Hannelore Cayre hat ihre sehr sympathische Nische gefunden: Frauen als Hauptperson (aufgrund ihres moralischen Kostüms sind sie nicht wirklich traditionelle ‚Heldinnen‘), schnoddriger Tonfall, eine heilsame Respektlosigkeit vor Recht und Gesetz; vor allem wenn es die Wohlhabenden schützt – und damit eine dezidiert linke, kapitalismuskritische Sicht. Oh, und einen illusionslosen, eigentlich schon verzweifelt komischen Blick auf die französische Gesellschaft, ihre Strukturen und ihre Probleme. Als Vehikel benutzt sie dafür die Kriminalliteratur.
In „Reichtum verpflichtet“ verzichtet sie auf das Krimi-Sicherheitsnetz. Ihr neuer Roman spielt auf zwei Zeitebenen: der Gegenwart und den Jahren 1870/1871.
1870 bekriegten Frankreich und Deutschland sich. In Frankreich werden junge Männer nach einem Zufallsprinzip eingezogen. Das ist eine egalitäre Auswahl. Schließlich unterscheidet das Los nicht zwischen Arm und Reich. Allerdings können reiche Männer danach einen Einstandsmann kaufen. Der übernimmt dann den neunjährigen Militärdienst für den vom Los gezogenen kampfunwilligen Unglücksraben.
Auguste de Rigny, der in Paris ziellos vor sich hin studiert und sich in revolutionären Kreisen aufhält, wird vom Los gezogen. Allerdings möchte er den Militärdienst nicht ableisten. Das Geld und die Beziehungen seiner Eltern sollen ihn freikaufen. Dummerweise gestaltet sich die Suche nach dem Einstandsmann schwieriger als gedacht.
In der Gegenwart beginnt die nach einem Autounfall gehbehinderte Blanche de Rigny in der Familiengeschichte herumzustöbern. Sie möchte erfahren, wie sie mit der vermögenden Familie de Rigny verwandt ist.
Währenddessen arbeitet sie als Gerichtsreprografin. Sie scannt alle Akten, die in die Zuständigkeit der Pariser Gerichtsbarkeit fallen. Manchmal liest sie sie. Manchmal gibt sie Kopien an Journalisten weiter. Manchmal verkauft sie Adressen von Drogenkonsumenten an Dealer weiter.
Das ist durchaus vergnüglich zu lesen und vor allem Augustes Geschichte ist ziemlich spannend. Dagegen ist bei Blanches Geschichte unklar, worauf sie hinausläuft. Es ist, und das ist auch das große Problem des Romans, eine Geschichte, die erst und nur durch ihre ziemlich grandiose Pointe einen Sinn ergibt.
Für mich ist „Reichtum verpflichtet“ Hannelore Cayres bislang schwächster Roman. Das gesagt, freue ich mich selbstverständlich auf ihren nächsten Roman.
Schimanski soll bestechlich sein. Er wird suspendiert und ermittelt auf eigene Faust.
Letzter Schimanski-Tatort mit einem legendärem Ende. Einige Jahre nach „der brillanten Schimanski-Persiflage“ (Eike Wenzel: Der Star, sein Körper und die Nation. Die Schimanski-TATORTe, in Wenzel, Hrsg.: Ermittlungen in Sachen TATORT, 2000) ging es mit der insgesamt durchwachsenen TV-Reihe „Schimanski“ weiter.
mit Götz George, Eberhard Feik, Chiem van Houweninge, Ulrich Matschoss, Ludger Pistor, Armin Rohde, Maja Maranow, Brigitte Janner, Jochen Senf (als Gastkommissar Palu)
Jetzt hat die Lektüre doch länger gedauert als geplant. Frage nicht. Schließlich ist der Brenner zurück. Weil die Geschichte nicht in der Gegenwart, sondern in der Vergangenheit spielt, beginnt Wolf Haas‘ neuer Brenner-Roman nicht mit dem bekannt-lakonischen Eingangssatz „Jetzt ist schon wieder was passiert“, sondern, nach einem Prolog, so: „Jetzt, wo es verjährt ist, muss man wenigstens keine Angst mehr haben, dass man was Falsches sagt.“
Es beginnt mit dem Fund einer zerstückelten Leiche auf dem städtische Müllplatz, der in Wien inzwischen ein Recyclinghof mit einem ausdifferenziertem System von Sammelwannen ist. Bis die Polizei auftaucht, haben die Müllmänner die einzelnen Leichenteile aus den verschiedenen Wannen herausgesucht und fein säuberlich zusammengelegt. Es ist alles vorhanden, bis auf das Herz des Verstorbenen. Das wird später bei seiner Geliebten Roswitha im Tiefkühlschrank gefunden. Ein Einbrecher hat es dorthin gelegt. In dem Moment ist der Brenner schon knietief in den Fall, in dem es um illegalen Organhandel gehen soll, verwickelt. Einerseits weil er inzwischen bei der Müllabfuhr arbeitet (Frage nicht. Der Wolf Haas erklärt auch nicht genauer, wie Brenner zu dem besten Job, den er jemals hatte, gekommen ist), andererseits weil Brenner früher Polizist und dann Privatdetektiv war. Kopf und Savic, die Ermittler in diesem Fall, kennt er noch von früher.
