
Advent, Weihnachten – letztendlich alles eine mörderische Veranstaltung. Dieses dicke Buch ist ein guter und, so der Herausgeber, vielfältig einsetzbarer Begleiter durch diese Tage.
Weitere Weihnachtskrimis habe ich hier abgefeiert.

Advent, Weihnachten – letztendlich alles eine mörderische Veranstaltung. Dieses dicke Buch ist ein guter und, so der Herausgeber, vielfältig einsetzbarer Begleiter durch diese Tage.
Weitere Weihnachtskrimis habe ich hier abgefeiert.
Die 29-jährige Hanna Leitner (Maresi Riegner) hält es 1906 in Wien nicht mehr aus. Auch weil ihr Arzt, der Psychoanalytiker, Freud-Schüler/Bewunderer und Anarchist Otto Gross (Max Hubacher) ,die Stadt in Richtung Schweiz verlassen hat. Sie folgt ihm ins tessinische Ascona. Dort will er in der Kommune Monte Verità seinen Geist erweitern und seine Drogensucht auskurieren.
Diese Kommune gibt es wirklich. Zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts wurde sie von Henri Oedenkoven (im Film Michael Finger), Ida Hofmann (im Film Julia Jentsch), Lotte Hattemer (im Film Hannah Herzsprung), Karl Gräser und Gusto Gräser gegründet.
An dem Ort sollte eine dauerhafte, alternative Lebens- und Wirtschaftsform zur bürgerlichen Gesellschaft ausprobiert werden. Damalige, frei denkende Intellektuelle waren von dem Monte-Verità-Projekt fasziniert. Deshalb dürfen im Film auch der Schriftsteller Hermann Hesse (Joel Basman) und die Tänzerin Isadora Duncan (Eleonora Chiocchini) durchs Bild laufen.
Diesen historisch verbürgten Hintergrund malt Stefan Jäger in seinem Film „Monte Verità – Der Rausch der Freiheit“ liebevoll aus. Die Hauptperson des Films, Hanna, könnte eine der zahlreichen, oft nur einige Wochen in der Kommune bleibenden Gäste gewesen sein. In jedem Fall ist sie eine erfundene Figur.
Zunächst ist Hanna vom Treiben in der Kommune irritiert. Während sie in Wien nichts tun durfte und jede Aufreigung vermeiden musste, kann sie hier alles tun. Sie sieht die nackten Menschen, die sich schamlos in der Sonne räkeln. Es wird getanz, gelacht, philosophiert. Sie sieht, wie Drogen konsumiert werden. Sie muss ihren Teil zur Gemeinschaft beitragen. Deshalb muss sie bei der täglich anfallenden Arbeit mithelfen. Und sie kann ohne Zwang und Druck ausprobieren, was ihr gefällt. Dazu gehört das Fotografieren. Sie beginnt die Gäste des Monte Verità zu fotografieren. Dabei emanzipiert sie sich zunehmend von ihrem Mann und den damaligen gesellschaftlichen Konventionen. Es sind Konventionen, die für uns heute teils sehr fremd sind und die wir teilweise schlichtweg ablehnen. Dazu gehören die unbedingte Verfügungsgewalt des Mannes über seine Frau und das Siezen der Kinder. Damit sollte eine zu große Nähe vermieden werden.
Aus diesem Stoff macht Stefan Jäger eine immer eine Spur zu brav und zu sehr innerhalb der bekannten und etablierten Konventionen erzählte Emanzipationsgeschichte.

Monte Verità – Der Rausch der Freiheit (Schweiz/Deutschland/Österreich 2021)
Regie: Stefan Jäger
Drehbuch: Kornelija Naraks
mit Maresi Riegner, Max Hubacher, Julia Jentsch, Hannah Herzsprung, Joel Basman, Philipp Hauß, Daniel Brasini, Eleonora Chiocchini, Michael Finger
Länge: 116 Minuten
FSK: ab 12 Jahre
–
Hinweise
Filmportal über „Monte Verità“
Arte, 23.00
M (M, USA 1951)
Regie: Joseph Losey
Drehbuch: Norman Reilly Raine, Leo Katcher, Waldo Salt (Dialogmitarbeit) (nach dem Film von Thea von Harbou und Fritz Lang)
TV-Premiere. Joseph Loseys fast unbekanntes Remake von Fritz Langs „M“ erreicht nach einhelliger Meinung nicht die Qualität des Originals.
Die Story blieb gleich – ein Kindermörder wird von der Polizei und Verbrecherbanden durch die Stadt gejagt -, aber Losey verlegte die Geschichte in die Gegenwart und nach Los Angeles.
Der Krimi ist der vierte Spielfilm von Losey. Zu seinen späteren Filmen gehören „Der Diener“, „Modesty Blaise – Die tödliche Lady“, „Der Mittler“ und „Monsieur Klein“.
mit David Wayne, Howard da Silva, Luther Adler, Martin Gabel, Steve Brodie, Raymond Burr
Hinweise
Wikipedia über „M“ (deutsch, englisch) (aktuell ist die deutsche Seite umfangreicher und informativer)
Tele 5, 22.25
Die Fliege (The Fly, USA 1986)
Regie: David Cronenberg
Drehbuch: David Cronenberg, Charles Edward Pogue
LV: George Langelaan: The Fly, 1957 (Die Fliege und andere Erzählungen aus der phantastischen Wirklichkeit; Kurzgeschichte)
Biologe Seth erforscht den molekularen Transport von Lebewesen (vulgo „beamen“). Bei einem Versuch transportiert er sich selbst und eine Fliege von dem einen Teleporter zum nächsten. Die, von David Cronenberg, liebevoll bis zum letzten Detail ausgemalte Konsequenz, ist, dass Seth und die Fliege immer mehr zu einem Wesen werden.
Grandioses Remake von einem Science-Fiction-Horrorfilmklassiker, der von Cronenberg vom Kopf auf die Füße gestellt wurde.
