Sehenswertes Biopic über „Beach Boys“-Mastermind Brian Wilson, das sich auf zwei wichtige Abschnitte in Wilsons Leben konzentriert: die Arbeit an der legendären, die Popmusik verändernden LP „Pet Sounds“ und sein Leben in den 80er Jahren als Patient des gemeingefährlichen Dr. Eugene Landy, der nichts von Wilsons neuer Bekanntschaft hält.
„Love & Mercy“ ist nicht am chronologischen Abhandeln einer Musikerbiographie, sondern am Porträtieren eines schwierigen Charakters an zwei entscheiden Punkten seines Lebens interessiert.
Als „Die Truman-Show“ im Kino lief, war es Science-Fiction. Aber das war auch, bevor es die TV-Show „Big Brother“ gab und danach erschien „Die Truman Show“ nicht mehr soo abwegig. Denn der titelgebende Truman Burbank wird ständig von Kameras überwacht. Sein Leben ist eine Reality Show mit einem Millionenpublikum. Dummerweise hat Truman davon keine Ahnung. Als eines Tages ein Scheinwerfer vom Himmel fällt, beginnt der Dreißigjährige Fragen zu stellen.
Die grandiose Mediensatire gewann unter anderem einen Hugo.
„ein modernes Märchen mit existentieller Tiefenschärfe (…) ein Filmereignis“ (Fischer Film Almanach 1999)
Die Musik ist von Philip Glass.
mit Jim Carrey, Laura Linney, Noah Emmerich, Natascha McElhone, Peter Krause, Paul Giamatti
Confidence – Coup in L. A. (Confidence, USA/Kanada/Deutschland 2003)
Regie: James Foley
Drehbuch: Doug Jung
Weil Profidieb Jake zufällig einen Mafiosi beklaut hat, bietet er ihm bei seinem nächsten Trickbetrug einen Teil der Beute an. Nur: wer kann hier wem trauen und wer betrügt wen?
Gelungener Neo-Noir-Gangsterkrimi mit einer prächtig gelaunten Starbesetzung, die sich gegenseitig übers Ohr haut.
„mehr David Mamet als Ocean’s Eleven“ (Gerald Jung, Zitty 2/2004)
mit Edward Burns, Rachel Weisz, Andy Garcia, Dustin Hoffman, Paul Giamatti, Donal Logue, Luis Guzmán, John Carroll Lynch, Morris Chestnut, Robert Forster
mit Corey Hawkins, Jason Mitchell, Paul Giamatti, O’Shea Jackson Jr., Neil Brown Jr., Aldis Hodge, R. Marcos Taylor, Tate Ellington, Carra Patterson, Marlon Yates Jr., Keit Powers
Saving Mr. Banks (Saving Mr. Banks, USA/Großbritannien/Australien 2013)
Regie: John Lee Hancock
Drehbuch: Kelly Marcel, Sue Smith
Walt Disney will das Kinderbuch „Mary Poppins“ verfilmen. Dafür braucht er nur das Einverständnis der Autorin P. L. Travers. Die Engländerin hasst ungefähr alles abgrundtief, was Walt Disney verkörpert und mit ihrem Buch machen will.
Das sehr, sehr gelungene und sehr kurzweilige Making of zu dem Klassiker „Mary Poppins“.
mit Emma Thompson, Tom Hanks, Colin Farrell, Paul Giamatti, Jason Schwartzman, Bradley Whitford, Ruth Wilson, B. J. Novak, Rachel Griffiths, Kathy Baker
New York, 1841: Solomon Northup wird von Sklavenhändlern entführt und in die Südstaaten verkauft.
Steve McQueens grandioser Film schildert die wahre Geschichte von Solomon Northup. Der vielfach ausgezeichnete und hochgelobte Film erhielt, unter anderem, den Oscar als Bester Film.
Confidence – Coup in L. A. (USA/Kanada/Deutschland 2003, Regie: James Foley)
Drehbuch: Doug Jung
Weil Profidieb Jake zufällig einen Mafiosi beklaut hat, bietet er ihm bei seinem nächsten Trickbetrug Teil der Beute an. Nur: wer kann hier wem trauen und wer betrügt wen?
Gelungener Neo-Noir-Gangsterkrimi.
„mehr David Mamet als Ocean’s Eleven“ (Gerald Jung, Zitty 2/2004)
mit Edward Burns, Rachel Weisz, Andy Garcia, Dustin Hoffman, Paul Giamatti, Donal Logue, Luis Guzmán, John Carroll Lynch, Morris Chestnut
The Ilusionist – Nichts ist wie es scheint(USA/Tschechien 2006, Regie: Neil Burger)
Drehbuch: Neil Burger
LV: Steven Millhauser: Eisenheim the Illusionist (Kurzgeschichte, aus The Barnum Museum, 1990)
Nach Jahren des Reisen kehrt der Illusionist Eisenheim um die Jahrhundertwende nach Wien. Dort trifft er während einer Show seine Jugendliebe, die ihn immer noch liebt, aber demnächst den krankhaft eifersüchtigen, egomanischen und an Minderwertigkeitsgefühlen leidenden Kronprinz Leopold heiraten soll. Da sind Konflikte vorprogrammiert.
„Eindrucksvoll gespielter und prächtig ausgestatteter Historien- und Kriminalfilm, dessen Zaubertricks authentisch dem Standard der damaligen Zeit entsprechen. Er braucht den Vergleich mit Christopher Nolans ähnlich gelagertem Film ‚The Prestige‘ nicht zu scheuen.“ (Lexikon des internationalen Films)
Yep. Aber im Gegensatz zu Nolans Film wurde Burgers Film bei uns gleich als DVD veröffentlicht. Und eigentlich kann man sich die Pointe denken. Bis dahin gibt es keine Erklärungen zu Eisenheims Tricks, aber gute, lustvoll aufspielende Schauspieler in historischer Kulisse.
