Impressionen aus Berlin: „35 Jahre Mauerfall“ – das Fest der Freiheit

November 9, 2024

Vor 35 Jahren fiel in Berlin eine Mauer.

Heute wird dieser Mauerfall in der deutschen Hauptstadt mit einem „Fest der Freiheit“ auf dem Mauerstreifen gefeiert, wie hier am Reichstag und dem Brandenburger Tor.


TV-Tipp für den 9. November: Zoomania

November 8, 2024

Disney Channel, 20.15

Zoomania (Zootopia, USA 2016)

Regie: Byron Howard, Rich Moore, Jared Bush (Ko-Regisseur)

Drehbuch: Jared Bush, Phil Johnston, Dan Fogelman (zusätzliches Material) (Nach einer Geschichte von Byron Howard, Jared Bush, Rich Moore, Phil Johnston, Jennifer Lee, Josie Trinidad und Jim Reardon)

Als Jung-Polizistin und Karnickel Judy Hopps mit dem verbrecherischen Fuchs Nick Wilde (Hey, er ist ein Fuchs!) den spurlos verschwundenen Mr. Otterton sucht, entdecken sie ein riesiges, Zoomania bedrohendes Komplott.

Äußerst gelungener Disney-Film mit sympathischer Botschaft und unzähligen Anspielungen, die jüngere Zuschauer übersehen werden. Aber die sollten um diese Uhrzeit auch im Bett sein.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit vielen Tieren und vielen Sprechern

Wiederholung: Sonntag, 10. November, 8.45 Uhr

Hinweise

Moviepilot über „Zoomania“

Metacritic über „Zoomania“

Rotten Tomatoes über „Zoomania“

Wikipedia über „Zoomania“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Byron Howard/Rich Moore/Jared Bushs „Zoomania“ (Zootopia, USA 2016)


Neu im Kino/Filmkritik: Steve McQueens „Blitz“ – heute im Kino, morgen im Stream

November 8, 2024

1940 bombardierte Nazi-Deutschland täglich London. Dieser Teil der Luftschlacht um England ging als „The Blitz“ in die Geschichtsbücher über den Zweiten Weltkrieg ein. Jede Nacht flüchteten die Menschen vor den Bomben in Keller und U-Bahn-Stationen. Tagsüber wurden die Trümmer notdürftig weggeräumt. Und die Regierung organisierte die Verschickung von Kindern aufs Land, wo es sicherer war. Auch der neunjährige George (Elliott Heffernan) soll in Sicherheit gebracht werden, während seine alleinerziehende, in einer Rüstungsfabrik in der Produktion arbeitende Mutter Rita (Saoirse Ronan) und sein Großvater Gerald (Rockmusiker Paul Weller, der einen Musiker spielt) in ihrer Wohnung im Osten Londons bleiben.

Schon der Abschied am Bahnhof verläuft anders, als Rita es sich erhoffte. Denn George will nicht weg.

Kurz hinter London spring er aus dem Zug und macht sich, wie Lassie, auf den Weg zurück zu seiner Mutter.

Steve McQueen erzählt in seinem neuen Film „Blitz“ parallel Georges und Ritas Geschichte. Das so entstehende, primär aus Georges Perspektive erzählte Drama ist ein seltsamer Mix aus Kinobildern und der Dramaturgie einer TV-Serie, die auf Kinolänge gekürzt wurde. Beide Handlungsstränge sind so angelegt, dass sie mit beliebig vielen weiteren Episoden und Personen verlängert oder, bei Bedarf, gekürzt werden können. Darum entsteht auch nie das Gefühl, dass sie zu elliptisch erzählt sind. Denn ob George bei seiner Reise zurück nach London noch einige weitere Tage unterwegs ist, einige weitere Menschen trifft und Abenteuer erlebt oder auch nicht, ist egal. Gleiches gilt für die Erlebnisse von seiner Mutter und seinem Großvater in London.

Diese durchgehend episodische Erzählweise erlaubt es Steve McQueen viele verschiedene Themen, wie den damaligen Rassismus, anzusprechen. Zusammengehalten werden die Episoden durch den aus „Lassie“ bekannten Plot.

Blitz“ ist ein guter, humanistisch geprägter und zu Herzen gehender Film. Das Drama ist gleichzeitig Steve McQueens in jeder Hinsicht konventionellester Film. Zu seinen vorherigen Filmen gehören „Hunger“, „Shame“ und „12 Years a Slave“.

Steve McQueens neuer Film läuft jetzt in einigen Kinos. Aktuell wird „Blitz“ in Berlin in zwei kleinen Arthaus-Kinos einmal am Tag gezeigt. Ab dem 22. November ist er auf Apple TV+ verfügbar.

Blitz (Blitz, Großbritannien 2024)

Regie: Steve McQueen

Drehbuch: Steve McQueen

mit Saoirse Ronan, Elliott Heffernan, Harris Dickinson, Benjamin Clémentine, Kathy Burke, Paul Weller, Stephen Graham, Leigh Gill, Mica Ricketts, CJ Beckford, Alex Jennings, Joshua McGuire, Hayley Squires, Erin Kellyman, Sally Messham

Länge: 120 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Homepage zum Film

Moviepilot über „Blitz“

Metacritic über „Blitz“

Rotten Tomatoes über „Blitz“

Wikipedia über „Blitz“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Steve McQueens „Shame“ (Shame, Großbritannien 2011)

Meine Besprechung von Steve McQueens „12 Years a Slave“ (12 Years a Slave, USA 2013)

Meine Besprechung von Steve McQueens „Widows – Tödliche Witwen“ (Widows, USA 2018)


TV-Tipp für den 8. November: Meinen Hass bekommt ihr nicht

November 7, 2024

Arte, 20.15

Meinen Hass bekommt ihr nicht (Vous n’aurez pas ma haine, Deutschland/Frankreich/Belgien 2022)

Regie: Kilian Riedhof

Drehbuch: Jan Braren, Marc Blöbaum, Kilian Riedhof, Stéphanie Kalfon

LV: Antoine Leiris: Vous n’aurez pas ma haine, 2016 (Meinen Hass bekommt ihr nicht)

TV-Premiere. Berührendes Drama über Antoine Leiris, dessen Frau von islamistischen Terroristen am 13. November 2015 in Paris im Bataclan während eines Konzerts erschossen wurde. Danach musste er ihren siebzehn Monate alten Sohn allein erziehen. Eines Nachts schrieb und veröffentlichte er den von einer großen Öffentlichkeit wahrgenommenen, titelgebenden Facebook-Text.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Pierre Deladonchamps, Zoé Iorio, Camélia Jordana, Thomas Mustin, Christelle Cornil, Anne Azoulay, Farda Rahouadj, Yannuk Choirat

Hinweise

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Filmportal über „Meinen Hass bekommt ihr nicht“

Moviepilot über „Meinen Hass bekommt ihr nicht“

AlloCiné über „Meinen Hass bekommt ihr nicht“

Wikipedia über „Meinen Hass bekommt ihr nicht“

Meine Besprechung von Kilian Riedhofs „Meinen Hass bekommt ihr nicht“ (Vous n’aurez pas ma haine, Deutschland/Frankreich/Belgien 2022)


Neu im Kino/Filmkritik: Einige Worte zu „Weisheit des Glücks“, „Die Witwe Clicquot“, „Bekenntnisse des Hochstaplers Thomas Mann“, „Martin liest den Koran“, „Marianengraben“ und „Red Rooms – Zeugin des Bösen“

November 7, 2024

Und was läuft außerdem im Kino?