Danach, um 00.25 Uhr, zeigt Tele 5 ein weiteres gelungenes Remake eines Horrorfilmklassikers, das inzwischen ebenfalls ein Klassiker ist: „Katzenmenschen“ von Paul Schrader.
mit Jeff Goldblum, Geena Davis, John Getz, Jay Boushel, David Cronenberg
Hinweise
Rotten Tomatoes über „Die Fliege“
Wikipedia über „Die Fliege“ (deutsch, englisch)
Meine Besprechung von Marcus Stigleggers “David Cronenberg” (2011)
Meine Besprechung von David Cronenbergs „Cosmopolis“ (Cosmopolis, Frankreich/Kanada 2012)
Meine Besprechung von David Cronenbergs “Maps to the Stars” (Maps to the Stars, Kanada/USA/Deutschland/Frankreich 2014) (und die DVD-Kritik)
Aus dem Weihnachtsprogramm der Kriminalakte
ServusTV, 22.45
Wild Christmas (Reindeer Games, USA 2000)
Regie: John Frankenheimer
Drehbuch: Ehren Kruger
Knacki Rudi Duncan freut sich wie Bolle. Unter der Identität eines verstorbenen Knastkumpels will er sich an dessen Brieffreundin heranmachen. Die sieht nämlich unglaublich gut aus. Dummerweise hat sie einen Bruder. Der möchte, dass Rudi ihm beim Überfall eines Casinos hilft. Ein Casino, in dem Rudi früher arbeitete.
John Frankenheimers letzter Kinofilm ist nicht gerade ein Meisterwerk, aber ein vergnüglicher Neo-Noir mit viel Schnee, Weihnachtsmännern und vielen Dingen, die mit Weihnachten nichts zu tun haben.
„Mag das Drehbuch auch gelegentlich ein wenig überkonstruiert erscheinen, die Inszenierung von Regie-Veteran Frankenheimer erweist sich als absolut schnörkellos und handwerklich perfekt.“ (tip 25/2000)
Die US-Kritik war nicht so begeistert.
Frankenheimer inszenierte „Der Gefangene von Alcatraz“, „Botschafter der Angst“ (The Manchurian Candidate), „Grand Prix“, „French Connection II“, „Schwarzer Sonntag“ und „Ronin“.
mit Ben Affleck, Gary Sinise, Charlize Theron, Donal Logue, Danny Trejo, Clarence Williams III, Dennis Farina
Wiederholung: Sonntag, 19. Dezember, 02.50 Uhr (Taggenau!)
Hinweise
Rotten Tomatoes über „Wild Christmas“
Wikipedia über „Wild Christmas“ (deutsch, englisch)
Meine Bepsrechung von John Frankenheimers „Die jungen Wilden“ (The Young Savages, USA 1960)
Pro7, 20.15
Matrix (The Matrix, USA 1998)
Regie: Andy Wachowski, Larry Wachowski
Drehbuch: Andy Wachowski, Larry Wachowski
Hacker Neo ist der nette Nerd von nebenan, bis er erfährt, dass die Wirklichkeit nicht die Wirklichkeit ist und dass er der Erlöser ist.
Kommerziell unglaublich erfolgreicher, Hugo- und Nebula-nominierter Science-Fiction-Klassiker, in dem es erstmals gelang, die Ideen der Cyberpunk überzeugend in einen Realfilm zu transportieren. Die beiden Fortsetzungen „Matrix Reloaded“ und „Matrix Revolutions“ sind dagegen ein Fall für die filmische Mülltonne und auch bei der „Matrix“ kann man sich an einigen groben Logikfehlern und Widersprüchen stoßen. Z. B.: Warum sollten die Maschinen uns Menschen mit einer Computersimulation betäuben? Warum sollten wir Menschen aus der Computersimulation ausbrechen wollen? Vor allem, wenn die Erde ungefähr so bewohnbar wie die dunkle Seite des Mondes ist.
Als Vorbereitung für den am 23. Dezember startenden vierten Matrix-Film, „Matrix Ressurrections“, zeigt Pro7 heute die vorherigen Matrix-Filmen. Um 23.10 Uhr läuft „Matrix Reloaded“ und um 01.55 Uhr „Matrix Revolutions“.
mit Keanu Reeves, Laurence Fishburne, Carrie Anne Moss, Hugo Weaving, Gloria Foster, Joe Pantoliano
Wiederholung: Montag, 20. Dezember, 03.20 Uhr (Taggenau!)
Hinweise
Wikipedia über „Matrix“ (deutsch, englisch)
Drehbuch “The Matrix” von Andy Wachowski und Larry Wachowski
Meine Besprechung von Lana & Andy Wachowskis „Jupiter Ascending“ (Jupiter Ascending, USA 2015)
Es beginnt mit der typischen Sparks-Mischung aus eingängiger Musik, Ironie, Tief- und Flachsinn. Zuerst werden wir, das Publikum, um unsere vollständige Aufmerksamkeit gebeten (Tun wir gerne.). Und wir sollen mucksmäuschenstill sein und unserem Atem bis zum Ende der Show anhalten (Tun wir nicht). Dann geht es mit einer minutenlangen, ohne Schnitt gefilmten Eröffnungssequenz weiter. Es ist eine große Gesangsnummer, einem in einem Tonstudio beginnendem Singalong, zu dem die beiden Hauptdarsteller – Adam Driver als Henry McHenry und Marion Cotillard als Ann Desfranoux – durch die Straßen von Los Angeles laufen, singen und von immer mehr Menschen begleitet werden, bis sich ihre Wege für die nächsten Stunden des Abends trennen. Sie, die Opernsängerin, fährt zur Oper. Er, der Stand-up-Comedian, fährt zum Orpheum Theatre. Singen tun sie in diesen Minuten „So may we start“. Das Stück ist ein perfekter Start für einen Film oder, für Ann und Henry, der Beginn eines Arbeitsabends.
Ann und Henry sind das neue Traumpaar der Regenbogenpresse: jung, gutaussehend, erfolgreich und in hunderprozentig gegensätzlichen Bereichen des Kulturlebens arbeitend. In der Boulevardpresse-Dramturgie ist sie die Schöne und er das Biest, das in seiner Soloshow auch als „Der Affe Gottes“ auftritt. Sie sind verliebt („We love each other so much“), heiraten, kriegen eine Tochter, Annette genannt (anfangs von einer Holzpuppe gespielt), in ihrer Ehe kriselt es – und aus dem Liebesfilm wird ein Noir-Drama.
„Annette“ ist der neue Film von Leos Carax, der nur alle Jubeljahre einen Film dreht. „Die Liebenden von Pont-Neuf“ (1991), „Pola X“ (1999) und, sein bislang letzter Film, „Holy Motors“ (2012) sind seine bekanntesten Filme. Nie interessierte er sich für eine platte Wiedergabe der Realität. Stattdessen sind seine Werke immer radikal stilisiert und voller akustischer und visueller Einfälle und cineastischer Verweise. Sie sind pures Kino. Da passt ein hundertprozentiges Musical gut ins Œuvre.