Kameramann Dick Pope war für den Oscar nominiert.
Die Musik ist von Philip Glass.
mit Edward Norton, Paul Giamatti, Jessica Biel, Rufus Sewell, Eddie Marsan, Jake Wood, Tom Fisher, Aaron Johnson (jetzt „Kick Ass“ Aaron Taylor-Johnson)
Paycheck – Die Abrechnung (USA 2003, Regie: John Woo)
Drehbuch: Dean Georgaris
LV: Philip K. Dick: Paycheck, 1953 (Kurzgeschichte)
In naher Zukunft: Nachdem er drei Jahre bei einem Geheimprojekt arbeitete und sein Erinnerung daran gelöscht wurde, freut sich Michael Jennings auf ein mehr als fürstliches Honorar. Aber er erhält nur einige wertlose Gegenstände. Er habe das so gewollt. Jennings versucht, während er von Scharen Bösewichter gejagt wird, hinter das Geheimnis seiner Entlohnung zu kommen.
Nicht gerade Woos bester Film, aber immerhin Action, bei der man das Gehirn nicht vollkommen ausschalten muss. Und die Action war noch handgemacht.
Dicks Kurzgeschichte ist natürlich besser. Also, die Pointe ist gemeiner.
mit Ben Affleck, Uma Thurman, Aaron Eckhart, Paul Giamatti, Colm Feore, Joe Morton, Michael C. Hall, Kathryn Morris
ZDFkultur, 20.15 Geliebte Aphrodite (USA 1995, Regie: Woody Allen)
Drehbuch: Woody Allen
Lenny Weinrib (Woody Allen) und seine Frau haben Max adoptiert. Als ihre Liebe erkaltet, sucht Lenny die leibliche Mutter von Max. Es ist Linda (Mira Sorvino). Ein Callgirl. Lenny will sie auf den Pfad der Tugend zurückführen. Und ein griechischer Chor kommentiert die Ereignisse.
Wunderschöne Komödie von Woody Allen. Er erhielt für sein Drehbuch eine Oscar-Nominierung, Mira Sorvino erhielt, unter anderem, einen Oscar, einen Golden Globe und einen BAFTA als beste Nebendarstellerin.
„Woody Allen alt? Keine Spur. Bei ihm hören die besten Zeiten einfach nie auf.“ (Fischer Film Almanach 1997)
mit Woody Allen, Mira Sorvino, F. Murray Abraham, Helena Bonham Carter, Peter Weller, Michael Rapaport, Jack Warden, Paul Giamatti
Wiederholung: Mittwohc, 20. April, 00.15 Uhr (Taggenau!)
Während der neue „Star Wars“-Film „Das Erwachen der Macht“ diese und die nächsten Wochen die Kinocharts anführen wird (allein schon aufgrund der astronomischen Vorverkaufszahlen sind die Kinos bis Mitte Januar voll), werden alle anderen Filme unter ferner liefen laufen. Dabei haben sie durchaus einen Blick verdient und sie richten sich an ein Nicht-“Star Wars“-Publikum.
Für alle, die zu alt, zu gebildet und zu bildungsbürgerlich für „Star Wars“ sind, laufen diese Woche sogar mehrere Filme an: die Patricia-Highsmith-Verfilmung „Carol“ mit Cate Blanchett und Rooney Mara, die Gustave-Flaubert-Verfilmung „Madame Bovary“ mit Mia Wasikowska und die Akimi-Yoshida-Verfilmung „Unsere kleine Schwester“, inszeniert von Hirokazu Kore-eda, der zuletzt das hochgelobte Drama „Like Father, like Son“ inszenierte.
„Carol“ basiert zwar auf einem Roman von Patricia Highsmith, aber es ist kein Kriminalfilm. 1952 veröffentlichte sie als Claire Morgan „The Price of Salt“. Der Roman, der später auch als „Carol“ erschien, verkaufte sich gut, war unter Lesben eine beliebte Lektüre und wird heute unter „Klassiker“ gelabelt. Erst 1984 enthüllte Highsmith ihr Pseudonym. Denn es war eine lesbische Liebesgeschichte, die, damals schockierend, nicht mit einer Läuterung der beiden ineinander verliebten Frauen endete.
Therese (Rooney Mara) ist im New York der frühen fünfziger Jahre eine schüchterne Verkäuferin. Da lernt sie die wohlhabende, verheiratete Carol (Cate Blanchett) kennen und sie muss langsam erkennen, dass sie für die lesbische Carol mehr als freundschaftliche Gefühle empfindet. Aber damals war das kein gesellschaftlich toleriertes Verhalten.
Todd Haynes inszenierte das sehenswerte Drama nach einem Drehbuch von Phyllis Nagy (die 1998 eine Theaterversion des ersten Ripley-Romans „The talented Mr. Ripley“ schrieb) optisch elegant und zurückhaltend als sei es ein Film aus den Fünfzigern. Ein Douglas-Sirk-Film in braun und beige.
Es ist ein Blick in eine Zeit, als man über ein so ungeheuerliches Verhalten den Mantel des Schweigens legte, Homosexuelle ihre Gefühle verschwiegen und Carol, deren Ehe gerade eine sehr schwierige Phase durchmacht, nicht wirklich an eine Scheidung denkt. Einerseits wegen der gesellschaftlichen Folgen, andererseits wegen ihrer Tochter.
Haynes zeigt allerdings auch, dass diese Zeit und die damaligen Konventionen für uns heute unglaublich fern sind.
