Pünktlich zum Beginn des Vorverkaufs für „Star Wars: Der Aufstieg Skywalkers“ (Star Wars: The Rise of Skywalker) ist jetzt der finale Trailer draußen:
Die richtige Begeisterung und Vorfreude will sich bei mir immer noch nicht einstellen.
Über die Geschichte ist immer noch nichts bekannt. Nachdem „Die letzten Jedi“ alles und nichts für das Ende der dritten „Star Wars“-Trilogie vorbereitete und „Der Aufstieg Skywalkers“ auch einen Abschluss zu den vorherigen „Star Wars“-Filmen liefern soll, ist immer noch vollkommen unklar, in welche Richtung sich der Film bewegt.
Meine Vermutung ist, dass Rey (Daisy Ridley) und Kylo Ren (Adam Driver) Geschwister sind. Das verraten ja schon die Namen. Wenn wir bei ‚Kylo Ren‘ einige Buchstaben umstellen, lesen wir „Klon Rey“.
Über irgendwelche komplizierten Verwandtschaftsbeziehungen sind sie mit Leia Organa (Carrie Fisher) und Luke Skywalker (Mark Hamill) verbandelt sind. Die am 27. Dezember 2016 verstorbene Carrie Fisher ist mittels Archivaufnahmen dabei. Luke Skywalker ist zwar offiziell in „Die letzten Jedi“ verstorben, aber nachdem Mark Hamill bei den im Film mitspielenden Schauspielern so prominent genannt wird, dürfte er als Luke Skywalker (der Held der Original-Trilogie) einen größeren Auftritt haben. Zum Beispiel indem er das Ende der Bösewichter besiegelt und, siehe Titel, zum Herrscher der weit, weit entfernten Galaxis wird, ehe er seinen Thron an seine Kinder übergibt, die dann in der nächsten, sich in Planung befindende Trilogie die Galaxie beschützen.
Zur Vorbereitung lohnt sich ein Blick in Jason Frys Filmroman „Star Wars: Die letzten Jedi“, der inzwischen auch als Taschenbuch vorliegt:
Jason Fry: Star Wars: Die letzten Jedi
(übersetzt von Andreas Kasprzak)
Blanvalet, 2019
448 Seiten
9,99 Euro
–
Deutsche Erstausgabe
Penhaligon, 2018
–
Originalausgabe
Star Wars: The Last Jedi
DelRey,2018
–
Und so sieht das Plakat aus:
Star Wars: Der Aufstieg Skywalkers (Star Wars: The Rise of Skywalker, USA 2019)
Regie: J.J. Abrams
Drehbuch: J.J. Abrams, Chris Terrio, Colin Trevorrow (Ko-Autor), Derek Connolly (Ko-Autor) (basierend auf von George Lucas erfundenen Figuren)
mit Carrie Fisher, Mark Hamill, Adam Driver, Daisy Ridley, John Boyega, Oscar Isaac, Anthony Daniels, Naomi Ackie, Domhnall Gleeson, Richard E. Grant, Lupita Nyong’o, Keri Russell, Joonas Suotamo, Kelly Marie Tran, Billy Dee Williams
Stonehearst Asylum – Diese Mauern wirst du nie verlassen (Stonehearst Asylum, USA 2014)
Regie: Brad Anderson
Drehbuch: Joe Gangemi
LV: Edgar Allan Poe: The System of Doctor Tarr and Professor Fether, 1845 (Das System des Doktors Pech und des Professors Feder, Kurzgeschichte)
Weihnachten 1899 trifft der junge Arzt Edward Newgate in der abgelegenen Irrenanstalt Stonehearst ein. Dort haben die Patienten maximale Freiheiten. Schon beim ersten Rundgang verliebt er sich in die bildschöne Pianistin Eliza Graves. Später entdeckt er im Keller eine Gruppe Gefangener, die behaupten, von ihren Patienten gefangen gehalten zu werden.
Top besetzter, hübsch altmodischer Grusler mit einigen überraschenden Wendungen beim Ausprobieren von Therapien.
Staatssekretär Dr. Marcel Kamrath hat es fast geschafft. Die von ihm über Jahre verfolgte Initiative zur Legalisierung von Cannabis soll in wenigen Tagen im Bundestag verabschiedet werden.
Da taucht sein totgeglaubter Freund Sander van Haag in Berlin auf. 1983 lebte er mit ihm und Kiki Molenaar in Amsterdam in der Hausbesetzerszene. Geld verdienten sie mit dem Verkauf von Drogen. Als die jugoslawische Mafia ihr Revier übernehmen will, wollen sie sich bei ihnen einkaufen. Sander und Kiki gehen mit dem Geld zu einem Treffen. Einige Tage später liest Kamrath in einer Zeitung, dass die Leiche von Kiki gefunden wurde. Sander bleibt verschwunden. Und Kamrath, der sich vor Racheakten fürchtet, flüchtet nach Deutschland.
Jetzt ist Sander wieder da und er behauptet, dass zwischen ihnen alles in Ordnung sei. Nach einigen mit Freundlichkeiten, Drogen und seltsamen Ereignissen gefüllten Tagen, rückt Sander mit seinem für erfahrene Krimileser erwartbarem Anliegen heraus: er möchte, dass Kamrath seine Initiative zur Legalisierung von Drogen sofort stoppt. Die niederländische Drogenmafia fürchte um den lukrativen deutschen Absatzmarkt.
Kamrath, der weiß, dass innerhalb des parlamentarischen Betriebs seine Initiative kaum noch aufgehalten werden kann und dass Sander ihn, wenn er ihm diesen Wunsch erfüllt, immer weiter erpressen wird, beschließt gegen ihn zu kämpfen. Und zwar so, dass niemand davon erfährt.
Im ersten Moment erinnerte mich die Ausgangslage von dem neuen Krimi des seit Jahren zusammen schreibenden deutsch-niederländischen Autorenduos Hoeps & Toes an -kys spannenden Erpressungsthriller „Einer von uns beiden“. In dem Roman erpresst ein Student einen Professor, der eine amerikanische Arbeit als seine Doktorarbeit ausgab. Zwischen beiden beginnt im West-Berlin der frühen siebziger Jahre ein tödliches Duell. Wolfgang Petersen verfilmte den Roman.