Die Idee für den Film hatten die Brüder Ron und Russell Mael. Sie treten seit 1967 gemeinsam auf. Zuerst als Halfnelson, seit den frühen Siebzigern als Sparks. Seit einigen Wochen dürfte die Band über den engen Fankreis hinaus bekannt sein. Denn Anfang Oktober lief in den Kinos Edward Wrights ausführliche Doku „The Sparks Brothers“ (USA 2021) über die beiden Brüder, ihre Musik und ihr Leben. Vor allem in den Siebzigern und Achtzigern hatten sie Hits. Stilistisch legten sie sich nie fest. Aber meistens bewegen sie sich, mit einer ordentlichen Portion Humor, zwischen Pop, Discomusik und den aktuell angesagten Trends. 2009 fragte das Swedisch National Radio sie, ob sie für das Radio ein Musical schreiben wollten. Sie taten es und nannten das Ergebnis „The Seduction of Ingmar Bergman“. In dem Stück geht es darum, dass Ingmar Bergman in Hollywood einen Film drehen will. Mit mehr Geld und weniger Seele. 2013 trafen sie Leos Carax in Cannes und fragten ihn, ob er ihr Bergman-Stück verfilmen wolle. Sie fanden sich sympathisch, aber Carax lehnte ab. Er könne keinen Film drehen, der in der Vergangenheit spiele. Kurz darauf schickten sie ihm erste Ideen und Songdemos für „Annette“.
Daraus entstand jetzt, nachdem sich die Finanzierung und Produktion als schwierig und langwierig erwiesen (was auch den großen Abstand zwischen „Holy Motors“ und „Annette“ erklärt) „Annette“. Es ist das erste Film-Musical der Sparks. Es ist, wie üblich bei den Sparks, gleichzeitig ein traditionelles Musical und die Dekonstruktion eines Musicals. Erzählt wird, immer mit eingängigen, sofort zum Mitsingen einladenden Pop-Songs, eine zunehmend düstere High-Society-Liebesgeschichte im Künstlermilieu, mit einigen Spitzen gegen den Kulturbetrieb, etwas Wunderkindmythos, einem Touch #MeToo und dem Fall eines provozierenden Künstlers.
„Annette“ ist ein experimentierfreudiges, dabei jederzeit zugängliches und witziges Art-Pop-Musical. In Cannes gab es dafür Preise für die Regie und die Musik.

Annette (Annette, Frankreich/Belgien/Deutschland/USA 2021)
Regie: Leos Carax
Drehbuch: Ron Mael, Russell Mael (aka die Sparks)
mit Marion Cotillard, Adam Driver, Devyn McDowell, Simon Helberg, Kanji Furutachi, Rebecca Sjöwall, Nino Porzio, Ron Mael, Russell Mael, Angèle
Länge: 140 Minuten
FSK: ab 12 Jahre
–
Hinweise
Rotten Tomatoes über „Annette“
Wikipedia über „Annette“ (deutsch, englisch, französisch)
Kabel 1, 20.15
Krieg der Welten (War of the Worlds, USA 2005)
Regie: Steven Spielberg
Drehbuch: Josh Friedman, David Koepp
LV: H. G. Wells: The War of the Worlds, 1898 (Der Krieg der Welten)
Aliens wollen die Menschheit vernichten und Hafenarbeiter Ray Ferrier (Tom Cruise) stolpert mit seinen Kindern, die er retten will, durch ein sich in Auflösung befindendes Land. Denn die Aliens sind unbesiegbar.
Extrem düsterer, von 9/11 beeinflusster Science-Fiction-Film von Steven Spielberg.
Anschließend, um 22.40 Uhr, zeigt Kabel 1 die neue Doku „Die Steven-Spielberg-Story“ und um Mitternacht „Der Soldat James Ryan“.
mit Tom Cruise, Dakota Fanning, Miranda Otto, Justin Chatwin, Tim Robbins, Amy Ryan
Wiederholung: Freitag, 17. Dezember, 03.30 Uhr (Taggenau!)
Hinweise
Moviepilot über „Krieg der Welten“
Metacritic über „Krieg der Welten“
Rotten Tomatoes über „Krieg der Welten“
Wikipedia über „Krieg der Welten“ (deutsch, englisch)
Meine Besprechung von Steven Spielbergs “Gefährten” (War Horse, USA 2011)
Meine Besprechung von Steven Spielbergs “Lincoln” (Lincoln, USA 2012)
Meine Besprechung von Steven Spielbergs „BFG – Big Friendly Giant (The BFG, USA 2016)
Meine Besprechung von Steven Spielbergs „Die Verlegerin“ (The Post, USA 2017)
Meine Besprechung von Steven Spielbergs „Ready Player One“ (Ready Player One, USA 2018)
Meine Besprechung von Steven Spielbergs „West Side Story“ (West Side Story, USA 2021)
Vor dem Film bitten Tom Holland und einige seiner Co-Stars uns, nichts von der Handlung des Films zu verraten. Nun, denn, dann bleibe ich im Folgenden weitgehend bei der offiziellen Synopse und nenne nicht alle wichtigen und bekannten Schauspieler, die dabei sind; – was jetzt vielleicht auch schon ein Spoiler sein könnte. Denn in dem neuen Spider-Man-Film „No Way Home“ steigt das Vergnügen an diesem Film mit dem Wissen über die vorherigen Filme.
„No Way Home“ beginnt unmittelbar nach dem Ende von dem Europatrip „Far from Home“. Das war der zweite gelungene Spielfilm mit Tom Holland als Peter ‚Spider-Man‘ Parker. Dazwischen absolvierte Holland in anderen Marvel-Filmen mehrere Auftritte als Spider-Man. Diese Gastauftritte gehören zur DNA des Marvel Cinematic Universe (MCU) und sie stellen einen Zusammenhang zwischen den verschiedenen Filmen her, die oft auch unabhängig voneinander gesehen werden können. Am Ende von „Far from Home enthüllte ‚Mysterio‘ Quentin Beck die Identität von Spider-Man. Seitdem weiß die ganze Welt, dass der siebzehnjährige Schüler Peter Parker der freundliche Superheld von nebenan ist. Parker, der seine Anonymität schätzt, ist von dem Medienrummel überfordert und angewidert. Er möchte sein früheres Leben wieder zurück haben. Helfen soll ihm Doctor Strange (Benedict Cumberbatch). Der Zauberer kann die Vergangenheit verändern. Also kann er auch die Welt vergessen lassen, dass Peter Parker Spider-Man ist. Bei dem Zauberspruch geht einiges schief, weil Parker sich spontan, während des Spruchs, entscheidet, dass doch einige Menschen, wie seine Freundin, wissen sollten, dass er Spider-Man ist. So sorgt er für ein gewaltiges Chaos in dieser und anderen Welten. Das führt dazu, dass die verschiedenen Welten nicht mehr sauber getrennt sind und Menschen aus einem Paralleluniversum unsere Welt betreten können.
