TV-Tipp für den 21. März: Wolfsburg

März 21, 2013

ZDFkultur, 20.15

Wolfsburg (D 2003, R.: Christian Petzold)

Drehbuch: Christian Petzold

Autoverkäufer Philipp hat nach einem tödlichen Unfall Fahrerflucht begangen. Später nähert er sich, von Schuldgefühlen geplagt, Laura (Nina Hoss), der Mutter des toten Kindes. Die will sich rächen.

Wie immer bei Christian Petzold: karg inszenierte, kluge Unterhaltung.

mit Benno Fürmann, Nina Hoss, Antje Westermann, Astrid Meyerfeldt

Wiederholung: Freitag, 22. März, 00.20 Uhr (Taggenau!)

Hinweis

Wikipedia über „Wolfsburg“


Ist „Der Professor“ John Katzenbach auch „Der Wolf“? Oder umgekehrt?

März 20, 2013

Im Gespräch gibt der zweimal für den Edgar nominierte Bestsellerautor John Katzenbach freimütig zu, dass er keinen Überblick darüber habe, welche seiner Romane gerade wo erhältlich sind und dass er auch nicht verstehe, nach welchen Kriterien die Verlage seine neuen Bücher veröffentlichten. Denn als wir uns unterhielten, waren – zu seiner Verwunderung – seine ersten Romane in den USA nicht erhältlich und sein neues Buch „Der Wolf“ in den USA noch gar nicht erschienen.

Sein deutscher Verlag Droemer (der durch die einheitliche Covergestaltung, die Titelwahl und sicher auch einen ordentlich Griff in die Werbekasse John Katzenbach beim deutschen Publikum etablierte) war von den ersten Kapiteln von „Der Wolf“ so begeistert, dass er es gleich übersetzen ließ.

Die Story ist auch nicht schlecht und knüpft an Grimms Märchen an.

Ein älterer Krimischriftsteller mit einer Mega-Schreibblockade beschließt, sich mit seinem letzten Werk in die Geschichte einzuschreiben: er will an einem Tag drei rothaarige Frauen, die außer ihrer Haarfarbe keine Gemeinsamkeiten haben, umbringen. Er schreibt ihnen als „Böser Wolf“ einen Brief, in dem er ihren baldigen Tod ankündigt.

Die drei Frauen reagieren zunächst verschieden, aber alle sind sie ziemlich verstört von der Botschaft und panisch. Als sie sich aber zusammentun (was durch geschickte Nutzung des Internets gelingt) und beschließen, gegen den „Bösen Wolf“ zu kämpfen, gerät sein minutiös ausgedachter Plan in Gefahr.

Die eine Inspiration für die Geschichte ist natürlich das Märchen von Rotkäppchen und dem bösen Wolf und die Frage, wie verschiedene Frauen auf eine anonyme Bedrohung reagieren. Katzenbach nimmt an – und hier musste ich einen großen „Suspension of Disbelief“ machen -, dass die drei Rothaarigen den Brief sofort ernst nehmen.

Später, wenn er ihnen Links zu YouTube-Videos mit heimlichen Aufnahmen von ihnen zusendet, wird die Bedrohung glaubhafter und natürlich ist der „Böse Wolf“ ein herrlicher Bösewicht: ein Schriftsteller, der in einer Kleinstadt lebt, verheiratet mit einer ihm treu ergebenen Frau ist und seit Ewigkeiten kein Buch mehr veröffentlichte. Seit fünfzehn Jahren hat er nichts Druckreifes mehr geschrieben, weil ihm die mörderische Inspiration fehlte und der jetzt zum Serienmörder werden will, um wieder schreiben zu können. Das hat was.

Außerdem hat der Böse Wolf einen guten Geschmack. Wenig überraschend nutzte John Katzenbach die Gelegenheit, einige seiner Lieblingsautoren (wie James W. Hall [den könnte ein Verlag mal wieder übersetzen]) zu nennen.

In seinem vorherigen Roman „Der Professor“ beobachtet ein pensionierter Psychologieprofessor, der Demenz im Anfangsstadium hat, wie auf offener Straße ein sechzehnjähriges Mädchen entführt wird. Er will sie finden. Gleichzeitig fragt er sich, ob er wirklich eine Entführung beobachtet hat.

Er hat. Denn das Mädchen wird in einem Keller gefangen gehalten und dort von einem Ehepaar gequält, das ihre Folter via Internet an ein weltweites, zahlungswilliges Publikum überträgt.

Interessant an dem Thriller ist, wie Katzenbach die zunehmende Demenz des Professor literarisch verarbeitet. Für ihn erscheinen seine Erinnerungen und Fantasien zunehmend real, während ihm gleichzeitig die Realität entgleitet. Die Geisel, die während ihrer Gefangenschaft eine undurchsichtige Kapuze auf hat, ist mit einem ähnlichen Problem konfrontiert und die Geschichte benutzt das Internet nicht als einen Gimmick oder eine Bedrohung, sondern als eine Technik, die die Taten der Entführer ermöglicht.

Davon abgesehen sind „Der Wolf“ und „Der Professor“ ziemlich geradlinige Thriller die, souverän zwischen mehreren Handlungssträngen wechselnd, auf die finale Konfrontation zwischen Held und Bösewicht zusteuern,

In dem Gespräch sagte Katzenbach auch, dass er beim Schreiben keine detaillierte Outline habe und intuitiv zwischen den verschiedenen Handlungssträngen wechsle. Allerdings kennt er von Anfang an das Ende seiner Geschichte und was seine Charaktere erleben und erleiden.

Vielleicht sind deshalb beide Romane für meinen Geschmack einen Tick zu lang. Immerhin kennt John Katzenbach das Ziel der Reise sehr genau und er hat deshalb auch keine besondere Eile, dorthin zu gelangen, aber es gibt bei ihm auch nicht, wie bei Harlan Coben oder Jeffery Deaver, am Ende die große Überraschung, die den halben Roman auf den Kopf stellt.

Katzenbach - Der Wolf

John Katzenbach: Der Wolf

(übersetzt von Anke und Eberhard Kreutzer)

Droemer, 2012

512 Seiten

19,99 Euro

Originalausgabe

Red 123

Mysterious Press, New York, noch nicht erschienen (angekündigt für Frühling 2013)

Katzenbach - Der Professor - TB

John Katzenbach: Der Professor

(übersetzt von Anke und Eberhard Kreutzer)

Knaur, 2011

560 Seiten

10,99 Euro

Originalausgabe

What Comes Next

Mysterious Press, 2012

(Yeah, die undurchsichtige Verlagsplanung, die auch John Katzenbach in einem globalen Markt nicht versteht.)

Deutsche Erstausgabe

Droemer, 2010

(nicht mehr erhältlich)

Hinweise

Homepage von John Katzenbach

Deutsche Homepage von John Katzenbach

Wikipedia über John Katzenbach (deutsch, englisch)


TV-Tipp für den 20. März: Gardenia – Eine Frau will vergessen

März 20, 2013

HR, 00.00

Gardenia – Eine Frau will vergessen (USA 1952, R.: Fritz Lang)

Drehbuch: Charles Hoffman

LV: Vera Caspary: Gardenia (Kurzgeschichte)

Norah Larkin glaubt, den Playboy Harry Prebble umgebracht zu haben.

Lang zeichnet das Psychogramm einer Frau in einer männerdominierten Welt.

„Dieses Melodram ist der schwächste aller Films noirs Langs – nur wenige Sequenzen haben zeigen Noir-Qualität.“ (Paul Werner: Film noir)

Mit Anne Baxter, Richard Conte, Raymond Burr, Nat King Cole (spielt sich)

Hinweise

Jay Steinberg bei Turner Classic Movies über Gardenia

Sam Ishii-Gonzalès bei Senses of Cinema über Gardenia

Wikipedia über Vera Caspary

Wikipedia über Fritz Lang (deutsch, englisch)

Senses of Cinema: Dan Shaw über Fritz Lang

BFI über Fritz Lang

MovieMaker: Interview von 1972 mit Fritz Lang

Manhola Dargis: Making Hollywood Films Was Brutal, Even for Fritz Lang (New York Times, 21. Januar 2011)

Meine Besprechung von Fritz Langs “Du und ich” (You and me, USA 1938)

Meine Besprechung von Fritz Langs „Auch Henker sterben“ (Hangman also die, USA 1943)

Meine Besprechung von Astrid Johanna Ofner (Hrsg.): Fritz Lang – Eine Retrospektive der Viennale und des Österreichischen Filmmuseums (2012 – Sehr empfehlenswert!)

Fritz Lang in der Kriminalakte


Mord und Totschlag – mit Worten und Bildern – und der selbstlosen Hilfe von einigen Superhelden

März 19, 2013

Nachdem ich vor einigen Tagen einige der in den letzten Monaten gesehenen und noch nicht besprochenen Filme, Romane und Sachbücher abarbeitete, sind jetzt die gelesenen Comics mit Wenige-Satz-Kritiken dran. Einige gute, einige weniger gute – und einige Entdeckungen.

Mignola - Hellboy - Der Sturm2

Ein Ende, eigentlich zwei, gibt es auch im Hellboy-Kosmos. Hellboy ist der von Mike Mignola erfundene rote Dämon mit den abgeschnittenen Hörnern, der sich gerne mit irgendwelchen seltsamen, definitiv nicht-menschlichen Wesen kloppt – und in zwei Filmen (über einen Dritten wird immer noch geredet) von Ron Perlman kongenial verkörpert.

Der Sturm“ ist der Abschluss der von Mike Mignola mit Duncan Fegredo geschriebenen Trilogie, die mit „Ruf der Finsternis“ und „Die Wilde Jagd“ begann.

Im ländlichen England trifft Hellboy, bewaffnet mit dem Königsschwert Excalibur, auf die Armeen von Nimue, der Königin des Blutes, und Hellboy kann den Kampf nur für einen höllisch hohen Preis gewinnen.

Ein ziemlich stürmisches Finale und ein höllischer Spaß für uns.

Mike Mignola (Autor)/Duncan Fegredo (Zeichner): Hellboy: Der Sturm (Band 12)

(übersetzt von Frank Neubauer und Filipe Tavares)

Cross Cult, 2012

176 Seiten

22 Euro

Originalausgabe

Hellboy: The Storm and the Fury

Dark Horse Comics, 2010/2011/2012

Mignola - Arcudi - Davis - BUAP - König der Furcht

B. U. A. P.“ ist die Abkürzung für „Behörde zur Untersuchung und Abwehr paranormaler Erscheinungen“ und der Serientitel des „Hellboy“-Ablegers, in dem frühere Arbeitskollegen von Hellboy gegen paranormale Erscheinungen kämpfen. In den vorherigen neun Bänden kämpften sie gegen die Froschplage.

Jetzt, in „König der Furcht“, dem zehnten „B. U. A. P.“-Band von Mike Mignola, John Arcudi und Guy Davis kommt der Kampf zwischen der B. U. A. P. und den Fröschen und ihren Verbündeten zu einem vorläufigen Ende. Aber während in „Der Sturm“ wirklich ein Sturm losbrach, ist der „König der Furcht“ doch eher ein laues Lüftchen, das sich an mehreren Orten entfaltet. Immerhin gibt es einen schönen Epilog, in dem die B. U. A. P. vor einer Kommission ihr Verhalten rechtfertigen will. Und im Nachwort sagt Mike Mignola, dass der nächste „B. U. A. P.“-Zyklus „Hölle auf Erden“ heißt und mit „Die neue Welt“ beginnt.

Mike Mignola (Autor)/John Arcudi (Autor)/Guy Davis (Zeichner): B. U. A. P.: König der Furcht (Band 10)

(übersetzt von Frank Neubauer)

Cross Cult, 2012

144 Seiten

19,80 Euro

Originalausgabe

BPRD: King of Fear

Dark Horse Comics, 2010/2012

Hinweise

Hellboy-Comic-Seite (oder Mike Mignolas Hellboy-Seite)

Meine Besprechung von Mike Mignola (Autor)/John Arcudi (Autor)/Guy Davis (Zeichner) „B. U. A. P.: Tödliches Terrain (Band 7)“ (BPRD: Killing Ground, 2008)

Meine Besprechung von Mike Mignola (Autor)/John Arcudi (Autor)/Guy Davis (Zeichner) „B. U. A. P.: Die Warnung (Band 8)“ (BPRD: The Warning, 2009/2010)

Snyder - American Vampire 4 - 2

Fast schon auf „Hellboy“-Territorium begibt sich „Das Überleben des Stärkeren“, der vierte Sammelband von „American Vampire“, der genialen von Scott Snyder erfundenen Vampirserie, für die auch Stephen King eine Geschichte erfand.

Denn anstatt weiter vom Kampf der amerikanischen Vampire gegen die europäischen Vampire in den USA zu erzählen, werden Felicia Book und Cash McCogan, zwei Charaktere, die bislang eher Nebenfiguren waren, 1941 im Auftrag des die Vampire bekämpfenden Bundes „Die Vasallen des Morgengrauens“ nach Europa geschickt. In der abgelegenen, rumänischen Burg Vlan sollen sie Dr. Erik Pavel, der angeblich ein Heilmittel gegen die Vampire gefunden hat, befreien. Getarnt als reiche Amerikaner, die mit den Nazis Geschäfte machen wollen, treffen sie auf der Burg auf Pavel, ihn beschützend-bewachende Nazis und Vampire. Viele Vampire. Eine ganze Brigade.