Aber Hoeps & Toes erzählen mit einigen Ellipsen, Zeit- und Erzählperspektivenwechsel, im trockenen Hardboiled-Stil, schnell eine ganz andere Geschichte. So nehmen die Schilderungen parlamentarischer Abläufe und der alltäglichen Arbeit eines Berufspolitikers viel Raum ein. Es geht um notwendige Absprachen, öffentliche Auftritte, zeitraubende Gespräche mit potentiellen Spendern und die großen und kleinen Deals, die jeder Politiker machen muss, wenn er für seine Projekte Mehrheiten beschafft. In diesem Fall muss Kamrath jetzt so Mehrheiten gegen sein Herzensprojekt beschaffen, dass niemand ahnt, dass er es sabotiert. In diesen Momenten wird das direkte Duell zwischen Kamrath und Sander zur Nebensache.
Der Kampf zwischen dem skrupellosen Erpresser und dem ziemlich ehrbaren Profipolitiker eskaliert dann auch anders, als man es erwartet und es endet, so viel kann verraten werden, nicht in einem tödlichen Faustkampf zwischen den beiden Kontrahenten.
Eine spannende Lektüre.
–
Am Dienstag und Mittwoch stellen Thomas Hoeps und Jac. Toes ihr neues Buch in Berlin vor.
Am Dienstag, den 22. Oktober, sind sie in einer „Closed Shop Lesung“ (was immer das bedeuten mag) um 19.00 Uhr in Kamraths Stammlokal, dem Café Anna Koschke (Krausnickstraße 11).
24 Stunden später, am Mittwoch, den 23. Oktober, um 19.30 Uhr stellen Hoeps & Toes ihren Roman im Hanf Museum (Mühlendamm 5) vor.
Jack Reacher: Kein Weg zurück(Jack Reacher: Never go back, USA 2016)
Regie: Edward Zwick
Drehbuch: Edward Zwick, Marshall Herskovitz, Richard Wenk
LV: Lee Child: Never go back, 2013 (Die Gejagten)
Als Ex-Militärpolizist Jack Reacher in einer Kaserne eine Bekannte besuchen will, wird er gleich in den Dienst zurückversetzt und mit etlichen Anklagen, unter anderem einer Vaterschaftsklage, konfrontiert. Reacher wittert eine große Verschwörung gegen ihn und seine unter falschen Anschuldigungen inhaftierte Bekannte. Er befreit sie und gemeinsam schlagen sie zurück.
Zweite Jack-Reacher-Verfilmung. Wieder ein gelungener, angenehm altmodischer Krimi. In diesem Fall ist der Film, der viele Details des Romans verändert, erstaunlicherweise näher an der Formel der Jack-Reacher-Romane als die Romanvorlage. Spannende Unterhaltung gibt es dann in Buch und Film.
Der zwanzigste Jack-Reacher-Roman „Keine Kompromisse“ gibt es seit einigen Wochen in der deutschen Übersetzung.
Dieses Mal stolpert Jack Reacher wieder in der amerikanischen Provinz in ein Abenteuer. Wegen des interessanten Namens Mother’s Rest verlässt er irgendwo im Mittleren Westen den Zug. Am Bahnhof der Kleinstadt (okay, da gibt es nur Kleinstädte) trifft er die Privatermittlerin Michelle Chang, die vergeblich auf ihren Partner wartet und wechselt einige Worte mit ihr. So gerät er in das Visier einiger Verbrecher und als er am nächsten Tag beginnt, sich in der Stadt über die Stadtgeschichte umzuhören, wollen die heimlichen Herren der Stadt den neugierigen Besucher loswerden.
Dass das keine gute Idee ist, wissen langjährige Reacher-Fans.
–
Lee Child: Keine Kompromisse
(übersetzt von Wulf Bergner)
Blanvalet, 2019
448 Seiten
22 Euro
–
Originalausgabe
Make Me
Bantam Press, London, 2015
–
Im November veröffentlicht Blanvalet den 21. Jack-Reacher-Roman „Der Ermittler“ (spielt 1996 in Berlin) und Lee Childs Essay „Der Held: Wie Helden die Welt verändern, und warum wir sie heute mehr als je zuvor brauchen“.
–
Im Juli wurde bekannt, dass es keine weiteren Jack-Reacher-Spielfilme mit Tom Cruise geben wird. Stattdessen wird Amazon Studios, wenn ihr das Drehbuch von Autor und Showrunner Nick Santora („Scorpion“, „Prison Break“) gefällt, eine Jack-Reacher-TV-Serie produzieren.
Wer Jack Reacher spielen wird, ist noch unklar, aber gesucht wird, so Lee Child auf seiner Homepage, ein Mann, der der Beschreibung von Jack Reacher aus den Büchern entspricht. Also eine Mischung aus Arnold Schwarzenegger und Dwayne Johnson.
Ich persönlich halte es ja für keine gute Idee, Reacher im Film wie im Roman von einem muskulösen Zwei-Meter-Mann spielen zu lassen. Damit überragt er meistens alle anderen Personen im Raum und wenn er sich dann mit einer Gruppe Halbstarker anlegen muss, ist schon vor dem ersten Schlag klar, wer gewinnt
–
Wer Lee Child persönlich treffen möchte, hat dazu am Samstag, den 23. November, die Gelegenheit. Dann ist er zusammen mit Ken Follett, Kate Mosse und JoJo Mojes im Rahmen der „The Friendship Tour“ um 20.00 Uhr im Großen Sendesaal des RBB (Masurenallee 8 – 14, Berlin).
„The Friendship Tour“ wurde von Ken Follett initiiert. Gemeinsam wollen die Autoren ein Zeichen gegen den Brexit setzen. An dem Abend reden sie auch über Werke.
Die anderen Stationen der Tour sind Madrid, Rom und Paris.
Lohn der Angst (Le salaire de la peur, Frankreich/Italien 1953)
Regie: Henri-Georges Clouzot
Drehbuch: Henri-Georges Clouzot, Jérôme Géronimi
LV: Georges Arnaud: Le salaire de peur, 1952 (Lohn der Angst)
Vier Männer fahren mit einer Ladung Nitro durch den lateinamerikanischen Dschungel.
Klingt langweilig? Ist aber ein Klassiker, der Anfangs das Leben gestrandeter Abenteuerer in den Kolonien extrem genau zeigt, später extrem spannend ist und einen tiefen, illusionslosen Einblick in die menschliche Seele bietet. Eine existentialistische Parabel im Gewand eines Action-Films. – Seine volle Wirkung entfaltet „Lohn der Angst“ allerdings nur auf der großen Leinwand.
