Zwei neue Filmbücher, in denen man blättern sollte: „Magische Momente – 75 Meisterwerke der Filmkunst“ und das „Lexikon des Internationalen Films – Filmjahr 2015“

Juni 20, 2016

Gansera - Magische Momente - 2Lexikon des internationalen Films - Filmjahr 2015

Magische Momente“ und die neueste Ausgabe des Lexikons des Internationalen Films gehören zu den Filmbüchern, die man nicht in einem Zug durchliest, die keine akademischen, teils schwer verständlichen, fremdwortgesättigten Analysen sind, sondern die man immer wieder in die Hand nimmt, um etwas nachzuschlagen.

In dem Sammelband „Magische Momente – 75 Meisterwerke der Filmkunst“ sind 75 kurze Texte von Rainer Gansera enthalten, die er für den Filmdienst schrieb und jetzt geringfügig überarbeitete. Im Filmdienst erschienen die „cineastischen Vignetten“ (Gansera) als Kolumne, die filmische Meisterwerke neu vergegenwärtigen und Lust auf eine wiederholte oder erstmalige Sichtung des Films machen sollen. Dafür gibt es spärliche Informationen zum Film, aber viel (im Rahmen eines zweiseitigen, bebilderten Textes) zu einem bestimmten, erinnerungswürdigem und/oder legendärem Moment in dem Film.

Der älteste vorgestellte Film ist „Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens“, der neueste „Barbara“ und die Filme dazwischen sind weitgehend gut abgehangene Klassiker, die wirklich in keiner realen oder mentalen Filmsammlung fehlen sollten, wie „Der blaue Engel“, „Das Fenster zum Hof“, „…denn sie wissen nicht, was sie tun“, „Das süße Leben“, „Easy Rider“, „Taxi Driver“, Stranger than Paradise“, „Lola rennt“ und „Hunger“ und einige Überraschungen, wie „Der verrückte Professor“, „Batmans Rückkehr“ und „Vicky Christina Barcelona“, den man sich, so Gansera, am Besten in Spanien mit einem einheimischen Publikum ansieht.

Die Veränderungen bei der neuesten Ausgabe des rundum verdienstvollen „Lexikon des Internationalen Films – Filmjahr 2015“ zu den vorherigen Ausgaben liegen im Detail. Es wird immer noch herausgeben von der Zeitschrift „Filmdienst“ und er Katholischen Filmkommission für Deutschland.

In der aktuellen Ausgabe wurde die Liste der besten Kinofilme des Jahres, die Liste der mit „Sehenswert“ im Filmdienst bewerten Filme und der Kinotipp der katholischen Filmkritik an den Anfang des Buches gestellt und damit vor die zentrale alphabetische Auflistung aller in Deutschland 2015 im Kino aufgeführten, auf DVD und Blu-ray veröffentlichten, über Streaming-Dienste und im Fernsehen gezeigten 2137 Filmpremieren. Die Filme werden gewohnt kurz, kundig und treffend besprochen.

Die größte Änderung in dem Filmlexikon ist, dass nachdem schon in den vergangenen Jahren schon etliche TV-Filme, teilweise auch TV-Spielfilmserien, wie „Die Brücke“, „Inspector Barnaby“, „Unter Verdacht“ und „Wilsberg“, besprochen wurden, jetzt auch der „Tatort“ (dessen Fehlen schon in den vergangenen Jahren nur mit historischer Gewohnheit erklärt werden konnte) besprochen wird und noch mehr, mehr oder weniger lange TV-Serien (wie „Better Call Saul – Staffel1“, „Boardwalk Empire“ und „Fargo – Season 1“, aber nicht „The Walking Dead“) besprochen werden.

Es gibt den gewohnt informativen Rückblick auf das vergangene Kinojahr und der Schwerpunkt besteht aus 25 bereits im Filmdienst erschienene Porträts junger deutscher Schauspielerinnen und Schauspieler, wie Alexander Fehling, Julia Hummer, David Kross, Alina Levshin, Tom Schilling, Nora von Waldstätten und Ronald Zehrfeld, der ja schon ziemlich lange dabei ist.

Die Filme des Jahres sind „45 Years“, „Alles steht Kopf“, „Bande de Filles“ (hat den jemand gesehen?), „Birdman – Oder die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit“, „Carol“, „Mad Max – Fury Road“ (was habt ihr alle mit dem Werk?), „The Look of Silence“, „Unsere kleine Schwester“, „Victoria“ und „Whiplash“ (och, nö). Dass die Blockbuster „James Bond: Spectre“ und „Star Wars: Das Erwachen der Macht“ nicht dabei sind, ist doch selbstverständlich.

Ebenso selbstverständlich ist auch die neueste Ausgabe des Lexikons des Internationalen Films ein wunderschönes Buch zum Blättern und Entdecken von Filmen.

Rainer Gansera: Magische Momente – 75 Meisterwerke der Filmkunst

Schüren, 2016

160 Seiten

19,90 Euro

Filmdienst/Katholische Filmkommission für Deutschland (Redaktion: Horst Peter Koll): Lexikon des Internationalen Films – Filmjahr 2015

Schüren, 2016

544 Seiten

24,90 Euro

Hinweise

Homepage des Film-Dienstes

Meine Besprechung von „Lexikon des Internationalen Films – Filmjahr 2008“

Meine Besprechung von „Lexikon des internationalen Films – Filmjahr 2009“

Meine Besprechung von “Lexikon des Internationalen Films – Filmjahr 2010″

Meine Besprechung von „Lexikon des Internationalen Films – Filmjahr 2011“

Meine Besprechung von „Lexikon des Internationalen Films – Filmjahr 2012“

Meine Besprechung von „Lexikon des internationalen Films – Filmjahr 2013“

Meine Besprechung von „Lexikon des Internationalen Films – Filmjahr 2014“


TV-Tipp für den 20. Juni: Winchester ’73

Juni 20, 2016

Arte, 20.15

Winchester ’73 (USA 1950, Regie: Anthony Mann)

Drehbuch: Robert L. Richards, Borden Chase (nach einer Geschichte von Stuart N. Lake)

Lin will seine Winchester zurück haben. Aber dieses Gewehr geht durch viele Hände, die Anthony Mann liebevoll zeigt.

Einer der unumstrittenen Western-Klassiker und die erste Zusammenarbeit von Regisseur Anthony Mann und James Stewart.

mit James Stewart, Shelley Winters, Dan Duryea, Stephen McNally, Millard Mitchell, Charles Drake, Will Geer, Jay C. Flippen, Rock Hudson, Tony Curtis

Wiederholung: Dienstag, 21. Juni, 13.55 Uhr

Hinweise

Rotten Tomatoes über „Winchester ’73“

Turner Classic Movies über „Winchester ’73“

Wikipedia über „Winchester ’73“ (deutsch, englisch)


TV-Tipp für den 19. Juni: Die Killer-Akademie

Juni 19, 2016

Tele 5, 00.25

Die Killer-Akademie (USA 1985, Regie: Sam Raimi)

Drehbuch: Joel Coen, Ethan Coen, Sam Raimi

Nach „Tanz der Teufel“ und lange vor „Spider Man“ drehte Sam Raimi „Die Killer-Akademie“ und die Coen-Brüder, ebenfalls am Anfang ihrer Karriere, schrieben das Drehbuch über den Pechvogel Victor Ajax. Der soll nämlich in wenigen Minuten als Massenmörder auf dem elektrischen Stuhl landen. Kurz vor seiner Hinrichtung will er den Wachen erklären, wie es wirklich war und dass er vollkommen unschuldig ist. Gleichzeitig sind mehrere Nonnen, die ihn retten wollen, auf dem Weg zum Gefängnis.