Weisheit des Glücks – Eine inspirierende Begegnung mit dem Dalai Lama“ ist eine spielfilmlange Predigt des 14. Dalai Lama über all die Dinge, die er in wahrscheinlich jeder seiner Reden über den Frieden, die Welt und das Zusammenleben sagt. Unterlegt werden seine Worte mit einigen wenigen historischen Aufnahmen und vielen schönen Naturbildern, die wir so ähnlich aus anderen esoterisch angehauchten essayistischen Dokumentarfilmen kennen.

Das ist erbaulich, aber in dieser Form auch arg weltfremd. Denn nach dem allgemein zustimmungsfähigen Satz ‚wir wollen alle Frieden‘ führt er nicht aus, wie wir zu diesem Zustand kommen. Der Übergang von der Theorie in die Praxis ist der schwierige und wirklich interessante Punkt.

So bleibt nach neunzig Minuten Predigt nur Glückskeks-Wunschdenken, das seinen Jüngern gefallen wird.

Weisheit des Glücks – Eine inspirierende Begegnung mit dem Dalai Lama (Wisdom of Happiness, China/USA 2024)

Schweiz 2024)

Regie: Barbara Miller, Philip Delaquis

Drehbuch: –

mit Dalai Lama

Länge: 95 Minuten

FSK: ab 6 Jahre

Hinweise

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Moviepilot über „Weisheit des Glücks“

Wikipedia über „Weisheit des Glücks“

Nach dem Tod ihres Mannes übernimmt die titelgebende ‚Witwe Clicquot‘ 1805 als 27-jährige in der französischen Provinz Champagne die Leitung der familieneigenen, damals unbedeutenden Weinkellerei. In den folgenden Jahren revolutioniert sie umfassend die Art, wie Champagner hergestellt wird. Ihre Verfahren werden noch heute angewandt. Sie legte den Grundstein für die heute noch bestehende Champagnermarke Veuve Clicquot Ponsardin.

Über diese Verfahren erfährt man in Thomas Nappers Biopic „Die „Die Witwe Clicqout“ nichts. Wie sie sich genau gegen die rein männliche Konkurrenz durchsetzte und ihren Hof behielt, erfährt man fast nichts. Die dafür entscheidenden Momente erzählt Napper zwischen den Bildern oder in nichtssagenden Bildern von einer Frau, die in einem Labor steht und mit Flüssigkeiten gefüllte Gefäße missvergnügt anschaut. Und so ist das Biopic eine Ansammlung wenig beeindruckender, meist beliebiger Szenen, in denen nie klar wird, warum wir uns für sie interessieren sollten. Aber wir erfahren einiges über ihr Liebesleben und, in Rückblenden, die Beziehung zu ihrem Mann. Beides wird ebenfalls an den interessanten Punkten nicht vertieft.

Barbe Nicole Clicquot-Ponsardin (16. Dezember 1777 – 29. Juli 1866), die „Grande Dame de Champagne“, hätte einen besseren Film als diese halbgare, auf zwei Zeitebenen spielende Schmonzette verdient.

Die Witwe Clicquot (Widow Clicquot, USA 2023)

Regie: Thomas Napper

Drehbuch: Erin Dignam (nach einer Geschichte von Christopher Monger und Erin Dignam)

LV: Tilar J. Mazzeo: The Widow Clicquot, 2008 (Veuve Clicquot – Die Geschichte eines Champagner-Imperiums und der Frau, die es regierte)

mit Haley Bennett, Tom Sturridge, Sam Riley, Leo Suter, Natasha O’Keeffe, Anson Boon, Ben Miles

Länge: 90 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

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Moviepilot über „Die Witwe Clicquot“

Metacritic über „Die Witwe Clicquot“

Rotten Tomatoes über „Die Witwe Clicquot“

Wikipedia über „Die Witwe Clicquot“ (deutsch, englisch)

Gleiches gilt für den Dokumentarfilm „Bekenntnisse des Hochstaplers Thomas Mann“. „Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“ gehören immer noch zu Manns bekanntesten und beliebtesten Werken. Mann begann mit der Arbeit an dem Roman 1905. Der Roman sollte der Auftakt für eine monumentale Trilogie sein. 1954 veröffentlichte er den Roman. Ein Jahr später starb er.

André Schäfer geht in seinem Dokumentarfilm, der auch mit nachgestellten Szenen arbeitet, der Verbindung zwischen Mann und Krull nach und wie sehr Krull ein alter ego von Mann ist. Allerdings kratzt sein Film nur an der Oberfläche. Am Ende hat man den Eindruck, weder über den Autor noch über den von ihm erfundenen Hochstapler viel erfahren zu haben.

Jedenfalls wenn man kein Mannianer ist.

Bekenntnisse des Hochstaplers Thomas Mann (Deutschland 2024)

Regisseur: André Schäfer

Drehbuch: Jascha Hannover, Hartmut Kasper

mit Sebastian Schneider

Länge: 95 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

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Filmportal über „Bekenntnisse des Hochstaplers Thomas Mann“

Moviepilot über „Bekenntnisse des Hochstaplers Thomas Mann“

Ein Jahr nach einem islamistischen Anschlag fährt Martin Harirat (Zejhun Demirov) an die Universität. Der 35-jährige Familienvater will mit Professor Doktor Neuweiser (Ulrich Tukur) über den Koran reden. Der Universitätsgelehrte soll ihm die aus dem Koran hergeleitete Absolution für einen von ihm geplantes Bombenattentat erteilen. Schnell entspinnt sich zwischen den beiden Männern ein Dialog über die richtige und falsche Interpretation des Korans.

Das Zwei-Personenstück „Martin liest den Koran“ ist, auch wenn es auf einem Originaldrehbuch basiert, abgefilmtes Thesentheater, bei dem die Interpretation des Korans zu sehr an den Worten der Schrift kleben bleibt und sich dann verschiedene Koranzitate mit triumphierender Stimme um die Ohren gehauen werden. Dabei sollte gerade Prof. Neuweiser wissen, wie wichtig bei den Worten auch immer der konkrete historische und kulturelle Hintergrund ist. Denn kein Werk entsteht im luftleeren Raum. Jedes Werk reagiert auf sein Umfeld.

Jurijs Saule inszenierte das Gespräch mit einem guten Gefühl für die Räume. Vor allem der große Hörsaal und die Mensa geben auch für das Auge etwas her. Störend sind allerdings die immer wieder aufmerksamkeitheischende, oft subjektive Kamera und die überlaute Geräuschkulisse.

