Kaum beginnt Kommissar Hanns von Meuffels seinen Dienst in München, muss er auch gleich im Kreis der Kollegen ermitteln. Denn auf die Frau von Gerry Vogt wurde ein Anschlag verübt, bei dem ihre Freundin starb. Diana Vogt erhält Polizeischutz und von Meuffels und Vogt suchen die Mörderin, die wahrscheinlich eine verschmähte Verehrerin ist.
Der erste Auftritt von Matthias Brandt als Kommissar Hanns von Meuffels ist ein starkes Stück Kino, mitreisend erzählt mit kleinen Abschweifungen. Dass die Lösung, rückblickend, einige kleine Logikfehler hat, kann nach neunzig atemlosen Minuten verziehen werden.
mit Matthias Brandt, Ronald Zehrfeld, Philipp Moog, Alma Leiberg, Anna Maria Sturm, Tobias van Dieken
Millie (Alison Brie) und Tim (Dave Franco) ziehen von New York in die Provinz in ein abgelegen im Wald liegendes Haus. Millie hat an der Schule einen Job als Lehrerin. Tim kann als Rock-Musiker von zu Hause arbeiten oder mit anderen Musikern auf Tour gehen. Sie haben einen netten Nachbarn, der gleichzeitig ein Kollege von Millie ist, und selbstverständlich sich. Sie sind schon seit Ewigkeiten zusammen und wollen es bleiben.
Als sie durch den Wald spazieren und sich etwas verirren, stolpern sie in ein Erdloch, das sich als zerstörte und vergessene Kirche erweist. Als sie etwas Wasser aus einem Becken trinken, geschieht etwas mit ihnen.
In den folgenden Tagen scheinen sie immer mehr aneinander zu kleben und immer stärker voneinander abhängig zu werden. Ein „Fluch“ (?) scheint auf ihnen zu lasten.
Weil Michael Shanks in seinem Spielfilmdebüt diese Geschichte einer zunehmenden Abhängigkeit, gespielt von dem Paar Brie/Franco, als Bodyhorrorfilm erzählt, gibt es mit zunehmender Spielzeit zunehmend eklige Szenen. Denn ‚zusammen sein‘ impliziert hier wortwörtlich ‚zusammen wachsen‘. Während Tim und Millie sich immer weniger voneinander entfernen können und immer weniger an zwei verschiedenen Orte, wie dem Wohnhaus und der Schule, existieren können, fragt Shanks, was Liebe, Nähe und Distanz, Abhängigkeit und Unabhängigkeit und das so leicht dahingesagte Eheversprechen „wir bleiben unzertrennlich bis zum Lebensende“ wirklich bedeuten.
Das Ergebnis ist ein zum Nachdenken anregender Slow-Burning-Horrorfilm, über dessen Handlung und Ende nicht zu viel verraten werden sollte. In jedem Fall blickt man danach anders auf Paarbeziehungen – und nimmt immer eine gefüllte Wasserflasche mit in den Wald.
Together – Unzertrennlich (Together, Australien/USA 2025)
Regie: Michael Shanks
Drehbuch: Michael Shanks
mit Alison Brie, Dave Franco, Damon Herriman, Mia Morrissey, Karl Richmond, Jack Kenny, Francesca Waters
Auf den ersten Blick hat Wilma genug Aus- und Fortbildungen für ein halbes Dutzend Leben. Aber es sind die falschen. Ein Teil sind Aus- und Fortbildungen, die nur in der DDR anerkannt waren. Ein Teil sind nett, aber unwichtig. Und dann gibt es noch die Ausbildungen, die durch den Wandel der Industrie unwichtig wurden, weil sie von der neuen Techniken ersetzt wurden oder die Betriebe in der Lausitz einfach schließen. Deshalb arbeitet die verheiratete Wilma in einem Baumarkt und schlägt sich, zehn Jahre nach der Wende, durch das Leben im wiedervereinigten Deutschland.
Als sie ihren Mann mit einer anderen Frau im Ehebett erwischt, reicht es ihr. Sie packt ihre Koffer und fährt nach Wien. Dort lebt ein früherer Arbeitskollege. Er schwärmte ihr bei einem Besuch in seiner alten Heimat von seinem neuen Leben vor.
Und hier kommen wir zu dem Problem, dass der Filmtitel „Wilma will mehr“ einen Film verspricht, der Maren-Kea Freeses Film nicht sein will. Der Titel impliziert, dass Wilma ein besseres Leben will und dass sie dafür aktiv etwas tut. Aber genau das tut Wilma nicht. Sie ist eine Kämpfernatur, die sich nicht unterkriegen lässt. Stoisch schlägt die patente Arbeiterin sich durch, nimmt auch in Wien jeden Job an, befreundet sich mit anderen Menschen und sie trifft immer wieder auf Menschen, die ihr helfen. Eine Bohème-WG nimmt sie auf. Bei einem Tanzkurs zeigt sie ihr Können. In diesen Momenten lebt sie ein anderes Leben als in der Lausitz und ein anderes Leben wäre möglich.
Ihre Erlebnisse in Wien führen zu zahlreichen gut beobachteten Szenen. Weil zu anekdotisch erzählt wird, stehen sie oft etwas unverbunden nebeneinander.
Am Ende kehrt Wilma zurück in ihre alte Heimat und in ihr altes Leben. Das degradiert ihre Fahrt nach Wien zu einem verlängertem Wochenendausflug.
Maren-Kea Freese erzählt Wilmas Leben in der Lausitz und in Wien mit spürbarer Sympathie für ihre Figuren und ihre Lebensumstände. Aber es bleibt, im Gegensatz zu den klassenkämpferischen Filmen von Ken Loach, bei einem isoliert stehendem Einzelfall.