Und jetzt ist ein kleiner Einschub für die Jüngeren angesagt. 1996 veröffentlichte Wolf Haas, damals noch in der rororo-Krimireihe, seinen ersten Brenner-Roman „Auferstehung der Toten“. Der Roman war wegen seiner Sprache (sie ist so markant, dass sie zur Nachahmung und Parodie einlädt) und seinem Humor ein sofortiger Erfolg. Der Fall war auch nicht schlecht. Haas schrieb weitere erfolgreiche Brenner-Romane. Bis 2003 folgten schnell hintereinander fünf weitere Romane, 2009 „Der Brenner und der Liebe Gott“, 2014 „Brennerova“ und jetzt – endlich! – „Müll“.
2000 verfilmte Wolfgang Murnberger den dritten Brenner-Roman „Komm, süßer Tod“. Josef Hader spielte Brenner. Der Film war ein Hit. Drei weitere erfolgreiche Brenner-Verfilmungen folgten. Sie übertrugen den eigentlich unverfilmbaren Stil der Brenner-Romane kongenial auf die Leinwand.
Entsprechend groß ist natürlich die Freude, dass Wolf Haas jetzt wieder einen Brenner-Roman geschrieben hat und mit 288 Seiten ist er sogar der bislang längste Brenner-Roman. Wobei 288 Seiten nach heutigem Standard nicht besonders lang sind.
Nach der Lektüre kann ich beruhigt schreiben, dass sie sich lohnt. Der Kriminalfall entwickelt sich eher bedächtig. Das liegt auch daran, dass Haas erst einmal viele Personen vorstellen muss. Sie alle sind irgendwie in den Fall (über den hier nichts verraten wird) verwickelt. Es gibt den gewohnt lakonischen Haas-Humor. Außerdem erfahren wir einiges über Brenners aktuelle, ähm, Schlafgewohnheiten, die Philosophie des Mülltrennens und des Paketzustellens und warum der Praktikant auf dem Müllplatz Praktikant heißt. Das alles macht „Müll“ zu einem gelungenem weiteren Brenner-Roman.
Nach seinem Übererfolg „Fitzcarraldo“ und vor „Cobra Verde“, seinem letztem Film mit Klaus Kinski, brach Werner Herzog nach Australien auf. Dort drehte er einen Spielfilm über den Kampf eines Aborigines-Stamms gegen den Uran-Abbau der Mining Company. Dabei, immerhin ist es ein Spielfilm, vermengt er Fakten mit Fiktion.
Zwei zeitgenössische Bewertungen: „Herzog scheint unentschlossen gewesen zu sein, ob er eher dem von ihm erwarteten Mythizismus neuen Ausdruck geben oder einem akuten Thema, dem Konflikt von Ökologie contra Ökonomie, folgen sollte. Als halbherziger Kompromiss aus beiden enttäuscht der Film. Er erreicht nicht die Kraft von Herzogs großen Kinovisionen, hat aber auch nicht die engagierte Themennähe seiner Dokmentarfilme.“ (Fischer Film Almanach 1985)
„zivilisationskritische Parabel (…) kein ökologischer Thesenfilm, sondern eine in faszinierenden Bildern, kontemplativem Rhythmus und nahezu heiterem Tonfall dargebotene Studie über das weltweite Vergehen von Hören und Sehen, das Verschwinden der Träume und die Verhärtung westlicher Denk- und Bewusstseinsformen.“ (Lexikon des internationalen Films)
„Wo die grünen Ameisen träumen“ gehört immer noch zu Herzogs unbekannteren Filmen zwischen seinen Klassikern aus den Siebzigern (endend mit „Fitzcarraldo“) und seinem aus wenigen Spielfilmen und einer unüberschaubaren Menge von Dokumentarfilmen bestehendem Spätwerk.
Mit Bruce Spence, Wandjuk Marika, Roy Marika, Ray Barrett, Norman Kaye
Wiederholung: Mittwoch, 20. April, 00.15 Uhr (Taggenau!)
Die wohlbehütet aufwachsenden Teenager Lily und Amanda wollen Lilys Stiefvater umbringen. Helfen soll ihnen ein kleiner Drogenhändler, der natürlich nichts von dem wahren Plan der beiden Schönheiten ahnt.
TV-Premiere. Schöner, kleiner, fieser Noir-Thriller – und der letzte Film von Anton Yelchin.
Vollkommen abgebrannt landet Michael Williams in dem Kaff Red Rock. Dort wird er für einen Profikiller gehalten und erhält auch gleich das Honorar für den Mordauftrag. Dummerweise trifft kurz darauf der wirkliche Killer ein.
„‚Red Rock West‘ ist ein Film noir mit allen Qualitäten eines modernen Western, wie sie in den Romanen und Figuren von Jim Thompson zu finden sind. Es geht um Liebe, Mord und Verrat – schnörkellos, direkt und lakonisch inszeniert.“ (Fischer Film Almanach 1994)
Besser hätte ich es auch nicht formulieren können.
„Red Rock West“ ist ein Film aus einer Zeit, als man sich noch auf den nächsten Nicolas-Cage-Film freute.
mit Nicolas Cage, Dennis Hopper, Lara Flynn Boyle, J. T. Walsh
Samuel O’Shea ist Leonard-Cohen-Fan. Das macht ihn schon einmal grundsympathisch. Allerdings ist der Literaturprofessor auch ein alter Sack, Schürzenjäger und Trinker. Das macht ihn schon deutlich unsympathischer.