Hellmuth Karasek in „Mein Kino – Die 100 schönsten Filme“: „Clouzots Meisterwerk, wahrscheinlich der vollkommenste und geradlinigste Thriller der Filmgeschichte…Clouzot hat hier (gemeint ist der Filmanfang, A. d. V.) als erster gnadenlose Bilder aus der Dritten Welt, ihren kolonialen Strukturen, der vorherrschenden Desperado-Mentalität, der latent homoerotischen Männerbünde, deren letzter Stolz die Frauen- und Eingeborenen-Verachtung ist, eingefangen – lange vor Taverniers Saustall.“
Gezeigt wird vielleicht eine leicht gekürzte Version des 150-minütigen Films.
Im Anschluss, um 22.35 Uhr, zeigt Arte die einstündige Doku „Clouzot – Meister des psychologischen Thrillers“ (Frankreich 2017).
Mit Yves Montand, Peter van Eyck, Charles Vanel, Folco Lulli
Ein verheirateter Theaterregisseur bietet einer Prostituierten nach einer Liebesnacht 30.000 Dollar, wenn sie ihren Beruf aufgibt und ihre Träume verfolgt. Etwas später bewirbt sie sich um eine Rolle in einem Stück des Regisseurs – und all die Probleme, die man aus einer alten Screwball-Comedy kennt, tauchen auf.
Wunderschöne, flotte, zitatreiche Liebeserklärung an die alten Screwballkomödien, die im Kino etwas unterging.
mit Imogen Poots, Owen Wilson, Jennifer Aniston, Rhys Ifans, Cybill Shepherd, Will Forte, Kathryn Hahn, Tatum O’Neal, Michael Shannon, Quentin Tarantino
Wie verfilmt man ein dickleibiges, mit Zahlen gesättigtes Ökonomie-Sachbuch? Eine Möglichkeit ist die von Justin Pemberton gewählte: in einem großen historischen Bogen erzählt er, der Argumentation des Buches folgend, die Geschichte des Kapitalismus von der Französischen Revolution bis zur Gegenwart nach. Neben Thomas Piketty, dem Autor des hier verfilmten Bestsellers „Das Kapital im 21. Jahrhundert“, reden auch andere Wissenschaftler, wie Faiza Shaheen und Joseph Stiglitz, über den Kapitalismus. Dazu gibt es historische Aufnahmen und viele Bilder aus Spielfilmen, die uns die Vergangenheit, in der es noch eine Dokumentarfilme gab, nahe bringen.
Dieser Argumentation kann dann von bekannter gesellschaftlicher Umwälzung zu bekannter gesellschaftlicher Umwälzung gut gefolgt werden. Pemberton und Piketty zeigen, wie Kriege zu Umverteilungen des Kapitals führen und wie der Kapitalismus, wenn er nicht reguliert wird, zu einer Konzentration des Geldes bei der herrschenden Klasse führt. Diese Konzentration führt auch dazu, dass die Grundannahme kapitalistischer Gesellschaften, nach der es jeder nachkommenden Generation besser als der vorhergehenden Generation geht, nicht mehr stimmt. Falls, und darüber müsste gesondert diskutiert werden, sie jemals stimmte.
Diese These belegt Piketty in seinem Buch mit zahlreichen Statistiken. Im Film wird davon erzählt. Ebenfalls mit einem großen historischen Atem, der tagespolitische Gefühle und Ereignisse einordnet. Angesichts der knappen Zeit die ein zweistündiger Film gegenüber einem achthundertseitigem Buch hat, bleibt die Analyse notgedrungen oberflächlich.
Aber als, je nach Vorwissen, Einstieg in das Thema oder als bildgewaltige kapitalismuskritische Auffrischung funktioniert „Das Kapital im 21. Jahrhundert“ gut.
Vor dem Kinostart war unklar, in welchen Fassungen Pembertons Film in unseren Kinos laufen wird. Wer den Franzosen Thomas Piketty im Original sprechen hören möchte, sollte sich daher unbedingt die untertitelte Originalfassung ansehen.
Das Kapital im 21. Jahrhundert (Capital in the twenty-first Century, Frankreich/Neuseeland 2019)
Regie: Justin Pemberton
Drehbuch: Thomas Piketty, Matthew Metcalfe, Justin Pemberton
LV: Thomas Piketty: Le Capital au XXIe siècle, 2013 (Das Kapital im 21. Jahrhundert)
mit Thomas Piketty, Faiza Shaheen, Gillian Tett, Joseph Stiglitz
Heute zeigt RTL II, als Vorbereitung für den am 24. Oktober anlaufenden neuen „Terminator“-Film „Dark Fate“ (Kritik zum Filmstart; bis dahin gibt es eine Sperrfrist) die ersten beiden „Terminator“-Filme
RTL II, 20.15
Terminator (The Terminator, USA 1984)
Regie: James Cameron
Drehbuch: James Cameron, Gale Anne Hurd
Los Angeles, 1984: Ein Terminator kommt aus der Zukunft. Er hat den Auftrag, Sarah Connor zu finden und zu töten. So soll verhindert werden, dass sie ein Kind bekommt, das in der Zukunft der Anführer des Widerstandes gegen die Roboter wird.
Zur gleichen Zeit wird Kyle Reese aus der Zukunft in die Gegenwart geschickt. Er soll den Terminator zerstören, bevor dieser seine Mission ausführt.
Und schon beginnt eine actionhaltige Menschenjagd durch Los Angeles.
Heute ein Science-Fiction-Klassiker, der etliche Karrieren beförderte.
Damals ein kleines B-Picture, von dem vor dem Kinostart niemand viel erwartete. Vor allem nicht, dass nach vielen, meist misslungenen Fortsetzungen jetzt „Deadpool“-Regisseur Tim Miller mit Arnold Schwarzenegger und Linda Hamilton ein Reboot der Serie inszeniert, das an James Camerons „Terminator“-Filme anknüpft. James Cameron ist als Produzent involviert.
mit Arnold Schwarzenegger, Michael Biehn, Linda Hamilton, Paul Winfield, Lance Henriksen, Rick Rossovich, Bill Paxton
Wiederholung: Samstag, 19. Oktober, 23.35 Uhr (anschließend, um 01.40 Uhr, läuft „Terminator 2 – Tag der Abrechnung“)
Isabel (Michelle Williams) arbeitet in einem Waisenhaus in Kalkutta und möchte das Land niemals verlassen. Als sie ein Angebot für eine großzügige Spende von einer Multimillionärin erhalten, ist es mit der Bedingung verbunden, dass Isabel nach New York fliegt und dort das Projekt persönlich vorstellt. Widerwillig lässt sie sich darauf ein.