Das Überleben des Stärkeren“ bringt vielleicht die große „American Vampire“-Geschichte nicht voran, aber als Einzelgeschichte, in der, fast schon in Indiana-Jones-Manier, tapfere Amerikaner gegen böse Nazis und noch bösere Vampire kämpfen, ist das spannend-kurzweilige Unterhaltung.

Scott Snyder (Autor)/Sean Murphy (Zeichner): American Vampire: Das Überleben des Stärkeren (Band 4)

(übersetzt von Bernd Kronsbein)

Panini, 2012

116 Seiten

16,95 Euro

Originalausgabe

American Vampire: The Survival of the Fittest, Vol. 1 – 5

Vertigo, 2011

Hinweise

Wikipedia über “American Vampire”

Meine Besprechung von Scott Snyder/Stephen King/Rafael Albuquerques (Zeichner) „American Vampire – Band 1“ (American Vampire, Vol. 1 – 5, 2010)

Meine Besprechung von Scott Snyder/Rafael Albuquerque/Mateus Santoloucos „American Vampire – Band 2“ (American Vampire, Vol. 6 – 11, 2010/2011)

Meine Besprechung von Scott Snyder/Rafael Albuquerque/Danijel Zezeljs „American Vampire – Band 3“ (American Vampire, Vol. 12 – 18, 2011)

Ross - Edwards - Turf - 2

Das kann von „Turf“, trotz eines Stan Lee Best Newcomer Award für Autor Jonathan Ross, nicht behauptet werden. In der 1929 in New York spielenden Geschichte bekämpfen sich die verschiedenen Verbrecherfamilien. Zuletzt eroberte die geheimnisvolle, aus dem Nichts aufgetauchte Dragonmir-Familie immer größere Territorien. Weil sie Vampire sind, haben sie in punkto Blutdurst und Quasi-Unverletzbarkeit gegenüber den menschlichen Verbrechern unschätzbare Kampfvorteile.

Auf der anderen Seite steht Gangsterboss Eddie Falco, der unverhofft Hilfe von einem gestrandeten Außerirdischen erhält.

Die steampunkige Idee fand ich im ersten Moment genial, aber „Turf“ ist dann doch kein fetziges Genre-Crossover, sondern ein sehr textlastiges und eher zähes Alien-treffen-Vampire-treffen-Gangster-Abenteuer, mit einigen popkulturellen Anspielungen.

Jonathan Ross (Autor)/Tommy Lee Edwards (Zeichner): Turf

(übersetzt von Claudia Fliege)

Panini, 2012

164 Seiten

16,95 Euro

Originalausgabe/enthält

Turf 1: The Fangs of New York, April 2010

Turf 2: Aliens with Dirty Faces, Juni 2010

Turf 3: BadFellas!, Oktober 2010

Turf 4: Once Upon a Time in Harlem, Februar 2011

Turf 5: The Bloodfather, Juni 2011

(Yeah, schöne Titel!)

Charlot - Chabert - Bourbon Street 2

Jazz und Crime gehören oft zusammen, aber nicht auf der „Bourbon Street“. In dem von Philippe Charlot geschriebenem und Alexis Chabert atmosphärisch gezeichnetem Comic geht es um die Musik und wie, inspiriert von dem Erfolg des Buena Vista Social Clubs, Alvin die alte New-Orleans-Jazzband wieder zusammentrommelt (erzählt in dem ersten „Bourbon Street“-Band „Die Geister des Cornelius“) und sie wieder auf Tour gehen, mit den Enttäuschungen und Freuden des Tour-Alltags konfrontiert werden und, immerhin lenkt der Geist von Louis Armstrong die Geschicke der echten Jazzer, sie am Ende eine einmalige Chance erhalten.

Das wird in dem jetzt vorliegenden zweiten „Bourbon Street“-Band „Abschiedstournee“ erzählt und, wie schon in dem ersten „Bourbon Street“-Buch gefällt auch dieser Band durch die gekonnte Verbindung von Gegenwart und Vergangenheit, von Wirklichkeit und Traum.

Jazzfans dürften von dieser Liebeserklärung an ihre Musik begeistert sein und die anderen hören sich nach einem Besuch auf der „Bourbon Street“ sicher ein Jazzstück mit anderen Ohren an.

Philippe Charlot (Autor)/Alexis Chabert (Zeichner): Bourbon Street: Abschiedstournee (Band 2)

(übersetzt von Horst Berner)

Ehapa Comic Collection, 2012

48 Seiten

13,99 Euro

Originalausgabe

Bourbon Street: Tome 2 – Tournée d’adieu

Bamboo Édition, 2012

Hinweis

Meine Besprechung von Philippe Charlot/Alexis Chaberts „Bourbon Street: Die Geister des Cornelius“ (Bourbon Street: Tome 1 – Les Fantômes de Cornelius, 2011)

Johns - Frank - Batman Erde Eins - 2

In „Batman: Erde Eins“ erzählen Geoff Johns und Gary Frank mal wieder – und wie der Zusatztitel „Erde Eins“ erahnen lässt, in einer neuen Serie außerhalb der Kontinuität der bestehenden „Batman“-Serie – den bekannten Werdegang von Bruce Wayne zu Batman: in einer Gasse werden seine Eltern ermordet, er hat Schuldgefühle, er wird von Butler Alfred erzogen, er will sich an den Bösewichtern rächen, er kämpft gegen den Pinguin. Das ist alles bekannt und es ist schon erstaunlich, wie gespannt man dann doch dieser bekannten Geschichte folgt, sich über die kleinen Variationen freut und man am Schluss das Buch zufrieden zuklappt und sagt: Gut gemacht.

Geoff Johns (Autor)/Gary Frank (Zeichner): Batman: Erde eins

(übersetzt von Steve Kups)

Panini, 2012

140 Seiten

16,95 Euro

Originalausgabe

Batman: Earth One

DC Comics, 2012

Hinweise

Homepage von Geoff Jones

DC Comics über „Batman: Earth One“

Azzarello - Wonder Woman 1 - Blut

Wie bekannt gab es Ende 2011 im DC-Comic-Universum einen umfassenden Neustart, in dem alle Serien und Charaktere quasi auf Null gestellt wurden, die Charaktere mehr oder weniger neu definiert werden und irgendwie die vielen, vielen Serien miteinander neue Verbindungen eingehen sollen.

Während der wahre Fan sich natürlich blind alle Serien besorgt, wählen wir fast willkürlich zwei aus: nämlich „Wonder Woman“ von „100 Bullets“-Erfinder Brian Azzarello und „Swamp Thing“ von „American Vampire“-Erfinder Scott Snyder und genießen deren gelungene Neuinterpretationen.

Wobei das besonders bei Brian Azzarello überrascht. Denn anstatt in düsteren Noir-Phantasien zu baden, erzählt er in „Wonder Woman: Blut“ ein herrlich durchgeknalltes Fantasy-Abenteuer mit einer kampfesstarken Heldin in äußerst knapper Bekleidung. Wonder Woman Diana will herausfinden, welches Geheimnis ihre Mutter Hippolyta, die Königin der Amazonen vor ihr bewahrt. Und dann mischen sich auch noch die griechischen Götter ein.

Brian Azzarello (Autor)/Cliff Chiang (Zeichner)/Tony Akins (Zeichner): Wonder Woman: Blut (Band 1)

(übersetzt von Steve Kups)

Panini, 2012

140 Seiten

16,95 Euro

Originalausgabe/enthält

Wonder Woman 1: The Visitation (Die Heimsuchung, November 2011)

Wonder Woman 2: Home (Zu Hause, Dezember 2011)

Wonder Woman 3: Clay (Lehm, Januar 2012)

Wonder Woman 4: Blood (Blut, Februar 2012)

Wonder Woman 5: Lourdes (Wallfahrt, März 2012)

Wonder Woman 6: Thrones (Herrscher, April 2012)

Hinweise

DC Comics über Wonder Woman

Wikipedia über Wonder Woman (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Brian Azzarello/Eduardo Rissos “Jonny Double” (Jonny Double, 2002)

Meine Besprechung von Brian Azzarello/Marcello Frusins “Loveless 1 – Blutrache” (Loveless: A Kin’ of Homecoming, 2006)

Meine Besprechung von Brian Azzarello/Marcello Frusins „Loveless 2 – Begraben in Blackwater“ (Loveless: Thicker than Blackwater, 2007)

Meine Besprechung von Brian Azzarello/Danijel Zezeljs „Loveless 3 – Saat der Vergeltung” (Loveless: Blackwater Falls, 2008)

Meine Besprechung von Brian Azzarello/Danijel Zezeljs “Loveless 4 – Stunde der Abrechnung” (Loveless, Vol. 19 – 24, 2008)

Meine Besprechung von Brian Azzarello/Eduardo Rissos “100 Bullets 3 – Alle guten Dinge” (100 Bullets: Hang up on the Hang Low, 2001)

Meine Besprechung von Brian Azzarello/Eduardo Rissos „100 Bullets 5 – Du sollst nicht töten“ (100 Bullets Vol. 5: The Counterfifth Detective, 2002)

Meine Besprechung von Brian Azzarello/Eduardo Rissos „100 Bullets – Dekadent (Band 10)“ (100 Bullets: Decayed, Volume 68 – 75)

Meine Besprechung von Brian Azzarellos/Eduardo Rissos „!00 Bullets: Das Einmaleins der Macht (Band 11)“ (100 Bullets: Once upon a crime, Volume 76 – 83)

Meine Besprechung von Brian Azzarello/Eduardo Rissos „100 Bullets: Das dreckige Dutzend (Band 12)“ (100 Bullets: Dirty, Volume 84 – 88)

Meine Besprechung von Brian Azzarello/Eduardo Rissos „100 Bullets: Freitag (Band 13) (100 Bullets: Wilt, Volume 89 – 100)

Meine Besprechung von Brian Azzarello (Autor)/Eduardo Risso (Zeichner): Batman – Kaputte Stadt, 2012 (Broken City: Part 1 – 5, Conclusio (Batman # 620 – 625), Dezember 2003 – Mai 2004)

Snyder - Swamp Thing 1

Während Wonder Woman die Tochter einer Königin ist, die, so die Legende, in einer mondlosen Nacht aus Lehm geformt wurde, ist Swamp Thing der Botaniker Dr. Alec Holland, der nach einer Explosion in seinem Labor starb und sechs Wochen vor dem Beginn von „Swamp Thing: Die Auferstehung der Toten“ im Sumpf wiedererwachte und jetzt als Bauarbeiter, der die Schreie der Pflanzen hören kann, arbeitet. Er will nur seine Ruhe haben. Auch als er erfährt, dass ein Wesen, das die Fäulnis und der Zerfall ist, das alles Grün vernichten will und an den unfruchtbarsten Orten der Welt, wo es nur schwaches Grün gibt, nistet und jetzt auch andere Gebiete erobern will, will Alec Holland zunächst nur seine Ruhe haben.

Gut, unter den Superhelden hat Holland eine gewaltige Achillesferse. Denn als Beschützer der Pflanzen benötigt er Pflanzen in seiner Nähe. Wenn es keine gibt, zum Beispiel in der Wüste, verlassen ihn schnell seine Kräfte. Aber dafür hat er mehr ökologisches Bewusstsein als eine halbe Umweltschutzbewegung und die Geschichte von seinem Konflikt zwischen Wollen und Berufung ist von Scott Snyder spannend erzählt.

Mal sehen, wie die Abenteuer von Wonder Woman und Swamp Thing weiter gehen. Der Auftakt ist jedenfalls beide Male gelungen.

Scott Snyder (Autor)/Yanick Paquette (Zeichner): Swamp Thing: Die Auferstehung der Toten (Band 1)

(übersetzt von Josef Rother)

Panini, 2012

156 Seiten

16,95 Euro

Originalausgabe/enthält

Swamp Thing 1: Raise Dem Bones (Die Auferstehung der Toten, November 2011)

Swamp Thing 2: When it Coms a Knockin (Das Klopfen an der Tür, Dezember 2011)

Swamp Thing 3: Come Hither, Child (Komm zu mir, Kind, Januar 2012)

Swamp Thing 4: Desert Five O’clock (Die Wunderblume, Februar 2012)

Swamp Thing 5: Dead Meat (Totes Fleisch, März 2012)

Swamp Thing 6: The Black Queen (Die schwarze Dame, April 2012)

Swamp Thing 7: Swamp Thing (Swamp Thing, Mai 2012)

Hinweise

DC Comics über Swamp Thing

Wikipedia über Swamp Thing (deutsch, englisch)

David B - Tanquerelle - Die falschen Gesichter - 2

Genug Superheldentum. Wenden wir uns wieder normalen Menschen und ihren normalen Problemen zu: nämlich dem lieben Geld. In der von Autor David B. und Zeichner Hervé Tanquerelle erzählten, von wahren Ereignissen inspirierten Geschichte „Die falschen Gesichter“ besorgen die Protagonisten sich das Geld mit Banküberfällen. Als Tarnung maskieren die Jungs aus dem Pariser Viertel Belleville sich mit falschen Bärten und Perücken. Über viele Jahre können sie der Polizei entkommen, werden von der Öffentlichkeit wegen ihres unblutigen Vorgehens und ihrer Chuzpe als Helden gefeiert und sie finden Nachahmer, die deutlich weniger zimperlich vorgehen. Als die Polizei ihre Kräfte konzentriert und sie nach einem Überfall ein Video sicherstellen können, haben sie eine heiße Spur – und die Gang will das berühmte letzte Ding drehen.

