Das Auftauchen von ihrem Vater Gustav Borg (Stellan Skarsgård) im Elternhaus bei einer Gedenkfeier für ihre nach langer Krankheit verstorbene Mutter führt bei seinen Töchtern Nora (Renate Reinsve) und Agnes (Inga Ibsdotter Lilleaas) zu einer intensiven Beschäftigung mit ihrer Vergangenheit.
Nora ist, wie wir aus der wundervollen, vor allem hinter der Theaterbühne spielenden Eröffnungssequenz von Joachim Triers neuem Film „Sentimental Value“ wissen, eine begnadete Schauspielerin mit extremem Lampenfieber. Ihre jüngere Schwester Agnes ist verheiratet und hat einen neunjährigen Jungen. Mit ihrem Vater Gustav haben sie schon lange keinen Kontakt mehr. Sie vermissen ihn auch nicht.
Gustav Borg ist ein international bekannter Regisseur, der während ihrer Kindheit meistens drehte. Manchmal engagierte er Familienmitglieder, die er während des Drehs vor allem emotional gnadenlos ausbeutete. Die Kritik lobte anschließend die Leistungen der von ihm geführten Schauspieler. Auch der Kinder. Daneben war die Familie die Inspiration für seine Filme. Material eben, das er nach Belieben formte bis es zu seiner künstlerischen Vision passte. Sein letzter Erfolg liegt schon einige Zeit zurück. Das ist der ziemlich schnell offensichtlich werdende Grund, um Nora eine Rolle in seinem neuen Film anzubieten, die er speziell für sie geschrieben habe. Nora sagt dankend ab. Dafür gelingt es ihm, den ehemaligen US-Kinderstar Rachel Kemp (Elle Fanning) für sein neuestes selbstverständlich autobiographisch inspiriertes, tief in die Familiengeschichte eintauchendes Werk zu engagieren.
Joachim Triers neuer Film „Sentimental Value“ erhielt in Cannes den Großen Preis der Jury. Seit seiner Premiere wird er von der Kritik fast einhellig abgefeiert. Aktuell ist er in acht Kategorien, u. a. als Bester Film, für den Europäischen Filmpreis nominiert.
Das Drama ist eine selbstverständlich gut inszenierte und gespielte Familienaufstellung. Trier erzählt sie, subtil und nordisch unterkühlt, etwas langsam, mit milder Ironie und Sympathie für seine ziemlich normale Figuren und ihre Probleme. Gleichzeitig, immerhin stehen ein Großregisseur und eine Star-Schauspielerin im Mittelpunkt, gibt Trier einen Einblick in das Filmgeschäft und den Zusammenhang zwischen Künstler, Werk und Leben. Das garniert Trier mit ebenso wohldosierten wie absehbaren Pointen und sattsam bekannten Spitzen gegen den Kulturbetrieb. Aus diesen interessanten Teilen entwickelt sich allerdings keine klare Story.
Stattdessen plätschert das Drama wie eine Therapiestunde, bei der man stummer Beobachter ist, episch vor sich hin. Es ist gut, aber nie wirklich mitreißend.
Sentimental Value (Affeksjonsverdi, Norwegen/Frankreich/Dänemark/Deutschland/Schweden 2025)
Regie: Joachim Trier
Drehbuch: Eskil Vogt, Joachm Trier
mit Renate Reinsve, Stellan Skarsgård, Elle Fanning, Inga Ibsdotter Lilleaas, Anders Danielsen Lie, Jesper Christensen, Lena Endre, Cory Michael Smith, Catherine Cohen, Andreas Stoltenberg Granerud, Øyvind Hesjedal Loven, Lars Väringer
Nymphomaniac – Teil 1 (Nymphomaniac – Volume 1, Dänemark/Deutschland/Frankreich/Schweden 2013)
Regie: Lars von Trier
Drehbuch: Lars von Trier
Joe (Charlotte Gainsbourg) erzählt einem älteren Mann, der ihr verständnisvoll zuhört, wie sie zur Nymphomanin wurde. Zwischen ihren Erinnerungen unterhalten sie sich tiefsinnig über ihr Leben und analysieren es in einer köstlichen Mischung aus Tief- und Flachsinn.
Tele 5 zeigt als Double-Feature Lars von Triers „Nymphomaniac“ in der Kinofassung. Beide Teile erschienen auch in einem deutlich längeren Director’s Cut.
mit Charlotte Gainsbourg, Stellan Skarsgard, Stacy Martin, Shia LaBeouf, Christian Slater, Jamie Bell, Willem Dafoe, Michael Pas, Jean-Marc Barr, Udo Kier
Wegen eines Sturmtief stellt die Bahn ihren Betrieb ein und verteilt Taxi-Gutscheine an die am Abend in München im Hauptbahnhof gestrandeten Passagiere. Die pensionierte Professorin und verbal rüstige Alt-Prostlerin Marianne (Iris Berben), das zerstrittene Pärchen Tiana (Nilam Farooq), die am nächsten Vormittag eine für ihr Start-Up wichtige Präsentation, und Freund, der tiefenentspannte Schluffi Philipp (Ben Münchow), und die geistig behinderte Susi (Lena Urzendowsky) entern Josephs Taxi. Jeder von ihnen muss aus einem anderen wichtigen Grund am nächsten Tag in Hamburg sein.
Als der notorisch schlecht gelaunte Joseph (Joachim Król) die Taxi-Gutscheine sieht und erfährt, dass er jeden Gutschein einzeln abrechnen kann, ist er bereit von München nach Hamburg zu fahren.
In seinem Feelgood-Film „791 km“ erzählt Tobi Baumann („Faking Hitler“), wie die fünf Menschen, die sich zufällig getroffen haben, sich auf der nächtlichen Fahrt quer durch Deutschland näher kommen. Und wie es das Drehbuch so will, sind sie alle gegensätzliche und sich entsprechnd gut ergänzende Archetypen, die auch ein Spiegelbild der deutschen Gesellschaft sind. Das ist immer eine Spur zu didaktisch erzählt und zu sehr in Richtung TV-Bildschirm erzählt, um auf der großen Kinoleinwand zu begeistern.
