Die Bounty (Großbritannien 1984, Regie: Roger Donaldson)
Drehbuch: Robert Bolt
LV: Richard Hough: Captain Bligh and Mr. Christian, 1972 (Neuauflage zum Filmstart als „The Bounty“)
Die Geschichte der Meuterei auf der „Bounty“ 1789. Aber dieses Mal wird die wahre Geschichte erzählt und da kommt Fletcher Christian, der Anführer der Meuterer, nicht mehr so gut weg – und Captain Bligh erscheint nicht mehr so böse.
„Dass das Laben die besten Geschichten schreibe, ist zwar nur ein hartnäckig sich behauptendes Gerücht, aber die recht aufwendige ‚Bounty‘-Neufassung vereint tatsächlich Historie und Spannung recht gut – und widerlegt somit streckenweise ein weiteres hartnäckiges Gerücht, nämlich dass ein Remake immer schlechter sein müsse als das Original.“ (Fischer Film Almanach 1986)
An der Kinokasse hat es nicht geholfen. Auch nicht, dass die Besetzung ziemlich prominent war.
mit Mel Gibson, Anthony Hopkins, Laurence Olivier, Edward Fox, Daniel Day-Lewis, Philip Davis, Bernard Hill, Liam Neeson
Eine Gruppe von unschuldig verurteilten Elite-Soldaten, das A-Team, will seine Unschuld beweisen und verursacht dabei beträchtliche Kollateralschäden.
Die kurzweilige Kinoversion der gleichnamigen 80er-Jahre-Serie „Das A-Team“ ist natürlich in jeder Beziehung einige Nummern größer als das Original und passt sich den zeitgenössischen Sehgewohnheiten an.
Joe Carnahan, der zuvor den düsteren Cop-Thriller „Narc“ und das krachige Jungskino „Smokin’ Aces“ inszenierte, nahm den Job an, weil er mit seinen beiden anderen Projekten, dem Pablo-Escobar-Biopic „Killing Pablo“ und der James-Ellroy-Verfilmung „White Jazz“, nicht weiterkam. „Das A-Team“ richtet sich, wenig überraschend, vor allem an die „Smokin’ Aces“-Fans.
Ebenfalls wenig überraschend ist, dass „Das A-Team“ jahrelang in Hollywood entwickelt wurde und wahrscheinlich jeder bekannte Regisseur und Schauspieler irgendwann im Gespräch war.
Mit Liam Neeson arbeitete Joe Carnahan auch bei seinem nächsten Film “The Grey – Unter Wölfen” zusammen.
mit Liam Neeson, Bradley Cooper, Jessica Biel, Quinton ‘Rampage’ Jackson, Sharlto Copley, Patrick Wilson, Gerald McRaney
Wiederholung: Freitag, 22. April, 01.00 Uhr (Taggenau!)
Berlin: Auf einer Vortragsreise hat der US-Wissenschaftler Martin Harris einen Autounfall. Als er danach mit seiner Frau reden will, behauptet sie, dass sie ihn nicht kennt und irgendwelche Dunkelmänner wollen ihn umbringen. Harris will die Wahrheit herausfinden.
Für die Verfilmung wurde die Handlung von Didier van Cauwelaerts spannendem Pulp-Thriller, dank der hiesigen Filmförderung, von Paris nach Berlin verlegt; die Prämisse, einige Charaktere und die Erklärung für Martin Harris’ Amnesie wurden übernommen. Allerdings ist das Ende im Film wesentlich explosiver und der gesamte Film mit zahlreichen Morden, Schlägereien und Verfolgungsjagden zu Fuß und im Auto viel actionlastiger. Das ist zwar nicht besonders logisch und glaubwürdig (eigentlich sogar noch unglaubwürdiger als der Roman), aber ziemlich unterhaltsam. Und die Berlin-Bilder, inclusive einem Zusammenstoß mit einer Tram und einer Explosion im Hotel Adlon, erfreuen natürlich das lokalpatriotische Herz.
mit Liam Neeson, Diane Kruger, January Jones, Aidan Quinn, Bruno Ganz, Sebastian Koch, Frank Langella, Stipe Erceg
Wiederholung: Freitag, 8. April, 00.55 Uhr (Taggenau!)
72 Stunden – The next three days (The next three days, USA 2010)
Regie: Paul Haggis
Drehbuch: Paul Haggis (nach dem Drehbuch von Fred Cavayé und Guillaume Lemans für den Spielfilm „Pour Elle“)
Ein Lehrer will seine unschuldig als Mörderin im Knast sitzende Frau befreien.
Paul Haggis („L. A. Crash“, aber auch „Ein Mountie in Chicago“ und „Walker, Texas Ranger“) braucht 133 Minuten für seine Geschichte. Das Original, der französische Thriller „Pour elle“ (Ohne Schuld) von Fred Cavayé mit Vincent Lindon und Diane Kruger braucht nur 96 Minuten.
Trotzdem ist „72 Stunden“, dank Russell Crowe als verliebter und treusorgender Ehemann und Papa, ein unterhaltsamer Thriller für Zwischendurch. Das ist nicht immer logisch und bis dann endlich die Befreiung (vulgo Action nach der schier endlosen Planung und Vorbereitung) beginnt, vergeht viel zu viel Zeit, die einen zwar mit herzigen Bildern aus dem Familienleben des Lehrers erfreut, aber auch ein auffälliges Desinteresse an dem Mordfall zeigt. Und die Wandlung von dem leicht tapsigen Lehrer zu dem eiskalten Planer, der bedenkenlos gegen Gesetze verstößt, geht auch überraschend schnell.
Mit Russell Crowe, Elizabeth Banks, Olivia Wilde, Brian Dennehy, Liam Neeson (nur eine Szene)
Jeder Junge hat einen Teddybären. Aber nur John hat Ted, einen Teddybären, der ihn seit seiner Kindheit begleitet und alles das tut, was Jungs gerne tun: vor der Glotze abhängen, feste und flüssige Drogen zu sich nehmen, vulgär ablästern und Unfug treiben. Dummerweise ist John schon Mitte dreißig und er und Ted denken überhaupt nicht daran, sich irgendwie zu verändern. In Seth MacFarlanes Komödie „Ted“ muss John Bennet (Mark Wahlberg) dann doch erwachsen werden. Das gelang ihm auch leidlich mit Lori (Mila Kunis), die er am Ende des Films heiratete. Mit dem Segen von Ted, der auch ein Herz aus Gold hat.
„Ted“ war, vor allem dank des fluchenden Stofftieres, das sich ganz natürlich zwischen den Menschen bewegte, ein zitatenreicher Kinohit, der im Sommer 2012 weltweit fast 550 Millionen Dollar einspielte, was natürlich nach einer Fortsetzung verlangte.
Und „Ted 2“ gehört zu den gelungenen Fortsetzungen. Vieles wird vom ersten Film übernommen (Ted, die Schauspieler, die Anspielungen, der vulgäre Seth-MacFarlane-Humor). Aber die Macher erzählen eine vollkommen andere Geschichte. Während „Ted“ eine Nummernrevue war, die sich rudimentär um das Erwachsenwerden drehte und viele popkulturelle Anspielungen (vor allem zum Film) hatte, erzählt „Ted 2“ eine richtige Geschichte, der sich die Witze und Zitate (viele, sehr viele) unterordnen.
Während Johns Ehe nicht lange hielt und er immer noch Trübsal bläst (was zu dem Running Gag führt, dass sich jede gutaussehende Frau in ihn verliebt, während er überhaupt kein Interesse hat), hat Ted Tami-Lynn (Jessica Barth), seine Kollegin aus dem Supermarkt, geheiratet. Auch in deren Ehe kriselt es inzwischen und der Ehestreit zwischen Mann und Frau, der hier von Teddy und Frau durchgeführt wird, ist schon die halbe Humor-Miete. MacFarlane unterscheidet nämlich nicht zwischen dem Stofftier und den Menschen, was jeder Szene einen surrealen Touch gibt. Außerdem kann das sehr menschliche Stofftier Dinge sagen, die kein Mensch so unverblümt sagen kann.