Martin liest den Koran“ ist ein klitzekleiner Baustein in der Diskussion über Islam, Islamismus und Terrorismus, die sich auf das akademische Spiel mit Koranzitaten konzentriert.

Das Drehhbuch erhielt 2022 die Goldene Lola für das beste unverfilmte Drehbuch.

Martin liest den Koran (Deutschland 2024)

Regie: Jurijs Saule

Drehbuch: Michail Lurje, Jurijs Saule

mit Ulrich Tukur, Zejhun Demirov, Sarah Sandeh, Alissia Krupsky, Prince Chughtai

Länge: 106 Minuten

FSK: ab 16 Jahre (wegen kurzer Visionen und Fotos von Attentaten; – aber nichts, was nicht auch in der „Tagesschau“ gezeigt wird)

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Filmportal über „Martin liest den Koran“

Moviepilot über „Martin liest den Koran“

In dem Road-Movie „Marianengraben“ fahren Helmut (Edgar Selge) und Paula (Luna Wedler) nach Italien. Getroffen haben sie sich mitten in der Nacht auf einem Friedhof. Paula besuchte das Grab ihres jüngeren Brüders. Helmut grub die Urne mit der Asche seiner Frau aus. Als sie vom Wachpersonal entdeckt werden, flüchten sie gemeinsam.

Helmut will nach Südtirol fahren, dabei die Asche seiner Frau verstreuen und, nun, sterben. Er hat seine letzte Reise zu den Orten, an denen er mit seiner Frau schöne Tage verbrachte, akribisch geplant. Paula will dagegen, von Schuldgefühlen geplagt, nur an einem bestimmten Tag in Triest sein. Dort ertrank ihr kleiner Bruder, der jetzt zehn Jahre alt geworden wäre, vor einem Jahr.

Weil er seinen Camper nicht mehr alleine fahren kann und sie keinen Zug benutzen kann, fahren sie gemeinsam Richtung Süden.

Eileen Byrnes Bestsellerverfilmung über zwei Trauernde, die sich auf einer gemeinsamen Reise langsam öffnen und dabei ihre Trauer überwinden, bewegt sich auf vertrauten Pfaden. Nur der konstant mangelnde Respekt vor der Friedhofsordnung und der damit verbundenen Totenruhe überrascht.

Marianengraben (Luxemburg/Italien/Österreich 2023)

Regie: Eileen Byrne

Drehbuch: Eileen Byrne

LV: Jasmin Schreiber: Mariannengraben, 2020

mit Luna Wedler, Edgar Selge, William Vonnemann, Martin Maria Abram, Katharina Grabher, Markus Stolberg

Länge: 87 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

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Wikipedia über „Marianengraben“

Kelly-Anne (Juliette Gariépy) und Clementine (Laurie Babin) verfolgen in Montreal im Gericht gespannt den Prozess gegen den Serienmörder Ludovic Chevalier (Maxwell McCabe-Lokos). Sie sind Serienkiller-Groupies, die den Dämon von Rosemont für unschuldig halten. Während der langen Gerichtstage lernen sie sich kennen. Auch außerhalb des Gerichtssaal verbringen sie Zeit miteinander.

Vor allem Kelly-Anne will immer mehr über den brutalen Mädchenmörder Chevalier, der seine Taten aufgenommen hat, erfahren. Sie möchte das bislang unbekannte Video von seinem dritten Mord, den an der dreizehnjährigen Camille, sehen und begibt sich dafür ins Darknet.

Pascal Plantes psychologischer Horrorfilm „Red Rooms – Zeugin des Bösen“ beginnt wie ein karg, quasi-dokumentarisch in langen, oft stummen Szenen inszenierter, das Geschehen kühl und distanziert beobachtender Gerichtsfilm. Er wird, ohne seinen Stil zu ändern, zu einem Film über die beginnende Freundschaft zwischen zwei einsamen Frauen, der im letzten Drittel wieder zu einem anderen Film wird. Dabei reduziert Plante die Zahl der handelnden Personen mit zunehmender Laufzeit immer mehr. Die schon anfangs einsame Kelly-Anne isoliert sich immer weiter von der Gesellschaft und taucht immer tiefer in die Welt des Darknets ein. Dabei deutet Plante die schlimmsten Bilder nur an. Wir sehen die Reaktionen auf grausame Bilder aber keine grausamen Bilder.

Red Rooms – Zeugin des Bösen (Les chambres rouges, Kanada 2023)

Regie: Pascal Plante

Drehbuch: Pascal Plante

mit Juliette Gariépy, Laurie Babin, Elisabeth Locas, Natalie Tannous, Pierre Chagnon, Guy Thauvette, Maxwell McCabe Lokos

Länge: 119 Minuten

FSK: ab 16 Jahren

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Metacritic über „Red Rooms“

Rotten Tomatoes über „Red Rooms“

Wikipedia über „Red Rooms“ (deutsch, englisch)


Neu im Kino/Filmkritik: „Red One – Alarmstufe Weihnachten“, der Nikolaus ist weg

November 7, 2024

Red One ist der Codename für den Nikolaus. Und wenn jemand einen Codenamen hat, dann ist er eine wichtige Person, die von Personenschützern beschützt wird. Er ist der Chef von vielen Personen und, in diesem Fall, auch anderen Wesen. Er ist, einfach gesagt, der Chef einer großen Firma, deren Auftrag es ist, einmal im Jahr vom Nordpol aus Geschenke zu verteilen.

So soll es auch in diesem Jahr sein. In der riesigen Weihnachtsmannresidenz am Nordpol laufen die Vorbereitungen für den großen Tag reibungslos ab. Schließlich arbeitet das riesige Team seit Jahrhunderten zusammen.

Wenige Stunden vor Weihnachten ändert sich alles. Unbekannte entführen den Nikolaus. Sein Sicherheitschef Callum Drift (Dwayne Johnson) muss ihn innerhalb weniger Stunden finden. Sonst fällt Weihnachten aus. Also der Teil mit den Geschenken. Helfen soll ihm Jack O’Malley (Chris Evans), der weltbeste Spurensucher. Er hat, ohne es zu Wissen, den Bösewichtern, die er nicht kennt, die Informationen für die Entführung geliefert. Auftrag und Bezahlung wurden anonym abgewickelt.

Drift und O’Malley, die sich nicht ausstehen können, müssen bei ihrer Suche nach dem Weihnachtsmann zusammen arbeiten.