791 km (Deutschland 2023)
Regie: Tobi Baumann
Drehbuch: Gernot Gricksch (nach einer Idee von Tobi Baumann)
mit Iris Berben, Joachim Król, Nilam Farooq, Ben Münchow, Lena Urzendowsky, Langston Uibel, Barbara Philipp, Denis ‚Marschall‘ Ölmez, Götz Otto
In einem Stuhlkreis sitzen Täter und Opfer eines Verbrechens und reden darüber. ‚restorative justice‘ nennt sich die Methode. Es geht um einen formalisierten Prozess des gegenseitigen Verstehens und auch Verzeihens. Sie ähnelt dem bei uns als Täter-Opfer-Ausgleich bekannten Modell.
In seinem Spielfilm „All eure Gesichter“ zeigt Jeanne Herry („In sicheren Händen“) mehrere dieser Prozesse und sie zeigt die Chancen, die diese Methode hat. Sie geht auch auf die Voraussetzungen, aber nicht auf die Beschränkungen ein.
Trotzdem ist „All eure Gesichter“ als karg inszeniertes, sich auf seine Schauspieler, die sich teils im Stuhlkreis, teils direkt gegenüber sitzen, konzentrierendes Dialogdrama sehenswert. Das Kammerspiel für die große Leindwand regt zum Nachdenken über Schuld, Sühne und verschiedene Methoden einer Verarbeitung an.
All eure Gesichter (Je verrai toujours vos visages, Frankreich 2023)
Regie: Jeanne Herry
Drehbuch: Jeanne Herry, Chloé Rudolf
mit Birane Ba, Leïla Bekhti, Dali Benssalah, Elodie Bouchez, Suliane Brahim, Jean-Pierre Darroussin, Adèle Exarchopolous, Gilles Lellouche, Miou-Miou, Denis Podalydès
Massachusetts im Winter 1964: die schüchterne Eileen Dunlop (Thomasin McKenzie) lebt noch bei ihrem Vater, einem jähzornigem Alkoholiker, und arbeitet im Jugendgefängnis als Sekretärin. Ihr triester Alltag verändert sich schlagartig, als die neue Psychologin des Gefängnisses eintrifft. Rebecca Saint John (Anne Hathaway) ist ein Marilyn-Monroe-Lookalike, die sofort allen Männern den Kopf verdreht. Aber dann lädt die Femme Fatale Eileen zu einem Drink ein.
„Eileen“ ist die langweilige Arthaus-Version eines Noirs. Für einen gelungenen Noir entwickelt sich die Geschichte viel zu langsam und nebulös. Ehe dann im dritten Akt plötzlich alles anders wird.
Eileen (Eileen, USA 2023)
Regie: Willliam Oldroyd
Drehbuch: Ottessa Moshfegh, Luke Goebel
LV: Ottessa Moshfegh: Eileen, 2015 (Eileen)
mit Thomasin McKenzie, Anne Hathaway, Shea Whigham, Marin Ireland, Owen Teague
In seinem Biopic „Munch“ über den Künstler Edvard Munch (12. Dezember 1863 – 23. Januar 1944) (Ja, das ist der mit dem Bild „Der Schrei“, das die Ghostface-Maske in den „Scream“-Filmen inspirierte.) erzählt Henrik M. Dahlsbakken das schwierige Leben des Künstlers zwischen Alkoholismus, Genie und Wahnsinn nicht chronologisch nach. Er zersplittert es auf mehrere Zeitebenen, zwischen den er kontextlos hin und her springt und er lässt Munch von drei Schauspielern und einer Schauspielerin spielen. Sie spielen ihn als 21-, 29-, 45- und 80-jährigen Mann. Und für jeden Munch-Schauspieler gibt es einen eigenen Stil.
Das Ergebnis ist ein sich experimentell gebendes Biopic, das wenig über den Künstler verrät und einen erstaunlich unberührt lässt.
Munch (Munch, Norwegen 2023)
Regie: Henrik M. Dahlsbakken
Drehbuch: Mattis Herman Nyquist, Gina Cornelia Pedersen, Fredrik Høyer, Eivind Sæther
mit Alfred Ekker Strande, Mattis Herman Nyquist, Ola G. Furuseth, Anne Krigsvoll, Anders Baasmo Christiansen, Lisa Carlehed, Jesper Christensen
Und damit endet, bis auf Daniel Craigs Abschiedsvorstellung, die irgendwann in naher oder ferner Zukunft im TV läuft, unser James-Bond-Rewatch
Sat.1, 20.15
James Bond: Spectre (Spectre, USA/Großbritannien 2015)
Regie: Sam Mendes
Drehbuch: John Logan, Neal Purvis, Robert Wade, Jez Butterworth
LV: Charakter von Ian Fleming
James Bond will die geheimnisvolle Verbrecherorganisation Spectre zerstören. Sein Gegner ist dabei Franz Oberhauser. Sie haben sich schon als Kinder gekannt.
