Bis ans Ende der Welt (Deutschland/Frankreich/Italien 1991)
Regie: Wim Wenders
Drehbuch: Peter Carey, Wim Wenders (nach einer Originalidee von Wim Wenders und Solveig Dommartin)
1999 (also damals in der Zukunft): eine nuklearer Satellit verläßt seine Umlaufbahn und er könnte das Ende der Welt bedeuten. Während die Menschheit auf ihr Ende wartet, verfolgt eine Frau einen Mann über den halben Globus bis nach Australien. Er zeichnet mit einer Spezialkamera Bilder auf, die Blinde sehen können.
Das ist etwas für die Nachteulen (und den Recorder): Wim Wenders Epos „Bis ans Ende der Welt“ in der selten gezeigten Langfassung, dem Director’s Cut. Diese lief laut OFDB lief der Film bis jetzt zweimal im Fernsehen. 2005 zeigte EinsFestival diese Fassung des Films. 2015 zeigte ihn das ZDF weit nach Mitternacht. Auch in der kürzeren Kinofassung gehört „Bis ans Ende der Welt“ zu seinen selten gezeigten Werken.
1991 lief im Kino eine dreistündige Fassung, die nicht so gut ankam, die ich aber, bei all ihren Schwächen, faszinierend finde.
„In ‚Bis ans Ende der Welt‘ synthetisiert Wenders zahlreiche traditionelle Filmgenres wie Science-Fiction, Romanze, Abenteuer-, Kriminal- und Musikfilm zu einer Art Gesamtkunstwerk, zu dem prominente Musiker und Bands von Peter Gabriel über Patti Smith und U2 bis zu den Talking Heads Exklusivsongs komponiert haben. Sein Stammkameramann Robby Müller hat dazu wieder brillante Bilder, vor allem von den grandiosen australischen Landschaften, eingefangen. (…) Bei allem Respekt für die enorme Kraftanstrengung bleibt am Ende doch ein zwiespältiger Eindruck, der sich vielleicht durch die Langfassungrevidieren läßt.“ (Fischer Film Almanach 1992)
„Wenders bleibt der Regisseur, der mit jedem neuen Projekt viel wagt. Trotz aller Widersprüche ist ‚Bis ans Ende der Welt‘ ein Film, der sich aus der Kinolandschaft als ein wichtiger Versuch heraushebt, wenn mit ihm auch nicht der erhoffte große Entwurf und Abschluß gelungen ist. Am Ende ist die größte Sensation des Films: daß es ihn tatsächlich gibt.“ (Stefan Kolditz: Bis ans Ende der Welt, in Peter W. Jansen/Wolfram Schütte, Hrsg.: Wim Wenders, 1992)
Immerhin hatte Wenders das Projekt bereits 1977 nach „Der amerikanische Freund“ begonnen. Das Budget betrug 23 Millionen Dollar (sein damals und wahrscheinlich immer noch teuerster Film). Der Film wurde auf vier Kontinenten an 120 Drehtagen gedreht und 600 Menschen waren beteiligt.
Erst zehn Jahre später veröffentlichte Wenders die gut fünfstündige Fassung, die heute gezeigt wird, und die auch die ursprüngliche und schon beim Kinostart angekündigte Fassung ist.
Mit Solveig Dommartin, Chick Ortega, Eddy Mitchell, Ernie Dingo, William Hurt, Sam Neill, Rüdiger Vogler, Elena Smirnowa, Lois Chiles, Jeanne Moreau, Max von Sydow
Als Vorbereitung für David Cronenbergs neuen Film „Crimes of the Future“, der am 10. November in Deutschland im Kino anläuft. Ebenfalls mit Viggo Mortensen und eine hundertfünfzigprozentige Rückkehr zu dem Bodyhorror-Cronenberg der Siebziger Jahre.
Tele 5, 23.10
A History of Violence (A History of Violence, USA/Kanada 2005)
Regie: David Cronenberg
Drehbuch: Josh Olson
LV: John Wagner/Vince Locke: A History of Violence, 1997 (Graphic Novel)
Tom Stall ist ein gewöhnlicher Schnellrestaurantbesitzer irgendwo in Indiana. Als zwei Killer sein Restaurant ausrauben wollen, tötet er sie im Affekt. Danach ist er der Held des Tages und zwei Mafiosi aus Philadelphia tauchen auf. Sie behaupten, Tom von früher zu kennen. Damals war er ein Mafiakiller und der Philly-Mob habe noch eine Rechnung mit ihm offen.
Ein eiskaltes, klar strukturiertes Noir-Drama von Cronenberg, der hier eine altbekannte Genregeschichte und gleichzeitig viel mehr erzählt.
Das Drehbuch von Josh Olson war für den Edgar-Allan-Poe-Preis als bestes Drehbuch nominiert. „Syriana“ erhielt die Trophäe.
Mit Viggo Mortensen, Maria Bello, Ed Harris, William Hurt
Mr. Brooks – Der Mörder in dir (Mr. Brooks, USA 2007)
Regie: Bruce A. Evans
Drehbuch: Bruce A. Evans, Raynold Gideon
Mr. Brooks ist ein geachteter Unternehmer mit einem dunklen Geheimnis: er ist auch ein Serienkiller. Als er bei seiner letzten Tat von Mr. Smith beobachtet wird, erpresst dieser ihn. Er wird schweigen, wenn Mr. Brooks ihn in die Kunst des perfekten Mords einweiht. Und dann ist da noch eine hartnäckige Polizistin.
Köstlich-schwarzhumoriger Krimi, der etwas unter seinen vielen Subplots leidet, aber das Zusammenspiel von Kevin Costner (als Mr. Brooks) und William Hurt (als sein mordgieriges Alter Ego) macht das mehr als wett.