Das gilt auf für die Leiden von Madame Bovary, dieser von Gustave Flaubert erfundenen Frau, die er in seinem gleichnamigen Roman, der inzwischen ein Klassiker ist, verewigte und der mehrmals verfilmt wurde, unter anderem von Jean Renoir, Vincente Minnelli und Claude Chabrol. Nun hat Sophie Barthes mit Mia Wasikowskas ihre Interpretation von „Madame Bovary“ abgeliefert, die weniger auf die Dialoge (es wird erstaunlich wenig gesprochen) und mehr auf die Schauspieler und ihr Spiel vertraut.
Die junge Emma heiratet den Landarzt Charles Bovary. Von ihm erhofft sie sich die große Liebe und, über eine kleinen Umweg durch das Dorf, in dem er praktiziert, den Weg nach Paris und damit in das richtige, das glamouröse Leben. Weil Charles Bovary in dieser Hinsicht keine Ambitionen hat, beginnt sie sein Geld für Luxusgüter auszugeben und sie stürzt sich kopflos in Affären mit anderen Männern.
Für eine Literaturverfilmung geht Barthes in ihrem zweiten Spielfilm (nach dem 2009er „Cold Souls“) erstaunlich frei mit der Vorlage um. Aber natürlich folgt sie der bekannten Geschichte und sie rekonstruiert die damaligen Konventionen und gesellschaftlichen Zwänge, die heute schon lange nicht mehr gelten, minutiös. Obwohl die Sehnsüchte, Gefühle und Eigenschaften der porträtierten Figuren zeitlos sind, wirkt ihre „Madame Bovary“-Version musealer als es nötig wäre.
So bleibt am Ende des langsam erzählten Films, das Gefühl, einen zwar gut gespielten, aber niemals berührenden Film gesehen zu haben.
In seinem neuesten Film „Unsere kleine Schwester“ erzählt Hirokazu Kore-eda (zuletzt das sehenswerte Drama „Like Father, like Son“) einen zwar schönen Film, für den man allerdings in der richtigen Stimmung sein muss.
Die drei Schwester Sachi, Yoshino und Chika Koda, die in einem Haus in Kamakura, einer Küstenstadt in der Nähe von Tokio leben, lernen auf der Beerdigung ihres Vaters, den sie seit fünfzehn Jahren nicht mehr gesehen haben, die dreizehnjährige Suzu Asano kennen. Sie ist ihre kleine Schwester, von der sie bis dahin nichts wussten. Spontan bieten sie ihr an, dass sie bei ihnen wohnen könne. Suzu nimmt das Angebot an und zieht zu ihnen.
Und während der normale Zuschauer jetzt beginnt, sich abertausende möglicher Konflikte, hochputschende Emotionen und Enthüllungen lange vergessener Familiengeheimnisse vorstellt, geht Hirokazu Kore-eda, wie die Manga-Vorlage der bei uns eher unbekanntan Akimi Yoshida (vor Jahren erschienen mal einige ihrer Werke auf Deutsch), einen ganz anderen Weg. Konsequent undramatisch erzählt er vom Leben der vier Schwestern und des Dorfes. Das ist immer feinfühlig beobachtet, psychologisch stimmig und vermittelt das Gefühl des wahren Lebens, das normalerweise vollkommen undramatisch ist.
Insofern verbringt man gerne zwei Stunden mit Sachi, Yoshini, Chika und Suzu in ihrer friedlichen Frauen-WG. Man darf halt nur keine Spannung oder ein Drama erwarten.
Für alle, die zu jung für „Star Wars“ sind, – obwohl man nie zu jung für „Star Wars“ sein kann -, läuft „Hilfe, ich hab meine Lehrerin geschrumpft“ an. Ein Kinderfilm, der nicht so respektlos ist, wie man nach dem Trailer vermuten könnte.
Der elfjährige Felix Vorndran (Oskar Keymer) erhält, nachdem er von mehreren Schulen flog, eine letzte Chance auf der Otto-Leonhard-Schule. Dummerweise ist die Direktorin, Frau Doktor Schmitt-Gössewein (Anja Kling), eine ziemliche Schreckschraube, die ihre Schüler mit Regeln, Pedanterie und schlechten Noten quält. Und dann gibt es noch Marios Gang, die von ihm gleich am ersten Tag eine Mutprobe verlangt. Er soll in der Nacht im seit Ewigkeiten abgesperrten alten Lehrerzimmer, in dem es spuken soll, einbrechen. Felix wird im Lehrerzimmer von Frau Doktor Schmitt-Gössewein (die Dame besteht auf jeder Silbe) erwischt. Weil er sich seine ältliche Lehrerin nicht nackt vorstellen will, stellt er sie sich ganz klein vor – und, schwups!, ist sie klein.
Und Felix hat jetzt mindestens ein sehr großes Problem. Denn Marios Vater, der aasige Schulrat Henning (Justos von Dohnányi), will die Schule schließen, was für Felix fatale Folgen hätte und nirgendwo ist Frau Doktor Schmitt-Gössewein, die die Schulschließung verhindern könnte.
Dass der Geist von Schulgründer Otto Leonhard (Otto Waalkes), der alles tun würde, um Gefährdungen von seiner Schule abzuwenden, auch an dem Spuk beteiligt ist, wissen Felix und seine neue Freundin Ella (Lina Hüesker) in diesem Moment noch nicht.
„Hilfe, ich hab meine Lehrerin geschrumpft“ ist ein Kinderfilm, der sich nur an sein Zielpublikum richtet. Nämlich Kinder bis zwölf Jahre. Die werden ihr Vergnügen an den Witzen, den überzeichneten Charakteren und dem Auftritt von Otto Waalkes, der letztendlich Otto spielt, haben.
Für alle anderen ist diese Literaturverfilmung dann doch etwas zu kindisch geraten.