‚Crimewave‘ ist so seltsam, dass weder die Raimi-Fans ihm folgen, noch die Coen-Fans die Wurzeln ihrer Idole darin entdecken wollen. Denn was in diesem Film geschieht, ist die Auflösung der verlässlichen Beziehung von Ursachen und Wirkungen, eine Art von cineastischem Unfug, der, anders als die späteren Filme der Coens, nicht zu immer neuen Rätseln und Beziehungen führt, sondern konsequent an der Oberfläche bleibt (was ganz und gar nicht als Kritik gemeint ist).“ (Georg Seeßlen: Crimewave in Peter Körten/Georg Seeßlen, Hrsg.: Joel & Ethan Coen, 1998)

Eine extrem selten gezeigte Noir-Parodie mit vielen Insider-Witzen

mit Louise Lasser, Brion James, Sheree J. Wilson, Ed Pressman, Paul Smith, Reed Birney, Bruce Campbell

Wiederholung: Dienstag, 21. Juni, 04.40 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Rotten Tomatoes über „Die Killer-Akademie“

Wikipedia über „Die Killer-Akademie“

Meine Besprechung von Sam Raimis „Armee der Finsternis (Tanz der Teufel III)“ (Army of Darkness – Evil Dead 3, USA 1992)

Meine Besprechung von Sam Raimis „Die fantastische Welt von Oz“ (Oz, the Great and Powerful, USA 2013)

„You know, for kids!“  – The Movies of the Coen Brothers (eine sehr umfangreiche Seite über die Coen-Brüder)

Meine Besprechung von Bill Green/Ben Peskoe/Will Russell/Scott Shuffitts „Ich bin ein Lebowski, du bist ein Lebowski – Die ganze Welt des Big Lebowski“ (I’m a Lebowski, you’re a Lebowski, 2007)

Meine Besprechung von Michael Hoffmans “Gambit – Der Masterplan” (Gambit, USA 2012 – nach einem Drehbuch von Joel und Ethan Coen)

Meine Besprechung des Coen-Films “Inside Llewyn Davis” (Inside Llewyn Davis, USA/Frankreich  2013)

Meine Besprechung ces Coen-Films „Hail, Caesar! (Hail, Caesar!, USA/Großbritannien 2016)

Die Coen-Brüder in der Kriminalakte


TV-Tipp für den 18. Juni: Die Unbestechlichen

Juni 17, 2016

ZDFneo, 23.20

Die Unbestechlichen – The Untouchables (USA 1987, Regie: Brian De Palma)

Drehbuch: David Mamet

Grandioser Gangsterfilm über den Kampf von Eliot Ness und seiner unbestechlichen Mitstreiter gegen Al Capone.

„Mit der ihm eigenen formalen Brillanz hat Brian De Palma diesen authentischen Fall inszeniert. Seine Liebe zum Detail, ausgeklügelte Kamerafahrten und Einstellungen, Ennio Morricones emotionaler Soundtrack und die lakonisch-präzise Charakterisierung der Personen machen den Film zu einem Augen- und Ohrenschmaus.“ (Fischer Film Almanach 1988)

Sean Connery gewann den Oscar als bester Nebendarsteller.

Mit Kevin Costner, Robert de Niro, Sean Connery, Charles Martin Smith, Andy Garcia, Jack Kehoe

Wiederholung: Sonntag, 19. Juni, 02.50 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Rotten Tomatoes über „ Die Unbestechlichen“

Wikipedia über „Die Unbestechlichen“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von David Mamets „Bambi vs. Godzilla – Über Wesen, Zweck und Praxis des Filmbusiness“ (Bambi vs. Godzilla – On the Nature, Purpose, and Practice of the Movie Business, 2007)

David Mamet in der Kriminalakte


DVD-Kritik: Ziemlich Noir – „Outrage Beyond“, „Casbah – Verbotene Gassen“ und „Der gläserne Schlüssel“

Juni 17, 2016

 

Schon Takeshi Kitanos ultrabrutales Yakuza-Epos „Outrage“ erlebte seine Premiere bei uns nur auf DVD und bis die Fortsetzung „Outrage Beyond“ bei uns erschien, dauerte es vier Jahre. Denn Kitano drehte die fünf Jahre nach den Ereignissen von „Outrage“ spielende Fortsetzung bereits 2012 und viele bekannte Gesichter sind wieder dabei. Sofern sie das Blutbad des ersten Teils überlebten. Die Fortsetzung kann daher vollkommen unabhängig von „Outrage“ gesehen werden.

Gangsterboss Kato will, mit seiner rechten Hand Ishihara, das Sanno-kai-Syndikat, das inzwischen zum mächtigsten Yakuza-Clan wurde, mehr in Richtung legaler Geschäfte lenken und auch die Politik beeinflussen. Da gibt es Gerüchte, dass Kato unehrenhaft an die Macht kam. Einige ihm untergebene Yakuza wollen die Macht im Clan übernehmen.

Und der korrupte Polizist Kataoka, der in „Outrage“ eine Nebenfigur war, spielt, wenn nötig alle Dienstvorschriften ignorierend, die einzelnen Yakuzas und Yakuza-Clans gegeneinander aus.

Er beschützte auch seinen Jugendfreund Otomo (Takeshi Kitano), der das Ende von „Outrage“ doch überlebte und seitdem gut geschützt und unerkannt inhaftiert war. Jetzt wird Otomo wird vorzeitig entlassen und eigentlich erwarten alle, dass er sich jetzt in einem blutigen Rachefeldzug an allen, die ihn damals ins Gefängnis brachten, rächen wird. Aber Otomo will zunächst nur seine Ruhe haben.

Nachdem Kitano am Anfang von „Outrage Beyond“ zeigt, wie Organisiertes Verbrechen und legale Wirtschaft miteinander verschmelzen, wird der Gangsterfilm nach der Wiederauferstehung von Otomo zunehmend zu einem blutigen Racheepos, in dem die Yakuza-Clans sich äußerst bleihaltig bekämpfen und Loyalität gerade bis zur nächsten Kugel reicht.

Sehenswert! Wie auch die anderen Yakuza-Filme von Kitano.

Outrage Beyond - DVD-Cover

Outrage Beyond (Autoreiji: Biyondo, Japan 2012)

Regie: Takeshi Kitano

Drehbuch: Takeshi Kitano

mit Takeshi Kitano, Toshiyuki Nishida, Tomokazu Miura, Ryô Kase, Hideo Nakano, Yutaka Matsushige, Fumiyo Kohinata

DVD

Capelight

Bild: 2,40:1 (16:9)

Ton: Deutsch, Japanisch (Dolby Digital 5.1)

Untertitel: Deutsch

Bonusmaterial: Trailer, Teaser, Wendecover

Länge: 108 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Capelight veröffentlichte den Film als Single-DVD und 3-Disc Limited Collector’s Edition.

Hinweise

Rotten Tomatoes über „Outrage Beyond“

Wikipedia über „Outrage Beyond“ 

https://www.youtube.com/watch?v=EOno8x-uLwA

Mit „Casbah – Verbotene Gassen“ von John Berry und „Der gläserne Schlüssel“ von Stuart Heisler setzt Koch Media seine in jeder Beziehung lobenswerte „Film Noir Collection“ fort.

Casbah – Verbotene Gassen“ ist dabei eine kleine Entdeckung, ein Remake, ein interessanter Gangsterfilm und Noir, der allerdings nicht das Niveau der erste Verfilmung erreicht und mit seinen zahlreichen Gesangseinlagen – auch von dem Gangster Pepe Le Moko – nervt.

Pepe Le Moko (Tony Martin) ist ein aus Frankreich nach Algiers geflohener Juwelendieb, der sich in den Gassen der titelgebenden Casbah versteckt, von den Einheimischen beschützt wird und Raubzüge orchestriert. Die Polizei kann ihn in der Casbah nicht schnappen. Aber der schlaue Inspektor Slimane (Peter Lorre – gewohnt großartig) kann warten. Als die schöne Gaby (Marta Toren), die als Touristin auf der Durchreise ist, auftaucht, wittert Slimane seine Chance. Kaltblütig stellt er eine Falle auf, in die der Juwelendieb tappen soll.

John Berry inszeniert die Gassen der Casbah hübsch verwinkelt, die Frauen sind schön und sexy, die Verbrecher und Spitzel ein schönes Typenarsenal der Verschlagenheit, es gibt etwas Humor und viel zu viel Gesang.

Casbah – Verbotene Gassen“ ist ein Remake von „Pépé le Moko – Im Dunkel von Algier“ (Pépé le Moko, Frankreich 1937, Regie: Julien Duvivier, mit Jean Gabin), der in jeder Beziehung der bessere Film ist und auch das konsequentere Noir-Ende hat.

Dagegen ist das Ende von Pepe Le Moko in „Casbah“ höchstens lustlos erfüllter Dienst nach Vorschrift.

Casbah - Cover 4

Casbah – Verbotene Gassen (Casbah, USA 1948)

Regie: John Berry

Drehbuch: L. Bush-Fekete, Arnold Manoff

LV: Henri La Barthe (als Détective Ashelbé): Pépé le Moko, 1931

mit Yvonne DeCarlo, Tony Martin, Peter Lorre, Marta Toren, Hugo Haas, Thomas Gomez, Douglas Dick

DVD

Koch Media

Bild: 1,33:1 (4:3)

Ton: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 2.0)

Untertitel: –

Bonusmaterial: Bildergalerie

Länge: 82 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

Wikipedia über „Casbah – Verbotene Gassen“ (deutsch, englisch)

TCM über „Casbah – Verbotene Gassen“

https://www.youtube.com/watch?v=3t9fD9sfrTc

Ein Klassiker ist „Der gläserne Schlüssel“ und jetzt liegt die bekannteste der wenigen Verfilmungen von Dashiell Hammetts Klassiker auf DVD vor. Es ist auch einer der wenigen explizit politischen Noirs.