Jake Kasdan, Regisseur der letzten beiden „Jumanji“-Filme, inszenierte mit „Red One – Alarmstufe Weihnachten“ einen typischen Streamingfilm, den man sich ansieht, dabei mehr oder weniger amüsiert und schnell vergisst. Obwohl es sich um eine neue Geschichte handelt, wirkt alles in „Red One“ wie eine Zweit- oder Drittverwertung bekannter Versatzstücke. So als habe man einfach einen Marvel- oder DC-Superheldenfilm mit bekannten Weihnachtsmythen zusammengeworfen. Die Dialoge sind vorhersehbar und funktional. Die Geschichte unterhält leidlich, aber hält keiner genaueren Prüfung stand. Das beginnt schon mit der Frage, warum die Bösewichtin, die Weihnachtshexe Grýla, bei der Suche nach dem Aufenthaltsort des Weihnachtsmannes auf die Hilfe von O’Malley angewiesen ist und warum Drift und sein tolles E.L.F.-Team auf die Hilfe dieses Hallodris angewiesen sind. Immerhin führt die Zwangszusammenarbeit von Drift und O’Malley zu etwas okayem Buddy-Humor – und einigen Szenen mit O’Malleys Sohn, den er nie sieht, und seiner Ex-Frau, die ihm das vorhält.

Die Besetzung ist prominent. Das Budget ist mit 250 Millionen US-Dollar hoch. „Red One“ ist eine Prestigeproduktion, die von Amazon MGM Studios für die Weihnachtssaison geplant war und jetzt doch im Kino läuft. Allerdings muss zu dem Budget gesagt werden, dass hier alle Kosten enthalten sind. So erhielt Dwayne Johnson, der seinen Part erstaunlich unengagiert spielt, 50 Millionen. Auch andere Schauspieler, wie Chris Evans,Lucy Liu und J. K. Simmons (als Nikolaus), dürften eine Millionengage erhalten haben. Weitere 50 Millionen sollen aufgrund des während der Dreharbeiten unberechenbaren Verhaltens von Johnson, der sich nicht an den vereinbarten Drehplan hielt, entstanden sein.

Die Spezialeffekte sind okay. Und alles, auch wenn einige wenige Szenen nicht im Studio gedreht wurden, sieht nach einem einzigen Studiodreh aus, bei dem die Hintergründe digital eingefügt wurden. Die Kämpfe von Drift und O’Malley gegen alle möglichen Nicht-menschlichen Wesen, wie Schneewesen, Eisbären und Krampus, entstanden dann fast ausschließlich am Computer. Entsprechend austauschbar wirken die Bilder, die sich durchgehend in der aus anderen Streamingfilmen vertrauten Farbpalette bewegen.

Wie bei anderen Streamingfilmen liefern alle eine professionelle Arbeit ab. Ein bestimmtes Niveau wird nie unterschritten, aber niemand strengt sich besonders an. Und nichts soll bem Zuschauen überraschen oder eine Irritation auslösen, die zum Nachdenken über den Film und die im Film angesprochene Themen führen könnte.

Red One – Alarmstufe Weihnachten“ ist ein Spektakel für die ganze Familie, bei man sich während des Ansehens halbwegs gut unterhalten fühlt und den Film schon beim Ansehen vergisst. Kasdans Weihnachtsfilm ist das filmische Äquivalent zu einem McDonald’s-Hamburger.

Red One – Alarmstufe Weihnachten (Red One, USA 2024)

Regie: Jake Kasdan

Drehbuch: Chris Morgan (nach einer Geschichte von Hiram Garcia)

mit Dwayne Johnson, Chris Evans, Lucy Liu, J. K. Simmons, Bonnie Hunt, Kristofer Hivju, Kiernan Shipka, Mary Elizabeth Ellis, Wesley Kimmel

Länge: 124 Minuten

FSK: ab 12 Jahre (was für einen kindischen Weihnachtsfilm für die ganze Familie ziemlich hoch ist)

Hinweise

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „Red One“

Metacritic über „Red One“

Rotten Tomatoes über „Red One“

Wikipedia über „Red One“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Jake Kasdans „Sex Tape“ (Sex Tape, USA 2014)

Meine Besprechung von Jake Kasdans „Jumanji: Willkommen im Dschungel“ (Jumanji: Welcome to the Jungle, USA 2017)

Meine Besprechung von Jake Kasdans „Jumanji: The next level“ (Jumanji: The next level, USA 2019)


TV-Tipp für den 7. November: Becoming Nawalny – Putins Staatsfeind Nr. 1

November 6, 2024

HR, 23.45

Becoming Nawalny – Putins Staatsfeind Nr. 1 (Deutschland 2024)

Regie: Igor Sadreev, Aleksandr Urzhanov

Drehbuch: Igor Sadreev, Aleksandr Urzhanov

Spielfilmlange Doku über Alexei Nawalny, der am 16. Februar 2024 in einem sibirischen Straflager starb.

Igor Sadreev und Aleksandr Urzhanov unterhielten sich für ihre Doku über Nawalnys Leben mit Weggefährte, Freunden und Kritikern des Mannes, der zum weltweit bekanntesten russischen Oppositionellen und erbitterten Gegner Putins wurde.

Hinweise

Wikipedia über Alexei Nawalny (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Daniel Rohers Dokumentarfilm „Nawalny“ (Nawalny, USA 2022) (u. a. ausgezeichnet mit dem Oscar als bester Dokumentarfilm)


Neu im Kino/Filmkritik: „Caligula – The Ultimate Cut“ des Skandalfilm

November 6, 2024

Gedreht wurde „Caligula“ 1976. Als Tinto Brass‘ Werk, der nicht als Regisseur genannt werden wollte, 1979 in die Kinos kam, waren die damaligen Kritiken vernichtend: „gesellschaftsfähig gemachter harter Porno mit Weltstar-Beteiligung und einem immensen Aufwand an Menschen, Maschinen, Kostümen und Dekorationsmaterial (…) eine unablässige voyeuristische Abfolge von Sex, Sadismus, Masochismus und Inzest in kulinarisch ausgebreiteten Prunkbildern.“ (Fischer Film Almanach 1981)

Der Skandalfilm, der in jedem Land unterschiedlich gekürzt wurde, wurde ein Kassenhit und seitdem so etwas wie ein Kultfilm.

Jetzt kommt das legendäre Werk wieder in die Kinos. In einer so noch nicht gesehenen Fassung. Denn hinter dem Titel „Caligula – The Ultimate Cut“ verbirgt sich keiner dieser Extended-Cuts, in die der Regisseur noch einige Szenen, die er vorher herausgeschnitten hat, eingefügt wurden. Es handelt sich auch nicht um einen Cut, in den einfach verschollen geglaubte, in einem Archiv entdeckte Aufnahmen wieder eingefügt wurden. Es handelt sich um einen vollkommen neuen Cut.

Den Anfang nahm diese Version 2016, als im Lager des Erotikmagazins „Penthouse“, das den Film damals produzierte und dem die Aufnahmen gehören, das archivierte und danach vergessene Originalmaterial wiederentdeckt wurde. Autor und Archivar Thomas Negovan erhielt den Auftrag, aus diesen bis jetzt weitgehend unbekannten Aufnahmen, dem ursprünglichen Drehbuch, das von Gore Vidal geschrieben wurde, und den Aufnahmen, bei denen das Drehbuch stark verändert wurde, eine Fassung des Films zu erstellen, die wohl den ursprünglichen Absichten relativ nahe kommt. Und die nichts mehr mit den bislang bekannten Fassungen zu tun hat.

