Der Ghostwriter (The Ghost Writer, Frankreich/Deutschland/Großbritannien 2010)
Regie: Roman Polanski
Drehbuch: Robert Harris, Roman Polanski
LV: Robert Harris: The Ghost, 2007 (Ghost, Der Ghostwriter)
Ein Autor soll innerhalb weniger Tage die Biographie des ehemaligen britischen Premierministers Adam Lang ghostwriten. Als Lang wegen Kriegsverbrechen im „Krieg gegen den Terror“ angeklagt wird, beginnt der gänzlich unpolitische Autor auf eigene Faust zu recherchieren.
Glänzend besetzter, grandioser Paranoia-Thriller, der an Polanskis frühere Filme, wie „Chinatown“ und „Der Mieter“, anknüpft.
mit Ewan McGregor, Pierce Brosnan, Olivia Williams (die eigentlich viel zu jung für ihre Rolle ist), Kim Cattrall, Tom Wilkinson, James Belushi, Timothy Hutton, Eli Wallach (die letzten drei haben nur Kleinstrollen)
Wiederholung: Samstag, 3. Mai, 01.20 Uhr (Taggenau!)
Neues Jahr, neues Filmlexikon, neuer Rückblick auf das vergangenen Filmjahr. Gewohnt kompetent von der Filmdienst-Redaktion im bewährten zum Nachschlagen, Blättern und Versinken geeigneten Aufbau im „Lexikon des Internationalen Films“ präsentiert. Es gibt knapp zweihundert Seiten mit längeren Filmkritiken zu den zwanzig besten Kinofilmen und fünfzehn bemerkenswerten Serien („True Detective: Night Country“ und „Ripley“ sind dabei), Interviews (u. a. mit RP Kahl, Helke Sander, Andreas Dresen, Edward Berger [über „Konklave“] und Catherine Breillat), Porträts (u. a. über Kevin Costner, Sean Baker, George Lucas, Sofia Coppola und Marlon Brando), Nachrufe (u. a. Donald Sutherland, Roger Corman und Alain Delon) und Essays zu bestimmten wichtigen Aspekten des Filmjahres 2023. Beispielsweise über das Independent-Studio A24, Auschwitz im Film, umweltfreundlichere Filmproduktion und iranische Filme.
In dem aus knapp dreihundert Seiten bestehendem lexikalischen Teil werden in alphabetischer Reihenfolge alle über sechzigminütigen Spiel- und Dokumentarfilme aufgelistet, die letztes Jahr in Deutschland erstmals im Kino, auf DVD/Blu-ray, im Fernsehen und bei Streamingportalen gezeigt wurden. Dieser Teil besteht aus fast 1400 gewohnt kundige Kurzkritiken.
Nach Ansicht der Filmdienst-Kritiker waren die zwanzig besten Filme des Kinojahres 2024:
Eine feine Liste sehenswerter Film (wobei ich bei „Furiosa: A Mad Max Saga“ anderer Meinung bin), von denen auch acht Filme auf meiner ebenfalls zwanzig Filme umfassenden Jahresbestenliste standen und ein, zwei Filme in der näheren Auswahl waren. „Queer“ hatte, nachdem er Ende Dezember in einigen wenigen Kinos gezeigt wurde, seinen bundesweiten Kinostart am 2. Januar 2025. Da kann man jetzt trefflich streiten, wann der Kinostart war.
Wie die vorherigen Jahresausgaben des Lexikon des Internationalen Films ist auch die neueste Ausgabe ein Werk, das in jeder gutsortierten Filmbibliothek stehen sollte. Es enthält zahlreiche Tipps für einen spannenden Heimkinoabend – und in einigen Jahren ist es ein unverzichtbarer und immer wieder zum Nachdenken und Erinnern anregender Rückblick auf das Filmjahr 2024.