Paul Madvig, ein eher dubioser Geschäftsmann, giert nach gesellschaftlicher Anerkennung. Deshalb engagiert er sich im Wahlkampf für die Wiederwahl von Senator Henry. Außerdem ist er in dessen Tochter Janet, die er heiraten will, verliebt. Die findet allerdings Madvigs rechte Hand, Ed Beaumont, attraktiv.

Als Beaumont die Leiche von Taylor, dem Sohn des Senators entdeckt, befürchtet er, dass sein Boss und Freund verdächtigt werden könnte. Denn Madvigs Schwester ist in Taylor verliebt und Taylor und Madvig stritten sich vorher. Wenn das bekannt wird, kann Madvig seine politischen Ambitionen vergessen. Also sucht Beaumont den Mörder.

Seine Suche nach dem Mörder gestaltet sich wegen konkurrierender Gangsterbanden, der innigen Verflechtung von legaler und illegaler Wirtschaft, dem Wahlkampf und den damit verbundenen politischen Interessen und einer letztendlich die gesamte Stadt beherrschenden und akzeptierten Korruption schwierig. Mit diesem düsteren Bild der kommunalen Politik schuf Hammett die Blaupause für die Beschreibung US-amerikanischer Politik im Thrillerformat, die noch heute in Romane und Filmen nachwirkt.

In dem Film wurde dann die Liebesgeschichte zwischen Beaumont und Janet stärker betont. Denn Alan Ladd und Veronica Lake hatten kurz vorher in „Die Narbenhand“ (This Gun for hire, 1942) ihre Leinwandchemie als Noir-Traumpaar bewiesen.

Jonathan Latimer, der auch einige hochgelobte Kriminalromane schrieb, schrieb das Drehbuch und Stuart Heisler, unter anderem „Des Teufels Pilot“ (mit Humphrey Bogart), inszenierte straff und einfallsreich die überaus komplexe Geschichte in unter neunzig Minuten.

Neben dem üblichen Bonusmaterial der „Noir Collection“ gibt es dieses Mal auch drei kurze, aber sehr informative Featurettes über den Film (genaugenommen eine Einführung in eine US-Noir-Collection) und Noir-Experte Eddie Muller redet über Dashiell Hammetts „The Glass Key“ und das Filmpaar Alan Ladd/Veronica Lake.

Der gläserne Schlüssel - Cover 4

Der gläserne Schlüssel (The Glass Key, USA 1942)

Regie: Stuart Heisler

Drehbuch: Jonathan Latimer

LV: Dashiell Hammett: The Glass Key, 1930 (Black Mask)/1931 (Romanausgabe) (Der gläserne Schlüssel)

mit Brian Donlevy, Alan Ladd, Veronica Lake, Bonita Granville, Joseph Calleia, Richard Denning, Moroni Olsen, William Bendix

DVD

Koch Media

Bild 1,33:1 (4:3)

Ton: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 2.0)

Untertitel: Englisch

Bonusmaterial: Bildergalerie, Trailer, 3 Featurettes

Länge: 82 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Thrilling Detecitve über Ned Beaumont

Noir of the Week über „Der gläserne Schlüssel“

Der Film Noir über „Der gläserne Schlüssel“

Rotten Tomatoes über „Der gläserne Schlüssel“

Turner Classic Movies über „Der gläserne Schlüssel“

Wikipedia über „Der gläserne Schlüssel“ (deutsch, englisch)

Dashiell Hammett und Jonathan Latimer in der Kriminalakte


TV-Tipp für den 17. Juni: Pulp Fiction

Juni 16, 2016

3sat, 23.00

Pulp Fiction (USA 1994, Regie: Quentin Tarantino)

Drehbuch: Quentin Tarantino

Tausendmal gesehen, tausendmal hat’s Spaß gemacht.

„Im Stil der Pulp Fiction, der Groschenromane und B-Pictures aus den 30er und 40er Jahren, komprimiert Quentin Tarantino eine Handvoll Typen und Storys zu einem hochtourigen Film noir (…) Ein ausgezeichnetes Darsteller-Ensemble, eine intelligente Inszenierung und ein gutes Timung durch flotte Schnitte tragen dazu bei, dass Blutorgien mit Slapstick und bitterer Zynismus mit leichter Ironie so raffiniert ineinander übergehen oder aufeinander folgen, dass die Brüche und Übergänge nicht stören.“ (Fischer Film Almanach 1995)

Tarantino erzählt von zwei Profikillern, die zuerst Glück und dann Pech bei ihrer Arbeit haben, einem Boxer, der entgegen der Absprache einen Boxkampf gewinnt und sich dann wegen einer Uhr in Lebensgefahr begibt, einem Gangsterpärchen, das ein Schnellrestaurant überfällt, einem Killer, der die Frau seines Chefs ausführen soll und in Teufels Küche gerät, einer Gangsterbraut, die eine Überdosis nimmt, einem Killer, der zum Christ wird und von einem Tanzwettbewerb.

Kurz: wir haben mit einem Haufen unsympathischer Leute eine verdammt gute Zeit.

Der Kassenknüller erhielt zahlreiche Preise, aber für Krimifans zählt natürlich nur der gewonnene Edgar.

Mit Tim Roth, Harvey Keitel, Uma Thurman, Amanda Plummer, John Travolta, Samuel L. Jackson, Bruce Willis, Rosanna Arquette, Ving Rhames, Eric Stoltz, Christoper Walken, Quentin Tarantino, Steve Buscemi

Wiederholung: Sontag, 19. Juni, 01.10 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Rotten Tomatoes über “Pulp Fiction”

Wikipedia über “Pulp Fiction”

Pulp Fiction (deutsche Fanseite zum Film)

Drehbuch “Pulp Fiction” von Quentin Tarantino und Roger Avary

The Quentin Tarantino Archives (Fanseite)

Everthing Tarantino (dito)

Q-Tarantino.de (noch eine Fanseite)

Meine Besprechung von Georg Seeßlens „Quentin Tarantino gegen die Nazis – Alles über ‘Inglourious Basterds’“ (Kleine Schriften zum Film: 1, 2009)

Meine Besprechung von Quentin Tarantinos “Django Unchained” (Django Unchained, USA 2012)

Kriminalakte über Quentin Tarantino und „Django Unchained“ (Bilder, Pressekonferenz, Comic)

Meine Bespechung von Quentin Tarantinos „The Hateful 8“ (The Hateful Eight, USA 2015)


Neu im Kino/Filmkritik: „Demolition – Lieben und Leben“ und die andere Art der Hausrenovierung

Juni 16, 2016

Nur eine Sekunde und das Leben von Davis Mitchell (Jake Gyllenhaal), glücklich verheiratet, kinderlos, erfolgreicher Investmentbanker in der Firma seines Schwiegervaters, ist zerstört durch einen Autounfall, den er unverletzt überlebt. Aber seine Frau ist tot.

Noch in der Nacht, im Krankenhaus, schreibt Mitchell, der mit dieser Situation nicht umgehen kann und sich ablenken will, einen Beschwerdebrief an die Firma, die dort einen nicht funktionierenden Verkaufsautomat aufgestellt hat. In dem Brief, auch weil er nicht annimmt, dass er wirklich gelesen wird, versucht er seine Situation und seine Beweggründe zu erklären.

Es ist der erste Brief, den er an die Firma schreibt und die, zu seiner Überraschung, von der Kundendienst-Mitarbeiterin Karen (Naomi Watts) gelesen werden. Die allein lebende Mutter eines 14-jährigen Sohnes antwortet ihm, spricht ihn an und gibt ihm auch ein zu Hause, während er versucht, mit seinem Verlust umzugehen.

Eine Methode ist dabei, den Ratschlag von seinem Stiefvater Phil (Chris Cooper), man müsse gewisse Dinge, um sie zu verstehen, komplett auseinandernehmen und wieder zusammen setzen, wortwörtlich zu nehmen. Beginnend mit dem tropfenden Kühlschrank. Weil Mitchells handwerkliches Geschick gegen Null tendiert, steht er anschließend vor den Trümmern des Kühlschranks. Aber das hindert ihn nicht daran, weitere Gegenstände auseinanderzunehmen.