Die falschen Gesichter“ spielt im Paris der späten siebziger und frühen achtziger Jahre und David B. und Hervé Tanquerelle gelingt es, die damalige Zeit und die damaligen französischen Kriminalromane und -filme wieder auferstehen zu lassen und man wünscht sich eine Verfilmung. Denn auch wenn Jean-Pierre Melville, Jose Giovanni, Robert Enrico, Yves Montand und Lino Ventura nicht mehr unter uns weilen und Alain Delon, Jean-Paul Belmondo und Gérard Depardieu sich heute in anderen Sphären bewegen, liest sich die Geschichte wie ein nie entstandener Film mit ihnen, der noch einmal die großen Mythen von Polizisten und Verbrechern, geerdet in einem bestimmten Milieu und einem Stadtviertel, beschwört.

David B. & Hervé Tanquerelle: Die falschen Gesichter

(übersetzt von Uli Pröfrock)

avant-verlag, 2012

152 Seiten

19,95 Euro

Originalausgabe

Les faux visages – Une vie imaginaire du Gang des Postiches

Futuropolis, Paris 2012

Hinweise

Wikipedia über David B.(deutsch, französisch) und Hervé Tanquerelle

Blog von Hervé Tanquerelle


Cover der Woche

März 19, 2013

Bell - Ein sauberer Schnitt


TV-Tipp für den 19. März: 8 Frauen

März 19, 2013

ARD, 00.50

8 Frauen (F 2002, R.: Francois Ozon)

Drehbuch: Francois Ozon, Marina de Van

LV: Robert Thomas: Huit Femmes, 1958/1962 (Theaterstück)

Weihnachten in einem verschneiten Landhaus: In der Nacht wird der Hausherr ermordet. Die Täterin ist eine der acht Frauen, die im Haus sind. Selbstverständlich hat jede von ihnen auch ein gutes Motiv das Ekel umzubringen.

Ein Cozy mit Gesang und einem Darstellerinnenensemble, das über jeden Zweifel erhaben ist und die Crème de la Crème des französischen Films versammelt.

mit Catherine Deneuve, Isabelle Huppert, Emmanuelle Béart, Fanny Ardant, Virginie Ledoyen, Danielle Darrieux, Ludivine Sagnier, Firmine Richard, Dominique Lamure

Hinweise

Wikipedia über „8 Frauen“ (deutsch, englisch, französisch)

Spiegel: Interview mit Francois Ozon über „8 Frauen“

Blickpunkt Film: Interview mit Francois Ozon über „8 Frauen“

epd Film: Interview mit Francois Ozon (8/2007)

Homepage von Francois Ozon

Meine Besprechung von Francois Ozons „In ihrem Haus“ (Dans la Maison, Frankreich 2012)


Mord und Totschlag – mit Worten – und zwei Sachbücher

März 18, 2013

Nachdem ich vor einigen Tagen einige der in den letzten Monaten gesehenen und noch nicht besprochenen Filme abarbeitete, sind jetzt die gelesenen Werke mit Wenige-Satz-Kritiken dran. Einige gute, einige weniger gute – und ein Sachbuch, mit dem ich schon seit Monaten mein halbes Umfeld nerve.

Jarvis - Mehr Transparenz wagen - 2

Es ist „Mehr Transparenz wagen“ von Jeff Jarvis und es gehört zum intelligentesten, was ich in letzter Zeit über das Internet und den damit verbundenen Veränderungen von Privatsphäre und Öffentlichkeit gelesen habe. Jeff Jarvis ist Journalist, Blogger und Professor an der Journalistenschule der City University of New York. Er zeigt, immer wieder, sehr gelungen und fundiert den großen historischen Bogen bis hin zur Erfindung des Buchdrucks schlagend, wie das Internet die Welt verändert, wie das Verhältnis von Privatsphäre und Öffentlichkeit sich in den vergangenen Jahrhunderten änderte (und warum bestimmte Soldaten „Privates“ und „Public Schools“ [also Internate] gar nicht so öffentlich sind), wie sehr ihm der Gang in die Öffentlichkeit mit seiner Prostatakrebs-Erkrankung half, weil er viel Zuspruch bekam, das Thema in der Öffentlichkeit thematisiert wurde und er auch hilfreiche Informationen bekam und da sind wir schon bei dem großen Thema des Buches. Denn Jeff Jarvis geht es darum, zu zeigen, wie das Teilen von Wissen, Informationen und Erfahrungen unsere Welt verbessern kann. Wie die Zusammenarbeit von Kunden und Unternehmen zu besseren Produkten führt. Nämlich zu den Produkten, die die Kunden wollen. Das zeigt er an zahlreichen Beispielen und, im Gegensatz zu den Büchern über das Internet, die ich zuletzt von deutschsprachigen Autoren gelesen (manchmal auch nur angelesen) habe, nie mit einem larmoyant-kulturpessimistischen, sondern mit einem optimistischen Blick in die Zukunft. Ohne dabei die Probleme zu leugnen.

Auch wenn ich nicht mit jeder seiner Thesen übereinstimme, stimme ich ihm in vielen Punkten zu und „Mehr Transparenz wagen!“ hat mich zum Nachdenken angeregt und mir neue Einsichten und Erkenntnisse verschafft – und das kann wahrlich nicht von jedem Buch gesagt werden.

Also: Lesebefehl!

Jeff Jarvis: Mehr Transparenz wagen! – Wie Facebook, Twitter & Co die Welt erneuern

(übersetzt von Lutz-W. Wolff)

Quadriga, 2012

320 Seiten

24,99 Euro

Originalausgabe

Public Parts. How Sharing in the Digital Age improves the Way We Work and Live

Simon & Schuster, 2011

Hinweise

Buzzmachine (Blog von Jeff Jarvis)

Wikipedia über Jeff Jarvis (deutsch, englisch)

Pallay - Zugriff - 2

Emil Pallays „Zugriff – Aus dem Leben eines SEK-Mannes“ reiht sich nahtlos in die Reihe der deutschsprachigen True-Crime-Bücher ein. Pallay war zwanzig Jahre Mitglied des Spezialeinsatzkommandos Südbayern und in „Zugriff“ erzählt er von einigen Einsätzen, bei denen er dabei war. Meist als Einsatzleiter. Das bleibt dann im anekdotischen stecken und es fehlt auch jede kritische Perspektive.

Ich habe nichts gegen Erfahrungsberichte, aber ich hätte auch gerne mal einige Bücher von Journalisten, die nach einer intensiven Recherche ein kritisches Buch über die Arbeit der Polizei oder bestimmte Einsätze und Fälle schreiben. Es muss ja nicht gleich der Nachfolger von Truman Capotes „Kaltblütig“ (Cold Blood, 1965) sein, aber es sollte schon mehr als eine Anekdotensammlung sein.

Emil Pallay: Zugriff – Aus dem Leben eines SEK-Mannes

Heyne, 2013

224 Seiten

8,99 Euro

Jonas - Bis zum Hals

Mit seinem neuen Buch „Bis zum Hals“ versucht Kabarettist Bruno Jonas etwas neues. Anstatt die gedruckte Fassung von seinem aktuellen Programm vorzulegen oder mehrere Satiren, die er in den letzten Jahren auf der Bühne vortrug, gesammelt zu veröffentlichen, hat er zehn Geschichten geschrieben, in denen Menschen an einem Endpunkt angekommen sind und die über ihr bisheriges und künftiges Leben reflektieren.

In der ersten Geschichte „HerzLos“, gleichzeitig mit fast fünfzig Seiten auch die längste Geschichte des Buches, hat ein Boulevard-Journalist einen Herzanfall. Gegen den behandelten Arzt hatte er eine Rufmordkampagne inszeniert und er fragt sich, ob der Arzt ihn deshalb bei der Operation zufällig tötet. Das Spenderherz kommt von einem von-Guttenberg-Klon, den er mit seinen Artikeln aus dem Amt jagte und in den Suizid trieb. Die Operation gelingt und der Journalist will jetzt als Bekehrter für seine früheren Sünden büßen und nur noch über das Wahre und Gute schreiben.

Das ist so vorhersehbar-moralinsauer und bis zur erbaulich-wirklichkeitsfernen Schlusspointe erschreckend bieder-bräsig erzählt, dass diese Erzählung eher an die witzigen Geschichten eines Heinz Erhardt, als an die treffsicheren und genau beobachtenden Satiren eines Bruno Jonas erinnert. Die harmlose Geschichte machte mich auch nicht neugierig auf die anderen, vielleicht sogar guten Geschichten. Stattdessen nahm ich nach „HerzLos“ die Chance wahr, „Bis zum Hals“ zur Seite zu legen und mich anderen Werken zuzuwenden.

Bruno Jonas: Bis zum Hals

Karl Blessing Verlag, 2012

240 Seiten

17,95 Euro

Hinweise

Homepage von Bruno Jonas

Wikipedia über Bruno Jonas

Kaberett Live über Bruno Jonas

Parker - Das dunkle Paradies - Pendragon2

Nachdem Robert B. Parker mit seinen Spenser-Romanen inzwischen bei Pendragon einen guten Unterschlupf gefunden hat und sogar sein Western „Appaloosa“ übersetzt wurde, hat Pendragon sich jetzt seine, erfolgreich mit Tom Selleck verfilmten, Jesse-Stone-Romane vorgenommen. Der erste, jetzt bei Pendragon wiederveröffentlichte Jesse-Stone-Roman „Das dunkle Paradies“ erschien bereits 1998 bei Rowohlt. Die folgenden acht von Robert B. Parker geschriebenen Stone-Romane wurden nicht mehr übersetzt. In den USA hat Michael Brandman, nach Parkers Tod, bereits zwei weitere Stone-Romane geschrieben.

In „Das dunkle Paradies“ tritt Jesse Stone, ein geschiedener Alkoholiker, der gerade bei der Mordkommission in Los Angeles rausgeworfen wurde, seinen neuen Job in Paradise, einer kleinen Ostküstenstadt in der Nähe von Boston, Massachusetts an. Während Jesse Stone sich keine Illusionen über den Grund für seine Einstellung macht, haben der Vorsitzende des Stadtrats und seine engsten Vertrauten sich verschätzt. Nach einem Mord beginnt Jesse Stone mit ernsthaften Ermittlungen, die sich auch gegen die Stadtspitze richten. Denn er hat nichts mehr zu verlieren.

Im Gegensatz zu den in der ersten Person erzählten Spenser-Romanen, erzählt Robert B. Parker die Jesse-Stone-Geschichten aus der dritten Personen und auch aus verschiedenen Perspektiven und gerade bei den ersten Stone-Romanen sieht man, dass Robert B. Parker sich freute, Geschichten zu erzählen, die nicht in den Spenser-Kosmos gehörten. Denn ein Privatdetektiv, der in einer festen Beziehung lebt, ist das Gegenteil eines verkorksten Alkoholikers, der seiner Ehe hinterhertrauert und in einer Kleinstadt Polizist spielt.

Für die Neuausgabe schrieb Frank Göhre ein siebenseitiges Nachwort.

Robert B. Parker: Das dunkle Paradies – Ein Fall für Jesse Stone

(übersetzt von Robert Brack)

Pendragon, 2013

352 Seiten

10,95 Euro

Originalausgabe

Night Passage

G. P. Putnam’s Sons, New York, 1997

Deutsche Erstausgabe

Rowohlt Taschenbuch Verlag, 1998

Verfilmung

Jesse Stone: Knallhart (Jesse Stone: Night Passage, USA 2006)

Regie: Robert Harmon

Drehbuch: Tom Epperson

mit Tom Selleck, Stephanie March, Stephen Baldwin, Saul Rubinek, Viola Davis, Kohl Sudduth

Hinweise

Homepage von Robert B. Parker

Mein Porträt der Spenser-Serie und von Robert B. Parker

Meine Besprechung von Robert B. Parkers „Die blonde Witwe“ (Widow’s walk, 2002)

Meine Besprechung von Robert B. Parkers “Alte Wunden” (Back Story, 2003)

Meine Besprechung von Robert B. Parkers „Der stille Schüler“ (School Days, 2005)

Meine Besprechung von Robert B. Parkers „Der gute Terrorist“ (Now & Then, 2007)

Meine Besprechung von Robert B. Parkers “Hundert Dollar Baby” (Hundred Dollar Baby, 2006)

Meine Besprechung von Robert B. Parkers „Trügerisches Bild“ (Painted Ladies, 2010)

Meine Besprechung von Robert B. Parkers “Bitteres Ende” (The Professional, 2009)

Meine Besprechung von Robert B. Parkers „Wildnis“ (Wilderness, 1979)

Meine Besprechung von Robert B. Parkers „Appaloosa“ (2005)

Meine Besprechung von Robert B. Parkers „Appaloosa“ (Appaloosa, 2005) (Übersetzung)

Mein Nachruf auf Robert B. Parker

Robert B. Parker in der Kriminalakte

Chraibi - Inspektor Ali im Trinity College

Bei „Inspektor Ali im Trinity College“ von Driss Chraibi hilft die Länge, eigentlich Kürze von 128 Seiten, ungemein. Denn Chraibi will sich vor allem einen Spaß machen, indem er einen Culture Clash zwischen Afrika und England inszeniert. Der Kriminalfall ist dabei bestenfalls eine notdürftige dramaturgische Klammer, die Inspektor Ali von Casablanca nach Cambridge versetzt. Dort soll der geniale Ermittler Scotland Yard bei einem Mordfall helfen. Denn im ehrwürdigen Trinity College wurde eine marokkanische Prinzessin ermordet.