3sat, 22.25 Geliebte Aphrodite (USA 1995, Regie: Woody Allen)
Drehbuch: Woody Allen
Lenny Weinrib (Woody Allen) und seine Frau haben Max adoptiert. Als ihre Liebe erkaltet, sucht Lenny die leibliche Mutter von Max. Es ist Linda (Mira Sorvino). Ein Callgirl. Lenny will sie auf den Pfad der Tugend zurückführen. Und ein griechischer Chor kommentiert die Ereignisse.
Wunderschöne Komödie von Woody Allen. Er erhielt für sein Drehbuch eine Oscar-Nominierung, Mira Sorvino erhielt, unter anderem, einen Oscar, einen Golden Globe und einen BAFTA als beste Nebendarstellerin.
„Woody Allen alt? Keine Spur. Bei ihm hören die besten Zeiten einfach nie auf.“ (Fischer Film Almanach 1997)
mit Woody Allen, Mira Sorvino, F. Murray Abraham, Helena Bonham Carter, Peter Weller, Michael Rapaport, Jack Warden, Paul Giamatti Hinweise Rotten Tomatoes über „Geliebte Aphrodite“
Wikipedia über „Geliebte Aphrodite“ (deutsch, englisch)
In „Straight Outta Compton“ erzählt F. Gary Gray („Friday“ [mit Ice Cube], „Set It Off“, „Verhandlungssache“, „The Italian Job“) die Geschichte der Rap-Band „N. W. A.“ von ihren Anfängen Mitte der Achtziger bis zum Tod von Eazy-E am 26. März 1995 durch AIDS, kurz vor einer geplanten Reunion der 1991 aufgelösten Band, in einer mitreisenden Mischung aus Einblicken in das Leben in Compton, der Dynamik innerhalb der Band, ihren Konflikten mit dem Gesetz und dem großen Erfolg mit Songs wie „Fuck tha Police“, die auch live dargeboten werden. Jedenfalls solange, bis dank der Polizei das Konzert im Chaos mündet.
Das ist gut gemacht, kurzweilig und ein Teil der afroamerikanischen Geschichtsschreibung, der in den USA an der Kinokasse überraschend erfolgreich ist. Es ist allerdings auch ein Film, der von den Bandmitgliedern mitproduziert wurde und sie und ihre Angehörigen halfen in jeder Beziehung tatkräftig mit. Daher sollte man auch keinen übermäßig kritischen Blick auf „N. W. A.“, ihre Bedeutung und ihr Erbe erwarten. Es ist auch keine Auseinandersetzung darüber, wie sehr der Gangsta Rap, der letztendlich von „N. W. A.“ erfunden wurde und zu einem der populärsten HipHop-Stile wurde, wirklich authentische Botschaften aus dem Ghetto vermittelte. Es wird auch nicht auf die Ironie eingegangen, dass die Mitglieder von „N. W. A.“, – „Eazy-E“ Eric Wright, „Dr. Dre“ Andre Romell Young, „Ice Cube“ O’Shea Jackson, „DJ Yella“ Antoine Carraby und „MC Ren“ Lorenzo Patterson -, zwar mit Songs über den Alltag in Compton bekannt werden, aber sie schnell vor einem weißen Publikum sangen und dass ihre Texte zwar vom Leben in Compton erzählten, sie aber nie – wie „Public Enemy“ – einen sozialkritischen und politischen Blick auf die Realität in den USA hatten und sie daher auch nie verändern wollten. Sie wollten Geld verdienen – und das taten die Niggaz wit Attidudes als Musterknaben des Kapitalismus. Das wird schon in den ersten Minuten deutlich. Die Jungs, die oft gerade alt genug sind, um Auto zu fahren, wollen nur Musik machen und sind von dem gesamten Gangwesen in ihrem Viertel gänzlich unbeeindruckt, moralisch integer und gewaltfrei. Erst als sie Erfolg haben und durch die USA durch die Stadien touren, gibt es Drogenmissbrauch, Schlägereien und Streitereien. Vor allem mit ihrem Manager Jerry Heller (Paul Giamatti, gewohnt grandios) und um das liebe Geld.
Diesen kritischen Diskurs über ihre Musik und ihr Wirken muss man in anderen Medien, in Dokumentarfilmen, in Büchern, in Artikeln, suchen. Dort kann man sich auch in die Geschichte des HipHop vertiefen.
In dem Film gibt es ein fulminantes zweieinhalbstündiges HipHop-Feuerwerk, das einen auch daran erinnert, wie wichtig diese Musik damals war.
Die Sommerhits der Beach Boys, wie „Surfin‘ USA“, „I get around“, „Fun, Fun, Fun“ und „Good Vibrations“, kennt heute noch jedes Kind. Immerhin gehören diese Songs, die vor fünfzig Jahren in 2-Minuten-Hymnen den Mythos von Kalifornien als Land des immerwährenden Sommers mit Surfbrettern, lachenden Sonnyboys und fröhlichen Mädels zementierten, zum festen Radioprogramm. Brian Wilson ist dagegen vor allem Musikfans ein Begriff. Er war der kreative Kopf der Beach Boys, viele Jahre litt er an falsch behandelten psychischen Problemen, die er erst mit der Hilfe von seiner Frau Melinda Ledbetter in den Griff bekam. Seitdem veröffentlicht der Perfektionist, mehr oder weniger regelmäßig, neue CDs, die im Schatten seines Frühwerks stehen.
Mit „Love & Mercy“ ist jetzt von Bill Pohlad ein Biopic über Wilsons Leben inszeniert worden, das nicht schlecht ist, aber an seiner Konstruktion leidet, immer wieder zu wenig in die Tiefe geht und sich zu sehr an die Brian-Wilson-Fans richtet. Denn wer die Hintergründe nicht kennt, wird sich mehr als einmal fragen, wie so etwas möglich sein kann und ob das Geschilderte wirklich den Tatsachen entspricht. Tut es, obwohl die Wirklichkeit teilweise noch absurder war.