Ich blättere jetzt ein wenig im Filmjahr 2004. Zu den damals besten Filmen des Kinojahres gehörten „Collateral“, „21 Gramm“, „Fahrenheit 9/11“ und „Gegen die Wand“ – und Günter Jekubzik dachte über den „epochalen Einbruch des Digitalen in die Filmwelt“ nach.
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Filmdienst.de/Katholische Filmkommission für Deutschland (Redaktion: Jörg Gerle, Felicitas Kleiner, Josef Lederle, Marius Nobach): Lexikon des Internationalen Films – Filmjahr 2024/2025
Tramp Charlie muss in einer Fabrik am Fließband arbeiten. Durch eine Verkettung unglücklicher Zufälle landet er sogar im Gefängnis.
Chaplins grandioser Stummfilm-Kommentar zur Industriegesellschaft und den Auswirkungen der Wirtschaftskrise ist ein immer wieder sehenswerter Klassiker der Komödie.
Danach, um 21.40 Uhr, zeigt Arte die brandneue 55-minütige Doku „Chaplins Moderne Zeiten – Der Abschied vom Stummfilm“ (Frankreich 2024).
mit Charlie Chaplin, Paulette Goddard, Chester Conklin, Henry Bergman, Tiny Sandford
SHADA basiert auf den Originaldrehbüchern, die der legendäre Douglas Adams für ein Doctor-Who-Abenteuer verfasste, das nie ausgestrahlt wurde.
Ein Time Lord und alter Freund des Doktors namens Professor Chronotis hat sich an die Universität von Cambridge zurückgezogen, weil dort niemandem auffallen wird, dass er die Jahrhunderte überdauert. Als er Gallifrey verließ, nahm er das Verehrungswürdige und Uralte Gesetz von Gallifrey mit, eines der Artefakte, die aus Rassilons dunklem Zeitalter stammen. Es darf nicht in die falschen Hände fallen. Und der unheimliche Skagra hat definitiv die falschen Hände. Er will das Buch. Er will das Geheimnis von Shada lüften. Und er will den Verstand des Doktors …
Douglas Adams starb im Mai 2001. Er ist der Autor von PER ANHALTER DURCH DIE GALAXIS.
Gareth Roberts hat neun DOCTOR WHO-Romane geschrieben.
P. S.: Es gibt noch weitere „Doctor Who“-Geschichten von Douglas Adams. Wer also die Tage nicht schon wieder per Anhalter durch die Galaxis zum Restaurant am Ende des Universums reisen will.
Barry Egan ist Unternehmer. Allerdings läuft sein Verkauf von Kitschartikeln eher schlecht. Seine sieben Schwestern erdrücken ihn mit ihrer Fürsorge. Ein Telefonsex-Anbieter versucht ihn zu erpressen. Und er selbst findet die Welt immer wieder etwas ver-rückt. Da wird in der Einfahrt zu seinem Garagengeschäft ein alte Harmonium abgestellt und er trifft die überaus liebenswerte Lena.
„Punch-Drunk Love“ ist ein wundervoll derangierter Film. Wie die Hauptfigur, die am amerikanischen Traum, der Realität, seiner Familie (sieben Schwestern!) und sich selbst verzweifelt ohne zu scheitern. Denn Paul Thomas Anderson erzählt gleichzeitig eine romantische Liebesgeschichte mit psychedelischen Einschüben.
Paul Thomas Andersons neuer Film „The Battle of Baktan Cross“ (One Battle After Another) läuft am 25. September 2025 an.
mit Adam Sandler, Emily Watson, Philip Seymour Hoffman, Luis Gusmán, Mary Lynn Rajskub, Robert Smigel
Eternal You – Vom Ende der Endlichkeit (Deutschland/USA 2024)
Regie: Hans Block, Moritz Riesewieck
Drehbuch: Hans Block, Moritz Riesewieck
Sehr sehenswerter und zum Nachdenken anregender Dokumentarfilm über Menschen, die mit ihren verstorbenen Liebsten reden können. Möglich wird das, indem Unternehmen mit der Hilfe von Künstlicher Intelligenz Avatare programmieren, die den Verstorbenen immer mehr ähneln. Verkaufen tun sie es als Hilfe bei der Trauerbewältigung. Stimmt das? Oder sollten solche KI-Anwendungen verboten werden?