Nach dem grandiosen „Skyfall“ enttäuschte „Spectre“, der sich mehr um einen überflüssigen Bohei um den Namen des Bösewichts als um ein schlüssiges Drehbuch kümmert. Am Ende ist „Spectre“ der halbherzige Versuch, einen klassischen James-Bond-Film zu inszenieren.
mit Daniel Craig, Christoph Waltz, Léa Seydoux, Ben Whishaw, Naomie Harris, Dave Bautista, Monica Bellucci, Ralph Fiennes, Andrew Scott, Rory Kinnear, Jesper Christensen, Stephanie Sigman
James Bond 007: Ein Quantum Trost (Quantum of Solace, Großbritannien 2008)
Regie: Marc Forster
Drehbuch: Paul Haggis, Neal Purvis, Robert Wade
LV: Ian Fleming: Quantum of Solace, 1960 (Das Minimum an Trost, Ein Minimum an Trost, Ein Quantum Trost [Kurzgeschichte])
Die Story aka Der Vorwand für ganz viele, ganz doll im schlechten Jason-Bourne-Stil zerschnipselte Verfolgungsjagden und Actionszenen: James Bond will den Tod von seiner Geliebten Vesper Lynd rächen und legt sich mit der geheimnisvollen Organisation Quantum (eine, wie wir jetzt wissen, Tarnorganisation von Spectre) an.
Auch wenn der zweite Einsatz von Daniel Craig als James Bond nicht der schlechteste Bond aller Zeiten ist, hat er unbestritten einen Platz in den Top Drei. Denn Craigs letzter Einsatz als James Bond „Keine Zeit zu sterben“ ist ebenfalls ziemlich katastrophal. „Octopussy“ ist auch ziemlich mies. „Der Mann mit dem goldenen Colt“ hat bei mir den Einer-der-ersten-Bond-Filme-die-ich-gesehen-habe-Bonus. Die anderen waren „Diamantenfieber“, „In tödlicher Mission“ und, ich glaube, „Feuerball“ – und immer im Kino; – ach, das wissen die Jüngeren wahrscheinlich nicht: bis in die neunziger Jahre liefen auch ältere Filme auch in der Provinz immer wieder regulär in normalen Kinos.
Anschließend, um 22.25 Uhr, zeigt Sat.1 „Stirb an einem anderen Tag„, mit Pierce Brosnan als James Bond.
Mit Daniel Craig, Olga Kurylenko, Mathieu Amalric, Judi Dench, Giancarlo Giannini, Gemma Arterton, Jeffrey Wright, Jesper Christensen, Rory Kinnear
Die Dolmetscherin (The Interpreter, Großbritannien/Frankreich/USA 2005)
Regie: Sydney Pollack
Drehbuch: Charles Randolph, Scott Frank, Steven Zaillian (nach einer Geschichte von Martin Stellman und Brian Ward)
UN-Dolmetscherin Silvia Broome behauptet, dass sie ein Gespräch belauschte, in dem im Landesdialekt über ein Mordkomplott gegen den verhassten Diktator ihres Heimatlandes gesprochen wurde. Er soll in New York ermordet werden. Agent Tobin Keller soll die wichtige Zeugin beschützen. Gleichzeitig fragt er sich, ob die schöne Frau mit rätselhafter Vergangenheit, die Wahrheit sagt.
Der spannende Polit-Thriller ist der letzte Spielfilm von Sydney Pollack. Davor inszenierte er unter anderem “Nur Pferden gibt man den Gnadenschuß” (They shoot horses, don’t they?), “Jeremiah Johnson”, “Yakuza” (The Yakuza), “Die drei Tage des Condors” (Three days of the Condor), “Tootsie”, “Jenseits von Afrika” (Out of Africa) und “Die Firma” (The Firm).
mit Nicole Kidman, Sean Penn, Catherine Keener, Jesper Christensen, Yvan Attal
Drehbuch: Matthew Vaughn, Jane Goldman, Peter Straughan (nach dem Drehbuch des Films „Ha-Hov“ von Assaf Bernstein und Ido Rosenblum)
1997 ist Rachel Singer eine Legende. Vor über dreißig Jahren wurde sie mit zwei weiteren Mossad-Agenten nach Berlin geschickt. In ihrem erste Einsatz sollten die drei Agenten den grausamen KZ-Arzt Dieter Vogel identifizieren und nach Israel entführen. Der Einsatz ging teilweise schief. Trotzdem schlossen sie ihn so erfolgreich ab, dass er zum Nationalmythos wurde. Jetzt könnte die Wahrheit über die damaligen Ereignisse herauskommen.
Spannender, hochkarätig besetzter, zum Nachdenken über Schuld und Sühne anregender, auf zwei Zeitebenen spielender Thriller.
Das Warten auf den neuen James-Bond-Film hat noch lange kein Ende. Bis dahin
RTL, 20.15
James Bond: Spectre (Spectre, USA/Großbritannien 2015)
Regie: Sam Mendes
Drehbuch: John Logan, Neal Purvis, Robert Wade, Jez Butterworth
LV: Charakter von Ian Fleming
James Bond will die geheimnisvolle Verbrecherorganisation Spectre zerstören. Sein Gegner ist dabei Franz Oberhauser. Sie haben sich schon als Kinder gekannt.
Nach dem grandiosen „Skyfall“ enttäuschte „Spectre“, der sich mehr um einen überflüssigen Bohei um den Namen des Bösewichts als um ein schlüssiges Drehbuch kümmert. Am Ende ist „Spectre“ der halbherzige Versuch, einen klassischen James-Bond-Film zu inszenieren.
mit Daniel Craig, Christoph Waltz, Léa Seydoux, Ben Whishaw, Naomie Harris, Dave Bautista, Monica Bellucci, Ralph Fiennes, Andrew Scott, Rory Kinnear, Jesper Christensen, Stephanie Sigman
Drehbuch: Matthew Vaughn, Jane Goldman, Peter Straughan (nach dem Drehbuch des Films „Ha-Hov“ von Assaf Bernstein und Ido Rosenblum)
1997 ist Rachel Singer eine Legende. Vor über dreißig Jahren wurde sie mit zwei weiteren Mossad-Agenten nach Berlin geschickt. In ihrem erste Einsatz sollten die drei Agenten den grausamen KZ-Arzt Dieter Vogel identifizieren und nach Israel entführen. Der Einsatz ging teilweise schief. Trotzdem schlossen sie ihn so erfolgreich ab, dass er zum Nationalmythos wurde. Jetzt könnte die Wahrheit über die damaligen Ereignisse herauskommen.
