of the Punisher – Punisher (2022) 10, Marvel, Mai 2023

The King of Killers, Book 2, Chapter 5: A day in the park – Punisher (2022) 11, Marvel, Juni 2023

The King of Killers, Epilogue: Punisher no more – Punisher (2022) 12, Marvel, Juli 2023

Hinweise

Wikipedia über “The Punisher” Frank Castle (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Garth Ennis/Steve Dillons „The Punisher: Frank ist zurück“ (The Punisher # 1 – 12, 2000/2001)

Meine Besprechung von Garth Ennis (Autor)/Leandro Fernandez (Zeichner) „The Punisher – Garth Ennis Collection 7“ (Up is Down and Black is White, The Slavers, 2005/2006)

Meine Besprechung von Garth Ennis/Goran Parlov/Leandro Fernandezs “The Punisher – Garth-Ennis-Collection 8″ (Barracuda, Part 1 – 6 (Punisher [MAX] 31 – 36), Man of Stone, Part 1 – 6 (Punisher [MAX] 37 – 42), 2006/2007)

Meine Besprechung von Garth Ennis‘ „The Punisher – Garth-Ennis-Collection 9“ (Widowmaker, Part 1 – 7 [Punisher (MAX) Vol. 43 – 49], Long Cold Dark, Part 1 – 5 [Punisher (MAX) Vol 50 – 54], 2007/2008)

Meine Besprechung von Garth Ennis‘ „The Punisher – Garth-Ennis-Collection 10“ (Valley Forge, Valley Forge, Part 1 – 6 [Punisher (MAX) Vol. 55 – 60], 2008)

Meine Besprechung von Jason Aaron (Autor)/Steve Dillons (Zeichner) “PunisherMax: Kingpin (Max 40)” (PunisherMax: Kingpin, Part 1 – 5, 2010)

Meine Besprechung von Jason Aaron/Steve Dillons „The Punisher (MAX) 48: Frank“ (PunisherMax: Frank, 2011)

Meine Besprechung von Jason Aaron/Steve Dillons „The Punisher (MAX) 49: Der letzte Weg“ (PunisherMax: Homeless, 2011/2012)

Meine Besprechung von Greg Rucka (Autor)/Marco Checcetto (Zeichner)/Max Fiumaras (Zeichner) „Punisher 1: Ermittlungen“

Meine Besprechung von Charlie Huston/Andy Diggle/Kyle Hotz‘ „PunisherMAX: Hässliche kleine Welt“

Meine Besprechung von Scott M. Gimple (Autor)/Mark Texeiras (Zeichner) „100 % Marvel 72 – Punisher: Nightmare“ (Punisher: Nightmare # 1 – 5, 2013)

Meine Besprechung von Becky Cloonan/Steve Dillons „Punisher: Operation Condor (Band 1)“ (The Punisher # 1 – 6, Juli 2016 – Dezember 2016)

Becky Cloonan/Steve Dillon/Matt Horak/Laura Bragas „The Punisher: Wilde Bestien (Band 2)“ (The Punisher # 7 – 12, Februar – Juli 2017)

Meine Besprechung von Becky Cloonan/Matt Horak/Kris Ankas „The Punisher: Die dunkelste Stunde“ (The Punisher, Vol. 3: King of the New York Streets, 2018)

Meine Besprechung von Mark Goldblatts „The Punisher“ (The Punisher, USA/Australien 1989)

 


Am Samstag ist der „Manga Day 2023“

September 15, 2023

Einen schnellen Überblick über die Welt der Mangas können sich neue Manga-Fans und Manga-Interessierte am Samstag während des „Manga Day 2023“ verschaffen. Dann werden in 1200 Buchhandlungen, Comicshops, Manga-Stores und Bibliotheken 27 Sonderausgaben von Mangas kostenlos verteilt. Darunter ist auch „Children of Grimm“, ein von den deutschen Autoren Aljoscha Jelinek und Blackii geschriebener Fantasy-Manga, der erst nächstes Jahr erscheint und gerade fertig geschrieben und gezeichnet wird. Auf den letzten Seiten des in einer von den Märchen der Brüder Grimm inspirierten Welt spielenden Mangas gibt der Verlag einen Einblick in den Schreibprozess. Er druckte nämlich die Rohfassung der Geschichte ab.

Der zweite deutsche Manga ist von Sozan Coskun. „Kiela und das letzte Geleit“ ist gerade erschienen. In diesem Manga will Kiela ihren verstorbenen Zwillingsbruder wiedersehen. Die Helsheim AG könnte ihr ihren Wunsch erfüllen. Der Verlag labelt die vielversprechend beginende Geschichte als Fantasy und Mystery.

Insgesamt wurden für den Manga Day 800.000 Mangas gedruckt. In einigen Verteilorten gibt es auch Veranstaltungen und besondere Aktionen. Welche Buchhandlung sich im deutschsprachigen Sprachraum am Manga Day beteiligen und welches zusätzliche Programm sie anbietet, kann hier nachgesehen werden.

Mangas sind japanische Comics, die dort seit Ewigkeiten populär sind. In Deutschland wurden die ersten Mangas vor etwas über dreißig Jahren gedruckt und, noch mehr als andere Comics, haben sie immer noch den Ruf, eine reine Lektüre für Kinder und pubertierende Jugendliche zu sein. In den vergangenen Jahren wurden die taschenbuchgroßen Bücher, die man von hinten nach vorne liest, immer populärer. So wurde auf der Leipziger Buchmesse der Manga-Bereich immer weiter ausgebaut. Auf der diesjährigen Leipziger Buchmesse konnte ich auch deutlich mehr Cosplayer als in den vergangenen Jahren sehen. Aktuell entfallen fast zwei Drittel des Umsatzes im Comicsegment auf Mangas. Immer mehr Comic-und Buchverlage publizieren Mangas. Für die nächsten Jahre werden weitere Umsatz-Steigerungen erwartet. Und es gibt immer mehr Mangas für alle Altersgruppen und Interessen.

Diese Diversität zeigt sich auch an den 27 Sonderausgaben, die auf dem „Manga Day 2023“ verteilt werden und einen Einblick in das Programm von Altraverse, TOKYOPOP, Carlsen, Egmont Manga, Crunchyroll, Manga Cult, Panini und TOPP (mit „Manga zeichnen – Step by Step“) geben.

