Agent Trouble – Mord aus Versehen (Agent Trouble, Frankreich 1987)
Regie: Jean-Pierre Mocky
Drehbuch: Jean-Pierre Mocky
LV: Malcolm Bosse: The Man who loved Zoos, 1974
Im Elsass stürzt ein Reisebus mit fünfzig Fahrgästen in einen Bergsee. Ein tragischer Unfall, heißt es. Aber Tierschützer Victorien weiß, dass die Passagiere schon vorher tot waren. Kurz darauf wird er ermordet – und seine Tante Amanda (Catherine Deneuve) beginnt den Mörder zu suchen.
Diese Quasi-TV-Premiere (1990 strahlte RTL plus den Film aus; weitere TV-Ausstrahlungen sind nicht bekannt) dürfte Catherine Deneuves unbekanntester Film sein. Seine deutsche Premiere erlebte er 1989 auf Video.
Könnte trotzdem eine Entdeckung sein.
„Agent Trouble“gehört „als Hommage an den klassischen englischen Kriminalfilm, zu seinen diszipliniertesten Arbeiten, wenngleich er seine spezifische Handschrift auch hier in keiner Weise verleugnet.“ (Fischer Film Almanach 1990)
mit Catherine Deneuve, Richard Bohringer, Tom Novembre, Dominique Lavanant, Sophie Moyse, Kristin Scott Thomas, Sylvie Joly, Pierre Arditi
Regie: Quentin Tarantino (Regie „Nation’s Pride“: Eli Roth)
Drehbuch: Quentin Tarantino (deutsche Dialoge: Tom Tykwer; französische Dialoge: Nicholas Richard)
Frankreich, 1944: Aldo Raine und seine Spezialeinheit sind zum Nazi-Skalpieren nach Europa gekommen. Die Jüdin Shosanna will den SS-Mann Hans Landa (Oscar für Christoph Waltz), der ihre Familie umbrachte, töten. In Paris, in einem Kino, treffen sie sich.
Ein feiner Kriegsfilm, den man unbedingt in der Originalfassung, in der meisterlich zwischen den verschiedenen Sprachen gewechselt wird, ansehen sollte. Außerdem wird auch im Original die meiste Zeit deutsch gesprochen.
Wahrscheinlich wird die deutsche Synchronisation gezeigt.
mit Brad Pitt, Mélanie Laurent, Eli Roth, Christoph Waltz, Michael Fassbender, Diane Kruger, Daniel Brühl, Til Schweiger, Gedeon Burkhard, Jacky Ido, B. J. Novak, Omar Doom, August Diehl, Sylvester Groth, Martin Wuttke, Mike Myers, Julie Dreyfus, Mike Myers, Rod Taylor, Sönke Möhring, Ken Duken, Christian Berkel, Ludger Pistor, Jana Pallaske, Bo Svenson, Enzo G. Castellari (als er selbst), Samuel L. Jackson (Erzähler in der Originalversion)
Big Fish – Der Zauber, der ein Leben zur Legende macht (Big Fish, USA 2003)
Regie: Tim Burton
Drehbuch: John August
Literaturvorlage: Daniel Wallace: Big Fish – A Novel of Mythic Proportions, 1998 (Big Fish)
Vertreter Edward Bloom ist ein begnadeter Geschichtenerzähler. Sein Sohn Will, der hinter den Geschichten nie den wahren Edward Bloom sah, brach deshalb vor Jahren entnervt den Kontakt zu ihm ab. Jetzt sitzt er an Edwards Sterbebett und versucht zum letzten Mal die Beziehung zu seinem Vater zu kitten. Aber dieser erzählt nur wieder einmal die altbekannten Geschichten aus seinem Leben und erfindet einige neue dazu.
Das Buch, eine lockere Sammlung von Episoden, ist bestenfalls solala. Aber der Film, der sich in vielen Teilen von dem Buch entfernt, die Episoden aus dem Buch und zahlreiche neue zu einer Biographie zusammenfügt und dabei das Thema des Buches deutlicher herausarbeitet, ist eine zwischen trister Realität und farbenfreudiger Fantasie wechselnde Liebeserklärung an das Erzählen von Geschichten, die am Ende doch nicht so erfunden sind, wie der Sohn immer annahm.
Mit Ewan McGregor, Albert Finney, Billy Crudup, Jessica Lange, Helena Bonham Carter, Loudon Wainwright III, Steve Buscemi, Danny DeVito, Daniel Wallace (Econ Professor)
TV-Premiere. Christian Petzold erzählt von vier jungen Menschen, die an der Ostsee in einem abgelegenem Ferienhaus einige Tage gemeinsam verbringen, prokrastinieren, reden und sich verlieben.
Definitv nicht sein bester Film. Aber das ist Jammern auf ziemlich hohem Niveau.
Auf der Berlinale gab es für seinen Sommerfilm viel Kritkerlob und den Silbernen Bären.
Wenige Tage nach der Meldung, dass „In die Sonne schauen“ der deutsche Kandidat für den Auslandsoscar ist, läuft Mascha Schilinskis in Cannes mit dem Preis der Jury ausgezeichneter Film im Kino an. Begleitet wird er von euphorischen Kritiken, denen ich mich nicht anschließen kann.
Schilinskis Drama spielt in Sachsen-Anhalt in der Altmark auf einem Vierseitenhof. Sie erzählt auf vier kaum zu unterscheidenden Zeitebenen – nämlich den zehner, vierziger und achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts und den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts – von jungen Frauen, eher noch Kinder oder Mädchen, ihrem Leben und wie ihre Leben, auch wenn sie sich nicht kennen, miteinander verflochten sind. Möglicherweise sind sie noch nicht einmal miteinander verwandt. So steht in dem in den 2020ern spielenden Geschichte eine aus Berlin kommende, renovierungsfreudige Familie, über die wir nichts erfahren und die offensichtlich nichts mit den Vorbesitzern zu tun hat, im Mittelpunkt. Es geht immer um „unausgesprochene Ängste, verdrängte Traumata, verschüttete Geheimnisse“ und ihre Leben sind „auf unheimliche Weise miteinander verwoben“ (Synopsis, Presseheft).