Für den „Ultimate Cut“ wurden alle Bilder und Tonaufnahmen restauriert. Über neunzig Stunden Originalnegative wurden in 4k gescannt. Für den Cut wurden andere Darstellungen und Kamerawinkel ausgewählt. Die während der Dreharbeiten teilweise unvollständigen Kulissen wurden mittels VFX-Technik vervollständigt.

Damals, 1976, versanken die 24-wöchigen Dreharbeiten in einem einzigen Chaos aus unterschiedlichen Vorstellungen über den endgültigen Film und explodierenden Kosten. Männliche Komparsen wurden anhand ihrer Penisgröße engagiert. Bei Sexszenen demonstrierte Tinto Brass präzise unter persönlichem Einsatz, wie er sich die Szene vorstellte. Es gab Unfälle. Die Crew wurde nicht oder unpünktlich bezahlt. Während des Schnitts wurde Regisseur Tinto Brass gefeuert. Produzent und „Penthouse“-Gründer Bob Guccione erstellte eine Fassung, in der er willkürlich explizite pornographischie Szenen einfügte. Je nach Land und den dortigen Empfindllichkeiten wurden dann verschiedene weitere Fassungen erstellt. Der Film wurde als Hardcore-Porno mit Stars beworben. Unter anderem spielen Malcolm McDowell, Helen Mirren, John Gielgud und Peter O’Toole mit. Von der 1979 veröffentlichten Fassung distanzierten sie sich teilweise sehr deutlich. Der Film wurde, weil jeder den Skandal-Porno sehen wollte, ein Kassenerfolg.

Seitdem gab es auf Video, DVD und Blu-ray weitere Fassungen und weitere Zensurbemühungen. In all den Jahren behauptete niemand, dass es sich bei „Caligula“ um einen guten oder im traditionellen Sinn sehenswerten Film handelt.

Das kann auch jetzt von Thomas Negovans Fassung nicht behauptet werden. Auch wenn es sich wahrscheinlich um die erzählerisch kohärenteste Fassung handelt, ist „Caligula – The Ultimate Cut“ immer noch ein schlechter Film. So etwas wie eine Geschichte und schauspielerische Leistungen sind jetzt rudimentär erkennbar. Die Story – es handelt sich um ein Biopic über den römischen Kaiser Caligula und seine Zeit als Herrscher – wird in drei ungefähr einstündigen Akten mit atemberaubend schlechten, ziellosen Texten in meistens viel zu langen Szenen erzählt. Gewalt und pornographische Szenen gibt es immer noch. Aber es gibt nur noch wenige pornographische Szenen. Oder sie sind kürzer als in früheren Fassungen. Auch die Hauptdarsteller sind, während sie sich lange unterhalten, oft nur spärlich bekleidet. Inszeniert wurde die Geschichte wie ein abgefilmtes Theaterstück mit statischer Kamera, die auch die im Hintergrund nackt oder fast nackt herumstehenden und sitzenden Statisten ausführlich, auch beim selbstversunkenem Onanieren, zeigt.

Caligula – The Ultimate Cut“ ist als Skandal-Kuriosum der Kinogeschichte eher von historischem Interesse. Als Vorbereitung für den am 14. November startenden „Gladiator II“ ist er von großem Interesse. „Caligula“ zeigt, was in „Gladiator II“ noch nicht einmal im Ansatz gezeigt wird.

Thomas Negovan zu seiner Fassung:

Es ist wie ein Zeitportal, dass dir die Chance gibt, drei Stunden zu sehen, die du noch nie zuvor gesehen hast. Denn kein einziges Bild wurde jemals gezeigt. Manchmal nutzen wir ähnliche Kamerawinkel oder denselben Winkel aus einem anderen Take. Zum Großteil ist es jedoch ein komplett neuer Film. Was man vorher aus der Nähe gesehen hat, befindet sich nun vielleicht weit weg. Was 1980 eine Minute lang war, ist jetzt vielleicht sieben Minuten lang. (…) Da wir uns auf die Schauspieler konzentriert haben, gibt die neue Fassung ihnen ihre Würde zurück.

(…) ich tat einfach so als wäre es 1976. Als wäre ich ein Zeitreisender, der mit allen gesprochen und alle getroffen hat und Bob davon abhalten konnte, Tinto zu feuern, um pornografische Szenen zu drehen.

(…) Als der Cutter die besten Aufnahmen raussuchte, sagte ich zu ihm: „Gehen wir alles durch und jeder sucht sich die Aufnahmen raus, die er gerne darin sehen möchte. Falls wir Teile aus der 1980er-Version brauchen, scannen wir einfach die 35mm-Filme ab.“ Irgendwann hatten wir rund 85% fertiggestellt und wir mussten bisher zu keinem Zeitpunkt auf Material aus dem Original zurückgreifen. Meist gab es Takes, die einfach viel besser waren. Irgendwann wurde ich nervös: „Es wäre schon echt cool, wenn wir gar kein Material von 1980 benutzen würden…“ Dann standen wir bei 90%, dann bei 95%, ich verbiss mich regelrecht in meinen Schreibtisch und dachte: „Was ist hier los?“ Es wurde so viel Material gedreht, wir haben so vieles hinzugefügt, was im Original nicht zu sehen war, dass es einfach funktionierte. Wir mussten nie auf das alte Material zurückgreifen. Auch hatten wir die Negative von damals nicht. 96 Stunden wurden gedreht, und wir hatten 93 Stunden aterial. Ein Dutzend Szenen wurde erweitert und ich glaube, wir haben sieben Szenen, die es in keiner anderen Fassung gibt. Es sind Szenen, die mir sehr wichtig waren, wie das Herunterschlagen und Wiederaufsetzen der Statuenköpfe. Es war also keine Absicht, doch am Ende ergab es sich so.“

Caligula – The Ultimate Cut (Caligula – The Ultimate Cut, USA 2023)

Regie („Dreharbeiten“): Tinto Brass

Drehbuch („Originaldrehbuch von“): Gore Vidal

Rekonstruktion: Thomas Negovan

mit Malcolm McDowell, Helen Mirren, John Gielgud, Peter O’Toole, Teresa Ann Savoy, John Steiner, Paolo Bonacelli, Osidire Pevarello, Adrianna Asti, Bruno Brive

Länge: 178 Minuten

FSK: ab 18 Jahre

Hinweise

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Moviepilot über „Caligula“

Metacritic über „Caligula – The Ultimate Cut“

Rotten Tomatoes über „Caligula – The Ultimate Cut“

Wikipedia über „Caligula – The Ultimate Cut“ (deutsch, englisch)


TV-Tipp für den 6. November: Kong: Skull Island

November 5, 2024

Kabel 1, 20.15

Kong: Skull Island (Kong: Skull Island, USA 2017)

Regie: Jordan Vogt-Roberts

Drehbuch: Dan Gilroy, Max Borenstein, Derek Connolly (nach einer Geschichte von John Gatins)

1973 wird ein von Militärs begleitetes Forschungsteam auf die bislang unentdeckte Südpazifik-Insel Skull Island geschickt. Dort treffen sie auf den Riesenaffen Kong (aka King Kong).