Spannender, hochkarätig besetzter, zum Nachdenken über Schuld und Sühne anregender, auf zwei Zeitebenen spielender Thriller.
James Bond: Spectre (Spectre, USA/Großbritannien 2015)
Regie: Sam Mendes
Drehbuch: John Logan, Neal Purvis, Robert Wade, Jez Butterworth
LV: Charakter von Ian Fleming
James Bond will die geheimnisvolle Verbrecherorganisation Spectre zerstören. Sein Gegner ist dabei Franz Oberhauser. Sie haben sich schon als Kinder gekannt.
Nach dem grandiosen „Skyfall“ enttäuschte „Spectre“, der sich mehr um einen überflüssigen Bohei um den Namen des Bösewichts als um ein schlüssiges Drehbuch kümmert. Am Ende ist „Spectre“ der halbherzige Versuch, einen klassischen James-Bond-Film zu inszenieren.
Daniel Craigs nächster und letzter Einsatz als James Bond startet am 2. April 2020 im Kino um die Ecke. Der Titel des 25. Bond-Films ist „Keine Zeit zu sterben“. Der Inhalt ist unbekannt.
mit Daniel Craig, Christoph Waltz, Léa Seydoux, Ben Whishaw, Naomie Harris, Dave Bautista, Monica Bellucci, Ralph Fiennes, Andrew Scott, Rory Kinnear, Jesper Christensen, Stephanie Sigman
Auf dem Weg zu mir: der neue James-Bond-Roman von Anthony Horowitz.
In „Ewig und ein Tag“ (Forever and a Day, 2018) erzählt Horowitz James Bonds ersten Einsatz als 00-Agent. Weil Horowitz sich an den Romanen von Ian Fleming orientiert, spielt der Roman vor dem ersten Bond-Roman „Casino Royale“.
1950 soll James Bond an der Côte d’Azur den Mord an seinem Vorgänger aufklären. Er legt sich mit dem dortigen Organisierten Verbrechen an und einen amerikanischen Multimillionär, der anscheinend der Hintermann des Drogenhandels ist.
Das hört sich doch nach einem richtigen James-Bond-Roman an. Außerdem war Horowitz‘ erster James-Bond-Roman „Trigger Mortis – Der Finger Gottes“ sehr gelungen.
Journalist Sebastian Zöllner ist ein ausgemachtes, von sich selbst überzeugtes Arschloch, das sich mit einer Biographie über den legendären, blinden Maler Manuel Kaminski finanziell sanieren will. Dummerweise ist der 85-jährige Künstler auch kein Kind von Traurigkeit.
Enorm kurzweiliger, verspielter, einfallsreicher und in jeder Beziehung schöner Film von „Good Bye, Lenin!“-Regisseur Wolfgang Becker über unsympathische Menschen.
mit Daniel Brühl, Jesper Christensen, Amira Casar, Denis Lavant, Jördis Triebel, Geraldine Chaplin, Jan Decleir, Joacques Herlin, Josef Hader, Peter Kurth, Milan Peschel, Patrick Bauchau
Drehbuch: John Logan, Neal Purvis, Robert Wade, Jez Butterworth
LV: Charakter von Ian Fleming
James Bond will die geheimnisvolle Verbrecherorganisation Spectre zerstören. Sein Gegner ist dabei Franz Oberhauser. Sie haben sich schon als Kinder gekannt.
TV-Premiere!
Nach dem grandiosen „Skyfall“ enttäuschte „Spectre“, der sich mehr um einen überflüssigen Bohei um den Namen des Bösewichts als um ein schlüssiges Drehbuch kümmert. Am Ende ist „Spectre“ der halbherzige Versuch, einen klassischen James-Bond-Film zu inszenieren.
In meiner ausführlichen Besprechung gibt es die spoilerfreie Begründung dazu.
Daniel Craigs nächster und wahrscheinlich letzter Einsatz als James Bond startet 2019 im Kino um die Ecke. Der Arbeitstitel ist „Bond 25“.
mit Daniel Craig, Christoph Waltz, Léa Seydoux, Ben Whishaw, Naomie Harris, Dave Bautista, Monica Bellucci, Ralph Fiennes, Andrew Scott, Rory Kinnear, Jesper Christensen, Stephanie Sigman
Journalist Sebastian Zöllner ist ein ausgemachtes, von sich selbst überzeugtes Arschloch, das sich mit einer Biographie über den legendären, blinden Maler Manuel Kaminski finanziell sanieren will. Dummerweise ist der 85-jährige Künstler auch kein Kind von Traurigkeit.
Enorm kurzweiliger, verspielter, einfallsreicher und in jeder Beziehung schöner Film von „Good Bye, Lenin!“-Regisseur Wolfgang Becker über unsympathische Menschen.
mit Daniel Brühl, Jesper Christensen, Amira Casar, Denis Lavant, Jördis Triebel, Geraldine Chaplin, Jan Decleir, Joacques Herlin, Josef Hader, Peter Kurth, Milan Peschel, Patrick Bauchau
ZDFneo, 21.35 Die Dolmetscherin (Großbritannien/Frankreich/USA 2005, Regie: Sydney Pollack)
Drehbuch: Charles Randolph, Scott Frank, Steven Zaillian (nach einer Geschichte von Martin Stellman und Brian Ward)
UN-Dolmetscherin Silvia Broome behauptet, dass sie ein Gespräch belauschte, in dem im Landesdialekt über ein Mordkomplott gegen den verhassten Diktator ihres Heimatlandes, der in New York ermordet werden soll, gesprochen wurde. Agent Tobin Keller soll die wichtige Zeugin beschützen. Gleichzeitig fragt er sich, ob die schöne Frau mit rätselhafter Vergangenheit, die Wahrheit sagt.