Trotzdem richten sich die meisten der für den Manga Day gedruckten Geschichten an Teenager. Viele sind reine Fantasy-Geschichten oder spielen mit Fantasy-Elementen. Die Schule ist, immerhin stehen normalerweise Teenager im Mittelpunkt der Geschichte, fast immer ein wichtiger Handlungsort. Liebe ist eigentlich immer ein großes Thema. Vor allem natürlich in den Romance-Mangas, in denen Mädchen sich in Jungs verlieben. Seltener werden homosexuelle Liebesgeschichten erzählt. Diese Geschichten, wie Akilis „Vampeerz“ (wobei ein Mädchen ein Vampir ist) oder Eku Takeshimas „Flüster mir ein Liebeslied“ (über die Beziehung zwischen einer Sängerin und einem ihrer Fans) halte ich für interessanter, weil sie nicht einfach noch einmal eine sattsam bekannte Boy-meets-Girl-Liebesgeschichte erzählen. Wenn Liebe zu Hass wird, erzählt Yoshiki Nakamura in „Skip Beat!“. In dieser Geschichte will ein Mädchen, als sie erfährt, dass ihr zum Popstar gewordener Freund sie ausnutzt, selbst eine erfolgreiche Sängerin werden.

George Asakuras „Dance Dance Danseur“ fällt auch aus dem Rahmen, weil hier ein Junge im Mittelpunkt steht, der nicht in die Fußstapfen seines Vaters, eines Martial-Arts-Kämpfes, treten will, sondern als Kind Ballettänzer werden wollte. Aber das ist lange her.

Etwas aus diesem Rahmen fallen Gosho Aoyamas „Detektiv Conan“ (eine seit 1994 erscheinende Serie um einen oberschlauen Schüler, der als großer Sherlock-Holmes-Fan Verbrechen aufklärt), Shun Umezawas „Darwin’s Incident“ (über einen Mensch-Schimpansen, der eine normale Schule besuchen möchte und der vor zehn Jahren in einen Vorfall verwickelt war) und Sousuke Tokas „Ranking of Kings“ (über einen in einem mittelalterlichem Reich lebenden Thronfolger, der für dieses Amt denkbar ungeeignet ist).

Und dann gibt es noch die Horrorgeschichten. Shin’ichi Sakamoto interpretiert in „#DRCL – Midnight Children“ Bram Stokers „Dracula“ neu. Im Auftaktheft wird die Fahrt der Demeter (dem Schiff, das Graf Dracula nach England fährt) ausführlich geschildert.

In „MADK/Zombie Hide Sex“ werden zwei Mangas vorgestellt in denen es, ziemlich explizit, um einen Jungen, der das Fleisch eines Dämons essen will, um Sex zwischen Männern und ihre Beziehung bedrohende Zombies geht.

Es gibt also einiges zu entdecken. Nämlich:


Neu im Kino/Buch- und Filmkritik: Hercule Poirot erlebt „A Haunting in Venice“

September 14, 2023

In seinen ersten beiden Hercule-Poirot-Verfilmungen „Mord im Orient-Express“ und „Tod auf dem Nil“ erzählte Kenneth Branagh bekannte und bereits sehr erfolgreich verfilmte Poirot-Romane noch einmal. Dabei hielt er sich weitgehend an die von Agatha Christie geschriebenen Romane. In seinem dritten Hercule-Poirot-Film ist alles anders. Die von Agatha Christie geschriebene Vorlage ist unbekannter. „Hallowe’en Party“ wurde einmal, 2010 im Rahmen der langlebigen ITV-Poirot-TV-Serie mit David Suchet als Ermittler, verfilmt. Auch diese Verfilmung ist unbekannter. Dieses Mal hielten die Macher sich kaum bis überhaupt nicht an die Vorlage. Bei Agatha Christie spielt die jetzt als „A Haunting in Venice“ verfilmte Geschichte 1969 in einem englischen Dorf.

Der Film spielt, wie der Titel andeutet, in Venedig. Er spielt auch nicht in den späten sechziger Jahren, sondern 1947. Nach dem Zweiten Weltkrieg zog der weltberühmte Detektiv Hercule Poirot sich zurück. In Venedig genießt er seinen Ruhestand. Da bittet ihn die erfolgreiche und mit ihm befreundete Krimi-Autorin Ariadne Oliver um einen Gefallen. Er soll sie zu einer Séance begleiten.

In dem Palazzo der früheren Opernsängerin Rowena Drake soll die bekannte Hellseherin Joyce Reynolds an Halloween auftreten und den Kontakt zu Drakes vor einem Jahr verstorbener Tochter Alicia herstellen.

Poirots Freundin Oliver hat eine ihrer Shows besucht. Seitdem fragt sie sich nun, ob Reynolds eine Schwindlerin ist oder ob sie wirklich Kontakt zu den Toten hat. Denn ihr gelang es nicht, die Tricks von Reynolds zu durchschauen. Das soll jetzt ihrem Freund Hercule Poirot gelingen. Poirot, der auch nicht an Hellseherei, Wahrsagerei und Gesprächen mit den Toten glaubt, begleitet seine Freundin zu der Abendgesellschaft.

Die Séance nimmt einen ungeahnten dramatischen Verlauf. Und kurz darauf ist Reynolds tot. Spätestens in dem Moment sind im Palazzo und im Kinosaal die letzten Zweifler überzeugt, dass Reynolds eine Betrügerin ist. Eine echte Hellseherin hätte ihren Tod doch vorhersehen können.

In den nächsten Stunden versucht Poirot in dem düsteren Palazzo den Mord und viele weitere große und kleine Verbrechen und Lügen aufzuklären. Dabei zweifelt er mehr als einmal an seiner Beobachtungsgabe und seinen legendären kleinen grauen Zellen.