Daraus entsteht keine herkömmliche Geschichte. Es entsteht auch kein eindeutig interpretierbares Geflecht von Bildern. Der Film ist eher ein frei flottierender Bewusstseinsstrom von Bildern und Assoziationen, ohne Ursache und Wirkung. „In die Sonne schauen“ kann als lyrisches Gedicht gesehen werden, das diese Zeitebenen und Frauenschicksale miteinander verbindet und dabei das genaue „wie“ und „warum“ der Verbindung der Kombinationsfreude des Zuschauers überlässt. Naheliegende Interpretationen, wie sexuelle Gewalt, Frauen unterdrückende Machtverhältnisse und wie sie sich dagegen wehren, können in den Film interpretiert werden. Schließlich wird das alles angesprochen. Oder präziser: es gibt Bilder, die mühelos so interpretiert werden können. Allerdings kann das in fast jeden Film hineininterpretiert werden; vor allem, wenn man gerade nicht weiß, um was es geht und man schlau wirken möchte. Bei „In die Sonne schauen“ verbleibt jede Interpretation auf einer rein assoziativen Ebene. Sie erklärt nichts. Sie ist willkürlich. Sie behauptet Zusammenhänge zwischen früheren und Jahrzehnte späteren Ereignissen. Aber mit der Interpretation, dass es um Macht und die Unterdrückung von Frauen geht, kann ich gut leben.
Die Regisseurin deutet allerdings eine andere Interpretation an: „Hinter ihrem assoziativen Bilderstrom werden immer mehr Zusamenhänge sichtbar, Muster von Wiederholungen. (…) Es geht darum, was in uns durch die Zeiten hindurch lebt, uns bestimmt und uns vielleicht sogar aus der Zeit heraus, aus der Zukunft anblickt. (…) Es geht auch um die Frage, was eventuell in unseren Körpern eingraviert ist, was vielleicht lange vor unserer Geburt geschah. (…) Es sollte ein Gefühl entstehen, als hinterließen die Erlebnisse unserer Vorfahren in unseren Körpern Spuren.“
Als Beispiele nennt sie auf den ersten Blick rätselhaften Geschichten von einem Kind, das Kindheitserlebnisse seines Vaters träumt, einem Jungen, der nach einer Explosion durch den Wald läuft und an einem Ort gefunden wird, an dem sich seine Familie während des Zweiten Weltkriegs vor Angriffen versteckte und von einem Mädchen, das in einer Therapie von sexuellem Missbrauch erzählt, den ihre Mutter erfahren hat.
Diese Interpretation führt dann geradewegs ins esoterische Geschwurbel, das hier ernsthaft diskutiert werden soll. Dann geht es um irgendwelche Dinge, die unter einigen der teils nicht miteinander verwandten Bewohner des Hofes nach irgendeinem Zufallsprinzip weitergegeben werden, weil das in diesem Haus so ist.
So betrachtet ist „In die Sonne schauen“ sich in rätselhaften Andeutungen ergehendes, mit zweieinhalb Stunden Laufzeit überlanges New-Age-Geschwurbel;- und wahrscheinlich ist das genau der Grund, warum mich das Arthaus-Drama in keinster Weise ansprach und unendlich langweilte.
Einer der uninteressantesten Filme des Jahres.
In die Sonne schauen (Deutschland 2025)
Regie: Mascha Schilinski
Drehbuch: Mascha Schilinski, Louise Peter
mit Lena Urzendowsky, Laeni Geiseler, Zoë Baier, Hanna Heckt, Lea Drinda, Luise Heyer, Greta Krämer, Filip Schnack
Das ist jetzt ein Film für den Noir- und Hardboiled-Fan und die Fans von Krimiautor Charlie Huston, der ab 2004 mehrere grandiose Romane, drei davon mit ‚Prügelknabe‘ Hank Thompson und fünf mit Joe Pitt schrieb. Die Pitt-Romane sind eine gelungene Mischung aus Hardboiled-Privatdetektiv- und Vampirroman. Im letzten Jahrzehnt orientierte Huston sich Richtung Hollywood, unter anderem als Autor und Produzent der TV-Serie „Gotham“. Die Huston-Fans dürfen sich freuen, dass jetzt sein erster Hank-Thompson-Roman fürs Kino verfilmt wurde. Und zwar von keinem geringerem als Darren Aronofsky. Zu seinen vorherigen Filmen gehören „The Whale“, „Black Swan“, „The Wrestler“ und „Requiem for a Dream“. Das sind alles hochgelobte und vielfach ausgezeichnete Arthaus-Filme. Manchmal geht es in seinen Filmen in Richtung Horrorfilm, aber bislang nie in Richtung Kriminalfilm. Und trotzdem ist er, das kann schon jetzt verraten werden, eine ausgezeichnete Wahl. Wobei ‚Wahl‘ etwas missverständlich ist. Denn, so Aronofsky, der Hustons Roman kurz nach seinem Erscheinen las und seitdem an eine Verfilmung dachte: „I was so entertained and pumped by the book when I first read it 18 years ago. Then a bunch of time passed, and Charlie tracked me down with an email out of the blue—they now controlled the book and had written a screenplay.”
Huston ergänzt: „I wrote this book way back in 1998, the year the story is set in. There’s a ton of my own lived experience in the story’s main character. When Darren Aronofsky reached out to me 18 years ago to say that he was interested in the book, it was super exciting. I loved the idea of Darren taking his visual sensibility and the dynamism of his storytelling and applying it to this story.”
Wie gesagt, schrieb Charlie Huston das Drehbuch. Aus Hank Thompson wurde Hank Thomas. Gespielt wird er von „Elvis“ Austin Butler.
Hank hatte bis zu einem fatalen Autounfall eine glänzende Karriere als Baseball-Spieler vor sich sich. Jetzt, was in diesem Fall 1998 ist, jobbt er in New York in der Lower East Side in einer Kaschemme, in der sich die trinkfreudige Nachbarschaft trifft. Er ist mit der Rettungssanitäterin Yvonne liiert. Er lebt in einem dieser heruntergekommenen New-Yorker-Apartments, die zuletzt vor Jahrzehnten renoviert wurden. Seine Nachbarn sind – naja, auch keine Millionäre. Einer ist Russ, ein Punk, der jetzt unbedingt nach London zu seinem im Sterben liegendem Vater muss. Er bittet Hank, auf seine über alles geliebte Katze aufzupassen.