Dabei ist dieses Zerstörungsinteresse natürlich nur ein sehr deutliches Bild für den seelischen Zustand von Mitchell, dessen Leben bislang in den vorgezeichneten Bahnen verlief und der sich letztendlich in die Firma einheiratete. Auch seine Beziehung zu Karen und ihrem pubertierendem Sohn, für den eher zu einer Art schrägem Vater wird (wie Maude für Harold; – falls noch jemand „Harold und Maude“ kennt.), ist ein unbewusster Versuch den Tod seiner Frau zu überwinden, während er die archetypischen Stufen der Trauer durchlebt. Und wer diese Stufen kennt, kennt auch den Plot des Films, der die Trauer immer wieder mit schwarzem Humor und absurden Szenen durchbricht.

Demolition - Plakat

Demolition – Lieben und Leben (Demolition, USA 2015)

Regie: Jean-Marc Vallée

Drehbuch: Bryan Sipe

mit Jake Gyllenhaal, Naomi Watts, Chris Cooper, Judah Lewis

Länge: 101 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „Demolition“

Metacritic über „Demolition“

Rotten Tomatoes über „Demolition“

Wikipedia über „Demoliton“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Jean-Marc Vallées „Dallas Buyers Club“ (Dallas Buyers Club, USA 2013)

Meine Besprechung von Jean-Marc Vallées „Wild- Der große Trip“ (Wild, USA 2014)


Neu im Kino/Filmkritik: „Conjuring 2“ – das Ehepaar Warren jagt Geister

Juni 16, 2016

1977 in einem typischen englischen Reihenhaus im Norden Londons geschehen unheimliche Dinge. Anscheinend treibt Bill Wilkins, der Geist des Vorbesitzers, ein alter grummeliger Mann, die Familie Hodgson, eine allein erziehenden Mutter mit vier Kindern, zwei Mädchen, zwei Jungen, in den Wahnsinn. Vor allem die elfjährige Janet ist von dem Poltergeist besessen.

Das Ed und Lorraine Warren werden von der katholischen Kirche beauftragt, herauszufinden, ob es sich bei den Ereignissen in Enfield wirklich um einen Geist oder nur einen Betrug handelt.

Natürlich kennen Horrorfilmfans, mit anderen Namen und an anderen Orten, die Geschichte von „Conjuring 2“ in und auswendig. Und natürlich erzählt „Conjuring 2“ einfach die Geschichte von „Conjuring“ noch einmal. Damals war ein einsam in Harrisville, Rhode Island, gelegenes Farmhaus der Ort des Geschehens und die Geisterjäger mussten der Familie Perron helfen. Dieses Mal ist es eines dieser kleinen englischen Häuser, die es nur auf der Insel gibt. Und natürlich wird im Film wieder darauf hingewiesen, dass es sich um eine wahre Geschichte handelt. Immerhin sind Ed und Lorraine Warren in den USA bekannte Dämonologen und mit einem besonders fiesen Dämonen müssen sie sich auch dieses Mal herumschlagen.

Und trotzdem ist „Conjuring 2“, wie „Conjuring“, ein in seinen selbst gesteckten Grenzen, ein enorm spannender Geisterhorrorfilm. Regisseur James Wan ist ein Genrefan, der gekonnt an der Spannungsschraube dreht, dabei die üblichen und erwartbaren Schocks liefert. Aber in der gelungenen Variante. Gleichzeitig schafft er durch seine Inszenierung und die Sets eine latent klaustrophobische Stimmung. So ist das Haus der Hodgsons grauer als es in Wirklichkeit wäre; als ob es seit den Fünfzigern musealisiert wurde und nicht als ob eine Frau mit vier Kindern in ihm leben würde. Auch die Poster der damaligen Stars in dem Mädchenzimmer wirken vergilbt. Das Haus ist immer einen Tick zu groß für ein beengtes englisches Reihenhaus und der Keller des Hauses ist riesig und düster. Ein Moloch, aber kein Keller, der, trotz der Waschmaschine, irgendeine Funktion für die Hodgsons hat. Die Ausstattung ist liebevoll in ihrer genauen Rekonstruktion der siebziger Jahre, die hier betont unglamourös daherkommen.

Die Schauspieler, wieder spielen Patrick Wilson und Vera Farmiga das Ehepaar Warren, sind gut. Sie heben den Film allein schon durch ihre Anwesenheit auf ein höheres Level.

Die Geschichte selbst folgt, wie gesagt, der bekannten Formel. Aber das klug konstruierte Drehbuch setzt die Visionen und Erscheinungen des Dämonen punktgenau und entwickelt die Geschichte konsequent hin zur finalen Konfrontation. Auf dem Weg dorthin gibt es genug überraschende Details und Suspense-Momente, um einem mit der Familie Hodgson und den Warrens mitfiebern zu lassen. Denn Lorraine befürchtet, dass ihrem Mann etwas zustoßen könnte.

Conjuring 2“ ist gelungenes Horrorkino mit viel Zeitkolorit, wobei – und das ist eine der selbstgesteckten Grenzen – es keine Verbindung zwischen der damaligen politischen und ökonomischen Situation in Großbritannien und den Ereignissen im Haus der Hodgsons gibt.

Am Ende, nach dem Abspann, gibt es bei dem Blick auf die Uhr eine echte Überraschung: der Film dauerte über hundertdreißig Minuten. Das ist für einen Horrorfilm eine mehr als epische Länge. Trotzdem fühlte er sich während des Ansehens kürzer an und ein größeres Kompliment kann man einem in jeder Sekunde vorhersehbarem Horrorfilm nicht machen.

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Conjuring 2 (The Conjuring 2, USA 2016)

Regie: James Wan

Drehbuch: Chad Hayes, Carey W. Hayes, James Wan, David Leslie Johnson (nach einer Geschichte von Chad Hayes, Carey W. Hayes und James Wan)

mit Patrick Wilson, Vera Farmiga, Madison Wolfe, Frances O’Connor, Lauren Esposito, Benjamin Haigh, Patric McAuley, Franka Potente, Steve Coulter

Länge: 134 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „Conjuring 2“

Metacritic über „Conjuring 2“

Rotten Tomatoes über „Conjuring 2“

Wikipedia über „Conjuring 2“ (deutsch, englisch)

History vs. Hollywood über „Conjuring 2“

Meine Besprechung von James Wans „Insidious: Chapter 2“ (Insidious: Chapter 2, USA 2013)

Meine Besprechung von James Wans „The Conjuring“ (The Conjuring, USA 2013)

Meine Besprechung von James Wans „Fast & Furious 7″ (Furious 7, USA 2015)


Neu im Kino/Filmkritik: „Central Intelligence“ – nicht so wahnsinnig intelligent

Juni 16, 2016

Vor zwanzig Jahren war Calvin (Kevin Hart) an der Schule der allseits beliebte Überflieger, dem alle eine glänzende Karriere prophezeiten und Robbie Weirdicht war der übergewichte Watschenmann und Außenseiter.

Jetzt hat Weirdicht einen anderen Namen, dem er alle Ehre macht. Denn er heißt Bob Stone, sieht aus wie Dwayne ‚The Rock‘ Johnson, arbeitet undercover für den Geheimdienst und er braucht die Hilfe von Calvin, der ein langweiliges Leben als Buchhalter führt. Immerhin hat er ein eigenes kleines Büro und muss nicht nebenan im Großraumbüro arbeiten. Dank dieser Buchhalterkenntnisse kann er Bob helfen bei der Jagd nach den von dem geheimnisvollem Black Badger gestohlenen Verschlüsselungscodes für das US-amerikanische Spionage-Satelittensystem (okay, das ist nur der MacGuffin), die in wenigen Stunden meistbietend verkauft werden sollen (und das ist die berühmte Ticking Clock).

Dummerweise wird Bob von seiner Firma, angeführt von CIA-Agent Harris (Amy Ryan, hübsch biestig), als abtrünniger Agent gejagt und sie nehmen dabei Kollateralschäden und Gesetzesübertretungen billigend in Kauf.

Central Intelligence“ ist eine weitere Buddy-Komödie, die dieser Formel folgt, ohne wirklich eigene Akzente zu setzen. Denn die Story, die in einer Buddy-Komödie sowieso nebensächlich ist, ist hier noch dünner geraten und ohne irgendeinen Funken Plausibilität und frei von Überraschungen, aber mit etlichen unglaubwürdigen Momenten. Das beginnt schon bei der Prämisse.

Die Action, auch wenn man nicht gerade „Lethal Weapon“-Zerstörungsorgien erwartet, ist eher dünn gesät.