Das klingt doch ganz spannend. Aber Michael Green, der auch für Branaghs vorherige Poirot-Filme die Drehbücher schrieb, gelingt es nie, Poirots Ermittlungen und Überlegungen nachvollziehbar zu erzählen. Allerdings, das muss gesagt werden, haben Green und Branagh dieses Mal kein Interesse an einem konventionellem Rätselkrimi. Sicher, Poirot sucht den Täter, er verhört die Anwesenden, dröselt die Hinweise auf und enttarnt am Ende den Täter. Aber dieses Mal versammelt er dafür nicht, wie wir es bei einem Rätselkrimi erwarten, alle Tatverdächtigen und Anwesenden in einem Raum und präsentiert ihnen ein halbes Dutzend verschiedener Täter, ehe er, zu unserer Verblüffung, den wahren Täter enthüllt. In „A Haunting in Venice“ geschieht die Enttarnung des Mörders quasi nebenbei.

Branagh erzählt die Tätersuche und Enttarnung des Mörders so lustlos und chaotisch, dass wahrscheinlich niemand diesen Teil des Films nacherzählen kann. Es kann auch nicht mitgerätselt werden.

Als Rätselkrimi ist „A Haunting in Venice“ ein ziemlicher Totalausfall.

Aber schon in den ersten, sehr atmosphärischen Minuten entwirft Branagh ein Bild von Venedig als Geisterstadt, in der Maskierte und Tote in Gondeln durch die Stadt gleiten. Nach dem Mord ermittelt Poirot in einem sehr dunklem Palazzo. Fast jedes von Branaghs Stammkameramann Haris Zambarloukos aufgenommene Bild ist schräg und arbeitet mit teils extrem verschobenen Perspektiven. Unterbrochen von wenigen exzessiven Kamerafahrten und vielen desorientierenden Schnitten. Das bedient durchgehend die Klaviatur des Gothic-Horrorfilms.

Als sich wenig um erzählerische Konventionen kümmernder Horrorfilm voller echter und falscher Gespenster ist „A Haunting in Venice“ ziemlich gelungen.

Und jetzt zur Vorlage: Agatha Christies „Die Halloween-Party“. In seinem Vorwort zur Neuausgabe schreibt Michael Green, er habe einen Mord begangen und das Opfer sei Agatha Christies drittletzter Hercule-Poirot-Roman „Die Halloween-Party“. Denn die Verfilmung hat mit dem Roman, bis auf einige zufällige und vermeidbare Ähnlichkeiten und Namen, nichts zu tun.

Während einer von Rowena Drake in ihrem Haus für die Kindes des Dorfes Woodleigh Common veranstalteten Halloween-Party, behauptet die dreizehnjährige Joyce Reynolds, sie habe vor längerer Zeit einen Mord beobachtet. Das sei ihr damals nicht bewusst gewesen. Kurz darauf ist sie tot. Sie wurde in der Bibliothek des Hauses in einem für ein Spiel mit Wasser gefülltem Metalleimer ertränkt.

Die Krimiautorin Ariadne Oliver (ja, sie könnte Agatha Christie sein), die während der Tatzeit in Drakes Haus war, bittet ihren Freund Hercule Poirot um Hilfe. Er soll den Täter finden.

Poirot beginnt in dem Dorf mit der Mördersuche. Dabei will er auch herausbekommen, ob Joyce einen Mord beobachtet hat und, wenn ja, wer das Opfer und wer der Täter ist.

Die Halloween-Party“ (bzw. früher „Die Schneewittchen-Party“ oder, im Original, „Hallowe’en Party“) ist einer von Agatha Christies letzten Romanen. Und er hat nicht die Qualität ihrer früheren Geschichten. Die Figuren sind blass. Der Rätselplot ist bestenfalls solala. Und am Ende wird der Täter, wie in der Verfilmung, nicht in einer großen Versammlung aller Tatverdächtigen enttarnt. Er wird auf frischer Tat ertappt.

A Haunting in Venice (A Haunting in Venice, USA 2023)

Regie: Kenneth Branagh

Drehbuch: Michael Green

LV: Agatha Christie: Hallowe’en Party, 1969 (Die Schneewittchen-Party; Die Halloween-Party, und neuerdings A Haunting in Venice)

mit Kenneth Branagh, Kyle Allen, Michelle Yeoh, Camille Cottin, Jamie Dornan, Tina Fey, Jude Hill, Ali Khan, Emma Laird, Kelly Reilly, Riccardo Scamarcio

Länge: 104 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Die Vorlage in der Filmausgabe

Agatha Christie: A Haunting in Venice

(übersetzt von Hiltgunt Grabler) (mit einem Vorwort von Michael Green)

Atlantik, 2023

256 Seiten

14 Euro

Ältere deutsche Titel

Die Schneewittchen-Party (ursprünglicher Titel)

Die Halloween-Party (Titel der Neuausgabe von 2018)

Originalausgabe

Hallowe’en Party

Harper Collins, London 1969

Hinweise

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „A Haunting in Venice“

Metacritic über „A Haunting in Venice“

Rotten Tomatoes über „A Haunting in Venice“

Wikipedia über „A Haunting in Venice“ (deutsch, englisch), die Vorlage (deutsch, englisch), Hercule Poirot (deutsch, englisch) und Agatha Christie (deutsch, englisch)

Thrilling Detective über Hercule Poirot

Meine Besprechung von Kenneth Branaghs „Jack Ryan: Shadow Recruit“ (Jack Ryan: Shadow Recruit, USA 2013)

Meine Besprechung von Kenneth Branaghs „Cinderella“ (Cinderella, USA 2015)

Meine Besprechung von Kenneth Branaghs Agatha-Christie-Verfilmung „Mord im Orientexpress“ (Murder on the Orient Express, USA 2017)

Meine Besprechung von Kenneth Branaghs Agatha-Christie-Verfilmung „Tod auf dem Nil“ (Death on the Nile, USA/Großbritannien 2022)

Meine Besprechung von Kenneth Branaghs „Belfast“ (Belfast, USA 2021)

Homepage von Agatha Christie

Krimi-Couch über Agatha Christie

Meine Besprechung von Agatha Christies „Mord im Orientexpress“ (Murder on the Orient Express, 1934)

Meine Besprechung von John Guillermins Agatha-Christie-Verfilmung “Tod auf dem Nil” (Death on the Nile, Großbritannien 1978)