Die frisch geschiedene Meg Altman entdeckt mitten in Manhattan ihr Traumhaus. In ihm ist sogar, letzter Schrei der Sicherheitsindustrie für ängstliche, stinkreiche Großstädter, ein Panic Room. In diesen sicheren Raum kann sich der Hausbesitzer während eines Einbruchs zurückziehen und abwarten bis die Polizei anrückt. Meg hält den Raum für überflüssig, aber als in der Nacht drei Einbrecher auftauchen, flüchtet sie mit ihrer Tochter in den Panic Room. Dummerweise wollen die Einbrecher die in diesem Zimmer versteckten Millionen des Vorbesitzers stehlen.
Das mag jetzt neu klingen, aber im Kern erzählt „Panic Room“ eine uralte, aus jedem zweiten Western bekannte Story. Tauschen Sie einfach den Panic Room gegen ein Fort oder eine Wagenburg; die Einbrecher gegen Indianer aus und Sie wissen genau, in welchem Moment die Kavallerie auftaucht. Oh, und in welchem Zustand das Haus ist.
David Koepp und David Fincher machen daraus einen spannenden Hightechthriller.
Oder sagen wir es mit den Worten von Georg Seeßlen: Panic Room „ist vor allem ein reduzierter, ebenso brillant konstruierter wie fotografierter Thriller, ein Kammerspiel des Terrors, das alle Elemente, die am Anfang eingeführt wurden, beständig transponiert, wendet und variiert. Insofern ist Panic Room ein Stück reiner Film-Komposition, in der Sujets, Objekte und Einstellungen die Rollen von Melodien, Takten und Tönen übernehmen (…). Und wie für eine musikalische Komposition, so gilt auch für Panic Room: Es kommt nicht allein auf die Erfindung einer Melodie an, sondern auch darauf, was ein Interpret mit ihr anzustellen weiß.“ (in Frank Schnelle [Hrsg.]: David Fincher)
Mit Jodie Foster, Kristen Stewart, Forest Whitaker, Dwight Yoakam, Jared Leto, Patrick Bauchau, Andrew Kevin Walker (der „Se7en“-Drehbuchautor spielt den verschlafenen Nachbarn)
Drei Tage und ein Leben(Trois jours et une vie, Frankreich 2019)
Regie: Nicolas Boukhrief
Drehbuch: Pierre Lemaitre, Perrine Margaine
LV: Pierre Lemaitre: Trois jours et une vie, 2016 (Drei Tage und ein Leben)
Kurz vor Weihnachten verschwindet in den belgischen Ardennen ein Kind. Die Suche verläuft ergebnislos. Auch weil der zwölfjährige Antoine, der weiß, was passiert ist, schweigt. Fünfzehn Jahre später kehrt er in das Dorf zurück.
Ruhiger Thriller, der an Claude Chabrols schwarzhumorige Abrechnungen mit dem französischen Bürgertum erinnert. Auch wenn die Geschichte in Belgien spielt.
Vor zehn Jahren erhielt Cixin Liu für seinen Roman „Die drei Sonnen“ den renommierten Hugo Award. In China erschien der Science-Fiction-Roman bereits 2006/2008 und er war in seiner Heimat schon ein Erfolg, bevor er in verschiedenen Übersetzungen zu einem weltweiten Erfolg wurde. Auch in Deutschland stürzten Science-Fiction-Fans sich auf den Roman, der gleichzeitig Auftakt der Trisolaris-Trilogie ist.
Danach übersetzte der Heyne Verlag in schneller Folge die weiteren Bände der Trisolaris-Trilogie, seine anderen Romane und Kurzgeschichten. Seine Bücher und Kurzgeschichten waren die Vorlage für Kinofilme, Serien, Comics und Mangas.