Bei seinen Ermittlungen bemüht sich der geniale Ermittler möglichst jedes Klischee und Vorurteil, das der Westen über Araber hat, zu erfüllen. Das ist anfangs witzig, aber es mündet schnell in eine billige Nummernrevue, in denen einfach immer wieder das schlechte Benehmen, die überragende sexuelle Potenz und Brünstigkeit von Inspektor Ali hoffnungslos übertrieben zur Schau gestellt werden.

Driss Chraibi: Inspektor Ali im Trinity College

(übersetzt von Regina Keil-Sagawe)

Unionsverlag, 2012

128 Seiten

10,95 Euro

Originalausgabe

L’Inspector Ali à Trinity College

Éditions Denoel, Paris, 1996

Deutsche Erstausgabe

Unionsverlag, 1998

Hinweise

Unionsverlag über Driss Chraibi

Wikipedia über Driss Chraibi

Krimi-Couch über Driss Chraibi

Kirjasto über Driss Chraibi

Bruen - Coleman - Tower

Nachdem Ken Bruen die drei genial-abgedrehten Über-Pulps „Flop“, „Crack“ und „Attica“ mit Jason Starr schrieb, hat er sich mit Reed Farrel Coleman, einem in den USA abgefeiertem Noir-Poeten, dessen bislang noch nicht übersetzten Krimis mehrmals für den Edgar nominiert waren und der mehrere Shamus Awards erhielt, zusammengetan und „Tower“ geschrieben. In „Tower“ erzählen sie von den seit ihrer Jugend miteinander befreundeten New Yorker Kleinkriminellen Nick und Todd und ihrem Leben auf den unteren Stufen eines Gangstersyndikats. Als Nick Todd umbringen soll, weil dieser ein Polizeispitzel ist, geraten die Dinge außer Kontrolle.

Tower“, das in New York während der neunziger Jahre spielt (es endet am 11. September 2001), ist sicher nicht der stärkste Roman von Ken Bruen. Denn der Aufbau von „Tower“, wonach die Geschichte zuerst aus der Sicht von Nick (das dürfte die von Ken Bruen geschriebene Hälfte sein) und danach aus der Sicht von Todd erzählt wird, führt dazu, dass wir in der zweiten Hälfte die gleichen Ereignisse aus einer anderen Perspektive, aber ohne einen wirklich großen Erkenntnisgewinn wieder lesen.

Das ist nicht wirklich schlecht, aber auch etwas zu sehr in den bekannten Gewässern. Trotz dem trockenen Humor und den sympathisch-unsympathischen Charakteren, die letztendlich alle Berufsverbrecher sind.

„Tower“ erhielt den Macavity Award als bester Roman des Jahres.

Ken Bruen/Reed Farrel Coleman: Tower

(übersetzt von Richard Betzenbichler)

Rotbuch Verlag, 2012

224 Seiten

12,95 Euro

Originalausgabe

Tower

Busted Flush Press, 2009

Hinweise

Homepage von Reed Farrel Coleman

 

Hinweise

Homepage von Ken Bruen

Meine Besprechung von Ken Bruens Jack-Taylor-Privatdetektivromanen

Meine Besprechung von Ken Bruens „Jack Taylor fliegt raus“ (The Guards, 2001)

Meine Besprechung von Ken Bruens „Jack Taylor liegt falsch“ (The Killing of the Tinkers, 2002)

Meine Besprechung von Ken Bruens „Sanctuary“ (2008)

Meine Besprechung von Ken Bruen/Jason Starrs „Flop“ (Bust, 2006)

Meine Besprechung von Ken Bruen/Jason Starrs „Crack“ (Slide, 2007)

Meine Besprechung von Ken Bruen/Jason Starrs „Attica“ (The MAX, 2008)

Mein Porträt von Ken Bruen und Jason Starr in „Alligatorpapiere [Print] – Magazin für Kriminalliteratur – No. 2/2010“

Meine Besprechung von William Monahans Ken-Bruen-Verfilmung “London Boulevard” (London Boulevard, USA/GB 2010)

Ken Bruen in der Kriminalakte

Child - Underground - 2

Während „Tower“ mit 9/11 endet, thematisiert der neue Jack-Reacher-Roman „Underground“ von Lee Child in einer gewissen Weise die Folgen und die Vorgeschichte von 9/11. In New York sieht Jack Reacher nach Mitternacht in einer U-Bahn eine Frau, die alle Anzeichen einer Selbstmord-Attentäterin hat. Als er sie von dem Attentat abhalten will, erschießt sie sich – und Jack Reacher steckt wieder einmal tief im Schlamassel. Denn die Selbstmord-Attentäterin war keine Selbstmord-Attentäterin, sondern eine kleine Pentagon-Angestellte in der Personalabteilung, und mehrere Leute glauben, dass sie Jack Reacher vorher wichtige Unterlagen gegeben hat, die die nationale Sicherheit bedrohen. Ein besonderes Interesse daran haben der hochdekorierte Kongressabgeordnete John Sansom aus North Carolina, der Senator werden will und der als Mitglied eines Special-Forces-Kommandos 1983 in Afghanistan war und für diesen Einsatz eine hohe Auszeichnung erhielt, und die Ukrainerin Lila Hoth, die mit einer seltsamen Geschichte in den USA einen Soldaten sucht.

Nach dem furiosen Beginn plätschert „Underground“ etwas unglücklich vor sich hin, weil Jack Reacher von A nach B läuft und meistens wenige Seiten später erklärt, dass er von Anfang an wusste, dass er gerade eben belogen wurde und das lange zurückliegende, nie vollständig aufgeklärte Ereignis in Afghanistan wirkt als Auslöser für die heutigen Ereignisse etwas zu bemüht.

Underground“ ist ein zu redseliger Thriller mit viel zu viel Militärpatriotismus. Denn in erster Linie will Jack Reacher Sansom helfen, weil Soldaten sich gegenseitig helfen.

Lee Child: Underground

(übersetzt von Wulf Bergner)

Blanvalet, 2012

448 Seiten

19,99 Euro

Originalausgabe

Gone Tomorrow

Bantam Press, 2009

Hinweise

Homepage von Lee Child

Wikipedia über Lee Child (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Lee Childs „Tödliche Absicht“ (Without fail, 2002)

Meine Besprechung von Lee Childs „Die Abschussliste“ (The Enemy, 2004)

Meine Besprechung von Lee Childs „Sniper“ (One Shot, 2005)

Meine Besprechung von Lee Childs “Outlaw” (Nothing to Loose, 2008)

Meine Besprechung von Lee Childs (Herausgeber) „Killer Year – Stories to die for…from the hottest new crime writers“ (2008)

Kriminalakte über Lee Child und „Jack Reacher“

Meine Besprechung von Christopher McQuarries Lee-Child-Verfilmung „Jack Reacher“ (Jack Reacher, USA 2012)

Bell - Die Farbe der Nacht

Auch Madison Smartt Bell schlägt in „Die Farbe der Nacht“ einen Bogen von 9/11 in die Vergangenheit. Aber ganz anders als Lee Child. Madison Smartt Bell, eigentlich ein literarischer Schriftsteller und kein klassischer Krimiautor (obwohl er mit „Ein sauberer Schnitt“ [Straight Cut, 1986] einen tollen Hardboiled-Krimi schrieb) begibt sich in „Die Farbe der Nacht“ zurück in die Flower-Power-Zeit, den Drogenmissbrauch, die freie Liebe und den wirklich kriminellen Taten einer Hippie-Kommune.

Ich-Erzählerin Mae, die als Croupiere in einem Casino in Nevada arbeitet, entdeckt in einer TV-Aufnahme von dem Anschlag auf das World Trade Center ihre alte Freundin Laurel. „Blut lief ihr aus den Mundwinkeln, wie damals, doch nicht aus denselben Gründen.“ Sie erinnert sich an ihre gemeinsame Vergangenheit als sie in einer sektenhaften Hippie-Kommune des charismatischen Gurus D. zusammenlebten, sich ineinander verliebten, Sex mit wechselnden Partnern, unter anderem dem bekannten Musiker O., hatten und zunächst kleinere Einbrüche begingen.

Erinnerungen an die Manson-Familie sind nicht zufällig.

Die Farbe der Nacht“ ist, obwohl es derzeit auf der KrimiZeit-Bestenliste steht, eine Reise zur dunklen Seite der Flower-Power-Bewegung, die auch ziemlich Noir ist, aber sich nicht um Krimikonventionen kümmert, weil es kein Krimi ist. Bells kurzer Roman ist eine durchaus faszinierende Lektüre, die allerdings bewusst skizzenhaft bleibt und munter zwischen Gegenwart und Vergangenheit, Traum und Realität hin und her springt.

Madison Smartt Bell: Die Farbe der Nacht

(übersetzt von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann)

Liebeskind, 2013

240 Seiten

18,90 Euro

(Die vorliegende Ausgabe basiert auf der Urfassung des Autors)

Originalausgabe

The Color of Night

Random House, 2011

Hinweise

Krimi-Couch über Madison Smartt Bell

Wikipedia über Madison Smartt Bell

 

 


TV-Tipp für den 18. März: Transsiberian – Reise in den Tod

März 18, 2013

Arte, 21.55

Transsiberian (GB/D/E 2007, R.: Brad Anderson)

Drehbuch: Will Conroy, Brad Anderson

Ein amerikanisches Ehepaar will mit der Transsibirischen Eisenbahn von Peking nach Moskau fahren. Auf ihrer Fahrt geraten sie zwischen die Fronten eines Kampfes zwischen Drogenschmugglern und einem skrupellosen Drogenfahnder.

Wer in den vergangenen Jahren nur einen Ben-Kingsley-Film gesehen hat, kann sich denken, auf welcher Seite Kingsley mitspielt. Und unser Mann in Hollywood (neinnein, der andere) ist auch dabei. Ansonsten: nach vielen Jahren wieder ein Eisenbahnthriller, der sogar in der Gegenwart spielt. Die internationale Kritik feierte, vollkommen berechtigt, das neue Werk des „The Machinist“-Regisseurs ab.

„Der Film hat eigentlich alle Anlagen zum B-Movie. Indem Anderson aber die inneren Konflikte seiner Figuren in den Mittelpunkt stellt, wird aus einem potenziellen Actionthriller ein durchaus überzeugendes Drama.“ (Andreas Busche, epd Film 12/2008)

mit Woody Harrelson, Emily Mortimer, Ben Kingsley, Kate Mara, Eduardo Noriega, Thomas Kretschmann

Hinweise

Amerikanische Homepage zum Film

Deutsche Homepage zum Film

Film-Zeit über „Transsiberian“

Metacritic über „Transsiberian“

Rotten Tomatoes über „Transsiberian“

Wikipedia über „Transsiberian“ (deutsch, englisch)

Arizona Daily Star: Phil Villarreal porträtiert Will Conroy (26. Juli 2007)

Cinematical: Interview mit Brad Anderson über “Transsiberian” (25. Juni 2008)

Dark Horizons: Interview mit Brad Anderson über “Transsiberian” (2. Juli 2008)

Shock till you drop: Interview mit Brad Anderson über “Transsiberian (14. Juli 2008)

IFC: Interview mit Brad Anderson über “Transsiberian” (17. Juli 2008)

Chud: Interview mit Brad Anderson über “Transsiberian” (19. Juli 2008)

Bullz-Eye: Interview mit Brad Anderson (25. Juli 2008)


TV-Tipp für den 17. März: Mel Brooks‘ Spaceballs

März 17, 2013

RTL II, 20.15

Spaceballs (USA 1987, R.: Mel Brooks)
Drehbuch: Mel Brooks, Thomas Meehan, Ronny Graham

Mel Brooks verarscht „Krieg der Sterne“ – und den ganzen Rest.

George Lucas las vor dem Dreh das Buch und er gab Mel Brooks sein Okay.

Mit Mel Brooks, John Candy, Rick Moranis, Bill Pullman, Daphne Zuniga, Dick Van Patten, Michael Winslow, John Hurt

Hinweise

Wikipedia über „Spaceballs“ (deutsch, englisch)

Umfangreiche „Spaceballs“-Fanseite


TV-Tipp für den 16. März: Im Tal von Elah

März 16, 2013

ARD, 23.45

Im Tal von Elah (USA 2007, R.: Paul Haggis)

Drehbuch: Paul Haggis (nach einer Geschichte von Mark Boal und Paul Haggis)

Ex-Militärpolizist und Vietnamveteran Hank Deerfield erfährt, dass sein Sohn Mike sich nach seiner Rückkehr aus dem Irak fahnenflüchtig ist. Kurz darauf wird seine verbrannte Leiche gefunden. Deerfield beginnt mit einer Polizistin Mikes Mörder zu suchen. Dabei werden sie vom Militär behindert.

Haggis benutzt in seinem feinen Thriller das Genre, um auf ein gesellschaftliches Problem aufmerksam zu machen. Denn der auf einem wahren Fall basierende, hochgelobte Thriller beschäftigt sich mit den seelischen Kosten von Kriegseinsätzen für den Einzelnen und die Gesellschaft.