Meine Besprechung von Michael Winners Agatha-Christie-Verfilmung „Rendezvous mit einer Leiche“ (Appointment with Death, USA 1988)

Meine Besprechung von Kenneth Branaghs Agatha-Christie-Verfilmung „Mord im Orientexpress“ (Murder on the Orient Express, USA 2017)

Meine Besprechung von Gilles Paquet-Brenner Agatha-Christie-Verfilmung „Das krumme Haus“ (Crooked House, USA 2017) (und Buchbesprechung)

Meine Besprechung von Kenneth Branaghs Agatha-Christie-Verfilmung „Tod auf dem Nil“ (Death on the Nile, USA/Großbritannien 2022) (und Buchbesprechung)


Maria Zimmermann ist „Anders nicht falsch“

September 11, 2023

Vor drei Jahren erfuhr Maria Zimmermann, dass sie im „Autistischen Spektrum“ sei. Das war, einerseits, für sie eine Erleichterung. Schließlich erklärte die Diagnose warum sie seit ihrer Kindheit immer Schwierigkeiten mit der normalen, alltäglichen Welt hatte und sich in ihr immer falsch verhielt. Andererseits fragte sie sich, was denn Autismus sei. Sie besorgte sich Bücher darüber. Und war von keinem restlos begeistert. Gleichzeitig versuchte sie anderen Menschen ihren Autismus zu erklären. Denn, so Zimmermann in „Anders nicht falsch“: „Wer eine Autistische Person kennt, kennt nur eine Autistiche Person.“

Und so begann sie ein Buch zu schreiben, das vor allem ihren Autismus, ihre Sicht und Wahrnahme der Welt erklärt. Selbstverständlich skizziert sie dabei auch, wo sie sich von anderen Menschen im Autistichen Spektrum unterscheidet und wo nicht.

Ihr inzwischen schon in der dritten Auflage erschienenes Buch „Anders nicht falsch“ ist kein trockenes Sachbuch oder eine textlastige Biographie, sondern ein kurzes, knackiges Buch mit kurzen Texten, einfachen Sätzen und aussagekräftigen Zeichnungen.

Maria Zimmermann wurde 1991 in Zürich geboren. Sie studierte an der Zürcher Hochschule der Künste und schloss es mit der Diplomarbeit „299 Kleider“ ab. Seit 2018 arbeitet sie als Textilkünstlerin.

Lesenswert.

Maria Zimmermann: Anders nicht falsch

Kommode Verlag, 2023

220 Seiten

25 Euro

Hinweise

Homepage von Maria Zimmermann

Kommode Verlag über Maria Zimmermanns „Anders nicht falsch“

Wikipedia über Autismus


„Street Cop“, eine Geschichte von Robert Coover mit Zeichnungen von Art Spiegelman

September 8, 2023

In „Street Cop“ erzählt Avantgarde-Autor Robert Coover die Geschichte eines etwas einfältigen Polizisten, der lieber in der Vergangenheit als in der Gegenwart leben möchte. Weil er Computer nicht versteht. Weil er in einem dystopischen New York lebt, das sich ständig verändert. Nicht auf die harmlose Art, die uns allen vertraut ist, sondern „einmal um den Block herum und der Block war ein anderer“. „Sein letzter Partner verschwand, zusammen mit einem Gebäude, das er eben erst betreten hatte und das, genau wie sein Partner, auch nie wieder gesehen wurde.“

Jetzt soll er einen Mord aufklären. Wenn er am Tatort ist, bevor der Tatort und die Leiche verschwunden sind.

Coover entwirft eine Noir-Cyberpunk-Welt, in der der Street Cop besinnungslos durch eine Welt ohne Gewissheiten, voller Überraschungen und Absurditäten taumelt.

Street Cop“ ist eine etwas längere, sehr witzige und anspielungsreiche Kurzgeschichte, die gerade wegen ihrer Kürze gefällt. Art Spiegelman („Maus“) illustrierte die Geschichte.

Das Buch enthält auch ein informatives Gespräch zwischen Robert Coover und Art Spiegelman über „Street Cop“.

Robert Coover: Street Cop

(mit Zeichnungen von Art Spiegelman)

(übersetzt von Clemens Meyer)

S. Fischer Verlag, 2023

132 Seiten

22 Euro

Originalausgabe

Street Cop

isolarii, 2021

Hinweise

Perlentaucher über „Street Cop“

Wikipedia über Robert Coover (deutsch, englisch) und Art Spiegelman (deutsch, englisch)


„Kriegspropaganda und Medienmanipulation“ und die ewige Suche nach der Wahrheit

August 30, 2023

Weil es in Christian Hardinghaus‘ neuem Buch „Kriegspropaganda und Medienmanipulation“ auch und vor allem um Propaganda und Krieg geht, kommen wir nicht um das Bonmot „Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit“ herum. Denn natürlich will jede Seite sich in so einem Konflikt als besonders Gut und den Gegner als besonders Böse darstellen. Es handelt sich um Schwarzweiß-Malerei, die der Mobilisierung der eigenen Seite dient. Die Äußerungen der Gegenseite werden dann oft als Propaganda bezeichnet. Denn Propaganda ist im Volksmund ein anderes Wort für Lügen.

Hardinghaus benutzt in seinem Buch den Begriff „Propaganda“ dagegen neutral und weitgehend Synonym mit positiv besetzten, heute üblichen Begriffen wie „Politische Kommunikation“, „Public Relations“ und „Öffentlichkeitsarbeit“. Es geht um zielgerichtete Kommunikation mit dem Ziel, die öffentliche Meinung im Sinne des Redners (oder Senders) zu beeinflussen. Hardinghaus verengt diese Definition auf die Kommunikation von Regierungen. Weil normalerweise Staaten gegeneinander Kriege führen, ist eine solche Engführung im Fall der Kriegspropaganda nachvollziehbar.

Aber Kriegspropaganda ist ein Sonderfall der politischen Kommunikation, weil Kriege, also bewaffnete Konflikte zwischen zwei oder mehr Staaten, selten sind.