In New York angekommen lädt die edle Spenderin Theresa Young (Julianne Moore) sie zur Hochzeit ihrer Tochter in ihr Anwesen ein. Dort entdeckt sie in der Hochzeitsgemeinde ihre alte Liebe. Oscar (Bill Crudup) ist jetzt mit Theresa verheiratet.
„After the Wedding“ ist das US-Remake von Susanne Biers „Nach der Hochzeit“ mit vertauschten Geschlechterrollen. Die Schauspieler sind gut. Bart Freundlichs Inszenierung ist angenehm zurückhaltend.
Trotzdem kann „After the Wedding“ nicht überzeugen. Denn so sehr sich die Schauspieler auch bemühen, sie scheitern am viel zu konstruierten Plot, der, je weiter sich Theresas Plan entfaltet, immer unglaubwürdiger wirkt. Ihr Plan kann nämlich nur funktionieren, wenn alle Menschen genau das tun, was sie nach ihrem Plan tun sollen.
After the Wedding (After the Wedding, USA 2019)
Regie: Bart Freundlich
Drehbuch: Bart Freundlich (basierend auf „Efter Brylluppet“ von Anders Thomas Jensen und Susanne Bier)
mit Michelle Williams, Julianne Moore, Billy Crudup, Abby Quinn, Alex Esola, Susan Blackwell, Vir Pachisia
In Cannes erhielt Bong Joon Hos neuer Film „Parasite“, nach einer einstimmigen Jury-Entscheidung, die Goldene Palme. Auch die Kritiker hielten ihn für den besten Film des Wettbewerbs. Und der Film erfüllt die Erwartungen.
Im Mittelpunkt stehen zwei gegensätzliche, in einer südkoreanischen Metropole lebende Familien. Die vierköpfige Familie Kim ist ganz unten angekommen. Sie leben in einem Keller, ungefragt und abhängig vom Empfang wird das W-Lan der anderen Mieter mitbenutzt und mit dem Falten von Pizzakartons verdienen sie etwas Geld. Falls sie für ihre Arbeit bezahlt werden.
Am anderen Ende der sozialen Hierarchie steht die ebenfalls vierköpfige Familie Park. Das Familienoberhaupt ist CEO eines globalen IT-Unternehmens. Sie leben in einer großen, modernen Villa, die anscheinend keinen Raum zum Verstecken bietet (was, als die Kims sich später in der Villa vor den Parks verstecken müssen für eine erhebliche Suspense sorgt).
Eines Tages verschafft ein Freund Ki-Woo Kim die Stelle als Englisch-Nachhilfelehrer bei den Parks. Mit gefälschten Zeugnissen und einem Anzug verschafft er sich den Zutritt und weil Yeon-Kyo Park, die für seine Einstellung zuständig ist, mit ihm zufrieden ist, wird er eingestellt. Es gelingt Ki-Woo seine Schwester Ki-Jung als Zeichenlehrerin einzuschleusen. Und danach sollen ihre Eltern ebenfalls von den Parks angestellt werden. Wenn die entsprechenden Stellen frei werden und wenn ihr Betrug nicht vorher auffliegt.
Denn Bong Joon Hos neuer Film ist eine tiefschwarze, sehr präzise Gesellschaftssatire, die sich auf wenige Personen und wenige Handlungsorte konzentriert. Der in jeder Sekunde präzise inszenierte Ensemblefilm spielt vor allem in den Wohnungen der Familien Park und Kim. Zwischen ihnen entfaltet sich ein spannender Klassenkampf, bei dem schnell unklar ist, wer hier die titelgebenden Parasiten sind.
Bong Joon Ho inszenierte vorher die ebenso gelungenen, andere Genres bedienenden Filme „Memories of Murder“, „The Host“, „Mother“, „Snowpiercer“ und „Okja“.
Parasite (Gisaengchung, Südkorea 2019)
Regie: Bong Joon Ho
Drehbuch: Bong Joon Ho, Han Jin Won
mit Song Kang Ho, Lee Sun Kyun, Cho Yeo Jeong, Choi Woo Shik, Park So Dam, Lee Jung Eun, Chang Hyae Jin
Vor fünf Jahren erzählte „Maleficent – Die dunkle Fee“ die Geschichte von Dornröschen aus der Sicht der bösen Fee, die eigentlich eine gute Fee ist. Dem bestenfalls zwiespältigen Disney-Fantasy-Film gelang es nie, seine Geschichte schlüssig zu erzählen. Am guten Einspielergebnis von weltweit über 750 Millionen US-Dollar änderte das nichts und schnell wurde eine Fortsetzung angekündigt.
Mit „Maleficent: Mächte der Finsternis“ ist es jetzt soweit. Die Geschichte spielt einige Jahre nach den Ereignissen des ersten Films.
Aurora (Elle Fanning) lebt glücklich in ihrem Reich der Moore in trauter Harmonie mit den dort lebenden magischen Kreaturen, Tieren und Pflanzen. Ihre ‚Mutter‘ Maleficent (Angelina Jolie) schaut ab und zu vorbei. Als ihre große Liebe, der schöne Prinz Philipp (Harris Dickinson), ihr einen Heiratsantrag macht, der auch zu einer friedlichen Vereinigung des Reich der Moore und dem Menschen-Königreich Ulstead führen würde, steht der Besuch bei den zukünftigen Schwiegereltern, König John (Robert Lindsay) und Königin Ingrith (Michelle Pfeiffer), auf der Tagesordnung. Vor allem Königin Ingrith besteht darauf, dass die Fee Maleficent dabei ist.
Schweren Herzens und weil Aurora sie darum bittet, kommt sie mit und läuft in eine Falle von Königin Ingrith, die die Feen abgrundtief hasst und vernichten will. Aber Maleficent kann entkommen.
„Maleficent: Mächte der Finsternis“ ist ein weiterer Disney-Live-Action-Film, in dem außer den Schauspielern, eigentlich alles am Computer entstand. Auch die Schauspieler wurden teilweise ebenfalls exzessiv digital bearbeitet. Angelina Jolie sieht, wieder einmal, als absolut makellose Maleficent wie eine Trickfigur aus.