Dieses Multiverse ist im MCU ein neues Konzept. In den Marvel-Comics gibt es die Idee von unendlich vielen nebeneinander bestehenden, sich mehr oder weniger ähnlichen Welten schon lange. Sie ermöglicht es den Machern, verschiedene Formen von Spider-Mann, seinen Freunden und Feinden zu erfinden. Weil diese Welten voneinander unabhängig sind, kann sich hier jeder Autor mit seiner Version von Spider-Man austoben. Es kann auch ein Crossover geben, in dem sich die verschiedenen Versionen eines Superhelden treffen. Im Kino wurde das Konzept des Multiverse in dem nicht zum MCU zählendem Animationsfilm „Spider-Man: A new Universe“ (Spider-Man: Into the Spider-Verse, USA 2018) vorgestellt. Da gab es dann auch einen schwarzen Spider-Man.
In „No Way Home“ trifft Parker zuerst auf einige Bösewichter aus den vorherigen, in anderen Universen spielenden Spider-Man-Filmen. Es sind ‚Doctor Octopus‘ Otto Octavius (Albert Molina), der ‚Green Goblin‘ Norman Osborn (Willem Dafoe), ‚Electro‘ Max Dillon (Jamie Foxx), ‚Sandman‘ Flint Marko und der ‚Lizard‘ Dr. Curt Connors (um nur die zu nennen, die im Pressematerial namentlich genannt werden). Diese Bösewichter wissen, dass Peter Parker Spider-Man ist. Auch wenn sie von seinem Aussehen irritiert sind. Schließlich haben sie gegen einen anderen Spider-Man gekämpft.
Doctor Strange, Peter Parker und seine engsten Freunde versuchen jetzt, das von Parker angerichtete Chaos wieder rückgängig zu machen.
Jon Watts und die Drehbuchautoren Chris McKenna und Erik Sommers, die auch für die beiden vorherigen Spider-Man-Filme „Homecoming“ und „Far from Home“ verantwortlich waren, erfanden eine zwar ausufernde, aber doch in sich schlüssige Geschichte. Sie dürfte auch ohne die Kenntnis der Spider-Man-Filme von Sam Raimi und Marc Webb (für die Bösewichter) und Jon Watts (für diesen Spider-Man und sein Umfeld) verständlich sein. Aber einen wirklichen emotionalen Impact hat der neue Film nur, wenn man die vorherigen Filme Filme kennt. Dann haben die Auftritte von den schon erwähnten und anderen Figuren eine Bedeutung. Schließlich kennt man sie, ihre Geschichte und ihre Beziehung zu Spider-Man. Man versteht auch die vielen Anspielungen, die das Herz des MCU-Fans erfreuen.
Diese Ansammlung der Superbösewichter wird nicht, wie in Sam Raimis „Spider-Man 3“, zu einer ermüdenden Abfolge nacheinander folgender Auftritte von Bösewichtern, die sofort vernichtet, oder, im Fall von „No Way Home“, an den ihnen zustehenden Platz in ihrer Welt befördert werden. Sie treten gemeinsam auf, agieren miteinander (auch weil sie sich teilweise von früher kennen) und sie versuchen sich an die neue Situation anzupassen. Schließlich gibt es eine neue Welt zu erobern.
Dummerweise führt diese Ansammlung von Bösewichtern dazu, dass keiner wirklich herausragt und keiner von ihnen hat einen Plan, den Spider-Man verhindern muss. So ist auch dieses dreckige Dutzend, wie eigentlich alle MCU-Bösewichter, ein mit großen Kräften ausgestatteter, aber ansonsten enttäuschender Gegner.
Insgesamt ist diese Begegnung der verschiedenen Spider-Man-Welten ein gelungener Spaß. Vor allem, wie gesagt, für die Menschen, die auch die Spider-Man-Filme von Raimi und Webb kennen. Denn Jon Watts setzt sie als bekannt voraus – und es gibt, darauf aufbauend, eine gehörige Fan-Service und Fan-Amüsement. Gleichzeitig führt er die Geschichte von seinem Peter Parker fort, der immer wieder in haarsträubende Situationen und Abenteuer hineinstolpert, die für ihn ein, zwei Nummern zu groß sind. Er ist, Superheld hin, Superheld her, halt immer noch ein Teenager, hat noch nicht die Schule abgeschlossen und ist seit kurzem mit seiner ersten großen Liebe MJ zusammen.
Das ist locker-flockig, mit einer ordentlichen Portion Humor erzählt (auch wenn das Nachspiel nach dem großen Kampf etwas lang geraten ist) und knüpft gelungen an die früheren Marvel-Filme an.
„Spider-Man: No Way Home“ ist der bislang befriedigenste Film der aktuellen, dieses Jahr begonnenen vierten MCU-Phase. Auch wenn die Zukunft von Tom Holland als Spider-Man unklar ist und damit auch unklar ist, wie sehr er in diese vierte Phase involviert sein wird. Holland würde die Rolle gerne weiter spielen. Es gibt Gerüchte, aber noch keine konkrete Ankündigung über einen weiteren Auftritt von ihm als Spider-Man.
Nach dem Abspann gibt es mehrere Bilder, die wie der Trailer für den von Sam Raimi inszenierten „Doctor Strange“-Film „Doctor Strange in the Multiverse of Madness“, der Anfang Mai 2022 starten soll, wirken.