In letzter Zeit hat O’Shea zunehmend Wahnvorstellungen. Seine Ärztin diagnostiziert einen riesigen Tumor in seinem Gehirn. Bevor er sich darum kümmert, macht er sich von Montreal auf den Weg nach Irland zu einer einsam am Meer gelegenen Hütte und Matt Bissonettes Film beginnt zunehmend zu zerfasern. Das Spiel zwischen Realität und Halluzinationen wird immer chaotischer und willkürlicher. Die Geschichte immer beliebiger und auch egaler. O’Shea führt lange Gespräche mit seinem schon lange totem Vater. Er verliebt sich in eine jüngere Frau. Er wird, selbstverständlich wegen dieser Frau, zu einem Mörder. Oder auch nicht.
Der anfängliche Spaß über einen Lehrer, der mit der Wirklichkeit und seinem Leben hadert, weicht zunehmend dem Gefühl eines gelangweilten anything goes. Garniert und grundiert wird das mit sieben Songs von Leonard Cohen. Unter anderem „Heart with no Companion“, „Did I ever love you“, „Bird on the Wire“ und, selbstverständlich „Hallelujah“. Diese ausführlich ausgespielten Songs sind ein Pluspunkt des Films. Der andere ist Gabriel Byrne, der Samuel O’Shea spielt.
Aber auch er kann nichts daran ändern, dass am Ende die Enttäuschung überwiegt.
Death of a Ladies‘ Man(Death of a Ladies‘ Man, Kanada/Irland 2020)
Regie: Matt Bissonnette
Drehbuch: Matt Bissonnette
mit Gabriel Byrne, Jessica Paré, Brian Gleeson, Suzanne Clément, Antoine Olivier Pilon
Erheblich näher an der Realität ist Philippe Girards Comic „Leonard Cohen: Like a Bird on a Wire“. Er rast auf nicht einmal hundertzehn Seiten durch Leonard Cohens Leben. Alle paar Seiten wird in ein neues Jahr gesprungen. Bekannte Musiker haben Kurzauftritte. Cohens Frauen ebenso. Aber ein roter Faden ist nicht erkennbar. Am Ende bleibt nur eine Abfolge von Episoden, die ohne ein Wissen über Cohens Leben und das Rockmusikbusiness fast unverständlich sind.
Eine verpasste Chance.
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Philippe Girard: Leonard Cohen: Like a Bird on a Wire
Wenn die Anfangszeiten im TV-Programm stimmen, wird eine rabiat auf 90 Minuten gekürzte Fassung des 114-minütigen Films gezeigt. Keine Ahnung warum. Denn die Kinofassung ist perfekt.
mit Christian Friedel, Katharina Schüttler, Burghart Klaußner, Johann von Bülow, Felix Eitner, David Zimmerschmied, Rüdiger Klink, Cornelia Köndgen, Martin Maria Abram, Udo Schenk
Nein, das ist nicht das 13. Arrondissement, das wir aus Léo Malets Nestor-Burma-Roman „Die Brücke im Nebel“ kennen. Der Roman spielt in den Fünfzigern und Nestor muss den Mord an einem alten Freund, den er während seiner Zeit als Anarchist kennen lernte, aufklären. In Jacques Audiards, fast siebzig Jahre später, ebenfalls in diesem Pariser Viertel spielendem Film „Wo in Paris die Sonne aufgeht“ geht es um die Liebe und die Gefühle von Thirty-Somethings auf der Suche nach dem Sinn des Lebens.
Émilie hat die Elite-Schule Sciences Po erfolgreich abgeschlossen. Aber anstatt jetzt ihre berufliche Karriere zu beginnen, treibt sie von einem Gelegenheitsjob zum nächsten.
Sie wohnt im 13. Arrondissement in einer Wohnung, die sie sich leisten kann, weil sie ihrer im Heim liegenden Großmutter gehört. Um die Kosten weiter zu senken, nimmt sie regelmäßig Untermieter bei sich auf.
Ihr neuester Untermieter ist Camille. Der von seiner Arbeit frustrierte Literaturlehrer wird ihr Liebhaber. An einer längerfristigen Beziehung haben beide zunächst kein Interesse.
Da lernt er, inzwischen als heillos überforderter Immobilienmakler arbeitend, Nora kennen. Sie hat ihre Arbeit als Immobilienmaklerin in der Provinz aufgegeben. Sie will ihr Studium fortsetzen. Aber als Anfang-Dreißigjährige fremdelt sie mit dem Studienbetrieb und ihren jüngeren Mitstudierenden.
Als sie für eine Party eine Perücke aufzieht, wird sie von ihren Kommilitonen für das Cam-Girl Amber Sweet gehalten. Verstört verläßt sie die Party und nimmt später, via Webcam, Kontakt zur echten Amber Sweet auf.