Ted, der seine Frau wirklich liebt, schlägt ihr als ultimative Eherettungsmethode vor, dass sie ein Kind haben sollen. Tami-Lynn ist begeistert. Nachdem sich die Suche nach einem Samenspender schwieriger als gedacht gestaltet, beschließen Ted und Tami-Lynn, dass sie ein Kind adoptieren. Dabei erfährt Ted, dass er vor den Augen des Gesetzes kein Mensch, sondern eine Sache ist, die daher nichts tun darf, was ein Mensch tut. Schnell ist er arbeitslos, hat keinen Führerschein mehr und auch sonst nichts mehr.
Zusammen mit John und der Junganwältin Samantha ‚Sam‘ L. Jackson (Amanda Seyfried), frisch von der Uni (schlecht), Cannabis-Raucherin (sehr gut) und gesegnet mit einem grandiosen Namen („Sam L. Jackson“), beginnt Ted um sein Menschsein zu kämpfen.
Dieser Kampf vor Gericht und die damit mehr oder weniger zusammenhängenden Erlebnisse des Trios halten dann den Film zusammen, der deutlich, aber nebenbei, ein wichtiges Thema behandelt. Denn die Frage, was ein Mensch ist und wem die bürgerlichen Priviliegien zustehen, beschäftigt Philosophen und Juristen schon Jahrhunderte. Und wenn Tierschützer Tieren Rechte zugestehen wollen, sollte dann nicht zuerst Ted alle bürgerlichen Rechte bekommen?
Garniert wird „Ted 2“ mit vielen Kurzauftritten bekannter Schauspieler und einem Besuch der Comic-Con in New York.
Ted 2 (Ted 2, USA 2015)
Regie: Seth MacFarlane
Drehbuch: Seth MacFarlane, Alec Sulkin, Wellesley Wild
mit Mark Wahlberg, Amanda Seyfried, Jessica Barth, Sam J. Jones, Morgan Freeman, Giovanni Ribisi, Patrick Warburton, Michael Dorn, Bill Smitrovich, John Slattery, Liam Neeson, Dennis Haysbert, Patrick Stewart (Erzähler), Seth MacFarlane (Ted im Original)
Vergessen wir einfach „96 Hours – Taken 3“ und wenden uns „Run all Night“ zu. Mit Liam Neeson als Mafiakiller, der in einer Dezembernacht in New York seinen Sohn, der zufällig Zeuge eines Mordes wurde, vor Gangstern und der Polizei beschützen will.
Jaa, das klingt jetzt nach „Taken 4“. Aber „Run all Night“ ist ein äußerst sehenswerter Gangsterthriller, der die Tradition und die Genreregeln kennt, sie gelungen variiert und mit einer ordentlichen Portion Action abschmeckt. Die Story erinnert Einige an „Road to Perdition“. Das stimmt. Aber „Road to Perdition“ ist mir auch viel zu prätentiös. „Run all Night“ will dagegen nur ein spannender Thriller sein, der nebenbei noch einige ernste Themen behandelt. Die nächtlichen Bilder von den weniger bekannten Ecken New Yorks und weil die Jagd quer durch die Millionenstadt geht, erinnern mich an Michael Manns „Collateral“, das ursprünglich ebenfalls in New York spielen sollte. Mann verlegte die Geschichte nach Los Angeles und genau wie „Collateral“ ein Porträt von Los Angeles ist, ist „Run all Night“ ein Porträt von Manhattan.
Weil Liam Neeson den irischen Mobkiller Jimmy Conlon spielt, porträtiert Jaume Collet-Serra in seinem Film auch den irischen Mob, der auch als „Westies“ bekannt ist. Wer will, kann als echtes Vorbild für Conlon den Mafiakiller Richard Kuklinski erkennen, der für Gambino-Familie mordete und der auch das entfernte Vorbild für den Erzähler in Dave Zeltsermans „Killer“ ist.
Auch die restliche Besetzung ist gut. Ed Harris spielt den irischen Mob-Boss, dessen Sohn von Conlon/Neeson erschossen wird, um seinen Sohn zu beschützen. Harris und Neeson haben euch einige tolle gemeinsame Szenen, in denen aus besten Freunden innerhalb weniger Stunden Todfeinde werden. Joel Kinnaman und Boyd Holbrook spielen die Söhne. Vincent D’Onofrio einen Polizisten, der seit Jahren Conlon verfolgt. Common einen eiskalten Killer, der nur an einer effektiven Erledigung seines Auftrages interessiert ist. Nick Nolte hat einen kurzen Auftritt als Neesons Bruder. Und Bruce McGill ist immer gut.
Brad Ingelsby („Auge um Auge – Out of the Furnace“ und, demnächst, das „The Raid“-Remake) schrieb das Drehbuch, in dem die Action die Handlung vorantreibt und auch einige ernste Themen fast schon nebenbei behandelt werden. Ich sage nur Familienbande, Freundschaft, Loyalität und die unterschiedlichen Lebensentwürfe von Vätern und Söhnen. Dabei gibt „Run all Night“ dann keine einfachen Antworten, sondern lässt alles, wie „Ruhet in Frieden – A Walk among the Tombstones“, in einem wunderschönen Graubereich verschwinden. Das unterscheidet „Run all Night“, mit seinem durchaus sympathischen Siebziger-Jahre-Gefühl, dann auch von schlechteren Thrillern.
Insgesamt knüpft „Run all Night“ an „Unknown Identity“ und „Non-Stop“, die beiden vorherigen Filme des Teams Collet-Serra/Neeson, an.
Das war jetzt schon ziemlich lang, aber eigentlich sind das nur einige Ergänzungen zu meiner Filmbesprechung, die in der Stuttgarter Zeitung erschien.