Es gibt auch Kriege innerhalb eines Staates. Dann wird von einem Bürgerkrieg gesprochen. Aber die an die Öffentlichkeit gerichtete Kommunikation von Bürgerkriegsparteien fällt nicht unter diese Definition, weil mindestens eine Konfliktpartei keine Regierung eines Staates ist. Es sind Freiheitskämpfer (Selbstbeschreibung) oder Terroristen (Fremdbeschreibung). Und sie kämpfen in einem Land um die Macht.

Ebenso fällt die Kommunikation von Parteien (also den Oppositionsparteien) und nichtstaatlichen Gruppen, die gegen den Regierungskurs protestieren, nicht unter diese Defintion von Propaganda. Das sind, um nur die zuletzt in Deutschland aktiven Gruppen zu nennen, Gruppierungen wie die „Querdenker“, „Corona-Leugner“, „Reichsbürger“ oder auch „Putin-Versteher“.

Dabei bedienen sich diese Gruppen auch den Mitteln der Propaganda, die Hardinghaus im dritten Kapitel lexikalisch aufzählt. Er nennt 75 Formen und Techniken der Propaganda. Er beschreibt sie kurz und meistens ohne konkrete Beispiele. Unklar ist bei dieser Sammlung von Methoden auch, welche öfter, welche seltener und welche erfolgreicher angewandt werden.

Bei diesem Lexikon fällt auf, dass jede „Propagandatechnik der Täuschung“, wie „Anekdotische Evidenz“, „Framing“ und „Gaslighting“, in der politischen Kommunikation von allen Gruppen, die sich an der politischen Kommunikation beteiligen, angewandt wird. Unterschiede ergeben sich erst bei der Art der Anwendung dieser Techniken (auf die Hardinghaus nicht eingeht) und welche Regierungen sie anwenden. Es ist ein Unterschied, ob sie in einer Demokratie oder einer Diktatur angewandt werden. Aber auch darauf geht Hardinghaus nicht ein. Einige Methoden, wie die Benutzung von „Fake News“ werden in Demokratien eigentlich nur von Systemgegnern benutzt. Sie wollen Demokratien destabilisieren.

Im vierten und fünften Kapitel, die zusammen über die Hälfte des 232-seitigen Buches ausmachen, stellt Hardinghaus kurz verschiedene Fälle von Kriegspropaganda vor. Die ältesten Beispiele sind aus dem Ersten Weltkrieg. Die neuesten aus dem Ukraine-Krieg. Hier geht er auf die russische und die ukrainische ‚Propaganda‘ und die Berichte deutscher Medien über den Krieg ein. Ihm fehlt hier vor allem eine Auseinandersetzung mit der russischen Perspektive. Bei den von ihm gewählten Beispielen handelt es sich meist um bekannte Fälle, die er kurz zusammenfasst. Entsprechend oft, beim Vietnamkrieg, dem Zweiten Golfkrieg, dem Kosovo-Krieg und dem Irakkrieg, konzentriert er sich dabei auf die politische Kommunikation der USA. Er verzichtet weitgehend auf aussagekräftige Zitate, die zeigen könnten, welche Propagandatechniken wie angewandt wurden. Am Ende muss ihm geglaubt werden, dass seine Darstellung der Ereignisse der Wahrheit entspricht..

Dabei beginnt das Buch mit der Ankündigung, dass die Leser „von der Pike auf lernen können, was Propaganda war und ist und wie Sie ihre manipulativen Techniken in Zukunft erkennen und selbst entlarven können“.

Christian Hardinghaus: Kriegspropaganda und Medienmanipulation – Was Sie wissen sollten, um sich nicht täuschen zu lassen

Europa Verlag, 2023

232 Seiten

24 Euro

Hinweise

Perlentaucher über „Kriegspropaganda und Medienmanipulation“

Wikipedia über Christian Hardinghaus

Europa Verlag über Christian Hardinghaus

Homepage von Christian Hardinghaus


Don Winslow besucht die „City of Dreams“ – und versteht immer noch „Die Sprache des Feuers“

August 23, 2023

Letztes Jahr sagte Don Winslow, „City on Fire“ sei der Auftakt einer Trilogie und dass dies seine letzten drei Bücher seien. Der zweite Band der Trilogie, „City of Dreams“, wurde jetzt veröffentlicht. Der abschließende Band „City of Ashes“ erscheint nächstes Jahr. Als „City on Fire“ veröffentlicht wurde, hatte er schon alle die drei Romane der Trilogie geschrieben. Seine Zeit, so Winslow, werde er dem Kampf gegen Donald Trump widmen. Das sei wichtiger als ein weiterer Roman. Es geht ihm (und vielen anderen US-Amerikanern) darum, Trump für seine Taten zur Rechenschaft zu ziehen und Trumps Wiederwahl zu verhindern. Angesichts aktueller Umfragen ist das eine riesige Aufgabe, die hoffentlich noch vor der nächsten Wahl zu hohen Haftstrafen für Trump und seine Gefolgsleute führt. – Und vielleicht schreibt Don Winslow, das sage ich jetzt, danach weiter.

Bis dahin gibt es die Saga um Danny Ryan, einem Mitglied der irischen Mafia von Providence, Rhode Island.

In „City on Fire“ wurde aus einer Liebesgeschichte ein Gangsterkrieg. Ein Mitglied der irischen Mafia verliebt sich im Sommer 1986 in die Frau eines Mitglieds der italienischen Moretti-Mafia-Familie und spannt sie ihm aus. Damit endet die bis dahin über viele Jahre etablierte friedliche Ko-Existenz zwischen den beiden Verbrecherfamilien. Der sich daraus entwickelnde Gangsterkrieg endet, mit einigen Umwegen, in einem Blutbad.

City of Dreams“ schließt unmittelbar an „City on Fire“ an. Danny Ryan, inzwischen Boss des irischen Verbrechersyndikats, und seine überlebenden Männer flüchten aus Rhode Island. Sie tauchen an verschiedenen Orten in den USA unter und versuchen, nicht aufzufallen. Denn sie werden immer noch vom FBI und der Moretti-Familie gesucht. Es geht dabei um Heroin im Wert von zwei Millionen Dollar, das Danny ins Meer geworfen hat. Aber das Wissen seine Verfolger nicht. Sie glauben, dass er das Heroin mitgenommen hat. Das FBI verdächtigt sie außerdem, den korrupten FBI-Agenten Phil Jardine getötet zu haben.