Jacques Audiards neuer Film ist das Gegenteil von seinem Western „The Sisters Brothers“. „Wo in Paris die Sonne aufgeht“ ist nämlich ein kleiner SW-Film im Nouvelle-Vague-Stil. Audiard erzählt seinen lockeren Reigen von Liebe, Verlassenwerden, Enttäuschungen, Erwartungen und Verunsicherungen als einen lyrischen Ensemblefilm, in dem sich die Wege der vier jungen Menschen immer wieder kreuzen. Sie sind alle immer noch nicht Erwachsen, sondern zutiefst verunsichert über sich und ihre Lebenspläne. Sie stolpern von einer kurzen Beziehung zur nächsten. Sie wechseln ziellos zwischen Jobs und Studium. Nur Amber Sweet scheint ihren Platz gefunden zu haben. Deshalb ist das mit viel Humor gewürzte Drama auch ein Film über das Erwachsenwerden im 21. Jahrhundert. In der Großstadt.
Wo in Paris die Sonne aufgeht(Les Olympiades, Frankreich 2021)
Regie: Jacques Audiard
Drehbuch: Céline Sciamma, Léa Mysius, Jacques Audiard
LV: Adrian Tomine: Amber Sweet, Killing and Dying, Hawaiian Getaway (3 Comics)
mit Lucie Zhang, Makita Samba, Noémie Merlant, Jehnny Beth, Camille Léon-Fucien, Océane Cairaty, Anaïde Rozam, Pol White, Geneviève Doan
TV-Premiere. Aus drei 45-minütigen Teilen bestehende Doku, die Arte heute an einem Stück zeigt und die uns ein Bild von St. Pauli vermittelt, als St. Pauli die sündige Meile war. Für seine Doku wühlte Schwabe sich durch Archive und befragte Zeitzeugen; – seltsamerweise scheint allerdings St.-Pauli-Chronist Frank Göhre nicht dabei zu sein.
Zuerst gab es „Watchmen“, diese in der Buchausgabe backsteingroße Superheldengeschichte, die zwischen September 1986 und Oktober 1987 erschien, mehrere Eisner Awards erhielt, mit dem Hugo Award ausgezeichnet wurde, vom Time Magazine in die Liste der hundert besten englischsprachigen Romane seit 1923 aufgenommen wurde und immer noch, wenn der Comic irgendwo besprochen oder in einer Bestenliste erwähnt wird, abgefeiert wird. Außerdem wurde die ungewöhnliche Superheldengeschichte von Zack Snyder bildgetreu verfilmt. Den Fans gefiel der Film. Alan Moore, dem Autor von „Watchmen“, nicht. Aber ihm gefällt keine Verfilmung seiner Werke und er will nichts mit ihnen zu tun haben. Dave Gibbons, der Zeichner, sieht das entspannter.
Später wurde die Geschichte in einer kurzlebigen HBO-TV-Serie weitererzählt. Und, angesichts der normalerweise prächtig funktionierenden Verwertungsmaschinerie von DC und Marvel, die ihre Comichelden in unzählige Comicabenteuer schicken, extrem wenigen Comics, die im „Watchmen“-Universum spielen oder mit ihm spielen. Es gab die durchgehend gelungenen, unter anderem von Brian Azzarello und Darwyn Cooke geschriebenen „Before Watchmen“-Comics und jetzt eine „Rorschach“-Geschichte. Tom King erzählt sie für das DC Black Label in zwölf Heften (bei uns gesammelt in vier Bänden). Sie kann unabhängig von „Watchmen“ gelesen werden.
Auch Kings Geschichte spielt Jahre nach den Ereignissen von „Watchmen“. 35 Jahre nach dem Tod von Rorschach, dem an einen Hardboiled-Detektiv erinnernden Verbrecherjäger im Trenchcoat, Hut und mit einer sich ständig verändernden Maske, taucht ein neuer Rorschach auf. Er und seine Komplizin ‚The Kid‘ sterben bei einem Anschlag auf den republikanischen US-Präsidentschaftskandidaten Turley. Er ist der Herausforderer des seit Ewigkeiten regiererenden, unglaublich beliebten, liberalen Präsidenten Robert Redford. Er tut als Präsident genau das, was wir von ihm nach seinen Filmen und Interviews erwarten würden.
Ein namenloser Detektiv soll herausfinden, ob Rorschach und The Kid auf eigene Faust handelten oder Teil einer Verschwörung sind, in die sogar Redford involviert sein könnte. Bei seinen Ermittlungen stößt er auf die Comic-Zeichner Willliam Myerson, den Erfinder des Piraten-Comics Pontius Pirate, Otto Binder (u. a. die Comics Supergirl, Superman und Shazam) und Frank Miller, den ich wohl nicht vorstellen muss.
„Rorschach“ ist eine spannende und, ganz in der Tradition von Moore/Gibbons stehende, komplexe Geschichte, die munter mit der Realität, Comics (für viele Anspielungen) und Verschwörungstheorien spielt. Das liest sich wie ein guter Siebziger-Jahre-Verschwörungsthriller und sieht auch so aus.
Aktuell ist „Rorschach“ in vier Einzelbänden erhältlich. Weil Autor Tom King, Zeichner Jorge Fornés und Kolorist Dave Stewart eine zusammenhängende Geschichte erzählen, bietet sich eine spätere Veröffentlichung in einem Band natürlich an.