Das Warten hat sich gelohnt. Jedenfalls für Fans von Lawrence Block und seiner Serie um Privatdetektiv Matt Scudder, die schon seit einer Ewigkeit auf eine zweite Scudder-Verfilmung warteten. Die erste war 1986 „8 Millionen Wege zu sterben“. Jeff Bridges spielte Scudder. Oliver Stone war einer der Drehbuchautoren, dem das Ergebnis nicht gefiel, und Hal Ashby führte Regie indem er die Schauspieler improvisieren ließ. Es war sein letzter Spielfilm. Davor drehte er Klassiker wie „Harold und Maude“, „Coming home – Sie kehren heim“ und „Willkommen, Mr. Chance“. Tolle Filme, aber Dramen, bei denen die Charaktere im Mittelpunkt stehen und der Plot Nebensache ist. Aber diese Plotvergessenheit war nicht das größte Problem von „8 Millionen Wege zu sterben“. Die Geschichte wurde von New York, vulgo Manhattan, nach Los Angeles verlegt. Von einer Stadt, in der man ohne Auto leben kann, in eine Stadt, in der man ohne Auto nicht leben kann. So wurde aus einem Charakter, der untrennbar mit seiner Stadt verbunden ist, ein Heimatloser; weshalb diese Scudder-Verfilmung als Romanverfilmung nicht besonders beliebt ist. Seitdem war eine zweite Scudder-Verfilmung im Gespräch. Immerhin sind die siebzehn zwischen 1976 und 2011 erschienen Scudder-Romane, in denen der Ich-Erzähler Matt Scudder in Echtzeit altert, bei Krimifans beliebt und die Romane erhielten auch alle wichtigen Krimipreise. Teilweise mehrfach. „A Walk among the Tombstones“ war der auserwählte Roman. In den vergangenen Jahren fanden immer wieder Gespräche statt. Unter anderem war Harrison Ford als Matt Scudder im Gespräch, aber vor dem Drehbeginn wurde das Projekt immer wieder gestoppt. „Die Scudder-Verfilmung kommt.“ war unter Lawrence-Block-Fans ein Running Gag, bis jetzt Scott Frank, der auch die Bücher für die grandiosen Elmore-Leonard-Verfilmungen „Get Shorty“ und „Out of Sight“ schrieb und mit „Die Regeln der Gewalt“ (The Lookout) ein gelungenes Regiedebüt gab, mit Liam Neeson, der seit einigen Jahren als Action-Star ein neues Publikum eroberte und der jetzt Matt Scudder verkörpert, endlich die langerwartete Verfilmung von „A Walk among the Tombstones“ gelang, die jetzt bei uns als „Ruhet in Frieden“ (nicht gerade der beste Titel) in die Kinos kommt. Scudder ist ein Ex-NYPD-Cop, ein trockener Alkoholiker, der seinen Dienst quittierte, nachdem er betrunken ein Kind erschoss. Naja, nicht direkt erschoss. Es war ein Querschläger, der die siebenjährige Estrellita Rivera tötete, während er die beiden Räuber verfolgte, einen verletzte und den anderen erschoss. Scudder wurde dafür belobigt und während es in den Romanen lange dauerte, bis Scudder sich eingestand, ein Alkoholiker zu sein, und er lange mit seiner Sucht und den Rückfällen kämpfte, während er Treffen der Anonymen Alkoholiker besuchte, geht das im Film schneller. Acht Jahre später, 1999, lebt er ein unauffälliges Leben in Manhattan, besucht AA-Treffen und erweist Menschen Gefälligkeiten. Er ist ein Privatdetektiv ohne Lizenz. Jetzt wird er von einem AA-Mitglied gebeten, dessen Bruder Kenny Kristo (im Roman Kenan Khoury) zu besuchen und ihm bei einem Problem zu helfen. Kennys Frau wurde entführt und bestialisch ermordet. Kenny will die Mörder finden und töten. Schon mit diesem Rachewunsch könnte Kenny keine Hilfe von der Polizei erwarten. Es gibt aber noch einen weiteren Grund: Kenny ist ein Drogendealer; einer der unauffällig lebt, wohlhabend ist und mit wenigen Drogenimporten innerhalb eines Jahres seinen Lebensstandard sichert. Er sieht sich als Importeur einer x-beliebigen Ware. Scudder übernimmt den Auftrag. Bei seiner Suche entdeckt er mehrere ähnlich Fälle: jemand scheint die Frauen und Kinder von Drogenhändler zu entführen, ein Lösegeld zu erpressen und dann seine Opfer bestialisch umzubringen. Scott Frank aktualisierte für den Film den schon 1992 erschienenen Roman etwas, indem er die Geschichte in die späten Neunziger verlegte. Er lässt, wie im Roman, den jugendlichen Computerexperten TJ, ein Straßenkind, mit dem Matt Scudder sich befreundet, auftreten. TJ hilft Scudder mit seinen Computerkenntnissen. Matts Freundin Elaine Mardell, eine Prostituierte, die ihr Geld klug investierte, und Mick Ballou, ein mit Matt befreundeter irischer Gangsterboss, fehlen. Doch auch ohne diese den Fans der Romanen vertrauten Charaktere bleibt Scott Frank dem Geist der Romanvorlage treu. „Ruhet in Frieden“ ist ein melancholischer Noir-Privatdetektiv-Krimi, bei dem die Atmosphäre, die Charaktere und moralische Fragen im Mittelpunkt stehen, ohne explizit angesprochen zu werden. Denn Scudders Auftraggeber ist ein Verbrecher. Die anderen Opfer ebenso. Es geht um Selbstjustiz, aber auch ausgleichende Gerechtigkeit. Das führt dazu, dass zunehmend die sattsam bekannten Grenzen zwischen Gut und Böse zu einem einzigen Graubereich verschwimmen.
Beim zweiten Ansehen fällt auf, wie zügig und ruhig Scott Frank in den ersten Minuten alle wichtigen Charaktere etabliert und er jede Schwarz-Weiß-Malerei vermeidet. So hat Matt Scudder in der ersten Minute einen Auftritt in bester Dirty-Harry-Manier. Aber er ist betrunken. Bei seinem ersten Treffen mit Kenny Kristo sagt er, dass für ihn die Korruption in der Polizei kein Problem war. Sie habe es ihm ermöglicht, seine Familie zu ernähren. Kurz darauf nimmt er den Auftrag an. In diesem Moment läuft der Film noch keine zwanzig Minuten.
Und Liam Neeson kann endlich wieder als Schauspieler in einem Kriminalfilm, Abteilung Privatdetektiv-Krimi, ohne übertriebenen Action-Bohei und Sekundenschnitten überzeugen.
Das Bonusmaterial besteht aus den informativen Featurettes „Ein Blick hinter die Kulissen“ und „Privatdetektiv Matt Scudder“ (in dem auch Lawrrence Block zu Wort kommt) und Interviews mit den Schauspielern Liam Neeson, Dan Stevens, David Harbour, Boyd Holbrook, den Produzenten Michael Shamberg, Stacey Sher und Tobin Armbrust und Regisseur Scott Frank. Das längste Interview ist mit Liam Neeson, weil es auch aus einem vor der Premiere in Berlin aufgenommenen Interview besteht. Dieses Interview könnte exclusiv auf der deutschen DVD sein. Die anderen Interviews sind Rohmaterial für die beiden Featurettes.
P. S.: Natürlich ist der Roman lesenswert. Wie alle Bücher von Lawrence Block.
Ruhet in Frieden – A Walk among the Tombstones (A Walk among the Tombstones, USA 2014)
Regie: Scott Frank
Drehbuch: Scott Frank
LV: Lawrence Block: A Walk among the Tombstones, 1992 (Endstation Friedhof, Ruhet in Frieden)
mit Liam Neeson, Dan Stevens, Boyd Holbrook, Brian ‘Astro’ Bradley, Ólafur Darri Ólafson, David Harbour, Adam David Thompson
– DVD
Universum Film
Bild: 2,35:1 (16:9 anamorph)
Ton: Deutsch, Englisch (DD 5.1)
Untertitel: Deutsch, Deutsch und Englisch für Hörgeschädigte
Bonusmaterial (48 Minuten): Featurettes, Interviews mit Cast & Crew, Deutscher und Originaltrailer, Wendecover
Länge: 110 Minuten
FSK: ab 16 Jahre
–
Vox, 22.35 96 Hours (Taken, Frankreich 2008)
Regie: Pierre Morel
Drehbuch: Luc Besson, Robert Mark Kamen
Ein überraschend gelungener Actionkracher aus der Fabrik von Luc Besson. Dieses Mal jettet ein Ex-CIA-Spezialagent nach Paris. Er will seine Tochter aus den Klauen von einigen widerwärtigen Entführern retten und nimmt dabei wenig Rücksicht auf die körperliche Unversehrtheit der Bösewichte.
Liam Neeson, bis dahin vor allem als seriöser Schauspieler bekannt, wollte auch mal einen richtigen Actionfilm drehen. Aber dann war der Film so erfolgreich, dass er sich mit „96 Hours“ als Actionstar neu erfand. Seitdem spielt er vor allem in mehr oder weniger gelungenen Thrillern mit. Die beiden Fortsetzungen von „96 Hours“ zählen zu den weniger gelungenen.
Mit Liam Neeson, Maggie Grace, Famke Janssen, Leland Orser, Jon Gries, Xander Berkeley Wiederholung: Freitag, 20. März, 02.45 Uhr (Taggenau!)
Nachdem „Taken“, der bei uns „96 Hours“ hieß, ein Überraschungserfolg war, der Liam Neeson als Actionhelden etablierte, gab es natürlich „Taken 2“, der ebenfalls sehr erfolgreich lief und, trotz der Beteuerungen der Macher, dass es kein „Taken 3“ geben werde, gibt es jetzt „Taken 3“, weil man natürlich nicht wirklich gegen die nackten Zahlen argumentieren will. Denn an der Kinokasse war der Film sehr erfolgreich und für „Taken 3“ sehen die Prognosen ähnlich gut aus. Was natürlich nichts über die Qualität des Films sagt.
Jedenfalls ist das alte Team, vor und hinter der Kamera, wieder zusammen gekommen und dieses Mal wird auch wirklich eine andere Geschichte erzählt. Allerdings keine bessere als in „Taken 2“ oder in den zahllosen anderen Luc-Besson-Produktionen.