Der gutmütige Hank sagt zu und gerät in Teufels Küche. Denn Russ hat anscheinend ungefähr mit allen örtlichen Verbrechergangs und der Polizei Ärger. Sie wollen etwas von Russ und sie glauben, dass Hank weiß, wo der gesuchte Gegenstand ist. Keiner dieser ungefragt in seiner Wohnung auftauchenden Gangster schreckt vor Gewalt zurück. Seine Chancen, die Geschichte lebendig zu überleben, tendieren, wie ihm eine Polizistin erklärt, gegen Null.
„Caught Stealing“ ist ein schön schwarzhumoriger Hardboiled-Krimi mit einem gut aufgelegtem Ensemble und einer Menge überraschender Wendungen. Aronofsky, der damals, wie Huston, in dem Viertel lebte und der dort auch sein Spielfilmdebüt „Pi“ inszenierte, skizziert schnell die verschiedenen Gruppen und Ethnien und ihre Besonderheiten. Ein Höhepunkt sind dabei die beiden jiddischen Gangster, die gleichzeitig orthodoxe Juden und Brüder sind.
Der mit einigen selten gezeigten Stadtansichten von New York garnierte Krimi ist definitiv keine Kopie von Quentin Tarantino (der in den Neunzigern von jedem zweiten Regisseur schlecht kopiert wurde) oder Guy Ritchie (dem englischen Pendant zu Tarantino, der dann zu sehr in dicke Muckis, harte Jungs und filmische Spielereien verliebt ist). „Caught Stealing“ ist ein absolut eigenständiger Krimi – und ein willkommener Anlass, die aktuell nur noch antiquarisch erhältlichen Hardboiled-Krimis von Charlie Huston im nächsten Antiquariat zu…kaufen.
Caught Stealing (Caught Stealing, USA 2025)
Regie: Darren Aronofsky
Drehbuch: Charlie Huston
LV: Charlie Huston: Caught Stealing, 2004 (Der Prügelknabe)
mit Austin Butler, Regina King, Zoë Kravitz, Matt Smith, Liev Schreiber, Vincent D’Onofrio, Griffin Dunne, Benito A Martínez Ocasio, Carol Kane, Laura Dern
Eine gute Idee kann gerne mehrmals verwendet werden. Schließlich protestiert niemand gegen die nächste Shakespeare-Aufführung und Verfilmung mit dem Hinweis, dass das Stück bereits präsentiert wurde.
Darum spricht auch nichts gegen eine neue Verfilmung von Warren Adlers „The War of the Roses“, das in Deutschland zuerst als „Der Rosenkrieg“ erschien und jetzt, in einer neuen Übersetzung, als „Die Rosenschlacht“ veröffentlicht wurde.
Adler erzählt schwarzhumorig und unerbittlich an der Eskalationsschraube drehend den Scheidungskrieg des Ehepaares Rose. Als sie sich kennen lernen, ist es Liebe auf den ersten Blick. Sie heiraten. Er macht als Anwalt Karriere. Sie zieht die Kinder groß und richtet das Haus ein. Zwanzig Jahre nach ihrer ersten Begegnung wird Jonathan in ein Krankenhaus eingeliefert. Er vermutet, er habe einen Herzinfarkt und liege im Sterben. Es ist nur ein harmloser Zwerchfellbruch. In dem Moment – auf Seite 49 in der aktuellen deutschen Ausgabe des Buches – erkennt Barbara, dass sie ihren Mann nicht mehr liebt und künftig ohne ihn leben will. Sie will die Scheidung und das Haus. Er will ebenfalls das Haus.
Auf den folgenden Seiten des 270-seitigen Romans erzählt Adler, wie sie mit immer drastischeren Mitteln um das Haus kämpfen und dabei physisch und psychisch immer mehr verfallen.
1990 verfilmte Danny DeVito die Geschichte mit Michael Douglas und Kathleen Turner in den Hauptrollen. „Der Rosenkrieg“ ist eine hundsgemeine schwarze Komödie mit einer ordentlichen Portion Slapstick. Der Film war ein Hit und ist heute ein Klassiker.
Jetzt verfilmte Jay Roach („Bombshell“), nach einem Drehbuch von Tony McNamara („The Favourite“, „Poor Things“), die Geschichte wieder. Benedict Cumberbatch und Olivia Coleman übernahmen die Hauptrollen. Die Geschichte wurde selbstverständlich aktualisiert. Auch wenn in dem Roman und der ersten Verfilmung kaum erkennbar ist, wann die Geschichte spielt, macht es einen Unterschied, ob die Geschichte 1981 (Roman), 1990 (erste Verfilmung) oder 2025 (die aktuelle Verfilmung) spielt. Die Zeit, die Gesetze und die Ansichten über Scheidung und die Rolle der Frau änderten sich; – obwohl sie in dem konservativen, vermögendem Milieu, in dem Geschichte spielt, eher gleich blieben. Die Geschichte spielt immer in den USA, aber sie könnte, mit kleinsten Veränderungen, genauso gut in einem anderen Land spielen. Solange der Kern der Geschichte – der eskalierende Krieg der Roses gegeneinander – erhalten bleibt, ist es der Rosenkrieg.
Auch in Jay Roachs Film fetzten sich die Roses. Bis es dazu kommt vergeht allerdings viel Filmzeit. Und auch dann ändert sich nichts an den grundsätzlichen Problemen dieser Komödie. Denn Roach trifft so viele falsche Entscheidungen bei den Figuren und der Story, die aus einem angekündigtem Krieg ein laues Lüftchen machen.
Das beginnt schon bei der ersten Begegnung von Jonathan und Barbara (so heißen sie im Roman) bzw. von Oliver und Barbara (so heißen sie in DeVitos Film) bzw. von Theo und Ivy (so heißen sie in Roachs Film).
Bei Warren Adler und Danny DeVito ist die erste Begegnung der Beiden bei einer Auktion. Sie bieten gegeneinander um den selben Gegenstand und verlieben sich sofort ineinander. DeVito zeigt außerdem vom ersten Moment, dass es später Probleme in ihrer Beziehung geben wird.
Bereits in diesem Moment präsentieren Adler und DeVito das künftige Traumpaar als äußerst wettbewerbsorientierte Menschen, die, wenn sie eine Sache haben wollen, nur sehr schwer bis überhaupt nicht nachgehen können. Entsprechend schwer fallen ihnen, weil sie dann ja verlieren, Kompromisse. Wie schwer, zeigt dann die Geschichte ihrer Scheidung.