Cixin Liu wurde mit Trisolaris-Trilogie zu einem weltweiten Bestsellerautor, Botschafter der chinesischen Science-Fiction-Literatur und Türöffner für seine Kollegen.
Jetzt erschien der Sammelband „Der Blick von den Sternen“, der vor allem den Hunger seiner Fans nach neuen Romanen und Kurzgeschichten befriedigt.
Der Sammelband enthält achtzehn Texte von Liu und ein Interview mit ihm. Es handelt sich um sechs Kurzgeschichten, die zwischen 1999 und 2002 veröffentlicht wurden, zwölf Essays, die Liu zwischen 2002 und 2015 veröffentlichte, und ein 2004 veröffentlichtes Interview über seinen Roman „Kugelblitz“. Die Kurzgeschichten sind Frühwerke, die eine gute Idee haben, aber doch meistens im skizzenhaften verbleiben. Die Essays, wozu auch kurze Statements gehören, liefern selbstverständlich einen Einblick in sein Denken, aber oft fehlt der Zusammenhang und gerade die älteren Texte, wie „Die Welt in fünfzig Jahren“ (2005), sind primär historisch interessant.
Alle Texte, wozu auch die mit dem Publikumspreis des 14. Galaxy Awards auszeichnete Kurzgeschichte „Der Einstein-Äquator“ gehört, erschienen jetzt, so mein Überblick, erstmals auf Deutsch.
Diese Auszeichnung ändert aber nichts daran, dass „Der Blick von den Sternen“ vor allem ein aus verstreut erschienenen Texten zusammengestelltes Werk für seine Fans ist, die wirklich jeden Text von ihm haben wollen.
Alle anderen sollten besser mit „Die drei Sonnen“, dem grandiosen Auftakt seiner Trisolaris-Trilogie, oder dem vorzüglichen Kurzgeschichten-Sammelband „Die wandernde Erde“ beginnen.
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Cixin Liu: Der Blick von den Sternen
(übersetzt von Karin Betz, Johannes Fiederling und Marc Hermann)
Heyne, 2025
336 Seiten
20 Euro
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Originalausgabe
A View from the Stars
Tor Books (Tom Doherty Associates), New York, 2024
LV: Deborah E. Lipstadt: History on Trial: My Day in Court with a Holocaust Denier, 2005
Damit hat die Historikerin Deborah E. Lipstadt nicht gerechnet, als sie in ihrem neuesten Buch den Holocaust-Leugner David Irving scharf angreift. 1996 reicht Irving beim höchsten englischen Zivilgericht eine Verleumdungsklage gegen sie ein. Jetzt muss sie vor Gericht beweisen, dass es den Holocaust wirklich gab.
Eine sehr gute, sehr ehrenwerte und in jeder Sekunde honorige, aber auch etwas bieder geratene Geschichtsstunde. Absolut sehenswert.
ABER nicht in dieser Qualität. 1971 schlug Adrian Maben Pink Floyd, damals bestehend aus der klassischen Besetzung Roger Waters (Bass), David Gilmour (Gitarre), Richard Wright (Keyboards) und Nick Mason (Schlagzeug), vor, in Pompeji im Amphitheater einige Songs ohne Publikum zu spielen und daraus einen Konzertfilm zu machen.
1972 wurde das Werk erstmals der Öffentlickeit präsentiert. Vor dem Kinostart 1974 gab es Nachdrehs in den Abbey Road Studios. Seitdem wurde der Konzertfilm, teils in leicht geänderten Schnittfassungen, immer wieder veröffentlicht.