Dafür redet Kevin Hart, mal wieder, ohne Punkt und Komma; was allerdings selten witzig, meistens nervig ist. Dwayne Johnson hat dagegen, nachdem er schon vor Jahren in der Elmore-Leonard-Verfilmung „Be Cool“ sein Image persiflierte, seinen Spaß als geistig minderbemittelter, immer optimistischer, supertaffer, unzerstörbarer Geheimagent mit einem Hang zu unpassenden Kleidern. Bei ihm, vor allem nachdem er in einer Szene durchaus glaubwürdig einen Psychiater spielt, hätte man sich eine Entwicklung oder die Enthüllung, dass Bob nur den Trottel spielt, gewünscht.

So ist „Central Intelligence“ nur ein Starvehikel, das gerade so seinen Dienst nach Vorschrift erfüllt. Immerhin sind die meisten Gags oberhalb der Gürtellinie angesiedelt und der Film behauptet auch nie, mehr zu sein als ein harmloser, schnell vergessener Spaß für die ganze Familie.

Wer dagegen eine gelungene Buddy-Komödie sehen will, sollte sich Shane Blacks „The Nice Guys“ ansehen.

Central Intelligence - Plakat

Central Intelligence (Central Intelligence, USA 2016)

Regie: Rawson Marshall Thurber

Drehbuch: Ike Barinholtz, David Stassen, Rawson Marshall Thurber (nach einer Geschichte von Ike Barinholtz und David Stassen)

mit Kevin Hart, Dwayne Johnson, Danielle Nicolet, Amy Ryan, Jason Bateman, Aaron Paul, Tim Griffin, Ryan Hansen, Timothy John Smith, Thomas Kretschmann, Melissa McCarthy (Cameo)

Länge: 108 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Deutsche Facebook-Seite zum Film

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „Central Intelligence“

Metacritic über „Central Intelligence“

Rotten Tomatoes über „Central Intelligence“

Wikipedia über „Central Intelligence“


TV-Tipp für den 16. Juni: Der Re-Animator

Juni 16, 2016

https://www.youtube.com/watch?v=NCGGG_NvE4g

Arte, 00.25

Der Re-Animator (USA 1985, Regie: Stuart Gordon)

Drehbuch: Stuart Gordon, Dennis Paoli, William J. Norris

LV: H. P. Lovecraft: Herbert West, the Re-Animator, 1922 (Kurzgeschichte)

Dafür muss man Arte lieben: die TV-Premiere eines Horrorfilmklassiker (okay, das machen auch andere Sender), der in Deutschland indiziert war (okay, das erledigt sich teilweise durch Neuprüfungen und geänderte Sehgewohnheiten), ungekürzt und in der restaurierten „Unrated“-Fassung. Das erfreut dann das Herz des Horrorfilmfans und des Cineasten.

Darum geht es in dem Film: Dr. Carl West forscht an einem Serum, das Tote wieder zum Leben erweckt. Sein Kollege Dan Cain hält das für eine schlechte Idee und er hat, angesichts der wirklich aus dem Ruder laufenden Forschungsergebnisse von Dr. West recht.

Wir raten ab.“ (Lexikon des internationalen Films)

nur platte Horroreffekte, die immer drastischer werden – bis zur Unerträglichkeit.“ (Fischer Film Almanach 1989)

Gordons früher, bedeutungsloser Einstieg ins ‚Splatstick‘-Genre nimmt von Lovecraft nur Namen und einen Hauch von Ehrbarkeit, welche bald von Szenen mit abgeschlagenen Köpfen beim Oralsex und Eingeweiden, die sich um unwillige Opfer schlängeln, vernichtet wird, aber immer noch unterhaltsamer ist als viele Imitationen. (…) Obwohl der Erfolg von ‚Re-Animator‘ hauptsächlich den raffinierten Effekten und der Stimmung eines ‚Anything goes!‘ zuzurechnen ist, färben seine subtileren Schliffe, wie die Kämpe zwischen Megan und West, die um Cains Aufmerksamkeit streiten, sogar abseits der grausigen Exzesse den Film köstlich schwarz.“ (James Marriott/Kim Newman: Horror)

Selbstverständlich war der Film Bumserfolgreich und vier Jahre später gab es die „Bride of Re-Animator“.

mit Jeffrey Combs, Bruce Abbott, Barbara Crampton, David Gale

Hinweise

Homepage zum Film

Arte über „Der Re-Animator“

Rotten Tomatoes über „Der Re-Animator“ (derezit zu 94 % lebendig)

Wikipedia über „Der Re-Animator“ (deutsch, englisch)


TV-Tipp für den 15. Juni: Blow Out – Der Tod löscht alle Spuren

Juni 14, 2016

Eins Plus, 22.15

Blow Out – Der Tod löscht alle Spuren (USA 1981, Regie: Brian De Palma)

Drehbuch: Brian De Palma, Bill Mesce Jr. (ungenannt)

Jack Terry ist Toningenieur für Horrorfilme. Eines Nachts beobachtet er, während er auf der Jagd nach Geräuschen ist, den tödlichen Autounfall eines Präsidentschaftskandidaten. Als er sich später sein Tonband anhört, hört er einen Schuss. Wurde der Kandidat ermordet?

Spannender Thriller von Brian De Palma, der damals eine Reihe guter Filme hintereinander inszenierte.

Der Titel erinnert an Michelangelo Antonionis auch inhaltlich sehr ähnlichen Klassiker „Blow Up“. Die Kritiker fanden (eines ihrer liebsten Hobbys) zahlreiche Hitchcock-Anleihen, die Polit-Junkies durften über die Ähnlichkeiten zu dem JFK-Attentat, Watergate und Chappaquiddick (während in dem Film der Politiker stirbt, starb in Wirklichkeit die Beifahrerin von Ted Kennedy) nachdenken, die Cineasten über das Kino und den Zusammenhang zwischen Film und Wirklichkeit sinnieren und alle über die Schlusspointe lachen. Das ist doch ziemlich viel für ein Genrewerk, das einfach nur zwei Stunden unterhalten will.

Der Fischer Film Almanach urteilte damals über den Thriller: „einer seiner spannendsten und besten Arbeiten überhaupt.“

DVD Verdict zwanzig Jahre später: “One could make an argument that Blow Out is the most underrated, overlooked film of the entire 1980s.”

Und, jaja, auch Quentin Tarantino gefällt der Film. Ist einer seiner Lieblingsfilme

mit John Travolta, Nancy Allen, John Lithgow, Dennis Franz

Hinweise

Rotten Tomatoes über „Blow Out“

Wikipedia über „Blow Out“ (deutsch, englisch)

Spiegel: Filmbesprechung von Hellmuth Karasek (Heft 19/1982)

New York Times: Vincent Canby über “Blow Out” (24. Juli 1981)

DVD Verdict: Gary Militzer über “Blow Out” (21. Dezember 2001)

Fast Rewind: Simon Barber über “Blow Out” (9 von 10 Punkte)

Kameramann Garrett Brown, der die Steadicam erfand, spricht über die Dreharbeiten zu „Blow Out“

DP/30 unterhielt sich 2012 in Toronto sich mit Brian De Palma über seinem Film „Passion“ (der nicht gut ist) und auch seine vorherigen Filme

Und Josh Olson (u. a. das Drehbuch für „A History of Violence“) spricht bei „Trailers from Hell“ über „Blow Out“

 

 


Cover der Woche

Juni 14, 2016

Spoto - Alfred Hitchcock


TV-Tipp für den 14. Juni: Alice in den Städten

Juni 13, 2016

https://www.youtube.com/watch?v=syKxEkLkJdk

ZDFkultur, 20.15/23.45
Alice in den Städten (Deutschland 1974, Regie: Wim Wenders)
Drehbuch: Wim Wenders, Veith von Fürstenberg
Fotojournalist Philip sucht mit Alice, deren Fürsorge ihm von einer Zufallsbekannten übertragen wurde, in Deutschland nach Alices Großmutter. Die einzige Spur ist ein Bild von einem Wuppertaler Haus.
Ein Wenders-Klassiker und ein Klassiker des Jungen Deutschen Films.
mit Rüdiger Vogler, Yella Rottländer, Edda Köchl, Lisa Kreuzer

Hinweise

Filmportal über „Alice in den Städten“

Rotten Tomatoes über „Alice in den Städten“

Wikipedia über „Alice in den Städten“ (deutsch, englisch)

Homepage von Wim Wenders

Meine Besprechung von Wim Wenders’ “Hammett” (Hammett, USA 1982)

Meine Besprechung von Wim Wenders/Juliano Ribeiro Salgados “Das Salz der Erde” (The Salt of the Earth, Frankreich/Deutschland 2013)

Meine Besprechung von Wim Wenders‘ „Every thing will be fine“ (Deutschland/Kanada/Norwegen/Schweden 2015)

Wim Wenders in der Kriminalakte


Willkommen in Ani-Land! Heuer mit „Der namenlose Tag“ und „Der einsame Engel“!