Beginnen wir mit der Konstruktion: Bill Pohlad erzählt „Love & Mercy“ auf zwei Zeitebenen, zwischen denen er flüssig und gelungen hin und her springt. Der eine Teil spielt in den Sechzigern: die Beach Boys sind eine erfolgreiche Band. Aber Brian Wilson (Paul Dano) will mehr als flauschige Sommerhits abliefern. Während die Band ohne ihn auf Tour geht, zieht er sich ins Studio zurück. Er will die neue LP „Pet Sounds“ aufnehmen. Die Entstehung dieser 1966 veröffentlichte Rock-Symphonie wird ausführlich gezeigt. Aber wer die Platte nicht kennt und nichts über ihre Bedeutung für die Geschichte der Rockmusik weiß, sieht vor allem einen Musiker, der im Studio obsessiv einem bestimmten Sound hinterherjagt.
Der andere Teil spielt zwanzig Jahre später in den späten Achtzigern. Brian Wilson (John Cusack) wird von Dr. Eugene Landy (Paul Giamatti) behandelt und von der Welt abgeschirmt. Aber Wilson entwickelt Gefühle für die junge Cadillac-Autoverkäuferin Melinda Ledbetter (Elizabeth Banks). Das hier mögliche Psychodrama zwischen dem Arzt und seinem Patienten bleibt allerdings in den Anfängen stecken. In erster Linie wird uns die Situation präsentiert, in der Brian Wilson in diesem Moment steckt. Aber zunächst gibt es die im Film nicht erklärte Lücke zwischen dem Sechziger-Jahre-Wilson, der zwar schon psychische Probleme hatte, aber weitgehend normal funktionierte, und dem Achtziger-Jahre Wilson, der unzurechnungsfähig ist und nur unter Aufsicht vor die Haustür gehen darf, weil er anscheinend eine Gefahr für sich selbst und seine Umwelt darstellt. Dabei ist der etwas merkwürdige Wilson auf den ersten Blick ein extrem pflegeleichter Patient. Wie ein kleines Kind akzeptiert er seine Bewacher und er offenbart vor fremden Menschen, wie der Autoverkäuferin, seine tiefsten Gefühle und Verletzungen. Und er ist mit seiner Situation ganz zufrieden. Immerhin wird er beschützt und er kann, was er einige Jahre früher nicht tat, sein Haus verlassen. Nur seine neue Freundin Melinda Ledbetter möchte, je mehr sie über Wilsons Leben erfährt, die seltsame Situation ändern. Aber sie ist, auch wenn dieser Teil aus ihrer Perspektive erzählt wird, als Zufallsbekanntschaft, ein Nebencharakter.
Diese Konstruktion und die Teilung in einen Musikfilm und ein Drama hält einen auf Distanz zum Geschehen. Es gibt auch kein Greatest Hits der Band, sondern eine feinfühlige Annäherung an einen schwierigen Charakter in zwei Lebensphasen. „Love & Mercy“ vermeidet so die typischen Biopic-Fallen. Aber es bleibt auch immer der Eindruck, dass man zwei nicht zueinander passende halbe Filme gesehen hat, die ihr Potential nicht ausschöpfen. Dass nur an der Oberfläche eines Enigmas gekratzt wurde.
Für Fans von Musikfilmen ist „Love & Mercy“ natürlich ein Pflichttermin. Es ist auch ein Musikfilm, der sich für die Arbeit hinter den Kulissen und die seelischen Probleme des Künstlers interessiert, ohne diese sensationslüstern auszubeuten. Denn für den Brian Wilson der achtziger Jahre ist die Musik, die früher sein Leben definierte, unwichtig. Aber die Beziehung zu Melinda Ledbetter, mit der er immer noch verheiratet ist, wird wichtiger.
Obwohl dieses Mal gleich die ganze San-Andreas-Verwerfung rockt, ist „San Andreas“ ein fast schon kleiner, intimer Film über eine Familienzusammenführung. Denn während die halbe Westküste von gigantischen Erdbebenstößen heimgesucht wird, will Ray Gaines (Dwayne Johnson) nur seine Tochter Blake (Alexandra Daddario) retten.
Ray ist Rettungspilot der Feuerwehr von Los Angeles und damit, wie wir in den ersten Filmminuten bei einem Einsatz in einer sehr engen Schlucht sehen, prädestiniert für eine solche Rettungsmission. Trotzdem nimmt er seine Ex-Frau Emma (Carla Gugino) mit. Immerhin ist sie die Mutter von Blake und er hat sie gerade in einer selbstmörderischen Rettungsaktion vom Dach eines Hochhauses gerettet. Danach waren das Hochhaus und die Innenstadt von Los Angeles erdbebenbedingt platt. Sein Berufsethos opfert er der geplanten Familienzusammenführung.
Währenddessen kämpft ihre Tochter in San Francisco ums Überleben. Zum Glück hat ihr Vater ihr alles beigebracht, was man zum Überleben während einer Katastrophe benötigt.
Die Katastrophenfilme der vergangenen Jahrzehnte überzeugten nie mit einer besonders komplexen Geschichte oder glaubwürdig-dreidimensionalen Charakteren. Normalerweise, wie in „Erdbeben“ (USA 1974), das ebenfalls in Los Angeles spielt, ein Kassenhit war und in jeder Beziehung wie ein Vorläufer für „San Andreas“ wirkt, darf ein imposantes Staraufgebot in vorhersehbaren Geschichten voller Klischees grenzdebile Sätze sagen, während sich, die unfreiwilligen Helden und die Feiglinge fein säuberlich auseinanderdividieren und die Tricks überzeugen.