Präsentiert werden von den vier Musikern im menschenleeren, sonnendurchfluteten Theater heute immer noch bekannte Songs, wie „Echoes“, „One of these Days“ (beide von „Meddle“) und „A Saucerful of Secrets“ (von „A Saucerful of Secrets“ und „Ummagumma“), aber nicht die große Hits von ihren später veröffentlichten LPs. Als Pink Floyd in Pompeji spielte, waren sie bereits eine bekannte Band. Der große Durchbruch erfolgte 1973 mit „The Dark Side of the Moon“. Einige Soundschnipsel aus der LP wurden im Film zu Aufnahmen aus dem Abbey Road Studios verwendet. Dort entstanden auch Aufnahmen von Gesprächen mit und zwischen den Musikern.
Für die aktuelle Kinoauswertung wurde das originale 35mm-Kameranegativ, das kürzlich im Archiv von Pink Floyd entdeckt wurde, in 4K restauriert. Steven Wilson (Porcupine Tree) mischte für das Kino und das Heimkino den Ton neu ab.
Das Bild ist – ich konnte den Musikfilm im IMAX, in einer der vordersten Reihen sitzend, sehen – fantastisch. Das sind Details zu sehen, die frühere Generationen so wahrscheinlich niemals sahen. Der Ton überzeugt ebenfalls.
Der Film selbst ist heute eine Zeitkapsel, der auch eine Band kurz vor ihrem so von niemand erahnbarem großen Durchbruch zeigt. Einige damals revolutionäre Stilmittel sind heute veraltet. Einiges was damals mit großem logistischem Aufwand verbunden war, wird heute lässig für jeden Konzertmitschnitt verwendet. Die Mischung aus live im Amphitheater aufgenommenen Stücken, Impressionen aus dem Studio, Gesprächen und pointillistisch eingestreuten Bildern von durch die Landschaft laufenden Musikern und römischen Fresken war damals sicher aufregender als heute, wo wir solche Montagen schon hunderttausendmal gesehen haben. Jedenfalls hätte ich gerne mehr von ihrem Auftritt in Pompei gesehen.
Als historisches Dokument und als wegweisender Konzertfilm ist „Pink Floyd at Pompeii“ immer noch sehenswert und in der aktuellen Fassung, betitelt als „Pink Floyd at Pompeii – MCMLXXII“, im Kino ein Erlebnis, das wegen der Bilder und der Musik im größten Kinosaal mit der besten Soundanlage gesehen werden sollte.
Für das Heimkino und die heimische Stereonanlage erscheint der Konzertfilm am 2. Mai als CD, DVD, Blu-Ray und LP.
Pink Floyd at Pompeii – MCMLXXII(Pink Floyd at Pompeii – MCMLXXII, Großbritannien/USA 2025)
Regie: Adrian Maben
Drehbuch (eher Idee): Adrian Maben
mit Roger Waters, David Gilmour, Richard Wright, Nick Mason
Länge: 89 Minuten
FSK: ab 0 Jahre
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alternativer Titel/Originaltitel: Pink Floyd: Live at Pompeii (Frankreich/Deutschland 1972/1974)
Der aus Sussex kommende Tom Michell (Steve Coogan) ist, nach einer langen Tour durch ähnliche Schulen in Südamerika, 1976 in Buenos Aires gelandet. Er ist im noblen St. George’s College der neue Englischlehrer. In dem von der Außenwelt durch eine Mauer getrenntem Jungeninternat sind die Regeln streng. Ihm wird die lernschwache siebte Klasse zugewiesen. Er soll ihre Leistungen soweit verbessern, dass sie versetzt werden können.
Nach dem Militärputsch wird die Schule für einige Tage geschlossen. Zusammen mit einem Kollegen unternimmt er einen typischen Junggesellenausflug nach Uruquay. Um eine Frau, die er am Strand trifft, zu beeindrucken und so später Sex mit ihr zu haben, rettet er einen ölverschmutzten Pinguin vor dem Tod. Der Pinguin überlebt. Die Frau will trotzdem nicht mit ihm ins Bett gehen. Außerdem verfolgt der Pinguin ihn fortan überall hin. Am Strand, wenn der Pinguin hinter Tom herläuft, ist das ein putziges Bild. Wenn er den Pinguin im Handgepäck über die Grenze schmuggeln muss und er ihn im Internat in seinem Zimmer – erfolglos – vor neugierigen Blicken schützen will, ist das weniger putzig, sondern gefährlich, weil er gegen verschiedene Regeln verstößt und er seine Arbeit und seine Freiheit verlieren könnte.