Der erzählerische Fortschritt gegenüber dem ersten Film ist enorm. Die Geschichte ist banal. So weiß jeder, spätestens wenn Königin Ingrith auf dem Besuch von Maleficent besteht, was bis zum Abspann passieren wird. Aber im Gegensatz zum ersten Film sind die Motive und Motivationen der einzelnen Figuren nachvollziehbar und stimmig. Ebenso klar ist der Konflikt zwischen den Menschen und den Feen gezeichnet und die damit verbundene Frage, wie er gelöst werden soll. Im Endeffekt stehen sich eine friedliche und eine nicht-friedliche Lösung gegenüber.
Beim Sehen erstaunte mich, auch wenn nur die bekannten Genretopoi abgehandelt werden, wie einfach die Filmgeschichte tagespolitisch interpretiert werden kann. Dann wäre Königin Ingrith Donald Trump (wobei sie viel intelligenter, intriganter und besser aussehend ist), ihr die meiste Zeit in einem tiefen Schlaf liegender Mann die willenlose republikanische Partei, Maleficent und die Feen die fälschlich für alles Böse verantwortlichen Mexikaner und die Kinder Philipp und Aurora Romeo und Julia, die an einen Frieden zwischen Menschen- und Feenwelt glauben. Am Ende steht dann eine versöhnliche Botschaft über das Zusammenleben. Denn selbstverständlich gewinnt nicht die böse, Hass und Zwietracht säende Menschenkönigin, sondern die auf Liebe, Vertrauen und friedliches Zusammenleben setzende Aurora.
Kinder – und für sie ist der Film trotz seiner für mich unverständlichen Ab-12-Jahre-Freigabe – werden diese realpolitischen Implikationen nicht bemerken, sondern eine herzige Liebesgeschichte mit Humor und vielen fabelhaften Wesen in einer bunten Mittelalter-Fantasywelt sehen und hoffen, dass die Prinzessin den Prinzen bekommt.
Ein wirklich guter Film ist „Maleficent: Mächte der Finsternis“ nicht. Dazu ist die Geschichte zu vorhersehbar und mit zwei Stunden arg langsam erzählt. Aber Maleficents zweites Kinoabenteuer ist deutlich gelungener als „Maleficent – Die dunkle Fee“.
Maleficent: Mächte der Finsternis (Maleficent: Mistress of Evil, USA 2019)
Regie: Joachim Rønning
Drehbuch: Micah Fitzerman-Blue, Noah Harpster, Linda Woolverton (nach einer Geschichte von Linda Woolverton)
mit Angelina Jolie, Elle Fanning, Harris Dickinson, Michelle Pfeiffer, Sam Riley, Chiwetel Ejiofor, Ed Skrein, Robert Lindsay, David Gyasi, Jenn Murray, Juno Temple, Lesley Manville, Imelda Staunton
Nachdem seine Lieder jahrzehntelang aus jedem Radio ertönten und seit seiner Premiere 2007 fast fünf Millionen Besucher das aus seinen bekanntesten Hits bestehende Musical „Ich war noch niemals in New York“ gesehen haben, müssen Udo Jürgens und seine Lieder wahrscheinlich nicht mehr vorgestellt werden. Seine Lieder sind so bekannt und beliebt, dass damit auch ein großes Kinopublikum angesprochen wird.
Das war wohl die Überlegung der Macher des Film-Musicals „Ich war noch niemals in New York“, das sich sehr, sehr locker an den Figuren und der Geschichte des Musicals orientiert. Wer also das Musical kennt, wird über die fast vollkommen neue Geschichte etwas erstaunt sein.
Als Maria Wartberg (Katharina Thalbach) in ihrer Wohnung unglücklich stürzt, verliert sie ihr Gedächtnis. Sie erinnert sich nur daran, dass sie noch niemals in New York war. Um sich diesen Wunsch zu erfüllen, schleicht sie sich auf den luxuriösen Ozeandampfer „Maximiliane“.
Ihre Tochter Lisa (Heike Makatsch), eine zickige TV-Moderatorin, eilt ihr hinterher. Bevor sie ihre Mutter gefunden hat, legt das Schiff ab und die Filmgeschichte fräst sich durch den Fundus altmodischer Gesangs- und Verwechslungskomödien, die immer den Muff deutscher Schlagerfilme, verströmt. Da sind der nette Vater Axel Staudach (Moritz Bleibtreu) und sein zwölfjähriger Sohn Florian (Marlon Schramm), die an eine Mischung aus e. o. plauens „Vater und Sohn“-Bildergeschichten (plauen lebte von 1903 bis 1944) und der Heinz-Rühmann-Komödie „Wenn der Vater mit dem Sohne“ (1955) erinnern. Die beiden ‚Unterhalter‘ Otto (Uwe Ochsenknecht) und James (Mat Schuh) sind ölige Casanovas für älteren Damen, die nicht den Mumm haben, echte Heiratsschwindler zu sein. Costa (Pasquale Aleardi) ist, abgefüllt mit „Griechischer Wein“, der hyperpotente Südländer, der, immerhin Leben wir nicht mehr in den fünfziger Jahren, homosexuell ist. Bis er sich dazu bekennt, vergeht viel Filmzeit. Der zweite Schwule ist Lisas Maskenbildner Fred (Michael Ostrowski), der sich erfolgreich bemüht, alle Klischees über Schwule herunterzuspielen, als habe es die „Bullyparade“ und „Der Schuh des Manitu“ noch nicht gegeben.
Der Humor ist altbacken. Die Klischees über Geschlechter und Berufe scheinen direkt aus den Fünfzigern zu kommen.
In dieser quietschbunten Retro-Kunstwelt singen die Schauspieler die bekannten Udo-Jürgens-Hits und tanzen dazu. Beides natürlich nicht so gut, wie es echte Sänger und Tänzer getan hätten, aber dafür authentisch.
Die Tanznummern zitieren dabei immer wieder bekannte Vorbilder. Nur wenn es in Hollywood ein Pool war, in dem mindestens eine halbe Hundertschaft Schwimmerinnen ein atemberaubendes Wasserballett präsentierten, ist es in der deutschen Version ein kleiner Pool auf einem Ozeandampfer, der schon mit einer Skatrunde übervoll ist.