In „96 Hours – Taken 3“ wird Lenore Mills (Famke Janssen), die Ex-Frau von Bryan Mills (Liam Neeson), ermordet. In seinem Bett und, als hätten die Bösewichter sich nicht schon genug Mühe gegeben, ihn zum Täter zu machen, fasst der Ex-CIA-Agent mit den besonderen letalen Fähigkeiten die Tatwaffe, ein großes Messer, an. Sofort taucht die Polizei auf und nach einer Verfolgungsjagd über mehrere Hinterhöfe kann Mills durch die Kanalisation entkommen. Er wird jetzt den Mörder seiner Frau jagen, während er von der Polizei gejagt wird.
Das ist natürlich ein klassischer Krimiplot, der hier mit einer ordentlichen Portion Action aufgebrezelt wird. Es ist allerdings auch ein Plot, der wohl selten so lieblos und so unlogisch erzählt wurde. Das mündet in der Schlussszene, wenn Mills und Frank Dotzler (Forest Whitaker), der Polizist, der ihn verfolgte, zusammensitzen und Dotzler Mills sagt, dass er von Anfang an gewusst habe, dass er nicht der Mörder sei. Nur, warum hat er dann den ganzen Film damit verbracht, die halbe Polizei von Los Angeles hinter einem Unschuldigen hinterherlaufen zu lassen? Warum hat er nicht nach dem wirklichen Täter gesucht?
Immerhin haben wir bis dahin die Kameraden von Mills, die dieses Mal eine größere Rolle übernehmen dürfen, besser kennen gelernt.
Aber wegen des diffizilen Plots sieht sich niemand einen „Taken“-Film an. Schon im ersten „Taken“-Film war die Entführung von Mills‘ Tochter in Paris die Entschuldigung für ein brachiales Actionfeuerwerk der eher altmodischen Sorte, das genau deshalb gefiel. In „Taken 3“ enttäuschen die wenigen Actionszenen. Sie sind wieder einmal so zerschnipselt, dass letztendlich nichts wirklich erkennbar ist. Die ganzen Abläufe sind nur noch erahnbar und wenn dann auf einem Highway etliche Autos geschrottet werden, fragt man sich, warum das nicht wie früher gezeigt wird, als man sich an den Zerstörungsorgien erfreuen konnte. Jetzt ist man damit beschäftigt, den Ablauf zu rekonstruieren.
Da bleibt Olivier Megaton („Transporter 3“, „Columbiana“, „Taken 2“) sich treu. Viele Schnitte und Farbfilter – wie man es bei Michael Bay und den anderen Filmen der Besson-Fabrik kennt.
Und, auch wenn viel geballert wird, sterben, so mein Eindruck, in „96 Hours – Taken 3“ deutlich weniger Menschen als in den vorherigen „Taken“-Filmen. Was sicher daran liegt, wie wir spätestens seit „The Rock – Fels der Entscheidung“ wissen, dass ein guter Amerikaner keine Landsleute tötet. Jedenfalls keine Unschuldigen.
Letztendlich ist „96 Hours – Taken 3“ ein weiteres liebloses Produkt aus der Besson-Fabrik, das dieses Mal sogar den Humor des zweiten Teils vermissen lässt. Denn die Standortbestimmung mit Handgranaten tagsüber im Zentrum von Istanbul und die von Bryn Mills für seine fahrunerfahrene Tochter gegebene Fahrstunde, sie sie wie eine Rennfahrerin durch die Innenstadt brettern lässt, waren hirnverbrannt, dass sie schon wieder witzig waren.
Aber, auch wenn die Macher im Presseheft betonen, dass „Taken 3“ das Ende einer Trilogie sei, wird es, wenn die Kasse stimmt, einen vierten Teil geben. Dann ist es halt eine aus vier Teilen bestehende Trilogie. Mit Tochter und Enkeltochter gibt es am Ende von „Taken 3“ ja noch genug Familienmitglieder, die von Bösewichtern belästigt werden können. Zum Beispiel mexikanische Drogenkartellbabyhändler, die das Baby wegen irgendwelcher Organe oder eine extrem seltenen Blutgruppe entführen…
Die spoilerfreie Kurzkritik: In seinem neuen Film „Dritte Person“ erzählt „L. A. Crash“-Regisseur Paul Haggis mit einem tollen Cast parallel drei Hauptgeschichten mit einem guten Dutzend Charaktere, die in Paris, Rom und New York spielen und am Ende auf überraschende Weise zusammengefügt werden. Leider ist der Weg dahin mit seinen unglaubwürdigen Charakteren nicht sonderlich interessant.
Wir raten ab.
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So. Und jetzt erkläre ich euch, warum ich von „Dritte Person“ enttäuscht war, obwohl am Ende alles einen Sinn ergibt und auch die Idee hinter dem Film interessant ist, aber die Ausführung dann doch nicht. Obwohl sogar diese schlechte Ausführung, als ein weiteres Spiel mit dem der Plotkonstruktion, gewollt sein kann; was aber dann schon mindestens in die Meta-Meta-Ebene geht.
In den ersten Minuten führt Paul Haggis in kurzen Szenen und flüssig geschnitten die Charaktere und die Handlungsorte ein. Im Zentrum steht dabei der in Paris in einer Hotelsuite residierende Michael (Liam Neeson), ein mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneter Schriftsteller, der an einem neuen Roman arbeitet und sich mit seiner deutlich jüngeren, in einer festen Beziehung lebenden Freundin Anna (Olivia Wilde), die ihn als Autor bewundert, trifft.
In Italien erhält Scott (Adrien Brody) die noch geheimen Entwürfe für eine neue Bekleidungslinie, die er an einen Konkurrenten verkaufen will.
In New York kämpft der ehemalige Soap-Opera-Star Julia (Mila Kunis) mit ihrer Anwältin Theresa (Maria Bello) um das Sorgerecht für ihr Kind.
Ebenfalls in New York (wie wir später erfahren) versucht der bekannte Maler Rick (James Franco) seinen Sohn für seinen primitiven Malstil zu begeistern. Erfolglos.
Und in einer Küche steht Elaine (Kim Basinger), die traurig in den Garten ihres Anwesens blickt.
Alle diese Charaktere und ihre Geschichten sind, wie wir es auch aus anderen Episodenfilmen kennen, miteinander verbunden. Nur wissen wir in diesem Moment noch nicht genau, wie.
So waren Julia und Rick vorher ein Paar und er möchte sie unbedingt von ihrem Kind fernhalten. Allerdings erfahren wir nicht, warum der Maler so unbedingt das Sorgerecht möchte. Denn schon in der ersten Szene erfahren wir, dass er überhaupt keine Beziehung zu seinem Kind hat und er das auch nicht ändern will. Für ihn steht seine Arbeit an erster Stelle. Dann kommt seine anscheinend nach dem Aussehen ausgewählte Freundin und sein Sohn kommt, als Haustierersatz, erst viel später.
Julia dagegen scheint eine wirklich liebevolle Mutter zu sein, die sogar einen Job als Zimmermädchen in einem Nobelhotel annimmt. Hauptsache, sie kann für ihr Kind sorgen. Dass sie ein kleines Zeitproblem hat, erscheint da vernachlässigbar.
Scott, der sich nach seiner in den USA lebenden Familie zurücksehnt und sich immer wieder eine Nachricht von seinem Sohn auf seinem Telefon anhört, geht in Rom, anstatt möglichst schnell die Unterlagen zu übergeben und den Ort seines Verbrechens zu verlassen, in eine schummerige Bar und er lässt sich mit einer, ähem, sehr italienischen Frau ein, die das Wort „Probleme“ mit Leuchtbuchstaben auf ihre Stirn tätowiert hat. Und „Probleme“ bekommt er. Auch wenn unklar bleibt, warum er sich mit dieser Bordsteinschwalbe, die ihn nur ausnutzen will, einlässt.
Währenddessen starrt Elaine weiter traurig in den Garten und wir fragen uns, wie ihre Geschichte mit den anderen Geschichten zusammenhängt.