Der Titel spielt auf die David-und-Goliath-Geschichte in der Bibel an. Deren Kampf fand im Valley of Elah, bei uns je nach Bibelübersetzung bekannt als Eichgrund, Elberfelder oder Terebinthental, statt.

Mit Tommy Lee Jones, Charlize Theron, Susan Sarandon, Jason Patric, James Franco, Josh Brolin, Jonathan Tucker

Hinweise

Amerikanische Homepage zum Film

Film-Zeit über „Im Tal von Elah“

Metacritic über “Im Tal von Elah”

Rotten Tomatoes über “Im Tal von Elah”

Wikipedia über “Im Tal von Elah” (deutsch, englisch)

Das Drehbuch „In the Valley of Elah“ von Paul Haggis

About com: Interview mit Paul Haggis und Charlize Theron über „Im Tal von Elah“ (mit weiterführenden Links)

Future Movies: Interview mit Paul Haggis über „Im Tal von Elah“

Bayerisches Fernsehen: Interview mit Paul Haggis über „Im Tal von Elah“


„Eiskalt erwischt“ von Dan Simmons

März 15, 2013

Simmons - Eiskalt erwischt - 2

Am bekanntesten ist Dan Simmons als Science-Fiction-, Horror-, Fantasy- und Thriller-Autor; wobei „Thriller“ ja irgendwie alles und nichts ist und Dan Simmons auch gerne ein spannendes Genre-Crossover macht. Aber auch als waschechter Krimiautor reüssierte er mit den drei Joe-Kurtz-Romanen, in denen er so richtig hardboiled Hardboiled sein wollte und kein Kapitel länger als fünf Seiten sein sollte.

Nun, die Kapitel in „Eiskalt erwischt“ sind verdammt kurz. Die in zwei Monaten geschriebene, sich wendungsreich in einem halsbrecherischem Tempo voranbewegende Geschichte ist ebenfalls kurz. Halt in der idealen Pulp-Länge. Und der Protagonist Joe Kurtz ist mehr Mike Hammer, als Mike Hammer jemals Mike Hammer war.

Im ersten Kapitel wirft er den Mörder seiner Partnerin aus dem Fenster eines Hochhauses auf das Dach eines Polizeiautos. Nach elf Jahren wird er aus Attica auf Bewährung entlassen und, weil er als Sträfling keine Privatdetektiv-Lizenz mehr erhält, eröffnet er im Keller eines Porno-Ladens mit Arlene Demarco als seiner Sekretärin eine Detektei, die sich nicht so nennt, und er besorgt sich seinen ersten Auftrag bei dem alten Mafiaboss Don Farino. Er will den Mord an dem Buchhalter der Familie aufklären. Dabei räumt er gleichzeitig unter den Gangstern von Buffalo, New York auf.

Eiskalt erwischt“ ist ein Fest für die Freunde eines guten, düsteren Privatdetektiv-Thrillers, der gleichzeitig eine äußerst gelungene Hommage an die Pulp-Tradition ist.

Simmons widmete „Eiskalt erwischt“ Richard Stark und dessen Held, der eiskalte Profi-Dieb Parker, diente ihm auch als eine Inspirationsquelle für Joe Kurtz. Beide verfolgen, obwohl sie auf verschiedenen Seiten des Gesetzes stehen, ihre Ziele ähnlich kompromisslos.

Und, wie er in einem Interview mit Writers Write sagte, als Leitfaden für schnörkelloses Erzählen und gutes Plotting diente ihm Richard Stark:

Whenever I get poisoned by reading too much pretentious writing, overblown prose carrying too-little freight, and serious, self-conscious lit’ry posturing, I would read a Parker-the-thief novel and remember how lean and mean and clean good prose can be. In creating „Joe Kurtz,“ I imagined that Parker might have sewn a few wild oats back in the late 1960s, and Kurtz might be that illegitimate child of Parker. Kurtz certainly isn’t as realized as Parker as a character, but I hope he shares some of the same unstoppable-machine quality when he’s double-crossed.

Tja, hm, Lesebefehl für „Eiskalt erwischt“ – und schön, dass sich endlich ein deutscher Verleger für die hochgelobte PI-Serie gefunden hat. Schade, dass Dan Simmons nach drei Romanen Joe Kurtz in Rente schickte.

Dan Simmons: Eiskalt erwischt

(übersetzt von Michael Plogmann)

Festa, 2012

336 Seiten

13,95 Euro

Originalausgabe

Hardcase

St. Martin’s Press, 2001

Die Joe-Kurtz-Trilogie

Hardcase, 2001 (Eiskalt erwischt)

Hard Freeze, 2002 (Bitterkalt [angekündigt für März 2013])

Hard as Nails, 2003 (Kalt wie Stahl [angekündigt für Sommer 2013])

Hinweise

Homepage von Dan Simmons

Thrilling Detective über Joe Kurtz

Writers Write: Ausführliches Interview mit Dan Simmons (September 2001 – und daher über „Eiskalt erwischt)

Evolver: Martin Compart über Dan Simmons

Evolver: Martin Compart spricht mit  Interview mit Verleger Frank Festa über „Festa Crime“

Und noch einige weitere Tipps und Hinweise

Ideal für ein langes Wochenende – ein sehr langes, langes Wochenende – ist die gerade erschienene Ausgabe von „Die Hyperion-Gesänge“, der Science-Fiction-Saga, mit der Dan Simmons bekannt wurde und für die er den Hugo und Locus-Preis erhielt und für den Nebula-Preis nominiert war.

Simmons - Die Hyperion-Gesänge - 2

Dan Simmons: Die Hyperion-Gesänge

(übersetzt von Joachim Körber, mit einem Nachwort von Sascha Mamczak)

Heyne, 2013

1408 Seiten

18,99 Euro

enthält

Hyperion (Hyperion, 1989)

Der Sturz von Hyperion (The Fall of Hyperion, 1990)

Bei Festa sind auch einige andere Bücher einen Blick wert:

Wilson - Die Gruft - 2Wilson - Der Erbe - 2

Fans von Handyman Jack (im Original „Repairman Jack“ und ich habe keine Ahnung, wer auf die Idee kam, aus einem Repairman einen Handyman zu machen) dürfen sich freuen. Er ist, hm, kurz und plakativ gesagt, der ältere Bruder von Jack Reacher, aber mit übernatürlichen Gegnern. Mit „Die Gruft“ und „Der Erbe“ gibt es eine Neuausgabe und ein neueres Abenteuer mit ihm.

Die Gruft“ ist der erste von F. Paul Wilson geschriebene Handyman-Jack-Thriller, ein Teil des Adversary-Zyklus (in diesem Zyklus erschien der Roman ursprünglich und macht damit die Handyman-Jack-Thriller zu einem Spin off) und, so Stephen King: „’Die Gruft‘ ist einer der radikalsten Action-Romane, den ich in den letzten Jahren gelesen habe.“ In dem Thriller sucht Handyman Jack die verschwundene Tante seiner Freundin und eine von einem Inder geraubte Halskette. Dabei stößt er auf einen jahrhundertealten Fluch und eine Brut höllischer Wesen. „Die Gruft“ erschien vor Jahren schon einmal im Goldmann Verlag und, mit einem anderen Cover, bei Festa.

Der Erbe“ erschien im Original bereits 2006. Aber erst jetzt auf Deutsch. Der vorherige Handyman-Jack-Roman „Das Höllenwrack“ (Infernal, 2005) erschien 2007 bei Blanvalet.

In „Der Erbe“ sucht Handyman Jack eine verschwundene Vierzehnjährige. Dabei stößt er auf zwei sich bekämpfende übernatürliche Mächte, für die Menschen in der Nahrungskette ungefähr auf der Stufe von Schmeißfliegen stehen.

Der elfte Handyman-Jack-Thriller „Das Blutbad“ ist für September angekündigt und seitdem sind in den USA weitere Handyman-Jack-Romane erschienen.

F. Paul Wilson: Die Gruft – Der 1. Handyman Jack Thriller

(übersetzt von Michael Plogmann)

464 Seiten

13,95 Euro

Originalausgabe

The Tomb

Whispers Press, 1984

F. Paul Wilson: Der Erbe – Der 10. Handyman Jack Thriller

(übersetzt von Michael Plogmann)

480 Seiten

13,95 Euro

Originalausgabe

Harbingers

Tor/Forge Books, 2006

Hinweise 

Homepage von F. Paul Wilson

Thrilling Detective über Repairman Jack (aka Handyman Jack)

Evolver: Martin Compart über F. Paul Wilson

Phantastik-Couch über F. Paul Wilson

Krimi-Couch über F. Paul Wilson

Meine Besprechung von F. Paul Wilsons „Das Höllenwrack“ (Infernal, 2005)

F. Paul Wilson in der Kriminalakte

Lee - Creekers - 2Lee - Flesh Gothic

Für die härteren Gemüter gibt es die Romane von Edward Lee (der auch einige Male mit Jack Ketchum zusammen arbeitete), die in der „Horror“-Reihe von Festa erscheinen. Richard Laymon sagt: „Edward Lee – das ist literarische Körperverletzung!“ Der Verlag sagt über Lee: „Er gilt als obszöner Provokateur und führender Autor des ‚Extreme Horror‘.“

In „Creekers“ kehrt Ex-Polizist Phil Straker in seinen Geburtsort, das Kaff Crick City, zurück. Dort sucht er ein vermisstes Mädchen und entdeckt im Wald die Creekers, einen Clan, der seit Jahrhunderten fernab jeglicher Zivilisation in Inzucht lebt und über den es schlimme Gerüchte gibt. Aber, so muss Straker erfahren, die Wahrheit ist noch schlimmer.

In „Flesh Gothic“ besuchen wir das Luxusanwesen von Reginald Hildreth in Florida. Nach einer Dämonenbeschwörung ist der Hausherr spurlos verschwunden und von den 26 Gästen sind nur noch Fleischfetzen vorhanden. Hildreths Frau will mit einer Gruppe übersinnlich begabter Menschen herausfinden, was in dem Haus geschah.

Edward Lee: Creekers

(übersetzt von Ben Sonntag)

Festa, 2012

416 Seiten

13,95 Euro

Originalausgabe

Creekers

Zebra Books, 1994

Edward Lee: Flesh Gothic

(übersetzt von Michael Krug)

Festa, 2012

448 Seiten

13,95 Euro

Originalausgabe

Flesh Gothic

Necro Publications, 2004

Slade - Der Kopfjäger - 2

Die Joe-Kurtz-Romane von Dan Simmons erscheinen bei Festa in deren neuer „Crime“-Reihe, deren erster Band „Der Kopfjäger – Der 1. Special X Thriller“ von Michael Slade ist. In dem, im Original bereits 1984 erschienenem, Thriller werden in Vancouver mehrere Frauen enthauptet. Erst als Superintendent Robert DeClercq und sein Team auf einen alten Indianerfluch und eine Verbindung zu einem Voodoo-Kult in New Orleans stoßen, haben sie eine heiße Spur.

Slade veröffentlichte bis heute 17 Special-X-Romane. Für „Mountie Noir“-Nachschub ist also gesorgt.

Und, damit keiner sagen konnte, er wurde nicht gewarnt: Der zweite vom Goldmann Verlag in den Achtzigern veröffentlichte Roman von Michael Slade landete auf dem Index.

Michael Slade: Der Kopfjäger – Der 1. Special X Thriller

(übersetzt von Heinz Zwack)

Festa, 2012

528 Seiten

13,95 Euro

Originalausgabe

Headhunter

Signet, 1984

Nachtrag (26. März 2013): Weil der Postbote keine Benachrichtigung in meinen Briefkasten legte, habe ich diese beiden Bücher, die ich natürlich bei der Veröffentlichung dieses Textes erwähnt hätte, erst jetzt erhalten:

Der zweite Joe-Kurtz-Thriller ist draußen

Simmons - Bitterkalt - 2

Dan Simmons: Bitterkalt

(übersetzt von Manfred Sanders)

Festa, 2013

384 Seiten

13,95 Euro

Originalausgabe

Hard Freeze

St. Martin’s Press, 2002

Der zweite „Special X“-Thriller ist auch draußen

Slade - Der Ghoul - 2

Michael Slade: Der Ghoul

(übersetzt von Heinz Zwack)

Fest, 2013

512 Seiten

13,95 Euro

Originalausgabe

Ghoul

W. H. Allen, 1987


TV-Tipp für den 15. März: Der Knochenjäger

März 15, 2013

ZDFneo, 22.00

Der Knochenjäger (USA 1999, R.: Philip Noyce)

Drehbuch: Jerome Iacone

LV: Jeffery Deaver: The bone collector, 1997 (Die Assistentin, Der Knochenjäger)

Der fast vollständig gelähmte Superdetektiv Lincoln Rhyme sucht mit seinem Assistenten, der Streifenpolizistin Amelia Donaghy, einen Serienkiller.

Nach all den Serienkiller-Filmen ist der Whodunit „Der Knochenjäger“ ziemlich langweilige Kost.