Die Lieder von Udo Jürgens, die immer deutlich besser als das übliche deutsche Schlagergedöns waren (und sind), erfahren eine Retro-Bearbeitung, die ihre Botschaft ins Gegenteil verkehren. Anstatt dem Aufbruch nach New York wird gleich nach Klein-Kleckersdorf abgebogen.
„Ich war noch niemals in New York“ reanimiert die gruseligen Schlagerfilme, die vor allem in den fünfziger und sechziger Jahren von deutschen Produzenten in Serie hergestellt wurden. An der Kinokasse waren diese Schlager- und Heimatschnulzen erfolgreich, weil sie dem Publikum eine heile Welt zeigten, die nichts mit der aktuellen Realität und der deutschen Vergangenheit zu tun hatte.
Ich war noch niemals in New York(Deutschland 2019)
Regie: Philipp Stölzl
Drehbuch: Alexander Dydyna, Philipp Stölzl, Jan Berger (Mitarbeit), Karsten Dusse (Dialog Polish)
mit Heike Makatsch, Moritz Bleibtreu, Katharina Thalbach, Uwe Ochsenknecht, Michael Ostrowski, Pasquale Aleardi, Marion Schramm, Mat Schuh, Andreja Schneider, Stefan Kurt, Frank Zander
Wiegenlied für eine Leiche (Hush…Hush, Sweet Charlotte, USA 1964)
Regie: Robert Aldrich
Drehbuch: Henry Farrell, Lukas Heller
LV: Henry Farrell: What ever happened to Cousin Charlotte? (Kurzgeschichte)
1927 wird der heimliche Geliebte von Charlotte Hollis im Haus ihrer Eltern ermordet. 37 Jahre später lebt die halbverrückte Charlotte immer noch im elterlichen Haus. Als es abgerissen werden soll, will sie das verhindern. Ihre Cousine Miriam und der Hausarzt Dr. Bayliss sollen ihr helfen. Nach ihrem Einzug häufen sich die seltsamen Ereignisse und Charlotte glaubt, dass die neuen Bewohner an das Familienvermögen ran wollen.
Nach „Was geschah wirklich mit Baby Jane?“ der zweite hochspannende Psychothriller von Robert Aldrich mit Bette Davis. „Aldrichs Reißer stimmt bis zur letzten Szene.“ (Hamburger Abendblatt)
Der Thriller erhielt 1965 den Edgar Allan Poe Award und war für sieben Oscars nominiert, u. a. Beste Nebenrolle (Agnes Moorehead), Beste Kamera (Joseph F. Biroc) und Besten Schnitt (Michael Luciano).
mit Bette Davis, Olivia de Havilland, Joseph Cotten, Agnes Moorehead, Victor Buono, Bruce Dern, Mary Astor, George Kennedy
Diese im Original bereits 2005 erschienene Geschichte ist jetzt, zusammen mit „Ganz aus Holz“, neu aufgelegt worden.
In „Der Mann, der lacht“, geschrieben von Brubaker, gezeichnet von Doug Mahnke, betritt der Joker erstmals die mit skurrilen Bösewichtern gut gefüllte Verbrechensbühne von Gotham City. Als erstes droht er, Henry Claridge um Mitternacht zu töten. So geschieht es.
Danach kündigt der Joker weitere Morde an und er befreit sechzehn im Williams Medical Center für geisteskranke Straftäter inhaftierte Mörder. Gemeinsam marodieren und morden sie durch die Stadt, während Batman versucht, den Joker zu stellen.
In „Ganz aus Holz“, ebenfalls geschrieben von Brubaker, gezeichnet von Patrick Zircher, wird am Sockel des historischen Green-Lantern-Heldendenkmals eine Leiche gefunden. Auf ihren nackten Oberkörper hat der Täter den rätselhaften Spruch „Ganz aus Holz“ geschrieben.
Alan Scott, die erste, inzwischen in New York lebende Green Lantern, deutet den Spruch als Hinweis auf seine Achillesferse. Er verfügt über kosmische Kräfte, kann aber mit Holz verwundet werden. Er reist nach Gotham City und, gemeinsam mit Batman, sucht er den Täter.
Außerdem ist der inzwischen pensionierte Commissioner Jim Gordon, der die Leiche bei einem Spaziergang entdeckte und sich ebenfalls umhört, spurlos verschwunden.
Beide „Batman“-Geschichten liefern das, was man von Ed Brubaker erwartet. Es sind spannende Noir-Geschichten, die sich hier nahtlos in den letztendlich sehr flexiblen Batman-Kosmos einfügen.
–
Ed Brubaker/Doug Mahnke: Batman/Joker: Der Mann, der lacht
(übersetzt von Ralph Kruhm)
Panini, 2019
144 Seiten
16,99 Euro
–
enthält
Der Mann, der lacht (Batman: The Man who laughs, DC Comics, April 2005)
Ganz aus Holz (Made of Wood, Detective Comics 784 – 786, DC Comics, September – November 2003)
Cineasten kennen David Koepp als Drehbuchautor von Filmen wie „Jurassic Park“, „Mission: Impossible“, „Spiel auf Zeit“, „Panic Room“, „Spider-Man“ (die Raimi-Version), „Krieg der Welten“, „Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels“, „Illuminati“ und „Inferno“. Hochkarätig besetzte Blockbuster, die von Könnern wie Steven Spielberg, David Fincher, Brian De Palma, Ron Howard und Sam Raimi inszeniert wurden.
Koepp inszenierte auch, meistens nach eigenen Drehbüchern, einige deutlich niedriger budgetierte Filme wie „Echoes – Stimmen aus der Zwischenwelt“, „Das geheime Fenster“, „Premium Rush“ und zuletzt die misslungene Gaunerkomödie „Mortdecai – Der Teilzeitgauner“.
Jetzt veröffentlichte er sein Romandebüt. Auf dem Klappentext lobt keiner der Regisseure, mit denen er teilweise mehrmals zusammen arbeitete, sondern Steven Soderbergh den Roman. Das ist insofern bemerkenswert, weil Soderbergh und Koepp noch nicht zusammen arbeiteten. Und Soderbergh trotz kommerziell sehr erfolgreicher Filme, wie den „Ocean’s Eleven“-Filmen, und dem Virus-Thriller „Contagion“ nicht für Blockbuster-Kino bekannt ist.
Das steigert schon einmal meine Aufmerksamkeit. Und mit 336 Seiten ist der Roman sympathisch kurz. Denn diese Wissenschaftsthriller, in denen tödliche Viren auf die Menschheit losgelassen werden, haben die Tendenz, nicht vor mindestens fünfhundert, eher sechshundert Seiten zu stoppen.