Roach führt sie dagegen mit einem Gespräch bei einer Paartherapeutin ein. Sie sollen zehn Dinge nennen, die sie bei dem anderen schätzen. Es wird eine Liste von Beleidigungen; wobei Theo die letzten Beleidigungen von Ivy zustimmend lachend als ziemlich witzig bezeichnet. Als die Therapeutin meint, sie könne nichts tun und eine Trennung empfiehlt, wenden die Roses sich spontan gegen sie und drohen, sie zu verklagen. Vor der Praxis der Therapeutin klatschen sie sich ab. Die Botschaft ist klar: die beiden gehören zusammen.
Dann zeigt Roach, wie sie sich kennen lernen. Er ist Architekt (bei Adler und DeVito ist er ein Anwalt). Mit seinen Kollegen ißt er in einem noblen Restaurant. Gelangweilt von den Gesprächen seiner Kollegen geht Theo in die Küche. Dort trifft er die von ihrer Arbeit gelangweilte Ivy. Es ist Liebe auf den ersten Blick. In dieser Szene nimmt Roach den unbedingten Willen der Figuren, um jeden Preis zu gewinnen, aus der Geschichte. Schließlich konkurrieren sie nicht um die selbe Sache. Aber sie sind sich einig, dass ihre Talente von ihren Chefs nicht geschätzt werden.
Beide Szenen schwächen die Grundidee der ursprünglichen Geschichte.
Das setzt sich durch den gesamten Film fort bis zur letzten Szene. Diese hat nichts von der Eindeutigkeit und Schärfe des Buchendes oder des in Details anderen Endes von DeVitos Film.
Das zweite große Problem des Films ist, dass der titelgebende Rosenkrieg in Roachs Film erst im dritten Akt wirklich beginnt. Weil der Film in dem Moment fast vorüber ist, muss er atemberaubend schnell eskalieren.
Bis dahin plätschert die Geschichte vor sich hin. Ungefähr zwanzig Beziehungsjahre, in denen die beiden Kinder erwachsen werden und die unterschiedlichen Karrieren von Theo, der mit seinen Architekturprojekten keinen Erfolg hat, und Ivy, die mit ihrem Restaurant erfolgreich ist, werden in epischer Breite geschildert. Kleinere Verstimmungen zwischen den beiden Eheleuten werden gezeigt, aber sie könnten auch immer wieder als kleine Unaufmerksamkeiten oder Neckereien oder halt die üblichen Streitereien, die es in jeder Ehe gibt, betrachtet werden. Schließlich verstehen sich die Roses verdammt gut, lieben, schätzen und helfen sich auch. So übernimmt der von zu Hause aus arbeitende Architekt Theo klaglos die Erziehung der Kinder, während Ivy ihr expandierendes Restaurant führt. Später ermöglicht sie ihm den Bau seines Traumhauses. Das ist die Geschichte einer Ehe.
Im Roman und in DeVitos Film beginnt der Scheidungskrieg, ohne ein langes Vorspiel, ziemlich früh in der Geschichte. Beide Male nimmt er den größten Teil der Geschichte ein. Beide Male haben die Erzähler viel kreative Energie auf das Eskalieren des Konflikts verwendet.
Roachs Rosenkrieg verplempert seine Zeit mit der nicht so wahnsinnig interessanten, weitgehend vollkommen austauschbaren Vorgeschichte und handelt den Krieg in einer Randnotiz mit offenem Ende ab.
Die vielen auf dem Filmplakat abgebildeten bekannten Schauspieler haben in dieser Ehegeschichte nur kurze, weitgehend folgenlose Auftritte.
Insgesamt ist „Die Rosenschlacht“ eine Komödie voller verpasster Möglichkeiten. Da können Benedict Cumberbatch und Olivia Colman nichts retten.
Die Rosenschlacht (The Roses, USA 2025
Regie: Jay Roach
Drehbuch: Tony McNamara
LV: Warren Adler: The War of the Roses, 1981 (Der Rosenkrieg, Die Rosenschlacht)
mit Benedict Cumberbatch, Olivia Colman, Andy Samberg, Allison Janney, Belinda Bromilow, Ncuti Gatwa, Sunita Mani, Zoë Chao, Jamie Demetriou, Kate McKinnon
James Bond 007: Sag niemals nie (Never say never again, USA 1983)
Regie: Irvin Kershner
Drehbuch: Lorenzo Semple jr.
LV: Ian Fleming: Thunderball, 1961 (Feuerball)
James Bond bei seiner Lieblingsbeschäftigung: Welt retten. Aktuelle Einsatzorte: Bahamas, Südfrankreich und Nordafrika. Dort kämpft er gegen den Schurken Largo, der zwei Atombomben klauen will.
Nach einer langen Pause (und bei einer anderen Produktionsfirma) spielte Sean Connery wieder Bond; Klaus Maria Brandauer den Bösewicht, Kim Basinger das ´love interest´ der beiden Männer. Außerdem sind Barbara Carrera, Max von Sydow, Edward Fox, Bernie Casey und Rowan Atkinson dabei.
„Sag niemals nie“ konnte entstehen, weil Ian Fleming zusammen mit Kevin McClory und Jack Whittingham für einen Film die Geschichte „Longitude 78 West“ entwarf. Fleming verarbeitete sie später in dem Bond-Roman „Feuerball“. McClory, der bei „Feuerball“ Co-Produzent war, hatte die Rechte für weitere Verfilmungen dieser Geschichte. Die Auflage war, dass er sich möglichst eng an das gemeinsam entworfene Story-Gerüst halten müsse. Die juristischen Streitigkeiten und der Konkurrenzkampf zwischen dem Ur-Bond Connery und dessen Nachfolger Roger Moore waren ein gefundenes Fressen für die damalige Presse. Denn „Octopussy“ (mit Moore) startete fast zeitgleich in den Kinos. An der Kinokasse war der Moore-Bond etwas erfolgreicher, bei der Kritik war es – zu Recht – umgekehrt.
mit Sean Connery, Klaus Maria Brandauer, Kim Basinger, Barbara Carrera, Max von Sydow, Edward Fox, Bernie Casey, Rowan Atkinson, Alec McCowen
Die glorreichen Sieben (The Magnificent Seven, USA 2016)
Regie: Antoine Fuqua
Drehbuch: Richard Wenk, Nic Pizzolatto (basierend auf dem Drehbuch von Akira Kurosawa, Shinobu Hashimoto und Hideo Oguni)
Die friedlichen Farmer von Rose Creek heuern sieben Revolverhelden an. Sie sollen sie gegen eine skrupellosen Minenbesitzer und seine gesetzlosen Handlanger beschützen.