Rückblickend betrachtet ist „Kong: Skull Island“ der beste der neuen King-Kong-Filme. Dabei ist das starbesetzte blöde Kriegsspektakel nur ein „Apocalypse Now“-Monsterfilm-Mashup mit Zitaten aus den allerersten King-Kong-Film.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Tom Hiddleston, Samuel L. Jackson, John Goodman, Brie Larson, John C. Reilly, Jing Tian, Toby Kebbell, John Ortiz, Corey Hawkins, Jason Mitchell, Shea Whigham, Thomas Mann, Terry Notary, Marc Evan Jackson, Eugene Cordero

Wiederholung: Donnerstag, 7. November, 00.45 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Moviepilot über „Kong: Skull Island“

Metacritic über „Kong: Skull Island“

Rotten Tomatoes über „Kong: Skull Island“

Wikipedia über „Kong: Skull Island“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Gareth Edwards‘ „Godzilla“ (Godzilla, USA 2014)

Meine Besprechung von Jordan Vogt-Roberts‘ „Kong: Skull Island“ (Kong: Skull Island, USA 2017)

Meine Besprechung von Michael Doughertys „Godzilla II: King of the Monsters“ (Godzilla II: King of Monsters, USA 2019) (inzwischen auch: Godzilla: King of the Monsters)

Meine Besprechung von Adam Wingards „Godzilla vs. Kong“ (Godzilla vs. Kong, USA 2021)

Meine Besprechung von Adam Wingards „Godzilla x Kong: The New Empire“ (Godzilla x Kong: The New Empire, USA 2024)

 


Cover der Woche

November 5, 2024

Kein Eifel-, sondern ein Berlin-Krimi.


TV-Tipp für den 5. November: Harris gegen Trump: US-Wahl

November 4, 2024

ARD, 01.00

Harris gegen Trump: US-Wahl

In den USA wird ein neuer Präsident gewählt und ich hoffe, dass sie gewinnt. Die ersten Zahlen wird es nach Mitternacht geben. Weil das US-Wahlsystem grotesk und dringend reformbedürftig ist, wird es einige Zeit dauern, bis es zuverlässigere Zahlen gibt. Möglicherweise Tage. Und dann wird geklagt werden.

Der notorische Lügner, verurteilte Straftäter, mehrfache Vergewaltiger, mehrfache Bankrotteur und vieles mehr, was zu einer ausufernden Aufzählung von Strafverfahren, Zivilklagen und offensichtlichen Inkompetenzen führen würde, Donald Trump wird unabhängig von den Klagen und unabhängig von den wahren Zahlen schon kurz nach Mitternacht trompeten, er habe gewonnen.

Mit etwas Glück hat er, der bislang nie die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erhielt, bald viel Zeit, sich um die gegen ihn anhängigen Verfahren zu kümmern. Eigentlich hätten sie schon vor langer Zeit vor Gericht verhandelt werden sollen.

ZDF, 3sat, Phoenix, Tagesschau 24,RTL, Sat.1 und Pro7 berichten ebenfalls live aus den (wenig bis nicht) Vereinigten Staaten von Amerika.

Bereits um 20.15 Uhr gibt es im ZDF ein „ZDF spezial“ und um 21.00 Uhr eine Doku zum Wahlkampf und der Lage in den USA.


TV-Tipp für den 4. November: Brutale Stadt

November 3, 2024

Arte, 22.05

Brutale Stadt (Città violenta, Italien/Frankreich 1970)

Regie: Sergio Sollima

Drehbuch: Sauro Scavolini, Gianfranco Callegarich, Lina Wertmuller, Sergio Sollima

Nachdem Profikiller Jeff Heston (Charles Bronson) für seinen Boss zwei Jahre im Gefängnis saß und dieser ihm währenddessen seine Freundin ausspannte, will Jeff sich rächen.

TV-Premiere eines bis 2008 indizierten Thrillers, der danach eine FSK-16 erhielt und Kultstatus erlangte. So nannte Regisseur Nicolas Winding Refn „Brutale Stadt“ seinen liebsten italienischen Film. Die Action, vor allem die Autoverfolgungsjagd am Filmanfang werden allgemein gelobt und positiv mit denen in „Bullit“ und „The French Connection“ verglichen.

darstellerisch beachtlicher Gangsterfilm, der (…) an seiner brutalen Action scheitert.“ (Lexikon des internationalen Films)

mit Charles Bronson, Telly Savalas, Jill Ireland, Umberto Orsini, Michel Constantin, George Savalas

Hinweise

Rotten Tomatoes über „Brutale Stadt“

Wikipedia über „Brutale Stadt“ (deutsch, englisch)


Die Krimibestenliste November 2024

November 3, 2024

Mittagessen, Sonnenuntergang, Aufschieben scheinbar wichtiger Dinge zugunsten wirklich wichtiger Dinge, wie der Lektüre eines guten Buches. Pünktlich zum Monatsbeginn gibt es dafür Empfehlungen von der monatlichen Krimibestenliste, präsentiert von Deutschlandfunk Kultur:

1 (–) Pascal Garnier: Zu nah am Abgrund

(Aus dem Französischen von Felix Mayer)

Septime, 144 Seiten, 20 Euro

2 (8) Alan Parks: Die April-Toten

(Aus dem Englischen von Conny Lösch)

Polar, 444 Seiten, 26 Euro

3 (10) Thomas Knüwer: Das Haus in dem Gudelia stirbt

Pendragon, 290 Seiten, 20 Euro

4 (3) Boston Teran: Gärten der Trauer

(Aus dem Englischen von Jakob Vandenberg)

Elsinor, 243 Seiten, 24 Euro

5 (–) Holger Karsten Schmidt: Finsteres Herz

Kiepenheuer & Witsch, 463 Seiten, 17 Euro

6 (–) Una Mannion: Sag mir, was ich bin

(Aus dem Englischen von Tanja Handels)

Steidl, 304 Seiten, 28 Euro

7 (1) Tana French: Feuerjagd

(Aus dem Englischen von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann)

Fischer, 525 Seiten, 25 Euro

8 (6) Giancarlo De Cataldo: Schwarz wie das Herz

(Aus dem Italienischen von Karin Fleischanderl)

Folio, 253 Seiten, 22 Euro

9 (–) Katniss Hsiao: Das Parfüm des Todes

(Aus dem Chinesischen von Karin Betz)

Suhrkamp, 484 Seiten, 20 Euro

10 (–) Tiffany Tavernier: Der Freund

(Aus dem Französischen von Anne Thomas)

Lenos, 262 Seiten, 26 Euro

In ( ) ist die Platzierung vom Vormonat.