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Tom King/Jorge Fornés: Rorschach – Band 1 (DC Black Label)
(übersetzt von Christian Heiss)
Panini, 2021
76 Seiten
15 Euro
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enthält
Rorschach # 1 – 3
DC Black Label, 2020
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Tom King/Jorge Fornés: Rorschach – Band 2 (DC Black Label)
(übersetzt von Christian Heiss)
Panini, 2021
76 Seiten
15 Euro
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enthält
Rorschach # 4 – 6
DC Black Label, 2021
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Tom King/Jorge Fornés: Rorschach – Band 3 (DC Black Label)
(übersetzt von Christian Heiss)
Panini, 2021
76 Seiten
15 Euro
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enthält
Rorschach # 7 – 9
DC Black Label, 2021
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Tom King/Jorge Fornés: Rorschach – Band 4 (DC Black Label)
Rififi (Du rififi chez les hommes, Frankreich 1954)
Regie: Jules Dassin
Drehbuch: René Wheeler, Jules Dassin, Auguste le Breton
LV: Auguste le Breton: Du rififi chez les hommes, 1953
Kaum draußen aus dem Gefängnis plant Toni zusammen mit seinen Freunden Jo und Mario den Einbruch in ein Juweliergeschäft. Der Einbruch gelingt. Dann kommt ihnen eine rivalisierende Bande auf die Spur.
Mit „Rififi“ begründete Dassin das Caper-Movie: ein Film, bei dem die Planung und Durchführung eines Einbruches mit Mittelpunkt steht. „Dassins Film wirkt ein wenig wie die Synthese aus seinen eigenen realistischen Kriminalfilmen aus Hollywood, das er der antikommunistischten Hexenjagden McCarthys wegen hatte verlassen müssen, und den französischen Filmen aus der Tradition des Poetischen Realismus. Dabei potenziert sich der Pessimismus so sehr wie die Stilisierung: In einer halbstündigen Sequenz, in der der technische Vorgang des Einbruchs gezeigt wird, gibt es weder Dialoge noch Musikuntermalung. Die technische Präzision, die fast ein wenig feierlich zelebriert wird und in der die Männer ganz offensichtlich ihre persönliche Erfüllung finden, mehr als in der Freude über die Beute, steht dabei im Gegensatz zu ihrem fast ein wenig melancholischen Wesen.“ (Georg Seeßlen)
Mit Jean Servais, Carl Möhner, Robert Manuel, Robert Hossein, Perlo Vita (Pseudonym von Dassin)
Vertigo – Aus dem Reich der Toten (Vertigo, USA 1958)
Regie: Alfred Hitchcock
Drehbuch: Alex Coppel, Samuel Taylor
LV: Pierre Boileau/Thomas Narcejac: D´entre les morts, 1954 (Aus dem Reich der Toten, Vertigo)
Scottie verfolgt im Auftrag eines Freundes dessen von einer Toten besessene, selbstmordgefährdete Frau Madelaine. Nach ihrem Tod trifft Scottie auf Judy. Er will sie zu Madelaines Ebenbild formen.
Beim Filmstart erhielt “Vertigo” gemischte Kritiken. Heute wird der Rang von “Vertigo” als eines von Hitchcocks Meisterwerken von niemandem mehr ernsthaft bestritten.
Mit James Stewart, Kim Novak, Barbara Bel Geddes, Henry Jones, Tom Helmore, Raymond Bailey
Neben der neuen Marvel-Origin-Story „Morbius“(ein Arzt experimentiert sich zum Vampir) starten diese Woche auch einige Filme für den Arthouse-Fan. Garantiert ohne Vampire und CGI. Dafür zweimal auf Tatsachen basierend, zweimal könnte es so passiert sein, immer gab es auf Festivals Preise für die Filme und jeder dieser Filme ist, bei allen Unterschieden, sehenswert.
„A Hero – Die verlorene Ehre des Herrn Soltani“ ist der neue Film von Asghar Farhadi. In Cannes erhielt das absolut sehenswerte Drama 2021 den Großen Preis. Weil der titelgebende Rahim Soltani seine Schulden nicht bezahlen kann, verbüßt er eine Haftstrafe. Ab und zu darf er für einen Freigang die Anstalt verlassen. Er versucht seine Schulden irgendwie zu tilgen.
Als seine Freundin an einer Bushaltestelle zufällig eine Tasche mit wertvollen Münzen findet, könnte er damit seine Schulden auf einen Schlag bezahlen. Aber dann, nachdem er feststellt, dass die Münzen dafür nicht ausreichen, packt ihn das Gewissen. Sagt er jedenfalls. Er sucht in Shiraz die Besitzerin. Als sie sich meldet, geben er und seine Freundin ihr die Münzen zurück. Damit könnte die Episode zu Ende sein.
Dummerweise erfahren die Haftanstaltsleiter davon. Sie sind begeistert von dieser Heldentat, die einer ihrer Schützlinge begangen hat. Unverzüglich informieren sie, auch weil sie so ihr Gefängnis in einem positiven Licht präsentieren können, die Öffentlichkeit über Rahims edle Tat. Die Presse ist ebenfalls begeistert; bis sie die Geschichte genauer überprüft und auf immer mehr Widersprüche stößt. Auch Rahims Gläubiger erzählt seine Version und warum er Rahim die Schulden nicht erlassen will.