Der spannende Polit-Thriller war der letzte Spielfilm von Sydney Pollack, der auch “Nur Pferden gibt man den Gnadenschuß” (They shoot horses, don’t they?), “Jeremiah Johnson”, “Yakuza” (The Yakuza), “Die drei Tage des Condors” (Three days of the Condor), “Tootsie”, “Jenseits von Afrika” (Out of Africa) und “Die Firma” (The Firm) inszenierte.
mit Nicole Kidman, Sean Penn, Catherine Keener, Jesper Christensen, Yvan Attal Hinweise Film-Zeit über „Die Dolmetscherin“ Moviepilot über „Die Dolmetscherin“ Metacritic über „Die Dolmetscherin“ Rotten Tomatoes über „Die Dolmetscherin“
Wikipedia über „Die Dolmetscherin“ (deutsch, englisch) Mein Nachruf auf Sydney Pollack
ZDFneo, 20.15 Die Dolmetscherin (Großbritannien/Frankreich/USA 2005, Regie: Sydney Pollack)
Drehbuch: Charles Randolph, Scott Frank, Steven Zaillian (nach einer Geschichte von Martin Stellman und Brian Ward)
UN-Dolmetscherin Silvia Broome behauptet, dass sie ein Gespräch belauschte, in dem im Landesdialekt über ein Mordkomplott gegen den verhassten Diktator ihres Heimatlandes, der in New York ermordet werden soll, gesprochen wurde. Agent Tobin Keller soll die wichtige Zeugin beschützen. Gleichzeitig fragt er sich, ob die schöne Frau mit rätselhafter Vergangenheit, die Wahrheit sagt.
Der spannende Polit-Thriller war der letzte Spielfilm von Sydney Pollack, der auch “Nur Pferden gibt man den Gnadenschuß” (They shoot horses, don’t they?), “Jeremiah Johnson”, “Yakuza” (The Yakuza), “Die drei Tage des Condors” (Three days of the Condor), “Tootsie”, “Jenseits von Afrika” (Out of Africa) und “Die Firma” (The Firm) inszenierte.
mit Nicole Kidman, Sean Penn, Catherine Keener, Jesper Christensen, Yvan Attal Hinweise Film-Zeit über „Die Dolmetscherin“ Moviepilot über „Die Dolmetscherin“ Metacritic über „Die Dolmetscherin“ Rotten Tomatoes über „Die Dolmetscherin“
Wikipedia über „Die Dolmetscherin“ (deutsch, englisch) Mein Nachruf auf Sydney Pollack
Bayern, 23.10 Sturm (Deutschland/Dänemark/Niederlaned 2009, Regie: Hans-Christian Schmid)
Buch: Bernd Lange, Hans-Christian Schmid
Hannah Maynard führt vor dem Tribunal in Den Haag die Anklage gegen den bosnischen Serben und Kriegsverbrecher Duric. Als ihr Hauptzeuge sich in Widersprüche verwickelt, beginnt sie im ehemaligen Kriegsgebiet nach neuen Beweisen zu suchen. Verdammt guter Politthriller (was ich in meiner DVD-Besprechung ausführlicher erkläre).
mit Kerry Fox, Anamaria Marinca, Stephen Dillane, Rolf Lassgård, Alexander Fehling, Tarik Filipovic, Jesper Christensen
Der neue James-Bond-Film „Spectre“ ist der halbherzige Versuch, einen klassischen James-Bond-Film zu inszenieren.
Das klingt jetzt vielleicht etwas negativ und natürlich ist die Zeit des Kalten-Kriegs-James-Bonds schon lange vorbei und die Serie muss sich, wie die Geheimdienste neuen technischen Entwicklungen (wozu vor allem die ständige Überwachung gehört) und geopolitischen Herausforderungen, anpassen. Wobei James Bond bei den geopolitischen Herausforderungen immer angenehm abgehoben war. Gut, früher gab es den russischen Geheimdienst SMERSCH und natürlich SPECTRE, eine Zusammenballung von bösen Terroristen, deren Agenda „Weltherrschaft“ war. Da waren dann der Nordirlandkonflikt, der Linksterrorismus der siebziger Jahre, die Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt (vulgo „den Kolonien“) und, seit den Achtzigern, der religiöse Terrorismus und die immer größere Rolle Chinas in der Weltpolitik vernachlässigbares Störfeuer. Immer waren die James-Bond-Filme in erster Linie Eskapismus und Kleine-Jungs-Fantasien. Ich meine, welcher Zwölfjährige will nicht gerne Frauen im Dutzend verführen, mit einem unbegrenzten Spesenkonto um die Welt jetten, Alkohol ohne Kopfschmerzen trinken (andere Drogen spielen im Bond-Universum keine Rolle), die neuesten Spielzeuge ausprobieren und, ohne dass die Eltern (vulgo M) meckern, zerdeppern. Zum Finale jedes ordentlichen Bond-Films gehört natürlich, dass die pompöse Zentrale des Bösewichts lustvoll zerstört wird.
Und dann kam Daniel Craig als James Bond. In seinem ersten Einsatz „Casino Royale (2006) wurden vieler dieser Bondismen über Bord geworfen. Kritik und Publikum waren begeistert. In „Skyfall“ (2012) erfuhren wir dann alles, was wir niemals über Bonds Herkunft wissen wollten. Der Film war an der Kinokasse wahnsinnig erfolgreich und „Spectre“ schließt an die vorherigen Craig-Bonds an, weshalb er jetzt anderen Ballast mit sich herumschleppt. Die vorherigen Filme sollen als Ouvertüre für „Spectre“ angesehen werden.