Bei mir liegt Hannelore Cayres neuer Roman „Finger ab“ (Ariadne/Argument Verlag) ganz oben auf meinem nächsterreichbaren Zu-Lesen-Stapel.

Und dann sollte ich einige, teils schon vor längerer Zeit gelesene gute Bücher endlich besprechen.


TV-Tipp für den 3. November: Faustrecht der Prärie

November 2, 2024

Arte, 20.15

Faustrecht der Prärie (My Darling Clementine, USA 1946)

Regie: John Ford

Drehbuch: Samuel G. Engel, Winston Miller (nach einer Geschichte von Sam Hellman)

John Fords legendäre Interpretation der Schießerei am O. K. Corral zwischen Wyatt Earp und Doc Holliday und dem verbrecherischen Clanton-Clan.

Das einzige, was Fords Film ‚My Darling Clementine‘ und die historische Figur des Wyatt Earp verbindet, ist, dass Earp der größte Mythenmacher des Westens war und ‚My Darling Clementine‘ der größte mythopoetische Western ist.“ (Joe Hembus: Das Western-Lexikon, 1995)

Anschließend, um 21.50 Uhr, zeigt Arte als TV-Premiere die knapp einstündige Doku „Henry Fonda – Der Präsident der Namenlosen“ (Deutschland 2022).

mit Henry Fonda, Linda Darnell, Victor Mature, Cathy Downs, Walter Brennan, Tim Holt, Ward Bond, John Ireland

auch bekannt als „Tombstone“ und „Mein Liebling Clementine“

Wiederholung: Dienstag, 12. November, 14.15 Uhr

Hinweise

Rotten Tomatoes über „Faustrecht der Prärie“

Wikipedia über „Faustrecht der Prärie“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Österreichisches Filmmuseum/Viennale (herausgegeben von Astrid Johanna Ofner und Hans Hurch) „John Ford“ (2014)


TV-Tipp für den 2. November: Nomadland

November 1, 2024

3sat, 23.05 Uhr

Nomadland (Nomadland, USA 2020)

Regie: Chloé Zhao

Drehbuch: Chloé Zhao

LV: Jessica Bruder: Nomadland: Surviving America in the Twenty-First Century, 2017 (Nomaden der Arbeit, Sachbuch)

Intensives, überwiegend mit Laien besetztes Roadmovie über eine moderne Nomadin, die in ihrem Wohnwagen durch die USA von schlecht bezahlter Arbeit zu mies bezahlter Arbeit fährt und, trotz allem, kein anderes Leben möchte.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Frances McDormand, David Strathairn, Linda May, Swankie, Bob Wells

Hinweise

Moviepilot über „Nomadland“

Metacritic über „Nomadland“

Rotten Tomatoes über „Nomadland“

Wikipedia über „Nomadland“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Chloé Zhaos „Nomadland“ (Nomadland, USA 2020)

Meine Besprechung von Chloé Zhaos „Eternals“ (Eternals, USA 2021) (ein Marvel-Film)


Neu im Kino/Filmkritik: Über den Cannes-Gewinner 2024: „Anora“

November 1, 2024

Aschenputtel-Geschichten haben im Film, siehe „Pretty Woman“, eine gute Chance auf ein glückliches Ende. Aber auch da gibt es Grenzen, die bei Sean Bakers neuem Film „Anora“ von Eltern gezogen werden. Die lernt Anora Mikheevazwar erst nach ihrer Hochzeit mit dem Oligarchenzögling Ivan Zakharov kennen. Schon vorher lernt sie deren Handlanger kennen, die eine für einen Film sehr amüsante Mischung aus Dummheit und Gehorsam sind.

Anora arbeitet in einem Club als Stripperin und sie verdient auch als Sexarbeiterin Geld. Sie ist jung, taff und nicht dumm. Evan lernt sie als einen Kunden kennen, der sich in sie verliebt, weil sie etwas russisch spricht. Die gemeinsam verbrachte und von ihm bezahlte Zeit gefällt ihr. Aber als er ihr vorschlägt, sie zu heiraten, reagiert sie reserviert. Schließlich gibt es solche Ehen nur im Märchen und ihr Leben ist kein Märchen.

Ivan lebt im Moment allein in dem riesigen Anwesen seiner Eltern und er hat absolut keine Geldsorgen. Er ist auch impulsiv und dumm. Halt ein verwöhntes Kleinkind, das inzwischen alt genug ist, um in Nachtclubs zu gehen, Alkohol zu trinken und Auto zu fahren.

Nach längerem Zögern willigt Anora ein. Während eines Trips nach Las Vegas heiraten sie. Zurück in New York beginnt der zweite, längste und beste Akt von Sean Bakers neuem Film „Anora“, der dieses Jahr in Cannes die Goldene Palme erhielt.

Toros, der Vertraute von Ivans Eltern, erfährt von der Heirat und dass sie schon auf dem Weg in die USA sind. Er weiß, dass Ivans Eltern ihn für diese Dummheit ihres Sohnes verantwortlich machen werden. Schließlich sollte er aufpassen, dass Ivan keine Dummheiten macht. Und eine Hochzeit mit einer Prostituierten ist eine Riesendummheit. Also schickt er zwei seiner Handlanger los. Igor und Garnick sollen mit dem jungen Paar reden. Der Gesprächsversuch läuft schnell vollkommen aus dem Ruder. Ivan flüchtet panisch in Richtung Manhattan. Anora beginnt sofort die beiden Schläger zu verprügeln. Sogar nachdem sie sie gefesselt haben, ist sie immer noch ein mehr als ebenbürtiger Gegner.

Toros kann sie zu einer halbwegs tragfähigen Zusammenarbeit bewegen. Gemeinsam suchen sie am Abend und in der Nacht Ivan in den Kneipen, Bars und Nachtclubs von Brighton Beach, Coney Island und Manhattan.

Anora“ zerfällt in drei unterschiedlich lange und stilistisch unterschiedliche Akte. Der erste Akt, das gemeinsame Abhängen von Anora und Ivan im Haus seiner Eltern und die Hochzeit in Las Vegas, sind etwas zäh. Es passiert wenig und was passiert, ist vorhersehbar und wenig interessant. Der zweite Teil, die Suche nach dem untergetauchten Ivan, ist eine pointiert erzählte Suche nach einer flüchtigen Person im nächtlichen New York. Diese Odysee ist stilistisch deutlich vom New-Hollywood-Kino beeinflusst. Von mir aus hätte dieser Teil doppelt so lang sein dürfen.

Im dritten Akt geht es dann um die Scheidungsverhandlung. Auch dieser Teil ist witzig als Feuerwerk von Pointen, die auch in einer hochtourigen Sitcom gut funktionieren würden. Das hat dann nicht mehr den erzählerischen Drive der vorherigen Suche nach dem flüchtigen Ivan. Während im zweiten Teil auch Raum für Improvisationen, Vor-Ort-Drehs und Atmosphäre war, geht es im dritten Teil nur noch um das möglichst schnelle Abfeuern von Sätzen. Es ist eine Verhandlung, in der Anora das Beste für sich herausholen will. Immerhin handelt es sich um eine legale Las-Vegas-Hochzeit zwischen zwei erwachsenen Menschen.