Mit Denzel Washington, Angelina Jolie, Ed O´Neill, Michael Rooker, Queen Latifah, Luis Guzman

Hinweise

Rotten Tomatoes über “Der Knochenjäger”

Wikipedia über “Der Knochenjäger” (deutsch, englisch)

Homepage von Jeffery Deaver

Meine Besprechung von Jeffery Deavers Kurzroman „Auf ewig“ (Forever, 2005)

Meine Besprechung von Jeffery Deavers Kurzgeschichtensammlung “Gezinkt” (More twisted, 2006)

Meine Besprechung von Jeffery Deavers „Die Menschenleserin“ (The sleeping doll, 2007)

Meine Besprechung von Jeffery Deavers „Lautloses Duell“ (The blue nowhere, 2001)

Meine Besprechung von Jeffery Deavers “Der Täuscher” (The broken window, 2008)

Meine Besprechung von Jeffery Deavers “Carte Blanche Ein James-Bond-Roman” (Carte Blanche, 2011)

Jeffery Deaver in der Kriminalakte


Neu im Kino/Filmkritik: Das ziemlich erfundene Biopic „Hitchcock“

März 14, 2013

Die Silhouette von Alfred Hitchcock kennt heute, über dreißig Jahre nach seinem Tod, auch dank der „drei ???“, wohl noch jedes Kind. Und dabei war Hitchcock kein Schauspieler, kein Sänger, sondern ein Regisseur. Seine Thriller, wie „Psycho“, laufen immer noch regelmäßig im Fernsehen. Es dürfte sogar sein bekanntester und erfolgreichster Film sein. Hauptdarsteller Anthony Perkins übernahm danach – Fluch und Segen zugleich – die Rolle des Mörders Norman Bates noch drei weitere Male. Denn egal wen er in den sechziger und siebziger Jahren auch spielte, er blieb immer Norman Bates. Etliche Bücher befassten sich mit den Dreharbeiten und dem Film in all seinen Schattierungen.

Daher macht es durchaus Sinn, bei einem Biopic über Alfred Hitchcock die Entstehungsgeschichte für diesen Film als Filmgeschichte zu nehmen. Jedenfalls wenn man einen Blick auf die möglichen Einspielergebnisse wirft. Immerhin kennt jeder „Psycho“ und auch ohne den Film gesehen zu haben, sind der Duschmord, Mutter, Norman und der Bruch mit den gängigen Erzählregeln (In welchem anderen Film stirbt die Hauptdarstellerin nach 45 Minuten?) bekannt. Aber im Gegensatz zu den anderen Biopics, die in den letzten Monaten im Kino starteten, wie „Hannah Arendt“ und „Lincoln“, und die sich ebenfalls auf ein wichtiges Ereignis im Leben ihres Protagonisten konzentrierten, nehmen es die Macher von „Hitchcock“ mit der historischen Wahrheit nicht so genau. Anstatt ein auch nur halbwegs akkurates Bild von der Entstehungsgeschichte des Films zu geben, mischen sie munter die Entstehungsgeschichte von „Psycho“ mit mehr oder weniger erfundenen Anekdoten, Elementen und Bruchstücken aus Hitchcocks Leben, unter galanter Verleugnung der Realität zu einer Fantasie über Alfred Hitchcock, garniert mit einem Hitchcock-Best-of. Denn damals, Ende der fünfziger Jahre, nach einer Reihe erfolgreicher Filme, der ebenso erfolgreichen TV-Serie „Alfred Hitchcock präsentiert“, seit 1955, und, seit 1956, des in den USA immer noch erscheinenden „Alfred Hitchcock’s Mystery Magazine“, war Hitchcock, der gerade die Einnahmen für „Der unsichtbare Dritte“ (North by Northwest) zählte, scheinbar auf dem Höhepunkt seines Ruhms angelangt.

Er sah, dass einige Schwarzweiß-Filme und einige billig produzierte Horrorfilme an der Kinokasse erfolgreich waren und das war seine Idee für seinen nächsten Film: mit einem billigen Film Geld verdienen. Dabei war „Psycho“ von Anfang an so niedrig budgetiert mit wenigen Schauplätzen, wenigen Drehtagen und der TV-Crew, die an ein schnelles Arbeiten gewohnt war, dass es vollkommen absurd wirkt, wenn in dem Film behauptet wird, dass Alfred Hitchcock sich für den Film verschulden musste. Auch die im Film behauptete große Schaffenskrise des Master of Suspense wirkt einfach weit hergeholt. Zehn Jahre später, nach den Flops „Marnie“, „Der zerrissene Vorhang“ (Torn Curtain) und „Topas“ und vor der gloriosen Rückkehr mit „Frenzy“ (gleichzeitig eine Rückkehr nach London) oder zwanzig Jahre früher, als er sich bei den Dreharbeiten für seinen ersten Hollywood-Film „Rebecca“ ordentlich mit dem Produzenten David O. Selznick zoffte, wären künstlerische Selbstzweifel angebrachter gewesen. Aber „Rebecca“ und „Frenzy“ sind halt nicht so bekannt wie „Psycho“.

Und dass Hitchcocks Frau Alma Reville eine größere Rolle bekommt, dass gezeigt wird, dass hinter dem Genie eine starke und überaus kluge Frau stand, auf deren Meinung er sich blind verließ, war zwar den Hitchcockianern bekannt, aber sicher nicht der breiten Öffentlichkeit. Allerdings wirkt die breit angelegte Ehekrise und ihr Quasi-Seitensprung mit dem Drehbuchautor Whitfield Cook doch weit hergeholt und nur den Regeln des dramatischen Erzählens geschuldet.

Das führt dazu, dass „Hitchcock“ ein gut gespieltes Künstlerbiopic ist, mit pointierten Dialogen, die oft auch sehr Hitchcockian sind und die sich ihren Spaß mit den Charakteren erlauben. So ist Alfred Hitchcock (gespielt von Anthony Hopkins, der Anthony Hopkins spielt, der Alfred Hitchcock spielt) hier ein wahrer Peeping Tom, der sich in seinen Träumen mit Ed Gein, dem realen Vorbild von Norman Bates, unterhält, zu viel isst und trinkt (gerne auch mit nächtlichen Fressattacken am heimischen Kühlschrank) und ein wahrer Snob ist, der von seiner Frau (Helen Mirren gewohnt gut) immer wieder, ebenso britisch, geerdet wird.

Vielleicht hätte „Hitchcock“ Alfred Hitchcock wirklich gefallen als eine weitere Maskerade und Selbstinszenierung, die gut unterhält und mit der Wirklichkeit eher wenig bis nichts zu tun hat. Und genau diese klaffende Lücke zwischen quasi-dokumentarischem Anspruch des Films und den nicht dazu passenden Fakten, störte mich schon beim Ansehen des Films. Und das war, bevor ich Stephen Rebellos grandioses Buch „Hitchcock und die Geschickte von ‚Psycho’“, das Gervasis Film inspirierte, in den Fingern hatte.

Hitchcock - Hauptplakat

Hitchcock (Hitchcock, USA 2012)

Regie: Sacha Gervasi

Drehbuch: John J. McLaughlin

LV: Stephen Rebello: Alfred Hitchcock and The Making of Psycho, 1990 (Hitchcock und die Geschichte von „Psycho“)

mit Anthony Hopkins, Helen Mirren, Scarlett Johansson, Danny Huston, Toni Collette, Michael Stuhlbarg, Michael Wincott, Jessica Biel, James D’Arcy, Kurtwood Smith, Ralph Macchio, Tara Summers

Länge: 98 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Die Vorlage

Rebello - Hitchcock und die Geschichte von Psycho2

Stephen Rebello: Hitchcock und die Geschichte von „Psycho“

(mit einem neuen Vorwort von Stephen Rebello)

(übersetzt von Lisa Kögeböhn, Bernhatt Matt und Uli Meyer)

Heyne, 2013

416 Seiten

9,99 Euro

Erstausgabe

Alfred Hitchcock and The Making of Psycho

Dembner Books, 1990

Hinweise

Amerikanische Homepage zum Film

Deutsche Homepage zum Film

Film-Zeit über „Hitchcock“

Metacritic über „Hitchcock“

Rotten Tomatoes über „Hitchcock“

Wikipedia über „Hitchcock“ (deutsch, englisch)

Wikipedia über „Psycho“ (deutsch, englisch)

Wikipedia über Alfred Hitchcock (deutsch, englisch)

Senses of Cinema (Ken Mogg) über Alfred Hitchcock

Meine Besprechung von „Alfred Hitchcock präsentiert – Teil 1“

Meine Besprechung von „Alfred Hitchcock präsentiert – Teil 2“

Meine Besprechung von „Alfred Hitchcock zeigt – Teil 1“

Meine Besprechung von „Alfred Hitchcock zeigt – Teil 2

Meine Besprechung von Alfred Hitchcocks “Mr. und Mrs. Smith” (Mr. and Mrs. Smith, USA 1941)

Meine Besprechung von Thily Wydras “Alfred Hitchcock”

Alfred Hitchcock in der Kriminalakte

Meine Besprechung von Robert Blochs “Psycho” (Psycho, 1959)

Meine Besprechung von Robert V. Galluzzos “Psycho Legacy” (The Psycho Legacy, USA 2010 – eine sehenswerte Doku über die “Psycho”-Filme mit Anthony Perkins, mit vielen Stunden informativem Bonusmaterial)

Meine Besprechung von Stephen Rebellos “Hitchcock und die Geschichte von ‘Psycho’” (Alfred Hitchcock and the Making of ‘Psycho’, 1990)

 


TV-Tipp für den 14. März: Scanners

März 14, 2013

3sat, 22.55

Scanners – Ihre Gedanken können töten (Kanada 1981, R.: David Cronenberg)

Drehbuch: David Cronenberg

TV-Premiere von einem Frühwerk von David Cronenberg (geb. 15. März 1943), das vielleicht nicht sein bester Film ist (er schrieb während des Drehs das Drehbuch) ist, aber mit der Idee der durch Gedankenkraft explodierenden Köpfe ein Bild geschaffen hat, das sich in das kollektive Gedächtnis eingebrannt hat.

Die Story selbst ist eine ziemlich verwirrende Geschichte um sich bekämpfende Gruppen von telepathisch besonders begabten Menschen, Scanner genannt, wie sie ihre Fähigkeiten einsetzen und einem bösen Konzern, der die Scanners für ihre Interessen ausnutzen will.

Bereits um 22.25 zeigt „Kennwort Kino“ „Die dunklen Begierden des David Cronenberg“ (dort gibt es auch das komplette neunzigminütige Interview mit David Cronenberg) und am Freitag zeigt 3sat um 22.35 Cronenbergs „eXistenZ“ (GB/CDN/F 1999)

mit Jennifer O’Neill, Stephen Lack, Patrick McGoohan, Lawrence Dane, Michale Ironside, Robert A. Silverman

Hinweise

 Turner Classic Movies über „Scanners“

Wikipedia über „Scanners“ (deutsch, englisch)  (der deutsche Text ist in der Liste der lesenswerten Artikel)

Meine Besprechung von Marcus Stigleggers “David Cronenberg” (2011)

Meine Besprechung von David Cronenbergs „Cosmopolis“ (Cosmopolis, Frankreich/Kanada 2012)

 


DVD-Kritik: Mord und Totschlag, überall und jederzeit

März 13, 2013

Nach der fantastischen Welt von Oz, vor „Hitchcock“ und zwischen „Vega$“ (muss sein, für mich als PI-Junkie) und Peter Weir (muss sein, für alle Filmfans) stapeln sich Bücher und Filme, die ich teilweise schon vor Weihnachten gelesen habe und ausführlich besprechen wollte. Aber bis jetzt kam ich nicht dazu und in den nächsten Tagen sieht es auch nicht viel besser aus. Bevor meine Notizen auch für mich vollkommen unlesbar werden, gibt es jetzt einen Schwund kurzer Kritiken. Ich würde ja sagen Drei-Satz-Kritiken, aber dann werden es doch vier, fünf oder noch mehr Sätze.

Beginnen wir mit einigen Gangsterfilmen:

Black’s Game“ führt uns in die Unterwelt von Island. Student Stebbi hat Angst vor einer drohenden Gefängnisstrafe. Doch dann trifft er seinen Jugendfreund Toti, der inzwischen als Gangster sein Geld verdient und ihm bei diesem Problemchen helfen will. Er gibt Stebbi eine kleine Aufgabe, die er mit Bravour erledigt und fortan verfolgen wir gespannt seinen Aufstieg in der isländischen Gangsterhierarchie, in der die Protagonisten jünger und brutaler als bei Martin Scorsese sind.

Das ist mitreisend hartes Kino mit überzeugenden Schauspielern, die teilweise hier ihr Leinwanddebüt gaben. Óskar Thór Axelssons Film basiert auf einem Roman von Stefán Máni, der in einem Featurette von den Recherchen für den Roman erzählt. Wobei allerdings unklar bleibt, wie sehr der, bis auf den Epilog, 1999/2000 spielende Film „Black’s Game“ auf Tatsachen beruht oder verschiedene Vorfälle und Personen aus der isländischen Unter- und Halbwelt zu einer spannenden Geschichte verdichtet.