Es ist daher auch wieder ein persönlicher Fall. Denn Bond kennt Franz Oberhauser (Christoph Waltz), den Bösewicht des Films, aus Kindertagen. Er war für zwei Jahre in den Alpen sein Freund, während Franz‘ Vater den beiden Jungs all die Dinge beibrachte, die man in den Alpen zwischen Bergsteigen und Skifahren zum Überleben braucht. Das hat auf der einen Seite gerade anekdotischen Wert, weil es für die Handlung, abgesehen von einigen spitzen Bemerkungen Oberhausers unerheblich ist. Andererseits sollen wir glauben, dass Oberhauser das alles – die Anschläge, Spectre und den ganzen Rest – nur macht, um sich an James Bond zu rächen, weil dieser ihm irgendwie, vor allem gefühlt, seinen Vater nahm. Das ist, auch wenn diese Konstruktion in anderen Geschichten (wie den Blomkvist/Salander-Romanen oder etlichen Superheldencomics) benutzt wird, mal wieder, arg bescheuert.
Da waren die alten Bond-Gegner, wie Ernst Stavro Blofeld, der legendäre Kopf von Spectre, gegen dessen Gehilfen James Bond (damals gespielt von Sean Connery) in den ersten Bond-Filmen kämpfte, von einem ganz anderen Kaliber. Seinen ersten richtigen Auftritt hatte Blofeld in „Feuerball“, wo er seine weiße Katze streichelte und hochrangige Spectre-Mitglieder, die bei ihrer Arbeit versagten, töten ließ. In „Man lebt nur zweimal“, „Im Geheimdienst ihrer Majestät“ und „Diamantenfieber“ kämpfte Bond dann dreimal direkt gegen ihn und seine Schergen. Blofeld war, wie die anderen legendären Bond-Bösewichter, einfach nur Böse. Auf psychologische Feinheiten und seit Kindertagen gepflegte Konflikte mit dem Helden wurde verzichtet.
Damals arbeitete James Bond auch, abgesehen von „Lizenz zum Töten“, immer im Auftrag ihrer Majestät. In „Spectre“ zieht Bond wieder einmal auf eigene Faust los. Immerhin wird er von seinem Vorgesetzten M (Ralph Fiennes), dessen Sekretärin Miss Moneypenny (Naomie Harris) und dem Tüftler Q (Ben Whishaw) unterstützt, die ihm gegen Max Denbigh, genannt C und der neue Chef von MI5 (Andrew Scott, bekannt als Moriarty aus „Sherlock“), helfen. Denbigh will nämlich die 00-Abteilung schließen, weil sie anachronistisch ist und deren Einsätze zu hohe Kolleteralschäden haben; was Bond natürlich nicht daran hindert, nach der Aktion in Mexico City, verstreut über den halben Globus weitere Gebäude zu zerstören. Denbigh will ein riesiges Überwachungssystem installieren und Terroristen mit Drohnen bekämpfen. Die Zustimmung der meisten Regierungen dafür hat er schon.
Diese Prämisse erinnert natürlich an den letzten, äußerst kurzweiligen „Mission: Impossible“-Film „Rogue Nation“. Nicht nur von der Story, sondern auch von den Handlungsorten. Und beide Male ist der Höhepunkt des Thrillers in London.
Die Story von „Spectre“ ist letztendlich eine ausgedehnte Schnitzeljagd, garniert mit grandiosen Actionszenen. Wobei die Pre-Titel-Sequenz, die in Mexico City während des Tages der Toten spielt, ein feines Kabinettstück ist, das mit einer langen Plansequenz beginnt und auch danach extrem selten geschnitten wird.
Die weiteren ausgedehnten Actionszenen können dieses Niveau nicht mehr halten. Das gilt für die Autoverfolgungsjagd durch Rom, einer Auto-Flugzeug-Verfolgungsjagd in den Alpen, den Besuch in Oberhausers Zentrale in der marokkanischen Wüste (die etwas an Blofelds Zentrale in einem Vulkankrater in „Man lebt nur zweimal“ erinnert), die erschreckend schnell zerstört wird, und dem Höhepunkt in London, bei dem dann zu Land, zu Wasser und in der Luft gekämpft wird, bis die Innenstadt von London umfassend renoviert werden muss. Sie sind gut, aber nicht so gut wie der schwer zu überbietende Auftakt.
Bis dahin haben gestandene Bond-Fans viele Anspielungen auf ältere Bond-Filme entdeckt.
Allerdings sind die Bondinen durchweg enttäuschend. Stephanie Sigman wird in Mexiko City in einem Hotelzimmer zurückgelassen. Monica Bellucci hat letztendlich einen Auftritt und Léa Seydoux ist – vor allem wenn man an „Blau ist eine warme Farbe“ denkt – die wohl unerotischste Bondine, die es jemals gab. Sie begleitet den suspendierten Geheimagenten um die halbe Welt ohne einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.
Natürlich hat „Spectre“ beträchtliche Schauwerte, die, wie immer bei Bond, auf der großen Leinwand ihren wahren Reiz entfalten, und die ausgedehnten, vor Ort inszenierten Actionszenen sind gewohnt gut. Hier sieht man, wofür die Macher das Geld ausgaben. Aber „Spectre“ leidet an seinem episodischen Drehbuch (weshalb man auch ohne Probleme eine halbe Stunde herausschneiden könnte; man müsste nur ein, zwei Sätze ändern), einem schwachen Bösewicht (Oberhauser hat zu wenige Szenen und Max Denbigh wurde leider nicht als der große Bösewicht des Films eingeführt) und einer blassen Bondine.