Immerhin hat Michael in der Stadt der Liebe seinen Spaß, bis er seinem Verleger das neue Manuskript gibt und dieser überhaupt nicht begeistert von den ausgedachten Charakteren und der gekünstelten Geschichte ist. Das habe nicht mehr die Kraft und Ursprünglichkeit von Michaels früheren Werken; was durchaus auch als Kommentar von „L. A. Crash“-Regisseur Paul Haggis zu seinem neuen Film gesehen werden kann.
Denn während man sich über zwei Stunden durch einen Film voller ausgedachter, sich unvernünftig verhaltender Charaktere quält und sich fragt, wie diese Geschichten irgendwie miteinander zusammenhängen und Unstimmigkeiten, wie Blumen und Zettel, die gleichzeitig in einem Hotelzimmer in New York und Paris sind, bemerkt, bereitet Paul Haggis die Lösung vor, die genau das erklärt und auch, auf dem Papier, ein spannendes Spiel zwischen Kunst und Realität ist.
Denn alle Geschichten spielen sich im Kopf von Michael ab, der so seine Trennung von Elaine und den Unfalltod ihres Sohnes verarbeitet. Er erzählt, in fiktionalisierter Form, wie er Elaine kennenlernte, sie sich um ihr Kind stritten, es verloren und jetzt mit dem Verlust und den gegenseitigen Schuldzuweisungen leben müssen. Das ist, vom Ende betrachtet, interessant konstruiert und erklärt auch, warum sich einzelne Charaktere vollkommen irrational verhalten. So ist am ersten Ansehen unklar, warum Scott in Italien bleibt und sich in die falsche Frau verliebt oder warum Rick unbedingt das Sorgerecht will.
Allerdings interessiert, wenn man das Ende nicht kennt, kein Charakter wirklich. Keines ihrer Probleme ist glaubhaft. Alles wirkt ausgedacht und künstlich und langweilt deshalb. Letztendlich ist „Dritte Person“ nur eine deutlich zu lang geratene Versuchsanordnung.
Das Warten hat sich gelohnt. Jedenfalls für Fans von Lawrence Block und seiner Serie um Privatdetektiv Matt Scudder, die schon seit einer Ewigkeit auf eine zweite Scudder-Verfilmung warteten. Die erste war 1986 „8 Millionen Wege zu sterben“. Jeff Bridges spielte Scudder. Oliver Stone war einer der Drehbuchautoren, dem das Ergebnis nicht gefiel, und Hal Ashby führte Regie indem er die Schauspieler improvisieren ließ. Es war sein letzter Spielfilm. Davor drehte er Klassiker wie „Harold und Maude“, „Coming home – Sie kehren heim“ und „Willkommen, Mr. Chance“. Tolle Filme, aber Dramen, bei denen die Charaktere im Mittelpunkt stehen und der Plot Nebensache ist. Aber diese Plotvergessenheit war nicht das größte Problem von „8 Millionen Wege zu sterben“. Die Geschichte wurde von New York, vulgo Manhattan, nach Los Angeles verlegt. Von einer Stadt, in der man ohne Auto leben kann, in eine Stadt, in der man ohne Auto nicht leben kann. So wurde aus einem Charakter, der untrennbar mit seiner Stadt verbunden ist, ein Heimatloser; weshalb diese Scudder-Verfilmung als Romanverfilmung nicht besonders beliebt ist.
Seitdem war eine zweite Scudder-Verfilmung im Gespräch. Immerhin sind die siebzehn zwischen 1976 und 2011 erschienen Scudder-Romane, in denen der Ich-Erzähler Matt Scudder in Echtzeit altert, bei Krimifans beliebt und die Romane erhielten auch alle wichtigen Krimipreise. Teilweise mehrfach.
„A Walk among the Tombstones“ war der auserwählte Roman. In den vergangenen Jahren fanden immer wieder Gespräche statt. Unter anderem war Harrison Ford als Matt Scudder im Gespräch, aber vor dem Drehbeginn wurde das Projekt immer wieder gestoppt. „Die Scudder-Verfilmung kommt.“ war unter Lawrence-Block-Fans ein Running Gag, bis jetzt Scott Frank, der auch die Bücher für die grandiosen Elmore-Leonard-Verfilmungen „Get Shorty“ und „Out of Sight“ schrieb und mit „Die Regeln der Gewalt“ (The Lookout) ein gelungenes Regiedebüt gab, mit Liam Neeson, der seit einigen Jahren als Action-Star ein neues Publikum eroberte und der jetzt Matt Scudder verkörpert, endlich die langerwartete Verfilmung von „A Walk among the Tombstones“ gelang, die jetzt bei uns als „Ruhet in Frieden“ (nicht gerade der beste Titel) in die Kinos kommt.
Scudder ist ein Ex-NYPD-Cop, ein trockener Alkoholiker, der seinen Dienst quittierte, nachdem er betrunken ein Kind erschoss. Naja, nicht direkt erschoss. Es war ein Querschläger, der die siebenjährige Estrellita Rivera tötete, während er die beiden Räuber verfolgte, einen verletzte und den anderen erschoss. Scudder wurde dafür belobigt und während es in den Romanen lange dauerte, bis Scudder sich eingestand, ein Alkoholiker zu sein, und er lange mit seiner Sucht und den Rückfällen kämpfte, während er Treffen der Anonymen Alkoholiker besuchte, geht das im Film schneller.
Acht Jahre später, 1999, lebt er ein unauffälliges Leben in Manhattan, besucht AA-Treffen und erweist Menschen Gefälligkeiten. Er ist ein Privatdetektiv ohne Lizenz. Jetzt wird er von einem AA-Mitglied gebeten, dessen Bruder Kenny Kristo (im Roman Kenan Khoury) zu besuchen und ihm bei einem Problem zu helfen. Kennys Frau wurde entführt und bestialisch ermordet. Kenny will die Mörder finden und töten. Schon mit diesem Rachewunsch könnte Kenny keine Hilfe von der Polizei erwarten. Es gibt aber noch einen weiteren Grund: Kenny ist ein Drogendealer; einer der unauffällig lebt, wohlhabend ist und mit wenigen Drogenimporten innerhalb eines Jahres seinen Lebensstandard sichert. Er sieht sich als Importeur einer x-beliebigen Ware.
Scudder übernimmt den Auftrag. Bei seiner Suche entdeckt er mehrere ähnlich Fälle: jemand scheint die Frauen und Kinder von Drogenhändler zu entführen, ein Lösegeld zu erpressen und dann seine Opfer bestialisch umzubringen.
Scott Frank aktualisierte für den Film den schon 1992 erschienenen Roman etwas, indem er die Geschichte in die späten Neunziger verlegte. Er lässt, wie im Roman, den jugendlichen Computerexperten TJ, ein Straßenkind, mit dem Matt Scudder sich befreundet, auftreten. TJ hilft Scudder mit seinen Computerkenntnissen. Matts Freundin Elaine Mardell, eine Prostituierte, die ihr Geld klug investierte, und Mick Ballou, ein mit Matt befreundeter irischer Gangsterboss, fehlen. Doch auch ohne diese den Fans der Romanen vertrauten Charaktere bleibt Scott Frank dem Geist der Romanvorlage treu.
„Ruhet in Frieden“ ist ein melancholischer Noir-Privatdetektiv-Krimi, bei dem die Atmosphäre, die Charaktere und moralische Fragen im Mittelpunkt stehen, ohne explizit angesprochen zu werden. Denn Scudders Auftraggeber ist ein Verbrecher. Die anderen Opfer ebenso. Es geht um Selbstjustiz, aber auch ausgleichende Gerechtigkeit. Das führt dazu, dass zunehmend die sattsam bekannten Grenzen zwischen Gut und Böse zu einem einzigen Graubereich verschwimmen.
Eine Gruppe von unschuldig verurteilten Elite-Soldaten, das A-Team, will seine Unschuld beweisen und verursacht dabei beträchtliche Kollateralschäden.
Die kurzweilige Kinoversion der gleichnamigen 80er-Jahre-Serie „Das A-Team“ ist natürlich in jeder Beziehung einige Nummern größer als das Original und passt sich den zeitgenössischen Sehgewohnheiten an.