Juni 13, 2016

https://www.youtube.com/watch?v=RDbXVZaVEtk

Auf die Krimibestenliste hat es Friedrich Anis neuester Tabor-Süden-Roman „Der einsame Engel“ (Droemer) noch nicht geschafft. Das ist, angesichts der normalen Ani-Begeisterung der Listenjuroren etwas seltsam. Denn der Roman unterscheidet sich kaum von den vorherigen Süden-Romanen, in denen Tabor Süden vermisste Personen suchte, und auch nicht von „Der namenlose Tag“. Der Roman erschien bereits vor einem knappen Jahr bei Suhrkamp, wurde mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet und wird von Volker Schlöndorff, der auch das Drehbuch schreibt, mit Thomas Thieme in der Hauptrolle für das ZDF verfilmt. Der Drehstart ist noch unklar.

In „Der namenlose Tag“ bittet der Vater der vor zwanzig Jahren verstorbenen Esther Winther, den kürzlich pensionierten Kriminalpolizisten Jakob Franck, den Tod seiner Tochter noch einmal zu untersuchen. Er glaubt, dass sie ermordet wurde. Damals wurde der Fall, in den Franck nur am Rande involviert war (er überbrachte Ludwig Winthers Ehefrau Doris die Todesnachricht) als Suizid zu den Akten gelegt. Aber, so Ludwig Winther: „Meine Tochter hatte keinen Schwermut im Herzen.“

In „Der namenlose Tag“ wird die nach einem Brandanschlag von Nazis nur noch auf dem Papier bestehende Detektei Liebergesell von Emma Fink beauftragt, den spurlos verschwundenen Gemüsehändler Justus Greve, ihren Chef, zu finden. Tabor Süden macht sich an die Arbeit. Wobei er die meiste Zeit an seinen schon vor Jahren verstorbenen Freund Martin Heuer denkt.

Beide Romane sind typische Friedrich-Ani-Romane und Jakob Franck ist letztendlich eine Tabor-Süden-Kopie, nur zehn Jahre älter. Auch Francks Ermittlungsmethode der „Gedankenfühligkeit“ unterscheidet sich kaum von Südens intuitivem Vorgehen. Schweiger und passionierte Zuhörer sind sie beide.

Ebenso sind beide Romane keine plotorienterten Werke, sondern Stimmungsbilder, in denen Ani, mal wieder, den unscheinbaren Menschen aus der Kneipe nebenan, der Eckkneipe, der Dorfkneipe, eine Stimme verleiht. Allerdings fällt dieses Mal die Erinnerungsarbeit für diese unauffälligen Menschen, deren Verschwinden niemand (naja, fast niemand) bemerkt, auch etwas schal aus, weil dieses Mal die Verschwundenen und Toten zu schemenhaft bleiben, während der Ermittler sich immer wieder an einem bestimmten Moment erinnert. Bei Franck ist es das Überbringen der Todesnachricht und wie er die trauernde Mutter dann eine Nacht lang, stehend im Arm hielt. Bei Tabor Süden ist es seine Erinnerung an seinen Jugendfreund Martin Heuer, der an jedem möglichen und unmöglichen Punkt der Geschichte auftaucht, bis er fast zum Running Gag wird. „Der einsame Engel“ erinnert daher an Francois Truffauts letzten Antoine-Doinel-Film „Liebe auf der Flucht“, in dem der Protagonist von seinen Erinnerungen umstellt war, bis er und der Film nicht mehr atmen konnten.

Beiden allein lebenden, kinderlosen, strukturmelancholischen Ermittlern möchte man, wenn sie wieder ihren Gedanken nachhängen, zurufen: „Get a life! Such dir ein Hobby, engagiere dich im Nachbarschaftstreff oder dem Sportverein.“

Beide Romane beschwören auch ein zeitloses, merkwürdig gesichtsloses und ausländerfreies Deutschland herauf. Die Plätze und Straßennamen, sofern sie erwähnt werden, bleiben austauschbar. Eine Hansastraße, einen Marienplatz und einen Ostfriedhof gibt es wahrscheinlich in jeder etwas größeren Stadt. Es gibt keine Anspielungen, die „Der namenlose Tag“ und „Der einsame Engel“ fest an einem bestimmten Ort oder Zeit verankern. Musik, Bücher, Politik, Sport, gesellschaftliche Diskurse – nichts davon kommt vor.

Abgesehen von der Erwähnung von Handys, die eher widerwillig als Ersatz für eine Telefonzelle benutzt werden, könnten beide Geschichten auch irgendwann in der Vergangenheit spielen, als Gemüsehändler und Hosenverkäufer noch normal-honorige Berufe waren und ganze Filme sich um deren Leben drehten. Das waren aber eher die Zeiten des Wirtschaftswunders, als Heinz Erhardt und Heinz Rühmann Volksschauspieler waren.

Und, natürlich ist beide Male die Form des Kriminalromans nur ein Vehikel, um von einsamen Menschen zu erzählen. Überraschende Wendungen und auch ein überraschendes Ende sucht man beide Male vergeblich. Denn das was Anis Ermittler in der Vergangenheit von Justus Greve und Esther Winther entdecken, ist kaum überraschend, sondern fast schon erschreckend gewöhnlich und, gerade bei dem Teenager Esther, die sich selbst umbrachte, austauschbar.

Schlecht sind „Der namenlose Tag“ und „Der einsame Engel“ nicht. Es sind halt weniger Kriminalromane, als langsame, melancholische, konsequent bis über den Stillstand hinaus entschleunigte Betrachtungen mit Charakteren, die sich in ihrer Einsamkeit suhlen. Mal mehr, mal weniger bebiert.

Ani - Der namenlose Tag

Friedrich Ani: Der namenlose Tag

Suhrkamp, 2015

304 Seiten

19,95 Euro

Die Taschenbuch-Ausgabe erscheint voraussichtlich Ende Oktober.

Ani - Der einsame Engel

Friedrich Ani: Der einsame Engel – Ein Tabor-Süden-Roman

Droemer, 2016

208 Seiten

18 Euro

Noch mehr Ani

Wer es nicht so mit Romanen hat, kann natürlich auch seine Kurzgeschichten lesen. In „Unterhaltung“ sind vierzig kurze Texte von ihm, die teilweise bereits in veränderter Form in Anthologien und Zeitschriften erschienen, enthalten.

Ani - Unterhaltung

Friedrich Ani: Unterhaltung

Droemer, 2015

320 Seiten

9,99 Euro

Die Hardcover-Ausgabe erschien 2014, ebenfalls bei Droemer.

Hinweise

Perlentaucher über „Der einsame Engel“ und „Der namenlose Tag“

Homepage von Friedrich Ani

Meine Besprechung von Friedrich Anis „Wer lebt, stirbt“ (2007)

Meine Besprechung von Friedrich Anis „Der verschwundene Gast“ (2008)

Meine Besprechung von Friedrich Anis “Totsein verjährt nicht” (2009)

Meine Besprechung von Friedrich Anis “Die Tat” (2010)

Meine Besprechung von Friedrich Anis „Süden“ (2011, mit Interview)

Meine Besprechung von Friedrich Anis “Süden und die Schlüsselkinder” (2011)

Meine Besprechung von Friedrich Anis “Süden und das heimliche Leben” (2012)

Meine Besprechung von Friedrich Anis „Süden und die Stimme der Angst“ (2013, neuer Titel von „Verzeihen“)

Meine Besprechung von Friedrich Anis „M – Ein Tabor-Süden-Roman“ (2013)

Friedrich Ani in der Kriminalakte

 


TV-Tipp für den 13. Juni: Lost in Translation – Zwischen den Welten

Juni 13, 2016

Eins Plus, 21.45

Lost in Translation – Zwischen den Welten (USA/Japan 2003, Regie: Sofia Coppola)

Drehbuch: Sofia Coppola

Bob (Bill Murray) trifft in seinen Luxushotel Charlotte (Scarlett Johansson) und weil beide einsam in Tokio sind, verbringen sie einige Tage zusammen.