Während in „City on Fire“ die Ereignisse immer etwas forciert und zufällig wirkten, ergeben sie sich dieses Mal stärker und folgerichtiger aus den Handlungen der einzelnen Akteure. Gleichzeitig herrscht über weite Teile des Romans ein in einem Thriller unbekanntes Gefühl des Stillstands. Denn die Verbrecher müssen zuerst untertauchen. D. h. nicht auffallen. Und danach Geld verdienen, ohne aufzufallen oder irgendwie in den Fokus der Polizei zu geraten. Dabei haben sie keine Ahnung, wie lange sie ein unauffälliges bürgerliches Leben führen müssen. Einige finden sogar Gefallen an diesem für sie vollkommen neuem Leben.

Gleichzeitig entwirft Don Winslow ein Porträt der damaligen USA.

So fragt der für eine klandestine, aber sehr einflussreiche US-Behörde arbeitende Brent Harris Danny, ob er und seine Männer Domingo Abbarca, das Oberhaupt des Baja-Kartells, bestehlen wollen. Sie dürfen die Hälfte der Beute, mehrere Millionen US-Dollar, behalten. Das Geld können sie gut gebrauchen. Außerdem verspricht Harris ihnen Immunität vor einer Strafverfolgung. Danny ist einverstanden. Der Überfall endet mit einer erklecklichen Beute, einigen Toten und neuen Feinden.

Über einige Umwege landet Danny dann in Los Angeles. Hollywood dreht gerade einen Spielfilm über den Gangsterkrieg von Providence. Weil zwei von Dannys früheren Männern die Produktion gefährden, soll Danny mit ihnen reden. Das Gespräch endet damit, dass Danny ein Mitproduzent des Films wird.

Neben Dannys Geschichte, zu der auch sein zweijähriger Sohn, sein zunehmend pflegebedürftiger Vater und seine bestens vernetzte, in Las Vegas lebende Mutter gehören, erzählt Don Winslow mindestens ein halbes Dutzend weiterer Geschichten über Dannys Freunde, seine staatlichen und nicht-staatlichen Verfolger und den Menschen, denen sie begegnen. In knappen Szenen wechselt er spannungssteigernd zwischen den einzelnen Plots, ohne dass man als Leser jemals den Überblick verliert. Jede einzelne Figur ist schnell wiedererkennbar. Trotzdem wäre ein umfangreiches Personenregister hilfreich.

Durch die vielen, oft parallel nebeneinander verlaufenden Plots wird die zwischen 1988 und 1991 spielende Geschichte auch etwas episodisch und es wird immer deutlicher, dass diese Trilogie wirklich eine Trilogie im traditionellen Sinn ist. Oder ein großer Roman, der in diesem Fall auf drei Bücher aufgeteilt wurde.

Deshalb sollten sie – auch wenn ich den Abschluss der Trilogie noch nicht kennen – in einem Rutsch gelesen werden.

Don Winslow: City of Dreams

(übersetzt von Conny Lösch)

HarperColllins, 2023

368 Seiten

24 Euro

Originalausgabe

City of Dreams

William Morrow, New York, 2023

Wieder erhältlich

Die Sprache des Feuers“ ist einer der Romane, mit denen Don Winslow bei Krimifans seinen Ruf als einen der besten zeitgenössischen Krimiautoren weiter festigte und das breitere Publikum ihn entdeckte. Seinen endgültigen Durchbruch hatte er in den USA mit dem Epos „Tage der Toten“ (The Power of the Dog, 2005), einer Jahrzehnte umspannenden Saga über den US-amerikanischen ‚war on drugs‘ in Südamerika und wie er scheiterte. In „Das Kartell“ (The Cartel, 2015) und „Jahre des Jägers“ (The Border, 2019) erzählte er die Geschichte weiter. In der deutschen Ausgabe umfasst die Saga insgesamt zweitausendfünfhundert Seiten.

Dagegen ist „Die Sprache des Feuers“ ein kleiner Kriminalroman. Im Mittelpunkt des Einzelromans steht Jack Wade, Schadensregulierer der California Fire and Life Mutual Insurance. Als das Anwesen des Immobilienmoguls Nicky Vale abbrennt und dabei seine jüngere Frau, die 34-jährige Pamela Vale, verbrennt, glaubt Wade an einen Mord, der mit einem Brand vertuscht werden soll. Er beginnt Beweise für seine Vermutung zu suchen – und er stößt in das sprichwörtliche Wespennest, das wir so ähnlich bereits aus anderen in Kalifornien spielenden Hardboiled-Krimis kennen und lieben.

Die Sprache des Feuers“ ist einer der Romane, mit denen man problemlos sein Don-Winslow-Fantum beginnen kann.

It’s a fascinating study by an insurance investigator into a fire which he believes was arson to hide a murder. The book won Don Winslow the Shamus award.“ (Mike Ashley, Hrsg.: The Mammoth Encyclopedia of Modern Crime Fiction, 2002)

Don Winslow: Die Sprache des Feuers

(übersetzt von Chris Hirte)

HarperCollins, 2023

432 Seiten

14 Euro

Originalausgabe

California Fire & Life

Simon & Schuster, Inc., New York, 1999

Deutsche Erstausgabe des Romans und dieser Übersetzung

Suhrkamp, 2012

Hinweise

Homepage von Don Winslow

Wikipedia über Don Winslow (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Don Winslows “London Undercover” (A cool Breeze on the Underground, 1991)

Meine Besprechung von Don Winslows “China Girl” (The Trail to Buddha’s Mirror, 1992)

Meine Besprechung von Don Winslows „Way Down on the High Lonely – Neal Careys dritter Fall“ (neue Übersetzung von „Das Schlangenmaul“; Way Down on the High Lonely, 1993)

Meine Besprechung von Don Winslows „A long Walk up the Water Slide – Neal Careys vierter Fall“ (A long Walk up the Water Slide, 1994)

Meine Besprechung von Don Winslows „Palm Desert“ (While Drowning in the Desert, 1996)