Aber „Der Pinguin meines Lebens“ ist kein Drama, sondern eine humoristische Feelgood-Komödie über einen ausgebrannten, sarkastischen Lehrer, der dank der Hilfe eines Pinguins zu einem besseren Menschen wird. Und der mit der Hilfe des Pinguins seine Schüler zu besseren Schülern macht.
Der historische Hintergrund bleibt eine pittoreske Kulisse.
„Ganz oder gar nicht“-Regisseur Peter Cattaneo inszenierte die Geschichte nach einem Drehbuch von Jeff Pope. Pope schrieb auch die Drehbücher für „Philomena“ und „Stan & Ollie“, die beide mit Steve Coogan verfilmt wurden. Und wie schon „Philomena“ und „Stan & Ollie“ basiert die Geschichte auf einer wahren Geschichte. In diesem Fall den 2015 erschienenen gleichnamigen Memoiren von Tom Michell. Dieses Mal nahm Pope sich Freiheiten. Die auffälligste und folgenreichste Änderung ist, dass er Michells Alter änderte. Der echte Tom Michell war damals Mitte zwanzig. Der von Steve Coogan im Film als liebenswert-sarkastischer Miesepeter mit dem Herzen auf dem rechten Fleck gespielte Michell ist ein Mann in den Fünfzigern. Er blickt auf ein längeres Leben zurück und er ist auch ein anderer Charakter als der echte Michell.
Aber warum sollte die Wahrheit eine schöne Geschichte stören?
Der Pinguin meines Lebens (The Penguin Lessons, Großbritannien/Spanien 2024)
Regie: Peter Cattaneo
Drehbuch: Jeff Pope
LV: Tom Michell: The Penguin Lessons, 2015 (Der Pinguin meines Lebens)
mit Steve Coogan, Vivian El Jaber, Björn Gustafsson, David Herrero, Jonathan Pryce, Alfonsina Carrocio, Mica Breque
Während eines Treffens mit einer Profi-Killerin wird Ray King (J. K. Simmons) ermordet. Nicht unauffällig in einer dunklen Gasse, sondern von einem ganzen Killerkommando, das vor, hinter und in dem Lokal auf ihn und die Profi-Killerin wartete und alle tötet, die zwischen ihnen und ihrem Ziel stehen. Vor seinem Tod kann King die kryptische Botschaft „Find the Accountant“ (oder auf Deutsch: „Finde den Buchhalter“) auf seinen Unterarm schreiben. Während U. S. Treasury Deputy Director Marybeth Medina (Cynthia Addai-Robinson), die Nachfolgerin von King im US-Finanzministeriums, noch den Buchhalter sucht, haben wir ihn bereits gefunden. Er lebt immer noch in seinem Wohnwagen und besucht eine Partnerbörse.
Wir kennen aus dem Thriller „The Accountant“. Der lief 2016 durchaus erfolgreich im Kino und wird auf Streamingportalen immer noch gerne gesehen. Kein Wunder, denn Gavin O’Connor erzählt kraftvoll und konzentriert eine weitgehend vertraute Geschichte gut konstruiert, mit einigen Twists und einem interessanten Helden. Denn der titelgebende Accountant Christian Wolff (Ben Affleck) ist gleichzeitig ein zurückgezogen lebender Autist, der gut mit Zahlen umgehen kann und die Buchhaltung für verschiedene Verbrechersyndikate erledigt, und ein, zusammen mit seinem Bruder Brax (Jon Bernthal), von seinem Vater ausgebildeter Killer. Brax schlug später eine Karriere als Auftragskiller ein. Im Finale von „The Accountant“ treffen sie aufeinander.