„Raffiniert konstruierter Neo-Noir-Thriller“ (Lexikon des internationalen Films)
mit Kevin Costner, Demi Moore, Dane Cook, William Hurt, Marg Helgenberger, Danielle Panabaker, Ruben Santiago-Hudson, Lindsay Crouse, Reiko Aylesworth
Über das schockierende Ende von „Avengers: Infinity War“ reden wir später. Beginnen wir mit dem Anfang des 150-minütigen Marvel-Films, der jetzt auf DVD, Blu-ray und 4K UHD Blu-ray erscheint.
Thanos, der Bösewicht, will seit Jahren und vielen, vielen Marvel-Filmen die Infinity-Steine besitzen. Wenn er alle sechs Steine hat, hat er die unbegrenzte Macht über das Universum und er kann gleich einmal die Hälfte aller Lebewesen auslöschen. Einfach so. In den vergangenen Jahren wurden Thanos und die Steine in ungefähr jedem Marvel-Film angesprochen. Auch wenn es nur in einer Szene im Abspann war.
Jetzt, auf einem Raumschiff mit den letzten Überlebenden von Asgard, gelangt Thanos, „ein Despot von intergalaktischer Bösartigkeit“ (Presseheft), an den zweiten Infinitiy-Stein. Gleichzeitig tötet er Loki, der sich mal wieder als zuverlässig opportunistischer Schleimbeutel erweist. Sein Tod ist der erste in einer Reihe überraschender Toter. Lokis Bruder Thor und „Hulk“ Bruce Banner überleben die Begegnung mit Thanos. Sie machen sich unverzüglich auf den Weg zur Erde. Dort sind nämlich sind zwei der Infinity-Steine. Und die Avengers, die sie verteidigen können, sind ebenfalls auf der Erde. Wenn es sie als einheitliche und kraftvolle Schutztruppe noch gäbe.
„Avengers: Infinity War“ ist selbstverständlich ein Film für die zahlreichen Fans, die in den vergangenen Jahren alle Marvel-Filme gesehen und oft liebevoll bis in die letzte Verwinkelung analysiert haben. Sie kennen alle Charaktere und ihre Vorgeschichte. Die Macher, die Regisseure Joe und Anthony Russo und die ebenfalls Marvel-erfahrenen Drehbuchautoren Christopher Markus und Stephen McFeely nehmen sich daher keine Zeit, einen Charakter zu etablieren. Sie können gleich mit der Action beginnen und der Reihe nach all die alten bekannten Superhelden und die Guardians of the Galaxy auftreten lassen. Eigentlich fehlen nur Ant-Man und Hawkeye. Die sollen aber beim zweiten Teil von „Infinity War“ dabei sein. Der Film ist in Deutschland für den 25. April 2019 und in den USA für den 3. Mai 2019 angekündigt.
Die Story von „Avengers: Infinity War“ ist vor allem eine Vorbereitung auf das große Finale des Films, das zu einem großen Teil in Wakanda stattfindet.
Bis dahin spielt die Geschichte vor allem in der „Guardians of the Galaxy“-Welt auf Raumschiffen, fernen Planeten und, ab und zu, im Weltraum. Oder anders gesagt: in der Welt von Thanos und Thanos, grandios gespielt von Josh Brolin, hat in dem Film viel Leinwandzeit und auch ein nachvollziehbares Motiv für seine vollkommen wahnsinnigen Taten. Er ist im Marvel-Universum endlich einmal ein Bösewicht, der auch nach dem Abspann noch im Gedächtnis bleibt . Man erfährt auch, warum er tut, was er tut.
Am Ende des Films, der strukturell die Mitte eines großen Films ist (also Minute 45 bei einem „Tatort“) besitzt Thanos alle Infinity-Steine und er benutzt sie sofort, um die Hälfte aller Lebewesen auszulöschen. Dazu gehören auch etliche der Superhelden, die uns in den vergangenen Jahren ans Herz wuchsen. Wer von den Avengers und den anderen Marvel-Helden in einer optisch und akustisch beklemmend inszenierten Sequenz stirbt, überrascht dann schon etwas. Falls sie – immerhin kann mit dem Zeitstein, der sich im Besitz von Doctor Strange befindet, die Zeit manipuliert werden – wirklich gestorben sind. So ist man am Ende durchaus beeindruckt von der Konsequenz, mit der Thanos agiert, aber man ist nicht wirklich schockiert und die Trauer über den Tod der vielen Superhelden hält sich in überschaubaren Grenzen. Jedenfalls bis zum nächsten Film, in dem wir erfahren, wer nun wirklich gestorben ist.
Im langen Abspann gibt es keine Szene. Nach dem Abspann treffen wir dann Nick Fury.
Das Bonusmaterial auf der Blu-ray ist auf den ersten Blick erfreulich umfangreich geraten. Es gibt einen Audiokommentar von den Drehbuchautoren Christopher Markus und Stephen McFeelyden und Russo-Brüdern (die außerdem eine kurze Einleitung zum Film sprechen), mehrere Featurettes, die insgesamt über dreißig Minuten dauern, zehn Minuten zusätzliche Szenen (die, wie die sehr provisorischen Spezialeffekte zeigen, schon früh gestrichen worden und eine Szene mit ‚Happy Hogan‘ Jon Favreau [der im Film nicht auftaucht]) und, just for fun, zwei Minuten mit Pannen beim Dreh. Gerade die Featurettes enttäuschen. Sie sind, auch wenn das Ende des Films erwähnt und Bilder vom Finale gezeigt werden, reine Werbe-Featurettes, deren Informationsgehalt gegen Null tendiert. Da helfen auch die großzügig eingestreuten ‚Behind the Scenes‘-Bilder nicht.