Manuel Kaminski (Jesper Christensen) ist eine inzwischen fast vergessene Legende, die seit Jahren zurückgezogen in der Schweiz in einem Chalet lebt. Sebastian Zöllner (Daniel Brühl) möchte über ihn eine große Reportage schreiben, die Kaminski aus dem Vergessen hinausreißt und die ihm, wenn der 85-jährige Künstler stirbt (was angesichts seines Alters demnächst sein müsste), von all seinen finanziellen Problemen erlöst. Immerhin könnte er dann ein Buch über seine Begegnung mit Kaminski, dem Schüler von Matisse, Freund von Picasso und Held der Pop-Art schreiben. Denn wirklich bekannt wurde Kaminski in den Sechzigern in New York im Umfeld der Pop-Art durch sein Gemälde „Painted by a blind man“, das irrtümlich zu dem Gerücht führte, Kaminski sei blind. Kaminski wurde zum Liebling der Szene und verkaufte seine Bilder zu utopischen Preisen. Als er wirklich (Wirklich?) erblindete, zog er sich aus der Öffentlichkeit zurück.
Zöllner macht sich also auf den Weg in die Berge und die erste Hälfte von Wolfgang Beckers neuem Film „Ich und Kaminski“ ist als Satire auf den Kunstbetrieb auch äußerst gelungen. Zöllner, das „Ich“ des Titels, ist ein Aufschneider und Arschloch, das auch wirklich blind jeden Fettnapf trifft, und diese Diskrepanz zwischen der Realität und wie Zöllner sie und sich (als Genie) sieht, sorgt für einige Lacher. Auch die sich um Kaminski versammelte Gefolgschaft und Kaminskis seltsames Verhalten, bei dem unklar ist, ob er wirklich der tatterige, alte Blinde oder einfach nur ein grantiges Ekel ist, das alle manipuliert, sorgen für einige Lacher. Während Zöllners ungeniertes Herumschnüffeln in Kaminskis Privatleben und Haus eher peinlich berührt. So entdeckt er im Keller einige von Kaminskis Spätwerken, die er sofort klaut, um sie später zu Geld zu machen. Moralische Skrupel sind für Zöllner zwei Fremdworte. Aber das gilt auch für fast alle Menschen, denen Zöllner begegnet.
Als er bei seinem Herumschnüffeln von Kaminskis verflossener Liebe Therese erfährt und Kaminski sie unbedingt noch einmal sehen will, brechen die beiden ungleichen Gefährten auf. Das sich ab jetzt quer durch Europa entwickelnde Road-Movie ist dann ungleich schwächer. Es folgt einfach zu sehr den bekannten Pfaden von zwei unterschiedlichen Charakteren, die auf ihrem gemeinsamen Weg zueinander finden. Auch die Witze werden platter. Aber das ist, zugegeben, Meckern auf hohem Niveau.
Denn Wolfgang Becker (zuletzt „Good Bye, Lenin“) ist mit „Ich und Kaminski“ ein enorm kurzweiliger, verspielter, einfallsreicher und in jeder Beziehung schöner Film über unsympathische Menschen gelungen. Es ist ein erfrischend undeutscher, sehr sympathischer Film.
Die Werbung lief in den vergangenen Monaten mit Clips und Bildern über die Reizworte „Stars“, „Porno“ und „Lars von Trier“. „Nymphomaniac“ sollte ein ungefähr fünfstündiges Werk werden, das in zwei Teilen in verschiedenen Fassungen gezeigt wird. Denn neben der vollständigen Fassung, die auch mal Hardcore-Fassung genannt wird, sollte es, entsprechend den Zensurbestimmungen der verschiedenen Länder, entsprechend gekürzte Fassungen geben. Freunde des pornographischen Films kennen das Spiel ja von den Soft- und Hardcore-Varianten. In der Hardcore-Variante des Films sieht man dann mehr vom Geschlechtsverkehr und auch mehr, ähem, anatomische Details.
Dann hörte man, vor allem im Umfeld der Berlinale und damit kurz vor dem Kinostart, dass in den Nacktszenen Body-Doubles und auch Prothesen eingesetzt wurden. Damit war klar, dass das zu sehende Geschlechtsteil nicht unbedingt das Geschlechtsteil des Schauspielers ist. Außerdem kürzte Lars von Trier nicht nur Sex-, sondern auch andere Szenen.
Damit schrumpfte der anvisierte Skandal – immerhin spielen Charlotte Gainsbourg, Stellan Skarsgard, Shia LaBeouf, Christian Slater, Jamie Bell, Uma Thurman, Willem Dafoe, Connie Nielsen, Jean-Marc Barr und Udo Kier mit – schon auf das Normalmaß einer äußerst gelungene Werbestrategie. Außerdem hat natürlich niemand, der noch seine Tassen im Schrank hat, von dem Provokateur von Trier einen schnöden Porno erwartet.
In der deutschen Kinofassung des ersten Teils von „Nymphomaniac“ (und nur darum geht es in dieser Besprechung, Teil 2 folgt zum Kinostart am 3. April. Dann mit Dafoe und Kier.) gibt es – was jetzt nicht wirklich überraschend ist – auf der Porno-Ebene erstaunlich wenig bis nichts zu sehen. Außerdem ist der Film „frei ab 16 Jahre“, was sicher ein Grenzfall ist, aber es ist auch die Freigabe, die ich nach dem Film für wahrscheinlich hielt.
Auf der nackten Story-Ebene erzählt Lars von Trier hier nur die Arthouse-Variante der ersten Liebe, bei der einzelne Szenen, Segmente und mehr oder weniger metaphysische und optische Spielereien beeindruckender sind als die Geschichte, die durch die Struktur des Films auch immer wieder reflektiert wird. Das ist dann sogar erstaunlich unterhaltsam und kurzweilig und oft brüllend komisch mit einer ordentlichen Portion Absurdität geraten, obwohl diese zwei Stunden nur das Vorspiel sein können. Die von Seligman (Stellan Skarsgard) in einem Hinterhof gefundene, laut dem Presseheft, ungefähr fünfzigjährige Joe (Charlotte Gainsbourg, geb. 1971), sagt, dass sie eine ganz schlimme Frau sei, eine ungläubige Sünderin, die kein Mitleid verdient habe, eine selbst diagnostizierte Nymphomanin. Nymphomanie ist, laut Wikipedia, die Bezeichnung für ein gesteigertes Verlangen von Frauen nach Geschlechtsverkehr mit wechselnden Geschlechtspartnern; was ja an sich nicht so schlimm ist. Jedenfalls wenn man, wie Joe, nicht gläubig ist. Dennoch sind für sie die Schläge, die sie erhielt, bevor sie von Seligman entdeckt wurde, die gerechte Strafe für ihr gottloses Leben.