Auch „San Andreas“ wäre als weitere Episode in „Erdbeben“ nicht weiter aufgefallen. Denn Dwayne Johnson ist der einzige Star. Paul Giamatti glänzt in einer Nebenrolle als Erdbebenforscher, der mit seinem Modell die nächsten Erdbebenstöße voraussagen kann. Die anderen Schauspieler sind eher unbekannt.
Die Tricks sind gut, aber inzwischen hat man schon viel zu oft im Computer fotogen zusammenfallende Gebäude gesehen. Im Gegensatz zu früher, ist die Qualität der Tricks zwischen einem billigem und einem teuerem Film und einem Computerspiel nicht mehr so groß wie früher. Vor allem wenn man den teueren Film nicht auf einer großen Leinwand sieht. Auffallend bei den zahlreichen Katastrophenszenen in „San Andreas“ ist der fast vollständige Verzicht auf die Zeitlupe, weshalb man die Zerstörung während der Beben kaum genießen kann. Und das alles geschieht äußerst unblutig. Immerhin sterben in dem Film tausende Menschen oder sie taumeln nach den Erdbebenstößen verletzt durch die Stadt.
Für den Film spricht eine insgesamt schlüssige Geschichte (eigentlich wird nur erzählt, wie Ray und Emma von Los Angeles nach San Francisco in wechselnden Fortbewegungsmitteln fahren und wie Blake in San Francisco zum vereinbarten Treffpunkt gehen will – und natürlich geschicht immer wieder etwas Unvorhergesehenes, das alle Pläne über den Haufen wirft), sympathische Schauspieler (Dwayne Johnson ist einfach immer sympathisch und Paul Giamatti ist immer ein Gewinn. Auch in einer vollkommen undankbaren Rolle.) und die durchaus ansehnlichen Zerstörungsorgien.
Es ist allerdings auch ein Katastrophenfilm, der sich nie bemüht mehr als ein weiterer Katastrophenfilm zu sein. Immerhin passiert ständig etwas, das die Handlung vorantreibt, und die Spannungs- und Kitschmomente sind so übersteigert, dass sie auch schon fast die eigene Parodie mitliefern.
Als „Die Truman-Show“ im Kino lief, war es Science-Fiction. Aber das war auch, bevor es die TV-Show „Big Brother“ gab und danach erschien „Die Truman Show“ nicht mehr soo abwegig. Denn der titelgebende Truman Burbank wird ständig von Kameras überwacht. Sein Leben ist eine Reality Show mit einem Millionenpublikum. Dummerweise hat Truman davon keine Ahnung. Als eines Tages ein Scheinwerfer vom Himmel fällt, beginnt der Dreißigjährige Fragen zu stellen.
Die grandiose Mediensatire gewann unter anderem einen Hugo.
„ein modernes Märchen mit existentieller Tiefenschärfe (…) ein Filmereignis“ (Fischer Film Almanach 1999)
Die Musik ist von Philip Glass.
mit Jim Carrey, Laura Linney, Noah Emmerich, Natascha McElhone, Peter Krause, Paul Giamatti
Als „Die Truman-Show“ im Kino lief, war es Science-Fiction. Aber das war auch, bevor es die TV-Show „Big Brother“ gab und danach erschien „Die Truman Show“ nicht mehr soo abwegig. Denn der titelgebende Truman Burbank wird ständig von Kameras überwacht. Sein Leben ist eine Reality Show mit einem Millionenpublikum. Dummerweise hat Truman davon keine Ahnung. Als eines Tages ein Scheinwerfer vom Himmel fällt, beginnt der Dreißigjährige Fragen zu stellen.
Die grandiose Mediensatire gewann unter anderem einen Hugo.
„ein modernes Märchen mit existentieller Tiefenschärfe (…) ein Filmereignis“ (Fischer Film Almanach 1999)
Die Musik ist von Philip Glass.
mit Jim Carrey, Laura Linney, Noah Emmerich, Natascha McElhone, Peter Krause, Paul Giamatti
Erstens: die spoilerfreie Besprechung. „The Amazing Spider-Man 2: Rise of Electro“ ist ein weiterer Marvel-Film, der alles das enthält, was man von einem Marvel-Film erwartet und, im Gegensatz zu „The Amazing Spider-Man“, der nur Sam Raimis ersten Spider-Man-Film nacherzählte, ist der zweite „Amazing Spider-Man“-Film von Marc Webb mit Andrew Garfield als Spider-Man erfrischend eigenständig.
Zweitens: er hat natürlich auch etliche Probleme, die teilweise an Sam Raimis dritten Spider-Man-Film erinnern, die teilweise auch typisch Marvel sind – und die ich nur sinnvoll ansprechen kann, indem ich auch mehr oder weniger viel von der Handlung verrate. Obwohl die Überraschungen dann doch, jedenfalls für alle, die Raimis Filme, die Comics und die Spider-Man-Mythologie kennen, gar nicht so groß sind.
Jedenfalls: ab jetzt folgt die Filmbesprechung mit Irgendwie-Spoilern.
Peter Parker (Andrew Garfield) hat sich inzwischen an sein Leben als Spider-Man gewohnt. Lässig turnt er durch die Schluchten von New York, telefoniert mit seiner Freundin Gwen Stacy (Emma Stone), die ihn zur Schulabschlussfeier erwartet, rettet nebenbei einige Menschen, unter anderem Max Dillon (Jamie Foxx), und spielt mit den Bösewichtern, die irgendeine supergefährliche Flüssigkeit klauen wollen und als unauffälligste Methode für ihren Diebstahl fiel ihnen eine Straßenschlacht ein. Am Ende sind sie mit Spinnenfäden festgesetzt und Peter kommt fast pünktlich zur Abschlussfeier.