O’Connor erzählte, nach einem Drehbuch von Bill Dubuque, in „The Accountant“ eine runde, in sich abgeschlossene Geschichtet, die nach keiner Fortsetzung verlangte. Eigentlich war alles gesagt.
Aber natürlich geht es weiter. Schließlich kann der titelgebende Buchhalter in ein weiteres Abenteuer hineinstolpern oder er kann, nach den Ereignissen des ersten Films, zum Kreuzritter gegen das Verbrechen werden und sich eine Verbrecherbande nach der nächsten vornehmen.
Und das macht er auch in „The Accountant 2“. Bei King wurde ein älteres Bild von einer vor acht Jahren aus El Salvador geflüchteten dreiköpfigen Familie gefunden: Zusammen mit Medina nimmt Christian die Fährte der skrupellosen und über beträchtliche Ressourcen verfügenden Menschenschmuggler auf. Dabei soll ihm sein Bruder Brax helfen.
Das Ergebnis ist ein unterhaltsamer Thriller, in dem ständig etwas passiert. Aber wahrscheinlich kann noch nicht einmal der Drehbuchautor die Story schlüssig in wenigen Worten nacherzählen. Die Motive der Figuren sollte man auch nicht so genau hinterfragen. Letztendlich tun sie, was sie tun, weil es so im Drehbuch steht. Die Guten tun gute Dinge, auch wenn sie foltern und töten. Die Bösen sind böse. Sie sind so böse, dass sie sogar Kinder umbringen würden. Dazwischen wird mild eine Lanze für die aus Südamerika in die USA flüchtenden Menschen gebrochen.
Die Story ist ein Potpourri bekannter Thrillerszenen und -motive, die locker-flockig aneinandergereiht werden. Nie wird die erzählerische Geschlossenheit oder Dringlickeit des ersten Films erreicht. In „The Accountant 2“ passieren Dinge einfach. Die Geschichte erstreckt sich über die halbe USA, aber die Figuren sind im richtigen Moment immer am richtigen Ort. Gavin O’Connor inszeniert das kompetent. Wuchtig in den wenigen Actionszenen. Eher plätschernd in den teils endlosen Dialogen. Wenn Christian und sein Bruder Brax ihren Beziehungsstatus erörterten eher nervig in Buddy-Humor-Gefilden. Wenn die beiden Brüder zusammen mit der Beamtin Medina die Bösewichter jagen, gibt es, weil sie vollkommen unterschiedliche Ermittlungsmethoden haben, einige witzige Szenen.
„The Accountant 2“ ist okay, aber nicht so gut wie der erste Film.
Ein dritter Film ist bereits in Planung.
The Accountant 2 (The Accountant 2, USA 2025)
Regie: Gavin O’Connor
Drehbuch: Bill Dubuque
mit Ben Affleck, Jon Bernthal, Cynthia Addai-Robinson, Daniella Pineda, Allison Robertson, J. K. Simmons
Sabotage – Deutschland in Putins Visier (Deutschland 2025)
Regie: Diana Löbl, Peter Onneken
Brandneue 45-minütige Doku über aktuelle und mögliche russische Anschläge auf Deutschland mit explodierenden DHL-Paketen, Anschlägen auf Frachtflugzeuge und, zuletzt öfter in den Nachrichten zerstörten Unterseekabeln in der Ostsee. Löbl und Onneken porträtieren diesen hybriden Krieg.
Drehbuch: Dan McDermott, John Glenn, Travis Adam Wright, Hillary Seitz
Actionfilm über einen slackerhaften Copyshop-Angestellten und eine alleinerziehende Mutter, die plötzlich in das Fadenkreuz von Polizei und Geheimdiensten geraten. Die Regierung hält sie für gemeingefährliche Terroristen. Eine geheimnisvolle Frau hilft ihnen via Telefon immer wieder aus der größten Gefahr. Und die beiden Gejagten wollen herausfinden, warum sie öfters in Lebensgefahr geraten als James Bond in einem halben Dutzend Abenteuer.