Avengers: Infinity War (Avengers: Infinity War, USA 2018)
Regie: Anthony Russo, Joe Russo
Drehbuch: Christopher Markus, Stephen McFeely
mit Robert Downey Jr., Josh Brolin, Chris Evans, Scarlett Johansson, Chris Hemsworth, Mark Ruffalo, Benedict Cumberbatch, Chadwick Boseman, Chris Pratt, Tom Hiddleston, Gwyneth Paltrow, Benicio del Torro, Don Cheadle, Tom Holland, Zoe Saldana, Karen Gillan, Paul Bettany, Elizabeth Olsen, Anthony Mackie, Sebastian Stan, Idris Elba, Peter Dinklage, Benedict Wong, Pom Klementieff, Dave Bautista, Letitia Wright, Danai Gurira, William Hurt, Stan Lee, Samuel L. Jackson, Vin Diesel (Stimme im Original), Bradley Cooper (Stimme im Original)
–
Blu-ray
Walt Disney Studios Home Entertainment
Bild: 16:9 (1080p High Definition, 2.39:1)
Ton: Deutsch (Dolby Digital plus 7.1), Englisch (DTS-HD HR 7.1), Französisch (Dolby Digital plus 7.1)
Bonusmaterial: Intro der Regisseure Joe und Anthony Russo, Pannen vom Dreh, Zusätzliche Szenen, Featurettes (Neue Teams, Der wahnsinnige Titan, Über die Schlacht auf Titan, Über die Schlacht in Wakanda), Audiokommentar zum Film
Länge. 149 Minuten
FSK: ab 12 Jahre
–
4K UHD Blu-ray mit identischem Bonusmaterial; DVD ohne Bonusmaterial
Salamanca, Spanien, großer Antiterrorgipfel: der amerikanische Präsident will auf dem Marktplatz eine Rede halten. Da wird er erschossen und eine Bombe explodiert. Sein Leibwächter Thomas Barnes hat aber etwas gesehen und er nimmt die Spur auf.
„8 Fremde, 8 Sichtweisen, 1 Wahrheit“ lautet der Werbespruch, der ziemlich genau die erzählerische Pointe des Films verrät. Denn das Ereignisse vor, während und nach dem Attentat werden aus acht verschiedenen Sichtweisen erzählt und am Ende gibt es eine atemberaubende Autoverfolgungsjagd. Das unterhält prächtig über die knapp neunzig Minuten und ist filmisch und darstellerisch auch sehr gut gelöst. Denn mit den verschiedenen Blickwinkeln ändert sich auch immer der Blick auf die Ereignisse und die beteiligten Personen.
Dass der ganze Attentatsplan, wenn man genauer darüber nachdenkt, ziemlich konstruiert ist, fällt einem erst nach dem Abspann auf.
mit Dennis Quaid, Matthew Fox, Forest Whitaker, Sigourney Weaver, William Hurt, Edgar Ramirez, Ayelet Zurer, Bruce McGill, Zoe Saldana
Adolf Hitlers Propagandashow. Leni Riefenstahls legendärer, zweiteiliger Dokumentarfilm „Olympia“, von dem heute vor allem die ikonischen Bilder bekannt sind. Und Jesse Owens, der eine Goldmedaille nach der nächsten gewann, und dessen Leistungen, das habe ich irgendwo gelesen, heutige Läufer, wenn sie nicht ihre modernen Hosen und Schuhe hätten, immer noch alt aussehen lassen würden. Das ist natürlich ein Filmstoff und das achtzigjährige Jubiläum dieser Spiele ist da ein guter Anlass, die Geschichte mehr oder weniger umfassend für die große Leinwand zu erzählen.
Stephen Hopkins, der nach einigen Kinofilmen wie „Judgment Night – Zum Töten verurteilt“, „Explosiv – Blown Away“ und „Lost in Space“ in den vergangenen Jahren vor allem für das Fernsehen arbeitete (u. a. mehrere „24“-Folgen, die Miniserie „Traffic“ und „The Life and Death of Peter Sellers“, der bei uns auch im Kino lief), wählte für seine Rückkehr ins Kino den ziemlich umfassenden Ich-muss-alles-erzählen-Blick.
So erfahren wir, wie der neunzehnjährige Jesse Owens (Stephan James) an der Ohio State University von Larry Snyder (Jason Sudeikis) trainiert wird, erste Erfolge bei Wettbewerben hat und sich für die Olympiade qualifiziert.
In diesem Moment berät das Olympische Komitee der USA, ob die USA sich an den Olympischen Spielen in Berlin beteiligen sollen. Immerhin wird Deutschland von dem Diktator Adolf Hitler regiert und der Umgang mit Minderheiten ist, ähem, problematisch. Avery Brundage (Jeremy Irons) soll sich daher als Gesandter des Komitees in Deutschland umsehen. Brundage glaubt, dass Sport und Politik strikt getrennt werden müssen. Die ersten Eindrücke aus Berlin begeistern den Bauunternehmer nicht. Aber nachdem Propagandaminister Joseph Goebbels (Barnaby Metschurat) auf seine Bedingungen nach optisch sauberen Spielen eingeht und er von Goebbels den Auftrag erhält, die deutsche Botschaft in Washington zu bauen, steht den sauberen Spielen nichts mehr im Weg.
In Berlin gibt es dann Konflikte zwischen den Sportlern, den Beginn der Freundschaft zwischen Jesse Owens und dem deutschen Läufer Carl ‚Luz‘ Long (David Kross), Ränkespiele im Hintergrund und missgünstige Richter im Stadion, die Jesse Owens‘ Siegesserie verhindern wollen. Trotzdem läuft er von Goldmedaille zu Goldmedaille.
Und „Triumphs des Willens“-Regisseurin Leni Riefenstahl (Carice van Houten) läuft burschikos Bilder für ihre Dokumentation „Olympia“ machend durch das Bild.
Das ist eine Menge Stoff für zwei Stunden Film und es spricht für das Drehbuch von Joe Shrapnel und Amanda Waterhouse und Regisseur Stephen Hopkins, dass wir bei all den Handlungssträngen und handelnden Personen niemals den Überblick verlieren und immer ihre Konflikte verstehen. Es entsteht auch niemals der Eindruck, dass durch die Geschichte gehetzt wird. Stattdessen hat jede Geschichte, jede Episode, den nötigen Raum.