Überaus gelungene und hundertfünfzigprozentig eigenständige Neuadaption von „Die sieben Samurai“, die schon einmal als Western geremaked wurden.
Zünftiger Auftakt eines Westernabends. Danach, um 23.00 Uhr, zeigt Kabel 1 die neue Doku „Die besten Western aller Zeiten“ (während die alten Westernfans sich über fehlende Klassiker aufregen, erhalten junge Westernfans vielleicht einige Anregungen für den nächsten Heimkinoabend) und um 00.15 Uhr „True Grit“ (die Coen-Version).
mit Denzel Washington, Chris Pratt, Ethan Hawke, Vincent D’Onofrio, Byung-hun Lee, Manuel Garcia-Rulfo, Martin Sensmeier, Haley Bennett, Peter Sarsgaard, Luke Grimes, Matt Bomer
Ein Cover für die Jerome-Charyn-Fans (Ja, auch du da hinten in der Ecke bist gemeint!): Vor wenigen Tagen erschien im Suhrkamp Verlag die deutsche Erstausgabe von seinem neuesten Roman „Ravage & Son“. Der Verlag bewirbt den Kriminalroman als „Das literarische Gegenstück zu Martin Scorseses ‚Gangs of New York’“.
Charyns Noir spielt einige Jahrzehnte nach Scoreses Film zwischen 1883 und 1919 in New York, genauer gesagt in Manhattan. Dort arbeitet Ben Ravage als Detektiv bei der Kehillah, einer Privatpolizei reicher jüdischer Geschäftsleute. Sie soll der Polizei beim Kampf gegen das Verbrechen an der Lower East Side helfen. Zu diesen Verbrechern gehört ein halb verrückter Bösewicht, der Prostituierte angreift.
Popmatters meinte über den historischen Roman: „Eine Mischung aus Jekyll und Hyde, Noir und Krimi – und ein Klassiker von Geburt an.“
In den USA sind bereits zwei weitere Romane von Charyn angekündigt: ein intimes Porträt der Opernsängerin Maria Callas und ein Jugendroman über einen Teenager in den fünfziger Jahren in New York City, der sich zwischen einem Leben als Verbrecher und einem Leben als Künstler entscheiden muss.
Drehbuch: Shane Black, David Arnott (nach einer Geschichte von Zak Penn und Adam Leff)
Jack Slade ist ein Superbulle wie es ihn nur im Film gibt. Und das ist er auch: ein fiktionaler Polizist. Als er durch eine Verkettung unglücklicher Umstände – der junge Danny und eine magische Eintrittskarte haben etwas damit zu tun – in der realen Welt landet, bemerkt er schmerzhaft den Unterschied zwischen Fiktion und Fakt. Daneben muss er immer noch einen fiesen Filmganoven jagen.
Actionkomödie, die damals beim Publikum und der Kritik nicht so gut ankam. Inzwischen sieht das anders aus.
mit Arnold Schwarzenegger, Austin O’Brien, Charles Dance, Robert Prosky, Tom Noonan, Frank McRae, Anthony Quinn, F. Murray Abraham, Mercedes Ruehl, Art Carney
auch bekannt als „Der letzte Action-Held“ (Kinotitel)
Wer gerade in Balkonien urlaubt und „Das Kanu des Manitu“ ignorieren möchte, kann mit den beiden Neuauflagen von „Sturz in die Tiefe“ und „Erster Adler“ in die Ferne und in die Vergangenheit schweifen. Denn das Amerika, das Tony Hillerman beschreibt, gibt es nicht mehr.
Schon zu seinen Lebzeiten – Hillerman starb 2008 – verschwanden immer mehr Traditionen und Riten der Navajo, die er in seinen Kriminalromane mit den Navajo-Polizisten Joe Leaphorn und Jim Chee präzise wie ein Ethnologe beschrieb. Diese Kultur ist ein wichtiger Bestandteil im Leben seiner beiden Ermittler und, was noch wichtiger ist, untrennbar mit den Fällen verbunden.
In „Sturz in die Tiefe“ (ursprünglich als „Tod am heiligen Berg“ veröffentlicht) könnte der verwitwete und seit kurzem pensionerte Joe Leaphorn seinen Ruhestand genießen. Als am Ship Rock, einem heiligen Berg der Navajos, die Leiche eines Kletterers gefunden wird, erinnert er sich an einen alten Fall und mischt sich in den neuen Fall von Jim Chee ein.
Leaphorn vermutet, dass es sichbei dem Skelett um den vor elf Jahren verschwundenen Hal Breedlove, Extremkletterer und Erbe einer reichen Rancherfamilie, handelt. Er glaubt, dass Breedlove ermordet wurde. Und damit stellen sich einige drängende Fragen: Wer begleitete Breedlove? Warum hat sein Mitkletterer den Unfall nicht gemeldet? Und wer hat ein Interesse an Breedloves Tod?
In „Erster Adler“ (ursprünglich als „Die Spur des Adlers“ veröffentlicht) wird im Hopi-Reservat ein Navajo-Polizist erschlagen. Der mutmaßliche Täter ist ein Hopi, der illegal Adler fängt. Trotz überzeugender Beweise beteuert er seine Unschuld. Chee und Leaphorn (jaja, die goldene Zeit des Ruhestand mit zu viel Zeit) glauben ihm. Aber wer ist dann warum der Mörder?
In seinen achtzehn, im Original zwischen 1970 und 2006 erschienenen Leaphorn/Chee-Kriminalromanen schrieb Tony Hillerman gegen das Verschwinden der Navajo-Traditionen an. In den 36 Jahren wurde er zum Chronisten dieses Wandels. Als Vehikel für die ausführliche Beschreibung der Kultur, Traditionen und Riten wählte er den Kriminalroman, erfand vertrackte Fälle (auch wenn sie dieses Mal einfacher geraten sind) und glaubwürdige Figuren. Die beiden Ermittler und ihre Frauen altern, entwickeln und verändern sich über die Romane. Das gilt vor allem für Jim Chee, der in den ersten Büchern am Beginn seiner Karriere als Polizist steht. In „Sturz in die Tiefe“, dem zwölften Leaphorn/Chee-Krimi, und „Erster Adler“, dem dreizehnten Leaphorn/Chee-Krimi „Erster Adler“ sind sie dann ein schon seit einigen einigen Büchern ein gut eingespieltes Team.