Joe Carnahan, der zuvor den düsteren Cop-Thriller „Narc“ und das krachige Jungskino „Smokin’ Aces“ (läuft anschließend um 22.35 Uhr und um 02.50 Uhr) inszenierte, nahm den Job an, weil er mit seinen beiden anderen Projekten, dem Pablo-Escobar-Biopic „Killing Pablo“ und der James-Ellroy-Verfilmung „White Jazz“, nicht weiterkam. „Das A-Team“ richtet sich, wenig überraschend, vor allem an die „Smokin’ Aces“-Fans.
Ebenfalls wenig überraschend ist, dass „Das A-Team“ jahrelang in Hollywood entwickelt wurde und wahrscheinlich jeder bekannte Regisseur und Schauspieler irgendwann im Gespräch war.
Mit Liam Neeson arbeitete Joe Carnahan auch bei seinem nächsten Film „The Grey – Unter Wölfen“ zusammen.
mit Liam Neeson, Bradley Cooper, Jessica Biel, Quinton ‘Rampage’ Jackson, Sharlto Copley, Patrick Wilson, Gerald McRaney
Endlich! Der erste Trailer für die lang erwartete Lawrence-Block-Verfilmung „A Walk among the Tombstones“ ist online:
Und der Trailer gefällt mir.
Liam Neeson spielt Matt Scudder; Scott Frank („Get Shorty“, „Out of Sight“, „Minority Report“) schrieb das Drehbuch und übernahm die Regie. Sein ziemlich unbekanntes Debüt „The Lookout“ hat mir gut gefallen.
Langjährige Block-Fans wissen, dass diese Scudder-Verfilmung in Hollywood seit Jahren im Gespräch war. Mit wechselnden Hauptdarstellern und Regisseuren.
Der US-Kinostart des Krimis ist am 19. September 2014. Einen deutschen Starttermin gibt es noch nicht. Aber schon ein Teaserplakat:
Schon die ersten Bilder erfreuen den gestandenen Western-Fan. Denn „A Million Ways to die in the West“ beginnt – auf einer groooßen Leinwand – wie ein richtig guter, alter Cinemascope-Western: das baumlosen Monument Valley erstreckt sich vom linken bis zum rechten Bildrand, die Buchstaben sind in dieser altertümlichen Western-Schrifttype und das riesige Orchester spielt eine dieser Western-Melodien, die wir aus den John-Ford-Western kennen. Da müsste gleich John Wayne oder James Stewart durch das Bild reiten.
Aber dann kommt es doch etwas weniger klassisch. Denn Seth MacFarlane („Family Guy“, „Ted“) erzählt eine Westerkomödie, in der ein netter, belesener, kluger Schafzüchter im Mittelpunkt steht. Dass der von ihm gespielte Albert Stark auch ein Feigling ist, wird bereits in den ersten Minuten deutlich, wenn er, anstatt sich mit dem besten Schützen der Gegend auf offener Straße zu duellieren, versucht, sich aus der Situation herauszureden und sich am Ende quasi freikauft, indem er Charlie Blanche Geld für den durch seine Schafe entstandenen Schaden anbietet. Das hätte John Wayne niemals gemacht. Destry oder Ransom Stoddard, der Mann, der Liberty Valance nicht erschoss (beide gespielt von James Stewart) dagegen schon. Aber das waren auch Männer des zwanzigsten Jahrhunderts.
Kurz darauf wird Albert von seiner Freundin Louise (Amanda Seyfried) verlassen. Sie will erst einmal mit sich selbst ins Reine kommen. Denn: „Heutzutage werden die Menschen fünfundreißig und älter, da kann man sich mit dem Heiraten doch Zeit lassen.“.
Zu Tode betrügt hängt Albert mit seinem Freund Edward Phelps (Giovanni Ribisi), der mit dem Freudenmädchen Ruth (Sarah Silverman) befreundet ist, ab, als er während einer der regelmäßigen Kneipenschlägereien Anna (Charlize Theron) kennen lernt. Sie ist neu in dem Nest Old Stump. Gemeinsam verbringen sie einige schöne Tage, in denen sie Albert auch das Schießen beibringt. Denn sie ist eine begnadete Schützin und Albert hat Louises neuen Freund, den extrem schnöseligen Foy (Neil Patrick Harris), Bartträger und Inhaber der Moustacherie, zu einem Duell herausgefordert.
Außerdem ist der im ganzen Westen gefürchtete Bandit Clinch Leatherwood (Liam Neeson) auf dem Weg nach Old Stump. Zu seiner Frau Anna.
„A Million Ways to die in the West“ ist, wie schon die ersten Bilder zeigen, eine Westernkomödie von einem Regisseur, der den Western liebt, verstanden hat und die komödiantischen Aspekte des Westerns und des Lebens im Wilden Westen betont. Ein großer Teil des Humors entsteht auch durch das vollkommen unangepasste Verhalten der Charaktere.
So ist Albert Stark eigentlich ein witziger, gebildeter junger Mann, der einer Schlägerei ausweicht, weil sie dummes Macho-Gehabe ist. Heute wäre er der allseits beliebte Protagonist in einem Film. Damals, im gesetzlosen Wilden Westen und im Western, war er ein überlebensunfähiger Feigling, der bestenfalls als Sidekick, als Comic Relief, vorkommt, um den Helden in einem noch besseren Licht erstrahlen zu lassen.
Sein bester Freund Edward ist in eine Prostituierte verliebt, die zwar ihren Beruf hingebungsvoll ausübt, aber mit Edward, schließlich ist sie gläubig, erst nach ihrer Hochzeit Sex haben will. Auch Edward trennt fein säuberlich zwischen ihrer unschuldig reinen Beziehung und ihrer Arbeit.
Etliche Dialoge und Beobachtungen spielen schön mit unserem heutigem Wissen und dem damaligen Wissen. So unterhalten sie sich entspannt über die Unmöglichkeit, auf einem Photo zu lächeln (wegen der damals unglaublich langen Belichtungszeit), die frühe Sterblichkeit und die Heilkunst, die im Wilden Westen auf einem wahrhaft archaischem Niveau war. Da half auch keine Heiltinktur aus Alkohol, Kokain, Morphium, Quecksilber mit Kalk und rotem Flanell.
Das macht Laune, auch wenn es nur wenige echte Lacher, die meist mit einem plötzlichen Todesfall zusammenhängen, gibt. Insgesamt regt „A Million Ways to die in the West“, weil immer ein witziger Tonfall herrscht und die Charaktere entspannt abhängen, eher zum Schmunzeln an.
Schade ist allerdings, dass der Humor zu oft in Richtung Zote geht. Zu oft drehen sich die Witze um Sex und Fäkalien.
Mit gut zwei Stunden ist „A Million Ways to die in the West“ für eine Komödie etwas lang geraten. Immer wieder plätschert der Film, der einen strafferen Schnitt vertragen hätte, einfach so vor sich hin. Die Szenen sind oft etwas zu lang geraten, so als hätten die Macher entweder zu viel improvisiert oder als ob sie wirklich jeden Witz, der ihnen einfiel, unbedingt unterbringen wollten. Egal, ob er irgendwie die Handlung voran bringt oder nicht.
Dennoch dürfen Western-Fans sich freuen. Insgesamt ist „A Million Ways to die in the West“ eine ordentliche Western-Komödie, die sich gelungen am klassischen Western orientiert, und dann läuft der Film auch noch im Kino.
Seth MacFarlane hat auch den Roman zum Film geschrieben, der sich im Großen und Ganzen nicht vom Film unterscheidet. Aber gerade in den Details – immerhin hat hier der Drehbuchautor, Regisseur und Hauptdarsteller den Roman geschrieben – unterscheidet sich der Roman beträchtlich vom Film. Szenen und Szenenteile fehlen, der Humor ist weniger fäkal-pubertär und das erste Duell ist im Roman anders als im Film.
Beim Lesen fällt auch auf, dass die Landschaftsbilder, das Deadpan-Acting und die Musik fehlen. Insofern ist der Roman eine nette und schnelle Lektüre, die aber nicht den Film ersetzen sollte.