Und trotzdem will sich keine richtige Begeisterung einstellen. Denn es ist auch alles immer eine Spur zu abgewogen, zu sehr auf Konsens und zu wenig auf Zuspitzung und irgendeine Form von Anklage erzählt. „Zeit für Legenden“ will alles verstehen, aber nichts verurteilen.
Wenn es am Ende eine Szene gibt, in der Jesse Owens als mehrfacher Olympiagewinner bei einer Feier zu seinen Ehren den Hintereingang benutzen muss und in einer Texttafel gesagt wird, dass Owens erst 1976 in das Weiße Haus zur Überreichung der Medal of Freedom eingeladen wurde, dann fällt auch auf, dass „Zeit für Legenden“ das Problem des Rassismus in den USA durchgehend ignorierte, weil der Rassismus der Nazis ja viel schlimmer war. In dem bei uns kaum bekanntem, grandiosen Biopic „42 – Die wahre Geschichte einer Sportlegende“ über Baseballer Jackie Robinson steht sie im Mittelpunkt.
„Zeit für Legenden“ ist gutes Erzählkino. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Zeit für Legenden (Race, Frankreich/Deutschland/Kanada 2016)
Regie: Stephen Hopkins
Drehbuch: Joe Shrapnel, Amanda Waterhouse
mit Stephan James, Jason Sudeikis, Jeremy Irons, William Hurt, Carice van Houten, Eli Goree, David Kross, Barnaby Metschurat, Tony Curran, Shanice Banton
Hochkarätig besetztes CIA-Biopic, das die Geschichte des Geheimdienstes zwischen dem Zweiten Weltkrieg und den sechziger Jahren anhand des Lebens von Edward Wilson von der Spionageabwehr erzählt.
„Der gute Hirte“ war für mehrere renommierte Preise nominiert, wie den Oscar für die Ausstattung, und erhielt auch einige. Hauptsächlich für die Ausstattung und, auf der Berlinale, für das Ensemble.
Auch für den Edgar war Eric Roths Drehbuch nominiert. Den Preis der International Thriller Writers (ITW) als bester Thriller erhielt „Der gute Hirte“.
Und das fand ich dann doch ziemlich rätselhaft. Denn letztendlich ist Robert de Niros Film doch nur gut ausgestattetes, gut besetztes, ziemlich zähes Ausstattungskino.
Mit Matt Damon, Angelina Jolie, Alec Baldwin, Tammy Blanchard, Billy Crudup, Robert De Niro, Keir Dullea, Michael Gambon, Martina Gedeck, William Hurt, Timothy Hutton, Gabriel Macht, Joe Pesci, John Turturro
Fast alle aus den vorherigen Avengers-Filmen bekannten Charaktere sind wieder dabei. Ergänzt um einige Neuzugänge wie Black Panther und Spider Man, die in den kommenden Jahren im Marvel Cinematic Universe, der erzählerischen Klammer der Marvel-Filme, eine größere Rolle bekommen sollen. Einzelfilme inclusive.
Die Kloppereien sind gewohnt episch und dieses Mal kämpfen sie wieder gegeneinander. Der Grund dafür ist etwas kompliziert.
Nachdem bei ihren vorherigen Aktionen einiges zu Bruch ging und es auch etliche Kollateralschäden gab, sollen in „The First Avenger: Civil War“ die freischaffend und von niemandem kontrollierten Avengers unter eine UN/US-Aufsicht gestellt werden. Ihr Handeln soll kontrolliert werden. Sie sollen Befehlsempfänger werden. Dann dürfen sie weitermachen. Falls jemand von ihnen dieses Angebot ablehnt, so erklärt ihnen ihr künftiger Chef, General Ross, soll er als Gesetzloser verfolgt werden. Einige der Avengers halten das für eine gute Idee. Einige nicht.
Und dann gibt es noch die Bedrohung durch den Winter Soldier, einer im Ostblock hochgezüchteten Kampfmaschine, die in Wirklichkeit Bucky Barnes, der Jugendfreund von Captain America Steve Rogers ist. Captain America war immer das golden glänzende patriotisch-aufrechte Herz der USA. Zunächst kämpfte der All-American-Boy gegen Nazis. Später gegen andere, nicht minder böse Bösewichter.
Bucky wird, wenn ihm eine bestimmte Abfolge von Worten gesagt wird, zu einer eiskalten Killermaschine, die sich danach nicht an ihre Taten erinnert. Weil einige seiner Taten den Weltfrieden gefährden, sollen die Avengers ihn aufhalten. Tot oder lebendig.
Steve glaubt allerdings, dass Bucky unschuldig ist.
Und dann ist da noch Baron Zemo, ein geheimnisvoller Bösewicht, der den Winter Soldier für seine Ziele einspannen will. Er hat sogar ein sehr nachvollziehbares Motiv für seine Taten. Weil wir das erst am Ende von „Civil War“ erfahren, ist er bis dahin einfach nur ein gefährlicher Bösewicht, der im Film nur die Aufgabe hat, etwas Böses zu tun, damit die Avengers sich gegenseitig verkloppen. Wie in den anderen Marvel-Filmen ist auch in „Civil War“ der Bösewicht blass. Dabei hätten die Macher dieses Mal einen einprägsamen Bösewicht schaffen könne. Aber vielleicht darf Baron Zemo in einem weiteren Marvel-Film auftreten. Dann als vollwertiger Gegner der Avengers.
Im Mittelpunkt von „Civil War“ steht nämlich der episch ausgebreitete Kampf der Avengers gegeneinander und so flott, unterhaltsam und auch witzig der über zweistündige Film ist, so unbefriedigend ist die auch in diesem Superheldenfilm geführte Diskussion über Verantwortung, die kaum das Niveau einer gepflegten Kaffeekonversation erreicht. Anstatt sich in tiefere moralphilosophische Diskussion zu wagen, den Utilitarismus zu problematisieren, die Frage zu diskutieren, ob der Zweck die Mittel heiligt, ob man durch sein Handeln erst die Probleme schafft, die dann mühselig beseitigt werden müssen und über die Verantwortung des Einzelnen für sein Handeln zu reden, wird einfach, wieder einmal, auf Grundschulniveau erklärt, dass man tat, was man tun musste.