Schon die ersten Seiten zeigen, dass Koepp sein Handwerk versteht.
1987 sichern Roberto Diaz und Trini Romano im australischen Outback eine besonders aggressive Form eines parasitischen Pilzes. Bis auf eine kleine Probe wird der Organismus vernichtet.
Diese Probe wird im sehr gut gesicherten vierten Untergeschoss einer militärischen Anlage in Missouri in den Atchison-Minen neunzig Meter unter der Erde gelagert. Später wird das Gebäude verkauft und zu einem Self-Storage-Lagergebäude umfunktioniert. Der Cordyceps novus wird vergessen.
Im März 2019 bemerken die beiden Mittzwanziger Teacake und Naomi während ihrer stinklangweiligen Nachtschicht ein Geräusch. Sie gehen dem Piepen nach. Zuerst entdecken sie hinter einer dünnen Gipswand eine Schaltzentrale, die ihnen den Ursprung des Piepens verrät. Im ihnen bislang vollkommen unbekannten vierten Untergeschoss gibt es ein Problem.
Während sie, jung und abenteuerlustig wie sie sind, dem Problem auf den Grund gehen und dabei das emsig wuchernde Cordyceps novus entdecken, ist die Kavallerie schon auf dem Weg. Sie besteht aus Roberto Diaz, der inzwischen ein 68-jähriger pensionierter Soldat ist.
Bis dahin müssen sie gegen den todbringenden Pilz und von ihm befallene Personen kämpfen.
„Cold Storage – Es tötet“ liest sich wie ein gelungener Filmroman. Die Handlung bewegt sich mit jeder Seite fort. Souverän und die Spannung kontinuierlich steigernd wird zwischen den verschiedenen Handlungssträngen gewechselt. Dabei konzentriert Koepp sich auf wenige, sparsam, aber ausreichend charakterisierte Figuren. Jede dieser Figuren hat eine wichtige Rolle in der Geschichte. Außerdem haben alle Figuren kurze, unterschiedliche und einprägsame Namen. Das ist die hier gut angewandte Formel für einen echten Pageturner, den man, wenn man zwei Koepp-Filme nennen will, als eine spannende Variante von „Jurassic Park“ und „Panic Room“ bezeichnen kann. Wobei „Cold Storage – Es tötet“ natürlich einige andere Ideen und überraschende Wendungen hat.
Die Filmrechte sind bereits verkauft. In den richtigen Händen wird kann die Geschichte zu einem hoch spannenden, fast nur an einem Ort spielendem Horrorthriller werden.
LV: Walter Isaacson: Steve Jobs, 2011 (Steve Jobs)
Zu einer vollkommen indiskutablen Uhrzeit versendet das ZDF die TV-Premiere von Danny Boyles grandiosem Biopic über Steve Jobs. Das furiose Drama konzentriert sich, wie ein Theaterstück, auf drei wichtige Produktpräsentationen, an denen Jobs‘ Privat- und Berufsleben miteinander kollidieren. Entstanden ist eine zweistündige atemberaubende Tour de force für die Schauspieler und Zuschauer, die den Sorkinschen Wortkaskaden folgen müssen.
Zum Kinostart schrieb ich über den an der Kinokasse sehr erfolgreichen und von der Kritik abgefeierten Actionkracher:
Am Ende von „John Wick: Kapitel 2“ hatte der ehemalige Profikiller John Wick (Keanu Reeves) es sich mit der Hohen Kammer, dem obersten Entscheidungsgremium der streng geheimen, obskuren Regeln folgenden und Killern umfassenden Schutz gebenden Assassinen-Gilde, gründlich verscherzt. Er hatte am falschen Ort ein anderes Mitglied der Profikiller-Gilde getötet. Die Strafe dafür ist ein Ausschluss aus dem Verein. Und als ob das noch nicht genug wäre, setzt die Hohe Kammer ein Kopfgeld von vierzehn Millionen auf ihn aus.
„John Wick: Kapitel 3“ beginnt unmittelbar danach. In einem verregneten „Blade Runner“-New York läuft John Wick um sein Leben. In wenigen Minuten, um 18.00 Uhr, ist er excommunicado und damit Freiwild. Ab diesem Moment werden aller Killer und Möchtegernkiller in der Millionenstadt versuchen, ihn zu töten.
Nach dem ersten Kampf, einer epischen, in einer Bibliothek beginnenden Schlacht durch halb Manhattan, geht Wick zum Angriff über. Er will ein Gespräch mit The Elder, einem der wichtigsten und respektiertesten Mitglieder der Hohen Kammer. Er will, dass sein Todesurteil rückgängig gemacht wird.
Sein Reise führt ihn zunächst nach Marokko, wo schon die nächsten Killer auf ihn warten.
Viel mehr Plot benötigen Autor Derek Kolstad und Regisseur Chad Stahelski, von denen auch die ersten beiden „John Wick“-Filme sind, nicht. Der erste Film erzählte noch eine klassische B-Picture-Rachegeschichte, in der John Wicks Rache für seinen toten Hund für einen grotesk-blutigen Gewaltexzess sorgte. In „John Wick: Kapitel 3“ haben sie sich von traditionellen Hollywood-Erzählmustern verabschiedet. Die Geschichte und damit die Logik des Filmplots gehorcht der Dramaturgie von Comicheften, die weitgehend unabhängig voneinander gelesen werden können. Es gibt grandiose Actionszenen, garniert mit kurzen Auftritten bekannter Schauspieler (als überzeugende und erinnerungswürdige Neuzugänge sind Anjelica Huston und Halle Berry dabei), und einem Minimalplot, der die Action immer vor einem Abgleiten in das reine l’art pour l’art abhält. Dabei sind die Charaktere höchst sparsam charakterisiert. Laurence Fishburne heißt nur Bovery King, Anjelica Huston ist The Director (vom der Tarkovsky Ballettschule/Theater), Asia Kate Dillon ist The Adjudicator, Mark Dascados ist Zero, Saïd Taghmaoui ist The Elder, Ian McShane ist immer noch Winston, der Manager des New Yorker Continental Hotel, und Lance Reddick ist immer noch Charon, der überaus diskrete und höfliche Concierge des Continental Hotel.