Der Paranoiathriller soll nach Meinung der Macher vor der totalen Überwachung warnen. Das dürften einige ältere Filme („Staatsfeind Nr. 1“?; um nicht in die siebziger Jahre zurückzugehen) schon besser erledigt haben. Dafür gibt es Action satt, eine damals aufsehenerrengenden Cast mit aufstrebenden Stars (wie „Transformers“ Shia LaBeouf, der danach karrieretechnisch in die falsche Richtung abbog) und vielen Anspielungen auf andere Filme. Den Kritikern gefiel’s nicht. Dem zahlenden Publikum schon mehr.
mit Shia LaBeouf, Michelle Monaghan, Rosario Dawson, Michael Chiklis, Billy Bob Thornton, Anthony Mackie, Julianne Moore (Stimme, im Original)
Die Körperfresser kommen (Invasion of the Body Snatchers, USA 1978)
Regie: Philip Kaufman
Drehbuch: W. D. Richter
LV: Jack Finney: The Body Snatchers, 1955 (Unsichtbare Parasiten, Die Körperfresser kommen )
Außerirdische Sporen landen auf der Erde und entwickeln sich zu Doppelgängern von Menschen. Sie beginnen die Macht auf der Erde zu übernehmen. Dr. Matthew Benell versucht die Menschheit zu warnen.
Die damalige Kritik war ziemlich ungnädig gegenüber dem aus heutiger Sicht gelungenem und, wie die regelmäßigen Wiederholungen zeigen, beständigem Remake mit einem legendären Ende. Auch die Grundidee, „dass es die urbane Entfremdung praktisch unmöglich macht, zwischen Zombies und Menschen zu unterscheiden“ (Phil Hardy, Hrsg.: Die Science Fiction Filmenzyklopädie, 1998) ist heute, wo alle mit dem Blick auf das Smartphone und dem Kopfhörer über den Ohren, aktueller denn je.
Entsprechend positiv sind heutige Einschätzung des SF-Films.
Hier einige zeitgenössische Kritiken:
„Nur in wenigen Sequenzen erreicht er die albtraumhafte Qualität des Originals“ (Hans C. Blumenberg, Die Zeit)
„Durch die auf äußere Effekte ausgerichtete Inszenierung wird die tiefere Dimension der Horrorgeschichte nicht erfasst.“ (Lexikon des internationalen Films)
„Philip Kaufmans Remake ist zwar nicht weniger spannend, hat die Geschichte jedoch stark verflacht und die nach innen gelagerte Dramatik dieses Stoffes den äußerlichen Effekten geopfert.“ (Fischer Film Almanach 1980)
Das Remake kommt „bei weitem nicht an das Original heran“ (Ronald M. Hahn/Volker Jansen: Lexikon des Science Fiction Films, 1983)
Später wurde es, wie gesagt, positiver:
„Dies ist eines der interessantesten Remakes innerhalb der Neuverfilmungen, die Hollywood in den siebziger Jahren hervorbrachte.“ (Phil Hardy, Hrsg.: Die Science Fiction Filmenzyklopädie, 1998)
„effektvolle Gruselthriller“ (Manfred Hobsch: Mach’s noch einmal!, 2002)
Das 1956 von Don Siegel inszenierte Original „Die Dämonischen“ (Invasion of the Body Snatchers) könnte auch mal wieder gezeigt werden.
Ebenso Abel Ferraras ebenfalls sehenswerte 1992er Version der Geschichte „Body Snatchers – Angriff der Körperfresser“.
Mit Donald Sutherland, Brooke Adams, Leonard Nimoy, Veronica Cartwright, Jeff Goldblum, Art Hindle, Kevin McCarthy, Don Siegel, Robert Duvall