Nachdem das Thema in einem Gespräch abgehandelt wurde – der Film ist sowieso sehr redselig -, teilen sich die Avengers in zwei Gruppen auf, die in ihrer Zusammensetzung nie besonders glaubwürdig wirken. Da soll auf der einen Seite der egozentrische, niemand gehorchende Milliardär und notorische Unruhestifter Tony Stark (aka Iron Man) sich plötzlich zum fügsamen Befehlsempfänger wandeln, weil er nach dem Kampf gegen Ultron über sein Handeln nachdachte. Auf der anderen Seite steht der immer folgsame Soldat Captain America. Steve Rogers. Der niemals an seinen Vorgesetzten und der US-Regierung zweifelnde Befehlsempfänger, soll jetzt den Befehl verweigern. Er will nämlich keine Befehle von einer neu gegründeten, ihn und die Avengers beaufsichtigende und auch mit Aufträgen versehenden Behörde erhalten. Die könnte sich ja irren. Deshalb will er vollkommen unkontrolliert arbeiten. Das wirkt nie besonders glaubwürdig. Auch nicht durch die nachgeschobene Erklärung, dass er eigentlich nur seinem Jugendfreund helfen will.
Genauso bemüht wie die Begründung für die Teilung der Avengers in zwei sich bekämpfende Gruppen, ist dann der sich zwischen ihnen entwickelnde Kampf, der an ihrer Intelligenz und über mehrere Filme und gemeinsame Kämpfe gegen etliche Bösewichter gewachsene Freundschaft zweifeln lässt. Anstatt miteinander zu reden, wird sich gekloppt in einer niemals auch nur halbwegs glaubwürdigen, dafür unnötig verkomplizierten Geschichte, die eher pointillistisch nach ihren Schauwerten zusammengefügt ist. Wegen des Humors und dem durchgehend spielfreudigem Ensemble fällt das dann gar nicht so sehr auf.
Und als Berliner freut man sich über die zahlreichen Berlin-Aufnahmen, in denen die Gegend um das ICC und den Bundestag ausführlich und auch gut erkennbar gezeigt werden.
The First Avenger: Civil War(Captain America: Civil War, USA 2016)
Regie: Anthony Russo, Joe Russo
Drehbuch: Christopher Markus, Stephen McFeely
mit Chris Evans, Robert Downey Jr., Anthony Mackie, Sebastian Stan, Paul Rudd, Jeremy Renner, Elizabeth Olsen, Scarlett Johannsson, Don Cheadle, Chadwick Boseman, Paul Bettany, Emily VanCamp, Tom Holland, Daniel Brühl, Frank Grillo, William Hurt, Martin Freeman, Marisa Tomei, Stan Lee (selbstverständlich)
LV: Martin Cruz Smith: Gorky-Park, 1981 (Gorki Park)
Im Moskauer Gorki Park werden drei verstümmelte Leichen gefunden. Inspektor Renko kommt bei seinen Ermittlungen einer Staatsaffäre auf die Spur.
Martin Cruz Smith schuf mit dem sowjetischen Ermittler Arkadi Renko eine enorm erfolgreiche Serienfigur. Für „Gorky-Park“ erhielt er den Gold Dagger.
Die Verfilmung missfiel der damaligen Filmkritik: „voller naiver Klischees, in der Charakterzeichnung oberflächlich, ohne Stimmung und Atmosphäre. Auch als Genre-Film spröde und spannungslos.“ (Lexikon des internationalen Films). Oder „Nun sind Klischees…nichts schlimmes, wenn nur alles andere stimmt: eine komplexe, nachvollziehbare Story, spannende Atmosphäre, interessante Charaktere und physische Aktion. Das alles aber hat Gorky Park in zu geringem Maße.“ (Fischer Film Almanach 1985).
Wie so oft wurde aus einem guten Buch ein mittelmäßiger Film.
Dennis Potters Drehbuch erhielt den Edgar.
Mit William Hurt, Lee Marvin, Brian Dennehy, Joanna Pacula, Ian Bannen
Mr. Brooks – Der Mörder in dir (USA 2007, Regie: Bruce A. Evans)
Drehbuch: Bruce A. Evans, Raynold Gideon
Mr. Brooks ist ein geachteter Unternehmer mit einem dunklen Geheimnis: er ist auch ein Serienkiller. Als er bei seiner letzten Tat von Mr. Smith beobachtet wird, erpresst dieser ihn. Er wird schweigen, wenn Mr. Brooks ihn in die Kunst des perfekten Mords einweiht. Und dann ist da noch eine hartnäckige Polizistin.
Köstlich-schwarzhumoriger Krimi, der etwas unter seinen vielen Subplots leidet, aber das Zusammenspiel von Kevin Costner (als Mr. Brooks) und William Hurt (als sein mordgieriges Alter Ego) macht das mehr als wett.
„Raffiniert konstruierter Neo-Noir-Thriller“ (Lexikon des internationalen Films)
Davor, um 20.15 Uhr, und danach, um 01.25 Uhr läuft „Perfect World“ von und mit Clint Eastwood und Kevin Costner als Verbrecher auf der Flucht.
mit Kevin Costner, Demi Moore, Dane Cook, William Hurt, Marg Helgenberger, Danielle Panabaker, Ruben Santiago-Hudson, Lindsay Crouse, Reiko Aylesworth
Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Wim Wenders!
ZDF, 01.10 Bis ans Ende der Welt (Deutschland/Frankreich/Italien 1991, Regie: Wim Wenders)
Drehbuch: Peter Carey, Wim Wenders (nach einer Originalidee von Wim Wenders und Solveig Dommartin)
1999 (also damals in der Zukunft): eine nuklearer Satellit verläßt seine Umlaufbahn und er könnte das Ende der Welt bedeuten. Während die Menschheit auf ihr Ende wartet, verfolgt eine Frau einen Mann über den halben Globus bis nach Australien. Er zeichnet mit einer Spezialkamera Bilder auf, die Blinde sehen können.