Trotzdem kann jeder Roman unabhängig von den anderen gelesen werden und sie können eigentlich auch in jeder beliebigen Reihenfolge gelesen werden. Solange sie gelesen werden.
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Tony Hillerman: Sturz in die Tiefe
(übersetzt von Klaus Fröba, nach dem Original durchgesehen und überarbeitet von Andreas Heckmann)
Unionsverlag, 2025
288 Seiten
14 Euro
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Deutsche Erstausgabe
Tod am heiligen Berg
Rowohlt Verlag, 1998
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Originalausgabe
The Fallen Man
HarperCollins Publishers, New York 1996
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Tony Hillerman: Erster Adler
(übersetzt von Fried Eickhoff, nach dem Original durchgesehen und überarbeitet von Veronika Straaß-Lieckfeld)
Die neunjährige Benni lebt von Wutausbruch zu Wutausbruch, von Pflegefamilie zu Pflegefamilie zu betreuter Wohnreinrichtung und zurück. Niemand hält es länger mit ihrer Zerstörungswut und ungehemmten Aggression aus. Trotzdem versucht Frau Bafané vom Jugendamt ihr zu helfen. Mit immer neuen Maßnahmen, die diesen Kreislauf beenden sollen.
Wow, was für ein Film: dicht inszeniert, nah an der Realität, klar in der Analyse und durchgehend einfache Antworten verweigernd. Der Film war ein Kritiker- und Publikumserfolg.
mit Helena Zengel, Albrecht Schuch, Gabriela Maria Schmeide, Lisa Hagmeister, Melanie Straub, Victoria Trauttmansdorff, Maryam Zaree, Tedros Teclebrhan
See how the run (See how they run, Großbritannien/USA 2022)
Regie: Tom George
Drehbuch: Mark Chappel
London, 1953: im Theater wird der Regisseur von Agatha Christies Theaterstück „Die Mausefalle“ hinterhältig ermordet. Scotland-Yard-Inspector Stoppard (Sam Rockwell) und seine neue Assistentin, Constable Stalker (Saoirse Ronan), ermitteln.
TV-Premiere. Kurzweilige, witzige und bewusst traditionsbewusste Meta-Rätselkrimiunterhaltung mit einem gut aufgelegtem Ensemble und dem Wissen, dass alle die Regeln eines Rätselkrimis kennen.
mit Sam Rockwell, Saoirse Ronan, Adrien Brody, Ruth Wilson, David Oyelowo, Reece Shearsmith, Harris Dickinson, Charlie Cooper, Shirley Henderson, Lucian Msamati, Pippa Bennett-Warner, Pearl Chanda, Paul Chahidi, Sian Clifford, Jacob Fortune-Lloyd, Tim Key, Ania Marson
Die reichen Leichen – Ein Starnbergkrimi (Deutschland 2014)
Regie: Dominik Graf
Drehbuch: Sathyan Ramesh
Erster Arbeitstag für Polizeimeisteranwärterin Fink am Starnberger See und gleich gibt es eine Leiche, die aussieht wie der schon lange verstorbene König Ludwig II.
Heimatkrimi, Graf-Style. Das ist dann meilenweit von den üblichen „Soko Kitzbühel“-Erzeugnissen entfernt.
mit Annina Hellenthal, Andreas Giebel, Florian Stetter, Hannes Jaenicke, Ulrike C. Tscharre, Alicia von Rittberg, Martin Feifel, Eisi Gulp, Beatrice Richter, Saski Vester
Kann eine Künstliche Intelligenz einem Vater helfen, sein Kind vor dem Tod zu retten? Diese interessante Frage versucht Simon Jaquemet in seinem dritten Spielfilm „Electric Child“ zu beantworten.
Kurz nach der Geburt ihres Sohnes erfahren Sonny und seine Frau Akiko, dass ihr Kind an einer seltenen degenerativen Nervenkrankheit leidet und mit fast hundertprozentiger Sicherheit innerhalb eines Jahres sterben wird.
Der bereits überarbeitete Sonny flüchtet sich noch mehr in seine Arbeit. Der junge Computerwissenschaftler arbeitet an einem Forschungsprojekt, in dem es darum geht, zu erfahren, wie eine Künstliche Intelligenz in einer virtuellen Welt überlebt und sich entwickelt. Dafür verpassen sie der KI das Aussehen eines Jungen und setzen ihn auf einer virtuellen Insel aus. Sie beobachten ihn. Manchmal versuchen sie ihn zu bestimmten Handlungen zu animieren. Sie versorgen ihn auch mit Waffen; – was auf eine militärische Verwendung seiner Forschung hindeutet. Bei dieser irgendwie streng geheimen Arbeit in einem hoch gesicherten Computerlabor hat er die Idee, mit der KI einen Pakt abzuschließen und so seinen Sohn zu retten.
Bis dahin vergeht allerdings einiges an Filmzeit. Simon Jaquemet etabliert nämlich mehrere Erzählstränge in der realen und virtuellen Welt. Nach dem die KI und Sonny ihre geheime Vereinbarung getroffen haben, beginnt die Sache aus dem Ruder zu laufen.
Ein Science-Fiction-Film aus der Schweiz? Warum nicht.
Ein Science-Fiction-Film zu einem aktuellen Thema? Gerne. Schließlich besteht Science-Fiction nicht nur aus dem Erkunden fremder Planeten und dem Abwehren von Alien-Invasionen, sondern auch aus dem Nachdenken darüber, in welcher Welt wir leben und in welcher Welt wir leben wollen.
Außerdem kann man über das trendige Thema Künstliche Intelligenz auch mit einem überschaubarem bis niedrigem Budget vorzügliche Filme machen. Filme wie „Ex Machina“ oder „Her“ haben das in den vergangenen Jahren gezeigt. Man muss nur eine gute Idee haben und diese dann konsequent ausformulieren. Die Idee hat Jaquemet. Bei der Ausführung hapert es dann.