Deshalb wäre „Wilma“ ein besserer Titel für diese harmlose Charakterstudie gewesen.
Wilma will mehr(Deutschland 2025)
Regie: Maren-Kea Freese
Drehbuch: Maren-Kea Freese
mit Fritzi Haberlandt, Thomas Gerber, Stephan Grossmann, Meret Engelhardt, Valentin Postlmayr, Simon Steinhorst, Xenia Snagowski
Richard Cane (Danny Huston) ist ein böser Tech-Mogul und der archetypische größenwahnsinnige Filmbösewicht mit weltzerstörenden Plänen. Um sie umzusetzen benötigt er eine PC-Festplatte mit dem Namen „P. L. O. T. Device“ (die Abkürzung steht, wie später im Film erklärt wird, für „Primordial Law of Toughness“). Sie ist in einem Bankschließfach. Sein Handlanger Sig Gustafson (Kevin Durand) soll sie stehlen. Zur Tarnung inszeniert er einen Banküberfall, der nach Plan ablauft bis Lieutenant Frank Drebin Jr. (Liam Neeson) von der Los Angeles Police Squad, verkleidet als Schulmädchen, auftaucht. Der Sohn von Frank Drebin entwaffnet, vermöbelt und verhaftet die meisten Bankräuber noch am Tatort. Aber Gustafson kann mit der „P. L. O. T. Device“ entkommen.
Diese lag im Schließfach eines wichtigen Cane-Angestellten, der bei einem Unfall mit seinem von Cane produzierten E-Autos tödlich verunglückte. Seine Schwester Beth Davenport (Pamela Anderson), Autorin ausgedachter Fälle, über die sie True-Crime-Bücher schreibt, ist überzeugt, dass er ermordet wurde.
Drebin, fasziniert von der mysteriösen Femme Fatale, beginnt zu ermitteln und, wie schon in den originalen drei „Die nackte Kanone“/“The naked Gun“-Filmen, in denen Slapstick, derber Humor und hemmungslose Parodien auf Polizeiserien und -filme nahtlos ineinander übergingen, werden auch in der von Akiva Schaffer („Saturday Night Live“) inszenierten Neuauflage „Die nackte Kanone“ Slapstick, Blödsinn und Parodien nahtlos miteinander verschmolzen. Garniert wird das Gericht dieses Mal mit einer satten Portion äußerst gewalttätiger Over-the-top-Kämpfe. Die sind so brutal und einfallsreich in der Anwendung von Gegenständen auf menschliche Körper, dass sie auch in „Nobody“ und „Love Hurts“ nicht negativ aufgefallen wären. In einem „Die nackte Kanone“-Film wirken sie dagegen unpassend brutal.
Die Story ist bestenfalls ein loses Korsett, das die Gags so halbwegs zusammenhält. Denn im Zweifelsfall ist in diesen Genreparodien, die vor allem in den achtziger Jahren im Kino liefen und die jetzt als Remake/Reboot (eine „Spaceballs“-Fortsetzung und das Reunion-Konzert von Spinal Tap [wer das googeln muss, hat die Achtziger nicht erlebt] kommen demnächst ins Kino) eine Neuauflage erfahren, ein schlechter Gag wichtiger als die rudimentäre Story. Etliche Filme von Mel Brooks („Frankenstein Junior“ [Young Frankenstein], „Silent Movie“, „Höhenkoller“ [High Anxiety] und „Spaceballs“), die albernen Jerry Zucker/Jim Abrahams/David Zucker-Produktionen „Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug“ (Airplane), „Top Secret“ und, ohne die Zucker-Brüder, „Hot Shots“, und, als mehrere Fortsetzungen nach sich ziehender Nachklapp, „Scary Movie“ sind klamaukige Parodien mit viel Slapstick auf damals erfolgreiche Filme und Genres, in denen die Gags so schnell abgefeuert wurden, dass ein schlechter Gag sofort von einem besseren Gag aufgesogen oder vom Lachen über den vorherigen Gag überdeckt wurde.
„Die nackte Kanone“ (2025) steht eindeutig und respektvoll in der Tradition der originalen „Die nackte Kanone“-Filme von 1988, 1991 und 1994 und der für die drei Filme als Vorlage dienenden kurzlebigen TV-Serie von 1982. Wenn die Macher auf die Gags über E-Autos verzichtet hätten, hätte ihr „Die nackte Kanone“-Film, mit Liam Neeson und Pamela Anderson in den Hauptrollen und Gastauftritten von Busta Rhymes und ‚Weird Al‘ Yankovic, die alle schon vor dreißig Jahren erfolgreich im Geschäft waren, auch damals im Kino laufen können.
Der Referenzrahmen für die Filmgeschichte, die Gags und die Atmosphäre ist daher eindeutig der Film Noir, der seinen Höhepunkt in den vierziger und fünfziger Jahren hatte, und Polizeiserien aus den Jahrzehnten vor dem ersten „Die nackte Kanone“-Film; also vor allem TV-Serien, die in den sechziger und siebziger Jahren populär waren. Die Macher parodieren dieses Mal eigentlich keine konkreten Filme oder ikonische Szenen, sondern sie zitieren allgemein bekannte Standardsituationen und Dialogfetzen. So erinnert das Gespräch von Drebin mit seiner Chefin am Filmanfang an Gespräche von ‚Dirty Harry‘ Callahan mit seinem Vorgesetzten (Uh, wenn ihr das googeln müsst…).