Nachdem Asghar Farhadi seinen vorherigen, etwas enttäuschenden Film „Offenes Geheimnis“ in Spanien drehte, kehrt er mit „A Hero – Die verlorene Ehre des Herrn Soltani“ wieder in seine Heimat, den Iran, und zu alter Stärke zurück. Rahims Geschichte ist universell und gleichzeitig sehr konkret in der iranischen Wirklichkeit verortet. Es wurde vor Ort gedreht, es gibt einen Einblick in den iranischen Alltag und die Strukturen der Gesellschaft. Gleichzeitig könnte Rahims Geschichte prinzipiell überall spielen. Denn überall kann ein Mann sich mit einer schlechten Geschäftsidee verschulden, überall kann er zufällig etwas wertvolles finden und überall steht er vor der Frage, wie er mit dem Fund umgehen soll. Farhadi gibt allerdings keine einfachen Antworten auf Rahims Dilemma. Er zeigt nur, was geschieht und er präsentiert verschiedene, sich teils widersprechende Perspektiven und Interpretationen der Ereignisse. Es sind Interpretationen, die sich verändern können. So ist der Anstaltsleiter zunächst begeistert von Rahims edler Tat. Er fordert ihn sogar auf, sie etwas auszuschmücken. Als dann die ersten Zweifel an Rahims Geschichte aufkommen, lässt er ihn wie eine heiße Kartoffel fallen. Durch diese interpretationsoffene Erzählweise ist bis zum Schluss unklar, ob der um seine Ehre kämpfende Rahim wirklich so naiv und treudoof ist, wie er sich gibt, oder ob er nicht immer mindestens einen Hintergedanken hatte und der Lauf der Ereignisse sich anders als von ihm geplant entwickelte. Weshalb er wieder etwas tun muss. Dabei scheint es für ihn, auch wenn Menschen ihm helfen wollen, nur immer schlimmer zu werden.
Farhadi erzählt diese Geschichte eines Mannes, der um seine Ehre kämpft, mit nie nachlassender Spannung in einem ruhigen Erzähltempo.
A Hero – Die verlorene Ehre des Herrn Soltani (Ghahreman, Iran/Frankreich 2021)
Regie: Asghar Farhadi
Drehbuch: Asghar Farhadi
mit Amir Jadidi, Mohsen Tanabandeh, Fereshteh Sadrorafaii, Sahar Goldoust, Maryam Shahdaie, Ali Reza Jahandideh
Auch Juho Kuosmanens neuer Film „Abteil Nr. 6“ lief 2021 in Cannes und erhielt den „Grand Prix“.
Er erzählt die Geschichte von Laura, einer finnischen Archäologiestudentin, die im Winter von Moskau nach Murmansk aufbricht. Dort will sie die berühmten uralten Felsmalereien der Stadt besichtigen. Den tagelangen Weg dorthin legt sie in einem Zug zurück. Ihr Abteil muss sie mit Ljoha teilen. Der Jung-Macho ist das genaue Gegenteil der Studentin. Er ist ein Bergarbeiter, trinkfest, vulgär, ungebildet und scheinbar absolut unsensibel. Immerhin ist er in der ersten gemeinsamen Nacht zu betrunken, um sich ihr zu nähern. Lauras Versuch, in ein anderes Abteil zu wechseln, schweitert. Deshalb muss sie notgedrungen mit Ljoha arrangieren.
Kuosmanen („Der glücklichste Tag im Leben des Olli Mäki“) konzentriert sich in seinem Roadmovie darauf, wie Laura und Ljoha im titelgebenden „Abteil Nr. 6“ eine für die Reise andauernde Freundschaft entwickeln.
Laura, die junge, lesbische, unglücklich verliebte, sich im Moskauer Intellektuellenmilieu bewegende Studentin, entdeckt nämlich ungeahnte Facetten in Ljoha. Er versucht, auf seine jugendlich-unbeholfene Art, sie zu beeindrucken. Er will ihr, soweit das auf einer Zugfahrt mit wenigen Stopps möglich ist, sein Land und die russische Seele zu zeigen. Dazu gehört auch ein Besuch bei seiner Pflegemutter. Und er wird zu ihrem Beschützer und Reiseführer.
Im Presseheft sagt Kuosmanen, dass er, mit Einverständnis von Rosa Liksom, so viel an ihrem Roman veränderte, dass der Film jetzt nur noch von ihm inspiriert sei: „Wir haben so viel geändert, dass die eigentliche Frage ist, was nicht geändert wurde.“
Das erklärt vielleicht, warum es keine Filmausgabe von Liksoms Roman gibt.
Abteil Nr. 6 (Hytti nro 6, Finnland/Deutschland/Russland/Estland 2021)
Regie: Juho Kuosmanen
Drehbuch: Andris Feldmanis, Juho Kuosmanen, Livia Ulman, Lyubov Mulmenko (russische Dialoge)
LV: Rosa Liksom: Hytti nro 6, 2011 (Abteil Nr. 6)
mit Seidi Haaria, Yuriy Borisov, Dinara Drukarova, Julia Aug, Lidia Kostina
Audrey Diwans „Das Ereignis“ erhielt 2021 in Venedig den Goldenen Löwen als Bester Film. Wie Kuosmanen erzählt sie die Geschichte aus der Perspektive einer jungen Frau. Es handelt sich um die Geschichte von Annie Ernaux, die 1963 in Frankreich schwanger wurde. 2000 erschien ihr Buch über ihre Schwangerschaft. Damals studierte sie Literatur an der Universät und sie stand kurz vor den Abschlussprüfungen. Ein Kind hätte das Ende ihrer beruflichen Ambitionen bedeutet. Eine Abtreibung könnte ihren Tod bedeuten oder, wenn sie erwischt wird, eine Haftstrafe. Keine diese Möglichkeiten ist besonders prickelnd für die unverheiratete, in keiner festen Beziehung lebende Studentin.