Sicher, es passiert viel in dem Film. Eigentlich passiert immer irgendetwas. Aber nichts davon ist interessant. Vieles ist einfach nur rätselhaft oder unglaubwürdig. Viel zu oft bricht Jaquemet einfach mitten in der Szene ab. Später wird es zwischen Sonnys Alleingang mit der Künstlichen Intelligenz und den ominös bleibenden Finanziers seiner Forschung und deren mutmaßlichen Handlangern zu einem in jeder Beziehung konfusem Pseudo-Actionfilmende kommen.
Mit Verve setzt Jaquemet eine gute Idee in den Sand.
P. S.: Schönes Plakat!
Electric Child (Schweiz/Deutschland/Niederlande/Philippinen 2024)
Regie: Simon Jaquemet
Drehbuch: Simon Jaquemet
mit Elliott Crosset Hove, Rila Fukushima, Sandra Guldberg Kampp, João Nunes Monteiro, Helen Schneider
Während ihr Vater nach dem Tod seiner Frau halbherzig versucht, das mit Erinnerungen an ein gemeinsames glückliches Leben vollgestopfte Einfamilienhaus zu verkaufen, sind seine Tochter Amber und sein Sohn Jack weitgehend sich selbst überlassen. Immerhin verarbeitet Amber ihre Trauer in Zeichnungen von Dämonen, Monstern und seltsamen Wesen.
Eines Tages fällt ihr Malbuch, in dem die Skizzen sind, in einen kleinen See, in dem etwas ist, das Dinge verändert. Der See kann kaputte Dinge reparieren (wie ein zerbrochenes Handy-Display), heilen, Tote und auch Zeichnungen zum Leben erwecken.
Also werden Ambers Zeichnungen lebendig. Ihre primitiv gezeichneten Monster beginnen, wie es sich für einen guten Monsterfilm gehört, die ländliche Gegend zu erobern. Menschen, denen sie begegnen, versetzen sie in Todesangst. Und manchmal noch mehr. Beherzt nehmen Amber und Jack den Kampf gegen die Monster auf, die immer wie bunte und fantasievolle Kinderzeichnungen aussehen. Sie wollen das Chaos, für das sie verantwortlich sind, rückgängig machen.
„Sketch“ ist ein gelungener Horrorfilm für Kinder mit einer begrüßenswerten Botschaft. Thematisch setzt Seth Worleys Film sich mit der Frage von Trauer und Verlust auseinander. Alle Mitglieder der Familie Wyatt gehen unterschiedlich mit dem Tod ihrer Mutter um. Es gibt einige Lacher. Und die Monster sind ziemlich erinnerungswürdig.
Sicher, für Erwachsene ist dann alles etwas zu einfach. Aber sie gehören auch nicht zum Zielpublikm von „Sketch“. Das sind vorpubertäre Kinder, die die Bücher von R. L. Stine verschlingen und noch zu jung für den Stephen-King-Lesemarathon sind und die diesen spannenden und gut gemachten Film ohne ihre Eltern ansehen sollten.
Insofern ist die FSK-12-Freigabe etwas unglücklich. Denn eigentlich richtet sich „Sketch“ an etwas jüngere Kinder, die eine wohlige Gänsehaut verspüren wollen.
Sketch (Sketch, USA 2025)
Regie: Seth Worley
Drehbuch: Seth Worley
mit Tony Hale, D’Arcy Carden, Bianca Belle, Kue Lawrence
Drehbuch: Scott Beck, Bryan Woods, Mark Heyman (nach einer Geschichte von Scott Beck und Bryan Woods)
LV: Stephen King: The Boogeyman, 1973 (Kurzgeschichte, Cavalier 1973) (Das Schreckgespenst) (später erschienen in dem Sammelband „Nightshift“, 1978 [Nachtschicht])
Nach dem Suizid eines Patienten richtet sich im Schrank des Kinderzimmers des Hauses von Dr. Harper der titelgebende „Boogeyman“ ein und ängstigt Harpers beiden Töchter. Harpers älteste Tochter will ihre kleine Schwester beschützen.
TV-Premiere. „The Boogeyman“ besteht aus vertrauten Elementen, die in der vertrauten Reihenfolge mit weitgehend vertrauten Schreckmomente (es geht doch nichts über plötzliche laute Geräusche und plötzlich auftauchende monströse Monsterfinger) präsentiert werden.
(übersetzt von Barbara Heidkamp, Harro Christensen, Michael Kubiak, Karin Balfer, Ulrike A. Pollay, Sabine Kuhn, Ingrid Herrmann, Wolfgang Hohlbein, Bernd Seligmann und Stefan Sturm)
Dieses Mal haben nicht die Menschen die Erde vernichtet, sondern eine Sonneneruption hinterließ in der östlichen Hemisphäre der Erde eine flächendeckende Zerstörung. Seitdem sieht das Gebiet wie die Kulisse für einen schlecht aussehenden „Mad Max“-Film aus. Mit der Vernichtung der Welt wurde gleichzeitig die Zivilisation auf den Zustand des Faustrechts zurückgeworfen. Ob auf der gesamten Welt oder nur in der östlichen Hemisphäre, ist unklar und für die zehn Jahre nach der Katastrophe spielende Filmgeschichte auch unwichtig.
In diesem Dystopia erhält der professionelle Schatzsucher Jake (Dave Bautista) von dem in England lebendem, selbsternannten König August (Samuel L. Jackson) einen neuen Auftrag. König August ist ein sich gebildet gebender Gangster mit Herrscherambitionen und einer ständig größer werdenden Kunstsammlung. Dieses Mal soll Jake in Frankreich die Mona Lisa finden. Bei der Suche soll ihm die Freiheitskämpferin Drea (Olga Kurylenko) helfen.
Gemeinsam suchen sie in Frankreich die an einem unbekannten Ort versteckte Mona Lisa. Dabei treffen sie auf allerlei finstere Gestalten zwischen rasenden Zombiekannibalen und einen alle umbringen lassenden Warlord, der sich in einem Zug durch die Landschaft bewegt.
„Afterburn“ von J. J. Perry ist ein simpelst gestrickter dystopischer Actionthriller voller Logiklöcher und Weltkrieg-II-Filmzitaten. Die todernst präsentierte Story ist nicht mehr als eine einfachste Schnitzeljagd. Die Dialoge banalst. Warlord Volkov (Kristofer Hivju), der Bösewicht des Films, und seine rechte Hand Gorynych (Daniel Bernhardt) taugen kaum als Bedrohung des Helden. Da helfen auch Hivjus charismatischer Bart und sein grummeliger Blick nicht. Die brutale Action in für den „Lost Places“-Fan fotogenen Locations ist bestenfalls zweckdienlich.