Spider-Man: No Way Home (Spider-Man: No Way Home, USA 2021)
Regie: Jon Watts
Drehbuch: Chris McKenna, Erik Sommers (basierend auf dem Marvel Comics von Stan Lee und Steve Ditko)
mit Tom Holland, Zendaya, Jacob Batalon, Benedict Cumberbatch, Marisa Tomei, Jon Favreau, Alfred Molina, Willem Dafoe, Jamie Foxx, J.K. Simmons, Benedict Wong (wenn schon die Besetzungsliste ein Spoiler ist…oder, anders gesagt: zu einem späteren Zeitpunkt wird es eine längere Besetzungsliste geben)
Länge: 149 Minuten
FSK: ab 12 Jahre
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Hinweise
Moviepilot über „Spider-Man: No Way Home“
Metacritic über „Spider-Man: No Way Home“
Rotten Tomatoes über „Spider-Man: No Way Home“ (aktuell mit fast 100 Prozent Frische überbewertet)
Wikipedia über „Spider-Man: No Way Home“ (deutsch, englisch)
Meine Besprechung von Marc Webbs „The Amazing Spider-Man“ (The Amazing Spider-Man, USA 2012)
Meine Besprechung von Jon Watts‘ „Spider-Man: Homecoming“ (Spider-Man: Homecoming, USA 2017)
Meine Besprechung von Jon Watts‘ „Spider-Man: Far From Home“ (Spider-Man: Far From Home, USA 2019)
Nitro, 22.35
The International (The International, USA/Deutschland 2009)
Regie: Tom Tykwer
Drehbuch: Eric Warren Singer
Ein Interpol-Agent und eine New Yorker Staatsanwältin wollen eine mächtige Bank, die Krieg und Terror finanziert, zur Strecke bringen. Das ist natürlich nicht so einfach.
Eine Woche nachdem „The International“ 2009 die Berlinale eröffnete und dort auf ein geteiltes Echo stieß, lief Tom Tykwers neuer Film in den Kinos an. Für Berliner ist er wegen des exzessiven Berlin-Shooting natürlich ein Pflichtprogramm. Aber auch andere sollten einen Blick riskieren. Denn „The International“ ist ein grundsolider Politthriller, der weitgehend realistisch unterhält (jaja, die Schießerei im Guggenheim-Museum ist reinstes Kino. Oder glaubt wirklich irgendjemand, dass in der Realität in dem Museum minutenlang herumgeballert werden kann, ohne dass ein Polizist oder ein Sicherheitsbeamter auftaucht? Aber toll anzusehen ist sie trotzdem.).
„Es gibt doch zurzeit nicht gerade haufenweise starke Thriller mit überzeugendem Gegenwartsbezug, die trotzdem dynamisch und intensiv sind, und die nicht angestrengt aufklärerisch oder bieder moralisierend daherkommen. Energische und trotzdem nachdenkliche Filme, deren Actionsequenzen nicht so hysterisch und ermüdend wirken, sondern klug verteilt sind. So einen Film wollte ich machen, auch aus einem gewissen Frust heraus, dass es in den letzten Jahren nur ganz wenige Vorbilder gab, an denen man sich hätte orientieren können. (…) Unser Film ist auch eine Reminiszenz an die klassischen Polit-Thriller aus den Siebzigerjahren, wo die Idee eines geheimen Systems innerhalb der offiziellen Dienste sehr verbreitet war. (…) Dieses Element des Paranoia-Thrillers wollten wir aufnehmen und in die Gegenwart führen.“ (Tom Tykwer, Berliner Zeitung 31. Januar/1. Februar 2009)
Mit Clive Owen, Naomi Watts, Armin Müller-Stahl, Brian F. O’Byrne
Hinweise
Rotten Tomatoes über „The International“
In Berlin ermordet in der Vorweihnachtszeit ein Unbekannter Mütter, entführt ihre Kinder und gibt dem Vater 45 Stunden und 7 Minuten, sein Kind zu retten. Bis jetzt wurden alle entführten Kinder tot aufgefunden. Immer fehlte das linke Auge. Die Presse nennt ihn deshalb in schönster Boulevard-Manier den „Augensammler“.
Alexander Zorbach ist ein Ex-Polizist, Sensationsreporter und eher abwesender Vater. Sein Sohn ist meistens bei seiner Mutter. Er berichtet über den Fall, stört seine ehemaligen Kollegen (die ihn wie die Pest hassen) bei den Ermittlungen und gerät jetzt in Verdacht, der Serienmörder zu sein. Denn seine Brieftasche wurde am Tatort gefunden. Um seine Unschuld zu beweisen, tut er sich mit der blinden Physiotherapeutin Alina Gregoriev, die ihn auf seinem Hausboot erwartet, zusammen. Sie behauptet, sie habe bei einem ihrer Patienten eine Vision gehabt, die sie zu dem Mörder führen könne. Zorbach hält das zwar für ausgemachten Unfug, aber eine bessere Spur hat er nicht.
In seiner Comicadaption von Sebastian Fitzeks Bestseller „Der Augensammler“ begeht Frank Schmolke einen Fehler nicht, den bei den Verfilmungen der Bücher von Fitzek Drehbuchautoren und Regisseure gemacht haben. Sie nahmen einfach das Buch, einen Pageturner mit vielen Wendungen, Dialogen und kurzen Kapiteln, und übertrugen die Geschichte 1-zu-1 in den Film. Aber Dinge, die in einem Roman prächtig funktionieren, funktionieren in einem Film nicht unbedingt. In den späteren Verfilmungen änderte sich das und die Filme wurden besser.
Frank Schmolke versucht erst gar nicht, den gut vierhunderfünfzigseitigen Roman mit seinen ganzen Wendungen 1-zu-1 in ein anderes Medium zu übertragen. Er nimmt die Geschichte und adaptiert sie für ein anderes Medium. Und das heißt halt auch, notwendige Veränderungen vorzunehmen. Schließlich sagt ein Bild manchmal mehr als tausend Worte und in einem zweihundertseitigen Comic muss halt einiges verändert werden.
Er taucht Berlin und die Thrillergeschichte in ein düsteres Noir-Licht, das durch die wenigen Farbtupern noch verstärkt wird. Es ist ein verschneites, kaltes Berlin, dessen Atmosphäre an Fritz Langs „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“ erinnert. Zur Noir-Atmosphäre trägt außerdem bei, dass der unschuldig gejagte Zorbach mit seinem Hut und seinem Mantel in einem Film der Schwarzen Serie zwischen Humphrey Bogart und Robert Mitchum nicht negativ auffallen würde. Und natürlich erlebt Zorbach eine fast schon archetypische Noir-Geschichte.
Schmolkes erschuf eine überaus gelungene und sehr eigenständige Adaption von Fitzeks Thriller.