Nach diesem optisch ziemlich furiosen Auftakt (davor haben wir bereits erfahren, was mit Peters Eltern geschah, nachdem sie ihn bei seiner Tante May und Onkel Ben zurückließen) gibt es eine von vielen Verschnaufpause; eigentlich ist der gesamte Film bis zum finalen dritten Akt eine einzige, unnötig lang geratene und erzählerisch unnötig überladene, oft wenig zielführende Verschnaufpause, in der vieles aus dem Spider-Man-Universum angesprochen wird, die Macher sich die Freiheit für Abschweifungen nehmen und auch einiges für die nächsten Filme vorbereitet wird, weil die Macher wissen, dass sie ein folgsames, zahlungswilliges und mit der Mythologie vertrautes Publikum haben, was dazu führt, dass in dem Film einfach zu viel angesprochen wird, ohne dass es in diesem Film wirklich konsequent weitererzählt wird. Wichtige Stationen in Peters Leben werden dagegen fast schon lieblos erledigt, wie die Verarbeitung der Geschichte aus dem Comic „The Amazing Spider-Man # 121/122“ im Film.
Denn der Plot ist, mal wieder, so kompliziert, dass er sinnvoll kaum nacherzählbar ist. Wenn man es versucht, stellt man fest, dass die Geschichte als in sich schlüssige und stringente Geschichte nicht sonderlich viel Sinn ergibt. Das fällt beim Ansehen nicht so sehr auf, weil jede Szene für sich funktioniert. Nur halt in der Gesamtheit nicht.
Das mag auch daran liegen, dass Spider-Man in „Rise of Electro“ gegen drei Gegner kämpfen muss. Das war schon in Sam Raimis „Spider-Man 3“ eine schlechte Idee, die aus einem Spielfilm eine Zusammenstellung von drei Kurzfilmen machte. In „Rise of Electro“ kämpft Spider-Man daher nicht nacheinander gegen die drei Superschurken, sondern erst am Ende, mit einer kleinen Unterbrechung, hintereinander gegen die Bösewichter. Dummerweise besiegt er im Schlusskampf zuerst den titelgebenden Electro, der als titelgebender Bösewicht, wie wir es aus den James-Bond-Filmen kennen, eigentlich als letzter sterben sollte.
Er muss auch gegen seinen alten Freund Harry Osborn (Dane DeHaan in bester „Kill your Darlings“-Stimmung), der ziemlich spät im Film zu Green Goblin mutiert, kämpfen. Und dann ist da noch The Rhino, gespielt von Paul Giamatti, der hier vollkommen verschenkt ist und am Ende als Überraschungsei auftaucht, nachdem er schon im ersten Action-Set-Piece einer der Bösewichter war, der von Spider-Man festgesetzt wurde und anschließend vollständig aus der Geschichte verschwindet. Sowieso stehen sich die drei Bösewichter; – naja, eher zweieinhalb, denn The Rhino zählt nicht wirklich -, gegenseitig im Weg. Electro bleibt blass. Sein in Hass umschlagendes Spider-Man-Fantum ist eine eher schwache Motivation für einen Superbösewicht, der auch nicht weiß, was er mit seiner Superkraft anfangen soll und, nach seinem ersten Auftritt auf dem Times Square, sowieso die meiste Zeit des Films im Ravencroft Institute for the Criminally Insane festsitzt, wo ihn Dr. Kafka mit Stromstößen foltert. Harry Osborn ist dagegen als schnöseliger, todkranker Firmenerbe wesentlich interessanter und er wäre auch ein würdiger Hauptgegner für Spider-Man. Wenn da nicht eben der als Bösewicht furchtbar blasse Electro wäre.
Im Mittelpunkt steht eigentlich die Liebesbeziehung zwischen Peter und Gwen, die vielleicht demnächst in Oxford ihr Studium beginnt. Was Peter vor das gewaltige Problem stellt, dass er New York nicht verlassen will. Sowieso ist der Film ein ziemlicher Männerfilm, in dem nur die Geliebte und die Mutter (verkörpert durch Peters Tante) ein halbwegs individuelles Gesicht gewinnen, aber weitgehend auf die bekannten Klischees festgelegt sind.
Bei den Action-Set-Pieces sind die einzelnen Bilder beeindruckender, als die gesamte Szene. Die Kämpfe von Spider-Man gegen die Bösewichter sind sowieso ziemlich enttäuschend geraten. Denn sie sind ziemlich kurz und, dafür dass sie beeindrucken sollen, erstaunlich lieblos inszeniert. Denn es ist immer nur ein hastiges aneinanderfügen von Bildern, aber nie ein Ablauf von nachvollziehbaren Bewegungen, von Handlungen, die nachvollziehbare Folgen haben, von Kämpfen, die eine Geschichte erzählen. Es entsteht auch nie das Gefühl, dass hier Schauspieler wirklich in Gefahr sind. Stattdessen wirken alle „Action-Szenen“ wie Trickfilme.
Dabei schwingt Spider-Man sich vorher schwerelos durch die Schluchten von Manhattan.
Am Ende des mit 143 Minuten zu lang geratenen Films bleibt das Gefühl zurück, dass es besser gewesen wäre, sich auf einen Gegner, eine Geschichte, eine Laufzeit von unter zwei Stunden und eine gute Action-Regie zu konzentrieren.