Das angepeilte Publikum scheinen dann weniger Kinder, die Slapstick, wie „Tom und Jerry“, „Laurel und Hardy“ und Mr. Bean, lieben, oder Jugendliche, die die anzüglichen Witze lachend goutieren, sondern ältere Semester zu sein. Die sahen die damaligen Filme mit Leslie Nielsen als Frank Drebin und der beim ersten „Die nackte Kanone“-Film Anfang Vierzigjährigen Priscilla Presley als sein ‚love interest‘ im Kino und „Baywatch“ im TV.
Heute dürfen sie feststellen, dass ihr „Baywatch“-Jugendschwarm und damaliges Sexsymbol Pamela Anderson mit knapp sechzig Jahren immer noch eine gute Figur macht. Sie verstehen auch die Anspielungen auf den Film Noir und die alten Polizeiserien.
Das Ergebnis ist mehr amüsant als witzig. Es gibt Slapstick, aber die meisten Witze sind Dialogwitze. Natürlich sind sie oft infantil und im Zweifel haben die Macher noch einen Gag in die Szene gestopft. Trotz der vielen Witze musste ich allerdings nie laut loslachen.
Schaffers Komödie ist mit viel Liebe zum Original inszeniert, aber auch durchgehend museal und mutlos. In „Die nackte Kanone“ (2025) wird nichts Neues gewagt, sondern einfach die alte Melodie nochmal für die Fans der Originale gespielt.
Die nackte Kanone(The Naked Gun, USA 2025)
Regie: Akia Schaffer
Drehbuch: Dan Gregor, Doug Mand, Akiva Schaffer (basierend auf der von Jim Abrahams, David Zucker und Jerry Zucker erfundenen TV-Serie „Police Squad“)
mit Liam Neeson, Pamela Anderson, Paul Walter Hauser, Danny Huston, CCH Pounder, Kevin Durand, Cody Rhodes, Liza Koshy, Eddie Yu, Busta Rhymes, Justin Gaethje, Kamaru Usman, Priscilla Presley, ‚Weird Al‘ Yankovic
All die schönen Pferde (All the pretty horses, USA 1999)
Regie: Billy Bob Thornton
Drehbuch: Ted Tally
LV: Cormac McCarthy: All the pretty horses, 1992 (All die schönen Pferde)
Texas, 1949: der 19-jährige John Grady Cole (Matt Damon) und sein Kumpel Lacey Rawlins (Henry Thomas) wollen in Mexiko ihren Cowboytraum von wilden Abenteuern, wahrer Liebe, heißblütigen Pferden und unberührter Natur erleben.
Die erste Cormac-McCarthy-Verfilmung, ein selten gezeigter Coming-of-Age-Spätwestern, ist ein langer Marlboro-Werbespot.
Mit Matt Damon, Henry Thomas, Lucas Black, Penélope Cruz, Ruben Blades, Robert Patrick
LV: Peter Weiss: Die Ermittlung. Oratorium in 11 Gesängen, 1965 (Theaterstück)
Grandiose Verfilmung des Theaterstücks von Peter Weiss über den ersten Frankfurter Auschwitz-Prozess. Im Mittelpunkt stehen im Stück, wie in der Gerichtsverhandlung, die Aussagen der Täter und Opfer.
(als Zeugen) Christian Kaiser, Dirk Ossig, Arno Frisch. Elisabeth Duda, Nicolette Krebitz, Attila Georg Borlan, Robert Mika, Marcel Hensema, Christiane Paul, Barbara Philipp, Klaudiusz Kaufmann, Marc Fischer, Andreas Anke, Dorka Gryllus, Marek Harloff, André Szymanski, Sabine Timoteo, Eva Maria Jost, Peter Lohmeyer, Thomas Meinhardt, Marco Hofschneider, Matthias Zera, Rony Herman, Axel Moustache, André Hennicke, Karl Markovics, Filipp Avdeev, Mark Zak, Ralph Schicha, Andreas Schröders, René Ifrah, Axel Sichrovsky, Peter Schneider, Jiří Mádl, Andreas Lechner, Axel Pape, Andreas Pietschmann, Tom Wlaschiha, Robert Hunger-Bühler
(als Angeklagte) Wilfried Hochholdinger, Thomas Dehler, Michael Rotschopf, Niels Bruno Schmidt, Christian Hockenbrink, Christian Pfeil, Tristan Seith, Torsten Ranft, Ronald Kukulies, Michael Schenk, Frank Röth, Nico Ehrenteit, Adam Venhaus, Till Wonka, Arndt Schwering-Sohnrey, Timo Jacobs, Lasse Myhr, Matthias Salamon
2001 war „Der Schuh des Manitu“ nach „Harry Potter und der Stein der Weisen“ der erfolgreichste Film in den deutsche Kinos. Mit deutlich über 11 Millionen Besuchern und einem Umsatz von 65 Millionen Euro ist er der erfolgreichste deutsche Film nach 1968 an der deutschen Kinokasse.
Am 14. August läuft die schon jetzt am Kino großplakatig beworbene Fortsetzung „Das Kanu des Manitu“ an. Ob es wieder so ein Erfolg wird?
Jedenfalls fand ich den Trailer überraschend witzig:
Die üblichen Verdächtigen (The usual Suspects, USA 1995)
Regie: Bryan Singer
Drehbuch: Christopher McQuarrie
„Wer ist Keyser Soze?“ fragen sich einige nur scheinbar zufällig in eine Gefängniszelle eingesperrte Verbrecher und, nach einem Massaker im Hafen von San Pedro, auch ein Zollinspektor. Er lässt sich von dem einzigen Überleben erzählen, wie es zu dem Blutbad im Hafen kam.
Nach zwei Stunden gibt es die überraschende Enthüllung. Heute dürfte das Ende bekannt sein.
„Einer der intelligentesten Thriller des Jahres.“ (Fischer Film Almanach 1997)
McQuarries Drehbuch erhielt unter anderem den Edgar und den Oscar.