Das sieht auch Sebastian Fitzek so. Im Vorwort des Comics schreibt er: „die fiktive Realität [von Schmolke, A.d.V.) entsprach sogar in vielen Punkten meiner inneren Gedankenwelt. Manchmal aber war ich erstaunt darüber, wie Frank meine Geschichte gesehen hatte. Und – das gestehe ich ganz offen – hin und wieder gefiel mir seine Sichtweise sogar besser als meine eigene. Dieses Werk stellt in meinen Augen keine herkömmliche Adaption dar, sondern ist ein komplexes, eigenständiges Werk, das nicht nur den Leserinnen und Lesern gefallen wird, denen ‚Fitzek‘ ein Begriff ist.“

Frank Schmolke (Textadaption, Zeichnungen, Farbe): Der Augensammler (nach dem Roman vo Sebastian Fitzek)
Splitter, 2021
200 Seiten
35 Euro
–
Die Vorlage

Sebastian Fitzek: Der Augensammler
Droemer, 2010 (gebundene Ausgabe)
464 Seiten
10,99 Euro (Taschenbuch)
–
Hinweise
Sebastian Fitzek in der Kriminalakte
Meine Besprechung von Sebastian Fitzeks „Der Seelenbrecher“ (2008)
Meine Besprechung von Sebastian Fitzeks „Das Kind“ (2008)
Meine Besprechung von Sebastian Fitzeks „Splitter“ (2009)
Meine Besprechung von Sebastian Fitzeks “Der Augensammler” (2010)
Meine Besprechung von Sebastian Fitzeks “Der Augenjäger” (2011)
Meine Besprechung von Sebastian Fitzek/Michael Tsokos‘ „Abgeschnitten“ (2012)
Meine Besprechung von Sebastian Fitzeks „Der Nachtwandler“ (2013)
Meine Besprechung von Sebastian Fitzeks „Das Joshua-Profil“ (2015)
Meine Besprechung von Max Rhodes (Pseudonym von Sebastian Fitzek) „Die Blutschule“ (2015)
Meine Besprechung von Zsolt Bács‘ Sebastian-Fitzek-Verfilmung “Das Kind” (Deutschland 2012)
ARD, 22.50
Die Story im Ersten: Weihnachtsmarkt.Anschlag (Deutschland 2021)
Regie: Sascha Adamek, Joachim Goll, Norbert Siegmund
Drehbuch: Sascha Adamek, Joachim Goll, Norbert Siegmund
Brandneue 45-minütige Doku über den Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz hier in Berlin am 19. Dezember 2016.
Hinweise
Dank aktiver Verdrängung meinerseits etwas später als gewohnt: die Krimibestenliste von Deutschlandfunk Kultur für den Monat mit den längsten Nächten:
1 (4) Elizabeth Wetmore: „Wir sind dieser Staub“
Aus dem Englischen von Eva Bonné
Eichborn, Köln 2021
320 Seiten, 22 Euro
–
2 (8) Carlo Lucarelli: „Der schwärzeste Winter“
Aus dem Italienischen von Karin Fleischanderl
Folio, Wien 2021
316 Seiten, 22 Euro
–
3 (5) Regina Nössler: „Katzbach“
Konkursbuch, Tübingen 2021
348 Seiten, 12,90 Euro
–
4 (-) Colin Niel: „Unter Raubtieren“
Aus dem Französischen von Anne Thomas
Lenos, Basel 2021
404 Seiten, 24 Euro
–
5 (2) John le Carré: „Silverview“
Aus dem Englischen von Peter Torberg
Ullstein, Berlin 2021
252 Seiten, 24 Euro
–
6 (-) Attica Locke: „Black Water Rising“
Aus dem US-Amerikanischen von Andrea Stumpf und Gabriele Werbeck
Polar, Stuttgart 2021
456 Seiten, 24 Euro
–
7 (1) Garry Disher: „Moder“
Aus dem Englischen von Ango Laina und Angelika Müller
Pulp Master, Berlin 2021
302 Seiten, 14,80 Euro
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8 (4) Tana French: „Der Sucher“
Aus dem Englischen von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann
Scherz, Frankfurt am Main 2021
496 Seiten, 22 Euro
–
9 (9) Frank Göhre: „Die Stadt, das Geld und der Tod „
CulturBooks, Hamburg 2021
160 Seiten, 15 Euro
–
10 (10) Ursula Hasler: „Die schiere Wahrheit“
Limmat, Zürich 2021
344 Seiten, 29 Euro
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In ( ) ist die Platzierung vom Vormonat.
–
Einiges davon steht auch auf meiner Zu-lesen-Liste. Im Moment bin ich allerdings mit der Neuübersetzung von Raymond Chandlers „Die Lady im See“ (ja, den Klassiker kennen wir im Original oder in der alten Übersetzung), Frank Schmolkes Sebastian-Fitzek-Comicadaption „Der Augensammler“ und Pieke Biermanns Berlin-Quartett (mit vier Krimis, neu herausgegeben, in das Berlin zwischen 1987 und 1997) beschäftigt. Alle drei bis sieben Werke erfüllen nicht die Voraussetzungen, um in die Krimibestenliste aufgenommen zu werden.
Ohne weitere Vorrede: die diesjährigen European Film Awards gingen an:
EUROPEAN FILM 2021
QUO VADIS, AIDA?
Regie: Jasmila Žbanić
Bosnien & Herzegowina, Österreich, Niederlande, Frankreich, Polen, Norwegen, Deutschland, Rumänien, Türkei
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EUROPEAN COMEDY 2021
NINJABABY
Regie: Yngvild Sve Flikke
Norwegen
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EUROPEAN DISCOVERY 2021 – Prix FIPRESCI
Regie: Emerald Fennell
USA, Großbritannien
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EUROPEAN DOCUMENTARY 2021
FLEE
FLUGT
Regie: Jonas Poher Rasmussen
Dänemark, Frankreich, Schweden, Norwegen
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EUROPEAN ANIMATED FEATURE FILM 2021
FLEE
FLUGT
Regie: Jonas Poher Rasmussen
Dänemark, Frankreich, Schweden, Norwegen
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EUROPEAN SHORT FILM 2021
MY UNCLE TUDOR
NANU TUDOR
Regie: Olga Lucovnicova
Belgien/Portugal/Ungarn/Moldawien 2020, Dokumentation, 20 min
(Ausgewählt von Sarajevo Film Festival)
–
EUROPEAN DIRECTOR 2021:
Jasmila Žbanić für QUO VADIS, AIDA?
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EUROPEAN ACTRESS 2021:
Jasna Đuričić in QUO VADIS, AIDA?