A Million Ways to die in the West (A Million Ways to die in the West, USA 2014)
Regie: Seth MacFarlane
Drehbuch: Seth MacFarlane, Alec Sulkin, Wellesley Wild
mit Seth MacFarlane, Charlize Theron, Amanda Seyfried, Liam Neeson, Giovanni Ribisi, Neil Patrick Harris, Sarah Silverman, Christopher Hagen, Wes Studi, Matt Clark, Rex Linn, Christopher Lloyd, Ewan McGregor
Länge: 116 Minuten
FSK: ab 12 Jahre
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Der Roman zum Film
Berlin: Auf einer Vortragsreise hat der US-Wissenschaftler Martin Harris einen Autounfall. Als er danach mit seiner Frau reden will, behauptet sie, dass sie ihn nicht kennt und irgendwelche Dunkelmänner wollen ihn umbringen. Harris will die Wahrheit herausfinden.
Für die Verfilmung wurde die Handlung von Didier van Cauwelaerts spannendem Pulp-Thriller, dank der hiesigen Filmförderung, von Paris nach Berlin verlegt; die Prämisse, einige Charaktere und die Erklärung für Martin Harris’ Amnesie wurden übernommen. Allerdings ist das Ende im Film wesentlich explosiver und der gesamte Film mit zahlreichen Morden, Schlägereien und Verfolgungsjagden zu Fuß und im Auto viel actionlastiger. Das ist zwar nicht besonders logisch und glaubwürdig (eigentlich sogar noch unglaubwürdiger als der Roman), aber ziemlich unterhaltsam. Und die Berlin-Bilder, inclusive einem Zusammenstoß mit einer Tram und einer Explosion im Hotel Adlon, erfreuen natürlich das lokalpatriotische Herz.
mit Liam Neeson, Diane Kruger, January Jones, Aidan Quinn, Bruno Ganz, Sebastian Koch, Frank Langella, Stipe Erceg
Als Liam Neeson 2008 mit „96 Hours“ (Taken) seinen ersten reinrassigen Actionfilm drehte, war er bereits seit Ewigkeiten ein respektierter Schauspieler, dessen Ausflug in das „Star Wars“-Universum galant zugunsten von „Schindlers Liste“ verschwiegen wurde und der damals durchaus glaubhauft sagte, er wolle in einem Actionfilm mitspielen ehe er zu alt für diese Rollen werde. „96 Hours“ war so erfolgreich, dass inzwischen auch offiziell eine zweite Fortsetzung in Arbeit ist und Neeson zu einem veritablen Action-Darsteller wurde.
Neesons neuester Film „Non-Stop“, wieder unter der Regie von „Unknown Identity“-Regisseur Jaume Collet-Serra, führt diesen Strang von seiner Arbeit, auf die er sich die vergangenen Jahre konzentrierte, gelungen fort. Dieses Mal spielt er Bill Marks, einen U. S. Air Marshal und Trinker, der allerdings als großstadtgeschulter Ex-NYPD-Cop noch im Terminal die potentiell bedrohlichen Passagiere identifiziert. In der voll besetzten 747 plaudert der Flugbegleiter notgedrungen mit seiner Sitznachbarin Jen Summers (Julianne Moore), bis er eine Textnachricht auf sein Telefon erhält. Der Absender der Nachricht fordert 150 Millionen Dollar auf ein Bankkonto. Wenn seine Forderung nicht erfüllt wird, stirbt nach zwanzig Minuten der erste Passagier.
Marks versucht den Absender, der im Flugzeug sein muss und über jeden Schritt von Marks informiert ist, vor dem Verstreichen des Ultimatums zu identifizieren. Wenige Sekunden bevor die Zeit verstrichen ist, entdeckt er den mutmaßlichen Täter und stürmt auf ihn zu. Er bringt ihn um und muss wenige Minuten später, mit der nächsten Textnachricht, feststellen, dass er sich geirrt hat.
In den nächsten Minuten verschlimmert sich seine Lage immer mehr. Denn so sehr er sich auch bemüht, den oder die Erpresser zu finden, kann er nichts gegen ihr 20-Minuten-Ultimatum tun. Es sterben weitere Passagiere. Außerdem glauben seine Vorgesetzten, dass er die Maschine entführte. Immerhin soll das Geld auf ein unter seinem Namen laufendes Konto überwiesen werden. Und Marks‘ Handlungen erscheinen zunehmend irrational.
„Non-Stop“ bewegt sich spannend in den durchaus bekannten Genrepfaden. Die Schaupieler und die Regie bieten hochenergetische Suspense, die sich bis auf die ersten und letzten Filmminuten im Flugzeug spielt und quasi in Echtzeit abläuft. Das Drehbuch forciert spannungsfördernd das Tempo. Die falschen Fährten sind klug gelegt und der Film steuert, mit etlichen unlogischen Punkten, die einem beim Ansehen eben wegen des Erzähltempos gar nicht so sehr auffallen, zielstrebig auf das große Finale zu, bei dem es dann auch ordentlich kracht und die Täter und ihr pseudo-politisches Motiv enthüllt werden. Tricktechnisch ist das Ende allerdings eher mau realisiert. Da wünschte ich mir wieder eine Rückkehr zur Prä-CGI-Ära.
Unlogisch ist, zum Beispiel, dass die unbekannten Erpresser präzise wie ein Schweizer Uhrwerk alle zwanzig Minuten einen Menschen sterben lassen. Dabei können sie sich oft auf die Hilfe von Unbeteiligten verlassen und so den Verdacht in andere Richtungen lenken. So entdeckt Marks genau vor dem Ablauf des ersten Ultimatums einen Verdächtigen, den er dann auch gleich umbringt. Nur: woher wussten die Entführer, dass er ihn entdeckt, dass es zu einem Kampf kommt und dass Marks den Kampf gewinnt? Denn wenn Marks nicht gewonnen hätte oder der Verdächtige etwas gesagt hätte, wäre der Film wohl ziemlich schnell vorbei gewesen.
Und so gibt es noch etliche weitere Punkte, bei denen man nicht allzu genau nachdenken sollte. Aber mit Liam Neeson und Julianne Moore gelingt das ziemlich einfach.
Jaume Collet-Serra liefert, wie schon bei seiner ersten Zusammenarbeit mit Liam Neeson „Unknown Identity“, viel Suspense, ein gutes Gefühl für den Schauplatz und etwas krachige Action.
P. S.: Eine Meldung für die Lawrence-Block-Fans: Endlich ist die lange geplante Matt-Scudder-Verfilmung „A Walk among Tombstones“ nicht mehr ein Mär aus Hollywoods-Entwicklungshölle, sonden Realität. „Out of Sight“-Autor Scott Frank verfilmte sein Drehbuch mit Liam Neeson in der Hauptrolle. US-Kinostart ist am 19. September. Der deutsche Kinostart ist noch unklar.
Non-Stop (Non-Stop, USA 2013)
Regie: Jaume Collet-Serra
Drehbuch: John W. Richardson, Chris Roach, Ryan Engle (nach einer Geschichte von John W. Richardson und Chris Roach)
mit Liam Neeson, Julianne Moore, Scoot McNairy, Tom Bowen, Michelle Dockery, Lupita Nyong’o, Nate Parker, Corey Stoll, Omar Metwally, Jason Butler Harner, Linus Roache, Shea Whigham, Anson Mount
Damit hat niemand gerechnet. Ron Burgundy ist zurück. Einige dürften ihn noch von seinem ersten Spielfilmauftritt „Anchorman – Die Legende von Ron Burgundy“ kennen. Da war er der Nachrichtensprecher eines Lokalsenders in San Diego und der ungekrönte König der Stadt, bis die junge Reporterin Veronica Corningstone kam, die nicht nur Ambitionen auf seinen Sprecherposten hatte, sondern ihm auch intellektuell haushoch überlegen war. Der tumbe Macho Burgundy und seine ebenso dummen Mitarbeiter kämpften mit allen Mitteln gegen sie, aber letztendlich konnten sie den Fortschritt nicht aufhalten und am Ende hatten sie sogar gelernt, dass auch Frauen Nachrichtensprecherinnen und echte Journalistinnen sein können. Außerdem verliebten Burgundy und Corningstone sich ineinander. Mit dem Filmende der liebevollen und kurzweiligen, aber auch sehr nachlässig erzählten Siebziger-Jahre-Gagparade war die Geschichte von Burgundy, Corningstone und dem „Action-4-News-Team“ zu Ende erzählt. Fortsetzung überflüssig.