Sofia Coppolas (jaja, die Tochter von dem „Der Pate“-Regisseur) bei den Kritikern und dem Publikum erfolgreichster Film: eine wunderschöne Stillstandsbeschreibung über zwei verlorene Seelen in einer fremden Stadt.

mit Bill Murray, Scarlett Johansson, Giovanni Ribisi, Anna Faris, Furnihiro Hayashi

Wiederholung: Dienstag, 14. Juni, 17.15 Uhr

Hinweise

Rotten Tomatoes über „Lost in Translation“

Wikipedia über „Lost in Translation“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Sofia Coppolas „The Bling Ring“ (The Bling Ring, USA 2013)


Zwei sachdienliche Hinweise zu Don Winslow: ein Interview, ein neues/altes Buch

Juni 12, 2016

Winslow - Palm Desert

Als Don Winslow im März quer durch Deutschland tourte, gab er in Berlin Anna Lena Mösken ein Interview, das jetzt in der „Berliner Zeitung“ erschien und, auch wenn sich für Winslowianer die Überraschungen in Grenzen halten, lesenswert ist. Denn ein großer Teil des Gespräches dreht sich um den Drogenkrieg, über den er zahlreiche Bücher schrieb, die seit Jahrzehnten verfehlte US-Drogenpolitik, seiner daraus folgenden Forderung nach einer Legalisierung von Drogen und das Verhältnis zwischen den USA und Mexiko. Er erzählt auch ein wenig über seine Tage als Privatdetektiv und über seinen neuesten Roman „Germany“.

Über Neal Carey sagt er dagegen nichts.

Aber wir können jetzt, als deutsche Erstveröffentlichung, den fünften und letzten Neal-Carey-Roman „Palm Desert“, in der Übersetzung von Conny Lösch, lesen und – auch wenn ich ihn noch nicht gelesen habe – das wird ein kurzweiliges Vergnügen werden.

Don Winslow: Palm Desert

(übersetzt von Conny Lösch)

Suhrkamp, 2016

208 Seiten

10,99 Euro

Originalausgabe

While Drowning in the Desert

St. Martin’s Press, New York, 1996

Hinweise

Hollywood & Fine: Interview mit Don Winslow (11. Juli 2012)

Homepage von Don Winslow (etwas veraltet, weil eigentlich eine Verlagsseite)

Deutsche Homepage von Don Winslow (von Suhrkamp)

Don Winslow twittert ziemlich oft

Meine Besprechung von Don Winslows “London Undercover” (A cool Breeze on the Underground, 1991)

Meine Besprechung von Don Winslows “China Girl” (The Trail to Buddha’s Mirror, 1992)

Meine Besprechung von Don Winslows „Way Down on the High Lonely – Neal Careys dritter Fall“ (neue Übersetzung von „Das Schlangenmaul“; Way Down on the High Lonely, 1993)

Meine Besprechung von Don Winslows „A long Walk up the Water Slide – Neal Careys vierter Fall“ (A long Walk up the Water Slide, 1994)

Meine Besprechung von Don Winslows „Bobby Z“ (The Death and Life of Bobby Z, 1997)

Meine Besprechung von Don Winslows „Tage der Toten“ (The Power of the Dog, 2005)

Meine Besprechung von Don Winslows „Pacific Private“ (The Dawn Patrol, 2008)

Meine Besprechung von Don Winslows „Pacific Paradises“ (The Gentlemen’s Hour, 2009) und „Tage der Toten“ (The Power of the Dog, 2005)

Meine Besprechung von Don Winslows „Satori“ (Satori, 2011)

Mein Interview mit Don Winslow zu “Satori” (Satori, 2011)

Meine Besprechung von Don Winslows “Savages – Zeit des Zorns” (Savages, 2010)

Meine Besprechung von Don Winslows “Kings of Cool” (The Kings of Cool, 2012)

Meine Besprechung von Don Winslows „Vergeltung“ (Vengeance, noch nicht erschienen)

Meine Besprechung von Don Winslows “Missing. New York” (Missing. New York, noch nicht erschienen)

Meine Besprechung von Don Winslows „Das Kartell“ (The Cartel, 2015)

Meine Besprechung von Don Winslows „Germany“ (Germany, 2016 – noch nicht erschienen)

Mein Hinweis auf Don Winslows „London Undercover – Neal Careys erster Fall“ (A Cool Breeze on the Underground, 1991)

Meine Besprechung von Oliver Stones Don-Winslow-Verfilmung „Savages“ (Savages, USA 2012)

Don Winslow in der Kriminalakte

 


TV-Tipp für den 12. Juni: Striptease

Juni 11, 2016

Sixx, 20.15

Striptease (USA 1996, R.: Andrew Bergman)

Drehbuch: Andrew Bergman

LV: Carl Hiaasen: Striptease, 1993 (Striptease)

Erin Grant verdient das Geld für einen Sorgerechtsprozeß in einer Striptease-Bar. Dort verliebt sich Senator Dilbeck in sie und verteidigt sie mit einer Champagnerflasche gegen einen Verehrer. Jerry fotografiert dies und erpresst Dilbeck. Kurz darauf ist er tot und Erin sieht das Sorgerecht gefährdet.

Bis auf die Hauptrolle (Demi Moore, die auch beim Striptease nicht sonderlich erregend wirkt) gelungene Verfilmung eines satirischen Hiaasen-Buches, mit einer grandios aufspielenden Schar Nebendarsteller: Ving Rhames, Burt Reynolds, Armant Assante, Paul Guilfoyle, Robert Patrick, Rumer Willis

Wenn der Film zum Lesen des Buches (und der anderen Hiaasen-Werke!) führt, dann kann der Film gar nicht genug gelobt werden.

Wiederholung: Montag, 13. Juni, 00.50 Uhr (Taggenau!“)

Hinweise

Rotten Tomatoes über „Striptease“

Wikipedia über „Striptease“ (deutsch, englisch)

Homepage von Carl Hiaasen

Meine Besprechung von Carl Hiaasens „Affentheater“ (Bad Monkey, 2013)

Meine Besprechung von Carl Hiaasens „Sumpfblüten“ (Nature Girl, 2006)

Meine Besprechung von Carl Hiaasens „Der Reinfall“ (Skinny Dip, 2004)

Meine Besprechung von Carl Hiaasens „Krumme Hunde“ (Sick Puppy, 1999)

Meine Besprechung von Carl Hiaasens „Unter die Haut“ (Skin Tight, 1989)


TV-Tipp für den 11. Juni: John Cale: The Velvet Underground & Nico

Juni 10, 2016

https://www.youtube.com/watch?v=3pg7eb4Kv8g

Arte, 23.55

John Cale: The Velvet Underground & Nico

Regie: Christian Fevret, Alexandre Buisson

Live-Mitschnitt seines Konzerts in der Philharmonie de Paris vom 3. April 2016 auf dem er mit einigen Gästen, wie Peter Doherty, Animal Collective und Mark Lanegan, das legendäre Album mit dem Bananen-Cover neu und teilweise entsprechend gewöhnungsbedürftig interpretiert.

Hinweise

Arte über das Konzert

Homepage von John Cale

AllMusic über John Cale und The Velvet Underground

Wikipedia über John Cale (deutsch, englisch) und The Velvet Underground (deutsch, englisch)


Neu im Kino/Filmkritik: „Vor ihren Augen“ – das Remake des Oscar-Gewinners „In ihren Augen“

Juni 10, 2016

Nicole Kidman, Julia Roberts, Chiwetel Ejiofor in den Hauptrollen, Alfred Molina, Michael Kelly und Dean Norris (die ja eher gesichtsbekannt sind) in Nebenrollen in dem Remake eines argentinischen Films, der 2010 den Oscar als bester ausländischer Film erhielt und mit Kritikerlob und Preisen überhäuft wurde, nach einem Drehbuch von Billy Ray, der schon bei „Enttarnt – Verrat auf höchster Ebene“ (auch Regie), „State of Play – Stand der Dinge“ und „Captain Phillips“ sein Talent für komplexe Stoffe bewies, und der auch wieder die Regie übernahm. Was kann da schief gehen?

In diesem Fall: erstaunlich viel.

Die Geschichte von der Vorlage „In ihren Augen“ (El secreto de sus ojos, Argentinien 2009, Regie: Juan José Campanella), die sich vor dem Hintergrund der argentinischen Militärdiktatur und ihrer Nachwirkungen entfaltete, wurde in die USA verlegt und den dortigen Gegebenheiten angepasst. Jetzt spielt die Geschichte in Los Angeles 2002 und in der Gegenwart.

Als Ray Kasten (Chiwetel Ejiofor) bei seinem allabendlichem Durchklicken durch die Bilder von Inhaftierten einen Mann entdeckt, den er für den Mörder von Caroline hält, bittet der Ex-Polizist die Staatsanwältin Claire Sloan (Nicole Kidman), in die er immer noch still verliebt ist, um eine Wiederaufnahme eines alten Falles.

2002 arbeitete er in der Anti-Terrorismus-Task-Force. Sie beobachteten eine Moschee, als nebenan eine junge Frau ermordet wird. Es ist die Tochter von seiner Kollegin Jess Cobb (Julia Roberts). Bei den Ermittlungen, die teilweise von seinen Vorgesetzten und Kollegen behindert werden, stößt er auf einen Verdächtigen, der gleichzeitig als Spitzel in der Moschee eine Terrorzelle infiltrieren soll. Kurz vor Verhaftung verschwindet er spurlos.