Mit Kevin Spacey, Chazz Palminteri, Stephen Baldwin, Gabriel Byrne, Benicio Del Toro, Kevin Pollak, Pete Postlethwaite, Suzy Amis, Giancarlo Esposito, Dan Hedaya, Paul Bartel, Louis Lombardi
Doris Gercke (7. Februar 1937, Greifswald – 25. Juli 2025, Hamburg)
Soeben erreichte mich vom Argument Verlag, ihrem aktuellen Verlag, die traurige Meldung, dass Doris Gercke verstorben ist.
Ihr Krimidebüt „Weinschröter, du musst hängen“, 1988 im Verlag am Galgenberg erschienen, machte sie sofort in der Krimiszene bekannt. Das war nicht der nächste Ermittlerkrimi, sondern ein Spiel mit den Konventionen und einer Kommissarin, die wenig Lust verspürte, die Mörderin zu überführen. Gerckes dünnes Debüt wurde seitdem in zahlreichen Verlagen nachgedruckt. Die von ihr erfundene Ermittlerin Bella Block (zuerst Polizistin, schnell Privatdetektivin) löste bis zu ihrem letzten Auftritt 2012 in „Zwischen Nacht und Tag“ insgesamt siebzehn Fälle. Sie ist „eine der genialsten Erfindungen der deutschen Nachkriegs-Kriminalliteratur“ (Klaus-Peter Walter, Hrsg.: Reclams Krimi-Lexikon, 2002)
Bundesweit bekannt wurde Bella Block durch die erfolgreiche, sich immer weiter von ihrem literarischem Vorbild entfernende ZDF-Krimireihe „Bella Block“. Hannelore Hoger spielte die Kommissarin von 1993 bis 2018 in 38 TV-Filmen.
Doris Gercke entstammt einer Arbeiterfamilie. 1949 flüchtete ihre Familie nach Hamburg. Sie absolvierte eine Ausbildung als Verwaltungsbeamtin, heiratete mit zwanzig Jahren und wurde nach der Geburt ihres zweiten Kindes Hausfrau. 1980 holte sie ihr Abitur nach und studierte erfolgreich Jura. Nach dem Studium schrieb sie „Weinschröter, du musst hängen“. Für den Krimi, in dem Bella Block im Umland von Hamburg einen Doppelmord aufklären soll und dabei einige Dorfgeheimnisse entdeckt, erhielt sie 1991 den Schwedischen Krimipreis. 2000 erhielt sie den Ehren-Glauser.
Neben den Kriminalromanen schrieb sie, teils als Marie-Jo Morell, auch Kinder- und Jugendbücher, Romane und Lyrik.
Sie ist Mitbegründerin des Netzwerk „Herland – Feminstischer Realismus in der Kriminalliteratur“. Sie war Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland und sie stand politisch immer eindeutig links.
Kurz vor ihrem Tod plante Gercke mit Else Laudan (Argument Verlag mit Ariadne) die Veröffentlichtung eines Buches mit neuen Prosatexten und Gedichten. Es wird posthum erscheinen.
Apocalypse Now – Final Cut (Apocalypse Now, USA 1979)
Regie: Francis Ford Coppola
Drehbuch: John Milius, Francis Ford Coppola
LV: Joseph Conrad: Heart of Darkness, 1899 (Herz der Finsternis)
Während des Vietnamkrieges soll Captain Willard (Martin Sheen) Colonel Kurtz (Marlon Brando), der im Dschungel sein Reich errichtete, suchen und töten.
Klassiker. Heute im 2019 von Francis Ford Coppola erstellen „Final Cut“. Dafür wurde der Film digital restauriert (das Bild ist toll, aber auf der riesengroßen Kinoleinwand zeigen sich auch die Beschränkungen des Ausgangsmaterials) und er lief sogar im Kino.
Von der Länge liegt der dreistündige Final Cut zwischen der kürzeren 1979er Kinoversion und der längeren Redux-Fassung, die für mich die beste Fassung des Films ist. Danach kommt die Kinoversion (in der Fassung sah ich den Film zum ersten Mal). Der „Final Cut“ ist die Fassung, die mich am wenigsten anspricht.
mit Martin Sheen, Robert Duvall, Marlon Brando, Fred Forrest, Sam Bottoms, Albert Hall, Larry Fishburne, Dennis Hopper, Harrison Ford, G. D. Spradlin, Bill Graham
Der exzentrische Starkoch Slowik lädt auf eine abgelegene Insel zu einem Essen ein, das die von ihm ausgewählten Gäste niemals vergessen werden. Falls sie es überleben.
TV-Premiere. Surrealistische Satire, zusammengestellt aus exquisiten Zutaten, aber letztendlich etwas enttäuschend.
mit Ralph Fiennes, Anya Taylor-Joy, Nicholas Hoult, Hong Chau, Janet McTeer, Reed Birney, Judith Light, Paul Adelstein, Aimee Carrero, Arturo Castro, Rob Yang, Mark St. Cyr, John Leguizamo
Nach „Das Spiel“ und „Doctor Sleeps Erwachen“ legt Mike Flanagan mit „The Life of Chuck“ seine dritte Stephen-King-Verfilmung vor. Es handelt sich um eine Verfilmung der Kurzgeschichte „Chucks Leben“. Sie gehört zu Kings wenigen Nicht-Horrorgeschichten, die dann, wie „Die Verurteilten“ und „Stand by me“, die Vorlage für sehr schöne und beim Publikum sehr beliebte Filme wurden. Das könnte in diesem Fall wieder passieren.
Dabei beginnt „The Life of Chuck“ wie ein schräger Katastrophenfilm.