Insgesamt ist „Anora“ eine wundervoll spaßige und kurzweilige Unterhaltung. Eine Boulevard-Komödie, die in dem Milieu spielt, das man auch aus Bakers früheren Filmen kennt, wie „Tangerine L. A.“. In der ebenfalls quasi-dokumentarisch vor Ort und undercover gedrehten Komödie sucht im sonnigen Los Angeles eine extrem verärgerte Prostituierte ihren Zuhälter, der mit einer anderen Frau eine Affäre hatte.

Anora (Anora, USA 2024)

Regie: Sean Baker

Drehbuch: Sean Baker

mit Mikey Madison, Mark Eydelshteyn, Yura Borisov, Karren Karagulian, Vache Tovmasyan

Länge: 140 Minuten

FSK: ab 16 Minuten

Hinweise

Moviepilot über „Anora“

Metacritic über „Anora“

Rotten Tomatoes über „Anora“

Wikipedia über „Anora“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Sean Bakers „Tangerine L. A.“ (Tangerine, USA 2015)

Meine Besprechung von Sean Bakers „The Florida Project“ (The Florida Project, USA 2017)

Meine Besprechung von Sean Bakers „Red Rocket“ (Red Rocket, USA 2021)


Neu im Kino/Filmkritik: „Alter weißer Mann“ will niemand verletzen

November 1, 2024

Eine flotte Komödie, die aktuelle Diskurse problematisiert und uns den Spiegel vorhält, könnte die Stimmung im Land mit einem kollektivem Lachen im dunklen Kinosaal aufheitern. Den Franzosen gelingt so etwas ja öfter. Ich sage nur „Willkommen bei den Sch’tis“ und, wenn auch deutlich unappetitlicher und politisch fehlgeleiteter, „Monsieur Claude und seine Töchter“. Eine Satire ist weniger geeignet für ein solches therapeutisches Programm. Da ist zu viel Selbstgewissheit und erhobener Zeigefinger dabei.

Simon Verhoeven könnte sogar der richtige Mann für den Job sein. Seine Komödie „Willkommen bei den Hartmanns“ war vor acht Jahren bei Kritik und Publikum erfolgreich. Fast vier Millionen Kino-Besucher sprechen eine eindeutige Sprache.

Jetzt hat er, nach seinem Drehbuch und prominent besetzt mit Jan Josef Liefers, Nadja Uhl, Friedrich von Thun, Elyas M’Barek und Meltem Kaptan, den „unterhaltsamen Gesellschaftsfilm“ (Presseheft) „Alter weißer Mann“ inszeniert.

Es gibt, wie man nach dem Titel vermuten kann, um aktuelle Diskurse zwischen älteren und jüngeren Menschen über dies und das und um die Frage, was man noch sagen darf. Schließlich hat sich früher auch niemand darüber beschwert, wenn man bestimmte Worte benutzte oder sich auf eine bestimmte Art und Weise verhielt.

Aufhängen tut Simon Verhoeven sein Thema an einem Plot, der funktionieren könnte. Heinz Hellmich arbeitet seit 28 Jahren bei dem Telekommunikationsunternehmen Fernfunk AG im Vertrieb. Jan-Josef Liefers spielt ihn als eine nett-verpeilte Mischung aus Heinz Rühmann und Heinz Erhardt. Während er versucht, Fettnäpfchen zu vermeiden, tritt er in andere Fettnäpfchen. Manchmal sorgt das für weitere Vewicklungen, meistens ist es noch nicht einmal wirklich peinlich, sondern einfach nur schusselig, weil Hellmich niemanden verletzen und von allen gemocht werden möchte.

Jetzt stehen bei Fernfunk Umstrukturierungen, Entlassungen und einige wenige Beförderungen an. Hellmich spekuliert auf eine Beförderung. Wenn da nicht Kaffeetassen mit dummen Sprüchen und im Team ein kollegialer Umgangston wären. Beides und vielleicht noch einige weitere Dinge könnten nämlich von der von der Firmenleitung beauftragten Beratungsfirma und deren Diversity-Beauftragter missfallen. Und dann würde ein Kollege befördert werden.

Um die Diversity-Beauftragte von seinen Qualitäten zu überzeugen, lädt er sie und einige ausgewählte Personen, wozu seine Frau und seine Kinder, aber nicht sein Vater gehören, zu einem Abendessen in seinem kleinbürgerlichem Haus ein.

Wenige Tage vor dem geplanten Abendessen, das der Höhepunkt des Films ist, verschwindet er, ohne seinen Chef und seine Frau zu informieren, nach Berlin. Der Besuch bei seiner Tochter wird zu einem mehrtägigem Drogentrip. Mit Ach und Krach schafft er es dann doch zu dem Abendessen, das über seine Karriere entscheiden soll und das in vorhersehbaren Bahnen und mit erwartbaren Pointen aus dem Ruder läuft.

Dabei hat Hellmich mit seinem Berlin-Ausflug den perfekten Anlass für eine Entlassung gegeben.

Es ist unglaublich, wie der Film sein gesamtes Potential verschenkt. Das beginnt mit der nicht vorhandenen Story. „Alter weißer Mann“ ist das filmische Äquivalent zu einer von der aktuellen Zeitungslektüre inspirierten Ideensammlung, in der einfach alles, was einem spontan zu „Woke“ einfällt, aufgeschrieben wurde. Es werden die gängigen Witze und Diskussionspunkte ohne nennenswerte Variation wiederholt. Ein schon tausendmal erzählter Witz wird, ohne dass ihm irgendetwas Neues hinzugefügt wurde, nochmal erzählt. Aus so einem Notizzettel ergibt sich allerdings keine Abfolge von aufeinander aufbauenden Szenen, in denen ein präzise formulierter Konflikt behandelt wird. Es bleibt beim oberflächlichen Patchwork.

Simon Verhovens harmlos-biedere Komödie wirkt wie ein schlampig entstaubtes Relikt aus den fünfziger Jahren. Waren wir da nicht schon einmal weiter?

Alter weißer Mann (Deutschland 2024)

Regie: Simon Verhoeven

Drehbuch: Simon Verhoeven

mit Jan Josef Liefers, Nadja Uhl, Friedrich von Thun, Michael Maertens, Meltem Kaptan, Elyas M’Barek, Momo Beier, Juri Winkler, Yun Huang, Sarah Mahita, Denise M’Baye

Länge: 114 Minuten

FSK: ab 6 Jahre

Hinweise

Homepage zum Film

Filmportal über „Alter weißer Mann“

Moviepilot über „Alter weißer Mann“

Wikipedia über „Alter weißer Mann“

Meine Besprechung von Simon Verhoevens „Unfriend“ (Deutschland 2015)