Black's Game - DVD-Cover

Black’s Game – Kaltes Land (Svartur á leik, Island 2012)

Regie: Óskar Thór Axelsson

Drehbuch: Óskar Thór Axelsson

LV: Stefán Máni: Svartur á leik, 2004

mit Þorvaldur Davið Kristjánsson, Jóhannes Haukur Jóhannesson, Damon Younger, Maria Birta Bjarnadóttir, Vignir Rafn Valþórsson, Egill Einarsson, Björn Jörundur Friðbjörnsson

DVD

Koch Media

Bild: 2.35:1 (16:9)

Ton: Deutsch (Dolby Digital 5.1, DTS), Isländisch (Dolby Digital 5.1)

Untertitel: Deutsch

Bonusmaterial: Diverse Featurettes und Interviews (19 Minuten), Originaltrailer, Wendecover

Länge: 104 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

Rotten Tomatoes über „Black’s Game“

Wikipedia über „Black’s Game“

Bei „Mr. Nice“ stellt sich die Frage nicht. Denn Bernard Roses Film erzählt, basierend auf der Biographie von Howard Marks, dessen Lebensgeschichte und wie er vom begabten, aus ärmlichen Verhältnissen kommendem Kleinstadtjungen während der Swinging Sixties an der Universität Oxford mit Drogen und freier Liebe in Berührung kam und ratzfatz zum größten Dope-Dealer Englands aufstieg, mit dem Gesetz Probleme hatte und heute, das ist die dramaturgische Klammer, auf der Bühne locker-flockig von seinem Leben erzählt.

Mr. Nice“ ist eine mäßig unterhaltsame Selbstinszenierung von Howard Marks. Aber die Einzel-DVD ist mit einem Audiokommentar von Bernard Rose und einem von Howard Marks gut ausgestattet. Wer mehr Infos will, muss die Doppel-DVD kaufen.

Mr. Nice

Mr. Nice (Mr. Nice, GB 210)

Regie: Bernard Rose

Drehbuch: Bernard Rose

LV: Howard Marks: Mr. Nice, 1996 (Mr. Nice)

mit Rhys Ifans, Chloe Sevigny, David Thewlis, Omid Djalili, Crispin Glover

DVD

Koch Media

Bild: 1.85:1 (16:9)

Ton: Deutsch (DTS, Dolby Digital 5.1), Englisch (Dolby Digital 5.1)

Untertitel: Deutsch

Bonusmaterial: Zwei Audiokommentare, Deutscher Trailer, Originaltrailer

Länge: 118 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Film-Zeit über „Mr. Nice“

Metarcritic über „Mr. Nice“

Rotten Tomatoes über „Mr. Nice“

Wikipedia über „Mr. Nice“ (deutsch, englisch)

Wesentlich gelungener ist Bernard Roses 1944 in London spielendes, heute fast vergessenes Frühwerk „Chicago Joe und das Showgirl“, nach einem Drehbuch von David Yallop, mit Kiefer Sutherland und Emily Lloyd in den Hauptrollen.

Emily Lloyd spielt das titelgebende Showgirl Georgina Grayson, die sich ein Leben auf der großen Bühne und als Gangsterbraut erträumt und als sie Rick ‚Chicago Joe‘ Allen (Kiefer Sutherland) kennenlernt, ist sie sofort in ihn verliebt. Denn er ist ein waschechter Gangster aus Chicago! Das Liebespaar beginnt schnell ihre Version von Bonnie und Clyde zu spielen. Dummerweise ist Chicago Joe kein Gangster, sondern ein kleiner, fahnenflüchtiger Soldat und notorischer Aufschneider.

Rose spielt in diesem Film sehr interessant und für einen über zwanzig Jahre alten Mainstream-Film sehr avantgardistisch mit den verschiedenen Wahrnehmungsebenen. Denn er wechselt ständig zwischen der Realität und Georginas Träumen von der großen Hollywood-Karriere (so beginnt und endet der Film mit einer Fantasie von ihr bei der Premiere ihres großen Films [Remember „Sunset Boulevard“?]) und ihrem, aus den Hollywood-Gangsterfilmen entlehntem Bild der Wirklichkeit. Die Kulissen sind überdeutlich als Kulissen erkennbar, das Filmformat erinnern an einem Dreißiger-Jahre-Gangsterfilm, die Farben an das damals gebräuchliche Technicolor. Und auch Chicago Joe hat seine Probleme mit der schnöden Realität. Denn er steht zwischen zwei Frauen, die er beide belügt.

Ach ja: „Chicago Joe und das Showgirl“ basiert auf einem wahren Fall: dem „Cleft Chin Murder“. Am 3. Oktober 1944 lernten sich die am 5. Juli 1926 in South-Wales geborene Elizabeth ‚Betty‘ Maud Jones (die als Georgina Grayson als Striptease-Tänzerin arbeitete) und der 1922 in Schweden geborene, in Massachusetts aufgewachsene Karl Hulten, der sich Ricky nannte und damals seit einem halben Jahr fahnenflüchtig war, kennen. Der Film folgt den damaligen Ereignissen anscheinend ziemlich genau.

Beide wurden zum Tode verurteilt. Hulten wurde als einziger G. I. der je in Großbritannien hingerichtet wurde, am 8. März 1945 erhängt. Jones wurde 1954 begnadigt.

Chicago Joe und das Showgirl - DVD-Cover

Chicago Joe und das Showgirl (Chicago Joe and the Showgirl, GB 1989)

Regie: Bernard Rose

Drehbuch: David Yallop

mit Emily Lloyd, Kiefer Sutherland, Patsy Kensit, Keith Allen, Liz Fraser, Alexandra Pigg

DVD

Koch Media (Film Noir Collection 11)

Bild: 1.37:1 (4:3)

Ton: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 2.0)

Untertitel: –

Bonusmaterial: 12-seitiges Booklet, Bildergalerie, Trailer

Länge: 99 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

Rotten Tomatoes über „Chicago Joe und das Showgirl“

Wikipedia über „Chicago Joe und das Showgirl“

Dass „The Take – Zwei Jahrzehnte in der Mafia“ nicht das Budget von „Der Pate“ oder „Goodfellas“ hatte, sieht man und dass „The Take“ ursprünglich eine vierteilige TV-Serie war, sieht man ebenfalls. Denn der Film teilt sich in vier Blöcke, die 1984, 1988 und 1994 (der dritte und vierte Teil) spielen und die Länge einer TV-Episode haben. Und dass die Geschichte weitgehend den bekannten Genrepfaden folgt, merkt man schnell.

The Take“ erzählt die Geschichte von Freddy Jackson (Tom Hardy) und seinem Freund und Cousin Jimmy Jackson (Shaun Evans), zwei Londoner Verbrecher, die sich seit Ewigkeiten kennen. Freddie verbrachte einige Jahre im Gefängnis und kaum ist er draußen, beginnt er mit einer fiebrigen Energie, die Scarface vor Neid erblassen lassen würde, sein Imperium aufzubauen. Gleichzeitig wird er zunehmend psychopathisch und man fragt sich spätestens ab der Filmmitte, wie ein so durchgeknallter Verbrecher die letzten zehn Jahre (und die Jahre vor dem Filmbeginn) überleben konnte. Währenddessen festigt Jimmy seinen Ruf als Geschäftsmann, der zwar illegale Geschäfte betreibt, aber zunehmend verbürgerlicht.

Das folgt alles bis zum Ende, durchaus kraftvoll und für eine TV-Serie sehr brutal, den bekannten Genrekonventionen. Aber schon von Anfang spielen die Frauen an der Seite von Freddy und Jimmy, teils als Schwester, teils als Ehefrau, eine wichtige Rolle, die zwar zunächst irritiert, weil sie mit dem verbrecherischen Leben der Gangster nichts zu tun haben, aber sie sorgt auch für ein überraschendes und ungewöhnliches Ende, das auch eine Verschiebung innerhalb des Genres anzeigt. Denn im Spiel zwischen Gangstern und Gangstern und Gangstern und Polizisten ist ein weiterer Mitspieler hinzugekommen.

Und dann ist da noch Tom Hardy in Bad-Ass-Bad-Ass-Mode. Für sein Spiel war er für den 2009er Crime Thriller Award als bester Darsteller nominiert. Danach spielte er, um nur seine bekannteste Rolle zu nennen, in „The Dark Knight Rises“ den Bösewicht.

The Take - DVD-Cover

The Take – Zwei Jahrzehnte in der Mafia (The Take, GB 2009)

Regie: David Drury

Drehbuch: Neil Biswas

LV: Martina Cole: The Take, 2005 (Die Schwester)

mit Tom Hardy, Shaun Evans, Charlotte Riley, Kierston Wareing, Margot Leicester, Brian Cox, Jane Wood

DVD

Koch Media

Bild: 1.78:1 (16:9)

Ton: Deutsch, Englisch (Dolby Digitial 5.1)

Untertitel: Deutsch

Bonusmaterial: –

Länge: 178 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

Sky1 über „The Take“

Wikipedia über „The Take“ 

Homepage von Martina Cole

Dank „Drive“ ist Nicolas Winding Refn inzwischen wohl bekannt genug, dass mit seinem Namen geworben werden kann. Bei „Black’s Game – Kaltes Land“ war er Executive Producer, aber auf dem DVD-Cover wird er groß erwähnt. Der englische Gangsterfilm „Pusher“ basiert auf Nicholas Winding Refns gleichnamigem, rauhen Debütfilm von 1996 über einen kleinen Drogendealer, der gerade eine Pechsträhne hat und innerhalb weniger Tage viel Geld besorgen muss, das er nicht hat. Er lässt sich auf zunehmend riskante Geschäfte ein und bei einem Noir können wir uns denken, wie die Geschichte ausgeht.

Diese nicht sonderlich spektakuläre Geschichte (sie wurde durch Nicholas Winding Refns Regie, die Kamera und die Schauspieler zu etwas Besonderem) hat jetzt Drehbuchautor Matthew Read (Produzent bei „Miss Marple“, „Aurelio Zen“ und „Kommissar Wallander“) mit kleinen Änderungen ins heutige London übertragen, der Spanier Luis Prieto gab sein UK-Debüt und Richard Coyle übernahm die Hauptrolle in dieser Version von „Pusher“, die die altbekannte Geschichte in einer anderen Stadt erzählt. Das ist als eigenständiger Film gelungen, interessant im Vergleich zwischen Original und Remake und ähnelt dem US-Remake von Stieg Larssons „Verblendung“, das auch gut, aber für die Kenner des Originals auch ziemlich überflüssig ist.

Pusher - DVD-Cover

Pusher (Pusher, GB 2012)

Regie: Luis Prieto

Drehbuch: Matthew Read

mit Richard Coyle, Agyness Deyn, Bronson Webb

DVD

Sunfilm

Bild: 16:9 (1:1,85)

Ton: Deutsch (DTS, DD 5.1), Englisch (DD 5.1)

Untertitel: Deutsch

Bonusmaterial: Trailer

Länge: 88 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

Metacritic über „Pusher“

Rotten Tomatoes über „Pusher“

Wikipedia über „Pusher“

Die „Briefe aus dem Jenseits“ haben mächtig Patina angesetzt. Die Geschichte ist auch mehr ein Gruselfilm als ein Noir. Allerdings einer, der zwar einige gelungene, also unheimliche Szenen hat, aber insgesamt eher den Eindruck von verwirrend zusammengesetztem, sich als Liebesdrama viel zu ernst nehmendem Stückwerk hinterlässt.

Denn als Literaturagent Lewis Venable (Robert Cummings) in Venedig in der Villa der über hundertjährigen Juliana Bordereau (Agnes Moorehead) unter einem Vorwand die anscheinend unglaublich beeindruckenden Liebesbriefe des verschollenen Poeten Jeffrey Ashton an sie sucht, wird er in ein Spiel um Identitäten, Schein und Sein hineingezogen und er verliebt sich in die Nichte der Hausherrin (Susan Hayward), die nach Sonnenuntergang zu einer anderen Frau wird.

Briefe aus dem Jenseits - DVD-Cover

Briefe aus dem Jenseits (The Lost Moment, USA 1947)

Regie: Martin Gabel

Drehbuch: Leonardo Bercovici

LV: Henry James: The Aspern Papers, 1888 (Asperns Nachlass)

mit Robert Cummings, Susan Hayward, Agnes Moorehead, Joan Lorring, John Archer

DVD

Koch Media (Film Noir Collection 10)

Bild: 1.37:1 (4:3)

Ton: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 2.0)

Untertitel: –

Bonusmaterial: 12-seitiges Booklet, Bildergalerie

Länge: 85 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

Rotten Tomatoes über „Briefe aus dem Jenseits“

Turner Classic Movies über „Briefe aus dem Jenseits

Wikipedia über „Briefe aus dem Jenseits“ 

P. S.: Der Trailer ist ein Fan-Made-Trailer.

Zurück in die Fast-Gegenwart.

Der Mann mit der Stahlkralle“. Das klingt doch nach zünftiger, gehirnbefreiter Action mit vielen schlagenden und tretenden Asiaten. Vor allem weil der Film erst 1980, drei Jahre nach dem US-Kinostart, in die deutschen Kinos kam und in den Bahnhofkinos gerade gefühlt jeder zweite Film einen „Bruce Lee“ im Titel hatte. Da konnte „Der Mann mit der Stahlkralle“ nur ein weiterer billiger Action-Film sein, der auch bei der Kritik schlecht ankam: „übles Kinostück“ (Fischer Film Almanach 1981), „blutrünstiger Film“ (Lexikon des internationalen Films).