Während die Welt gerade kollabiert, tauchen in Kalifornien plötzlich überall Reklametafeln auf, auf denen einem gewissen Chuck Krantz für 39 wunderbare Jahre gedankt wird. Zugegeben, dieser Krantz (Tom Hiddleston) sieht in seinem Anzug, der zu einem Bankbeamten oder einem Buchhalter passt, gut aus und er hat ein leicht verkniffenes pseudofreundliches Werbelächeln. Aber offensichtlich wirbt er nicht als austauschbares Modell für irgendein Produkt, sondern er ist diese Person, der gedankt wird – und die niemand kennt. Etwas später ist dieser Chuck Krantz im Radio, in der Luft und als Standbild auf jedem Bildschirm. Er breitet sich wie ein Virus aus.
Marty Anderson (Chiwetel Ejiofor), ein Lehrer, der später keine Rolle mehr spielen wird, fragt sich, während er nach dem Unterricht durch zerstörte Stadt fährt, wer dieser Chuck Krantz sei und wer ihm warum dankt.
In seinem neuen Film „The Life of Chuck“ beantwortet Mike Flanagan diese Frage. Dabei bewegt er sich, wie Stephen King in seiner dem Film zugrunde liegenden Kurzgeschichte, von der Gegenwart immer weiter zurück in die Vergangenheit; sozusagen vom Tod zur Geburt. In kleinen Episoden erfahren wir immer mehr über Chucks Leben, der im Film von Tom Hiddleston, Jacob Tremblay, Benjamin Pajak und Cody Flanagan gespielt wird. Dabei folgt Flanagan nicht stringent rückwärts Chucks Leben. Er schweift immer wieder ab, erzählt aus dem Leben anderer Figuren oder legt eine Pause ein.
So ist ein Höhepunkt eine lange improvisierte Tanznummer in der in der Nähe des Strandes liegenden Einkaufsstraße. Schlagzeugerin Taylor Franck (Taylor Gordon aka The Pocket Queen) trommelt. Menschen versammeln sich. Auch Chuck (Tom Hiddleston), der in seinem Anzug und mit seiner Aktentasche eindeutig auf dem Weg ins Büro ist, bleibt stehen. Irgendwann beginnt er zur Musik zu tanzen, lädt die ihm unbekannte Buchhändlerin Janice Halliday (Annalise Basso) zum Tanz ein und die Schlagzeugerin reagiert auf die beiden Tänzer, die wiederum auf sie reagieren. Es ist eine lange Szene, die als Musical-Nummer die Handlung bestenfalls minimal vorantreibt, und die dennoch noch länger hätte sein können.
Auch später – also wenn Chuck jünger ist – tanzt er gerne und Mike Flanagan zeigt das ausführlich. Sein Film ist eine Abfolge von verschiedene Genres bedienenden Kurzfilmen, die zusammen ein Porträt von Chuck und seiner Welt ergeben. Auch wenn Chuck nicht jede Person kennt, die in dieser Welt lebt und wir teilweise mehr über die Menschen wissen, denen Chuck begegnet als Chuck.
Aus diesen impressionistischen Stimmungsbildern aus einem überaus normalen Leben ergibt sich ein angenehm vor sich hin mäandernder, zutiefst menschenfreundlicher und optimistisch stimmender Film.
„The Life of Chuck“ ist der perfekte Film für einen lauschigen Sommerabend; gerne in einem Open-Air-Kino.
The Life of Chuck(The Life of Chuck, USA 2024)
Regie: Mike Flanagan
Drehbuch: Mike Flanagan
LV: Stephen King: The Life of Chuck, 2020 (Chucks Leben [Kurzgeschichte], enthalten in „If it bleeds“, 2020 [Blutige Nachrichten])
mit Tom Hiddleston, Jacob Tremblay, Benjamin Pajak, Cody Flanagan, Chiwetel Ejiofor, Karen Gillan, David Dastmalchian, Matthew Lillard, Carl Lumbly, Taylor Gordon, Annalise Basso, Mia Sara, Mark Hamill, Kate Siegel, Carl Sagan, Nick Offerman (Erzähler, im Original)
Länge: 111 Minuten
FSK: ab 12 Jahre
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Die Vorlage
„Chucks Leben“ ist eine der vier in „Blutige Nachrichten“ enthaltenen Geschichten
Stephen King: Blutige Nachrichten
(übersetzt von Bernhard Kleinschmidt)
Heyne, 2021
576 Seiten
11,99 Euro (Taschenbuch)
24 Euro (Hardcover)
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Deutsche Erstausgabe
Heyne, 2020
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Originalausgabe
If it bleeds
Scribner, New York, 2020
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Außerdem: der neue Roman von Stephen King
Privatermittlerin Holly Gibney (bekannt aus „Mr. Mercedes“, „Finderlohn“, „Mind Control“, „Der Outsider“, „Holly“ und einer Geschichte in „Blutige Nachrichten“) muss sich um zwei zeitintensive Fälle kümmern. Sie arbeitet als Personenschützerin für eine Feministin, auf die zahlreiche Anschläge verübt werden. Gleichzeitig soll sie die Durchführung einer Mordserie verhindern. Der Täter kündigte in einem anonymen Schreiben an, wahllos 13 unschuldige und einen schuldigen Menschen umzubringen und so den Tod eines Unschuldigen zu rächen. Er sieht diesen Wahnsinn als einen Akt der Sühne.
Stephen King setzt in seinem Nachwort die Erwartungen so niedrig, dass man schnell zu einem „deutlich besser als erwartet“-Lob kommen kann. King schreibt: „Jetzt bin ich endlich zufrieden damit. Beziehungsweise – ich will aufrichtig sein – zufrieden genug. Es wird nie ganz so, wie ich es mir erhoffte, aber es kommt ein Punkt, wo man loslassen muss.“
Die Kritiker sind jedenfalls größtenteils zufrieden mit Kings neuestem Roman.