Jetzt glaubt Kasten, dass er den Fall endlich abschließen kann.

Neben der nahe liegenden Frage, ob der Verdächtige auch der Täter ist, gibt es noch eine andere Frage: ob Cobb, die trauernde Mutter, wirklich eine Verhaftung oder Rache will.

Daraus könnte ein ordentlicher Thriller entstehen, wenn die Geschichte chronologisch erzählt würde. Aber Billy Ray springt munter zwischen Gegenwart und Vergangenheit hin und her. Oft ist auf den ersten Blick auch unklar, wann die Szene jetzt genau spielt. Ejiofor ist zwar in der Gegenwart etwas ergraut, aber Kidman sieht immer gleich aus. Auch Roberts sieht, nach dem Tod ihrer Tochter, immer gleich erschöpft aus. Sie hängt wie ein nasses Hemd im Film herum.

In den Szenen aus der Vergangenheit springt Ray dann weiter munter in der Chronologie hin und her und verschenkt dabei jegliches dramatische und emotionale Potential. Zum Beispiel entdeckt Kasten am Filmanfang in einem Müllcontainer etwas schreckliches. Er ist schockiert. Fassungslos. Wir wissen nicht warum. Er versucht Cobb davon abzuhalten, in den Müllcontainer zu blicken. Wir wissen nicht warum. Erst etwas später erfahren wir, dass sie eine Tochter hat und dass ihre Tochter in dem Müllcontainer liegt. Welche Beziehungen sie zueinander hatten, wissen wir nicht. Noch später, in einer in dem Moment vollkommen zusammenhanglosen Szene, sehen wir sie zusammen einen Abend verbringen. Jetzt können wir uns denken, welche Beziehung Kasten, Cobb und Caroline zueinander hatten. In dem Moment ist allerdings die mögliche emotionale Wirkung von Carolines Tod auf uns vollkommen verpufft.

Dieses Prinzip, die Szenen zu präsentieren, als sei der Film vor dem Abspielen durch einen Zufallsgenerator gejagt worden, führt dazu, dass man mehr damit beschäftigt ist, die Chronologie zu ordnen, als sich emotional auf den Film und seine letztendlich nicht sonderlich komplexe Geschichte einzulassen.

Dazu kommen Dialoge, die zum Haare ausraufen sind. Der Höhepunkt der Peinlichkeit wird in einem Verhör erreicht, wenn die bis dahin ruhige Staatsanwältin plötzlich den Verdächtigen mit einer hirnrissigen Rede über Penisgrößen und Blicke auf Busen aus der Ruhe bringen und zu einem unbedachten Geständnis bewegen will. Immerhin kriegt der Verdächtige bei dieser in jeder Beziehung deplatzierten Ansprache keinen Lachkrampf.

Falsch klingen auch etliche Dialoge über den Anti-Terror-Kampf und Folter. Zwar wurde auch in den USA heftig darüber diskutiert, aber dass schon 2002, wenige Monate nach 9/11, Polizisten einer Anti-Terror-Einheit über die Nachteile von Folter sinnieren, klingt schon im Film einfach falsch. Und klingt nach einem Blick auf die öffentliche Diskussion, die erst mit der Aufdeckung der Folter in Abu-Ghraib im Mai 2004 begann, noch falscher, weil es Sätze sind, die unser heutiges Wissen und die Meinung des Drehbuchautoren, aber nicht die der Charaktere reflektieren.

Die unnötig verschachtelte Erzählweise führt auch zu einer gewissen Langeweile, weil während des gesamten Films zahlreiche Szenen sind, die 2002 spielen, und egal, was Kasten, Cobb und Sloan damals unternommen haben: es führte nicht zur Verhaftung des Täters. Das soll ja erst 2015 geschehen.

Es gab auch in der Vergangenheit kein Komplott, das jetzt vielleicht aufgeklärt werden könnte. Kasten bittet Sloan am Filmanfang, die Ermittlungen wieder regulär aufzunehmen. In dem Moment ist klar, dass der Tatverdächtige ein ganz gewöhnlicher Verbrecher ist.

Vor ihren Augen“ ist ein schlechter Film. Um das zu wissen, muss man das Original, das manchmal im Fernsehen läuft, nicht kennen.

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Vor ihren Augen (Secret in their Eyes, USA 2015)

Regie: Billy Ray

Drehbuch: Billy Ray (basierend auf „El secreto de sus ojos“ von Juan José Campanella und Eduardo Sacheri)

mit Nicole Kidman, Julia Roberts, Chiwetel Ejiofor, Alfred Molina, Dean Norris, Joe Cole, Michael Kelly, Zoe Graham

Länge: 112 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „Vor ihren Augen“

Metacritic über „Vor ihren Augen“

Rotten Tomatoes über „Vor ihren Augen“

Wikipedia über „Vor ihren Augen“


Neu im Kino/Filmkritik: Pierce Brosnan ist „Professor Love“

Juni 10, 2016

Richard Haig (Pierce Brosnan) ist in Cambridge Professor für Romantische Literatur, Single und notorischer Schwerenöter. Vor allem bei den Studentinnen ist er beliebt und öfter auch mal mit einer im Bett. Zum Beispiel mit Kate (Jessica Alba), einer US-Amerikanerin, die auch noch ein Kind von ihm erwartet.

Nach einer kurzen Schrecksekunde (Wir Männer sind ja bei dieser Nachricht immer kurz vor einem Herzanfall.) beschließt er, Kate zu heiraten und mit ihr in die USA zu ziehen. Alles ist perfekt. Auch wenn Richard jetzt nicht mehr an der Universität unterrichtet.

Einige Jahre später erfährt er, dass sie ihn betrügt. Auf dem Anwesen zieht er notgedrungen in das Gästehaus und er versucht, für seinen Sohn ein guter Vater zu sein.

Als Kate geschäftlich für einige Tage weg muss, tritt wieder Kates Stiefschwester Olivia (Salma Hayek), die Richard bereits vor Jahren bei einem kleinen Flirt kennen lernte, in sein Leben und sie gefällt ihn. Angesichts seiner Beziehung zu seiner Frau wäre das kein Problem, wenn er nicht gerade jetzt Probleme mit der Einwanderungsbehörde hätte, die sich von dem prächtigen Zustand seiner nur noch auf dem Papier bestehenden Ehe überzeugen möchte.

Es ist schon erstaunlich, wie konsequent „Professor Love“, eine nicht besonders durchdachte Mischung aus Romantic Comedy und Drama, sich durchgehend im Ton vergreift. Die dramatischen Szenen werden im Ton einer Romantic Comedy gespielt; die Romantic-Comedy-Szenen im Ton eines Dramas. Also: wenn man lachen soll, will man nicht lachen und wenn man nicht lachen soll, will man lachen.

Dazwischen gibt es Witze über Frauen, die nicht Auto fahren können, einige Auftritte von Malcolm McDowell als Richards misanthropischen Vater, der als Opa seinem Enkel all die Liebe und das Verständnis schenkt, das er seinem Sohn niemals schenkte. Und Richard soll sein vom Vater geerbtes antiautoritäres Gehabe so weit getrieben haben, dass er die Briefe der Einwanderungsbehörde jahrelang nicht öffnete. Jetzt muss er die Behörde von seiner intakten Ehe und seiner guten Arbeit überzeugen, was sich natürlich etwas schwierig gestaltet. Außerdem wurde er alkoholisiert am Steuer seines Autos erwischt. Jetzt muss er sich, um seine Aufenthaltsgenehmigung zu behalten, bei den Anonymen Alkoholikern mit seiner Sucht auseinandersetzen, was er mit der Unlust eines Teenagers tut, der eine als ungerecht empfundene Strafe ableisten muss.

Professor Love“ ist ein Mischmasch, der nie weiß, in welche Richtung er sich erzählerisch entwickeln will, während er Klischees und altbekannte Situationen und Witze aneinanderreiht.

Da kann auch der immer charmante Pierce Brosnan nichts mehr retten.

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Professor Love (How to make Love like an Englishman; Some Kind of Beautiful; Lessons in Love, USA 2014)

Regie: Tom Vaughan

Drehbuch: Matthew Newman

mit Pierce Brosnan, Salma Hayek, Jessica Alba, Malcolm McDowell, Ben McKenzie, Duncan Joiner, Fred Melamed

Länge: 100 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Moviepilot über „Professor Love“

Metacritic über „Professor Love“

Rotten Tomatoes über „Professor Love“

Wikipedia über „Professor Love“