Diwan erzählt diese in wenigen Wochen spielende Geschichte immer nah bei der an Anamaria Vartolomei gespielten Anne. Die Handkamera verfolgt sie und nimmt ihren Blick ein, wenn sie verschiedene Ärzte besucht, erfolglos verschiedene Abtreibungsmethoden ausprobiert und die Schwangerschaft vor ihren Eltern und Freundinnen verheimlichen will. Das wird natürlich zunehmend schwieriger.
Einerseits ist „Das Ereignis“ ein historischer Film. Er spielt 1963 als Abtreibung in Frankreich verboten war. 1975 wurde sie legalisiert. Seitdem gab es weitere Gesetzesänderungen, die die Rechte der betroffenen Frauen stärkten. Andererseits ist in anderen Ländern die Abtreibung verboten und auch in Ländern, in denen sie erlaubt ist, wird heftig über sie gestritten. So wurden in den USA in den vergangenen Monaten in einigen Staaten Gesetze formuliert, die eine Abtreibung verhindern sollen. Auch bei einer Vergewaltigung oder Inzest. Diese Aktualität des Themas ist in Diwans Drama jederzeit spürbar.
Gleichzeitig gelingt es ihr, nachvollziehbar zu machen, warum eine Frau abtreiben möchte und welchem Druck sie ausgesetzt ist. Von der Gesellschaft, ihren Eltern, Freunden und den Ärzten, die damals alle ausnahmslos Männer waren.
Das Ereignis (L’événement, Frankreich 2021)
Regie: Audrey Diwan
Drehbuch: Audrey Diwan, Marcia Romano, Anne Berest
„Bis wir tot sind oder frei“ lief nicht auf diesen großen Festivals. Das auf wahren Ereignissen basierende Drama hatte seine Premiere 2020 beim Filmfest Hamburg. Beim Black Nights Film Festival Talinn 2020 wurde die Hauptdarstellerin ausgezeichnet. Beim Avanca Film Festival 2021 wurde das Drama unter anderem als bester Film ausgezeichnet.
In den deutschsprachigen Regionen der Schweiz lief Oliver Rihs‘ Film bereits im Januar 2021 an. Und das ist nachvollziehbar. Denn trotz der auch bei uns bekannten Schauspieler, wie Marie Leuenberger, Joel Basman, Jella Haase, Anatole Taubman und Bibiana Beglau in den Hauptrollen, ist es primär ein schweizer Film der eine schweizer Geschichte erzählt. Nämlich die von dem Ausbrecherkönig Walter Stürm und wie er in den Achtzigern zu einer Symbolfigur und Held der linken Szene wurde. Einige wichtige Rolle spielte dabei Barbara Hug.
Sie gehört zu dem 1975 gegründeten Zürcher Anwaltskollektiv. Diese Anwälte verteidigen, teils zu symbolischen Honoraren, Linke, Mieter*innen, Arbeitnehmer*innen und, im Allgemeinen und im Besonderen, von der staatlichen Repressionsmaschinerie betroffene Menschen. Das können mehr oder weniger friedliche Demo-Teilnehmer*innen, Autonome oder auch Menschen, die wegen terroristischer Taten angeklagt sind, sein. Das Kollektiv versteht sich als Teil einer Bewegung für eine Schweiz, die weniger verknöchert und rückständig ist. Und das war die Schweiz damals. Sie liegen im ständigen Streit mit dem sie bei der Arbeit behindernden Staat. Die seit ihrer Kindheit gehbehinderte Hug ist eine taffe Anwältin, die wegen ihres Verstandes und ihrer ebenso klaren, wie kämpferischen Argumentation vor Gericht hohes Ansehen genießt.
Der 1942 geborene Unternehmersohn Walter Stürm ist zu diesem Zeitpunkt – der Film beginnt 1980 – bereits ein bekannter Berufsverbrecher mit zahlreichen Gefängnisaufenthalten und -ausbrüchen. Ihm geht es um Geld und Frauen. Politik interessiert ihn nicht. Aber sein unbändiger Freiheitsdrang und sein damit verbundener Kampf gegen das System sind anschlussfähig bei den Linken. Und so wird der unpolitische, aber charismatische Stürm, mit Hilfe seiner Anwältin Barbara Hug, zu einer Symbolfigur der Linken, irgendwo zwischen Robin Hood und Mini-Che-Guevara. Hug stellte ihn auch Mitgliedern der zweiten Generation der RAF vor.
Rihs‘ Drama konzentriert sich auf die Beziehung zwischen Hug und Stürm – und den historischen Hintergrund, der inzwischen immer mehr in Vergessenheit gerät. Denn auch die Schweiz hatte ihre 68er-Bewegung.