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EUROPEAN ACTOR 2021:
Anthony Hopkins in THE FATHER
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EUROPEAN SCREENWRITER 2021:
Florian Zeller & Christopher Hampton für THE FATHER
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EUROPEAN CINEMATOGRAPHY 2021
Crystel Fournier für GROßE FREIHEIT
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EUROPEAN EDITING 2021
Mukharam Kabulova für UNCLENCHING THE FISTS
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EUROPEAN PRODUCTION DESIGN 2021
Márton Ágh für NATURAL LIGHT
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EUROPEAN COSTUME DESIGN 2021
Michael O’Connor für AMMONITE
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EUROPEAN HAIR & MAKE-UP 2021
Flore Masson, Olivier Afonso & Antoine Mancini für TITANE
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EUROPEAN ORIGINAL SCORE 2021
Nils Petter Molvær & Peter Brötzmann für GROßE FREIHEIT
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EUROPEAN SOUND 2021
Gisle Tveito & Gustaf Berger für THE INNOCENTS
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EUROPEAN VISUAL EFFECTS 2021
Peter Hjorth & Fredrik Nord für LAMB
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EUROPEAN LIFETIME ACHIEVEMENT
Márta Mészáros
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EUROPEAN ACHIEVEMENT IN WORLD CINEMA
Susanne Bier
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EUROPEAN INNOVATIVE STORYTELLING
Steve McQueen für SMALL AXE
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EURIMAGES CO-PRODUCTION AWARD 2021
Maria Ekerhovd
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EFA YOUNG AUDIENCE AWARD 2021
THE CROSSING
FLUKTEN OVER GRENSEN
Regie: Johanne Helgeland
Norwegen
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EUROPEAN UNIVERSITY FILM AWARD 2021
FLEE
FLUGT
Regie: Jonas Poher Rasmussen
Dänemark, Frankreich, Schweden, Norwegen
3sat, 21.50
Life of Crime (Life of Crime, USA 2013)
Regie: Daniel Schechter
Drehbuch: Daniel Schechter
LV: Elmore Leonard: The Switch, 1978 (Wer hat nun wen auf’s Kreuz gelegt?)
1978 hoffen die Ganoven Ordell Robbie and Louis Gara (yep, die in „Rum Punch“/“Jackie Brown“ wieder dabei sind), mit der Entführung der Frau eines Immobilienhais an das große Geld zu kommen. Dummerweise will der Geschäftsmann seine Frau nicht wieder haben. Und die will sich das nicht gefallen lassen.
Okaye Verfilmung eines alten Elmore-Leonard-Romans, der trotz guter Besetzung bei uns nur auf DVD erschien.
„Dank guter Darsteller und flotter Inszenierung wird aus dem etwas abgegriffenen Komödienstoff halbwegs passable Unterhaltung.“ (Lexikon des internationalen Films).
Frühere Verfilmungspläne wurden wegen einer zu großen Ähnlichkeit zur erfolgreichen Komödie „Die unglaubliche Entführung der verrückten Mrs. Stone“ (USA 1986) gecancelt.
mit Jennifer Aniston, Yasiin Bey (aka Mos Def), Isla Fisher, Will Forte, Mark Boone Junior, Tim Robbins, John Hawkes, Kevin Corrigan
Hinweise
Rotten Tomatoes über „Life of Crime“
Wikipedia über „Life of Crime“
Meine Besprechung von Elmore Leoanrds “Raylan” (Raylan, 2012)
Meine Besprechung von Elmore Leonards “Raylan” (2012)
Meine Besprechung von Elmore Leonards „Dschibuti“ (Djibouti, 2010)
Meine Besprechung von Elmore Leonards „Djibouti“ (2010)
Meine Besprechung von Elmore Leonards „Road Dogs“ (Road Dogs, 2009)
Meine Besprechung von Elmore Leonards „Up in Honey’s Room“ (2007)
Meine Besprechung von Elmore Leonards „Gangsterbraut“ (The hot Kid, 2005)
Meine Besprechung von Elmore Leonards „Callgirls“ (Mr. Paradise, 2004)
Mein Porträt „Man nennt ihn Dutch – Elmore Leonard zum Achtzigsten“ erschien im „Krimijahrbuch 2006“
Meine Besprechung der Elmore-Leonard-Verfilmung „Sie nannten ihn Stick“ (Stick, USA 1983)
Meine Besprechung der Elmore-Leonard-Verfilmung „Killshot“ (Killshot, USA 2008)
Elmore Leonard in der Kriminalakte
Meine Besprechung von Frank Göhre/Alf Mayers „King of Cool – Die Elmore-Leonard-Story“ (2019)

Das ist er also: der neue Roman von John le Carré. Gleichzeitig – er starb vor einem Jahr am 12. Dezember 2020 – ist es sein letzter Roman und natürlich beeinflusst dieses Wissen die Lektüre und die Rezeption. Bei mir kommt noch hinzu, dass ich mich den allgemeinen Jubelarien zu seinen vorherigen Büchern nicht so richtig anschließen konnte. Zu oft hatte ich den Eindruck, dass es in den Besprechungen weniger um sein aktuelles Buch und mehr um seinen Ruf als ‚größter Spionageschriftsteller aller Zeiten‘ ging. Auch „Silverview“ wird allgemein abgefeiert. Und wieder finde ich den Roman nicht so gut. Dabei ist auf den ersten Blick alles drin, was einen le Carré ausmacht. Aber die Story funktioniert nicht. Eigentlich ist es keine Story sondern mehr eine Skizze, bei der fast bis zur letzten Seite unklar ist, was uns le Carré erzählen will.
Im Mittelpunkt stehen drei Männer: Stewart Proctor ist der Chef der Inlandssicherheit. Der Geheimdienstler erhält einen Brief und beschäftigt sich daraufhin mit der Vergangenheit von Edward Avon. Edward war, als er vor Ewigkeiten angeworben wurde und im damals noch bestehendem Ostblock spionierte, ein von seiner Mission überzeugter Geheimagent. Das änderte sich während des Bosnienkrieges. Jetzt lebt er zusammen mit seiner ebenfalls pensionierten Frau Deborah in Silverview, einem Anwesen am Ortsrand eines Küstenstädtchens in East Anglia. Sie war die beste Nahost-Analystin des Geheimdienstes. Sie hat Krebs im Endstadium.