Sultanas Traum (El sueño de la sultana, Spanien/Deutschland 2023)
Regie: Isabel Herguera
Drehbuch: Isabel Herguera, Gianmarco Serra
LV: Rokeya Hussain (aka Begum Rokeya bzw. Rokeya Sakhawat Hussain): Sultana’s Dream, 1905 (Kurzgeschichte, erschienen in The Indian Ladies Magazine) (Sultanas Traum)
In Indien entdeckt die Künstlerin Inés eine Kopie von Rokeya Hussains Kurzgeschichte „Sultanas Traum“ über eine paradiesische Welt, in der Frauen die Herrscherinnen sind. Sie begibt sich auf die Suche nach diesem Land.
TV-Premiere. Erzählerisch in drei unterschiedlich gelungene Teile zerfallender Trickfilm mit durchgehend überzeugenden Bildern.
Oksana ‚Oxana‘ Schatschko war eine Künstlerin und Mitgründerin und bekannte Aktivistin von Femen. Das war eine kurzlebige, offiziell am 11. April 2008 in der ukrainischen Hauptstadt Kiew gegründete Protestgruppe von jungen Frauen, die gekonnt die Aufmerksamkeitsökonomie der Medien und des großen Publikums bedienten. Anstatt bei politischen Veranstaltungen schreiend Protestschilder hochzuhalten, schrieben die Studentinnen ihre Protestbotschaft gegen sexuellen Missbrauch und Sextourismus auf ihren nackten Oberkörper und präsentierten der ganzen Welt ihren entblößten Busen. Sie – jedenfalls die Frauen, deren Bilder um die Welt gingen – sahen überaus gut aus. Die politische Botschaft blieb, notgedrungen, plakativ. Sofern sie überhaupt wahrgenommen wurde zwischen den halbnackten Frauen und den sie aus dem Saal zerrenden vollständig bekleideten Männern.
Nach einigen Jahren verschwand die Femen-Bewegung ohne größer Spuren zu hinterlassen aus dem Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit.
In ihrem, und das wird schon am Anfang des Films gesagt, sich Freiheiten nehmendem Biopic „Oxana – Mein Leben für Freiheit“ erzählt Charlène Favier nun die Geschichte von Oksana Schatschko, gespielt von Albina Korzh, die vorzüglich lange stumm in die Landschaft blicken kann. Favier erzählt Oxanas Leben vor allem in Andeutungen und im wesentlichen auf zwei Zeitebenen. Die eine spielt in der Ukraine; zu einem geringeren Teil während ihrer Jugend, als die am 31. Januar 1987 in der ukrainischen Provinzstadt Chmelnyzkyi geborene Oksana Schatschko als Ikonenmalerin ihr erstes Geld verdient, und zu einem größeren Teil in Kiew, wo sie mit ihren Freundinnen als Femen-Aktivistinnen für Aufruhr sorgten. Die zweite Zeitebene spielt in Paris und konzentriert sich auf ihren letzten, anscheinend komplett erfundenen Tag. Seit 2013 war Schatschko in Frankreich als politischer Flüchtling anerkannt. Der Film endet am 23. Juli 2018 wenige Stunden vor dem Beginn einer ihrer Ausstellungen mit ihrem Suizid in ihrer Wohnung.
So weit, so gut.
Dieses Leben könnte die Basis für ein mitreißendes Biopic über eine kämpferische Frau gegen das Establishment sein.
Aber „Oxana“ reiht sich nahtlos in die jüngeren Biopics über Frauen ein. Es hat die gleichen Probleme wie das letzte Woche gestartete Biopic „Leonora im Morgenlicht“ über die Surrealistin Leonora Carrington. In diesem Fall interessiert sich das Biopic nicht für die Femen-Bewegung und nicht für das Werk von Oksana Schatschko; – obwohl wir hier wenigstens ihre Werke sehen. Sie wird, wie die Protagonistinnen in den anderen Biopics über Frauen, auf ihre psychischen Probleme und ihren Körper reduziert.
Das Gesamtergebnis ist deswegen, wieder einmal, ärgerlich. Einzelne gelungene Szenen und gute Schauspielerinnen ändern nichts daran. „Oxana – Mein Leben für Freiheit“ ist nur ein weiterer Film über eine Frau mit psychischen Problemen,der behauptet, etwas über die real existierende Person erzählen zu wollen. Dabei steht in diesem Fall, ausgehend von dem Hinweis am Filmanfang, dass sich Freiheiten genommen wurden, sogar jedes Bild im Verdacht, eine durch keinerlei Fakten gedeckte Erfindung der Regisseurin zu sein.
Wer jetzt denkt, das sei etwas harsch formuliert, möge mir entsprechende Biopics über Männer nennen, in denen wir nichts über ihre Arbeit, viel über ihr Privatleben und noch mehr über ihre psychischen Probleme erfahren, die bestenfalls rudimentär, falls überhaupt, mit ihrem künstlerischen Schaffen verknüpft werden.
Er kann mir dann auch gleich eine Handvoll Biopics über Männer nennen, bei denen im Filmtitel nur der Vorname des Porträtierten genannt wird. „Elvis“, über Elvis Presley, ist in diesem Fall höchstens ein halber Treffer und die Ausnahme von der Regel.