Das ist etwas für die Nachteulen (und den Recorder): Wim Wenders Epos „Bis ans Ende der Welt“, das nach der Pressemitteilung des ZDF heute in seiner Langfassung seine Free-TV-Premiere erlebt (nach der OFDB lief der Film allerdings schon einmal im Fernsehen: nämlich vor zehn Jahren auf EinsFestival). In jedem Fall gehört der Film in der Kino- und der Langfassung zu seinen selten gezeigten Werken.
1991 lief im Kino eine dreistündige Fassung, die nicht so gut ankam, die ich aber, bei all ihren Schwächen, faszinierend finde.
„In ‚Bis ans Ende der Welt‘ synthetisiert Wenders zahlreiche traditionelle Filmgenres wie Science-Fiction, Romanze, Abenteuer-, Kriminal- und Musikfilm zu einer Art Gesamtkunstwerk, zu dem prominente Musiker und Bands von Peter Gabriel über Patti Smith und U2 bis zu den Talking Heads Exklusivsongs komponiert haben. Sein Stammkameramann Robby Müller hat dazu wieder brillante Bilder, vor allem von den grandiosen australischen Landschaften, eingefangen. (…) Bei allem Respekt für die enorme Kraftanstrengung bleibt am Ende doch ein zwiespältiger Eindruck, der sich vielleicht durch die Langfassungrevidieren läßt.“ (Fischer Film Almanach 1992)
„Wenders bleibt der Regisseur, der mit jedem neuen Projekt viel wagt. Trotz aller Widersprüche ist ‚Bis ans Ende der Welt‘ ein Film, der sich aus der Kinolandschaft als ein wichtiger Versuch heraushebt, wenn mit ihm auch nicht der erhoffte große Entwurf und Abschluß gelungen ist. Am Ende ist die größte Sensation des Films: daß es ihn tatsächlich gibt.“ (Stefan Kolditz: Bis ans Ende der Welt, in Peter W. Jansen/Wolfram Schütte, Hrsg.: Wim Wenders, 1992)
Immerhin hatte Wenders das Projekt bereits 1977 nach „Der amerikanische Freund“ begonnen. Das Budget betrug 23 Millionen Dollar (sein teuerster Film). Der Film wurde auf vier Kontinenten an 120 Drehtagen gedreht und 600 Menschen waren beteiligt.
Erst zehn Jahre später veröffentlichte Wenders die gut fünfstündige Fassung, die heute gezeigt wird, und die auch die ursprüngliche und schon beim Kinostart angekündigte Fassung ist.
Mit Solveig Dommartin, Chick Ortega, Eddy Mitchell, Ernie Dingo, William Hurt, Sam Neill, Rüdiger Vogler, Elena Smirnowa, Lois Chiles, Jeanne Moreau, Max von Sydow Hinweise Filmportal über „Bis ans Ende der Welt“ Rotten Tomatoes über „Bis ans Ende der Welt“
Wikipedia über „Bis ans Ende der Welt“ (deutsch, englisch)
A History of Violence (USA/Kanada 2005, Regie: David Cronenberg)
Drehbuch: Josh Olson
LV: John Wagner/Vince Locke: A History of Violence, 1997 (Graphic Novel)
Tom Stall ist ein gewöhnlicher Schnellrestaurantbesitzer irgendwo in Indiana. Als zwei Killer sein Restaurant ausrauben wollen, tötet er sie im Affekt. Danach ist er der Held des Tages und zwei Mafiosi aus Philadelphia tauchen auf. Sie behaupten, Tom von früher zu kennen. Damals war er ein Mafiakiller und der Philly-Mob habe noch eine Rechnung mit ihm offen.
Ein eiskaltes, klar strukturiertes Noir-Drama von Cronenberg, der hier eine altbekannte Genregeschichte und gleichzeitig viel mehr erzählt.
Das Drehbuch von Josh Olson war für den Edgar-Allan-Poe-Preis als bestes Drehbuch nominiert. „Syriana“ erhielt die Trophäe.
David Cronenbergs neuester Film „Maps to the Stars“ erscheint am 23. Februar (Verleih) und am 3. März (Kauf) auf DVD und Blu-ray mit, unter anderem, etlichen Interviews mit den Hauptdarstellern, Autor Bruce Wagner und David Cronenberg .
Mit Viggo Mortensen, Maria Bello, Ed Harris, William Hurt
Als Mark Helprins Roman „Winter’s Tale“ 1983 erschien, war die von ihm gezeichnete fantastische Welt vielleicht wirklich neu und überraschend. Denn in ihr kämpfen, wie wir aus Akiva Goldsmans Verfilmung lernen, in New York nicht nur Menschen gegeneinander, sondern auch der Teufel und, hm, Gott sind in irgendeinen Kampf involviert und Visionen und das Licht spielen eine entscheidende, aber unklare Rolle. Kurz, das Inventar eines heute handelsüblichen Fantasy- oder Superheldenfilms für – je nach Vorlage – schmachtende Teenager oder actionhungrige Fanboys ist vorhanden. „Winter’s Tale“ ist da die – ziemlich missglückte – Ausgabe für romantikverrückte Frauen.
Immerhin hat Colin Farrell die Hauptrolle übernommen. Er spielt den Waisen Peter Lake, der 1895 von seinen Eltern, denen die Einreise in die USA verweigert wurde, in einem Modellboot im Gewässer vor Manhattan ausgesetzt wurde. 1916 ist er ein Dieb, der aus nie richtig geklärten Gründen von dem Gangsterboss Pearly Soames (Russell Crowe), der ihn aufzog, verfolgt wird.