Allein schon die Namen deuten an, wie viel Spaß die Macher beim Entwerfern ihrer Comicwelt hatten, in der Killer Mitglieder einer quasi-religiösen Gilde sind, deren Regeln befolgen und niemals Ärger mit der Polizei haben. Denn in der Welt von John Wick gibt es keine Polizei.
Und die Action – mit Fäusten, Messern, Schusswaffen, zu Fuß, auf dem Pferd und Motorrad – ist mal wieder grandios mit wenigen Schnitten und viel Stilbewusstsein inszeniert. Sie sind hyper-ästhetisiert, einfallsreich, abwechslungsreich und sie liefern den Fans der ersten beiden „John Wick“-Filme das, was sie und Actionfilmfans lieben: handgemachte Action, die zwar unwahrscheinlich, aber nicht vollkommen unmöglich ist. Sie wurde auch, teils mit der Hilfe von Drähten, durchgehend live vor Kamera ausgeführt.
Neben den Kämpfen in „John Wick: Kapitel 3“ wirkt der Schlusskampf in „Avengers: Endgame“ wie ein schlecht choreographiertes, zu dunkel inszeniertes, mit CGI zugekleistertes laues Lüftchen.
Insgesamt entwickelt „John Wick: Kapitel 3“ konsequent die Stärken der vorherigen beiden „John Wick“-Filme weiter. Stahelski nimmt sich dabei noch mehr Zeit für die Actionszenen. Die stilisierte Neo-Noir-Optik gefällt. Die von Kolstak erfundene Mythologie entwirft eine vergnügliche, aber auch vollkommen abstruse Parallelwelt. Und die Schauspieler sind mit offensichtlichem Vergnügen dabei. Mit 132 Minuten ist „John Wick: Kapitel 3“ der längste Film der Serie.
Vor „John Wick: Kapitel 3“ sagten die Macher zwar, dass sie das „John Wick“-Franchise nicht bis in alle Ewigkeit fortführen würden und deuteten an, dass der dritte „John Wick“-Film auch der letzte sei.
Das Ende von „John Wick: Kapitel 3“ ist allerdings so, dass es unbedingt nach einem vierten „John Wick“-Film verlangt. Inzwischen und nach dem überaus erfolgreichen Kinostart in den USA ist der vierte „John Wick“-Film für den 21. Mai 2021 angekündigt.
Letzte Woche veröffentlichte Lionsgate die Meldung, dass sie mit „Ballerina“ ein weibliches „John Wick“-Spinoff produzieren. Über die Handlung ist bis jetzt nur bekannt, dass die Ballerina die Mörder ihrer Familie töten will. Die Regie soll „Underworld“-Regisseur Len Wiseman übernehmen. Mehr ist noch nicht bekannt.
Zum DVD- und Blu-ray-Start von „John Wick: Kapitel 3“ wiederholt sich das für Fans von Bonusmaterial inzwischen allzu vertraute Spiel. Während auf der DVD dieses Mal gerade einmal zwei Featurettes sind, gibt es auf der Blu-ray und allen anderen Ausgaben des Actionkrachers umfangreiches und in diesem Fall sogar interessantes Bonusmaterial.
In neun Featurettes, die insgesamt gut achtzig Minuten lang sind, wird auf einige Hintergründe der Welt von John Wick eingegangen. Im Mittelpunkt stehen die Stunts und wie sie so gemacht wurden, dass die Schauspieler sie machen durften. Es gibt auch Behind-the-Scenes-Aufnahmen vom Dreh und den Vorbereitungen. Hier sind vor allem Regisseur Chad Stahelski, Keanu Reeves und Halle Berry auskunftfreudig. Je nach dem Schwerpunkt des Featurettes sind dann auch andere am Film beteiligte Menschen im Bild. Insgesamt ergeben die Featurettes einen Überblick über den Film von der ersten Idee bis zum Schnitt und gleichzeitig von der ersten bis zur letzten Actionsequenz; – was in diesem Fall auch bedeutet: vom ersten bis zum letzten Bild. In einer Welt, in der DVD-Featurettes zunehmend lieblos präsentierte Zweitverwertung des Werbematerials sind, ist das bei einem neuen Film eine erfreuliche Ausnahme.
John Wick: Kapitel 3 (John Wick: Chapter 3 – Parabellum, USA 2019)
Regie: Chad Stahelski
Drehbuch: Derek Kolstad, Shay Hatten, Chris Collins, Marc Abrams (nach einer Geschichte von Derek Kolstad) (basierend auf von Derek Kolstad erfundenen Charakteren)
mit Keanu Reeves, Halle Berry, Ian McShane, Laurence Fishburne, Mark Dacascos, Asia Kate Dillon, Lance Reddick, Tobias Segal, Anjelica Huston, Saïd Taghmaoui, Jerome Flynn, Randall Duk Kim, Margaret Daly, Robin Lord Taylor, Susan Blommaert
Untertitel: Deutsche Untertitel für Hörgeschädigte (ausblendbar)
Bonusmaterial: Featurettes (Parabellum: Das Vermächtnis der Hohen Kammer; Excommunicado; Das Ziel vor Augen; Aufsatteln, Mr. Wick!; Motorräder, Klingen, Brücken und Bits; Das Continental in der Wüste; Dog Fu; Das Haus aus Glas; Aufnahme für Aufnahme) Deutscher Kinoteaser; Deutsche und Original-Kinotrailer
Länge: 132 Minuten
FSK: ab 18 Jahre
–
Der Film ist außerdem erhältlich als DVD, Limited Blu-ray Edition im Steelbook, 4K UHD und 4K UHD Limited Edition im Steelbook.
Eine DDR-Bürgerin will ihren im Westen bei den Großeltern lebenden Sohn rüberholen. Keine gute Idee.
Selten gezeigtes, fast unbekanntes Melodrama von Käutner: „einen traurigen Humanisten-Röntgenblick auf den Normalzustand des geteilten Deutschland.“ (Christoph Huber: Der Simmel-Komplex, in Claudia Dillmann, Olaf Möller, Hrsg.: Geliebt und verdrängt, 2016)
Zu Helmut Käutners bekannten Filmen gehören „Große Freiheit Nr. 7“, „Unter den Brücken“, „Die letzte Brücke“, „Des Teufels General“, „Der Hauptmann von Köpenick“ und „Der Schinderhannes“.
mit Erik Schuman, Eva Kotthaus, Georg Thomalla, Horst Buchholz, Gustav Knuth, Camilla Spira, Erich Ponto, Siegfried Lowitz