„Bis wir tot sind oder frei“ ist eine schöne Zeitreise in die achtziger Jahre, die in der schweizerdeutschen Originalversion sicher rundum überzeugte. Für die hiesige Auswertung sprachen die Schauspieler eine hochdeutsche Synchronisation ein. Diese aseptische Tonspur zerstört viel von der O-Ton-Atmosphäre und verleiht dem Drama das Flair eines bemühten Fernsehspiels.
Gerade weil ich ein wenig Schweizerdeutsch verstehe, hätte ich viel lieber die Orignalversion, gerne auch mit Untertitel, gesehen.
Bis wir tot sind oder frei(Schweiz/Deutschland 2020)
Regie: Oliver Rihs
Drehbuch: Dave Tucker, Oliver Rihs, Ivan Madeo, Norbert Maass, Oliver Keidel
mit Marie Leuenberger, Joel Basman, Jella Haase, Bibiana Beglau, Anatole Taubman, Pascal Ulli, Philippe Graber
TV-Premiere. Herrlich fieser kleiner B-Thriller, bei dem einige Autos geschrottet werden und Russell Crowe als Bösewicht groß aufspielt. Er ist Tom Cooper und er hat einen wirklich schlechten Tag. Das bekommt auch Rachel zu spüren, die ihn an einer Ampel ungeduldig anhupt und sich danach nicht für ihre Unhöflichkeit entschuldigen will.
Auf der von Deutschlandfunk Kultur präsentierten monatlichen Krimibestenliste stehen für den April folgende Bücher, die sicher auch als Ostergeschenk taugen:
1 (-) Riku Onda: Die Aosawa-Morde
(Aus dem Japanischen von Nora Bartels)
Atrium, 368 Seiten, 22 Euro
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2 (–) Dror Mishani: Vertrauen
(Aus dem Hebräischen von Markus Lemke)
Diogenes, 351 Seiten, 22 Euro
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3 (–) Jan Costin Wagner: Am roten Strand
Galiani Berlin
303 Seiten, 22 Euro
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4 (4) Greg Buchanan: Sechzehn Pferde
(Aus dem Englischen von Henning Ahrens)
S. Fischer, 443 Seiten, 22 Euro
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5 (–) Åsa Larsson: Wer ohne Sünde ist
(Aus dem Schwedischen von Lotta Rüegger, Holger Wolandt)
LV: Dennis Lehane: Mystic River, 2001 (Spur der Wölfe, Mystic River)
Jimmy Markum, Dave Boyle und Sean Devine waren Jugendfreunde. Jahrzehnte später treffen sie sich wieder. Jimmys Tochter wurde ermordet. Sean soll als Polizist den Fall aufklären und Dave gerät in Verdacht, der Mörder zu sein.
Clint Eastwoods Dennis-Lehane-Verfilmung „Mystic River“ ist ein ruhiges, im positiven Sinn altmodisch erzähltes, düsteres Drama ohne einfache Lösungen über Schuld, Sühne und der Frage nach Gerechtigkeit.
Mit seinen exzellenten Schauspielern, dem guten Drehbuch, der ruhigen Kameraarbeit (Tom Stern, seit „Honkytonk Man“ [1982] bei fast jedem Eastwood-Film dabei) und der stimmigen Musik (Clint Eastwood himself) ist der Film sogar dem etwas ausufernden Roman überlegen.
Neben zahlreichen Nominierungen und Preisen wurde Helgelands Buch auch für den Edgar Allan Poe-Preis als bestes Drehbuch nominiert.
Mit Sean Penn, Tim Robbins, Kevin Bacon, Laurence Fishburne, Marcia Gay Harden, Laura Linney
LV: Charles Portis: True Grit, 1968 (Die mutige Matti, Der Marshal und die mutige Mattie, True Grit)
Arkansas, 1880: Die 14-jährige Mattie will den Mörder ihres Vaters zur Strecke bringen. Weil sie das allein nicht schafft, überzeugt sie den einäugigen, dem Alkohol verfallenen Marshal Rooster Cogburn dazu, ihr zu helfen.
Der Western-Klassiker mit einem humoristischen Einschlag ist eine gelungene Abhandlung zum Thema Tapferkeit.
Ansonsten hat Joe Hembus alles gesagt: „Das glorreiche Denkmal von Hollywoods Western-Tradition, ein enorm junges, frisches, allumfassendes Werk von drei fetten alten Männern, dem Produzenten Hal B. Wallis, im Western-Geschäft seit 1922, dem Regisseur Henry Hathaway, der seine Karriere 1933 mit Zane-Grey-Verfilmungen begann, und Star John Wayne, der 1930 in The Big Trail debütierte. Die Summe dieser Erfahrungen wird mit einem Elan mobilisiert, den man sonst nur bei Debütfilmen sieht, zugleich mit dem gelassenen Humor, der weiß, dass man nur noch gewinnen kann.“ (Joe Hembus: Das Western-Lexikon)
John Wayne erhielt für diese Rolle seinen einzigen Oscar, einen Golden Globe und einen Laurel Award.
2010 verfilmten die Coen-Brüder den Roman. Ihre Version von „True Grit“ ist ebenfalls sehenswert.
mit John Wayne, Kim Darby, Glen Campbell, Robert Duvall, Jeff Corey, Dennis Hopper, Strother Martin
Wiederholung: Sonntag, 3. April, 03.00 Uhr (Taggenau!)