Nun, blutrünstig ist der Film in einigen Momenten und natürlich im Showdown. Und ein Mann mit einer Stahlkralle kommt auch vor. Aber der Originaltitel „Rolling Thunder“ trifft es schon eher. Denn wie ein Donnergrollen bewegt sich die Noir-Geschichte langsam und sehr fatalistisch voran. Paul Schrader, der Autor von „Taxi Driver“, hatte die Idee für die Geschichte von einem Kriegsheimkehrer, der sich in seiner alten Heimat nicht mehr zurechtfindet. Eine Geschichte, die in vielen Momenten in einem interessanten Verhältnis zu „Taxi Driver“ steht und damals, – wir sind in der Prä-“Rambo“-Zeit und auch auch vor den kritischen Vietnam-Filmen „Sie kehren heim“ (Coming Home) und „Die durch die Hölle gehen“ (The Deer Hunter) -, im Kino noch Terra Incognita war. Heywood Gould (The Bronx, Cocktail) wurde dann als zweiter Drehbuchautor genommen und John Flynn, der davor die unterschätzte Richard-Stark-Verfilmung „Revolte in der Unterwelt“ (The Outfit) drehte, übernahm die Regie. Flynn drehte später unter anderem „Bestseller“ und „Lock Up – Überleben ist alles“.

Erzählt wird die Geschichte von Major Charles Raine (William Devane) der 1973 nach einer siebenjährigen Gefangenschaft in einem Vietcong-Gefangenenlager wieder in seine alte Heimat San Antonio, Texas zurückkehrt. Aber der introvertierte Mann, der überall als Kriegsheld gefeiert wird, hat Probleme, in sein altes Leben, das es auch nicht mehr gibt, zurückzukehren. Für seinen Sohn ist er ein fremder Mann. Seine Frau hat sich in einen anderen Mann verliebt. Er hat keinen Job.

Erst als einige Verbrecher ihm einige Münzen, die er als Anerkennung für seine Gefangenschaft erhielt, klauen, seine Familie umbringen und ihm in einem Küchenabfallzerkleinerer (in Texas ein übliches Haushaltsgerät) seine Hand zerhäckseln, hat er wieder eine Mission und die titelgebende Stahlkralle als Ersatz für die fehlende Hand.

Raine will die Mörder seiner Frau und seines Sohnes finden.

Dabei hilft ihm Johnny Vohden (Tommy Lee Jones), der mit ihm in Gefangenschaft war und daran ebenfalls zerbrochen ist.

Tommy Lee Jones hat zwar nur wenige Szenen in dem Film, aber wie er in ihnen die Verlorenheit seines Charakters zeigt, ist großes Schauspiel.

Denn Raine und Vohden sind zutiefst gebrochene Charaktere, die in der Gesellschaft ihren Platz nicht mehr finden. Genau wie Travis Bickle (Robert De Niro) in „Taxi Driver“ oder William James (Jeremy Renner) in „The Hurt Locker“.

Das gesagt, muss allerdings auch gesagt werden, dass „Der Mann mit der Stahlkralle“ sogar nach damaligem Standard sehr langsam erzählt ist, die wenigen Schnitte, die dunklen Bilder und die introvertierten Charaktere dieses Gefühl der Langsamkeit noch verstärken und so „Der Mann mit der Stahlkralle“ sich zäher als nötig ansieht. Jedenfalls wenn man auf die Action gespannt ist. Die gibt es erst in der zweiten Hälfte und sie ist immer noch ziemlich graphisch. Wobei die schlimmste Szene, gerade weil wir sie uns so gut vorstellen können, wohl das Zerkleinern von Raines‘ Hand ist.

Das Bonusmaterial ist sehr gelungen. Es gibt eine Bildergalerie, ein elfminütiges Interview mit Linda Haynes über die Dreharbeiten und ihr Leben nach dem Film abseits der Filmindustrie und einen sehr interessanten und sehr informativen Audiokommentar, bei dem Drehbuchautor Heywood Gould im lockeren Gespräch mit Roy Frumkes aus seinem Leben und über den Film erzählt. Wer also einen Blick hinter die Kulissen werfen will, ist hier ziemlich gut bedient. Und wer wissen will, warum „Der Mann mit der Stahlkralle“ einer der Lieblingsfilme von Quentin Tarantino und Eli Roth ist, sollte sich Eli Roths „Trailer from Hell“-Audiokommentar zum Trailer anhören.

Ach ja: „Der Mann mit der Stahlkralle“ war bis 2001 auf dem Index und diese DVD/Blu-ray ist die erste ungekürzte Veröffentlichung des Films in Deutschland.

Der Mann mit der Stahlkralle - DVD-Cover

Der Mann mit der Stahlkralle (Rolling Thunder, USA 1977)

Regie: John Flynn

Drehbuch: Paul Schrader, Heywood Gould

mit William Devane, Tommy Lee Jones, Linda Haynes, James Best, Lisa Richards

DVD

Koch Media

Bild: 1.85:1 (16:9)

Ton: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 2.0)

Untertitel: –

Bonusmaterial: Audiokommentar mit Drehbuchautor Heywood Gould, Interview mit Darstellerin Linda Haynes (11 Minuten), Trailer mit Kommentar von Eli Roth, Trailer, TV-Spot, Bildergalerie

Länge: 96 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

Noir of the Week: Krimiautor Wallace Stroby über „Der Mann mit der Stahlkralle“

Rotten Tomatoes über „Der Mann mit der Stahlkralle“

Turner Classic Movies über „Der Mann mit der Stahlkralle“

Wikipedia über „Der Mann mit der Stahlkralle“ 

Homepage von Heywood Gould


TV-Tipp für den 13. März: Amateur

März 13, 2013

Der Recorder freut sich

ARD, 01.55

Amateur (Frankreich/USA 1993, R.: Hal Hartley)

Drehbuch: Hal Hartley

Auf dem Papier klingt das ziemlich Gaga (eine Nonne, die in New York Pornoschriftstellerin ist, hilft einem international gesuchtem Gangster mit Gedächtnisverlust; während sie von den Killern eines Syndikats verfolgt werden, treffen sie unter anderem einen frustrierten Pornostar und einen linkisch-psychopathischen Steuerberater), aber auf der Leinwand ist „Amateur“ ein wunderschöner Independent-Film von dem damals sehr populärem Hal Hartley, der in den letzten zehn Jahren ziemlich von der Bildfläche verschwand.

‚Amateur‘ ist kein eindeutiges Genrekino, sondern ein übergreifendes, in dem die Charaktere scheinbar willkürlich modelliert, demontiert oder deformiert werden. Viele Zitate verweisen auf filmgeschichtliche Zusammenhänge, aber Hartleys Versuchsanordnung ist mehr als nur eine Anspielung, da er ein Handlungskaleidoskop anbietet, in dem bewusst nicht die Logik, sondern der Zufall bestimmt.“ (Fischer Film Almanach 1995)

mit Isabelle Huppert, Martin Donovan, Elina Lowensohn, Damian Young, Chuck Montgomery

Wiederholung: RBB: Mittwoch, 20. März, 22.45 Uhr

Hinweise

Homepage von Hal Hartley

Rotten Tomatoes über „Amateur“

Wikipedia über „Amateur“ (deutsch, englisch)

Filmmaker Magazine: Peter Bowen über „Amateur“ (Frühling 1995)


Cover der Woche

März 12, 2013

Leigh - Psycho


TV-Tipp für den 12. März: Tatort: Tempelräuber

März 12, 2013

SWR, 20.15

Tatort: Tempelräuber (D 2009, R.: Matthias Tiefenbacher)

Drehbuch: Magnus Vattrodt

Buch zum Film: Martin Schüller: Tempelräuber, 2010

In Münster wird ein Priester ermordet. Während Kommissar Thiel versucht, den Mörder des Leiters des Sankt-Vincenz-Seminars zu finden, mischt sich Gerichtsmediziner Boerne mal wieder, auch mit zwei gebrochenen Armen, ungefragt in die Ermittlung ein.

Gewohnt witziger „Tatort“ des Teams Thiel/Boerne, in dem die Witze Hauptsache und die Mördersuche Nebensache sind.

mit Axel Prahl, Jan Josef Liefers, Friederike Kempter, Christine Urspruch, Mechthild Grossmann, Claus Dieter Clausnitzer, Ulrich Noethen , Rosalie Thomass, Johanna Gastdorf, Wolf-Niklas Schykowski, Marita Breuer

Hinweise

Tatort-Fundus über Kommissar Thiel

Meine Besprechung von Martin Schüllers „Tempelräuber“


R. i. P. Damiano Damiani

März 11, 2013

R. i. P. Damiano Damiani (geb. 23. Juli 1922, Pasiano di Pordenone, Friaul-Julisch Venetien, Italien – gest. 7. März 2013, Rom, Italien)

Er war einer der Großen des italienischen Politthriller, der in den sechziger und siebziger Jahren seine Hochphase hatte und sich mit der Korruption in Italien, den schmutzigen Geschäften der Politik und dem Einfluss der Mafia auf die Gesellschaft und die Politik auseinandersetzte. „Der Tag der Eule/Don Mariano weiß von nichts“ (Il giorno della civetta, 1968, nach einem Roman von Leonardo Sciascia), „Der Clan, der seine Feinde lebendig einmauert“ (Confessione di un Commissario di Polizia al Procuratore Della Republica, 1970), „Das Verfahren ist eingestellt: Vergessen Sie’s!/Die Untersuchung ist abgeschlossen: Vergessen Sie alles“ (L’istruttoria è chiusa: dimentichi, 1971),Warum musste Staatsanwalt Traini sterben?/Der Terror führt Regie“ (Perche si Uccide un Magistrato?“, 1974), „Ich habe Angst“ (Io ho Paura, 1977), „Goodbye & Amen“ (Goodbye e Amen, 1978), „Ein Mann auf den Knien“ (Un uomo in ginocchio, 1979), „Die tödliche Warnung“ (L’Avvertimento, 1980; deutsche Erstaufführung 1987 im ZDF) und „New York Connection“ (Pizza Connection, 1984; von den Berliner Filmfestspielen direkt auf Video) hießen die Filme, die heute zu großen Teilen Klassikerstatus genießen.

Auch sein viel zu unbekannter Bibelfilm „Die Untersuchung“ (L’inchiesta, 1986; bei uns ebenfalls direct to video) könnte man locker in diese Reihe stellen, wenn die titelgebende Untersuchung nicht der Tod und die Wiederauferstehung von Jesus Christus wäre und der Film wenige Tage nach seinem Tod spielt.

Damiano drehte auch Italo-Western, wie „Töte Amigo“ (Quien sabe?, 1966) und „Nobody ist der Größte“ (Un genio, due compari, un pollo, 1975).

Sein Werk krönte er 1984 mit der TV-Serie „Allein gegen die Mafia“ (La Piovra), in der der Kampf eines Polizisten auf Sizilien gegen die Mafia erzählt wird. Die Serie war ein weltweiter Erfolg. In Italien erreichte die Serie fünfzehn bis siebzehn Millionen Zuschauer.

Racheengel“ (L’Angelo con la Pistola, 1991), eine durchwachsene Rachegeschichte, in der eine junge Frau und ein Polizist Mafia-Mitglieder umbringen, bei uns wieder direct to video, war sein letzter Spielfilm, der auch in Deutschland gezeigt wurde. Dennoch drehte er in Italien noch einige weitere Filme.

 

Nachrufe gibt es im Tagesspiegel, Der Welt (Gerhard Midding), Standard, Examiner und vielen italienischen Zeitungen.


TV-Tipp für den 11. März: Delta Force

März 11, 2013

Ein leicht verspätetes Geburtstagsgeschenk

Kabel 1, 22.40

Delta Force (USA 1986, R.: Menahem Golan)

Drehbuch: James Bruner, Menahem Golan

Musik: Alan Silvestri

Terroristen entführen ein US-Passagierflugzeug. Die Delta Force rückt aus, um den Entführern Manieren beizubringen.

Obwohl „Delta Force“ auf der Entführung des TWA Flug 847 am 14. Juni 1985 basiert, ist Menahem Golans Werk „ein weiteres Monument der Ramb-Ideologie“ (Fischer Film Almanach 1987) und wäre nicht besonders bemerkenswert, wenn die Produzenten Menahem Golan und Yoram Globus, die Cannon-Chefs, die damals als B-Actionfilmschmiede das Bild das Actionkinos bestimmte („Missing in Action“, „Invasion U. S. A.“, „Die City-Cobra“ und viele mehr), nicht so viele Stars für ihren Film verpflichtet hätten. Der Film selbst zerfällt in zwei Hälften: in der ersten wird ziemlich realistisch die Entführung und die Reaktionen der Passagiere gezeigt; in der zweiten entwickelt sich eine abstruse Befreiungsorgie, die komplett auf jegliche Logik verzichtet. Immerhin lernen wir die Chuck-Norris-Methode des effizienten Umbringen des Bösewichts kennen.

Der Rest sind Hurra-Patriotismus für die USA (typisch für Golan/Globus-Filme) und Israel (sehr untypisch), arabische Klischee-Bösewichter und viel Action.

Der Film war bis Juli 2011 indiziert. Nachdem er vom Index genommen und neu geprüft wurde, erhielt er eine „FSK ab 16 Jahre“-Freigabe.

„Delta Force“ ist auch der letzte Film von Lee Marvin.

mit Chuck Norris, Lee Marvin, Martin Balsam, Joey Bishop, Hanna Schygulla, Robert Foster, Lainie Kazan, George Kennedy, Susan Strasberg, Bo Svenson, Robert Vaughn, Shelley Winters, Kim Delaney, Liam Neeson (ungenannt, als Delta-Force-Mitglied)

Wiederholung: Dienstag, 12. März, 23.55 Uhr

Hinweise

Rotten Tomatoes über „Delta Force“

Wikipedia über „Delta Force“ (deutsch, englisch)

Film Monthly über “Delta Force” (28. Juni 2012)