Das verzichtbare Ergebnis ist 08/15-Actionfilmfutter, bei dem immerhin die Stuntmen in verlassenen Kiesgruben und Fabrikruinen ihren Spaß hatten.
Die in jeder Beziehung deutlich bessere Unterhaltung für den Actionfilmfan gibt es im benachbarten Kinosaal mit „Nobody 2“.
J. J. Perry inszenierte als Regisseur „Day Shift“ und „The Killer’s Game“. Davor war er in etliche Filme als Stuntman und Second-Unit-Regisseur, u. a. „Fast & Furious 8“, „Fast & Furious 9“ und „Blue Beetle“ involviert.
Afterburn(Afterburn, USA 2025)
Regie: J. J. Perry
Drehbuch: Nimród Antal, Matt Johnson
LV: Scott Chitwood/Paul Ens: Afterburn, 2008 (Comic)
mit Dave Bautista, Olga Kurylenko, Samuel L. Jackson, Kristofer Hivju, Daniel Bernhardt
Lucy (Dakota Johnson) weiß alles über die Liebe. Die Mittdreißigerin ist ein Matchmaker. Sie hilft in New York Menschen, einen Partner zu finden. In den vergangenen Jahren hat sie schon neun Ehen vermittelt. In der noblen Heiratsvermittlungagentur ist sie damit die erfolgreichste Vermittlerin. Die Grundlage für perfekte Paare sind dabei die Zahlen – vor allem die Zahlen, die auf der Gehaltsabrechnung und dem Bankkonto stehen – und die Wünsche der Kunden. Sie sagen, wie alt der gewünschte Partner sein soll, wie er sein soll undsoweiter. Heiratsvermittlung ist für Lucy und die Firma ein Geschäft.
Deshalb weiß Lucy auch, dass sie und Harry (Pedro Pascal) nicht zueinander passen. Er ist im Szene-Jargon ein Einhorn. Er ist zu gut, um wahr zu sein. Bei ihm stimmt alles. Er ist vermögend, gebildet, höflich und sieht verdammt gut aus. Er könnte jede Frau haben. Aber er will Lucy, die ihr Glück nicht fassen kann, haben. Denn er ist aufgrund der Zahlen viel zu gut für sie.
Bei ihrer ersten großen Liebe stimmt dagegen – jedenfalls wenn sie auf die nackten Daten blickt – nichts. John (Chris Evans) ist ein ums Überleben kämpfender Schauspieler, der bei einer Catering-Firma als Bedienung arbeitet. Bei einem dieser Jobs begegnet er Lucy, die gerade mit Harry redet, und stellt ihr ungefragt ihr Lieblinsgetränk hin – und sie findet ihn wieder sehr sympathisch. Aber, wie gesagt, nach den Daten ist er eine Katastrophe. Er lebt immer noch in seiner Studenten-WG, fährt immer noch sein schrottreifes Auto, hat immer noch kein Geld auf dem Bankkonto und immer noch keinen Plan für sein weiteres Leben.
Zugegeben, das liest sich wie der Anfang der nächsten RomCom mit schönen Menschen in schöner Umgebung, vorhersehbaren Konflikten und ebenso vorhersehbarem Ende. Die Besetzung mit Dakota Johnson, die sich zwischen Pedro Pascal und Chris Evans entscheiden muss, und der Handlungsort, das saubere New York der vermögenden Menschen ohne drängende finanzielle Probleme, sprechen dafür.
Aber Celine Songs zweiter Spielfilm, nach „Past Lives – In einem anderen Leben“, ist eine RomCom ohne den zu lauten Lachanfällen reizenden komödiantischen Teil und auch ohne die Taschentuch-Kitsch-Romantik. Jedenfalls am Anfang. Denn bei Lucy geht es bei den von ihr angestifteten Ehen nicht um Liebe, sondern nur ums Geschäft. Sie bedient die Wünsche ihrer Kunden, die teilweise in kurzen Interview-Szenen ohne Umschweife geäußert werden. Sie suchen Menschen, die aus der gleichen Klasse kommen und ein ungefähr gleich hohes Einkommen haben. Aus seiner Sicht soll die Frau jünger, gerne deutlich jünger sein. Aus ihrer Sicht kann der Traummann auch etwas älter sein. Es geht immer um heterosexuelle Beziehungen. Die Kundschaft ist überwiegend weiß. Gemischtrassige Ehen sind für sie kein Thema. Dass die USA eine zutiefst rassistische Gesellschaft ist, zeigt sich auch in diesen Interviews. Es handelt sich um eine gesellschaftliches Milieu, das auch das Ensemble einer in Manhattan spielenden Komödie von Woody Allen sein könnte.
In „Was ist Liebe wert – Materialists“ schildert Song Lucys Leben und das Leben ihre Kunden distanziert, mit feiner Ironie und die großen Konfliktlinien in der US-Gesellschaft ignorierend. In den die Dreiecksgeschichte aufbrechenden Interview-Szenen deutet sie den Rassismus nur zwischen den Zeilen an. Das von allen angestrebte konservative Familienbild wird nicht weiter thematisiert.
Im Vordergrund spielt sich Lucys Suche nach ihrem Traumman auf der oberflächlichen Ebene von Aussehen und Vermögen ab. In dieser nur auf den Schein bedachten Welt ist Harry ein Traummann und John ein Loser. Am Ende gewinnt natürlich, den Regeln des Liebesfilms folgend, die wahre Liebe über dem schönen Schein.
Song erzählt ihre Bestandsaufnahme der Suche nach dem Traummann im 21. Jahrhundert im Kapitalismus mit milder Ironie langsam und kühl distanziert. Auch die Schauspieler agieren durchgehend so, als habe ihre Spielanweisung in dem Satz „kein Schauspiel erforderlich, sympathische Ausstrahlung genügt“ bestanden. „Was ist Liebe wert – Materialists“ ist eine romantische Anti-RomCom; – falls es so etwas überhaupt geben kann.
Was ist Liebe wert – Materialists (Materialists, USA 2025)