Oxana – Mein Leben für Freiheit(Oxana, Frankreich 2024)
Regie: Charlène Favier
Drehbuch: Diane Brasseur, Charlène Favier, Antoine Lacomblez
Sechziger Jahre auf Erde 828 (die sich in einigen Teilen von unserer Erde unterscheidet): die Fantastic Four beschützen die Menschen vor bösen Wesen. Sie sind eine All-American-Familie, die als erste einen Flug in den Weltraum unternahmen. Dort wurden ihre Körper kosmischer Strahlung ausgesetzt. Ihre Moleküle veränderten sich. Seitdem verfügen sie über individuelle Superkräfte.
Die Fantastic Four sind ‚Mr. Fantastic‘ Reed Richards (Pedro Pascal), seine Frau ‚Die Unsichtbare‘ Sue Storm (Vanessa Kirby) (also sie kann sich unsichtbar machen), ihr Bruder ‚Die menschliche Fackel‘ Johnny Storm (Joseph Quinn) und ihr Freund ‚Das Ding‘ Ben Grimm (Ebon Moss-Bachrach). In ihrer Zentrale leben sie zusammen, forschen und treffen sich zum gemeinsamen Abendessen. Sie genießen ihre Berühmtheit, freuen sich auf die Geburt eines Babys und klönen in ihrer Vierer-WG munter vor sich hin. Es ist ein perfektes Leben bis aus dem Weltall der ‚Silver Surfer‘ Shalla-Bal (Julia Garner) – eine silberne Frau auf einem silbernem Surfbrett (Comicleser kennen sie eher als Mann) – auftaucht und sie darüber informiert, dass der Weltraumgott Galactus (Ralph Ineson) demnächst die Erde verspeisen werde. Die Fantastic Four wollen das verhindern – und das ist dann auch so ziemlich die Story von „The Fantastic Four: First Steps“, dem 37. Film aus dem Marvel Cinematic Universe (MCU) und dem ersten richtigen, spielfilmlangen Auftritt dieser Heldentruppe im MCU. Matt Shakmans Film ist der Auftakt der sogenannten „Phase 6“, die auch den Abschluss der hoffnungslos verkorksten „ Multiverse Saga“ bildet. Diese wird nächstes Jahr im Juli mit „Spider-Man: Brand New Day“ und im Dezember mit „Avengers: Doomsday“ fortgesetzt. Dann sind die Fantastic Four auch wieder dabei wenn das Universum vor dem Untergang gerettet wird.
„First Steps“ ist ein überwältigend durchschnittlicher Film. Er ist zu gut für einen Verriss, aber auch viel zu schlecht für eine euphorische Kritik.
Auf der Plus-Seite steht eindeutig die liebevolle Neu-Erschaffung der sechziger Jahre durch die Linse damaliger Filme, Serien und Science-Fiction-Geschichten, in denen munter Zukunftsvisionen eines immer automatischeren Hauses, hilfsbereiten Robotern, fliegenden Autos und Kurztrips ins Weltall ersonnen wurden. Während die USA und die Sowjetunion sich in der Realität gerade einen Wettlauf um die Eroberung des Weltalls lieferten, fantasierten Autoren sich als utopische Begleitmelodie Besuche fremder Welten und Treffen mit Wesen von anderen Planeten zusammen.
Die von Josh Friedman, Eric Pearson, Jeff Kaplan und Ian Springer ersonnene Geschichte erschöpft sich zuerst in banalen Kabbeleien am Esstisch, die sich nicht wahnsinnig von ähnlich gelagerten TV-Serien unterscheiden und einer sehr gradlinig auf die finale Schlacht mit dem austauschbaren ‚Bösewicht der Woche‘ hinauslaufende Geschichte. Sie hat weniger Wendepunkte als eine Folge einer altmodischen Science-Fiction-Serie. Immerhin sind die Effekte besser und die Kämpfe länger. Viel länger.
Das alles versprüht ein wohliges Retro-Gefühl. Es weckt Erinnerungen an einfachere Zeiten, als der Weltraum noch das unbekannte Ziel der Träume war und ein gut gezielter Kinnhaken jedes Problem löste. Die Guten waren gut. Die Bösen böse. Zwischentöne gab es nicht und die als Vorbild dienende christlich-weiße Kernfamilie war noch intakt.
Aber die damaligen Storymodelle und die damals herrschende Weltanschauung sind veraltet. Vor allem wenn sie den Geist damaliger Comics (ihren ersten Auftritt hatten die Fantastic Four im November 1961) und TV-Serien ohne Brüche, ironische Doppelkodierungen oder Weiterentwicklungen einfach wiederbelebt wird. Shakmans „The Fantastic Four: First Steps“ wirkt durchgehend wie ein in den frühen sechziger Jahre entstandener Film, bei dem nur die Spezialeffekte und die Schauspieler verraten, dass der letztendlich museale Film erst heute gedreht wurde.
Nach „Cut Bank: Kleine Morde unter Nachbarn“ (2014) ist „The Fantastic Four: First Steps“ der zweite Spielfilm von Matt Shakman. Seit 2002 inszenierte er teils mehrere Episoden für TV- und Streamingserien, wie „Dr. House“, „Psych“, „Fargo“, „It’s always sunny in Philadelphia“, „Game of Thrones“, „The Boys“ und „WandaVision“.
P. S.: Wie gewohnt gibt es im und nach dem Abspann jeweils eine Szene. Die erste ist ein in Fankreisen schon lange bekannter Hinweis auf kommende Ereignisse, die zweite ein Gag.