Meine Besprechung von Don Winslows „Pacific Private“ (The Dawn Patrol, 2008)

Meine Besprechung von Don Winslows „Pacific Paradises“ (The Gentlemen’s Hour, 2009) und „Tage der Toten“ (The Power of the Dog, 2005)

Meine Besprechung von Don Winslows „Bobby Z“ (The Death and Life of Bobby Z, 1997)

Meine Besprechung von Don Winslows „Satori“ (Satori, 2011)

Mein Interview mit Don Winslow zu “Satori” (Satori, 2011)

Meine Besprechung von Don Winslows “Savages – Zeit des Zorns” (Savages, 2010)

Meine Besprechung von Don Winslows “Kings of Cool” (The Kings of Cool, 2012)

Meine Besprechung von Don Winslows „Vergeltung“ (Vengeance, noch nicht erschienen)

Meine Besprechung von Don Winslows „Missing. New York“ (Missing. New York, noch nicht erschienen)

Meine Besprechung von Oliver Stones Don-Winslow-Verfilmung „Savages“ (Savages, USA 2012)

Meine Besprechung von Don Winslows „Das Kartell“ (The Cartel, 2015)

Meine Besprechung von Don Winslows „Germany“ (Germany, 2016 – noch nicht erschienen)

Meine Besprechung von Don Winslows „Broken – Sechs Geschichten“ (Broken, 2020)

Mein Hinweis auf Don Winslows „Jahre des Jägers“ (The Border, 2019)

Mein Hinweis auf Don Winslows „London Undercover – Neal Careys erster Fall“ (A Cool Breeze on the Underground, 1991)

Mein Hinweis auf Don Winslows Lesereise zu „City on Fire“ (City on Fire, 2022) – und ein Bild von der Lesung

Don Winslow in der Kriminalakte


Verfilmte Bücher: Steve Altens „Meg: Höllenschlund“ ist „Meg 2: Die Tiefe“

August 2, 2023

Vier Jahre nach den Ereignissen in Steve Altens Thriller „Meg“ (die Verfilmung nimmt sich da einige Freiheiten) fristet ein Carcharodon Megalodon, kurz Meg, in einer riesigen künstlichen Lagune in Monterey, Kalifornien, sein Dasein als Touristenattraktion. Der Megalodon ist ein riesiger Hai, der nicht vor Ewigkeiten, ungefähr zur Zeit der Dinosaurier, ausstarb, sondern im Marianengraben überlebte. Der Hai lebt dort in über zehn Kilometern Tiefe in einer warmen Wasserschicht, über der kaltes Wasser ist. Das eiskalte Wasser hinderte ihn am Auftauchen. Bis die Menschen in seinen Lebensbereich eindrangen und ihn aus seinem natürlichen Lebensbereich herauslockten. Mit fatalen Folgen für etliche Boote und Menschen, die zu Fischfutter wurden.

Eines Tages bricht Angel, so heißt der in Gefangenschaft lebende zweiundzwanzig Meter große, 28 Tonnen schwere Hai, aus. Ehe er sich auf seinem Weg nach Norden durch die Strände an der Ostküste der USA frisst und dabei nicht unterscheidet zwischen anderen Fischen, Menschen und Boten, versucht Jonas Taylor ihn wieder zu fangen. Genaugenommen will er ihn dieses Mal nicht fangen, sondern töten.

Währenddessen wird seine Frau Terry, die aus „Meg“ bekannte Tochter von Masao Tanaka, dem vermögenden Gründer des Tanaka Oceanographic Institute, von dem milliardenschwerden Energiemagnaten Benedict Singer gebeten, herauszufinden, was mit einem Mini-U-Boot und einigen unbemannten nautischen Informationssonden im Marianengraben geschah. Um an die Daten von dem für vier Männer tödlichen Unfall heranzukommen, muss sie in ein sich im Mariannengraben befindendes U-Boot in das ursprüngliche Jagdrevier des Riesenhais begeben. Das müssen wir einfach als eine Mischung aus altmodischer Computertechnik (der Roman erschien vor über zwanzig Jahren) und Suspension of Disbelief akzeptieren. Denn wenn Terry nicht in das U-Boot geht, kann Singer seinen bösen Plan nicht ausführen. Singer ist einer der typischen, skrupellosen, vermögenden James-Bond-Bösewichter.

Neben dem Meg sind noch einige andere sehr, sehr große Fische im Mariannengraben, vor allem in dem titelgebenden und für Singer wichtigen „Höllenschlund“. An dem Ort begegnete Jonas vor elf Jahren erstmals dem Megalodon.

In seinem Debütroman „Meg“ erzählte Steve Alten eine Geschichte. Es handelt sich um eine klassische Urviecher-gehen-auf-Menschen-los-Geschichte. Die Fortsetzung „Meg: Höllenschlund“, die vollkommen unabhängig von „Meg“ gelesen werden kann, erzählt parallel zwei Geschichten. Jonas‘ Geschichte ist eine Jagdgeschichte. Er will nur den aus der Lagune geflüchteten Fisch fangen, ehe er zu viele andere Fische, Menschen und Boote vernichtet. Und er will, weil Angel gerade brünstig ist, verhindern, dass der Hai sich paart und Nachkommen zeugt. Alten wechselt bis zum Finale zwischen diesen beiden Erzählsträngen.

Beide Bücher sind Thriller, Pageturner und…früher nannte man sie Strandkorb- oder Airportlektüre. In jedem Fall sind es Schmöker für einen laaangen Nachmittag außerhalb der Hai-Gefahrenzone.

Am Donnerstag, den 3. August, läuft die Verfilmung „Meg 2: Die Tiefe“ an. Nach den Trailer sieht der Filme mehr wie ein Remake von „Meg“ mit mehr Urviechern als wie eine sklavische Verfilmung von Altens Roman aus. Weil es trotz einem an der Kinokasse erfolgreichem Teil, einer guten Besetzung (Jason Statham spielt wieder Jason Taylor) und einem guten Regisseur (Ben Wheatley) keine Pressevorführung gab, wird es keine Besprechung des Films geben.