In der Nacht versucht sie dann Seligman zu überzeugen, dass ihre Selbsteinschätzung richtig ist. Sie erzählt ihm chronologisch ihr Leben in mehreren Rückblenden, in denen Joe von der Debütantin Stacy Martin, der Hauptdarstellerin des ersten Teils, gespielt wird. Dabei tauschen sich Joe und Seligman, züchtig angezogen und höflich den Abstand wahrend, auch immer wieder über die Struktur der Geschichte aus und diskutieren darüber, ob Joes Verhalten jetzt verwerflich ist oder nicht. Seligman sieht es durchgängig als normales, fröhliches, lebensbejahendes Verhalten. Es gibt Tonnen von Informationen über auch abseitige Gebiete und Seligman, ein passionierter Fliegenfischer, vergleicht Joes Geschichten immer wieder mit dem Fischen. Eigentlich erfahren wir in „Nymphomaniac“ mehr über das Fliegenfischen und die Musik von Johann Sebastian Bach, als über Sex.
Joe erzählt von ihrer guten Beziehung zu ihrem Vater (Christian Slater). Zuerst als Kind und, später, in Schwarzweiß, als er im Krankenhaus liegend einen schmerzhaften Tod hat.
Diese Episode ist, auch wenn wir nie erfahren, warum Joes Vater im Delirium lag, extrem schmerzhaft.
Durchgehend komischer sind dagegen Joes Erzählungen von ihren sexuellen Erlebnissen. Bei der von ihr veranlassten Entjungferung durch den an ihr vollkommen desinteressierten Moped-Bastler Jerome (Shia LaBeouf) gibt es eine herrliche Abrechnung mit dem männlichen Sexualverhalten: Hose runter, drei Stöße von vorne, fünf von hinten (Seligman erklärt uns die Bedeutung der Zahlen), fertig, Hose hoch und weiter, erfolglos, am Moped rumschrauben.
Brüllend komisch ist später der Auftritt einer hysterischen Ehefrau (Uma Thurman), die mit ihren Kindern Joes Wohnung, den Pfuhl der Sünde, besichtigt und ihren Kindern dabei alles, inclusive der kommenden Therapiegespräche, erklärt, während Joe und ihr Ehemann peinlich berührt dabei stehen. Viel effektiver kann man das psychologisierende Beziehungsdramenkino nicht durch den Kakao ziehen und endgültig demontieren.
Davor gibt es einen Wettbewerb zwischen Joe und ihrer Freundin B. (die meisten Charaktere haben nur Initialen). Wer während einer Zugfahrt die meisten sexuellen Erlebnisse hat, erhält als Preis eine Tüte Süßigkeiten.
Wie ein roter Faden zieht sich Joes Beziehung zu Jerome durch den Film. Nach ihrer Entjungferung verlor sie ihn aus den Augen. Später, als sie sich nach ihrem abgebrochenem Studium in einer Druckerei bewirbt, trifft sie ihn wieder. Jerome, der übergangsweise Chef einer Druckerei ist, stellt sie als Sekretärin ein. Zunächst lehnt sie seine Avancen ab. Als sie ihm ihre Liebe gestehen will, ist er gerade mit seiner Frau abgereist. Aber am Ende des Films trifft sie ihn zufällig wieder. Während Seligman dieses Treffen für einen unglaubwürdigen Zufall hält, besteht Joe auf ihrer Version. Immerhin erzähle sie die Geschichte. Warum sie Jerome dabei allerdings zu so einem unsympathischen Schmierlappen macht, sagt sie nicht.
Diese Erzählungen von Joe, über deren Wahrheitsgehalt daher debattiert werden kann, und die dazu gehörigen Betrachtungen von Joe und Seligman sind in insgesamt acht, streng voneinander getrennte Kapitel unterteilt. Im ersten Teil von „Nymphomaniac“ gibt es die ersten fünf Kapitel, die alle in einer seltsam anonymen und ortlosen Gegend, die meist das muffige Patina der fünfziger Jahre mit spartanisch eingerichteten Räumen, abgeranzten Sperrholz-Möbeln und alten Backsteingebäuden, verströmt und in denen Stacy Martin als junge Joe im Zentrum steht.
„Nymphomaniac – Teil 1“ ist, wie die Musik von „Rammstein“, die den Film beginnt und beendet, ein letztendlich harmloses Spiel mit Tabus.
„Nymphomaniac – Teil 1“ ist eine moralische Geschichte über eine junge Frau, die von ihrem Geschlechtsteil fasziniert ist und am Ende den Mann fürs Leben findet.
„Nymphomaniac – Teil 1“ ist oft umwerfend komisch, pendelt zwischen Tief- und Flachsinn.
3sat, 22.25 Sturm (Deutschland/Dänemark/Niederland 2009, R.: Hans-Christian Schmid)
Buch: Bernd Lange, Hans-Christian Schmid
Hannah Maynard führt vor dem Tribunal in Den Haag die Anklage gegen den bosnischen Serben und Kriegsverbrecher Duric. Als ihr Hauptzeuge sich in Widersprüche verwickelt, beginnt sie im ehemaligen Kriegsgebiet nach neuen Beweisen zu suchen. Verdammt guter Politthriller
mit Kerry Fox, Anamaria Marinca, Stephen Dillane, Rolf Lassgård, Alexander Fehling, Tarik Filipovic, Jesper Christensen