The Fantastic Four: First Steps(The Fantastic Four: First Steps, USA 2025)
Regie: Matt Shakman
Drehbuch: Josh Friedman, Eric Pearson, Jeff Kaplan, Ian Springer (nach einer Geschichte von Eric Pearson, Jeff Kaplan, Ian Springer und Kat Wood)
LV: Figuren von Stan Lee und Jack Kirby
mit Pedro Pascal, Vanessa Kirby, Joseph Quinn, Ebon Moss-Bachrach, Ralph Ineson, Julia Garner, Paul Walter Hauser, Natasha Lyonne, Sarah Niles, Mark Gatiss
Barry Egan ist Unternehmer. Allerdings läuft sein Verkauf von Kitschartikeln eher schlecht. Seine sieben Schwestern erdrücken ihn mit ihrer Fürsorge. Ein Telefonsex-Anbieter versucht ihn zu erpressen. Und er selbst findet die Welt immer wieder etwas ver-rückt. Da wird in der Einfahrt zu seinem Garagengeschäft ein alte Harmonium abgestellt und er trifft die überaus liebenswerte Lena.
„Punch-Drunk Love“ ist ein wundervoll derangierter Film. Wie die Hauptfigur, die am amerikanischen Traum, der Realität, seiner Familie (sieben Schwestern!) und sich selbst verzweifelt ohne zu scheitern. Denn Paul Thomas Anderson erzählt gleichzeitig eine romantische Liebesgeschichte mit psychedelischen Einschüben.
Paul Thomas Andersons neuer Film „The Battle of Baktan Cross“ (One Battle After Another) läuft am 25. September 2025 an.
mit Adam Sandler, Emily Watson, Philip Seymour Hoffman, Luis Gusmán, Mary Lynn Rajskub, Robert Smigel
Zwölf Jahre nach dem äußerst blutigen Ende der Superhelden – – Hm, hier muss ich eine Erklärung einschieben. Denn nicht jeder weiß, dass Autor Garth Ennis und Zeichner Darick Robertson 2006 ihre Superheldenserie „The Boys“ starteten. In dieser Comicserie sind Superhelden ein von der Industrie gepushtes Produkt, mit dem sie viel Geld verdienen. Die Superhelden haben zwar einige Superkräfte, aber im Kern sind sie unverantwortliche Teenager, die durch ihre Selbstüberschätzung und Inkompetenz immer wieder Katastrophen verursachen oder befördern. Die Werbeabteilung des multinationalen Konzerns Vought-American, denen die Superhelden gehören, präsentiert dann heroische Geschichten für ihre Taten. Verantwortung für ihre Taten müssen sie nicht übernehmen. Hier kommen Billy Butcher und seine „Boys“ ins Spiel. Sie sind eine von der CIA gegründete klandestine Einheit, die die Superhelden immer wieder in ihre Schranken verweist. Der Einsatz übermäßiger Gewalt ist okay. Neuester Zugang im Team ist Hughie Campbell. Seine von ihm über alles geliebte Freundin wurde von einem durch die Straße rasenden Superhelden zerstückelt. Während Hughie noch versucht, seinen Verlust zu verarbeiten, bietet ihm Butcher eine Mitarbeit bei den Boys und die damit verbundene Möglichkeit, den Tod seiner Freundin zu rächen, an.
In den folgenden insgesamt zweiundsiebzig regulären Serienheften und achtzehn ergänzenden Sonderheften, die von Oktober 2006 bis November 2012 bei Wildstorm und, ab dem siebten Heft, bei Dynamite Entertainment erschienen, erzählen Ennis und Robertson in oft expliziten Bildern und Worten, eine überaus gewalttätige und in jeder denkbaren Beziehung expliziten Serie von diesem Kampf.
Als Amazon Prime Video am 26. Juli 2019 die erste Staffel ihrer auf den Comics basierenden Streamingserie „The Boys“ veröffentlichte, schrieb Garth Ennis so etwas wie einen ausführlichen, acht Hefte umfassenden Epilog. Russ Braun zeichnete die auf mehreren Zeitebenen spielende Geschichte, die zwölf Jahren nach dem Ende der Superhelden spielt (nachzulesen in dem „The Boys“-Sammelband „Vergeltung hat ihren Preis“).
Hughie lebt mit seiner neuen großen Liebe ‚Starlight‘ Annie January (als er sie kennen lernte, wusste er nicht, dass sie eine Superhelden-Novizin war) ein ruhiges und friedliches Leben in Schottland in seinem Geburtsort Auchterladie. Eines Tages erhält er ein Paket mit dem Tagebuch von Billy Butcher. Er beginnt es zu lesen.
„Liebe Becky“ ist für die Fans der Serie ein gelungener Epilog, der einige echte und vermeintliche Lücken ausfüllt und der zeigt, wie sehr Hughie immer noch von den damaligen Ereignissen traumatisiert ist.
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Garth Ennis/Russ Braun: The Boys – Liebe Becky (Band 7)
Shutter Island, 1954: U. S. Marshall Teddy Daniels und sein neuer Partner Chuck Aule sollen auf Shutter Island herausfinden, wie die Mehrfachmörderin und Patientin Rachel Solando aus dem streng abgesicherten Hospital entkommen konnte. Schnell ist Daniels einer größeren Verschwörung auf der Spur. Aber kann er seinen Sinnen noch trauen?
Und was kann bei dem Team Scorsese/DiCaprio schon schief gehen? Vor allem wenn sie als Spielmaterial einen spannenden Thriller von Dennis Lehane haben.
Nun, entgegen der allgemeinen Euphorie fand ich „Shutter Island“ todsterbenslangweilig und ungefähr so subtil wie Scorseses John-D.-MacDonald-Verfilmung „Kap der Angst“ (Cape Fear, USA 1991). Lehanes Roman ist dagegen grandios.
Mit Leonardo DiCaprio, Ben Kingsley, Mark Ruffalo, Max von Sydow, Michelle Williams, Emily Mortimer, Patricia Clarkson, Jackie Earle Haley, Ted Levine, John Carroll Lynch, Elias Koteas