Steve Alten: Meg: Höllenschlund

(übersetzt von Bernhard Kleinschmidt)

Heyne, 2018

9,99 Euro (E-Book; die gedruckte Ausgabe ist nicht mehr erhältlich)

Originalausgabe

The Trench

Kensington Books, 1999

Die Verfilmung

Meg 2: Die Tiefe (Meg 2: The Trench, USA/Volksrepublik China 2023)

Regie: Ben Wheatley

Drehbuch: Jon Hoeber, Erich Hoeber, Dean Georgaris

LV: Steve Alten: The Trench, 1999 (Meg: Höllenschlund)

mit Jason Statham, Wu Jing, Sophia Cai, Page Kennedy, Sergio Peris-Mencheta, Skyler Samuels, Cliff Curtis

Länge: 116 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Homepage von Steve Alten

Rotten Tomatoes über „Meg 2: Die Tiefe“

Wikipedia über Steve Alten und über „Meg 2: Die Tiefe“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Jon Turteltaubs Steve-Alten-Verfilmung „Meg“ (Meg, USA 2018)

 

 


Über Ken Bruens gewohnt grandiosen Brant/Roberts-Polizeiroman „McDead“

Juli 17, 2023

Tommy Logan ist im Viertel der aufstrebende Gangster. Ein Ire, der wie ein kolumbianischer Gangster denkt und der vollkommen skrupellos ist. So beschreibt ihn jedenfalls ein Spitzel gegenüber Detective Sergeant Brant von der Metropolitan Police. Danach steht Logan auf Brants Watchlist.

Zur gleichen Zeit sagt der in einer verwüstenden Wohnung liegende Tony Roberts seinem Bruder, Chief Inspector Roberts, dass Tommy Logan für seine lebensgefährlichen Verletzungen verantwortlich ist. Sekunden später ist er tot. Roberts verspricht, ihn zu rächen – und alle, die das von Ken Bruen erfundene Polizistenteam Brant/Roberts kennen, wissen, dass in dem Moment Logans Chancen auf ein erfülltes Verbrecherleben und einen beschaulichen Lebensabend rapide sinken.

Während Brant und Roberts sich Logan vorknöpfen, soll ihre Kollegin WPC Falls, schwarz, schön und fies aussehend, den Lockvogel für den Clapham-Vergewaltiger spielen. Der Serientäter hat es auf afrokaribische Frauen abgesehen.

Es ist also, wieder einmal, einiges los in London im Revier von Brant und Roberts. Und Noir-Poet Ken Bruen erzählt das gewohnt pointiert, sarkastisch und mit ätzendem schwarzen Humor. Da ist jeder Satz ein Treffer.

Eine Kostprobe gefällig? Zum Beispiel dieses Gespräch zwischen Brant und Roberts:

Brant sagte: „Ihr Schützling, der Schotte, hofft, mich dranzukriegen.“

McDonald?“

Ja, der.“

Sie sind paranoid, Sarge, der ist in Ordnung.“

Ich hab’s gehört, wie der Super ihn beauftragt hat.“

Roberts trank einen Schluck, sagte: „Klar, wie haben sie das gemacht…sein Büro verwanzt?“

Ja.“

Das musste erst mal sacken. Dann Ungläubigkeit. „Nein…so verrückt sind nicht mal Sie!“

Das sind die guten Jungs.

McDead“ ist, wie die anderen Brant/Roberts-Polizeiromane, meilenweit von jeglicher „Tatort“- und SOKO-TV-Heimeligkeit und den gängigen deutschen Kommissar-Romanen (Polizeiromane sind es ja eher nicht) entfernt. Und das ist gut so.

Mit „McDead“ liegt Ken Bruens „The White Trilogy“ vollständig auf Deutsch vor. Sie umfasst die ersten drei Brant-Romane „Saubermann“. „Aliens Bändigung“ und „McDead“. „Ammunition“, der siebte und letzte Kriminalroman mit Detective Sergeant Brant ist für Juni 2024 angekündigt.

Ken Bruen ist der Erfinder des in Galway ermittelnden Privatdetektivs Jack Taylor. Die Taylor-Romane wurden mit Shamus-, Barry- und Macavity-Award ausgezeichnet. Zwei waren für den Edgar Allan Poe Award nominiert.

Ken Bruen: McDead

(übersetzt von Karen Witthuhn, mit einem Nachwort von Peter Henning)

Polar Verlag, 2023

144 Seiten

16 Euro

Originalausgabe

The McDead

The Do-Not Press, 2000

Hinweise

Wikipedia über Ken Bruen (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Ken Bruens „Aliens Bändigung“ (Taming the Alien, 1999)

Mein Besprechung von Ken Bruens „Brant“ (Blitz – or… Brant hits the Blues, 2002)

Meine Besprechung von Ken Bruens „Füchsin“ (Vixen, 2003)

Meine Besprechung von Ken Bruens „Kaliber“ (Calibre, 2006)

Meine Besprechung von Ken Bruens „Jack Taylor fliegt raus“ (The Guards, 2001)

Meine Besprechung von Ken Bruens “Jack Taylor liegt falsch” (The Killing of the Tinkers, 2002)

Meine Besprechung von Ken Bruens „Kaliber“ (Calibre, 2006)

Meine Besprechung von Ken Bruen/Jason Starrs „Flop“ (Bust, 2006)

Meine Besprechung von Ken Bruen/Jason Starrs „Crack“ (Slide, 2007)

Meine Besprechung von Ken Bruen/Jason Starrs „Attica“ (The MAX, 2008)

Meine Besprechung von Ken Bruens „Sanctuary“ (2008)

Meine Besprechung von Ken Bruens „Once were Cops“ (2008)

Meine Besprechung von Ken Bruen/Reed Farrel Colemans “Tower” (Tower, 2009)

Mein Porträt von Ken Bruen und Jason Starr in „Alligatorpapiere [Print] – Magazin für Kriminalliteratur – No. 2/2010“

Meine Besprechung von William Monahans Ken-Bruen-Verfilmung “London Boulevard” (London Boulevard, USA/GB 2010)

Meine Besprechung der TV-Serie “Jack Taylor” (Irland 2010/2011/2013 – basierend auf den Romanen von Ken Bruen)

Ken Bruen in der Kriminalakte