Edward trifft sich öfter mit dem Buchhändler Julian Lawndsley. Der 33-jährige Julian war in London ein erfolgreicher Börsenmakler. Diese Arbeit gab er aus bis nach dem Buchende unbekannten Gründen auf zugunsten des Lebens als schlecht verdienender Buchhändler, der von Büchern keine Ahnung hat. Edward schlägt ihm vor, im Keller seiner Buchhandlung ein besonderes Buchangebot einzurichten. Außerdem ist er, so sagt er, ein Schulfreund von Julians verstorbenem Vater.
Selbstverständlich sind diese beiden Plots – der eine ist Proctors Recherchen in Edward Avons Vergangenheit, der andere ist die beginnende Freundschaft zwischen Edward und Julian – miteinander verknüpft. Aber bis zum Ende laufen sie unverbunden nebeneinander her. Das Ende hinterlässt dann auch einige Fragen.
Le Carré schrieb die Geschichte zwischen 2013 und 2015, war allerdings nicht mit ihr zufrieden und legte sie zur Seite. Sein Sohn Nicholas Cornwell (der unter den Pseudonymen Nick Harkaway und Aidan Truhen Romane veröffentlicht) hat das Manuskript nach dem Tod seines Vaters aus der Schublade geholt und vor der Veröffentlichung um einige wenige Sätze und Absätze ergänzt.
Nach der Lektüre verstehe ich, warum le Carré mit der Geschichte unzufrieden war und sie, so mein Eindruck, nicht fertig schrieb. Der jetzt veröffentlichte Roman wirkt wie ein Fragment, das so wohl niemals für eine Veröffentlchung gedacht war.
Denn die Geschichte funktioniert nicht. Das liegt an ihrer Konstruktion, die lange Zeit beide Handlungsstränge vollkommen unverbunden nebeneinander her laufen lässt. Das liegt an den vielen Lücken, die in einer späteren Fassung geschlossen würden. Dann wüssten wir auch mehr über die Motive der verschiedenen Figuren. In der vorliegenden Fassung sind sie höchstens erahnbar.
Außerdem spielt die Geschichte inzwischen in einer seltsam unbestimmbaren Zeit. Es gibt nämlich keinerlei Hinweise auf das Handlungsjahr. Damit könnte sie, wie le Carrés andere Romane zum Zeitpunkt der Veröffentlichung spielen. Andererseits wirkt vieles so, als würde es in der nahen Vergangenheit spielen. Das betrifft die skizzenhaften Biographien der Figuren und den Umgang mit Computern, der eher zehn, fünfzehn, zwanzig Jahre zurück in die Vergangenheit verweist. Und auch damals wäre unklar gewesen, welches für England gefährliche Wissen Edward und seine Frau hätten ausplaudern können.
In „Silverview“ wird Edwards Biographie, die an andere le-Carré-Figuren erinnert, auf wenigen Seiten abgehandelt. Dabei hätte sein Leben durchaus die Basis für einen Roman sein können. Der in der Gegenwart spielende Teil, also Edwards Plan, ist nicht mehr als eine hastig auf einen Zettel geschriebene Notiz. Ausformuliert hätte auch das ein guter Spionageroman werden können. Beides hat le Carré in der Vergangenheit schon mehrmals gelungener erzählt. Und so ist le Carrés letzter Roman immer ein Roman, der an seine früheren und besseren Romane erinnert.
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John le Carré: Silverview
(übersetzt von Peter Torberg)
Ullstein, 2021
256 Seiten
24 Euro
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Originalausgabe
Silverview
Viking, PRH, London, 2021
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Hinweise
Perlentaucher über „Silverview“
Meine Besprechung von John le Carrés „Geheime Melodie“ (The Mission Song, 2006)
Meine Besprechung von John le Carrés “Marionetten (A most wanted man, 2008)
Meine Besprechung von John le Carrés “Verräter wie wir” (Our kind of traitor, 2010)
Meine Besprechung von John le Carrés “Empfindliche Wahrheit” (A delicate truth, 2013)
Meine Besprechung von John le Carrés „Das Vermächtnis der Spione“ (A Legacy of Spies, 2017)
Meine Besprechung von John le Carrés „Federball“ (Agent running in the Field, 2019)
Meine Besprechung der John-le-Carré-Verfilmung “A most wanted man” (A most wanted man, Deutschland/Großbritannien 2014) und der DVD
Meine Besprechung der ersten beiden Episoden von Susanne Biers „The Night Manager“ (The Night Manager, Großbritannien/USA 2016) und der gesamten Miniserie
Mein Nachruf auf John le Carré
John le Carré in der Kriminalakte
RTL II, 20.15
Planet der Affen (Planet of the Apes, USA 1968)
Regie: Franklin J. Schaffner
Drehbuch: Michael Wilson, Rod Serling
LV: Pierre Boulle: La Planète des Singes, 1963 (Planet der Affen)
Nach einem verdammt langem Raumflug landet Astronaut George Taylor (Charlton Heston) und seine Crew auf einem Planeten, auf dem Affen die herrschende Rasse und Menschen von ihnen gejagte Primitivlinge sind, die höchsten für Forschungszwecke (vulgo Tierversuche) taugen. Taylor findet das ziemlich uncool.
Ein SF-Klassiker mit einem Hammerende. Denn, wie das letzte Bild des Films zeigt, ist Taylor auf der Erde gelandet.
Mit der Romanvorlage hat Schaffners Film wenig zu tun.
Affisch geht es weiter. RTL II zeigt um 22.30 Uhr „Rückkehr zum Planet der Affen“ (USA 1970) und um 00.25 Uhr „Flucht vom Planet der Affen“ (USA 1971). Diese beiden ersten Fortsetzungen waren schon schlechter als das Original.
mit Charlton Heston, Roddy McDowall, Kim Hunter, Maurice Evans, James Whitmore, James Daly, Linda Harrison
Wiederholung: Sonntag, 12. Dezember, 02.10 Uhr (Taggenau!)
Hinweise
Rotten Tomatoes über „Planet der Affen“
Wikipedia über „Planet der Affen“ (deutsch, englisch)
Meine Besprechung von Pierre Boulles „Planet der Affen“ (La Planète des Singes, 1963)
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Die Vorlage
Pierre Boulle: Planet der Affen
(übersetzt von Merle Taeger)
Cross Cult, 2014
272 Seiten
12,80 Euro
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Originalausgabe
La Planète des Singes
Editions Julliard, Paris, 1963
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Der Roman erschien schon in einer anderen Übersetzung in mehreren Ausgaben.