Nun, irgendwie doch nicht. In den USA scheint der von Will Ferrell gespielte Charakter sehr beliebt zu sein. Also wurde nach einem Jahrzehnt die alte Bande wieder zusammengerufen, etliche Stars absolvieren einen Kurzauftritt und eine weitere Ron-Burgundy-Geschichte wird erzählt. Wir haben jetzt 1980. Burgundy und seine Frau Veronica Corningstone sind in New York und präsentieren gemeinsam eine Nachrichtensendung, bis Burgundy wegen erwiesener Unfähigkeit gefeuert wird und seine Frau aufsteigt. Mitten in seiner Depri-Phase (wir erinnern uns an den ersten „Anchorman“-Film) erhält er ein Angebot, das er nicht absagen kann: Kench Allenby (ein Klon aus Ted Turner, Rupert Murdoch und viel Richard Branson) baut den neuen Fernsehsender GNN auf, der 24 Stunden Nachrichten ausstrahlen soll. Eine bescheuerte Idee, findet jeder, aber Burgundy und seine alte Gang, das „Action-4-News-Team“, sind dabei und zielsicher steuert er die No-Gos an, die sich als zukunftsweisend entpuppen sollen. Bei ihm gibt es keine Berichte über Politik und wichtige Ereignisse, sondern substanzloses Geplauder über die schönen und alltäglichen Seiten des amerikanischen Alltags oder eine mehrstündige Live-Schaltung zu einer Autoverfolgungsjagd oder sie probieren vor laufender Kamera die angesagte Droge Crack aus. Kurz: Dinge, die keine Nachrichten sind, werden als Nachrichten verkauft und Burgundy erfindet das heutige Fernsehen.
Genau in diesem Moment wird „Anchorman 2“ zu einem Film, der immer wieder an seiner eigenen Haltungslosigkeit scheitert. Im ersten Film wurde auch erzählt, wie Frauen in eine Macho-Bastion einbrechen und am Ende hat Burgundy (und seine Freunde) gelernt, dass auch Frauen in ihrem Beruf ihre Berechtigung haben. Der Macho, das hirnlose Alpha-Männchen, wird zu einem besseren Mann – und wir konnten, mit den Schauspielern, über die damalige Zeit lachen. Das war ein schöner, nostalgischer Trip, der auch durchaus gelungen damalige Filme parodierte.
In „Anchorman 2“ erfindet eben dieser Trottel das heutige Nachrichtenfernsehen, in dem Boulevard-Meldungen und Pseudo-Nachrichten wichtiger sind als Aufklärung und klassischer Journalismus – und wir sollen es gut finden. Während „Anchorman“ noch eine durchaus fortschrittliche Botschaft hatte, ist „Anchorman 2“ durch und durch konservativ bis reaktionär. Denn wir sollen, im Gegensatz zum ersten „Anchorman“, einen Haufen Idioten bewundern und ihre Leistungen für das Nachrichtenwesen gut finden. Sogar Veronica Corningstone, die immer eine echte Journalistin werden wollte, ergibt sich dem Charme der Nicht-Nachrichten. Sie verrät alles, wofür sie bisher stand und was ihr wichtig war, während aus dem Trottel Burgundy der unumstrittene Held und Prophet wird, der niemals kritisch hinterfragt wird. Von Demontage, wie im ersten „Anchorman“-Film, wollen wir überhaupt nicht reden. Genau dieser – von den Machern vielleicht nicht beabsichtigte – Subtext vermieste mir den ganzen Film.
Da helfen dann auch nicht mehr die hübsch geschmacklosen Klamotten, etliche gelungen Gags (aber es gibt auch misslungene Gags und Leerlauf) und Reminiszensen an den ersten Film, der auch in erster Linie als Gagparade funktionierte.
Anchorman – Die Legende kehrt zurück (Anchorman 2: The Legend continues, USA 2013)
Regie: Adam McKay
Drehbuch: Adam McKay, Will Ferrell
mit Will Ferrell, Steve Carell, Paul Rudd, David Koechner, Christina Applegate, Meagan Good, James Marsden, Josh Lawson, Kristen Wiig, Dylan Baker, Judah Nelson, Greg Kinnear, Harrison Ford, Sacha Baron Cohen, Marion Cotillard, Will Smith, Kirsten Dunst, Jim Carrey, Steve Coulter, Tina Fey, Liam Neeson, John C. Reilly, Vince Vaughn, Kanye West (das meiste sind Cameos und sicher hab ich einige vergessen)
Berlin: Auf einer Vortragsreise hat der US-Wissenschaftler Martin Harris einen Autounfall. Als er danach mit seiner Frau reden will, behauptet sie, dass sie ihn nicht kennt und irgendwelche Dunkelmänner wollen ihn umbringen. Harris will die Wahrheit herausfinden.
Für die Verfilmung wurde die Handlung von Didier van Cauwelaerts spannendem Pulp-Thriller, dank der hiesigen Filmförderung, von Paris nach Berlin verlegt; die Prämisse, einige Charaktere und die Erklärung für Martin Harris’ Amnesie wurden übernommen. Allerdings ist das Ende im Film wesentlich explosiver und der gesamte Film mit zahlreichen Morden, Schlägereien und Verfolgungsjagden zu Fuß und im Auto viel actionlastiger. Das ist zwar nicht besonders logisch und glaubwürdig (eigentlich sogar noch unglaubwürdiger als der Roman), aber ziemlich unterhaltsam. Und die Berlin-Bilder, inclusive einem Zusammenstoß mit einer Tram und einer Explosion im Hotel Adlon, erfreuen natürlich das lokalpatriotische Herz.
mit Liam Neeson, Diane Kruger, January Jones, Aidan Quinn, Bruno Ganz, Sebastian Koch, Frank Langella, Stipe Erceg
Wiederholung: Montag, 6. Mai, 00.00 Uhr (Taggenau!)
Terroristen entführen ein US-Passagierflugzeug. Die Delta Force rückt aus, um den Entführern Manieren beizubringen.
Obwohl „Delta Force“ auf der Entführung des TWA Flug 847 am 14. Juni 1985 basiert, ist Menahem Golans Werk „ein weiteres Monument der Ramb-Ideologie“ (Fischer Film Almanach 1987) und wäre nicht besonders bemerkenswert, wenn die Produzenten Menahem Golan und Yoram Globus, die Cannon-Chefs, die damals als B-Actionfilmschmiede das Bild das Actionkinos bestimmte („Missing in Action“, „Invasion U. S. A.“, „Die City-Cobra“ und viele mehr), nicht so viele Stars für ihren Film verpflichtet hätten. Der Film selbst zerfällt in zwei Hälften: in der ersten wird ziemlich realistisch die Entführung und die Reaktionen der Passagiere gezeigt; in der zweiten entwickelt sich eine abstruse Befreiungsorgie, die komplett auf jegliche Logik verzichtet. Immerhin lernen wir die Chuck-Norris-Methode des effizienten Umbringen des Bösewichts kennen.
Der Rest sind Hurra-Patriotismus für die USA (typisch für Golan/Globus-Filme) und Israel (sehr untypisch), arabische Klischee-Bösewichter und viel Action.
Der Film war bis Juli 2011 indiziert. Nachdem er vom Index genommen und neu geprüft wurde, erhielt er eine „FSK ab 16 Jahre“-Freigabe.
„Delta Force“ ist auch der letzte Film von Lee Marvin.
mit Chuck Norris, Lee Marvin, Martin Balsam, Joey Bishop, Hanna Schygulla, Robert Foster, Lainie Kazan, George Kennedy, Susan Strasberg, Bo Svenson, Robert Vaughn, Shelley Winters, Kim Delaney, Liam Neeson (ungenannt, als Delta-Force-Mitglied)