Mary Poppins kennen wir alle. Jedenfalls das Musical aus dem Hause Walt Disney. Auch die Songs, wie „A Spoonful of Sugar“, „Chim Chim Cheree“, „Feed the Birds“, „Let’s go fly a Kite“ und natürlich „Supercalifragilisticexpialidocious“. Aber den Roman von P. L. Travers, der die Vorlage für „Mary Poppins“ war, dürften nur wenige kennen. Er und auch die anderen „Mary Poppins“-Bücher sind derzeit auf Deutsch nicht erhältlich. Und den Kampf zwischen P. L. Travers und Walt Disney, bevor sie die Verfilmungsrechte verkaufte, kennen wir nicht. Denn Valerie Lawsons Buch „Out of the Sky she came: The Life of P. L. Travers“ und Ian Collies TV-Dokumentation „The Shadow of Mary Poppins“, die sich auch mit der Entstehung des Films damit beschäftigten, sind neueren Datums und wurden nicht in Deutschland veröffentlicht. Sie dienten, neben dem Disney-Archiv, als Quellen für „Saving Mr. Banks“, einer ziemlich wahren Dramedy, die zeigt, wie vor den Dreharbeiten Welten aufeinander prallten. Auf der einen Seite war Walt Disney, ein erfolgreicher Produzent, der seinen Kindern versprach, „Mary Poppins“ zu verfilmen und in seinen Filmen für Kinder alles in Rosarot zeichnete. Zwanzig Jahre lang fragte er Travers immer wieder, ob er „Mary Poppins“ verfilmen dürfe. Die steife Engländerin lehnte standhaft ab, bis sie Anfang der sechziger Jahre Geld benötigte.
1961 fliegt sie für einige Tage nach Hollywood. Disney will ihr zeigen, dass er ihren Charakter ernsthaft und feinfühlig behandeln wird. Er sichert ihr sogar zu, dass sie beim Drehbuch das letzte Wort habe. Travers hasst alles an Hollywood: die fröhliche Mentalität, das mit Disney-Plüschtieren vollgestopfte Hotelzimmer, die ständige Dutzerei („Walt, you gotta call me Walt, ya know.“) und das Wetter, das sie an ihre Jugend 1906 in Australien erinnert. Vor allem an ihre grenzenlose Bewunderung für ihren Vater, einen begnadeten Geschichtenerzähler, Hallodri und Alkoholiker. Ihr so urbritisches Kindermädchen Mary Poppins, das die Banks-Kinder erziehen soll, ist nämlich die verklärte Version ihrer eigenen Kindheit, die sie vom heißen Australien in ihr geliebtes London verlegte. Und weil sie ihre Erinnerungen nicht von Hollywood verunstaltet lassen will, ist ihr typisch britisches Verhalten, gepaart mit Zickigkeit und Rechthaberei, für den Drehbuchautor Don DaGradi und die beiden Komponisten Richard und Robert Sherman eine Tortur, von der – auf ihren Wunsch – Tonbänder existieren. Denn egal was sie tun, es ist falsch. Es wurden die falschen Schauspieler ausgewählt, die Lieder der Sherman-Brüder lehnte sie rundheraus ab, Animationen passten auch nicht zu ihrer Mary Poppins, der Familienvater Mr. Banks sollte in einem positiven Licht erscheinen und sie verbat sich auch die Farbe Rot. Dazwischen korrigierte sie penibel die Grammatik und das Versmaß und selbstverständlich lehnte sie Neologismen ab. Schon bei „responstable“ meinte sie, das sei kein Wort. Das war noch bevor sie „ Supercalifragilisticexpialidocious“ sah. Mit ihrem asozialen Verhalten verstörte sie Walt Disney und seine Angestellten.
Nur ihr Fahrer, ein immer gut gelaunter Familienvater, scheint mit ihr auszukommen. Jedenfalls lässt er sich von ihren schnippischen Bemerkungen nicht die Laune verderben.
John Lee Hancock erzählt, nach einem vorzüglichem Drehbuch von Kelly Marcel und Sue Smith, in „Saving Mr. Banks“ kurzweilig und humorvoll die Geschichte dieses Kampfes zwischen zwei Egos (grandios gespielt von Tom Hanks und Emma Thompson) um widerstreitende künstlerische Visionen. Denn selbstverständlich sind die Charaktere auch ein Teil ihres Erfinders, aber die Leser und Zuschauer eignen sie sich wiederum anders an. So gibt es in dem Film P. L. Travers, die ihre Erfindung beschützen will, Walt Disney, der sie der ganzen Welt geben will und einen anderen Blick auf Mary Poppins hat als P. L. Travers. Und es gibt, als Stellvertreter für ihre Fans, Travers‘ Fahrer, für den die Erlebnisse von Mary Poppins eine ganze besondere Bedeutung haben, die nichts mit der ursprünglichen Intention von Travers zu tun haben. Dabei nimmt Hancock sich, vor allem gegen Ende des Films einige Freiheiten. So war P. L. Travers nicht besonders begeistert von der Verfilmung, an der sie, dank einer prozentualen Beteiligung, prächtig verdiente. Und die Erinnerungen an ihre Kindheit sind auch eher kitschig geraten.
Davon abgesehen ist „Saving Mr. Banks“ prächtiges Schauspielerkino, bei dem viele Interna aus den Disney-Studios, die ihnen von Insidern verraten wurden, verwandt wurden. Auch die Ausstattung entspricht anscheinend genau der Originalausstattung, weil die mitproduzierende Walt Disney Company, Zugang zu ihren Archiven gewährte und auch dafür sorgte, dass ein echter Walt-Disney-Film entstand.
Außerdem sieht man danach, mit einem breiten Lächeln, „Mary Poppins“ mit anderen Augen.
Saving Mr. Banks (Saving Mr. Banks, USA/Großbritannien/Australien 2013)
Regie: John Lee Hancock
Drehbuch: Kelly Marcel, Sue Smith
mit Emma Thompson, Tom Hanks, Colin Farrell, Paul Giamatti, Jason Schwartzman, Bradley Whitford, Ruth Wilson, B. J. Novak, Rachel Griffiths, Kathy Baker