Bei einem seiner Einbrüche trifft Lake Beverly Penn (Jessica Brown Findlay), eine an der Schwindsucht tödlich erkrankte Schönheit, und sie verlieben sich sofort ineinander. Aufgrund ihrer Krankheit hat sie ein enormes Bedürfnis nach Kälte, das sie unter anderem stillt, indem sie fast unbekleidet und barfuß durch den Schnee wandelt.
Diese Liebesgeschichte spielt vor dem Hintergrund eines Kampfes zwischen Engel und Dämonen. Denn Pearly Soames ist ein Vertreter des Teufels in New York (und nur dort) und Peter Lake hat als Verbündeten einen weißen Schimmel. Nein, das ist jetzt keine plumpe Tautologie, sondern erfasst ungefähr die Subtilität des Films.
Der Kampf zwischen Lake und Soames endet, nach einer jahrzehntelangen Unterbrechung, 2014, in der Gegenwart, und spätestens hier werden starke Anforderungen an die „suspension of disbelief“ gestellt. Denn – ohne etwas von der Geschichte zu verraten (da gibt es in Punkto Visionen noch mindestens ein Problem) – wenn eine junge, alleinerziehende Reporterin herausfindet, dass Lake bereits vor einem Jahrhundert quicklebendig war, ist sie ungefähr so erstaunt wie ich, wenn ich eine Pizza Salami bestelle und eine Pizza Salami erhalte. Überboten wird ihre Reaktion nur noch von Beverlys Schwester Willa (Eva Marie Saint). Sie lernte Lake als kleines Mädchen kennen, leitet als deutlich über Hundertjährige immer noch die Zeitung, erkennt Lake sofort und ist darüber überhaupt nicht erstaunt, weil es viele unerklärliche Dinge gibt.
Akiva Goldsman (Oscar für „A beautiful Mind“, Razzie-Nominierung für „Batman & Robin“) kredenzt nach fünf TV-Serienfilme, unter anderem vier Folgen „Fringe“, in seinem Spielfilmdebüt einen ziemlich erhaben daherkommenden, schlecht inszenierten Kitsch. Denn es gehört schon einiges dazu, dass durchaus gute Schauspieler wie Colin Farrell (der als gut Vierzigjährige doch etwas alt für einen Zwanzigjährigen ist), Russell Crowe und Will Smith (als Luzifer ist er immerhin für einen Lacher gut) mit einem grenzdebilen Blick stoisch durch die Kulisse schlurfen.
Erschwerend kommt hinzu, dass – immerhin hat Goldsman ja die Bücher für einige veritable Blockbuster, wie „I, Robot“, „The Da Vinci Code – Sakrileg“, „I am Legend“ und „Illuminati“ geschrieben und die waren immerhin gutes Handwerk – Goldsman die Geschichte von „Winter’s Tale“ auf drei Zeitebenen beginnt und eine Myriade von Charakteren einführt, die später vollkommen bedeutungslos sind. Das erschwert den Einstieg in den Film unnötig. Der mythische Überbau, mit einem irritierendem Voice-Over, funktioniert auch nie und damit funktioniert auch der dritte, in der Gegenwart spielende Akt nicht.
Die Bilder und Tricks kolportieren nur das sattsam Bekannte. So sehen die gefletschten Zähne von Will Smith nicht anders aus als die Zähne der „30 Days of Night“-Vampire. Für eine „Fringe“-TV-Folge ist das okay, aber für einen abendfüllenden Spielfilm zu wenig.
Auch wenn die Musik von Hans Zimmer und Rupert Gregson-Williams ist.
Jedenfalls, und damit kommen wir zum Positiven, erscheint nach „Winter’s Tale“ der unterschätzte „Cloud Atlas“ als ein formvollendetes Meisterwerk
Winter’s Tale (Winter’s Tale, USA 2014)
Regie: Akiva Goldsman
Drehbuch: Akiva Goldsman
LV: Mark Helprin: Winter’s Tale, 1983 (Wintermärchen)
mit Colin Farrell, Jessica Brown Findlay, Jennifer Connelly, Russell Crowe, William Hurt, Ripley Sobo, Mckayla Twiggs, Matt Bomer, Will Smith, Eva Marie Saint
Länge: 117 Minuten (laut FSK, aber sie fühlten sich eher nach der offiziellen Angabe von 129 Minuten an)
„Seelen“ wird beworben als der neue Film von „Twilight“-Autorin Stephenie Meyer und „The Truman Show“-, „Gattaca“- und „Lord of War“-Autor Andrew Niccol und je nachdem, ob man „Seelen“ als Stephenie-Meyer- oder als Andrew-Niccol-Film sieht, wird man begeistert oder maßlos enttäuscht sein. Denn „Seelen“ ist ein in der nahen Zukunft spielendes Teenager-Drama, dessen Zielpublikum heftig pubertierende Mädchen sind. Denen gefällt, nach der IMDB-Nutzerbewertung, der Liebesfilm mit homöopathischer Science-Fiction-Beigabe auch sehr gut.
Science-Fiction-Fans können sich dagegen an der schönen Ausstattung erfreuen. Denn die von Stephenie Meyer, die den Film auch produzierte, entworfene Welt macht ziemlich wenig Sinn und die Prämisse ist, jedenfalls bei der Filmgeschichte, ziemlicher Unfug.
Wieder einmal haben Außerirdische die Welt besetzt und nur noch eine kleine Gruppe Menschen kämpft im wunderschön fotogenen US-Hinterland gegen sie. Dabei sind diese Aliens Parasiten, die den Menschen ihre Seelen klauen. So wird uns jedenfalls zuerst gesagt. Aber eigentlich sind diese Aliens ganz liebe Gesellen, die schon seit langer Zeit Seelen sehr liebevoll und sehr vorsichtig von einem Gastkörper zum nächsten transportieren, das Wissen des Gastes in sich aufnehmen und weitergeben. Sie werden deshalb auch ganz einfach Seelen genannt; – was ja eigentlich etwas Gutes ist. Außerdem ist bei ihnen alles sauber, gepflegt und ordentlich. Krankheit und Armut scheint es nicht mehr zu geben. Eigentlich hätte uns, wie ein Blick in die Nachrichten zeigt, nichts besseres passieren können.
Trotzdem ist Melanie Stryder (Saoirse Ronan) davon nicht begeistert. Sie kämpft gegen die Aliens, versucht ihren Bruder zu beschützen, wird dennoch der Gast für eine Seele, wehrt sich allerdings gegen diese Seele, flüchtet aus dem Krankenhaus der Seelen, wird von der Sucherin (Diane Kruger; fantastisch!) gnadenlos verfolgt, kann sich in einer riesigen Höhle irgendwo in der Wüste bei einigen Widerstandskämpfern verstecken und zwei Jungs sind heftig in sie verliebt.
Das Leben der Widerstandskämpfer in der Höhle, das sich durch geschickt platzierte Spiegel, abgesehen von den Wohnungen, nicht von der uns bekannten, normalen Welt unterscheidet, ist eine ländliche Fantasie, die schonungslos den Marlboro-Western-Kitsch feiert. Die starren Gesellschaftsstrukturen sind von anno dunnemals, als Männer die respektierten Führer und Frauen die Köchinnen waren, und werden klaglos von den, Uh?, freien Menschen akzeptiert. Der Kampf gegen die einen versklavenden Seelen eint.
Melanies Kampf zwischen den beiden in ihr wohnenden Seelen, wobei die ihr implantierte Seele als weise Ratgeberin gar nicht so unsympathisch ist, wird sehr unfilmisch, in inneren Streitgesprächen verdeutlicht. In der Originalfassung sind die beiden von Saoirse Ronan mit unterschiedlichen Akzenten gesprochen Frauenstimmen allerdings kaum unterscheidbar. Und wenn Melanie befürchtet, dass ihre ursprüngliche Seele endgültig verschwindet, wendet sie eine ziemlich brachiale Kusstherapie an, die, wenn ein Mann sie erfunden hätte, hochgradig frauenverachtend wäre. Denn sie will von dem einen Jungen, den sie früher hasste, so geküsst werden, dass ihr altes Ich wieder auftaucht. Zwischen der Knutscherei wird sie ziemlich oft geschlagen; scheint auch gegen die Alien-Seelen zu helfen.
„Seelen“ wirkt mit seinem schleppendem Erzähltempo, den vielen aufgeworfenen Fragen, die nicht beantwortet werden, und dem hastigen Ende wie der Pilotfilm für eine nicht verwirklichte Science-Fiction-Serie, die dann auch hätte klären können, warum diese Seelen, obwohl sie so grundsympathisch erscheinen, doch furchtbar böse sind und wir gegen sie kämpfen müssen.
Als Kinofilm bleiben dagegen mehr Fragen als Antworten, etwas banale Revolutionsromantik, viel christliche Verklärung des einfachen Lebens und eine vor sich hin plätschernde Liebesgeschichte mit langweilig-austauschbaren Charakteren.
Andrew-Niccol-Fans können diese Auftragsarbeit getrost vergessen.
Seelen (The Host, USA 2013)
Regie: Andrew Niccol
Drehbuch: Andrew Niccol
LV: Stephenie Meyer: The Host, 2008 (Seelen)
mit Saoirse Ronan, Max Irons, Jake Abel, Diane Kruger, William Hurt, Chandler Canterbury, Boyd Holbrook, Frances Fisher, Scott Lawrence
Salamanca, Spanien, großer Antiterrorgipfel: der amerikanische Präsident will auf dem Marktplatz eine Rede halten. Da wird er erschossen und eine Bombe explodiert. Sein Leibwächter Thomas Barnes hat aber etwas gesehen und er nimmt die Spur auf.
„8 Fremde, 8 Sichtweisen, 1 Wahrheit“ lautet der Werbespruch, der ziemlich genau die erzählerische Pointe des Films verrät. Denn das Ereignisse vor, während und nach dem Attentat werden aus acht verschiedenen Sichtweisen erzählt und am Ende gibt es eine atemberaubende Autoverfolgungsjagd. Das unterhält prächtig über die knapp neunzig Minuten und ist filmisch und darstellerisch auch sehr gut gelöst. Denn mit den verschiedenen Blickwinkeln ändert sich auch immer der Blick auf die Ereignisse und die beteiligten Personen.
Dass der ganze Attentatsplan, wenn man genauer darüber nachdenkt, ziemlich konstruiert ist, fällt einem erst nach dem Abspann auf.
mit Dennis Quaid, Matthew Fox, Forest Whitaker, Sigourney Weaver, William Hurt, Edgar Ramirez, Ayelet Zurer, Bruce McGill, Zoe Saldana
LV: Martin Cruz Smith: Gorky-Park, 1981 (Gorki Park)
Im Moskauer Gorki Park werden drei verstümmelte Leichen gefunden. Inspektor Renko kommt bei seinen Ermittlungen einer Staatsaffäre auf die Spur.
Martin Cruz Smith schuf mit dem sowjetischen Ermittler Arkadi Renko eine enorm erfolgreiche Serienfigur. Für „Gorky-Park“ erhielt er den Gold Dagger.
Die Verfilmung missfiel der damaligen Filmkritik: „voller naiver Klischees, in der Charakterzeichnung oberflächlich, ohne Stimmung und Atmosphäre. Auch als Genre-Film spröde und spannungslos.“ (Lexikon des internationalen Films). Oder „Nun sind Klischees…nichts schlimmes, wenn nur alles andere stimmt: eine komplexe, nachvollziehbare Story, spannende Atmosphäre, interessante Charaktere und physische Aktion. Das alles aber hat Gorky Park in zu geringem Maße.“ (Fischer Film Almanach 1985).
Wie so oft wurde aus einem guten Buch ein mittelmäßiger Film.
Dennis Potters Drehbuch erhielt den Edgar.
Mit William Hurt, Lee Marvin, Brian Dennehy, Joanna Pacula, Ian Bannen